OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.10.2017 - 16 A 770/17
Fundstelle
openJur 2017, 345
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Februar 2017 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer datenschutzrechtlichen Anordnung in Bezug auf eine Bewertungsplattform für Autofahrer.

Die in C. ansässige Klägerin betreibt das Internetportal www.fahrerbewertung.de, das nach seiner Einrichtung zunächst von der C1. -N. GmbH betrieben worden war. Die Gesellschafter beider Unternehmen sind identisch. Bei dem Internetangebot handelt es sich um ein kostenloses Bewertungsportal für Autofahrer, das auch als kostenlose App verfügbar ist. Nutzer des Portals können das Fahrverhalten anderer Personen unter Angabe eines Kfz-Kennzeichens nach einem Ampelschema (rot = negativ, gelb = neutral, grün = positiv) bewerten. Die Bewertung kann ergänzt werden um Angaben zum Fahrzeug, zum Ort sowie um eine Auswahl aus einer Liste vorgegebener Eigenschaften des Fahrverhaltens. Eine freie Texteingabe ist im Rahmen des Bewertungsvorgangs nicht möglich. Pro Tag sind max. fünf Bewertungen pro Kennzeichen möglich, wobei von einer IP-Adresse aus ein Kennzeichen pro Tag nur einmal bewertet werden kann.

Nutzer des Portals können daneben ein Kfz-Kennzeichen eingeben und sich das Ergebnis der bisherigen Bewertungen hierzu in Form einer durchschnittlichen Schulnote, die eine Software aus den vorhandenen Bewertungen errechnet, anzeigen lassen. Die freiwilligen Zusatzangaben sind auf dieser Übersicht nicht einsehbar; sie fließen lediglich in die Gesamtstatistiken ein. Zudem können sich Nutzer per E-Mail laufend über das Vorliegen neuer Bewertungen zu einem konkreten Kfz-Kennzeichen informieren lassen. Die Klägerin bietet außerdem eine auf Regionen bzw. Städte bezogene Auswertung sowie allgemeine Statistiken zu Hersteller, Fahrstil und Kfz-Typ an. Alle Funktionen des Portals können ohne Registrierung genutzt werden. In § 2 Nr. 6 ihrer Nutzungsbedingungen weist die Klägerin darauf hin, dass Personen, die sich zu Unrecht bewertet sehen, eine Beschwerde an ihre Beschwerdestelle richten können. Auf dem Fahrerbewertungsportal ist Werbung verlinkt.

Durch eine Presseanfrage wurde die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: LDI NRW) auf das Portal aufmerksam. Mit Schreiben vom 27. März 2014 wies sie die vormalige Betreiberin des Portals erstmals auf aus ihrer Sicht bestehende datenschutzrechtliche Bedenken hin. Gegenstand der Bewertungen sei das Fahrverhalten von natürlichen Personen, wobei eine Zuordnung über das Kfz-Kennzeichen erfolge. Es bestehe insoweit auch ohne Nennung des Namens eine Personenbeziehbarkeit, weshalb der Schutzbereich des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) eröffnet sei. Mit der Erhebung und Veröffentlichung der Daten auf dem Portal gehe ein Gefährdungspotential einher. Es könnten - wegen der damals noch vorhandenen Möglichkeit zur Zeitangabe eines bewerteten Fahrverhaltens - beispielsweise Bewegungsprofile erstellt werden. Es sei zudem zu verhindern, dass eine allgemein zugängliche "private Verkehrssünderdatei" erstellt werde. Im Rahmen einer Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass sich das Fahrerbewertungsportal von anderen Bewertungsportalen unterscheide, weil es nicht in Zusammenhang mit einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit der Bewerteten stehe und der Nutzerkreis nicht beschränkt sei. Die LDI NRW forderte die ursprüngliche Betreiberin des Fahrerbewertungsportals zur Stellungnahme auf.

Aus dieser Anfrage resultierte ein intensiver schriftlicher Austausch zwischen der LDI NRW und der Klägerin bzw. der vorigen Betreiberin über die tatsächliche und rechtliche Bewertung des Fahrerbewertungsportals. Zudem fand am 27. Oktober 2014 ein gemeinsamer Besprechungstermin statt. Im Rahmen dieses Austauschs berief sich die Klägerin darauf, durch das Portal mittels Selbstreflexion der Autofahrer zur Sicherheit des Straßenverkehrs beitragen zu wollen. Sie nahm auf Anregung der LDI NRW einige Änderungen an dem Portal vor. Zum einen entfernte sie die Möglichkeit der Zeitangabe des bewerteten Fahrverhaltens, um der Gefahr der Erstellung von Bewegungsprofilen zu begegnen. Zum anderen wird nunmehr die Ortsangabe von dem eingemeldeten Datensatz bei Eingang einer Bewertung sofort entkoppelt und nur noch anonymisiert für statistische Zwecke gespeichert. Darüber hinaus konnte jedoch kein Einvernehmen über eine Änderung der Gestaltung des Portals erzielt werden.

Mit datenschutzrechtlicher Anordnung vom 22. September 2015, der Klägerin zugestellt am 24. September 2015, gab die LDI NRW der Klägerin nach förmlicher Anhörung daraufhin auf, an dem Internetportal innerhalb einer Frist von zwei Monaten (Ziffer 5) folgende Änderungen vorzunehmen:

Die Gesamtbewertung und die Anzahl der Bewertungen zu einem Kfz-Kennzeichen dürfen nur für den entsprechenden registrierten Kfz-Halter als betroffene Person sichtbar sein (Ziffer 1). Abrufe zu Art, Zahl und Inhalten von zu einem bestimmten Kfz-Kennzeichen vorliegenden Bewertungen dürfen nur registrierten Kfz-Haltern zugänglich gemacht werden. Eine Registrierung als Halter setzt voraus, dass ein Nutzer eine E-Mail-Adresse sowie Einzelheiten zu dem Fahrzeug angibt und mittels Anhaken eines vorgegebenen Textes versichert, Halter des Fahrzeugs mit dem genannten Kennzeichen zu sein. Arbeitgeber müssen versichern, dass sie das Portal nicht nutzen, um Mitarbeiter zu überwachen (Ziffer 2). Einem Kfz-Halter ist das Recht einzuräumen, durch einen an die Klägerin adressierten Widerspruch zu erreichen, dass das Vorliegen von Bewertungen zu seinem Kfz-Kennzeichen auf dem Portal nicht angezeigt wird (Ziffer 3). Die Möglichkeit laufender Benachrichtigungen über den aktuellen Bewertungsstand zu einem Kfz-Kennzeichen darf nur dem entsprechenden Kfz-Halter offenstehen (Ziffer 4). Für den Fall, dass die Klägerin die Änderungen nicht fristgerecht vornehme, drohte die LDI NRW je Ziffer 1 bis 4 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro an (Ziffer 6).

Zur Begründung führte die LDI NRW im Wesentlichen aus: Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes sei eröffnet, da es sich bei Kfz-Kennzeichen um personenbeziehbare Daten handele. In den meisten Fällen könne mit geringem Aufwand eine Verbindung zwischen Fahrzeug und Halter/Fahrer hergestellt werden. Dabei sei nicht nur auf die Möglichkeit des Halterabrufs im Wege der einfachen Registerauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG oder über den Zentralruf der Autoversicherer abzustellen, bei denen die anfragende Person lediglich einen verkehrsbezogenen Sachverhalt zur Rechtsdurchsetzung darzulegen habe, ohne ihn beweisen zu müssen. Die Personenbeziehbarkeit ergebe sich ferner dadurch, dass etwa Freunde, Nachbarn, Arbeitgeber und Kfz-Versicherungen ein Auto-Kennzeichen einer bestimmten Person zuordnen könnten. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit eines Bewertungsportals beurteile sich nach § 29 BDSG, im Rahmen dessen eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen sei. Vorliegend stünden dem Interesse der Portalbetreiberin, Autofahrer durch die Möglichkeit der Selbstreflexion zu einem besseren Fahrverhalten anzuhalten und dem Interesse der Portalnutzer, sich über verkehrswidriges Verhalten Luft zu verschaffen bzw. positives Fahrverhalten herauszustellen, beträchtliche Interessen des bewerteten Fahrers, der in der Regel auch Halter sei, entgegen. Unabhängig davon, dass die Teilnahme am Straßenverkehr der Sozialsphäre zuzuordnen sei, liege dem Fahrerbewertungsportal eine andere Ausgangssituation zu Grunde als bei berufs- oder dienstleistungsbezogenen Bewertungsportalen, weil vorliegend eine Betätigung im öffentlichen Raum aufgegriffen werde, die privat motiviert sei und bei der der Einzelne nicht damit rechnen müsse, Objekt einer Kategorisierung und Bewertung durch private Stellen zu sein. Die Portalinhalte könnten von einer nicht zu übersehenden Öffentlichkeit räumlich, zeitlich und inhaltlich unbegrenzt zu beliebigen Zwecken verwandt werden. Die gebotene Interessenabwägung könne nicht dazu führen, dass private Stellen gefahrgeneigte Tätigkeiten der Bürger zum Anlass für erzieherische Maßnahmen mit Prangerwirkung nehmen dürften. Mit dem Portal werde eine Nebenjustiz geschaffen, für die keine Notwendigkeit bestehe, da verkehrswidriges Verhalten staatlicherseits überwacht und sanktioniert werde. Ein berechtigtes Interesse Dritter an dem Abruf der vorhandenen Bewertungen sei nicht erkennbar. Es sei zur Zweckerreichung ausreichend, wenn nur der Halter die entsprechenden Daten abrufen könne. Das Verfahren der Registrierung und des Nachweises müsse so gestaltet werden, dass Abrufe durch Unberechtigte möglichst ausgeschlossen würden. Sofern ein Halter kein Interesse an einer Selbstreflexion habe, müsse ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, einer Veröffentlichung der Tatsache vorliegender Bewertungen zu seinem Kennzeichen zu widersprechen. Mit den aufgelisteten Maßnahmen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprächen, werde der besonderen Gefahr internetbasierter Meinungsportale begegnet und der Abruf durch Unberechtigte so weit wie möglich vermieden.

