LG Bielefeld, Beschluss vom 30.01.2015 - 23 T 851/14
Fundstelle
openJur 2015, 15704
  • Rkr:
Tenor

1.

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 18.01.2013 (Az. 7 K 84/11) wird auf unbestimmte Zeit eingestellt.

2.

Der Schuldnerin wird aufgegeben, der Gläubigerin eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 362,85 € zu zahlen.

3.

Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens trägt die Schuldnerin nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 Euro.

4.

Der Schuldnerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt.

5.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Herford erteilte mit Beschluss vom 30.04.2013 der Gläubigerin den Zuschlag hinsichtlich des Grundstücks L. xx in I., eingetragen im Grundbuch von I. Blatt x, lfd. Nr. x, Gemarkung I., Flur x, Flurstück x, Gebäude- und Freifläche, 991 qm groß, zu einem Betrag von 130.000,00 €, nachdem die Gläubigerin im Versteigerungstermin vom 11.01.2013 Meistbietende geblieben war; das Meistgebot überstieg die Hälfte des auf 178.000,00 € festgesetzten Verkehrswertes des Versteigerungsobjektes. Den Antrag der Schuldnerin auf Versagung des Zuschlags gemäß § 765 a ZPO hat das Amtsgericht Herford mit diesem Beschluss zurückgewiesen. Das Landgericht Bielefeld hat mit Beschluss vom 13.03.2013 die sofortige Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Herford zurückgewiesen.

Am 22.04.2013 stellte die Betroffene einen ersten Antrag auf Räumungsschutz gemäß § 765 a Abs. 3 ZPO. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Herford durch Beschluss vom 16.05.2013 zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Schulderin vom 24.05.2013 hat das Landgericht Bielefeld durch Beschluss vom 05.07.2013 die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss einstweilen bis zum 05.07.2013 eingestellt sowie der Schuldnerin aufgegeben, eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 700,00 € zu leisten; diese orientiert sich an dem im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholten Verkehrswertgutachten des Dipl.-Ing. Architekt A., insbesondere den dort aufgeführten Vergleichsmieten.

Mit amtsärztlichem Attest vom 24.06.2013 diagnostizierte die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V. bei der Schuldnerin eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion; es bestehe eine konkrete Gesundheits- und Lebensgefahr im Falle der Räumung des (Eltern-) Hauses der Schuldnerin, da dies eine existentielle Bedrohung der zu diesem Zeitpunkt 93-jährigen Schuldnerin darstelle. Die von der Schuldnerin geäußerten Suizidgedanken bestätigte die Amtsärztin Dr. V. als glaubhaft. Nachhaltig wirksame Behandlungsstrategien ständen nicht zur Verfügung. Die Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass selbst nach einer vorübergehenden freiheitsentziehenden Maßnahme und der damit einhergehenden Räumung des Hauses die Schuldnerin angesichts des dann erfolgten Verlustes mit hoher Wahrscheinlichkeit unverändert einen bilanziellen Suizid wählen würde.

Mit Schriftsatz vom 02.07.2013 teilten die Bevollmächtigten der Schuldnerin mit, dass derzeit die gerichtlich festgesetzte Nutzungsentschädigung gezahlt werde und beantragten die weitere einstweilige Einstellung der Zwangsräumung.

Mit Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 26.07.2013 wurde die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zum 18.08.2013 verlängert.

Mit weiterem Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 15.08.2013 wurde die Zwangsvollstreckung bis zum 31.01.2014 eingestellt.

Mit Schreiben vom 19.12.2013 beantragte die Schuldnerin erneut Räumungsschutz ab dem 01.02.2014. Die Amtsärztin Dr. V. erstattete erneut ein amtsärztliches Attest vom 26.03.2014; sie gelangt hierin zu einer Verschlechterung der psychiatrischen als auch der somatischen Situation der Schuldnerin, die Fortsetzung des Räumungsverfahrens könne derzeit nicht ohne konkrete Gesundheits- und Lebensgefahr für die Schuldnerin vollzogen werden.

Ausweislich des Beschlusses der Stadt I. - Abteilung Wohnen und Soziales, Grundsicherung SGB XII - vom 29.01.2014 zahlt diese an die Gläubigerin aktuell einen Betrag in Höhe von nur noch € 362,85 aus.

Unter dem 11.03.2014 beantragte die Betreuungsstelle der Stadt I. die Bestellung eines Betreuers für die Schuldnerin.

Das Amtsgericht Herford holte daraufhin mit Beschluss vom 12.03.2014 ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Frage der Betreuungsbedürftigkeit der Schuldnerin ein, welches der hierzu beauftragte Sachverständige Dr. L. I. unter dem 15.03.2014 erstattete. Der Sachverständige gelangte zur Diagnose einer schweren koronaren Herzkrankheit bei Klappeninsuffizienz und entsprechender körperlicher Schwäche sowie einer schweren depressiven Episode, die reaktiv akzentuiert sei.

Mit Beschluss vom 28.03.2014 hat das Amtsgericht Herford mit Einverständnis der Schuldnerin Herrn R. T. aus Bünde zum Betreuer der Schuldnerin für die Aufgabenkreise Geltendmachung von Ansprüchen auf Leistungen aus der Pflegeversicherung, Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern und Wohnungsangelegenheiten bestellt. Der Betreuer teilte mit Bericht vom 23.10.2014 mit, dass der Schuldnerin ein Schwerbehindertenausweis mit GdB 90 % erteilt worden sei und sie in der kurzen Zeit der Betreuung bereits den dritten Rechtsanwalt zur Regelung ihrer "Betrugsangelegenheiten" eingeschaltet habe. So ging und gehe die Betroffene davon aus, dass sie innerhalb der letzten Jahrzehnte von Rechtsanwälten und Steuerberatern um Beträge in Millionenhöhe betrogen worden sei.

Mit Beschluss vom 29.04.2014 hat das Amtsgericht Herford die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss für die Dauer von 18 Monaten eingestellt und der Schuldnerin die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 825,00 € aufgegeben.

Hiergegen legte die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 12.05.2014 die sofortige Beschwerde ein.

Daraufhin hat das Landgericht Bielefeld mit Beschluss vom 30.06.2014 den Beschluss des Amtsgerichts Herford unter Zurückweisung im Übrigen dahingehend abgeändert, dass die Zwangsvollstreckung nur bis zum 30.11.2014 weiter einstweilen eingestellt bleibe.

Der Betreuer der Schuldnerin beantragte mit Schreiben vom 20.10.2014 weiteren Räumungsschutz ab dem 01.12.2014.

Diesen Antrag hat das Amtsgericht Herford mit Beschluss vom 07.11.2014 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 16.11.2014, die der Betreuer der Schuldnerin für diese eingelegt hat.

Das Landgericht Bielefeld hat mit Beschluss vom 05.12.2014 das Verfahren auf die Kammer übertragen sowie mit weiterem Beschluss vom 05.12.2014 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet und mit dessen Erstellung die Psychiaterin Dr. H. N. aus W. beauftragt. Die Sachverständige Dr. N. hat ihr Gutachten unter dem 20.12.2014 erstattet. Das Gutachten wurde den Parteien zu Stellungnahme zugesandt.

Die Berichterstatterin hat - nach Übertragung der Durchführung der persönlichen Anhörung auf diese mit Beschluss vom 12.01.2015 - die Schuldnerin in Anwesenheit ihres Betreuers am 13.01.2015 persönlich angehört.

II.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, somit insgesamt zulässig.

Sie ist auch begründet, weil die Voraussetzungen für eine weitere Einstellung der Räumungsvollstreckung gemäß § 765 a Abs. 1 Satz 1 ZPO gegeben sind.

Die zwangsweise Räumung des Hauses L. xx in I. bedeutet unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses der Gläubigerin wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für die Schuldnerin, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist; daher ist auf den von dem Betreuer der Schuldnerin gestellten Antrag die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Herford auf unbestimmte Zeit einzustellen.

Die ganz besonderen Umstände des Einzelfalles, die zu einer nicht mit den guten Sitten vereinbaren Härte für die Schuldnerin führen, stellen sich wie folgt dar:

Bei einer zwangsweise durchgeführten Räumung des von der Schuldnerin bewohnten und von der Gläubigerin ersteigerten Hauses L. xx in I. ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Schuldnerin diese Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht überleben würde.

Zunächst steht zu befürchten, dass die 94-jährige Schuldnerin aufgrund ihrer somatischen Erkrankungen angesichts der besonderen Belastungssituation einer Zwangsräumung in einer Weise dekompensieren würde, dass sie - auch unter Bereitstellung ärztlicher Hilfe - im Zuge der Räumungsmaßnahme oder im unmittelbaren Anschluss versterben würde. So leidet die Betroffene unter erheblichen Herzerkrankungen, nämlich einer Herzinsuffizienz aufgrund einer koronaren Herzerkrankung, unter Herzklappeninsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Nierenfunktionseinschränkungen. Diese somatischen Erkrankungen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Schuldnerin wiederholt - auch notfallmäßig - stationär behandelt werden musste. Sie hat insoweit auch regelmäßige Medikationen einzunehmen. Ausweislich der Angaben der Sachverständigen Dr. N. ist es zudem bereits mehrfach zu kardialen Dekompensationen mit Ödemen in den Beinen und der Lunge gekommen. Darüber hinaus befindet sich die 94-jährige Schuldnerin in einem äußerst eingeschränkten Allgemeinzustand. So hat sich die Berichterstatterin anlässlich der Anhörung, die sie am 13.01.2015 im Auftrag der Kammer durchgeführt hat, davon überzeugen können, dass die Schuldnerin körperlich einen äußerst gebrechlichen Eindruck macht und keinesfalls als "rüstig" zu bezeichnen ist.

Angesichts der mehrfachen Sachverständigenbegutachtungen im Laufe der letzten zwei Jahre ist auch keinesfalls davon auszugehen, dass sich dieser gesundheitliche Zustand der Schuldnerin verbessern könnte, vielmehr ergibt sich gerade aus den beiden Attesten von Frau Dr. V., dass sich bereits innerhalb eines recht kurzen Zeitraumes der Zustand der Schuldnerin erheblich verschlechtert hatte.

Des Weiteren folgt aus den sich gänzlich deckenden Angaben der Sachverständigen Dr. I. (Betreuungsverfahren), Dr. V. und Dr. N., dass die von der Schuldnerin wiederholt geäußerten Suizidankündigungen durchaus ernst zu nehmen sind und im Falle einer Zwangsräumung mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Schuldnerin einen Suizid - erfolgreich - ausführen würde. Für die Frage der Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt es insbesondere auch nicht darauf an, ob der diagnostizierten Suizidgefahr ein - möglicherweise behandlungsfähiger - Krankheitswert zukommt, d. h. die Gefahr auf eine bestehende psychiatrische Erkrankung zurückzuführen ist oder aber - wie von den Sachverständigen im vorliegenden Fall angegeben - ein sogenannter "Bilanzselbstmord" zu befürchten ist (vgl. hierzu: BGH, NJW-RR 2013, 628).

Auch die Berichterstatterin hat sich anlässlich der Anhörung vom 13.01.2015 einen Eindruck davon verschaffen können, in welchem Ausmaß die Schuldnerin auf den Verbleib in ihrem Elternhaus fixiert ist sowie darauf, ihr angetanes bzw. geschehenes Unrecht durch Betrügereien von Rechtsanwälten und Steuerberatern aufzuklären und gerichtlich ahnden zu lassen. So war die Schuldnerin überhaupt nicht in der Lage, sich auf ein Gespräch, geschweige denn eine Diskussion über ihre Verpflichtung zur Räumung der Immobilie einzulassen; diese Unfähigkeit stellte sich auch insbesondere nicht als Unwilligkeit, sondern als ein tatsächlich bestehendes persönliches Unvermögen der Schuldnerin dar. Es war ihr völlig unmöglich, vom Thema der ihr angetanen Betrügereien abzuweichen. Der Betreuer, Herr T., hat dieses Verhalten - wie auch die Sachverständigen - über die vergangenen Monate bestätigt.

Somit ist das Beschwerdegericht davon überzeugt, dass - gerade in Zusammenarbeit mit dem Betreuer T. - bereits alle zumutbaren Maßnahmen hinsichtlich eines Umzugs der Schuldnerin ausgeschöpft wurden; ein solcher ist - auch unter Zuhilfenahme ärztlicher Unterstützungsmaßnahmen - nicht ohne eine ganz akute Gefährdung des Lebens der Schuldnerin möglich. Zumal die Sachverständigen die bestehende akute Suizidgefahr gerade nicht auf eine die freie Willensbildung beeinflussende oder ausschließende psychiatrische Erkrankung der Schuldnerin zurückführen, kommt eine Einflussnahme - beispielsweise durch eine betreuungsrechtliche Unterbringung mit Zwangsbehandlung oder nach dem PsychKG NW - gegen den erklärten Willen der Schuldnerin nicht in Betracht; im Übrigen folgt aus den Angaben der Sachverständigen auch, dass solche Maßnahmen nicht zu einer Abwendung der Suizidgefahr führen, sondern diese allenfalls zeitlich verlagern würden.

Es steht ernsthaft oder gar unvermeidlich zu befürchten, dass die Schuldnerin entweder aufgrund ihrer ganz erheblichen somatischen Erkrankungen und ihres schlechten Allgemeinzustandes anlässlich oder im Zuge der Zwangsräumung versterben oder aber den angekündigten Suizid durchführen und somit in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Abs. 2 Satz GG verletzt würde.

In der Abwägung haben hiergegen die bestehenden Rechte und Interessen der Gläubigerin und Eigentümerin des Grundstückes aus Artikel 14 GG ausnahmsweise zurückzutreten (vgl. BVerfG, NJW-RR 2014, 584).

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass eine Einstellung auf unbestimmte Zeit nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgen soll und darf (vgl. BVerfG, a.a.O.; BGH, a.a.O.): So stellt das Eigentumsrecht der Gläubigerin ein ganz erhebliches, grundgesetzlich geschütztes Recht dar, das im Rahmen der Zwangsvollstreckung abwägend zu beachten ist. Angesichts der besonderen Umstände dieses Einzelfalles haben die Interessen der Gläubigerin jedoch ausnahmsweise zurückzutreten, und dies auch dauerhaft, weil bei der inzwischen 94-jährigen Schuldnerin keine Verbesserung ihrer somatischen und psychischen Situation zu erwarten ist. Die von der Gläubigerin angeführte Argumentation, die Schuldnerin sei deshalb weniger schutzwürdig, weil sie durch ihren Lebensstil und ihr Konsumverhalten in der Vergangenheit "sehenden Auges" die nunmehr vorliegende Mittellosigkeit herbeigeführt habe, überzeugt nicht. Aus dem Akteninhalt ergeben sich für ein solches selbstschädigendes Verhalten der Schuldnerin keine Anhaltspunkte

Sofern der Geschäftsführer der Gläubigerin geltend macht, dass die Verzögerung der Herausgabe der Immobilie zu einer psychosomatischen Erkrankung mit Depressionen geführt habe, kann zunächst schon nicht auf seinen gesundheitlichen Zustand abgestellt werden, weil Gläubigerin eine GmbH ist: Bedient man sich im Wirtschaftsverkehr einer juristischen Person und schöpft die entsprechenden Vorteile aus, hat man auch die ggf. damit verbundenen Nachteile zu tragen. Zudem ist ein kausaler Zusammenhang seines bevorstehenden Aufenthaltes in einer Klinik mit dem vorliegenden Vollstreckungsverfahren durch die eingereichte Anlage nicht ansatzweise belegt. Letztlich stünde selbst eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Geschäftsführers der Gläubigerin nicht auf gleicher Ebene mit der akuten dauerhaften Lebensgefahr der Schuldnerin.

Sofern der Geschäftsführer der Gläubigerin nunmehr sowohl gegen die Gläubigerin als auch gegen ihn bzw. seine Ehefrau von eigenen Gläubigern ausgebrachte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anführt, ist schon nicht hinsichtlich aller Maßnahmen belegt, dass diese kausal allein durch die verzögerte Zwangsvollstreckung gegenüber der Schuldnerin versursacht wurden; vielmehr ergibt sich der Eindruck, dass die über die GmbH abgewickelten Grundstücksgeschäfte auf dünner finanzieller Absicherung aufgebaut wurden, - jedenfalls mit gewissen Verzögerungen ist jedoch grundsätzlich zu rechnen, gerade wenn man ein von einer alten, kranken Frau bewohntes Einfamilienhaus im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt.

In die Abwägung ist des Weiteren mit einzubeziehen, dass die Gläubigerin die Immobilie, deren Verkehrswert auf 178.000,00 € im Versteigerungsverfahren festgesetzt worden war, zu einem Betrag von 130.000,00 € zugeschlagen erhalten hat. Deshalb wird die Gläubigerin durch ein weiteres Aufschieben der Zwangsvollstreckung weniger wirtschaftlich eingeschränkt, als sie dies wäre, hätte sie das Objekt zu einem dem Verkehrswert entsprechenden oder diesen übersteigenden Betrag zugeschlagen erhalten. Aufgrund der genannten Umstände sowie des desolaten Gesundheitszustandes und des fortgeschrittenen Alters der Schuldnerin ist eine gänzliche Aushöhlung des Eigentumsgrundrechts der Gläubigerin nicht zu erwarten.

Die Festsetzung der aktuell zu zahlenden Nutzungsentschädigung orientiert sich an dem ausweislich des Bescheides der Stadt I. vom 29.01.2014 für die Gläubigerin gezahlten Teilbetrages zur Grundsicherung, da die Schuldnerin zur Zahlung der an sich angemessenen und in den vorangegangenen Beschlüssen festgesetzten Nutzungsentschädigung derzeit finanziell nicht in der Lage ist; so hätte die Festsetzung eines höheren Betrages angesichts der derzeitigen Leistungsunfähigkeit der Schuldnerin zur Folge, dass diese der Auflage nicht nachkommen könnte, die Einstellung ins Leere liefe und eine Fortsetzung der Vollstreckung mit einer akuten Lebensgefährdung zur Folge hätte. Sollte die Stadt I. den Betrag anheben (können), worum sich der Betreuer ggf. bemühen sollte, oder aber die Schuldnerin in den von ihr avisierten Rechtsstreitigkeiten obsiegen und einen nennenswerten Betrag ausgezahlt erhalten, wird der monatliche Nutzungsentschädigungsbetrag auf Antrag der Gläubigerin entsprechend anzuheben sein.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache in Hinblick auf den - ausnahmsweise erfolgten - Eingriff in das Grundrecht der Gläubigerin aus Art. 14 GG grundsätzliche Bedeutung hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 788 Abs. 1 und 4 ZPO. Gründe, die eine (teilweise) Kostentragung durch die Gläubigerin als billig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichung einer mit einer Begründung versehen und unterschriebenen Beschwerdeschrift beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einzulegen. Die Einlegung hat durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu erfolgen.