Bayerischer VGH, Urteil vom 29.07.2015 - 16b D 13.862
Fundstelle
openJur 2015, 13457
  • Rkr:

BeamtendisziplinarrechtPostoberschaffner (BesGr A 3); Postzusteller; Zurückstellung eines Pakets; Zurückstellung und teilweises Öffnen eines Testbriefs; Verletzung des Postgeheimnisses; freiwilliges Ablassen von der Tat vor Entdeckung; Verstoß gegen Dienstvorschriften; disziplinarische Vorbelastung; Überforderung; Fürsorgepflicht; Schuldfähigkeit; Kürzung der Dienstbezüge, da Zurückstufung nicht möglich

Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 19. März 2013 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 auf die Dauer von 36 Monaten erkannt.

II. Die Klägerin und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. August 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. September 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 13. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 6. Juni 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Mit Wirkung vom 10. September 2010 wurde er aufgrund Disziplinargerichtsurteils in das Amt eines Postoberschaffners versetzt.

Der Beklagte war bis 5. April 2011 als Verbundzusteller beim Zustellstützpunkt N... 30 eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte die Zustellung von Paketen und anderen Sendungen. Der Beklagte ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Er erhält um 40% gekürzte Dienstbezüge aus der BesGr A 3.

Laut Stellungnahme zu Führung und Leistung des Beklagten vom 4. November 2010 ließen seine Arbeitsergebnisse hinsichtlich Qualität und Sorgfalt sehr zu wünschen übrig. Insbesondere in der Dokumentation der ausgelieferten Sendungen bestünden erhebliche Mängel. Die zur Verfügung stehende Arbeitszeit reiche für die Aufgabenerfüllung aufgrund seines Arbeitstempos nicht aus. Er verfüge über ein gutes Fachwissen, sei gut belastbar und auch bereit, Mehrleistungen zu erbringen.

II.

Der Beklagte ist disziplinarisch wie folgt vorbelastet:

1. Mit Disziplinarverfügung vom 28. September 2004 wurde eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 für die Dauer von sechs Monaten verhängt. Grund hierfür waren Verstöße gegen die Vorschriften zur Verkehrsmengenermittlung, ein häufig verspäteter Dienstantritt, eine verbale Auseinandersetzung mit einer Kollegin, ein gewaltsames Zutrittverschaffen und ein tätlicher Angriff auf den Gruppenführer sowie das ungesicherte Abstellen eines Dienstfahrzeugs.

2. Mit Disziplinarverfügung vom 8. September 2005 wurde gegen den Beklagten eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 für die Dauer von zwölf Monaten verhängt. Grund hierfür waren erneute Verstöße gegen die Vorschriften zur Verkehrsmengenermittlung.

3. Mit Disziplinarverfügung vom 10. Juni 2008 wurde eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 für die Dauer von 24 Monaten verhängt. Grund hierfür waren erneute Verstöße gegen die Verkehrsmengenermittlung, ferner der Verstoß gegen die Weisung, sein Dienstfahrzeug zum TÜV zu bringen und verspätete Krankmeldungen und die fehlerhafte Ausfüllung von Postzustellungsurkunden.

4. Mit seit dem 10. September 2010 rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts S... - Disziplinarkammer - vom 14. Juli 2010 (Az.: DB 10 K 237/10) wurde der Beklagte in das Amt eines Postoberschaffners (BesGr A 3) zurückgestuft. Grund hierfür war, dass der Beklagte erneut gegen die Bestimmungen der Verkehrsmengenermittlung verstoßen hatte, Postsendungen verspätet zuführte, eine Einschreibsendung unberechtigt nicht zustellte, fehlerhafte Reisekostenabrechnungen vorlegte und seinen Dienst mehrfach verspätet angetreten sowie unrichtige Aufzeichnungen getätigt hatte.

III.

Gegen den Beklagten wurde am 8. Dezember 2010 gemäß § 17 BDG erneut ein Disziplinarverfahren wegen fehlerhafter bzw. verspäteter Zustellungen sowie wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber einer Kundin eingeleitet. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Am 14. Januar 2011 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 24. Januar und 10. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren nach § 19 Abs. 1 BDG auf weitere Vorfälle (fehlerhafte bzw. verspätete Zustellungen, unterlassene Zustellung und unberechtigte Öffnung eines Testbriefs, unberechtigte Zurückstellung von Postwurfsendungen) ausgedehnt.

Mit Verfügung vom 4. April 2011 wurde der Beklagte gemäß § 38 BDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 40% seiner Dienstbezüge angeordnet. Sein Aussetzungsantrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2011 (Az.: M 13B DA 11.1859) abgelehnt, die Beschwerde mit Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2011 (Az.: 16b DS 11.1892) zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung.

Mit Schreiben vom 20. März 2012 wurde der Beklagte über die Möglichkeit einer Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt. Auf Antrag des Beklagten vom 23. März 2012 wurde der Betriebsrat beteiligt. Dieser äußerte mit Schreiben vom 20. April 2012 erhebliche Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beklagten. Da einige Vorfälle auf eine psychische und physische Überlastung des Beklagten hinweisen würden, wäre die Klägerin im Rahmen der Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, den Beklagten fachärztlich bzw. postbetriebsärztlich überprüfen zu lassen. Es bestünden Zweifel, ob der Beklagte im Zeitpunkt der Vorfälle psychisch sowie physisch in der Lage gewesen sei, seinen Dienst ordnungsgemäß auszuüben und ob er die Taten vorsätzlich und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte begangen habe. Es sei zu überprüfen, ob ggf. eine Zurruhesetzung angestrebt werden solle.