Die Klägerin hat am 17. Oktober 2015 Klage erhoben und zu deren Begründung im Kern vorgetragen:

Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes sei bereits nicht eröffnet, da keine personenbeziehbaren Daten i. S. v. § 1 BDSG vorlägen. Ein Rückschluss von einem Kfz-Kennzeichen auf den tatsächlichen Fahrer sei weder für die Klägerin selbst noch für die Nutzer des Portals ohne weiteres möglich. Eine Auskunftserlangung durch Missbrauch der Halterabfrage bzw. des Zentralrufs der Autoversicherer sei in diesem Zusammenhang irrelevant. Im Übrigen seien Halter und Fahrer in vielen Fällen gerade nicht identisch. Selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes stelle sich das Portal als rechtmäßig dar. Im Rahmen der Interessenabwägung habe das beklagte Land die Grundrechte der Klägerin auf Eigentums- und Berufsfreiheit nicht ausreichend berücksichtigt. Ferner sei die Meinungs- und Informationsfreiheit der Portalnutzer betroffen. Letztere hätten ein legitimes Interesse an der Einsicht in die abgegebenen Bewertungen. Bei potentiellen Mitfahrern von Mitfahrzentralen, alternativen Taxianbietern und sonstigen Mitfahrgelegenheiten bestehe vor Fahrtantritt ein großes Interesse zu erfahren, ob und wie der jeweilige Fahrer bewertet worden sei. Ähnliches gelte für den alternativen Autoverleih über Privatpersonen bzw. privates Carsharing. Im Übrigen hätten Transparenz und ein offenes Feedback einen positiven Effekt auf den Fahrstil, wie Studien belegten. Durch die vom beklagten Land geforderte Registrierungspflicht werde außerdem gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit verstoßen. Die Werbeeinnahmen betrügen ca. -- Euro monatlich und lägen unter den Kosten für den Betrieb der Website. Es finde eine Quersubventionierung durch andere von der C1. -N. GmbH betriebene Unternehmen statt.

Die Klägerin hat beantragt,

die datenschutzrechtliche Anordnung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für das Land NRW vom 22. September 2015 aufzuheben.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem angegriffenen Urteil stattgegeben, soweit sie sich gegen die in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides erfolgte Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer 2 des Bescheides richtete, und im Übrigen abgewiesen.

Bei den auf dem Portal der Klägerin zu einzelnen Kfz-Kennzeichen eingegebenen Bewertungsdaten handele es sich um personenbezogene Daten, weshalb der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes eröffnet sei. Bei der Frage der "Bestimmbarkeit" einer natürlichen Person anhand von Daten sei nach Sinn und Zweck der Norm auch das vernünftigerweise vorhandene bzw. beschaffbare Zusatzwissen Dritter zu berücksichtigen. Diese Lesart werde durch eine verfassungs- und europarechtskonforme Auslegung bestätigt. Sowohl die Klägerin als auch die Portalnutzer könnten das Kfz-Kennzeichen mithilfe einer einfachen Registerauskunft i. S. d. § 39 Abs. 1 StVG einer konkreten Person zuordnen, weshalb die Ermittlung eines Fahrzeughalters keinen unvernünftigen Aufwand erfordere. Die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten auf dem Fahrerbewertungsportal sei unzulässig. Die vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Lasten der Klägerin aus. Autofahrer begäben sich nicht mit dem Ziel in den öffentlichen Straßenverkehr, mit ihrem Umfeld in Kontakt zu treten, weshalb sie im Vergleich zu den von Berufsbewertungsportalen Betroffenen gesteigert schutzbedürftig seien. Die Form des Bewertungsportals berge zudem die Gefahr der Prangerwirkung. Demgegenüber lasse sich das Ziel der Verbesserung der Sicherheit des Straßenverkehrs durch Selbstreflexion auch erreichen, wenn die Daten lediglich an die Betroffenen übermittelt würden. Auch für die Nutzer einer Mitfahrgelegenheit sei kein individueller Vorteil des Portals erkennbar. Kfz-Kennzeichen würden bei derartigen Angeboten in der Regel nicht angegeben. Die Beschränkungen verstießen nicht gegen die Berufsfreiheit der Klägerin und seien ermessensfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig.

Die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer 2 des Bescheides sei nicht hinreichend bestimmt und daher rechtswidrig. Der Klägerin würden dort insgesamt sechs Handlungspflichten auferlegt und es sei nicht ersichtlich, ob das Zwangsgeld bereits bei Nichterfüllung einer einzelnen Handlungspflicht oder erst bei Unterlassen sämtlicher Handlungspflichten anfalle.

Das Verwaltungsgericht hat im Urteil die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:

Kfz-Kennzeichen seien keine personenbezogenen Daten. Das Wissen Dritter reiche für die Bestimmbarkeit einer Person nicht aus. Es komme nur auf die Möglichkeit der betroffenen Stelle selbst an, die jeweilige Person identifizieren zu können (sog. relatives Verständnis). Für dieses Begriffsverständnis spreche die bessere Handhabbarkeit, da sich die datenerhebende Stelle leichter Klarheit über die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts verschaffen könne. Bei Zugrundelegung des absoluten Verständnisses gebe es nur noch personenbezogene Daten, da sich üblicherweise immer mindestens eine Person finden lasse, mit deren Wissen sich der Betroffene bestimmen lasse. Darüber hinaus stelle das Kfz-Kennzeichen gerade keine Verbindung zum Fahrer des Fahrzeugs und damit zu einer konkreten Person her. Die Halterabfrage ermögliche nicht die Bestimmung des Fahrers. Die Abfrage des Halters sei zudem nur zulässig, wenn es um die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gehe. Die Möglichkeit der Auskunftserlangung durch Missbrauch unter Angabe falscher Tatsachen sei für den Rechtsstreit unerheblich.

Der Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass gewisse Personen aus dem näheren Umfeld Kenntnis der Person des Halters hätten, führe dazu, dass einige Personen vom Schutz erfasst seien und andere nicht. Der Umstand, dass die Bewertungen auf dem Portal nicht notwendigerweise auf den Fahrer zurückführbar seien, widerspreche auch nicht dem Zweck, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu erhöhen. Es komme der Klägerin gerade darauf an, dem Fahrer ein Feedback zu seinem Fahrstil zu geben. Diesem sei aber bewusst, mit welchem Fahrzeug und Kennzeichen er unterwegs gewesen sei.

Unabhängig davon überwögen im Rahmen der Interessenabwägung die Interessen der Klägerin. Durch die Anordnungen des beklagten Landes sei es der Klägerin nicht mehr möglich, den maßgeblichen Zweck des Portals zu verfolgen. Sollten die streitgegenständlichen Anordnungen rechtskräftig werden, drohe ihr das wirtschaftliche Aus. Zwar ziele die Anordnung nicht unmittelbar auf die Einstellung der Plattform; die Auflagen schränkten die Funktionsweise jedoch so stark ein, dass die Stilllegung die unweigerliche Folge sei. Dieser schwere Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin lasse sich nicht mit datenschutzrechtlichen Erwägungen begründen. Es bestehe ferner ein allgemeines Interesse der Portalnutzer an der Übermittlung der Daten. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts gäben auch Mitfahrzentralen das Kennzeichen des Fahrers an. Selbst wenn dies nicht automatisch durch die Mitfahrseiten geschehe, so übermittelten doch die Anbieter auf Nachfrage das Kfz-Kennzeichen. Darüber hinaus sei die Plattform auch sonst immer dann nützlich, wenn man selbst oder Familienangehörige bei Dritten mitfahren wollten. Das Schutzinteresse der betroffenen Fahrer bzw. Halter müsse demgegenüber zurücktreten, da sie sich im öffentlichen Verkehr bewegten und bereits daraus ein nicht unerhebliches Risiko für sämtliche Verkehrsteilnehmer resultiere.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Februar 2017 teilweise zu ändern und die datenschutzrechtliche Anordnung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 22. September 2015 auch im Übrigen aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus:

