OLG Celle, Urteil vom 20.07.2016 - 4 U 102/13
Fundstelle
openJur 2016, 9203
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Hannover vom 11. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Erstattung eines - seines Erachtens nach unrichtigen - vom Gericht beauftragten Sachverständigengutachtens in einem Zivilrechtsstreit aus dem Jahr 2008.

Der Kläger, ein ehemaliger Amtsrat bei einer Berufsgenossenschaft, schloss mit Wirkung zum 1. August 2004 eine Risiko-Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft ab. Der Kläger nahm diese im Jahr 2008 vor dem Landgericht Hannover klageweise auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch. Auf Anordnung der Kammer erstattete der hiesige Beklagte in jenem Verfahren ein Gutachten, in dem dieser den hiesigen Kläger im Ergebnis als nicht berufsunfähig einstufte. Das Landgericht wies - unter Berufung auf das Gutachten des Beklagten - die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers wurde vom Oberlandesgericht Celle zurückgewiesen. Eine zunächst beim Bundesgerichtshof eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nahm der Kläger, ohne diese zuvor begründet zu haben, wieder zurück.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, soweit das streitgegenständliche Gutachten des hiesigen Beklagten objektiv unrichtig gewesen sein sollte, sei jedenfalls kein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten feststellbar. Zudem sei das tatsächliche Vorbringen des Klägers zu den Verfehlungen des Beklagten teilweise substanzlos, teilweise fuße es auf unzutreffenden Vorstellungen über die Sachverständigenpflichten. Soweit die von dem Kläger vorgebrachten Tatsachen im Übrigen aber den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens tragen würden, habe er sie nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt (was sodann im Einzelnen ausgeführt wird). Schließlich entfiele eine Haftung des Beklagten aber selbst dann, wenn diesem der Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens träfe, da der Kläger es in dem zurückliegenden Rechtsstreit schuldhaft versäumt habe, durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Berichtigung des seiner Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens des Beklagten im Vorverfahren hinzuwirken.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 11. Juni 2013, Az.: 2 O 1/13, wird abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt, an den Kläger 86.976,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit und auf jeweils weitere 1.394,86 € seit dem 1. Januar 2007, 1. Februar 2007, 1. März 2007, 1. April 2007, 1. Mai 2007, 1, Juni 2007, 1. Juli 2007, 1. August 2007, 1. September 2007, 1. Oktober 2007, 1. November 2007, 1. Dezember 2007, 1. Januar 2008, 1. Februar 2008, 1. März 2008, 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009, 1. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 1. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010 und 1. August 2010 sowie auf 25.673,78 € ab Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. R. sowie der mündlichen Anhörung des Sachverständigen. Ferner hat der Senat die Parteien nach § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Gutachten des Sachverständigen vom 15. April 2015 und 18. Februar 2016 sowie die Sitzungsniederschriften vom 10. Juni 2014 und 18. Mai 2016.

Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach § 839 a BGB zu.

1. Allerdings waren die Begründungsansätze, auf die das Landgericht seine klageabweisende Entscheidung (ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens) gestützt hat, nicht richtig (dazu nachfolgend a) bzw. zumindest im Ergebnis nicht unzweifelhaft (dazu nachfolgend b).

a) Nicht richtig war, dass das Landgericht sein Urteil u. a. auf die Argumentation gestützt hat, dass ein - unterstellt - unrichtiges Gutachten des Beklagten von diesem jedenfalls nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig erstellt worden sei. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kläger begründet die Unrichtigkeit des seitens des Beklagten erstellten Gutachtens in verschiedener Hinsicht, wobei die einzelnen Argumentationsstränge zwangsläufig fachtechnischer Natur sind und in das Fachgebiet der Psychiatrie fallen. Dass das Landgericht über diesbezügliche Fachkenntnisse verfügt, die es ihm ermöglicht haben, aus eigenem Wissen zu beurteilen, dass die - von ihm verfahrenstechnisch als gegeben unterstellten - Fehler des Beklagten jedenfalls nicht grob fahrlässiger Art waren, ist nicht ersichtlich und insbesondere vom Landgericht nicht dargelegt worden.

b) Im Ergebnis offenlassen kann der Senat, ob - wie es das Landgericht in seiner Hilfsbegründung vertreten hat - ein Anspruch auf Schadensersatz jedenfalls deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Kläger es in dem Vorverfahren schuldhaft versäumt hat, durch Einlegung von Rechtsmitteln i. S. v. § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB auf eine Berichtigung des seiner Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens des Beklagten hinzuwirken, und zwar namentlich, weil der Kläger in dem Vorverfahren kein - inhaltlich hinreichendes - Privatgutachten eingeholt hat.

aa) Allerdings vertritt der Senat mit dem Landgericht die Auffassung, dass die Einholung eines Privatgutachtens zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens vom Grundsatz her als „Rechtsmittel“ i. S. v. § 839 a Abs. 2 i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB anzusehen ist.

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat in seinem Urteil vom 10. November 2011 (13 U 84/11), auf das sich das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung bezogen hat, u. a. Folgendes ausgeführt (Rn. 16 bis 22, zit. nach juris):

„Als "Rechtsmittel" im Sinne der vorgenannten Vorschriften kommen auch solche Behelfe in Betracht, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte Instanz beendende gerichtliche Entscheidung zu verhindern. Dabei ist etwa an Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens (vgl. § 411 Abs. 4 ZPO), an Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden und an formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen (Ober-) Gutachtens (§ 412 ZPO) zu denken (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - III ZR 240/06, zitiert nach juris, Tz. 8; BGH, Beschluss vom 28. Juli 2006 - III ZB 14/06, zitiert nach juris, Tz. 11). Es sind also sämtliche zur Korrektur des unrichtigen Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Behelfe schon vor Abschluss der jeweiligen Instanz auszuschöpfen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - III ZR 240/06, zitiert nach juris, Tz. 9). Der dahinterstehende Gedanke ist, dass die Gefahr gemildert werden soll, dass rechtskräftig abgeschlossene Prozesse im Gewande des Sachverständigenprozesses neu aufgerollt werden (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 28; Erman/Hecker, BGB, 12. Aufl., § 839 a Rn. 9.