IV.

Am 5. Juni 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, mit der sie dem Beklagten folgende Vorfälle als Dienstvergehen zur Last legt:

1. Seit dem 01.01.2010 in einer Vielzahl von Fällen Postpakete nicht taggleich zugestellt und zur Verdeckung seiner Handlungsweise falsche Angaben in seinem Handscanner eingegeben zu haben,

2. den Verbleib der Pakete mit den ID ... und ... nicht aufklären zu können,

3. am 22.10.2010 sich gegenüber der Postkundin C..., H... Str. 57/1, ... N... ungebührlich verhalten zu haben,

4. am 05.11.2010 das Paket mit der ID ... für den Empfänger O..., S...weg ... in ... N... vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt zu haben,

5. am 02.11.2010 im Briefzentrum N... unberechtigt die Knöpfe für die Stoffeingabe an einer Briefverteilermaschine betätigt zu haben, um diese in Gang zu setzen,

6. am 16.11.2010 ohne Berechtigung einen Zettel mit dem Hinweis „unbedingt noch heute zustellen“ geschrieben, diesen mit „K...“, dem Namen des Qualitätsmanagers K..., unterschrieben und auf zwei Pakete am Zustelltisch der Zustellerin J...-... gelegt zu haben,

7. am 13.01.2011 einen an den Empfänger O..., S...weg ... in ... N... gerichteten Testbrief vorsätzlich nicht zugestellt und unberechtigt teilweise an der rechten Seite geöffnet zu haben, um sich vom Inhalt des Briefs Kenntnis zu verschaffen,

8. vorsätzlich 61 Postwurfsendungen an sämtliche Haushalte (Abfallkalender der Stadt N...), die am 16.12.2010 eingeliefert worden waren und von ihm am 18.12.2010 zuzustellen gewesen wären, unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben und

9. am 10.01.2011 das für seinen Zustellerbezirk ... vorliegende Paket der Firma Ad...com G...-...-Str. ..., ... F... mit der ID ... unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben.

Der Beklagte hat die Vorwürfe mit Schriftsatz vom 20. November 2012 bestritten.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 19. März 2013, zugestellt am 12. April 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Es sei erwiesen, dass der Beklagte am 13. Januar 2011 den Testbrief vorsätzlich nicht zugestellt und ihn an der rechten Seite teilweise geöffnet habe. Dies habe er bei seiner Anhörung am 13. Januar 2011 eingeräumt; es zeige sich aber auch an seinen Ausflüchten, dass er den Brief habe verschwinden lassen wollen. Es stehe auch fest, dass der Beklagte die 61 Abfallkalender der Stadt N... nicht am 18. Dezember 2010 zugestellt habe. Sein ursprünglicher Vortrag, er habe fehlende Kalender „nachbestellt“, sei nicht mehr aufrechterhalten worden. Der Beklagte habe am 18. Dezember 2010 festgestellt, dass er nicht genügend Kalender habe und daher um Nachschub gebeten. Überzählige Kalender seien dann vom Zustellbezirk 41 auf den Zustellbezirk 42 (den des Beklagten) umverteilt worden. Der Beklagte hätte diese zustellen müssen und können; dass sie im Januar 2011 immer noch nicht zugestellt gewesen seien, sei ihm deshalb anzulasten. Weiter stehe fest, dass der Beklagte keinen Zugang zur Packstation gehabt habe. Gleichwohl habe er die Zahl 38 („grün benachrichtigt in Packstation“) in seinen Handscanner eingegeben und so eine taggleiche Zustellung vorgetäuscht. Die Rückstellung von Sendungen habe er zwar nicht in allen Fällen, jedoch in einigen Fällen eingeräumt. Sein Verweis auf die Fehleranfälligkeit der Handscanner sei eine Schutzbehauptung. Bei Fehlerhaftigkeit des Scanners müsse eine andere Zustellungsart gegen Nachweis gewählt werden. Die Verletzung des Postgeheimnisses und die Rückstellung von Sendungen seien außerordentlich schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen. Der Dienstherr und die Allgemeinheit müssten sich darauf verlassen können, dass Sendungen pünktlich, zuverlässig und vollständig ihr Ziel erreichen würden. Deshalb müssten an die Zuverlässigkeit der Zusteller hohe Anforderungen gestellt werden. Bei der Vielzahl der Mitarbeiter und der Flut der Sendungen sei eine Kontrolle nicht einmal ansatzweise möglich. Wer in diesem Bereich seine Dienstpflichten verletze, habe in aller Regel das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren. Der Beklagte könne sich nicht auf durchgreifende Milderungsgründe berufen. Seine Arbeitsergebnisse ließen hinsichtlich Qualität und Sorgfalt sehr zu wünschen übrig. Hinzu komme, dass der Beklagte disziplinarisch erheblich vorbelastet sei, was ihn aber nicht von erneuten Dienstpflichtverletzungen abgehalten habe. Sein Auftreten in der mündlichen Verhandlung habe vielmehr den Eindruck vermittelt, dass er nicht einsehe, dass Dienstherr, Kunden und Mitarbeiter von ihm die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Pflichten verlangen würden und auch verlangen könnten.