Dem deutschen Datenschutzrecht sei eine weite Auslegung des Begriffs personenbezogener Daten immanent. Bereits § 3 Abs. 1 BDSG setze "personenbezogen" und "personenbeziehbar" gleich. Daher sei für die Frage der Bestimmbarkeit auch das Wissen Dritter maßgeblich. Das von der Klägerin vorgetragene Argument der Mitfahrzentralen verdeutliche, dass sie selbst davon ausgehe, bei den auf dem Portal gespeicherten Daten handele es sich um personenbeziehbare Daten zur Zuverlässigkeit eines Autofahrers. Das Argument des berechtigten Interesses an der Datenübermittlung wegen der Nutzung von Mitfahrzentralen überzeuge nicht. Die Klägerin versuche mit diesem Hinweis, ihrem Portal nachträglich einen professionellen Nutzen zu geben. Die Bewertungen erfolgten gerade nicht zum Zwecke des Fahrervergleichs vor Auswahl einer Mitfahrgelegenheit. Das Portal sei primär eine Meinungsplattform, um dem Ärger über Autofahrer Raum zu geben und - wie an einem Pranger - öffentlich zu machen. Im Übrigen könne der Portalnutzer nicht sicher sein, dass die eingestellte Bewertung sich auf den Fahrer beziehe, der ein Mitfahrangebot abgebe. Ein berechtigtes Interesse sei daher in diesem Zusammenhang äußerst zweifelhaft. Die Klägerin schaffe mit ihrem Portal einen neuen Portaltyp, der stärker in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen eingreife als die bisher bekannten Bewertungsportale, da er die Bewertung privat motivierter Verhaltensweisen zum Gegenstand habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist - soweit das Verfahren nicht rechtskräftig beendet ist - unbegründet. Die datenschutzrechtliche Anordnung des beklagten Landes vom 22. September 2015 ist in dem Umfang, in dem sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Für die rechtliche Überprüfung der datenschutzrechtlichen Anordnung ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.

Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, Rn. 17.

Abweichend davon haben die Gerichte bei der Beurteilung von Dauerverwaltungsakten grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen.

Vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2011, a. a. O., Rn. 17.

Bei den datenschutzrechtlichen Anordnungen der LDI NRW handelt es sich um Dauerverwaltungsakte, weil sie auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse zur Entstehung bringen und so wirken, als wenn sie immer zu jedem Zeitpunkt neu erlassen würden,

zu den Merkmalen eines Dauerverwaltungsakts vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 113 Rn. 43.

Sie enthalten die sich ständig aktualisierende Verpflichtung, die vorgegebenen technischen Eigenschaften des - dauerhaft betriebenen - Fahrerbewertungsportals sicherzustellen und erschöpfen sich gerade nicht in einer einmaligen Handlung der Klägerin.

Vgl. VG Berlin, Urteil vom 24. Mai 2011 - 1 K 133.10 -, CR 2012, 191 = juris, Rn. 16.

II. Ermächtigungsgrundlage der Anordnungen ist § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG. Nach dieser Vorschrift kann die Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen.

1. Das Bundesdatenschutzgesetz ist auf die vorliegende Konstellation gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil die Klägerin durch das Betreiben des Fahrerbewertungsportals als nicht-öffentliche Stelle personenbezogene Daten erhebt, verarbeitet und nutzt.

a) Insbesondere handelt es sich bei den von ihr zum Zwecke der Übermittlung erhobenen und auf bestimmte Kfz-Kennzeichen bezogenen Bewertungen des Fahrverhaltens um "personenbezogene Daten" im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG.

Die Personenbezogenheit des Kfz-Kennzeichens ebenfalls bejahend: LG Karlsruhe, Beschluss vom 19. August 2015 - 20 S 42/15 -, juris, Rn. 20; ablehnend: AG Kassel, Urteil vom 7. Mai 2013 - 435 C 584/13 -, ZD 2014, 90 = juris, Rn. 12 f.; AG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2013 - 23 C 1351/13 -, juris, Rn. 21 ff.; AG Bonn, Urteil vom 23. Juli 2013 - 109 C 52/13 -, juris, Rn. 15 ff.

Nach der Legaldefinition dieser Vorschrift sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Der Begriff umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten, wie etwa Name oder Geburtsort, sondern etwa auch Meinungsäußerungen, Bewertungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, oder die Darstellung des privaten Verhaltens eines Betroffenen.

Vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 -, BGHZ 181, 328 = juris, Rn. 17.

aa) Bei den zu Kfz-Kennzeichen auf dem Portal der Klägerin vorhandenen und abrufbaren Bewertungen handelt es sich zunächst (jedenfalls) um sachliche Verhältnisse einer Person, weil sie Angaben über einen auf den Betroffenen - den Halter des Fahrzeugs - beziehbaren Sachverhalt enthalten.

Vgl. zur Definition des Tatbestandsmerkmals "persönliche und sachliche Verhältnisse" etwa Gola/Schomerus, BDSG, 12. Auflage 2015, § 3 Rn. 5 ff.; Dammann, in: Simitis, BDSG, 8. Auflage 2014, § 3 Rn. 7 ff.

Dabei ist es unerheblich, dass Halter und Fahrer nicht identisch sein müssen und sich die auf der Plattform der Klägerin abgegebenen Bewertungen auf das individuelle Fahrverhalten beziehen. Auch bei der Eigenschaft als Halter eines Fahrzeugs, dessen Führung Gegenstand einer bestimmten - positiven oder negativen - Bewertung ist, handelt es sich (bereits) um ein sachliches Verhältnis, unabhängig davon, dass sich die abgegebenen Bewertungen nicht notwendigerweise auf dessen persönliches Fahrverhalten beziehen, weil eine andere Person in der bewerteten Situation das Fahrzeug geführt hat.

Vgl. ähnlich in Bezug auf die Unterscheidung von Anschlussinhaber und Nutzer eines Internetzugangs LG Berlin, Urteil vom 31. Januar 2013 - 57 S 87/08 -, CR 2013, 471 = juris, Rn. 121 ff.

Betroffener im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG ist damit jedenfalls der Halter des jeweiligen Fahrzeugs.

bb) Zwar sind die zu Kfz-Kennzeichen auf dem Portal der Klägerin vorhandenen und abrufbaren Bewertungen mangels konkreten Namens- und sonstigen unmittelbaren Personenbezugs nicht "bestimmt" im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG. Die Person des Halters ist aber "bestimmbar" im Sinne der Norm.

Wonach sich die Bestimmbarkeit einer Person richtet, ist Gegenstand kontroverser Debatten in Rechtsprechung und Literatur. Ungeachtet zahlreicher weiterer Nuancierungen besteht dabei im Ausgangspunkt Streit darüber, ob sich die Bestimmbarkeit nach den individuellen Verhältnissen der verantwortlichen Stelle - hier der Klägerin - richtet (relativer Ansatz) oder bereits dann vorliegt, wenn ein beliebiger Dritter in der Lage ist, den Personenbezug (etwa durch nur bei ihm vorhandenes Zusatzwissen) herzustellen (objektiver Ansatz).

Vgl. zum Streitstand etwa BGH, Vorlagebeschluss vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 135/13 -, CR 2015, 109 = juris, Rn. 23 ff.; Haase, Datenschutzrechtliche Fragen des Personenbezugs, 2015, S. 268 ff., insbesondere S. 290 ff.; Eckhardt, CR 2016, 786 ff.; Herbst, NVwZ 2016, 902, 903 ff.; Bergt, ZD 2015, 365 ff.

Folge des relativen Ansatzes ist, dass sich der Personenbezug von Daten nicht absolut, sondern nur in Abhängigkeit von der jeweils verantwortlichen Stelle bestimmen lässt. Anders als nach dem objektiven Ansatz kann danach ein Datum für eine Stelle ein personenbezogenes sein, für eine andere hingegen nicht.

Vgl. etwa BGH, Vorlagebeschluss vom 28. Oktober 2014, a. a. O., Rn. 26 m. zahlr. w. N.; Brink/Eckhardt ZD 2015, 205, 206; Gola/Schomerus, a. a. O., § 3 Rn. 10; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, Loseblatt (Stand: März 2017), § 3 Rn. 32; Eßer, in: Auernhammer, BDSG, 4. Auflage 2014, § 3 Rn. 19.

Diese Streitfrage bedarf vorliegend keiner Klärung. Nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 3 Abs. 1 BDSG,

vgl. zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG 1995, Nr. L 281, S. 31 ff.) das Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze, BGBl. I 2001, 904 ff.,

handelt es sich auch bei Zugrundelegung des (engeren) relativen Ansatzes bei Kfz-Kennzeichen um personenbezogene Daten. Nach Art. 2 Buchstabe a der Richtlinie 95/46/EG wird eine Person als bestimmbar angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind. Für die Einstufung eines Datums als personenbezogen in diesem Sinne ist es unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 26 der die - hier vorliegende - automatisierte Verarbeitung solcher Daten regelnden und daher einschlägigen Richtlinie 95/46/EG nicht erforderlich, dass sich alle zur Identifizierung der jeweiligen Person erforderlichen Informationen in den Händen einer einzigen Person befinden. Entscheidend ist vielmehr - konkret bezogen auf Kfz-Kennzeichen -, ob die Möglichkeit, das Kennzeichen mit der Zusatzinformation des dahinter stehenden Halters zu verknüpfen, ein Mittel darstellt, das vernünftigerweise zur Bestimmung der betreffenden Person eingesetzt werden kann. Dies ist dann zu verneinen, wenn die Identifizierung der betreffenden Person gesetzlich verboten oder praktisch nicht durchführbar wäre, etwa weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskräften erfordern würde, so dass das Risiko einer Identifizierung de facto vernachlässigbar erschiene.

Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016- C-582/14 - (Breyer), CR 2016, 791 = juris, Rn. 43 ff.

Es reichen aber (abstrakte) legale, denkbar durchführbare Mittel, wie das grundsätzliche Bestehen gesetzlicher Auskunftsansprüche, selbst wenn diese einen richterlichen Beschluss erfordern, unabhängig vom konkreten Fall als vernünftigerweise heranzuziehendes Mittel zur Bestimmung des Personenbezugs aus.

So unter Berufung auf die englische Fassung des EuGH-Urteils: Nink, CR 2016, 794; van 't Geloof, CRi 2017, 26; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 135/13 -, NJW 2017, 2416 = juris, Rn. 26, wo ebenfalls auf die (abstrakten) rechtlichen Mittel der Beklagten abgestellt wird; anders wohl Eckhardt, CR 2016, 786, 788. Offen gelassen bei Voigt/Skistims, BB 2016, 2834.

Gemessen daran handelt es sich bei den zu bestimmten Kfz-Kennzeichen auf der Plattform der Klägerin abgegebenen Bewertungen um personenbezogene Daten, denn sie verfügt über rechtliche Mittel, die vernünftigerweise eingesetzt werden können, um mit Hilfe Dritter, und zwar des Zentralrufs der Autoversicherer, der Zulassungsbehörden oder des Kraftfahrt-Bundesamtes, eine Person anhand des Kfz-Kennzeichens bestimmen zu lassen. Sie hat gem. § 39 Abs. 1 StVG Anspruch auf eine entsprechende Auskunft, wenn sie darlegt, dass sie die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt. Außerdem kann Auskunft auf Grundlage des § 8a Abs. 1 Satz 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) verlangt werden, soweit dies zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr erforderlich ist. Diese Möglichkeiten sind weder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit oder Kosten noch an Arbeitskraft verbunden. Ob die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs im Einzelfall erfüllt sind, ist nach dem oben Gesagten unerheblich, weil die abstrakte rechtliche Möglichkeit der Informationsverknüpfung genügt. Grundsätzlich ist eine berechtigte Halterabfrage auch im Falle der Klägerin denkbar, etwa wenn ein Betriebsfahrzeug oder ein Mitarbeiter im Straßenverkehr geschädigt wird. Ungeachtet dessen sind die jeweiligen Voraussetzungen aber auch vergleichsweise niederschwellig, wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat.

Die Einbeziehung des Kfz-Kennzeichens in den Kreis personenbezogener Daten ist ferner nach Sinn und Zweck des Bundesdatenschutzgesetzes unter Berücksichtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung geboten. Da es unter diesen Bedingungen praktisch kein belangloses Datum gibt,

vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u. a. -, BVerfGE 65, 1 = juris, Rn. 152,

entspricht die vorgenommene Auslegung dem Ziel eines umfassenden Datenschutzes. Ferner ist auch der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Fahrzeugregister davon ausgegangen, Kfz-Kennzeichen ermöglichten einen Bezug zu einer bestimmten oder bestimmbaren Person und gehörten daher nicht zu den anonymisierten Daten (vgl. § 45 Satz 2 StVG).

Schließlich findet das Bundesdatenschutzgesetz selbst dann jedenfalls in Bezug auf die Übermittlung der Kennzeichen Anwendung, wenn man die Personenbezogenheit dieses Datums für die Klägerin als verantwortliche Stelle verneint. Übermittelt eine Stelle Daten, die aus ihrer Sicht mangels erforderlichen Zusatzwissens nicht personenbezogen sind, an eine andere Stelle, die den Personenbezug ohne weiteres herstellen kann, so ist für diese Übermittlung der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes eröffnet.

Vgl. Gola/Schomerus, a. a. O., § 3 Rn. 10; Kühling/Klar, NJW 2013, 3611, 3615; vgl. auch Dammann, in: Simitis, a. a. O., § 3 Rn. 34 f.

So liegt der Fall hier: Die Klägerin übermittelt die zu den Kfz-Kennzeichen vorliegenden Bewertungen durch die Abrufbarkeit über das Internet an eine unbegrenzte Öffentlichkeit und damit auch an solche Stellen, die den Namen des Halters und/oder des (regelmäßigen) Fahrers eines bestimmten Fahrzeugs kennen, wie etwa Autoversicherungen, die Zulassungsstelle oder Nachbarn, Bekannte und Arbeitgeber eines Kfz-Halters oder Fahrers. Insoweit kann Betroffener i. S. v. § 3 Abs. 1 BDSG neben dem Halter im Einzelfall auch der (davon verschiedene) Fahrer eines Fahrzeugs sein.

b) Auf die Klägerin ist das Bundesdatenschutzgesetz auch in persönlicher Hinsicht gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil es sich bei ihr um eine nicht-öffentliche Stelle handelt, die zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten eine Datenverarbeitungsanlage einsetzt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG findet auf die Klägerin der dritte Abschnitt des Bundesdatenschutzgesetzes Anwendung, zu dem die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG zählt.

c) Ein Ausschluss oder eine Begrenzung des Anwendungsbereichs des Bundesdatenschutzgesetzes folgt schließlich nicht aus § 41 BDSG. Die Voraussetzungen des sog. Medienprivilegs liegen nicht vor, weil die Datenverarbeitung durch die Klägerin nicht zu journalistischredaktionellen Zwecken erfolgt. Die bloße Wiedergabe oder Auflistung von Beiträgen Dritter erfüllt diese Voraussetzung nur und erst dann, wenn die meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur schmückendes Beiwerk ist.

Vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009, a. a. O., Rn. 21; vgl. auch Bergmann/Möhrle/Herb, a. a. O., § 41 Rn. 25.

Daran fehlt es vorliegend. Die Klägerin stellt im Wesentlichen von anderen übermittelte Daten für die Allgemeinheit zur Verfügung. Sie selbst gestaltet lediglich das Design der Darbietung und bestimmt zum einen die Eingabemöglichkeiten im Rahmen der Bewertung sowie zum anderen die Maßstäbe, anhand derer eine Software automatisiert eine Durchschnittsnote des bewerteten Fahrverhaltens bildet. Daneben werden anhand der Eingaben noch bestimmte Statistiken erstellt. Die Generierung einer bloßen, aus bestimmten Einzelangaben errechneten Durchschnittsnote stellt - ungeachtet dessen, dass dies automatisiert erfolgt - keine journalistischredaktionelle Bearbeitung dar.

2. Die datenschutzrechtlichen Anordnungen sind formell und materiell rechtmäßig. Die LDI NRW ist gem. § 38 Abs. 6 BDSG, § 22 Abs. 5 Satz 2 des Datenschutzgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) hierfür zuständig.

a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG liegen vor, weil die aktuelle Gestaltung des Fahrerbewertungsportals gegen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes verstößt.

Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Vorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Da Einwilligungen der durch das Fahrerbewertungsportal Betroffenen, die Halter und Fahrer der bewerteten Fahrzeuge, nicht vorliegen, bedarf es für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten durch die Klägerin einer ausdrücklichen Erlaubnis oder Anordnung der Zulässigkeit durch eine Rechtsvorschrift. An einer solchen fehlt es vorliegend.

aa) Als Erlaubnisnormen für die Datenerhebung und -verarbeitung kommen ausschließlich § 29 Abs. 1 Satz 1 BDSG, für deren Übermittlung § 29 Abs. 2 BDSG in Betracht. Die Vorschrift des § 28 BDSG ist hingegen nicht einschlägig. Während § 28 BDSG die Voraussetzungen des Erhebens, Speicherns, Veränderns oder Übermittelns personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke normiert (vgl. Abs. 1), ist Regelungsgegenstand des § 29 BDSG das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung, insbesondere wenn dies der Werbung, der Tätigkeit von Auskunfteien oder dem Adresshandel dient.

Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist damit der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG. Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand, so gilt § 29 BDSG.

Vgl. BGH, Urteile vom 23. Juni 2009, a. a. O., Rn. 24, und vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13 -, BGHZ 202, 242 = juris, Rn. 15, jeweils m. w. N.

Die Erhebung und Verarbeitung der von der Klägerin auf dem Portal erhobenen Bewertungen zum Fahrverhalten der Fahrer von Fahrzeugen mit einem bestimmten Kennzeichen dient allein der Übermittlung an die Portalnutzer in deren Informationsinteresse. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten erfolgt damit von vornherein ausschließlich dazu, um die Informationen Dritten zugänglich zu machen. Es liegt außerdem die nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BDSG erforderliche Geschäftsmäßigkeit der Tätigkeit der Klägerin vor, weil sie auf Wiederholung ausgerichtet und auf Dauer angelegt ist. Eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne einer Gewinnerzielungsabsicht ist nicht Voraussetzung der Anwendbarkeit der Norm.

