Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 03.06.2015 - 10 WF 54/15
Fundstelle
openJur 2016, 6439
  • Rkr:

Ist dem umgangsberechtigten Elternteil Umgang mit seinem Kind an jedem zweiten Wochenende sowie an den Zweitfeiertagen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten eingeräumt worden und heißt es in der Umgangsregelung weiter, dass die Feiertagsregelung den regelmäßigen Umgangswochenenden vorgehe, wobei der Turnus des Wochenendumgangs in jedem Fall unverändert bleibe, wird damit allein der Zweck verfolgt, dem Obhutselternteil die Erstfeiertage und den Heiligabend als Tage uneingeschränkten Kontakts mit dem Kind zu erhalten. Ein regelmäßiger Wochenendumgang des umgangsberechtigten Elternteils, der sich unmittelbar an einen Feiertag anschließt, ist danach möglich.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Gegen den Vater wird ein Ordnungsgeld von 500 € und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für jeweils 100 € ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens erster und zweiter Instanz werden dem Vater zu 5/6 und der Mutter zu 1/6 auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 501 € und 1.000 € festgesetzt.

Gründe

Die gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Im Grundsatz zu Recht hat das Amtsgericht dem Vater wegen Verletzung der durch Senatsbeschluss vom 19.2.2013 (10 UF 173/12) geschaffenen Umgangsregelung ein Ordnungsgeld auferlegt. Da hinsichtlich eines der sechs von der Mutter angeführten Umgangstage, an denen der Vater das Kind zu spät zurückgebracht haben soll, von einem Verschulden aufseiten des Vaters nicht ausgegangen werden kann, erscheint es angemessen, das Ordnungsgeld auf einen Betrag von 500 € zu ermäßigen, also auf jenen Betrag, den das Amtsgericht auch in seinem Ordnungsgeldbeschluss vom 2.12.2013 angesetzt hat.

1.

Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld anordnen, § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Der Beschluss, der die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen, § 89 Abs. 2 FamFG. Hier liegen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Vater grundsätzlich vor.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht auf der Grundlage des Tatsachenvortrags der Mutter Überschreitungen der festgelegten Umgangszeit durch den Vater am 1.6., 22.7., 5.10., 2.12. und 26.12.2014 sowie am 10.1.2015 festgestellt. Die Zeitüberschreitungen hat der Vater im Wesentlichen eingeräumt. Daher kann von Verstößen gegen die bestehende Umgangsregelung grundsätzlich ausgegangen werden. Anders verhält es sich allerdings, soweit die Mutter rügt, der Vater habe das Kind statt am 26.12.2014 um 17:45 Uhr erst am 28.12.2014 um 17:45 Uhr zu ihr zurückgebracht. Denn insoweit steht das Verhalten des Vaters in Einklang mit der bestehenden Sorgerechtsregelung.

Durch Senatsbeschluss vom 19.2.2013 (10 UF 173/12), durch den der Senatsbeschluss vom 19.12.2009 (10 UF 150/09) geringfügig abgeändert worden ist, ist dem Vater Umgang mit seinem Sohn insbesondere an jedem zweiten Wochenende (gerade Kalenderwochen) von Freitag, 15:00 Uhr, bis Sonntag, 17:45 Uhr, sowie an den Zweitfeiertagen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten sowie am Neujahrstag jeweils in der Zeit von 09:00 Uhr bis 17:45 Uhr eingeräumt worden. In der Beschlussformel heißt es ausdrücklich, dass die Feiertags- und die Ferienregelung den regelmäßigen Umgangswochenenden vorgehen, wobei der Turnus des Wochenendumgangs in jedem Fall unverändert bleibe. Angesichts dieser Regelung liegt ein Verstoß des Vaters dadurch, dass er das Kind nicht am 26.12.2014 um 17:45 Uhr zur Mutter zurückgebracht hat, nicht vor.

Nach dem Senatsbeschluss vom 19.2.2013 hatte der Vater ein Recht auf Umgang am zweiten Weihnachtstag, Freitag, dem 26.12.2014, von 09:00 Uhr bis 17:45 Uhr. Zugleich stand ihm, da das Wochenende 26./28.12.2014 in eine gerade Kalenderwoche, nämlich die 52. Kalenderwoche, fiel, ein Umgangsrecht für die Zeit von Freitag, dem 26.12.2014, 15:00 Uhr, bis Sonntag, dem 28.12.2014, 17:45 Uhr, zu. Dies führt im Ergebnis dazu, dass sich der Umgang des Vaters mit dem Kind auf die Zeit von Freitag, dem 26.12.2014, 09:00 Uhr, bis Sonntag, dem 28.12.2014, 17:45 Uhr, erstreckt hat. Dem steht die bereits angesprochene Regelung des Vorrangs der Feiertags- und Ferienregelung gegenüber dem regelmäßigen Umgangswochenende nicht entgegen.

Bereits in den Gründen des Senatsbeschlusses vom 29.12.2009 (10 UF 150/09) ist unter II. 5. ausgeführt, die Vorrangregelung stelle klar, dass an den in der Beschlussformel genannten Feiertagen die diesbezügliche Regelung diejenige bezüglich des regelmäßigen Umgangs an den Wochenenden bzw. unter der Woche verdränge; der Vater habe folglich Heiligabend, am ersten Weihnachtstag sowie am Oster- und Pfingstsonntag selbst dann kein Umgangsrecht, wenn diese Tage von der regelmäßigen Umgangsregelung an den Wochenenden erfasst würden. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Vorrangregelung den Zweck verfolgt, dem Obhutselternteil dann, wenn dem umgangsberechtigten Elternteil lediglich Umgang an den Zweitfeiertagen eingeräumt wird, die Erstfeiertage und den Heiligabend als Tage uneingeschränkten Kontakts mit dem Kind zu erhalten. Der umgangsberechtigte Elternteil soll nicht über den „Umweg“ des regelmäßigen Wochenendumgangs über die Zweitfeiertrage hinaus Umgang mit dem Kind an den betreffenden Feiertagen haben. Die Vorrangregelung greift daher beispielsweise ein, wenn Heiligabend und/oder der erste Weihnachtstag auf ein Umgangswochenende fallen. Anders verhält es sich aber im vorliegenden Fall. Das Recht der Mutter auf uneingeschränkten Kontakt mit dem Kind an Heiligabend und am ersten Weihnachtstag war nicht in Frage gestellt. Allein der Umstand, dass der Vater am zweiten Weihnachtstag Umgang mit dem Kind hat, rechtfertigt einen Fortfall des regelmäßigen Umgangs am darauffolgenden bzw. an diesen Tag anschließenden Wochenende nicht.

2.

Wie bereits im Senatsbeschluss vom 11.3.2014 (10 WF 226/13) ausgeführt, unterbleibt die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat, § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG (vgl. Prütting/Helm/Hammer, FamFG, 3. Aufl., § 89 Rn. 14 ff.). Daran fehlt es vorliegend hinsichtlich der genannten Termine, die mit Ausnahme des Wochenendes 26./28.12.2014 Verletzungen der Umgangsregelung darstellen.

Der Vater ist zwar in der Beschwerdeschrift auf die einzelnen Termine eingegangen. Es fehlt aber überwiegend an konkretem Vortrag, wann er sich jeweils mit dem Kind zur Rückfahrt zur Mutter auf den Weg gemacht und welche Vorkehrungen er für etwaige Staus getroffen hat. Der allgemeine Hinweis darauf, umfassende Vorkehrungen zu treffen, wie im ergänzenden Schreiben vom 13.5.2015 angeführt, reicht insoweit nicht aus.

Hinsichtlich des 1.6.2014 verweist der Vater allein an seine „Selbstanzeige“ vom 5.6.2014. Diese - im Übrigen polemisch gehaltene - „Stellungnahme“ ist nicht geeignet, ein Verschulden des Vaters zu widerlegen. Zeitangaben finden sich allein in „Anlagen: Chronik eines Staus“, allerdings nicht hinsichtlich der Abfahrtszeit an der Ostsee. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass sich der Vater vorab über etwaige Staus informiert hat. Denn in seinem Schreiben vom 5.6.2014 heißt es u. a., der Stau habe bereits an Stellen (Kreuz Schwerin) begonnen, an denen es sonst stets reibungslos verlaufen sei. Da der Vater mit Schreiben vom 13.5.2015 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, sich jeweils entsprechend der aktuellen Straßen- und Verkehrssituation die noch am ehesten geeignete Streckenoption (Rostock oder Schwerin) herauszusuchen, stellt sich die Frage, warum der Vater an jenem Tag nicht über Rostock statt über Schwerin gefahren ist. Dass auch auf der Rostocker Strecke ein Stau gewesen wäre, hat er weder dargelegt noch belegt.

Hinzu kommt, dass der Vater zu dem Vortrag der Mutter in der Antragsschrift vom 28.12.2014 und dort in der Anlage, wonach er auf Anfragen der Mutter per SMS, wann S… komme, nicht reagiert und zwei Anrufversuche der Mutter „weggedrückt“ habe, nicht Stellung genommen hat.

Auch in Bezug auf den 22.7.2014 fehlt es an konkretem Vortrag hinsichtlich der Vorkehrungen. Dieser wird nicht durch polemische Äußerungen wie dem nicht „extra für Papa L… minütlich ausgestrahlten und auch am Badesee über Lautsprecher ausgegebenen Spezialverkehrsfunk“ ersetzt.

Hinsichtlich des 5.10.2014 beschränkt sich der Vater auf die allgemeine Aussage, an verlängerten Wochenenden (Feiertag) bestehe bei der Rückfahrt von der Ostsee Staugefahr, trotz frühzeitigen Aufbrechens, genauso sei es auch gekommen. Wie sich die Fahrt im Einzelnen zugetragen hat und welche Vorkehrungen er im Hinblick auf Staus getroffen hat, erklärt der Vater nicht.

In Bezug auf den 2.12.2014 verweist der Vater darauf, dass der Anhörungstermin vor dem Senat unerwartet erst um 16:00 Uhr geendet habe. Dies trifft zwar insoweit zu, als mit der Ladung für jenen Tag zu 13:00 Uhr eine voraussichtliche Verhandlungsdauer von 1 ½ Stunden angegeben worden ist. Der Termin erstreckte sich dann im Hinblick auf die - letztlich vergeblichen - Versuche des Vorsitzenden, eine gütliche Regelung zu erreichen, über einen deutlich längeren Zeitraum. Dies war für den Vater aber ohne weiteres erkennbar. Wenn der Senatstermin erst um 16:00 Uhr endete, lag es auf der Hand, dass er angesichts eines Endes des Umgangs um 17:45 Uhr den Kontakt mit dem Kinder in der Zeit allenfalls noch dadurch pflegen konnte, gemeinsam mit dem Kind vom Senatstermin zur Wohnung der Mutter zu fahren. Insbesondere war nicht ausreichend Zeit, zu Hause noch etwas zu essen, dann am Südring-Center den Sohn noch zwei zurückgelegte Jeans anprobieren zu lassen und schließlich noch, dem Versprechen dem Sohn gegenüber folgend, eine kleine Tüte Quarkkeulchen zu kaufen. Wenn man angesichts des Endes des Senatstermins um 16:00 Uhr diese Vorhaben alle noch hätte verwirklichen wollen, wäre dies nur zu erreichen gewesen, indem man die Mutter sogleich, am besten noch am Ende des Senatstermins, um Zustimmung zu einer Verlängerung des Umgangs gebeten hätte. Dass er auch nur einen solchen Versuch unternommen hätte, hat der Vater nicht dargelegt.

Schließlich beschränkt sich der Vater auch hinsichtlich des 10.1.2015 auf allgemeine Ausführungen, die nicht erkennen lassen, wann er mit dem Kind die Rückreise zur Mutter angetreten hat und welche Vorkehrungen für etwaige Staus getroffen worden sind.

3.

Nach alledem sind die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes hinsichtlich fünf der sechs von der Mutter angesprochenen Umgangstage erfüllt. Mit Rücksicht darauf, dass der besonders schwerwiegende von der Mutter geltend gemachte Verstoß der verspäteten Rückgabe um zwei Tage erst am 28.12.2014 nicht gegeben ist, erscheint die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500 € ausreichend. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Vater in seinem Schreiben vom 13.5.2015 zu erkennen gegeben hat, es zukünftig zu Verstößen gegen das Umgangsrecht nicht mehr kommen zu lassen. Die Frage, ob der vom Vater angekündigte Verzicht auf Fahrten mit S… an die Ostsee zulasten des Kindes, das diese Fahrten womöglich immer genossen hat, geht, kann von hier nicht abschließend beurteilt werden. Letztlich sind die Eltern im Interesse des Kindes aufgerufen, insoweit eine Verständigung herbeizuführen, die u. U. auch beinhalten kann, an Wochenenden, an denen eine Fahrt an die Ostsee geplant ist, einvernehmlich die Rückgabezeit zu verlängern oder sich zumindest darauf zu verständigen, mit welchen Kommunikationsmitteln die Mutter rechtzeitig von Verspätungen unterrichtet werden kann. Dies setzt dann insbesondere auch, wie bereits im Senatsbeschluss vom 11.3.2014 (10 WF 296/13) ausgeführt, voraus, dass der Vater sich um eine vertrauensvollere Zusammenarbeit mit der Mutter bemüht.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 81 FamFG. Im Hinblick darauf, dass nur fünf der sechs von der Mutter angeführten Umgangsüberschreitungen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes rechtfertigen, erscheint eine Kostenquotelung angezeigt. Umstände, die eine davon abweichende Entscheidung gebieten könnten, sind nicht ersichtlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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