Nach dieser Maßgabe hat es der Kläger versäumt, durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des angeblich unrichtigen Sachverständigengutachtens des Beklagten im Vorverfahren hinzuwirken.

aa) Das beruht bereits darauf, dass der Kläger kein Privatgutachten zur Widerlegung des Gutachtens des Beklagten eingeholt hat. Die Einholung eines Privatgutachtens zu dem Zwecke, die angebliche Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens aufzuzeigen, ist als Rechtsmittel im Sinne des § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB anzusehen (vgl. in diesem Zusammenhang MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., § 839 a Rn. 33, wonach im Rahmen der Frage der Erkennbarkeit der Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens keine Obliegenheit bestehen soll, die Expertise des gerichtlichen Sachverständigen durch einen Privatgutachter überprüfen zu lassen).

(1) Der Bundesgerichtshof hat in den vorgenannten Entscheidungen zu den Rechtsmitteln im Sinne der genannten Vorschriften ausdrücklich auch einen formellen Beweisantrag auf Einholung eines neuen Gutachtens im Sinne von § 412 Abs. 1 ZPO genannt. Ein derartiger Antrag hat nach der Erfahrung des Senats allerdings in aller Regel nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn eine Partei einem ihr ungünstigen gerichtlichen Sachverständigengutachten ein Privatgutachten entgegenhält, das Fehler des Gerichtsgutachtens aufzeigt.

Ohne ein derartiges Privatgutachten stellt sich die diesbezügliche Situation in der Praxis nach der Erfahrung des Senats in aller Regel wie folgt dar: Das Gericht, das regelmäßig von den dem Gutachten zu Grunde liegenden (technischen) Fragen keine (vertieften) Kenntnisse hat, kann das Gerichtsgutachten allenfalls daraufhin überprüfen, ob es in sich schlüssig und widerspruchsfrei ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird das Gericht in der Praxis in aller Regel auch dann keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 Abs. 1 ZPO sehen, wenn die (anwaltlich vertretene) Partei, die durch das Gerichtsgutachten beschwert ist, dem Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung - ohne eigene gutachterliche Unterstützung notwendigerweise ebenfalls eher laienhafte - Vorhalte macht und der Sachverständige hiernach an seinen schriftlichen Ausführungen festhält.

Anders stellt sich die Situation dagegen dar, wenn die durch das gerichtliche Gutachten beschwerte Partei sich gegen dieses mit einem Privatgutachten zur Wehr setzt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nämlich vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert, wenn eine Partei ein Privatgutachten vorlegt, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen. Es muss ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gem. § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZR 190/08, zitiert nach juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2009 - IV ZR 57/08, zitiert nach juris, Tz. 7; ähnlich: BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, zitiert nach juris, Tz. 9).

Mithin wird in der Praxis der vom Bundesgerichtshof (a. a. O.) im Rahmen von § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB geforderte formelle Beweisantrag auf Einholung eines neuen Gutachtens im Sinne von § 412 Abs. 1 ZPO in aller Regel nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn die durch das Gerichtsgutachten beschwerte Partei dessen Fehlerhaftigkeit durch ein Privatgutachten belegt. Dementsprechend hat sich auch der Kläger im vorliegenden Verfahren, nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz, in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz zur Richtigkeit seiner (technischen) Behauptungen auf ein beigefügtes Privatgutachten bezogen.“

bb) Der Senat erachtet diese Ausführungen mindestens vom Grundsatz her als richtig und schließt sich ihnen ausdrücklich an.

Insbesondere überzeugt den Senat das zentrale Argument in der vorgenannten Entscheidung des 13. Zivilsenats des OLG Celle. Wenn nämlich der Bundesgerichtshof zu den „Rechtsmitteln“ i. S. v. § 839a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB sämtliche zur Korrektur des unrichtigen Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Behelfe zählt und insoweit ausdrücklich u. a. auch einen Beweisantrag auf Einholung eines neuen (Ober-)Gutachtens gem. § 412 ZPO nennt, ist es dann auch aus Sicht des erkennenden Senats zwangsläufig, zu den „Rechtsmitteln“ i. S. v. § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB auch die Einholung eines Privatgutachtens zur Widerlegung des für die betroffene Partei ungünstigen Gerichtsgutachtens zu zählen. Denn auch dem Senat ist aus seiner eigenen Praxis bekannt, dass ein Antrag auf Einholung eines neuen (Ober-)Gutachtens gem. § 412 ZPO allenfalls dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn dem Gerichtsgutachten ein Privatgutachten entgegengehalten wird, das inhaltlich so fundiert ist, dass mit diesem ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsgutachtens hervorgerufen werden können. Dass Vorgenanntes richtig ist, zeigt sich nach Auffassung des Senats im Übrigen auch anschaulich an dem Verlauf des vorliegenden Verfahrens. Der Kläger hat im Berufungsverfahren ein 109 Seiten langes Privatgutachten einer Frau Dr. med. J. vorgelegt und dieses Privatgutachten zum zentralen Argument seiner Berufungsbegründung gemacht. Auch gegen das - für ihn ungünstige - Gutachten des vom Senat bestellten Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. R. vom 15. April 2015 hat sich der Kläger mit gleich einer Vielzahl von weiteren Privatgutachten gewehrt, nämlich einer „Fachärztlichen Stellungnahme“ des Herrn Dr. V. vom 12. Mai 2015, einer „Stellungnahme“ des Herrn D. vom 26. Mai 2015 sowie einer - nicht datierten - „Fachärztliche Stellungnahme“ des Herrn Prof. Dr. F.. Gegen das - für den Kläger erneut ungünstige - Ergänzungsgutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 18. Februar 2016 hat sich der Kläger mit einer „Fachärztlichen Stellungnahme“ des Herrn D. vom 4. April 2016 gewandt. Gerade dieses Prozessverhalten des Klägers zeigt für den Senat nachdrücklich, dass auch der Kläger - mittlerweile - selbst davon ausgeht, das allein von ihm eingeholte Privatgutachten ihn im Rahmen eines Zivilprozesses in die Lage versetzen können, ein für ihn ungünstiges gerichtliches Sachverständigengutachten erfolgreich angreifen zu können.