Hiergegen richtet sich die am 18. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils freizusprechen und die Disziplinarklage zurückzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

Die dem Beklagten vom Erstgericht zur Last gelegten Vorwürfe würden bestritten. Sie seien nicht erwiesen. Die gute Leistung und Führung des Beklagten sowie seine Unbescholtenheit, die fehlende Intensität seines Fehlverhaltens und die tätige Reue seien nicht berücksichtigt worden. Die Zweifel des Betriebsrats an der Dienstfähigkeit des Beklagten seien vom Erstgericht nicht zur Kenntnis genommen worden. Der Dienstherr habe gegen die Fürsorgepflicht verstoßen, da er den Beklagten nicht auf Dienstfähigkeit habe untersuchen lassen, obwohl dieser bekanntermaßen seit Jahren auffällig gewesen sei und psychische und physische Probleme gehabt habe, die die Erfüllung der Dienstpflichten beeinträchtigt hätten; hierzu wurde ein undatiertes, nicht unterschriebenes Schreiben vorgelegt, in dem der Beklagte eine postärztliche Untersuchung beantragt hat, das nach Angaben der Klägerin diese jedoch nie erreicht hat. Das Erstgericht habe sich mit der Frage, ob der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten vorsätzlich und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte begangen habe, nicht auseinandergesetzt, obwohl ihm sich dies hätte aufdrängen müssen. Aus den Akten ergäben sich zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit bzw. erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehandelt habe. Das Erstgericht hätte deshalb dieser Frage von Amts wegen nachgehen müssen und wäre verpflichtet gewesen, hierzu ein fachärztliches Gutachten einzuholen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts sind die Dienstbezüge des Beklagten um 1/25 auf die Dauer von 36 Monaten zu kürzen (§ 8 BDG).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats nur insoweit fest, als er die Vorwürfe in der Disziplinarklage unter Punkt 4. und 7. sowie (teilweise) unter Punkt 2. und 5. betrifft. Die Vorwürfe unter Punkt 1., 6., 8. und 9. sind nicht erwiesen. Der Vorwurf unter Punkt 3. ist nicht disziplinarwürdig.

1. Als erwiesen sieht der Senat die dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 4. und 7. zur Last gelegten Vorfälle an.

1.1 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 4. vorgeworfen wird, am 5. November 2010 das Paket mit der ID ... für den Empfänger O... R..., S...weg ..., ... N... entgegen den Dienstvorschriften vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt und erst verspätet am 6. November 2010 dem Empfänger zugestellt zu haben, steht dieser Sachverhalt aufgrund der Ermittlungen der Konzernsicherheit sowie der Einlassung des Beklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, zur Überzeugung des Senats fest.

Laut Sendungsstatus (EA Bl. 132) lag das Paket am 5. November 2010 um 04:11 Uhr im Zustellstützpunkt des Beklagten vor und wurde an diesem Tag um 09:47 zur Zustellung beladen sowie um 16:22 Uhr erneut gescannt. Am 6. November 2010 um 09:49 Uhr wurde das Paket nochmals zur Zustellung beladen und um 16:25 Uhr dem Empfänger zugestellt. Dieser Laufweg des Pakets wird durch die Nachforschungen der Konzernsicherheit bestätigt (EA Bl. 118).

Damit übereinstimmend hat der Empfänger des Pakets laut E-Mail vom 6. November 2010 bei der Klägerin nachgefragt, warum das Paket, auf das er warte und dessen Laufweg er im Sendungsverfolgungssystem der Klägerin nachverfolgt habe, nicht am 5. November 2010 bei ihm angekommen sei (EA Bl. 130). Das Paket wurde dem Empfänger nach dessen Angaben erst am 6. November 2010 zugestellt (EA Bl. 131).

Die Einlassung des Beklagten, er habe das Paket bereits am 5. November 2010 beim Empfänger zustellen wollen, er sei jedoch, nachdem er geläutet und der Kunde aufgemacht habe, von ihm gebeten worden, die Sendung am nächsten Tag erneut zuzustellen (EA Bl. 118, 121, 130), stellt eine unglaubwürdige Schutzbehauptung dar. Sie wird dadurch widerlegt, dass der Empfänger nachvollziehbar angegeben hat, auf dieses Paket gewartet und den Laufweg verfolgt zu haben, um zu sehen, wo es bleibt, so dass eine Zurückstellung auf Wunsch des Empfängers keinen Sinn macht. Auch gibt es trotz der angeblichen Verweigerung der Annahme durch den Empfänger keine entsprechende Eingabe im Scanner oder einen Benachrichtigungsschein. Zudem hätte der Beklagte das Paket aufgrund des bestehenden „Garagenvertrags“ (EA Bl. 118) auch beim Empfänger hinterlegen können. Wenn der Beklagte sich darauf beruft, dass es sein könne, dass der ID-Code am 5. November 2010 vom Frachtzentrum auf den Scanner übertragen worden sei, ohne die Sendung mitzusenden (EA Bl. 167), ist zwar auch nach den Angaben der Klägerin nicht auszuschließen, dass dies ausnahmsweise einmal der Fall sein kann (EA Bl. 194). Dem steht vorliegend allerdings entgegen, dass das Paket laut Sendungsstatus am 5. November 2010 um 09:47 Uhr zur Zustellung beladen wurde. Darüber hinaus steht dies auch im Widerspruch zum Vorbringen des Beklagten, er habe die Sendung am 5. November 2010 zustellen wollen. Deshalb ist auch ausgeschlossen, dass die Sendung zunächst innerhalb des Zustell-Paketzentrums falsch sortiert wurde (VGA Bl. 40). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das Paket laut Sendungsstatus am 5. November 2010 um 16:22 Uhr mit der Eingabe „Die Sendung wurde innerhalb des Zustell-Paketzentrums weitergeleitet“ nochmals gescannt wurde (EA Bl. 132). Unabhängig davon, dass diese nach dem erstmaligen Beladen des Pakets um 09:47 Uhr erfolgte Eingabe eine vorherige Zurückstellung der Sendung nicht ausschließt, ist der Senat angesichts des widersprüchlichen Aussageverhaltens des Beklagten davon überzeugt, dass er die Eingabe zur Verschleierung der von ihm unterlassenen taggleichen Zustellung gemacht hat. Mit der bloßen nachträglichen Behauptung „Scanner falsch“ (EA Bl. 132) wird auch keine diesbezügliche Fehlfunktion dargelegt.