Vgl. BGH, Urteile vom 23. Juni 2009, a. a. O., Rn. 24, und vom 23. September 2014, a. a. O., Rn. 16, jeweils m. w. N.; Ehmann, in: Simitis, a. a. O., § 29 Rn. 58, 61; Bergmann/Möhrle/Herb, a. a. O., § 29 Rn. 19.

bb) Die Voraussetzungen der Erlaubnisnormen liegen weder im Hinblick auf die Erhebung, Speicherung, Veränderung und Nutzung ((1)) noch im Hinblick auf die Übermittlung ((2)) vor.

(1) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BDSG ist das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum genannten Zweck zulässig, wenn einer der in Nrn. 1 bis 3 der Vorschrift normierten Tatbestände einschlägig ist. Vorliegend kommt als Erlaubnistatbestand ausschließlich § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG in Betracht, weil es sich bei den abgegebenen Bewertungen ersichtlich weder um allgemein zugängliche Daten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG) noch um Daten über Forderungen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG) handelt.

Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG ist die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung zulässig, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung oder Speicherung hat. Der ausfüllungsbedürftige Begriff des "schutzwürdigen Interesses" verlangt eine Abwägung des Interesses des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwertes, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte. Dabei sind Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten an den Aufgaben und Zwecken zu messen, denen die Datenerhebung und -speicherung dient, mithin vorliegend am Zweck der Übermittlung.

Vgl. BGH, Urteile vom 23. Juni 2009, a. a. O., Rn. 26, und vom 23. September 2014, a. a. O., Rn. 24 m. zahlr. w. N.; vgl. ferner für die Notwendigkeit einer Interessenabwägung Plath, in: Plath, BDSG, 2013, § 29 Rn. 37; Dammann, in: Simitis, a. a. O., § 29 Rn. 155 ff.; Kramer, in: Auernhammer, a. a. O., § 29 Rn. 22 ff.

Hier sind das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Kfz-Halter bzw. Fahrer (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) mit dem Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) der Klägerin sowie der Portalnutzer und der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin abzuwägen.

Diese Abwägung geht - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet hat - vorliegend zu Lasten der Klägerin sowie der Portalnutzer aus, weil die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Allerdings hat der Einzelne kein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über "seine" Daten; er ist vielmehr eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit. Information, auch soweit sie personenbezogen ist, stellt ein Abbild sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft ist im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person zu entscheiden. Grundsätzlich muss daher der Einzelne Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, a. a. O., Rn. 146 ff.

In Bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht hat die Rechtsprechung Abwägungskriterien, u. a. nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet. Unterschieden wird dabei insbesondere - mit abnehmender Schutzbedürftigkeit - zwischen Intim-/Geheimsphäre, Privatsphäre und Sozialsphäre.

Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 31. Januar 1973 - 2 BvR 454/71 -, BVerfGE 34, 238 = juris, Rn. 31 ff., und vom 3. Juni 1980 - 1 BvR 185/77 -, BVerfGE 54, 148 = juris, Rn. 14 ff.; BGH, Urteile vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85 -, NJW 1987, 2667 = juris, Rn. 14, und vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 -, NJW 1991, 1532 = juris, Rn. 12.

Äußerungen im Zusammenhang mit der Sozialsphäre einer Person dürfen grundsätzlich nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, etwa bei Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung sowie bei Eintreten einer Prangerwirkung.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - 1 BvR 755/99 -, NJW 2003, 1109 = juris, Rn. 33 m. w. N.

In Bezug auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann indes nicht allein auf die Art der Angaben abgestellt werden. Entscheidend sind daneben ihre Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Diese hängen einerseits von dem Zweck, dem die Erhebung dient, und andererseits von den der Informationstechnologie eigenen Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten ab. Dadurch kann ein für sich gesehen belangloses Datum einen neuen Stellenwert bekommen; insoweit gibt es unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung kein "belangloses" Datum mehr.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, a. a. O., Rn. 152.

Gemessen daran berührt die Datenerhebung und -verarbeitung der Klägerin vorliegend das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Kfz-Halter in erheblicher Weise. Es handelt sich bei den erhobenen Daten, die die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr betreffen, zwar nicht um solche, die der Intim- oder Privatsphäre, sondern der Sozialsphäre zuzuordnen sind, in welcher die Persönlichkeitsentfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt erfolgt. Das Verhalten von Autofahrern ist allerdings nur bedingt auf den Kontakt nach außen gerichtet. Die Teilnahme am Straßenverkehr erfolgt in aller Regel nicht zu dem Zweck, mit dem Umfeld in Beziehung zu treten, sondern um einen bestimmten Ort zu erreichen. Der Kontakt nach außen ist dabei lediglich eine nicht zu vermeidende Begleiterscheinung, weil ohne ihn eine Zurücklegung größerer Distanzen schlicht nicht möglich ist. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Bewertungsportalen für Lehrer, Ärzte, Hotelbetreiber o. ä., deren berufliche oder gewerbliche Betätigung gerade darauf ausgerichtet ist, Verbindung zum sozialen Umfeld aufzunehmen, indem sie eine Leistung für andere erbringen, und sie sich so bewusst einer Bewertung durch diese aussetzen. Dies ist bei der Teilnahme am Kraftverkehr hingegen i. d. R. nicht der Fall; hier muss grundsätzlich lediglich mit einer Kontrolle der Einhaltung der Verkehrsvorschriften durch staatliche Instanzen gerechnet werden. Dieser tatsächliche Unterschied führt zu einer gesteigerten Schutzbedürftigkeit der vorliegend Betroffenen gegenüber den durch Berufsbewertungsportale Betroffenen.

Vor diesem Hintergrund ist die immense Breitenwirkung des Portals zu berücksichtigen. Die zum Fahrverhalten abgegebenen Bewertungen werden nicht mit dem Zweck erhoben und verarbeitet, lediglich einem - etwa durch ein dargelegtes berechtigtes Interesse oder in sonstiger Weise - abgrenzbaren Kreis von Dritten übermittelt zu werden, sondern sie werden im Internet einem unbegrenzten Personenkreis zur Verfügung gestellt, der in Sekundenschnelle und ohne nennenswerten Aufwand zu beliebigen Zwecken darauf zugreifen kann.

Insofern weicht die vorliegende Konstellation etwa von dem Lehrerbewertungsportal "spickmich" ab, in der eine Registrierung der Nutzer erforderlich und auf diese Weise der Abruf auf Personen beschränkt war, die ein typisiertes berechtigtes Informationsinteresse an den zur Verfügung gestellten Daten hatten, siehe BGH, Urteil vom 23. Juni 2009, a. a. O., Rn. 37.

Außerdem fällt ins Gewicht, dass die betroffenen Halter über vorliegende Bewertungen nicht informiert werden und deshalb - sofern sie das Portal nicht kennen - möglicherweise niemals davon erfahren.

Hinzu kommen die völlige Anonymität und die mangelnde Verifizierbarkeit der abgegebenen Bewertungen. Jeder Benutzer kann, ohne dass seine eigene Identität preisgegeben werden muss oder später zurückverfolgt werden könnte, zu jedem beliebigen Kfz-Kennzeichen Bewertungen abgeben, und zwar unbegrenzt oft - wenn auch mit einem zeitlichen Abstand von 24 Stunden zwischen zwei Bewertungen pro Kennzeichen von einer IP-Adresse. An einem Tag können bei Nutzung verschiedener IP-Adressen bis zu fünf Bewertungen pro Kennzeichen abgegeben werden. Eine vorherige Registrierung - etwa mittels einer E-Mail-Adresse - ist nicht erforderlich.

Dies unterscheidet das Portal von dem Ärztebewertungsportal "jameda", bei dem zumindest die Abgabe von Bewertungen eine vorherige Registrierung erfordert, siehe BGH, Urteil vom 23. September 2014, a. a. O., Rn. 2.

Es unterliegt keinerlei Kontrolle oder auch nur Nachprüfbarkeit, ob die abgegebenen Bewertungen tatsächlich aufgrund eines realen Vorfalls im Straßenverkehr, aufgrund persönlicher Beziehungen oder aufgrund sonstiger unsachlicher Motive abgegeben werden. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat, ist es daher nicht fernliegend, dass Nutzer aus zweckwidrigen Motiven zu einem Kfz-Kennzeichen unrichtige negative Bewertungen anhäufen und damit das Fahrverhalten einer Person fälschlicherweise als schlecht darstellen. Da der Rückschluss vom Kennzeichen auf den dahinter stehenden Halter und/oder Fahrer jedenfalls im sozialen Umfeld einer Person regelmäßig ohne weiteres möglich ist, kann dies für den Betroffenen schwerwiegende negative Konsequenzen haben, etwa wenn das Führen von Kraftfahrzeugen zu seiner beruflichen Tätigkeit gehört und die Negativbewertung auf dem Portal der Klägerin dessen Arbeitgeber bekannt wird. Auch im sonstigen Umfeld des Betroffenen kann eine schlechte Bewertung das Ansehen des Betroffenen erheblich beeinträchtigen, zumal mit rücksichtslosem Fahrverhalten allgemein die Gefährdung von Gesundheit und Leben Dritter aus eigennützigen Gründen assoziiert wird.