Die vorgenannte Entscheidung hat in der Literatur allerdings Kritik erfahren (vgl. insbes. Staudinger/Wöstmann, BGB (2013), § 839 a Rn. 27: „Die Einholung eines Privatgutachtens ist dem Betroffenen regelmäßig unzumutbar und kann deshalb nicht als Rechtsmittel i. S. d. Abs. 2 i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB angesehen werden“). Dieses Argument erachtet der Senat zwar vom Grundsatz her als mindestens gut erwägenswert; die vorgenannte Aussage ist nach Auffassung des Senats indes zu generell. Aus Sicht des Senats muss vielmehr jeweils im Einzelfall entschieden werden, ob die Einholung eines Privatgutachtens dem Betroffenen (finanziell) zumutbar ist oder nicht. Für den Senat wäre es nicht nachvollziehbar, warum es beispielsweise einer (sehr) vermögenden Partei finanziell unzumutbar sein sollte, in einem Zivilrechtsstreit ein Privatgutachten einzuholen, zumal wenn es im Einzelfall hypothetisch so wäre, dass die Gutachtenbeauftragung keine wesentlichen Kosten nach sich zieht (also beispielsweise im dreistelligen oder niedrigen vierstelligen Bereich liegt). Darlegungs- und beweispflichtig für Umstände in dem vorgenannten Sinn ist der den Anspruch nach § 839a BGB verfolgende Kläger. Denn bei der „Unzumutbarkeit“ handelt es sich um einen Ausnahmefall von der grundsätzlichen Obliegenheit, sich mit einem Privatgutachten gegen ein für die betroffene Partei ungünstiges gerichtliches Gutachten zu wenden.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze war es dem Kläger in dem Vorverfahren ohne weiteres zumutbar, ein Privatgutachten einzuholen, um mit diesem die angebliche Unrichtigkeit des Gutachtens des hiesigen Beklagten zu belegen. Der Kläger hat bereits selbst nicht geltend gemacht, dass es ihm - insbesondere aus finanziellen Gründen - in dem Vorverfahren nicht zumutbar war, sich gegen das - für ihn ungünstige - Privatgutachten des hiesigen Beklagten zu wenden. Unabhängig davon steht aber auch positiv fest, dass Umstände in dem vorgenannten Sinn gerade nicht bestanden. Denn unstreitig (s. S. 2 der Sitzungsniederschrift v. 10. Juni 2014 = Bl. 478 d. A.) war der Kläger - wie im vorliegenden Verfahren - auch bereits in dem Vorverfahren rechtsschutzversichert. Wie gerichtsbekannt ist, übernimmt aber ein Rechtsschutzversicherer dann, wenn er für die Führung des Rechtsstreits als solches eine Deckungszusage erteilt hat, in aller Regel auch die Finanzierung eines Privatgutachtens, wenn dieses erforderlich ist, um eine Abweisung der Klage zu verhindern. Dass sich sein Rechtsschutzversicherer in dem Vorverfahren geweigert hat, ein Privatgutachten, wie es der Kläger in dem vorliegenden Verfahren nunmehr - wie ausgeführt - in sogar gleich vielfacher Anzahl vorgelegt hat, zu finanzieren, hat der Kläger nicht geltend gemacht.

cc) In Reaktion auf das streitgegenständliche Gutachten des hiesigen Beklagten hat der Kläger in dem Vorverfahren eine „Ärztliche Stellungnahme zum Gutachten von Dr. med. L. K. vom 17.11.2009“ des Herrn D. vom 18. Dezember 2009 eingereicht. Ob diese ärztliche Stellungnahme inhaltlich hinreichend ist, um die Anforderungen an ein „Privatgutachten“ i. S. v. § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB zu begründen, hält der Senat für zumindest nicht ganz zweifelsfrei. Er kann diese Frage allerdings im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. 2. dahinstehen lassen.

(1) Die vorgenannte Frage erachtet der Senat deshalb als zumindest nicht unproblematisch, weil die zweiseitige „Ärztliche Stellungnahme“ des Herrn D. überaus knapp gehalten ist. Zwar vertritt der Senat die Ansicht, dass es einerseits nicht angehen kann, dann, wenn man - wie es der Senat vertritt - die Einholung eines Privatgutachtens grundsätzlich als erforderlich ansieht, um sich nicht dem Vorwurf der Obliegenheitsverletzung i. S. v. § 839 Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB ausgesetzt zu sehen, noch besonders strenge Anforderungen an die inhaltliche Qualität des Privatgutachtens zu stellen. Andererseits darf aus Sicht des Senats in diesem Rahmen nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Privatgutachten in der Praxis nur dann geeignet sein kann, Zweifel an der Richtigkeit des vom Gericht eingeholten Gutachtens hervorzurufen und im Ergebnis dazu zu führen, dass das erkennende Gericht ein Obergutachten i. S. v. § 412 ZPO einholt, wenn dieses inhaltlich so substanziell und fundiert ist, dass ein „Entscheidungskonflikt“ des erkennenden Gerichts entsteht.