1.2 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 7. vorgeworfen wird, am 13. Januar 2011 einen an den Empfänger O..., S...weg ..., ... N... gerichteten Testbrief vorsätzlich nicht zugestellt und unberechtigt teilweise an der rechten Seite geöffnet zu haben, um sich vom Inhalt der Sendung Kenntnis zu verschaffen, steht dieser Sachverhalt aufgrund der Ermittlungen der Konzernsicherheit sowie der Einlassung des Beklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, ebenfalls zur Überzeugung des Senats fest.

Laut Ermittlungsbericht der Konzernsicherheit vom 13. Januar 2011 (EA Bl. 135 ff.) hat Herr B... am 13. Januar 2011 in Absprache mit dem Empfänger einen als Postsachesendung mit dem Absender „M. B...“ erkennbaren Testbrief in den Briefbehälter für den Zustellbezirk des Beklagten 42 beim Zustellungsstützpunkt N... eingelegt, der an diesem Tag hätte zugestellt werden müssen. Nachdem der Empfänger um 16:43 Uhr mitgeteilt hatte, dass er den Brief nicht erhalten hatte, wurde der Beklagte nach seiner Rückkehr vom Zustellgang an seinem Arbeitsplatz um 17:40 Uhr nach dem Verbleib des Briefs befragt. Der Beklagte behauptete, ihn ordnungsgemäß zugestellt zu haben. Eine Rückfrage beim Empfänger um 17:41 Uhr ergab, dass dieser den Brief nicht erhalten hatte. Auf Vorhalt, dass der Brief nicht zugestellt worden sei, erklärte der Beklagte nunmehr, dass sich der Brief noch in seinem Zustellfahrzeug befinde, machte aber trotz Aufforderung keine Anstalten, den Brief zu holen. Als er sich im Anschluss hieran mit einem Stapel Sendungen aus Kastenleerungen entfernen wollte, wurde darin der gesuchte Testbrief gefunden, der an der rechten Empfängerseite ca. 7,5 cm geöffnet war.

Damit übereinstimmend hat der Beklagte in der Befragung am 13. Januar 2011 zu Protokoll der Konzernsicherheit erklärt (EA Bl. 139), dass er den Testbrief während der üblichen Zustellzeit nicht zugestellt habe, da er den Absender (M. B...) des Briefes gelesen habe und diesen kenne. Dieser habe ihn am 10. Januar 2011 zu einer Reklamation des Empfängers des Briefs befragt. Ihm sei klar gewesen, dass dieses Schreiben sicher weitere negative Folgen für ihn haben könne. Aus diesem Grund habe er den Brief bewusst nicht zugestellt und ihn dann vor Herrn B... verstecken wollen. Darüber hinaus hat der Beklagte in der Befragung am 13. Januar 2011 zu Protokoll der Konzernsicherheit angegeben (EA Bl. 139), dass er den Brief vorsätzlich an der rechten Empfängerseite mit einem Kugelschreiber geöffnet habe; warum er den Brief geöffnet habe, könne er nicht mehr sagen.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. Februar 2011 (EA Bl. 168) hat der Beklagte seine Unterschrift unter das Protokoll vom 13. Januar 2011 widerrufen und vortragen lassen, er habe den Brief nicht geöffnet, sondern nur damit angefangen, ihn zu öffnen und dabei aus einem Impuls heraus einen Riss von ca. 4 cm erzeugt, sich dann jedoch besonnen und rechtzeitig wieder damit aufgehört, ohne vom Inhalt des Briefs Kenntnis erlangt zu haben. Aufgrund dieser unwiderlegten Einlassung ist davon auszugehen, dass der Beklagte zwar den Brief bewusst öffnen wollte, um sich Kenntnis von dessen Inhalt zu verschaffen, nachdem er den Absender erkannt hatte und aus diesem Grund befürchten musste, dass ihm wegen der Zurückstellung des Pakets an den Empfänger des Briefs am 5. November 2010 negative Konsequenzen drohen könnten, dass er aber freiwillig wieder von diesem Unternehmen Abstand genommen hat, nachdem er den Umschlag erst ca. 4 cm aufgerissen hatte.