Zwar besteht aufgrund der restriktiven Eingabevorgaben der Klägerin nicht die Gefahr der Erhebung und Veröffentlichung beleidigender Inhalte. Allerdings birgt die Form, die die Klägerin für ihr Fahrerbewertungsportal gewählt hat, aufgrund der genannten Aspekte das Risiko, eine Prangerwirkung für die Betroffenen zu entfalten, weil ein nach Auffassung des Äußernden beanstandungswürdiges Verhalten aus der Sozialsphäre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirken kann.

Vgl. zum Begriff der Prangerwirkung etwa BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2010 - 1 BvR 2477/08 -, DVBl. 2010, 643 = juris, Rn. 25 m. w. N.

Diese Gefahr wiegt umso schwerer, weil Halter und Fahrer eines Fahrzeugs nicht zwangsläufig identisch sein müssen. Dies führt dazu, dass ein Fahrzeughalter womöglich mit einer negativen Bewertung konfrontiert wird, die zwar in keinem Zusammenhang mit seinem eigenen Verhalten steht, aber gleichwohl mit seiner Person in Verbindung gebracht wird oder jedenfalls gebracht werden kann.

Hinzu kommt, dass die von der Klägerin in ihren Nutzungsbedingungen vorgesehene Beschwerdemöglichkeit der Betroffenen zwangsläufig voraussetzt, dass diese sowohl von der Existenz des Portals als auch von der Eingabe einer Bewertung Kenntnis haben. Diese Kenntnis können Betroffene derzeit allenfalls durch eigene regelmäßige Kontrolle auf dem Fahrerbewertungsportal erlangen oder dadurch, dass sie auf dem Portal unter Angabe ihrer E-Mail-Adresse eine Benachrichtigung aktivieren, sobald zu ihrem Kennzeichen eine (neue) Bewertung abgegeben wird. Die zuletzt genannte Variante erfordert allerdings die Preisgabe weiterer Daten.

Die dargestellten Beeinträchtigungen der berechtigten Interessen der Betroffenen wiegen schwerer als die Interessen der Klägerin sowie der Portalnutzer.

Die Abgabe von Bewertungen über das Fahrverhalten von Verkehrsteilnehmern sowie die Abfrage vorhandener Bewertungen unterfällt dem Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Auch die Klägerin als Portalbetreiberin kann sich auf das ihr als juristische Person des Privatrechts zustehende Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, wenngleich sie sich die Meinungen der Portalnutzer nicht zu eigen macht, sondern diesen lediglich eine Plattform für den Kommunikationsprozess zur Verfügung stellt. Zum von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Kommunikationsprozess kann auch die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung zählen, und zwar auch dann, wenn der Mitteilende sich diese weder zu eigen macht, noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet, sondern die fremde Äußerung lediglich verbreitet. Es ist Teil des meinungsbildenden Diskussionsprozesses, dessen Schutz Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG im Sinn hat, sich und andere auch über Stellungnahmen Dritter zu informieren, etwa weil der Verbreitende sie für begrüßenswert hält, weil er ihr ablehnend gegenübersteht oder weil er sie aus sich heraus für bemerkenswert erachtet. Die Wiedergabe fremder Meinungsäußerungen ist daher selbst dann von der Meinungsfreiheit geschützt, wenn die fremde Äußerung weder kommentiert noch in anderer Weise in eine eigene Stellungnahme eingebettet, sondern schlicht um ihrer selbst willen referiert wird. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn eine rein technische Verbreitung vorliegt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, 470 = juris, Rn. 58 f. m. w. N.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 23. September 2014, a. a. O., Rn. 28.

Letzteres ist vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, weil die Klägerin durch die Übermittlung eines Notendurchschnitts zu einzelnen Kfz-Kennzeichen die auf ihrem Portal abgegebenen Bewertungen zu einem aus Sicht der Nutzer vollständigen Überblick über die entäußerten Meinungen bündelt.

Die Meinungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährleistet. Gemäß Art. 5 Abs. 2 GG findet sie ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, den Bestimmungen zum Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre. Dazu gehört auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Reihe von Kriterien entwickelt, die bei der vorzunehmenden Abwägung maßgeblich sind. Dabei spielt auch der Unterschied zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen eine Rolle. Insbesondere fällt bei Tatsachenbehauptungen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht, der für reine Werturteile irrelevant ist.

Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 2016 - 1 BvR 3487/14 -, NJW 2016, 3362 = juris, Rn. 14 m. w. N.

Die hier in Rede stehenden Bewertungen sind - anders als die der zuletzt genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auf welche die Klägerin ausdrücklich verwiesen hat, zugrunde liegende Äußerung - als Werturteile mit Elementen von Tatsachenbehauptungen einzuordnen. Die Eigenschaften, die einem Fahrer in Bezug auf sein Fahrverhalten (aus einer vorgegebenen Liste) zugeschrieben werden können, sind im Wesentlichen Tatsachenbehauptungen. Die stets vorhandene Einordnung des Fahrverhaltens insgesamt als positiv (grün), neutral (gelb) oder negativ (rot) ist hingegen als reines Werturteil einzustufen. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass öffentlich einsehbar nur die aus sämtlichen Bewertungen errechnete "Gesamtnote", mithin ein Werturteil, ist.

In Bezug auf Werturteile muss abgewogen werden, welches Rechtsgut im Einzelfall den Vorzug verdient. Das öffentliche Informationsinteresse stellt in Fällen einer Kollision der grundrechtlich geschützten Äußerungsinteressen einerseits und der Persönlichkeitsbelange des von der Äußerung Betroffenen andererseits einen wesentlichen Abwägungsfaktor dar. Dies bedeutet aber nicht, dass die Meinungsfreiheit nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt wäre und von dem Grundrechtsträger nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt würde. Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2010, a. a. O., Rn. 28.

Wird von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht zum Zwecke privater Auseinandersetzung Gebrauch gemacht, sondern will der Äußernde in erster Linie zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, dann sind Auswirkungen seiner Äußerung auf den Rechtskreis Dritter zwar unvermeidliche Folge, nicht aber eigentliches Ziel der Äußerung. Der Schutz des betroffenen Rechtsguts kann und muss um so mehr zurücktreten, je weniger es sich um eine unmittelbar gegen dieses Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele handelt, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage durch einen dazu Legitimierten; hier spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede, weil sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung eines freien und offenen politischen Prozesses ist, in ihrem Kern betroffen wäre.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Juni 1982 - 1 BvR 1376/79 -, BVerfGE 61, 1 = juris, Rn. 21.

Es ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den streitgegenständlichen Bewertungen des Fahrverhaltens um einen Beitrag zu einem Thema von allgemeiner öffentlicher Bedeutung oder sonst um Fragen handelt, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren. Die Ausübung der Meinungsfreiheit im hier interessierenden Kontext dient vielmehr dem Zweck der einseitig öffentlich ausgetragenen privaten Auseinandersetzung. Das Interesse an der Erhebung, Speicherung und Verbreitung sowie dem Abruf dieser Daten besteht aus Sicht des Senats letztlich - jedenfalls überwiegend - darin, dem Ausdruck von Ärger über andere Autofahrer Raum zu geben und die eigene Neugier zu befriedigen. Andere Zwecke, insbesondere die Öffentlichkeit wesentlich berührende, sind hingegen nicht ersichtlich oder jedenfalls in ihrer Bedeutung zu vernachlässigen.

So stehen die Bewertungen - wie bereits ausgeführt - i. d. R. nicht im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit oder einer Dienstleistung. Die Öffentlichkeit kann insofern kein erhebliches Interesse zum Zwecke einer darauf bezogenen Auswahlentscheidung geltend machen.

Vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2014, a. a. O., Rn. 39.

Das der Fahrerbewertung zugrunde liegende Verhalten ist in der Regel privat motiviert.

Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über das Fahrverhalten von Verkehrsteilnehmern lässt sich auch nicht aus der Nutzung von Mitfahrgelegenheiten, Carsharing-Angeboten o. ä. herleiten. Es ist der Klägerin zwar zuzugestehen, dass Personen, die beabsichtigen, bei ihnen unbekannten Dritten mitzufahren oder ihr Auto an Unbekannte zu vermieten, durchaus ein berechtigtes Interesse an der Übermittlung solcher Daten haben können. Allerdings ist das Portal der Klägerin - jedenfalls in seiner aktuellen Ausgestaltung - nicht geeignet, dieses Interesse zu befriedigen. Dies hat seinen Grund zum einen in der fehlenden Richtigkeitsgewähr der Angaben und Bewertungen. So könnte etwa ein Kraftfahrzeughalter und -fahrer, der regelmäßig Mitfahrgelegenheiten anbietet, in großem Umfang positive Bewertungen des eigenen Fahrverhaltens einstellen. Zum anderen bietet die Plattform der Klägerin eben keine Bewertungen zum Fahrverhalten eines bestimmten Fahrers. Aus dem Kennzeichen kann - jedenfalls ohne weitere Kenntnisse über die Nutzungsverhältnisse des Fahrzeugs - gerade nicht ohne weiteres auf den konkreten Fahrer geschlossen werden. Eine hinreichend verlässliche Einschätzung des Fahrverhaltens der Person, bei der die Mitfahrt beabsichtigt ist, ist deshalb in aller Regel nicht möglich. Schließlich ist im Rahmen der Abwägung einzubeziehen, dass nur ein geringer Anteil der Nutzer des Portals wegen der Inanspruchnahme von Mitfahrgelegenheiten oder dem privaten Vermieten des eigenen Autos überhaupt ein derartiges Interesse für sich beanspruchen kann, der Kreis derer, an die die Bewertungen übermittelt werden, aber in keiner Weise begrenzt ist. Auch der Anteil der Kraftfahrzeughalter, die Mitfahrgelegenheiten anbieten oder Carsharing nutzen, ist als eher gering einzuschätzen, wobei dem wiederum die Möglichkeit der Bewertung aller Kraftfahrzeughalter gegenübersteht. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall insbesondere von Berufsbewertungsportalen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sowohl Mitfahrgelegenheiten als auch private Autovermietungen im Wesentlichen über Internetplattformen vermittelt werden. Die entsprechenden Angebote verfügen in der Regel über ein eigenes Bewertungssystem, bei dem sich Fahrer und Mitfahrer bzw. Mieter und Vermieter gegenseitig bewerten können. Die Bewertung erfordert üblicherweise eine vorherige Registrierung. Es dürfte davon auszugehen sein, dass die dort abgegebenen Bewertungen aussagekräftiger und zielgerichteter sind, weil sie zum einen nicht völlig anonym sind und zum anderen auf einem realen Kontakt der jeweiligen Personen gerade im Zusammenhang mit dem Angebot einer Mitfahrgelegenheit oder der Autoanmietung beruhen.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, gerade die derzeitige Gestaltung ihres Portals trüge über eine Selbstreflexion der Autofahrer zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr bei. Der genannte Zweck bedarf jedenfalls nicht der uneingeschränkten Veröffentlichung der Bewertungen im Internet. Eine Selbstreflexion der Kraftfahrzeugführer kann auch dadurch erreicht werden, dass nur den Kfz-Haltern Zugriff auf die entsprechenden Daten gewährt wird, so wie die angegriffene Anordnung es vorsieht. Auch soweit der Fahrer eine vom Halter verschiedene Person ist, steht die auferlegte Umgestaltung des Portals diesem Zweck nicht zwangsläufig entgegen. Zum einen ermöglicht auch die derzeitige Gestaltung des Portals keinen Rückschluss auf die Bewertung des individuellen Fahrverhaltens, wenn mehrere Fahrer ein Fahrzeug abwechselnd nutzen. Da die sichtbare Bewertung keinen Bezug zu einem konkreten Ort oder einer konkreten Zeit oder auch nur einem bestimmten Vorfall hat, lässt sich nicht aufklären, wessen Fahrverhalten Anlass zu einer bestimmten Bewertung gegeben hat. Eine Selbstreflexion über die Bewertung kann also bei einem vom Halter verschiedenen Fahrer nur dann erfolgen, wenn dieser das Fahrzeug ausschließlich oder jedenfalls ganz überwiegend nutzt. In dieser (Sonder-)Konstellation bleibt es dem Fahrer aber unbenommen, sich mit dem Anliegen der Einsicht in ggf. vorhandene Bewertungen an den Halter zu wenden.

Im Übrigen begegnet es bereits Zweifeln, ob eine wirksame Selbstreflexion auf Grundlage der bei der Klägerin abgegebenen Bewertungen überhaupt erfolgen kann. Ein solch selbstkritisches Hinterfragen der eigenen Handlungen setzt in der Regel voraus, dass Grund bzw. Anlass für die Beanstandungen bekannt sind. Für die Bewertungen auf dem Portal der Klägerin müssen aber keine Begründungen abgegeben werden. Liegen Detailangaben zum Fahrverhalten vor, so sind sie nicht einsehbar, sondern beeinflussen lediglich die errechnete Gesamtnote. Darüber hinaus erfolgt die Bewertung anonym. Deshalb ist es aus Sicht der Bewerteten schwer nachzuvollziehen, ob eine Benotung ihrer Meinung nach gerechtfertigt ist. Allenfalls dann dürfte mit einer Verhaltensänderung zu rechnen sein.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass eine Erhöhung der Sicherheit des Straßenverkehrs gerade dadurch bewirkt wird, dass Autofahrer damit rechnen müssen, öffentlich einsehbar bewertet zu werden und daher ihre Fahrweise schon im Hinblick auf potentielle Bewertungen anpassen. Dies setzt zum einen voraus, dass die Möglichkeit der Bewertung auf dem Portal der Klägerin den Fahrern bekannt ist. Zum anderen dürfte eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern - insbesondere solche, die nicht mit einer Sanktionierung schlechten Fahrverhaltens durch den Arbeitgeber oder sonstige Dritte rechnen müssen - mangels spürbarer negativer Folgen keine Notwendigkeit sehen, ihr Fahrverhalten wegen des Risikos schlechter Bewertungen zu ändern, für deren Richtigkeit zudem keinerlei Gewähr besteht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin vorgelegten Studie. Dabei kann dahinstehen, ob die Studie, die lediglich auf Englisch vorliegt, ordnungsgemäß ins Verfahren eingeführt wurde. Die Klägerin kann daraus jedenfalls nichts für sich herleiten. In der Studie wurde ausgewertet, welchen Einfluss es auf die Zahl und die Höhe der Kosten von Unfällen hat, wenn auf Fahrzeugen ein Aufkleber mit einer Telefonnummer angebracht wird, unter der man das Fahrverhalten bewerten kann. Es handelte sich um Fahrzeuge der Universität Georgia, von denen ein Teil mit einem entsprechenden Aufkleber versehen wurde, ein anderer Teil nicht. Ergebnis der Studie war, dass sich nach Einführung des Aufklebers eine Senkung der Unfallzahlen ergab. Dies bezog sich auf alle in den Blick genommenen Universitätsfahrzeuge gleichermaßen, also auch diejenigen ohne Aufkleber. Die Autoren der Studie gingen davon aus, dieser Effekt sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Einführung der Aktion den Fahrern die Bedeutung verdeutlichte, die der Arbeitgeber den durch Verkehrsunfälle entstehenden Kosten beimisst und sie deshalb eine Verhaltensanpassung vornahmen. Dies belegt gerade nicht den von der Klägerin behaupteten positiven Effekt von Bewertungen. Im Übrigen unterschied sich die der Studie zugrunde liegende Konstellation auch in mehrfacher Hinsicht vom streitgegenständlichen Portal. Zum einen waren in der Studiensituation die abgegebenen Bewertungen eben nicht öffentlich einsehbar, sondern erfolgten unmittelbar an eine extra eingerichtete Telefonnummer. Bei einem solchen Anruf konnten zudem Einzelheiten zum Fahrverhalten und insbesondere der Anlass für eine Beschwerde angegeben werden. Zum anderen erfolgte die Rückmeldung an den Arbeitgeber der betroffenen Fahrer, weshalb aus ihrer Sicht berufliche Nachteile im Falle von Beschwerden über den Fahrstil zu befürchten waren.

Soweit die Klägerin zudem ein schützenswertes Interesse darin sieht, der Meinung der Bewertenden ein Forum zu geben, ist im Rahmen der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen, dass die Anordnungen der LDI NRW die Meinungsäußerung in Form der Bewertung des Fahrverhaltens nicht gänzlich untersagen, sondern lediglich den Empfängerkreis der Äußerungen - wenn auch ganz erheblich - beschränken. Die Bewertungen können auch nach Umsetzung der Anordnungen weiterhin ohne Registrierung abgegeben werden, sind jedoch nur noch für den jeweils Betroffenen einsehbar.

Ein überwiegendes Interesse der Klägerin an der Erhebung und Verarbeitung der streitgegenständlichen Daten ergibt sich schließlich nicht aus deren Berufsfreiheit. Die Klägerin kann sich im vorliegenden Zusammenhang lediglich auf ihre aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Berufsfreiheit berufen; ihre Eigentumsfreiheit ist hingegen nicht berührt. Letztere schützt nicht bloße Chancen und Verdienstmöglichkeiten. Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist eröffnet, wenn die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit betroffen ist, Art. 14 GG ist hingegen anwendbar, wenn die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter begrenzt wird.

Siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 16. März 1971 - 1 BvR 52/66 u. a. -, BVerfGE 30, 292 = juris, Rn. 111.

Die vorliegenden datenschutzrechtlichen Anordnungen beziehen sich auf die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin, sie treffen sie nicht in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin eines Unternehmens, sondern in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin. Indem der Klägerin die Pflicht zu einem bestimmten datenschutzbezogenen Verhalten auferlegt wird, erfolgt eine Regelung ihrer gewerblichen Tätigkeit, nicht der Ausübung von Eigentümerbefugnissen. Mit der Anordnung ist auch kein Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebs verbunden.