(2) Ob nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen die „Ärztliche Stellungnahme“ des Herrn D. vom 18. Dezember 2009 inhaltlich hinreichend ist, um den Anforderungen an ein „Rechtsmittel“ i. S. v. § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB zu genügen, erachtet der Senat mindestens als nicht unzweifelhaft; dies kann im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. 2. aber dahinstehen.

dd) Soweit einem Schadensersatzanspruch des Klägers nicht schon der vorgenannte Aspekt „Einholung eines Privatgutachtens“ entgegenstehen würde, wäre aus Sicht des Senats zumindest nicht unzweifelhaft, ob dem Kläger dann nicht zumindest aus anderen Gründen vorzuwerfen wäre, dass er seiner Obliegenheit aus § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB nicht nachgekommen ist. Dies kann im Ergebnis aber im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. 2. dahinstehen.

Der Senat geht im Folgenden von folgenden Prämissen aus: Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2007 (III ZR 240/06, juris Rn. 9) dürfte es erforderlich sein, sämtliche zur Korrektur des unrichtigen Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Behelfe auszuschöpfen. Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in Rn. 10 jener Entscheidung entnimmt der Senat allerdings, dass nur die „Rechtsmittel“ erhoben werden müssen, die im jeweiligen Fall nicht von vornherein aussichtslos sind. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 28. Juli 2006 (III ZB 14/06, juris Rn. 11 a. E.) ausgeführt hat, dass zu den Rechtsmitteln i. S. v. § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB auch solche gehören, mit denen die Korrektur der gerichtlichen Entscheidung im Rechtsmittelzug erstrebt wird. In der vorgenannten Entscheidung vom 5. Juli 2007 (III ZR 240/06, juris Rn. 9) hat der Bundesgerichtshof insoweit ausdrücklich ausgeführt, dass hierzu auch die Nichtzulassungsbeschwerde gehört.

Nach dieser Maßgabe gilt Folgendes:

(1) Der Kläger hat erstinstanzlich nach Eingang des streitgegenständlichen Gutachtens des hiesigen Beklagten die Einholung eines Obergutachtens (vgl. dazu BGH, Urt. v. 5. Juli 2007 - III ZR 240/06, juris Rn. 8) beantragt.

(2) Der Kläger hat dagegen erstinstanzlich nicht beantragt, den hiesigen Beklagten zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden (vgl. dazu BGH, Urt. v. 5. Juli 2007 - III ZR 240/06, juris Rn. 8). Da das Landgericht dies aber von Amts wegen veranlasst hat, fehlt es insoweit nach Auffassung des Senats am Ursachenzusammenhang dieser Obliegenheitsverletzung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 5. Juli 2007 - III ZR 240/06, juris Rn. 11).

(3) Auch in der Berufungsinstanz des Vorverfahrens hat der Kläger in seiner damaligen Berufungsbegründung - mehrfach - gerügt, dass das Landgericht es unterlassen habe, ein Obergutachten einzuholen.

(4) Als im Rahmen von § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB zumindest nicht unproblematisch sieht es der Senat aber an, dass der Beklagte seine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das seine Berufung zurückweisende Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vor einer ausdrücklichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs wieder zurückgenommen hat. Im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. 2 kann dies aber im Ergebnis dahinstehen.

(a) Als zumindest nicht ganz unproblematisch erscheint dem Senat zunächst, ob in Bezug auf das vorgenannte Verhalten des Klägers von einem „Nichtgebrauch eines Rechtsmittels“ i. S. v. § 839 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB auszugehen ist.

Der „Gebrauch“ eines Rechtsmittels ist, soweit Formen und Fristen vorgesehen sind, nur die ordnungsgemäße Einlegung. Kein „Gebrauch“ liegt vor, wenn das Rechtsmittel nur „formell“, d. h. ohne Absicht ernstlicher Durchführung und daher auch ohne sachdienliche Begründung eingesetzt wird. Bringt sich der Verletzte selbst durch unzulänglichen Sachvortrag oder sonstige Nachlässigkeiten schuldhaft um den Erfolg seines Rechtsmittels, kann dies nach § 839 Abs. 3 BGB zum Verlust des Amtshaftungsanspruchs führen (vgl. Staudinger/Wöstmann, a. a. O., § 839 Rn. 344).

(b) Nach dieser Maßgabe erschiene es dem Senat als fraglich, wie der vorliegende Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Kläger hat zunächst eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OLG Celle eingelegt. Diese hat er später, ohne dass die Nichtzulassungsbeschwerde begründet worden ist, wieder zurückgenommen. Nach dem ersten Satz der vorgenannten Kommentierung dürfte dieses Verhalten aber an sich nicht den „Nichtgebrauch eines Rechtsmittels“ begründen, da der Kläger seine Nichtzulassungsbeschwerde zunächst ordnungsgemäß eingelegt hat. Andererseits könnte man argumentieren, dass dann, wenn gemäß der vorgenannten Kommentierung auch die nachlässige Begründung eines Rechtsmittels ausreichend sein soll, um einen „Nichtgebrauch“ zu begründen, dies eigentlich erst recht gelten müsste, wenn das Rechtsmittel - wie vorliegend - gar nicht begründet und sodann wieder zurückgenommen wird.

Diese sowie die sich ggf. weiter stellende Frage, ob die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers aber nicht zumindest im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 5. Juli 2007 - III ZR 240/06, juris Rn. 10) „von vornherein aussichtslos“ gewesen ist, kann aber im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. 2. dahinstehen.

2. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten nach § 839 a BGB kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil selbst dann, wenn man unterstellen wollte, dass das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten unrichtig war (dazu nachfolgend a), dem Beklagten dann aber jedenfalls weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen wäre (dazu nachfolgend b).

a) Im Ergebnis kann dahinstehen, ob das von dem Beklagten in dem Vorverfahren im Auftrag des Landgerichts Hannover erstellte Gutachten „unrichtig“ i. S. v. § 839 a BGB war.

aa) Allerdings wäre dies jedenfalls nach Maßgabe der Bekundungen des vom Senat bestellten Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. R. nicht der Fall. Der Sachverständige hat sowohl in seinem schriftlichen Gutachten vom 15. April 2015, seinem Ergänzungsgutachten vom 18. Februar 2016 wie auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat in dem Termin vom 24. Mai 2016 ausgeführt, dass das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten gerade nicht unrichtig, sondern im Gegenteil gerade richtig gewesen ist.

bb) Wäre es im vorliegenden Verfahren entscheidend auf das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „unrichtig“ angekommen, hätte der Senat angesichts dessen, dass der Kläger mit seiner Berufungsbegründung im vorliegenden Verfahren ein Privatgutachten einer Frau Dr. med. J. vom 17. Oktober 2013 (nebst weiterer, allerdings durchgehend nur sehr kurzer „Fachärztlicher Stellungnahmen“ u. ä. anderer Mediziner) vorgelegt hat, das zu einem gegenteiligen Ergebnis führt, eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. R. einerseits und den der Privatgutachterin des Klägers andererseits vornehmen müssen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert, wenn eine Partei ein medizinisches Gutachten vorlegt, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht. Er darf in diesem Fall den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen, ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären (z. B. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZR 1190/08, juris Rn. 5).

cc) Im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter b) kann dies vorliegend im Detail unterbleiben. Ausführen möchte der Senat aber dennoch, dass aus seiner Sicht nach der durchgeführten Beweisaufnahme (sehr) viel dafür spricht, dass die gutachterlichen Ausführungen des vom Senat bestellten Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. R. richtig sind und demgemäß das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten in dem Vorverfahren nicht „unrichtig“ i. S. v. § 839 a BGB ist.

(1) Der Sachverständige Dr. R., an dessen (herausragender) fachlicher Qualifikation gerade für den vorliegend streitgegenständlichen Aufgabenbereich der Senat keine Zweifel hat, hat das von dem Kläger vorgelegte Privatgutachten der Frau Dr. J. - dessen Inhalt er in dem Termin vom 24. Mai 2016 als „hanebüchen und zusammenhanglos“ bezeichnet hat - insbesondere deshalb (neben weiteren Aspekten) als fehlerhaft und unbrauchbar bewertet, weil die Privatgutachterin des Klägers diesen vor ihrer Gutachtenerstellung noch nicht einmal - im Gegensatz zu ihm - persönlich begutachtet habe. Diese Argumentation ist für den Senat in besonderem Maße nachvollziehbar. Der Senat hat dem Kläger bereits in der ersten mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2014 erläutert, dass er zwar - wenn der Kläger seine Berufung aufrechterhalten wolle - ein Sachverständigengutachten zu der Frage einholen werde, ob das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten i. S. v. § 839 a BGB „grob fahrlässig unrichtig“ war. Er hat dem Kläger in diesem Rahmen allerdings deutlich zu verstehen gegeben, dass er es für fast ausgeschlossen halte, dass ein (erst) heute mit der Begutachtung beauftragter Sachverständiger noch hinreichend sicher feststellen könne, dass der Kläger zu dem maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2008 tatsächlich berufsunfähig gewesen ist. Diese Bedenken würden darauf beruhen, dass es nach Auffassung des Senats für eine derartige Feststellung zwingend erforderlich sei, den Kläger persönlich zu begutachten und ein Sachverständiger, der den Kläger lediglich im Jahr 2014 (oder später) begutachten könne, kaum mit der erforderlichen Sicherheit feststellen könne, wie der (psychische) Zustand des Klägers im Jahr 2008 gewesen ist. Umso mehr ist aus Sicht des Senats an der Überzeugungskraft eines Gutachtens zu zweifeln, bei dem - wie es bei dem Privatgutachten der Frau Dr. J. der Fall ist - der Gutachter den Probanden noch nicht einmal zumindest zum heutigen Zeitpunkt persönlich untersucht und exploriert hat.

In Bezug auf den letztgenannten Aspekt hat der Kläger in dem Schriftsatz vom 6. Juli 2016 (Seite 16g = Bl. 838 d. A.) Vortrag gehalten, wonach seine Privatgutachterin ihn in zwei persönlichen Gesprächen, die er in deren Praxis geführt habe, in denen unter anderem die Begutachtung bei dem Beklagten thematisiert worden sei, kennen gelernt habe. Dieses Vorbringen, das nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergangen ist, ist nach § 296a ZPO nicht zuzulassen. Soweit der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2016 den Parteien eingeräumt hat, „auf das heutige Sitzungsprotokoll“ Stellung zu nehmen, beinhaltete dies nicht, neuen tatsächlichen Vortrag halten zu können. Es ist auch nicht erforderlich, nach § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Unabhängig von den nachfolgend gemachten Ausführungen gilt dies schon deshalb, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2016 selbst anwesend war. Der Sachverständige Dr. R. hat im Rahmen dieser Verhandlung mehrfach ausgeführt, dass ein Punkt von mehreren, weshalb seiner Auffassung nach das Privatgutachten des Klägers nicht überzeugungsfähig sei, darin bestehe, dass die Privatgutachterin den Kläger gar nicht persönlich exploriert habe. Wenn der Kläger gemeint hätte, dass dies vom Tatsächlichen her unzutreffend sei, hätte er dies in der mündlichen Verhandlung vorbringen können. Das hat er nicht getan. Hilfsweise ist auszuführen, dass das vorgenannte neue Vorbringen des Klägers in dem Schriftsatz vom 6. Juli 2016 aber auch unerheblich ist. Der Kläger trägt gar nicht vor, dass ihn seine Privatgutachterin persönlich untersucht und exploriert hat, vielmehr habe er diese lediglich anlässlich von zwei Treffen „kennengelernt“. Demgemäß hat die Privatgutachterin des Klägers in ihrem Gutachten - anders als der Sachverständige Dr. R. (s. Seite 2 in dessen Gutachten vom 15. April 2015) - auch gar nicht ausgeführt, dass ihr Gutachten unter anderem auch auf einer eigenen Untersuchung und Exploration des Klägers beruhe, im Gegenteil hat die Privatgutachterin des Klägers in ihrem Gutachten ausdrücklich ausgeführt, dass ihr Gutachtenergebnis allein auf Unterlagen in den Akten beruhe (s. Bl. 324 d. A.).

(2) Auch in Bezug auf die anderen, von dem Kläger vorgelegten „fachärztlichen Stellungnahmen“ u. ä. ist für den Senat überzeugend, was der Sachverständige Dr. R. diesbezüglich ausgeführt hat. Nämlich, dass diese in aller Regel gar keine eigenen aussagekräftigen Befunde enthielten, anhand derer sich eine Berufsunfähigkeit belegen lassen könnte, wie z. B., dass der Beklagte im Gespräch unaufmerksam sei, er zwei Sätze später vergesse, was ihm gerade gesagt worden ist, er Fragen nicht auffassen und sich nicht konzentrieren könne. Im Gegenteil zeige sich für ihn anhand des Umstandes, dass der Kläger sich in der hiesigen mündlichen Verhandlung konzentrieren könne, ruhig auf seinem Stuhl sitze und nicht weglaufe, dass es aus seiner Sicht vielmehr sogar fraglich sei, ob der Kläger überhaupt zum heutigen Zeitpunkt berufsunfähig ist, geschweige denn, dass er dies schon zum streitgegenständlichen Zeitpunkt im Jahr 2008 war. Er habe vielmehr den Eindruck, dass der Kläger „wie ein Buch geredet“ habe, um die verschiedenen, ihn behandelnden Ärzte von seinen Beschwerden zu überzeugen. Auch diese Ausführungen des Sachverständigen überzeugen den Senat allein schon deshalb, weil sie sich mit seinen eigenen Wahrnehmungen decken. In der Tat war es nämlich so, dass der Kläger in der - allerdings mit Unterbrechungen - fast fünfstündigen mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2016 über den gesamten Zeitraum hinweg ruhig auf seinem Stuhl gesessen hat, der Verhandlung und insbesondere der Vernehmung des Sachverständigen konzentriert gefolgt ist und darüber hinaus sogar eigene, sachliche und inhaltlich nachvollziehbare Fragen an den Sachverständigen gerichtet hat.

(3) Wie schon eingangs ausgeführt, kann es aber vorliegend im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter b) dahinstehen, ob das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten in dem Vorverfahren (und demgemäß auch die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. R. im vorliegenden Verfahren) richtig sind. Noch weniger ist es in dem vorliegenden Verfahren von Erheblichkeit, ob der Kläger möglicherweise noch nicht einmal im derzeitigen Zeitpunkt berufsunfähig ist.

Allein schon deshalb kommt es nicht auf die Beweisangebote des Klägers an, die dieser in Bezug auf die - diversen - von ihm vorgelegten Arztbriefe, Befundberichte etc. geltend macht, indem er die inhaltliche Richtigkeit der jeweiligen Schriftstücke unter „sachverständiges Zeugnis“ der jeweiligen Aussteller stellt. Darüber hinaus sind diese Beweisangebote - wie insbesondere schon in dem Beschluss vom 9. Juli 2015 ausgeführt - deshalb ohne Erheblichkeit, weil es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf ankommt, ob die von dem Kläger vorgelegten Arztbriefe, Befundberichte etc. inhaltlich richtig sind oder nicht. Aufgabe des Beklagten war es im Vorprozess, auf Basis der Tatsachengrundlage, die er zum Zeitpunkt der Erstellung seines schriftlichen Gutachtens (nebst Ergänzungsgutachten und mündlicher Anhörung) vorgefunden hat, die ihm im Vorverfahren gestellte Beweisfrage gutachterlich zu beantworten. Insoweit hatte der Beklagte davon auszugehen, dass die jeweiligen schriftlichen Erklärungen der verschiedenen Fachärzte pp. zum Einen von ihren in den jeweiligen Dokumenten ausgewiesenen Ausstellern tatsächlich herrühren und zum anderen, dass die Aussteller ihre jeweiligen schriftlichen Ausführungen subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen getätigt haben. Genau auf dieser Tatsachenbasis hat im Übrigen - gemäß diesbezüglicher Anordnung des Senats - auch der vom Senat bestellte Sachverständige Dr. med. Dipl.-Psych. R. sein Gutachten im vorliegenden Verfahren erstattet. Aus den vorstehend genannten Gründen kam es ebenfalls nicht in Betracht, gemäß dem Beweisantrag des Klägers dessen Privatgutachterin, Frau Dr. med. J., als „sachverständige Zeugin“ dazu zu vernehmen, ob das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten in dem Vorverfahren „unrichtig“ im Sinne von § 839a BGB ist oder nicht. Unabhängig davon, dass - wie ausgeführt - diese Frage in dem vorliegenden Verfahren im Ergebnis dahinstehen kann, verkennt der Kläger mit seiner diesbezüglichen Argumentation, dass die Ausführungen seiner Privatgutachterin (lediglich) qualifizierten Parteivortrag darstellen und es sich bei seiner Privatgutachterin gerade nicht um eine „sachverständige Zeugin“ handelt (vgl. dazu allgemein BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 224/12, juris Rdnr. 20). Schließlich war allein schon aus dem vorgenannten Grund dem Antrag des Klägers, gemäß § 412 ZPO ein „Obergutachten“ einzuholen, nicht nachzugehen.

b) In jedem Fall wäre das - unterstellt - von dem Beklagten unrichtig erstattete Gutachten nicht grob fahrlässig gewesen (ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten behauptet noch nicht einmal der Kläger).

aa) Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, juris Rn. 26). Dieser Maßstab gilt gleichermaßen für die Haftung des Sachverständigen nach § 839 a BGB; der Gutachter muss unbeachtet gelassen haben, was jedem Sachkundigen hätte einleuchten müssen, und seine Pflichtverletzung schlechthin unentschuldbar sein (BGH, a. a. O., Rn. 27).

bb) Nach dieser Maßgabe könnte vorliegend selbst dann, wenn man hypothetisch davon ausgehen würde, dass das streitgegenständliche Gutachten (und damit auch das Gerichtsgutachten des Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. R.) unrichtig war, dies jedenfalls nicht als grob fahrlässig bewertet werden.

Wie ausgeführt, ist der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. med. Dipl.-Psych. R. in seinem Erstgutachten vom 15. April 2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten - ausdrücklich - richtig ist. Bei dieser Einschätzung ist der Sachverständige auch angesichts der hiergegen von Seiten des Klägers erhobenen Einwendungen in seinem Ergänzungsgutachten vom 18. Februar 2016 sowie im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in dem Termin vom 23. Mai 2016 geblieben. Nach dieser Maßgabe verbleibt in dem vorliegenden Verfahren kein Raum mehr für die Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten (ein „Vorsatz“ i. S. v. § 839 a BGB wird auch von dem Kläger gar nicht geltend gemacht) selbst für den Fall, dass man hypothetisch davon ausgeht, dass entgegen den vorstehend unter aa) gemachten Ausführungen die Gutachten sowohl des Beklagten in dem Vorverfahren wie auch des gerichtlichen Sachverständigen Dr. R. im vorliegenden Verfahren unrichtig waren.

(1) Insoweit spricht nach Ansicht des Senats schon einiges dafür, dass bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden, wenn also ein gerichtlich bestellter Sachverständiger in einem Verfahren nach § 839 a BGB zu dem Ergebnis gelangt, dass das streitgegenständliche Gutachten des jeweiligen Beklagten ausdrücklich richtig ist, schon generell kein Raum mehr für die Annahme einer „groben Fahrlässigkeit“ i. S. v. § 839 a BGB verbleibt. Denn wenn im Nachfolgeverfahren nach § 839 a BGB ein weiterer gerichtlich bestellter Sachverständiger zu genau demselben Ergebnis gelangt wie zuvor der nunmehrige Beklagte in dem Vorverfahren, kann aus Sicht des Senats schon rein begrifflich nicht mehr die Rede davon sein, dass dann der nunmehrige Beklagte „dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen“.

(2) Gegen die Annahme eines allgemeinen Obersatzes in dem vorstehend genannten Sinn könnte allerdings eingewandt werden, dass es im Einzelfall denkbar ist, dass dem im Nachfolgeprozess nach § 839 a BGB vom Gericht bestellten Sachverständigen genau die gleichen groben Fehler (oder andere, die ebenfalls zu dem - unrichtigen - Ergebnis führen) unterlaufen, wie dem gerichtlich bestellten Sachverständigen in dem jeweiligen Vorverfahren. Möglicherweise bliebe bei einer derartigen Fallkonstellation doch noch Raum für die Annahme einer „groben Fahrlässigkeit“ i. S. v. § 839 a BGB.

Das kann dahinstehen. Jedenfalls in dem vorliegenden Verfahren ergeben sich für den Senat noch nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte dafür, dass dann, wenn man hypothetisch davon ausginge, dass das Gutachten des Sachverständigen Dr. R. im Ergebnis unrichtig ist, dies auf grober Fahrlässigkeit beruht:

- Insoweit ist zunächst auszuführen, dass der Sachverständige Dr. R. zur Überzeugung des Senats fachlich in besonderem Maße qualifiziert ist, und zwar gerade für das Fachgebiet, das für die Beurteilung der sich vorliegend stellenden fachtechnischen Fragen von Bedeutung ist. Dies ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2016 zu seiner beruflichen Vita, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat.

- Ferner hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige Dr. R. nicht den gesamten Akteninhalt und insbesondere die von dem Kläger für sein Rechtsvorbringen vorgebrachten Privatgutachten, ärztlichen Stellungnahmen etc. zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, vielmehr ist er im Gegenteil davon überzeugt, dass der Sachverständige Dr. R. genau dies getan hat und dies insbesondere auch sehr akribisch und sorgfältig. Dies war zur Überzeugung des Senats bereits zum Zeitpunkt der Erstellung des Erstgutachtens des Sachverständigen Dr. R. vom 15. April 2015 der Fall. Insoweit mag es zwar sein, dass - wie der Kläger im Anschluss an dieses Gutachten beanstandet hat - der Sachverständige Dr. R. in diesem Gutachten nicht auf jeden einzelnen „Fachbrief“, „ärztliche Stellungnahme“ u. ä. eingegangen ist, die sich - in inzwischen fast unübersehbarer Anzahl - in der vorliegenden Akte auffinden. Insoweit ist der Senat allerdings davon überzeugt, dass dies nicht auf einer fehlenden Sorgfalt des Sachverständigen Dr. R. beruht und insbesondere nicht darauf, dass der Sachverständige im Rahmen der Erstellung seines Erstgutachtens die nicht ausdrücklich in seinem Gutachten erwähnten „ärztlichen Stellungnahmen“ u. ä. nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Vielmehr beruhte dieser Umstand zur Überzeugung des Senats darauf, dass der Sachverständige Dr. R. nicht davon ausgegangen ist, sich in seinem Gutachten ausdrücklich mit jedem einzelnen dieser „Fachbriefe“, „ärztliche Stellungnahmen“ etc. ausdrücklich auseinander setzen zu müssen. Spätestens in seinem Ergänzungsgutachten vom 18. Februar 2016 ist der Sachverständige Dr. R. dann aber noch einmal ausdrücklich auch auf sämtliche der von dem Kläger als angeblich übergangen beanstandeten „ärztlichen Stellungnahmen“ u. ä. eingegangen. Auch der Senat hat es dem Kläger prozessual ermöglicht, sämtliche Einwendungen zu Gehör zu bringen, die er gegen die Gutachten des Sachverständigen Dr. R. in der Berufungsinstanz vorgebracht hat, also insbesondere auch jene „fachärztlichen Stellungnahmen“ u. ä., die der Kläger - häufig auch unter Nichtbeachtung der ihm diesbezüglich vom Senat gesetzten Fristen - sukzessive immer wieder in zeitlichen Abständen „nachgeschoben“ hat, insbesondere in dem Zeitraum, in dem der Sachverständige Dr. R. bereits mit der Ausarbeitung seines Ergänzungsgutachtens befasst war. Schließlich hatte der Kläger Gelegenheit, den Sachverständigen Dr. R. in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2016 fast fünf Stunden lang (allerdings „Brutto-Zeit“, also inklusive Unterbrechungen) zu seinen gutachterlichen Ausführungen zu befragen.

- Schließlich hat der Sachverständige Dr. R. sehr eingehend und ausführlich begründet, dass und aus welchen Gründen seiner Auffassung nach die von dem Kläger vorgelegten Privatgutachten im Ergebnis nicht richtig sind und deshalb nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt berufsunfähig war. Wie vorstehend unter Gliederungspunkt a) cc) ausgeführt, spricht nach Einschätzung des Senats sogar sehr viel dafür, dass diese gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. R. im Ergebnis auch richtig sind.

Angesichts dessen, dass der Sachverständige Dr. R. nach alledem an seiner gutachterlichen Feststellung festgehalten hat, dass das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten nicht „unrichtig“, sondern im Gegenteil sogar ausdrücklich richtig ist, vermag der Senat jedenfalls nicht zu erkennen, dass selbst dann, wenn man unterstellen wollte, dass sowohl das Gutachten des Sachverständigen Dr. R. wie auch das streitgegenständliche Gutachten des Beklagten im Ergebnis nicht richtig sind, entgegen deren übereinstimmenden Bekundungen also davon auszugehen wäre, dass der Kläger zum streitgegenständlichen Zeitpunkt berufsunfähig war, diese - noch einmal: unterstellte - Fehleinschätzung des Beklagten dann aber jedenfalls nicht als „grob fahrlässig“ i. S. v. § 839 a BGB bewertet werden könnte, da der Beklagte in diesem Fall jedenfalls nicht „dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen“.

cc) Eine grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf das - unterstellt - unrichtige Gutachten des Beklagten kann schließlich auch nicht darauf gestützt werden, dass - wie der Kläger behauptet - der Beklagte die von ihm im Anamnesegespräch gemachten Angaben teilweise unrichtig, teilweise unvollständig in seinem streitgegenständlichen Gutachten wiedergegeben hat. Insoweit ist es im Ausgangspunkt zwar so, dass ein Sachverständigengutachten „unrichtig“ i. S. von § 839 a BGB ist, wenn es nicht der objektiven Sachlage entspricht, was insbesondere der Fall ist, wenn es von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345 /12, juris Rn. 17). Unabhängig davon, ob die diesbezüglichen Aspekte, die der Kläger auf S. 35 f. seiner Klageschrift im Einzelnen dargestellt hat, überhaupt im Einzelnen von Bedeutung für die dem hiesigen Beklagten im Vorverfahren gestellte Beweisfrage waren und ob dann, wenn er die diesbezüglichen Angaben des Klägers im Anamnesegespräch tatsächlich, wie der Kläger behauptet, unrichtig in seinem Gutachten wiedergegeben hätte, insoweit von grober Fahrlässigkeit auszugehen wäre, hat der Senat schon nicht feststellen können, dass der Beklagte in seinem Gutachten von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.

(1) Ein nicht unerheblicher Teil der diesbezüglichen Ausführungen des Klägers im vorliegenden Verfahren betrifft Punkte, die der Kläger schon im Vorverfahren in Reaktion auf das dortige Gutachten des Beklagten vom 17. November 2009 vorgebracht hatte (Anlage zum Schriftsatz vom 25. Januar 2010 = Bl. 324 f. der BA.). Das Landgericht hat daraufhin in dem Vorverfahren mit Beschluss vom 27. Januar 2010 (Bl. 337 der BA.) dem hiesigen Beklagten aufgegeben, in Bezug auf dieses Vorbringen ein schriftliches Ergänzungsgutachten zu erstellen. Das hat der hiesige Beklagte dann unter dem 20. April 2010 gemacht und ist im Ergebnis bei seinem Ergebnis aus dem Erstgutachten geblieben. Nach dieser Maßgabe kommt es schon deshalb nicht auf die Behauptung des Klägers an, der Beklagte habe in dem Anamnesegespräch seine Angaben falsch verstanden, soweit es die in dem Schreiben des Klägers vom 11. Januar 2010 aufgeführten Punkte anbelangt. Denn selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der Beklagte insoweit noch in seinem Erstgutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, hätte er diesen Fehler in seinem Ergänzungsgutachten vom 20. April 2010 korrigiert, ohne dass sich an seiner Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage etwas geändert hätte.

(2) Ansonsten hat der Senat in dem Vortrag des Klägers lediglich noch als - wenn überhaupt - einigermaßen relevante Aspekte auffinden können die vier Unterpunkte, hinsichtlich derer der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2014 - mangels anderer diesbezüglicher Beweisangebote des Klägers - persönlich angehört hat. Dass der Kläger dem Beklagten in dem damaligen Anamnesegespräch so berichtet hatte, wie er es nunmehr schriftsätzlich durch seine Prozessbevollmächtigte vortragen lässt, hat sich hiernach nicht zur hinreichenden Überzeugung des Senats feststellen lassen. Der Kläger hat dies so behauptet, der Beklagte hat dies in Abrede genommen; was damals tatsächlich geschehen ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen.

(3) In Bezug auf das Vorbringen des Klägers auf S. 48 der Klageschrift (Gliederungspunkt cc) = Bl. 49 d. A.) hat der Beklagte angegeben, im Rahmen seiner Begutachtung auch gar nicht von einem tatsächlichen Vorbringen, wie es der Kläger in der Klageschrift in Abrede nimmt, ausgegangen zu sein. Gegenteiliges hat der Kläger nicht bewiesen.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da Zulassungsgründe i. S. von § 543 Abs. 2 ZPO nicht ersichtlich sind.