Im Übrigen hat der Beklagte die Vorgänge um den Testbrief im Schreiben vom 28. Februar 2011 nicht bestritten. Er hat nicht bestritten, den Testbrief vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt zu haben, und eingeräumt, den Testbrief jedenfalls teilweise vorsätzlich geöffnet zu haben. Soweit er meint, seine Befragung hätte nicht fortgesetzt werden dürfen, weil er aufgrund der Situation aufgeregt und ihm schlecht und er erschöpft gewesen sei, nachdem er den ganzen Tag gearbeitet habe, hat er auf Frage, ob die Befragung trotzdem fortgeführt werden könne, ausdrücklich erklärt, dass dies noch gehen würde (EA Bl. 140). Im Übrigen stünde eine Ermüdung bzw. Erschöpfung der Verwertung der Vernehmung nur in Extremfällen entgegen (vgl. BGH, U.v. 24.3.1959 - 5 StR 27/59 - BGHSt 13, 60), wofür es keine Anhaltspunkte gibt; der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt insoweit nicht (vgl. BGH, U.v. 28.6.1961 - 2 StR 154/61 - BGHSt 16, 164). Auch für die Behauptung, er sei mit den Worten am Gehen gehindert worden, „Sie bleiben solange hier, bis wir mit unseren Ermittlungen und Recherchen fertig sind, vorher verlassen Sie nicht den Raum !“, gibt es keine Anhaltspunkte; Herr B... hat, wie das auf Bitte des Beklagten bei der Vernehmung anwesende Betriebsratsmitglied N... mit seiner Unterschrift bestätigt hat, dem Beklagten sogar angeboten, ihn nach Hause zu bringen, falls es ihm nicht gut gehen sollte. Gleiches gilt für die angebliche Drohung mit einer Hausdurchsuchung.

Dass an seinen Fingern keine Fangstoffspuren gefunden wurden, erklärt sich damit, dass der Beklagte den Testbrief seinen Angaben zufolge mit einem Kugelschreiber zu öffnen versucht hat, und führt nicht zur Verneinung von dessen Täterschaft.

2. Als nur zu einem geringen Teil erwiesen sieht der Senat die dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 2. und 5. zur Last gelegten Vorfälle an.

2.1 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 2. vorgeworfen wird, die am 29. Januar 2010 bzw. am 19. September 2010 zuzustellenden Pakete mit den ID ... (W..., B..., ... N...) bzw. ... (J..., S...weg ..., ... N...) entgegen den Dienstvorschriften den Empfängern ohne Unterschrift ausgeliefert und vorsätzlich falsch in den Scanner eingegeben zu haben, die Empfänger nicht angetroffen und die Sendung deshalb in eine Packstation eingeliefert zu haben, ist lediglich erwiesen, dass der weitere Verbleib des Pakets mit der ID ... mangels Zustellungsnachweis‘ nicht mehr aufgeklärt werden konnte (EA Bl. 150 f.). Da nach den Angaben der Klägerin zwar keine Empfängererklärung vorliegt, jedoch auch kein Nachforschungsauftrag gestellt wurde, ist allerdings zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass der Beklagte die Sendung an den Empfänger ausgeliefert und dass dieser das Paket auch tatsächlich erhalten hat (VGA Bl. 9). Dagegen handelt es sich um eine nicht belegte Behauptung, dass der Beklagte das fragliche Paket entgegen den Dienstvorschriften erst nachträglich und ohne Unterschriftsleistung ausgeliefert hat.

Hinsichtlich des Pakets ID ... steht hingegen fest, dass Beklagte die Sendung am 19. September 2010 an den Empfänger ausgeliefert und dass dieser sie auch tatsächlich erhalten hat (EA Bl. 98). Ob dies entgegen den Dienstvorschriften ohne Unterschriftsleistung erfolgt ist, ist dagegen nicht nachgewiesen, so dass dies dem Beklagten nicht zur Last gelegt werden kann. Soweit der Empfänger der Klägerin telefonisch versichert haben will, das Paket erhalten, aber keine Unterschrift geleistet zu haben (EA Bl. 98), gibt es für diese Behauptung keinen hinreichenden Nachweis. Die hierfür vorgesehene Empfängererklärung wurde vom Empfänger nicht ausgefüllt an die Klägerin zurückgeschickt. Es erscheint dem Senat auch nicht sehr wahrscheinlich, dass sich der Empfänger nach mehr als drei Monaten noch daran erinnern kann, ob er das Paket gegen oder ohne Unterschriftsleistung bekommen hat. Der Beklagte hat bestritten, das Paket ohne Unterschriftsleistung ausgehändigt zu haben, so dass mangels hinreichenden Nachweis‘ nicht zu seinen Lasten davon ausgegangen werden kann, dass er die Sendung ohne Unterschriftsleistung ausgeliefert hat.

Auch ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte in beiden Fällen bewusst falsch im Scanner eingegeben hat, die Empfänger nicht angetroffen und die Sendung in eine Packstation eingeliefert zu haben (Kennung 38 „grün, benachrichtigt in Packstation“). Zwar findet sich die Eingabe „Empfänger nicht angetroffen, Sendung in Packstation eingeliefert“ im jeweiligen Sendungsstatus (EA Bl. 75 und 100). Es kann nach der unwiderlegten Einlassung des Beklagten aber nicht ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei um eine Fehlfunktion des Scanners handelt.