In der datenschutzrechtlichen Anordnung der LDI NRW ist lediglich eine Berufsausübungsregelung zu sehen, die die Klägerin nur in geringem Maße beeinträchtigt. Auch eine Berufsausübungsregelung kann freilich in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung einer Zulassungsbeschränkung nahekommen und damit die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigen. Dies setzt in der hier vorliegenden Konstellation aber zunächst voraus, dass überhaupt das Berufsbild des "Betreibers eines Fahrerbewertungsportals" existiert, was bereits erheblichen Bedenken begegnet. Eine Beeinträchtigung der Berufswahl durch eine Berufsausübungsregelung ist aber ungeachtet dessen nicht schon dann anzunehmen, wenn die Regelung den aus der Ausübung eines Berufs erzielten Gewinn soweit mindert, dass ein einzelner Unternehmer sich zur Aufgabe seines bisherigen Berufs veranlasst sieht. Eine Verletzung des Rechts auf freie Berufswahl ist nur anzunehmen, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder - bei juristischen Personen - zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1961 - 1 BvR 833/59 -, BVerfGE 13, 181 = juris, Rn. 26, Urteil vom 22. Mai 1963 - 1 BvR 78/56 -, BVerfGE 16, 147 = juris, Rn. 67, Beschluss vom 16. März 1971, a. a. O., Rn. 58.

Gemessen daran ist vorliegend keine Einschränkung der Berufswahlfreiheit gegeben. Durch die streitgegenständliche Anordnung wird zwar wahrscheinlich eine Verringerung der Besucherzahl auf dem Portal der Klägerin und in Konsequenz dessen reduzierte Werbeeinnahmen bewirkt werden. Da die Klägerin das Portal aber auch derzeit nicht kostendeckend betreiben kann, sondern letztlich nur durch die Nutzung vorhandener technischer und personeller Ressourcen der ehemaligen Betreiberin der Plattform, wäre eine Einstellung des Betriebs letztlich nicht vorrangig auf erhebliche finanzielle Einbußen durch die Beschränkung des Zugriffs zurückzuführen.

(2) Auch die Voraussetzungen für eine zulässige Datenübermittlung nach § 29 Abs. 2 BDSG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist die Übermittlung im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat.

Bei wörtlicher Anwendung der Norm auf Bewertungsforen wie das vorliegende ergäbe sich deren Unzulässigkeit bereits daraus, dass es aufgrund der Anonymität der Übermittlung in aller Regel an der glaubhaften Darlegung eines berechtigten Interesses des Dritten fehlt. Die Vorschrift wird daher unter Berücksichtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit verfassungskonform dahingehend ausgelegt, dass auch die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer auf Grund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden muss. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen den Interessen des Abrufenden an der Kenntnis der Daten und desjenigen, der die Daten übermittelt hat, an deren Weitergabe gegenüberzustellen. Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten sind zu messen an den Aufgaben und Zwecken, denen Speicherung und Übermittlung dienen.

Vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009, a. a. O., Rn. 42 f.

Auch die danach vorzunehmende Interessenabwägung geht aus den bereits dargelegten Erwägungen zu Gunsten der Betroffenen und zu Lasten der Portalnutzer und der Klägerin aus.

b) Die von der LDI NRW getroffenen Anordnungen zur Umgestaltung des von der Klägerin betriebenen Portals sind ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO), insbesondere verhältnismäßig.

Die Anordnungen in Bezug auf die Einschränkung der Einsehbarkeit der Bewertungen (Ziffer 1) und die damit verbundene Registrierungspflicht für Kraftfahrzeughalter (Ziffer 2) sowie die Widerspruchsmöglichkeit gegen die Sichtbarkeit des Vorliegens von Bewertungen (Ziffer 3) und die Begrenzung der laufenden Benachrichtigung über neue Bewertungen auf registrierte Halter (Ziffer 4) sind geeignet, den vorliegenden datenschutzrechtlichen Verstoß zu beseitigen. Insbesondere verstößt die von der Klägerin geforderte Einrichtung einer Registrierungspflicht für den Abruf der Bewertungsergebnisse zu einem Kfz-Kennzeichen nicht selbst gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Der in § 3a BDSG normierte Grundsatz der Datensparsamkeit ist lediglich eine Maxime, die den Adressaten keine konkreten Verpflichtungen auferlegt. Dieser Grundsatz verlangt keine konkreten Verhaltensweisen im Einzelfall.

Vgl. Scholz, in: Simitis, a. a. O., § 3a Rn. 28; Schreiber, in: Plath, a. a. O., § 3a Rn. 14; vgl. auch Kühling/Bohnen, JZ 2010, 600, 603.

Darüber hinaus erfolgt die Eingabe der für die Registrierung erforderlichen Daten freiwillig. Es obliegt allein den insoweit dispositionsbefugten Kraftfahrzeughaltern, über die Preisgabe der verlangten Daten zu entscheiden.

Erfolgt die Datenerhebung und -verarbeitung durch die Klägerin nach Umsetzung der auferlegten Änderungen nur noch zum Zweck der Übermittlung an den Halter des jeweiligen Fahrzeugs selbst, so besteht im Rahmen der nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 BDSG vorzunehmenden Interessenabwägung kein überwiegendes Interesse des Betroffenem an deren Ausschluss. Die Halter als Adressaten der Bewertungen können ein berechtigtes Interesse an der Übermittlung geltend machen, weil es sich um auf sie bzw. ihr Fahrzeug bezogene Meinungsäußerungen und damit personenbezogene Daten handelt. Die aktuell gegebene Gefahr einer Prangerwirkung entfällt. Der Gefahr eines Missbrauchs durch Arbeitgeber, die das Portal nutzen, um ihre Arbeitnehmer ggf. ohne deren Wissen zu überwachen, wird durch die notwendige Versicherung entgegengewirkt. Der Geeignetheit der Vorgaben und insbesondere der Registrierungspflicht steht auch nicht der Umstand entgegen, dass sich aufgrund der mangelnden Kontrollmöglichkeit der Klägerin auch Personen registrieren lassen können, bei denen es sich nicht um die Halter der jeweiligen Fahrzeuge handelt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt die konkrete Vorgabe der Gestaltung der Registrierungspflicht zum einen eine hinreichende Hürde für den unbefugten Zugriff dar und wirkt - auch unter Berücksichtigung des Ordnungswidrigkeitentatbestandes des § 43 Abs. 2 Nr. 4 BDSG - abschreckend. Insbesondere im Hinblick auf die eher untergeordnete Bedeutung der Kenntnis von abgegebenen Bewertungen und dem im Verhältnis dazu nicht unerheblichen Aufwand für einen missbräuchlichen Zugriff ist nicht von einer relevanten Zahl falscher Registrierungen auszugehen.

Das Widerspruchsrecht in Bezug auf die Anzeige des Vorliegens von Bewertungen (Ziffer 3) trägt dem Umstand Rechnung, dass Dritte an der Übermittlung auch dieses Datums letztlich kein berechtigtes Interesse geltend machen können, die Angabe aber vergleichsweise aussagearm und die Veröffentlichung daher nicht zwingend von vornherein zu untersagen ist.

Die verfügte Umgestaltung ist auch erforderlich. Mildere, gleich geeignete Mittel zur Beseitigung der datenschutzrechtlichen Verstöße sind weder ersichtlich noch von der Klägerin dargelegt worden. Die Anordnung einer Ausgestaltung des Portals, bei der der Klägerin die Veröffentlichung der vorhandenen Bewertungen zumindest so lange gestattet wäre, bis der Betroffene dagegen Widerspruch erhebt, wäre zwar aus Sicht der Klägerin ein milderes Mittel. Es wäre aber zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der bewerteten Kfz-Halter nicht gleich geeignet, weil die Ausübung des Widerspruchsrechts die Kenntnis des Portals voraussetzt. Außerdem können auch der zeitweiligen Veröffentlichung von personenbezogenen Daten bereits erhebliche Auswirkungen zukommen, weil "das Internet nicht vergisst" und sich die entsprechenden Informationen bis zur Löschung bereits unübersehbar weit verbreitet haben können.

Die Anordnungen sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinn, weil ihr Zweck nicht außer Verhältnis zu den Nachteilen für die Klägerin und die Nutzer des Portals steht. Dem Schutz bedeutsamer Interessen der betroffenen Fahrzeughalter steht eine vergleichsweise geringfügige Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin gegenüber. Die Vorgaben betreffen lediglich das "Wie" des Portalbetriebs, nicht hingegen das "Ob", da mit ihnen weder eine gezielte noch eine faktische Untersagung einhergeht. Mit der auferlegten Umgestaltung ist weder rechtlich noch tatsächlich die Einstellung des Portals verbunden. Soweit die Klägerin dies pauschal behauptet, fehlt es an jeglicher Substantiierung, warum gerade die streitgegenständlichen Anordnungen zur Einstellung des Portals, das auch aktuell nicht kostendeckend betrieben werden kann, führen sollen.

Die mit den Anordnungen verbundenen Eingriffe in die Meinungs- und Berufsfreiheit der Klägerin sind zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Bewerteten gerechtfertigt; die Anordnungen führen zu einem verhältnismäßigen Ausgleich der kollidierenden Grundrechte.

III. Die der Klägerin für die Umsetzung der Anordnung gesetzte Frist von zwei Monaten ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

IV. Die verbliebenen Zwangsgeldandrohungen sind rechtmäßig. Die Voraussetzungen der § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 2, § 60, § 63 VwVG NRW liegen vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht auszugehen. Die Frage, ob es sich bei Kfz-Kennzeichen um personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG handelt, ist - insbesondere vor dem Hintergrund der nunmehr vorliegenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs im Verfahren - C-582/14 - (Breyer) und des Bundesgerichtshofs - VIZR 135/13 - nicht klärungsbedürftig. Im Übrigen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung.