OLG Hamm, Beschluss vom 22.10.2014 - 34 U 113/13
Fundstelle
openJur 2015, 16008
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.06.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Paderborn (2 O 19/13) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 13.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Die zulässige Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.

I. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst vollumfänglich auf die ausführliche Sachverhaltsdarstellung im Senatsbeschluss vom 24.07.2014 sowie auf die dort mitgeteilten Gründe Bezug genommen.

II. Die Einwendungen des Klägers, die er mit Schriftsatz vom 15.10.2014 vorgetragen hat, geben auch nach erneuter eingehender Beratung keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung.

Die obergerichtliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Güteanträgen, auf die sich der Kläger in seiner Stellungnahme zum Hinweisbeschluss beruft, ist für die Beurteilung des hiesigen Sachverhalts nicht aussagekräftig. Die Voraussetzungen, unter denen ein Güteantrag die Verjährung hemmt, sind abstrakt geklärt: Zum einen müssen die in der einschlägigen Verfahrensordnung der Gütestelle vorgesehenen Formalien gewahrt sein (BGH, Urteil vom 22. Februar 2008 - V ZR 87/07, juris Rn. 10). Zum anderen muss der geltend gemachte Anspruch bereits im Güteantrag hinreichend genau bezeichnet werden (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 204 Rn. 19; Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 204 Rn. 61; BeckOK BGB/Henrich, § 204 Rn. 26; OLG München WM 2008, 733, 734; OLG München, Urteil vom 6. November 2013 - 20 U 2064/13, juris Rn. 38; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284 Rn. 13). Davon geht auch der Kläger aus (vgl. Stellungnahme vom 15.10.2014, S. 6). Nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärten Maßstäben ist es aber stets eine Frage des konkreten Einzelfalls, ob diese Voraussetzungen eingehalten sind.

Auch wenn man berücksichtigt, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers in zahlreichen Fällen einen im Wesentlichen gleichlautenden Güteantrag verwendet haben, wie der Kläger selbst geltend macht, ändert dies nichts. Der Antrag mag unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls die o.g. Voraussetzungen erfüllen; im hiesigen Fall erfüllt er sie zur Überzeugung des Senats nicht.

Zutreffend zitiert der Kläger die Verfahrensordnung der hier angerufenen Gütestelle C dahingehend, dass der Güteantrag "eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens" enthalten muss.

Selbst diese geringen Voraussetzungen erfüllt der hiesige Güteantrag nicht. Ihm ist entgegen der Auffassung des Klägers weder eine "nicht nur kurze, sondern ausführliche Darstellung der Streitsache, des Gegenstands des Streits und des Begehrens des Güteantragstellers" (Stellungnahme S. 6) und erst recht keine "präzise Darstellung der Streitsache, eine genaue Beschreibung des Gegenstandes des Streites und des Begehrens" (ebenda, S. 7) zu entnehmen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 24.7.2014, S. 13 f. Bezug genommen. Dass der Kläger in seiner Stellungnahme die Formulierungen anders bewertet wissen will, gibt dem Senat mangels überzeugender Argumente des Klägers keinen Anlass, seine im Hinweisbeschluss vertretene Ansicht zu revidieren. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG scheidet aus. Das Recht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (st. Rspr., vgl. BVerfG 1 BvR 2933/13, NZS 2014, 539, 540 Rn. 13 mwN).

Der Kläger verkennt dabei schon grundlegend, dass dem Senatshinweis nicht die Auffassung zugrundeliegt, ein Güteantrag hemme nur die Verjährung für die konkret bezeichneten Aufklärungspflichtverletzungen, nicht aber für alle Beratungsfehler im Rahmen des prozessualen Anspruchs (vgl. Stellungnahme S. 2 - 3, 5, 7 und 12 f.). Der Senat hat seinen Hinweis trotz der geäußerten Zweifel an der Gegenansicht nicht darauf gestützt (vgl. Hinweisbeschluss S. 16). Auf die ausführliche Darstellung der Literatur und Rechtsprechung durch den Kläger zu dieser Frage kommt es daher nicht an.

Der Senat legt an den Güteantrag auch nicht die Maßstäbe an, die gemäß § 253 ZPO für die Formulierung einer Klageschrift gelten. Die Ausführungen des Klägers (Stellungnahme S. 8) setzen sich auch hier nicht mit dem Senatshinweis auseinander. Insbesondere scheitert die Hemmungswirkung des hiesigen Güteantrags nicht an einem nicht konkret bezifferten Antrag. Unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung muss aber der geltend gemachte Anspruch hinreichend identifizierbar sein. Daran fehlt es.

Das vom Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 2012 - III ZR 66/12 besagt nichts anderes, zumal dort Zeichnungszeitpunkt und -betrag angegeben waren und der Bundesgerichtshof überspannte Anforderungen nur im Hinblick auf Details der gerügten Aufklärungspflichtverletzungen moniert hat (juris Rn. 9 f.). Dass der Güteantrag die - ohnehin geringen - Voraussetzungen der Verfahrensordnung der Gütestelle C einhalten muss, überspannt ersichtlich nicht die Anforderungen an seine Substantiierheit. Ob dies der Fall ist, beurteilt der Kläger zwar anders, ohne aber aufzuzeigen, dass seine Einschätzung richtiger oder die tatrichterliche Würdigung des Senats unvertretbar wäre. Der Kläger wäre auch unschwer in der Lage gewesen, den Güteantrag hinreichend bestimmt zu stellen, wie das Vorbringen in der Klageschrift und der Vortrag des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung erkennen lassen.

Zutreffend stellt der Kläger zwar dar, die Beklagte habe sich nicht explizit darauf berufen, der Güteantrag sei für sie nicht zuordnebar gewesen (Stellungnahme S. 9). Sie hat allerdings bereits mit der Klageerwiderung geltend gemacht, der Güteantrag sei völlig unspezifiziert gewesen und habe nicht einmal deutlich gemacht, gegen welche der beiden Antragsgegnerinnen (neben der Beklagten die Volksbank C2, vgl. Anlage K 14, Anlagenband) der Kläger welche Ansprüche richten wolle (Bl. 61 d.A.).

Es kann dahinstehen, in welcher Weise sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in einem anderen Rechtsstreit zur Aktenaufbewahrung bei der Beklagten geäußert hat. Selbst unterstellt, die Beklagte konnte nach mehr als 25 Jahren anhand des Namens des Antragstellers in Verbindung mit der Fondsbezeichnung erkennen, "der und der habe dann und dann das und das gezeichnet" (S. 9 der Stellungnahme), ändert dies an der mangelhaften Individualisierung der Ansprüche im Ergebnis nichts. Auch wenn sich die Beklagte nicht auf den Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen berufen hat (so Stellungnahme S. 11), sieht der Senat nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage keinen Anlass, seine Entscheidung abzuändern. Es wird - erneut - Bezug genommen auf die ausführlichen Hinweise im Senatsbeschluss vom 24.7.2014, dort S. 11 f., die selbst ohne Berücksichtigung der §§ 238, 257 HGB ohne weiteres die Würdigung tragen, der Güteantrag sei nicht hinreichend bestimmt gewesen (fehlende Angabe einer Größenordnung, zumal sich der Schaden im Hinblick auf die Höhe der Ausschüttungen und den Verkauf eines Anteils im Wesentlichen aus der Fremdfinanzierung der Beteiligungen ergab; Beteiligung an mehreren Fonds und unterschiedslose pauschale Behauptung von Aufklärungspflichtverletzungen, keine Angabe zu Zeichnungszeitpunkt, Betrag, Berater, Beratungssituation; § 3 Verfahrensordnung nicht erfüllt). Schließlich hat die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, es werde nicht einmal deutlich, welche der Antragsgegnerinnen worauf in Anspruch genommen werden solle.

Es bleibt auch dabei, dass die Gütestelle mit diesem Antrag ihrer Funktion nicht nachkommen konnte. Der Kläger missversteht den Senat, wenn er unterstellt, der Senat gehe von einem Verstoß gegen § 6 Abs. 2 der Verfahrensordnung der Gütestelle und einem "ausgiebigen schriftlichen Vorverfahren" (S. 11 der Stellungnahme) aus. Davon ist im Senatshinweis nicht die Rede (vgl. dort S. 14 unten). Deswegen kommt dem Güteantrag zur Vorbereitung der mündlichen Mediation gerade gesteigerte Bedeutung zu. Dass noch während der mündlichen Mediationsverhandlung Ansprüche konkretisiert werden können, ändert daran nichts.

III. Der Senat ist an einer Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht gehindert. Es liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Grund dafür vor, die Revision zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung fehlt. Ob der Güteantrag des Klägers im hiesigen Verfahren die Verjährung gehemmt hat, ist keine über den Einzelfall hinausgehende, klärungsfähige oder auch nur klärungsbedürftige Frage. Grundsätzliche Bedeutung erlangt die Rechtssache nicht allein dadurch, dass der hier in Rede stehende Güteantrag annähernd inhaltsgleich in einer Vielzahl von Fällen verwendet worden ist. Die Frage der Hemmungswirkung lässt sich nicht ohne Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls allgemeingültig beantworten.

Entgegen der Auffassung des Klägers besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Divergenz kein Revisionszulassungsgrund. Der Kläger verkennt, dass eine obergerichtliche Entscheidung, nach der ein gleichlautender Güteantrag Hemmungswirkung entfaltet, nichts für die hiesige Fallgestaltung hergibt, da es stets um die Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls geht, die sich trotz gleichlautender Güteanträge sehr unterschiedlich darstellen können. Die unterschiedliche tatrichterliche Würdigung von im Wesentlich gleichgelagerten Sachverhalten erfüllt mangels divergierender Rechtssätze nach st. Rspr. des Bundesgerichtshofs nicht die Kriterien des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO: "Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180; Beschl. v. 31. Oktober 2002, V ZR 100/02, WM 2003, 259; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 66; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: BGH, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, NJW 2002, 2473 f; Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, NJW 2002, 3092; zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG: Senat, BGHZ 89, 149, 151)." (BGH, Beschl. vom 27.03.2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, zitiert nach juris Rn. 11). Auch hier fehlt letztlich eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Gründen des Hinweisbeschlusses.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 713 ZPO.