Zwar hat die Klägerin dargelegt, dass die Kennung 38 allein für den Fall vorgesehen ist, dass das Paket in eine Packstation gebracht wird und der Empfänger es aufgrund der Benachrichtigung abholt, es im Bereich des Beklagten jedoch keine Packstation gibt und dieser hierfür keine Berechtigung besitzt und ihm keine Karte zum Öffnen einer Packstation überlassen wurde. Auch fällt auf, dass gehäuft derartige Eingaben durch den Beklagten festgestellt wurden (EA Bl. 39 ff., 50 ff.), ohne dass er - wozu er verpflichtet gewesen wäre - eine Störung seines Scanners gemeldet und die ordnungsgemäße Zustellung der Sendungen in die Handliste eingetragen hätte (EA Bl. 193). Jedoch können insoweit technische Probleme, die zu Fehleingaben führen, nicht ausgeschlossen werden. So hat das vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Betriebsratsmitglied R..., dessen Aussage der Senat seiner Entscheidung ohne erneute Beweisaufnahme zugrunde legen kann (§ 65 Abs. 4 BDG), nachvollziehbar bekundet, die seit Jahren bekannten Probleme mit den Scannern, die sehr störanfällig seien, da sie der heutigen Datenflut und den neuen Programmen nicht gewachsen seien, würden dazu führen, dass diese häufig abstürzen und Daten teilweise völlig verschwinden würden, ohne dass die Klägerin dem entgegen getreten ist. Auch hat die Klägerin selbst mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2010 erklärt, ein technisches Problem (scil. mit dem Scanner) bei der Zustellung dieser Sendung könne nicht ausgeschlossen werden (VGA Bl. 43 f.). Gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die fraglichen Eingaben bewusst falsch durch den Beklagten erfolgten, da nicht auszuschließen ist, dass sie auf einer (unbemerkten) Fehlfunktion beruhen.

Hinzu kommt, dass es für den Beklagten auch keinen Grund für die Eingabe einer falschen Kennung 38 gab, wenn - was jedenfalls im Fall des Pakets mit der ID ... (J...) unbestritten ist - die Sendung dem Empfänger am gleichen Tag direkt zugestellt wurde.

2.2 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 5. vorgeworfen wird, sich am 2. November 2010 unberechtigt im Briefzentrum N... aufgehalten und dort die Knöpfe für eine Stoffeingabe an der neuen Briefverteilmaschine betätigt zu haben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Netz war, um diese dadurch in Gang zu setzen, wodurch ein Schaden hätte entstehen können, steht zur Überzeugung des Senats lediglich fest, dass sich der Beklagte am 2. November 2010 gegen 20:00 Uhr ohne dienstliche Veranlassung und entgegen den Dienstvorschriften in der Nähe der Briefverteilmaschine aufgehalten hat. Dies steht aufgrund der glaubhaften Angaben von Herrn K... fest, der den Beklagten dort um diese Zeit gesehen hat (EA Bl. 134), obwohl der Beklagte dienstlich nichts mit der maschinellen Verteilung von Briefen zu tun hat und er sich deshalb dort weder aufhalten durfte noch musste. Dass er sich dort unberechtigt aufgehalten hat, um den Weg zum Zustellstützpunkt abzukürzen, wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt (EA Bl. 189).

Demgegenüber ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte bei dieser Gelegenheit auch die Knöpfe an einer Stoffeingabe gedrückt hat. Der Beklagte hat dies bestritten (EA Bl. 167, 189). Herr P... hat lediglich bestätigt, dass er beobachtet habe, wie der Beklagte an Bedienungsknöpfen herumgespielt habe, nicht jedoch auch, dass der Beklagte diese betätigt habe, um die Briefverteilmaschine in Gang zu setzen.

3. Als nicht erwiesen sieht der Senat die dem Beklagten in der Disziplinarklage unter 1., 6., 8. und 9. zur Last gelegten Vorfälle an:

3.1 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 1. a) vorgeworfen wird, seit 1. Januar 2010 „in einer Vielzahl von Fällen“ Pakete nicht taggleich zugestellt und vorsätzlich falsche Angaben in den Handscanner eingegeben zu haben, genügt dies schon nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Disziplinarklage.

Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG muss die Klageschrift u.a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen dabei aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 - 2 B 69/10 - juris Rn. 6).

Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Nur eine inhaltlich bestimmte Klageschrift ermöglicht dem beklagten Beamten auch eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe. Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nämlich nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.2010 - 2 A 4/09 - juris Rn. 147). Aus diesem Grund muss aus der Klageschrift unmissverständlich hervorgehen, welche Sachverhalte angeschuldigt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn bei verständiger Lektüre aus der Klageschrift eindeutig hervorgeht, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 - 2 B 69/10 - juris Rn. 6).

Punkt 1. a) der Klageschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Weder sind Ort und Zeit der einzelnen Handlungen konkret angegeben noch die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben. Zwar bedürfen die den Gegenstand einer Disziplinarklage bildenden Vorgänge keiner tagesgenauen Fixierung. Die bloße Nennung eines Anfangsdatums mit der Angabe, der Beklagte habe in vielen Fällen Sendungen nicht den dienstlichen Vorschriften entsprechend zugestellt sowie mit der Kennung 38 in seinen Handscanner eingegeben, lässt aber offen, wie oft es genau zu solchen Handlungen gekommen sein soll. An keiner Stelle der Klageschrift findet sich eine nähere Präzisierung der zeitlichen und sonstigen Umstände.

Zur Konkretisierung der Klageschrift kann die Klägerin nicht auf die Ermittlungsakten verweisen, in denen im Einzelnen aufgeführt ist, welches Verhalten der Dienstherr dem Beklagten als Dienstvergehen zur Last legt (vgl. EA Bl. 37-45 und 54-74). Dadurch werden die Aufgaben des behördlichen Verfahrens und der Klageschrift vernachlässigt. Im behördlichen Verfahren hat der Dienstherr zu ermitteln, welche Vorwürfe sich voraussichtlich erweisen lassen werden. Zudem darf der Dienstherr aus den voraussichtlich beweisbaren Vorwürfen auch nur tatsächliche Dienstpflichtverletzungen und nicht jedes missliebige Verhalten zum Gegenstand der Disziplinarklage machen (Begrenzungsfunktion der Disziplinarklageschrift, vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 - 2 B 69/10 - juris Rn. 8).

Darüber hinaus ist auch nicht nachgewiesen, dass der Beklagte Pakete entgegen den Dienstvorschriften nicht taggleich, sondern erst am nächsten Tag oder auch erst mehrere Tage später zugestellt und zur Verdeckung seiner Handlungen bewusst falsch in den Scanner eingegeben hat, die jeweiligen Sendungen in eine Packstation eingeliefert zu haben (Kennung 38 „grün, benachrichtigt in Packstation“), um den Eindruck zu erwecken, als hätte er die Sendungen jeweils an dem Tag, an dem diese zur Zustellung vorlagen, in eine Packstation eingelegt und dementsprechend den Empfänger benachrichtigt.

Zwar konnte der Beklagte keine Sendungen in eine Packstation einlegen, da eine solche in seinem Zustellbezirk nicht vorhanden war und er hierfür keine Berechtigung hatte. Auch hat der Beklagte häufig zunächst mit der Kennung 38 verbuchte Pakete am nächsten Tag bzw. einige Tage später mit einer anderen Kennung (Zustellung oder Benachrichtigung) erneut verbucht. Hieraus kann jedoch nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass ihm die Pakete bereits am Vortag bzw. noch früher vorgelegen haben und er seiner Dienstpflicht, Pakete taggleich zuzustellen, nicht nachgekommen ist. Auch diesbezüglich kann nach der unwiderlegten Einlassung des Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass es sich aufgrund der dargelegten Störanfälligkeit der Scanner bei der ersten Eingabe mit der Kennung 38 um eine Fehlfunktion handelt, so dass die erneute Eingabe nicht zwangsläufig die verspätete Zustellung belegt (vgl. dazu oben II.2.2). Die verspätete Zustellung kann zudem auch andere Ursachen haben. So kann es nach Angaben der Klägerin vorkommen, dass der Zusteller ein Paket aufgrund falscher Sortierung versehentlich überfährt, wobei von ihm nicht erwartet wird, dass er das Paket noch am selben Tag zustellt.

Der Beklagte hat den Vorwurf, Pakete nicht taggleich zugestellt und deshalb falsche Eingaben im Handscanner getätigt zu haben, zudem substantiiert bestritten und im Einzelnen - neben der Fehlfunktion des Scanners - auch dargelegt, wie es zu den Buchungen gekommen sein kann (EA Bl. 166 f, VGA Bl. 36-40), was ihm nicht widerlegt werden konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten aufgrund des Zeitablaufs und angesichts der Vielzahl der damaligen Zustellungen nicht mehr jede Einzelheit erinnerlich war. Deshalb kann auch die Äußerung, die beanstandeten Sendungen seien nicht alle zurückgestellt worden (EA Bl. 166), nicht so interpretiert werden, als ob der Beklagte damit eingeräumt hätte, die übrigen Sendungen - offen bleibt, welche - von der Zustellung zurückgestellt zu haben.

3.2 Soweit die Klägerin meint (Punkt 1. b) aa) der Disziplinarklage), dass es nicht möglich sei, dass der Beklagte das Paket ID ... am 2. September 2010 zweimal (um 10:45 Uhr und erneut um 11:07 Uhr) an denselben Empfänger gegen Unterschrift zugestellt haben kann, ist nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte - etwa wegen Zweifeln an der Identität des Empfängers - sich die Auslieferung nach 22 Minuten noch einmal hat bestätigen lassen. Die Unterschiede der Unterschriften können sich auch daraus ergeben, dass der Beklagte einmal den Empfänger und einmal einen Angehörigen angetroffen hat.

3.3 Soweit die Klägerin behauptet (Punkt 1. b) bb) der Disziplinarklage), dass der Beklagte ein - schon nicht näher bestimmtes - Paket am 21. Juli 2010 um 10:43 Uhr als an den Empfänger zugestellt im Scanner eingegeben und am 23. Juli 2010 um 09:16 Uhr als verweigert eingescannt und an den Absender zurückgesandt habe, weil er es ohne Zustellversuch zurückgesandt habe, ist nicht auszuschließen, dass er dieses Paket als Retourenpaket zurückgenommen hat, mag dies auch nicht mehr zulässig gewesen sein (EA Bl. 194). Gegen die Rücknahme spricht auch nicht, dass er das Paket am 23. Juli 2010 um 08:59 Uhr als Zugang gescannt hat, weil dies irrtümlich geschehen sein kann. Dafür, dass der Beklagte die Unterschrift des Empfängers geleistet hat, gibt es keinen Nachweis.

3.4 Soweit die Klägerin dem Beklagten vorwirft (Punkt 1. b) cc) der Disziplinarklage), dass bei der Überprüfung seines Arbeitsplatzes am 19. und 26. September sowie am 27. Oktober 2010 „mehrere Sendungen“ aufgefunden worden seien, die von ihm nicht taggleich, sondern erst am Folgetag zugestellt worden seien, fehlt es wiederum an der erforderlichen Konkretisierung des Vorwurfs. Wenn sie sich darauf beruft, dass der Beklagte die Pakete bereits am Tag vor der Zustellung mit der Kennung 38 gescannt habe, ist auch insoweit eine Fehlfunktion nicht auszuschließen.

3.5 Soweit die Klägerin dem Beklagten hinsichtlich des Pakets ID ... eine unberechtigte Zurückstellung von der Zustellung zur Last legt (Punkt 1. b) dd) der Disziplinarklage), weil es laut Scanner am 29. und am 30. September 2010 an den Empfänger ausgeliefert worden sein soll, ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass es sich um Fehlbuchungen handelt. Der Beklagte hat diesen Vorwurf auch nicht zugegeben, sondern nur erklärt, dass die Sendung wohl durch Ablage zugestellt wurde (EA Bl. 167).

3.6 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 6. vorgeworfen wird, am 16. November 2010 ohne Berechtigung einen Zettel mit dem Hinweis „unbedingt noch heute zustellen“ verfasst und mit dem Vornamen des Qualitätsmanagers K... unterschrieben und so dessen Unterschrift gefälscht (EA Bl. 126) und den Zettel anschließend auf zwei Pakete am Zustelltisch der Zustellerin J...-... gelegt zu haben (EA Bl. 118), um dieser unberechtigt Anweisungen erteilen zu können, ist dieser Sachverhalt nicht nachgewiesen. Auch wenn Herr A... glaubhaft erklärt hat, dass der fragliche Zettel nicht von ihm stammt (EA Bl. 156), folgt daraus nicht, dass dieser vom Beklagten stammt. Er bestreitet, ihn geschrieben und auf den Platz der Zustellerin R... gelegt zu haben (EA Bl. 168, 189, VGA Bl. 41). Der Gutachter, dem weder der Zettel im Original noch Originalschriftproben des Beklagten, sondern lediglich eine Telefax-Kopie des Zettels (EA Bl. 126) und Kopien von Vergleichsschriften aus einem bereits vorhandenen Gutachten vom 31. März 2010 (EA Bl. 127, 127 (1) und 128) vorlagen, kommt unter Berücksichtigung der vorhandenen Materialschwächen der Reproduktionen zu dem Ergebnis, dass sich einige Ähnlichkeiten der Schrift mit dem Vergleichsmaterial ergäben, so dass der Zettel wahrscheinlich vom Beklagten stamme. Dies genügt ersichtlich jedoch nicht, um aufgrund des bloßen Verdachts, der Zettel könne durch den Beklagten angefertigt worden sein, den Sachverhalt als nachgewiesen anzusehen.

3.7 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 8. vorgeworfen wird, vorsätzlich insgesamt 61 Postwurfsendungen an sämtliche Haushalte (Abfallkalender der Stadt N...), die am 16. Dezember 2010 eingeliefert wurden sowie am 18. Dezember 2010 zuzustellen waren, unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben, genügt dieser Pauschalvorwurf nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Disziplinarklage. Im Übrigen ist dieser Sachverhalt nicht nachgewiesen.

Es steht lediglich fest, dass am 16. Dezember 2010 von der Stadtverwaltung N... Postwurfsendungen an sämtliche Haushalte (Abfallkalender der Stadt N...) beim Zustellstützpunkt N... eingeliefert wurden, die am 18. Dezember 2010 hätten ausgeliefert werden sollen (EA Bl. 178 f.), dass sich Anwohner zweier zum Zustellbezirk des Beklagten gehörenden Straßen (K...weg und A...str. N...) bei der Stadtverwaltung darüber beschwert haben, keine Abfallkalender erhalten zu haben (EA Bl. 174), und dass am 24. Januar 2011 in Dienstfahrzeug des Beklagten 61 solche Postwurfsendungen gefunden wurden (EA Bl. 173, 179).

Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass 61 Haushalte vom Beklagten nicht mit den Postwurfsendungen beliefert worden sind und er diese vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt hat. Nach der unwiderlegten, im Wesentlichen auch von der Klägerin bestätigten (EA Bl. 194, VGA Bl. 14) Einlassung des Beklagten (EA Bl. 186, VGA Bl. 42, Erklärung in der mündlichen Verhandlung am 19. März 2013) hat dieser am 18. Dezember 2010 festgestellt, dass in seinem Zustellbezirk 42 nicht genügend Postwurfsendungen für alle Haushalte vorlagen. Da im Zustellbezirk 41 überzählige Exemplare vorhanden waren, wurden ihm diese auf seine Anfrage hin übergeben; eine (formelle) Nachbestellung bei der Stadtverwaltung N... bzw. bei der Postverwaltung war aus diesem Grund weder erforderlich noch ist dies vom Beklagten so behauptet worden. Auch die Beschwerden der Anwohner bestätigen, dass zunächst nicht alle Haushalte einen Abfallkalender erhalten hatten. Die noch fehlenden Abfallkalender hat der Beklagte seinen insoweit glaubhaften Angaben nach anschließend an die Haushalte verteilt.

Entgegen der unbegründeten Annahme des Verwaltungsgerichts lässt der Fund von 61 Abfallkalendern der Stadt N... im Dienst-Kfz des Beklagten am 24. Januar 2010 auch nicht zwingend den Schluss zu, dass der Beklagte diese jedenfalls im Januar 2011 hätte verteilen müssen. Der Beklagte hat nach unwiderlegten Angaben nach dem Erhalt der weiteren Postwurfsendungen noch fehlende Kalender an die Haushalte ausgeliefert und überzählige Exemplare nach Rücksprache mit seiner Gruppenleiterin in seinem Fahrzeug aufbewahrt (EA Bl. 186).

Wenn die Klägerin demgegenüber davon ausgeht, dass der Beklagte (wenn nicht 61, so doch) jedenfalls eine Vielzahl von Postwurfsendungen nicht zugestellt hat, fehlt es schon an einem Nachweis dafür, wie viele Abfallkalender er (überhaupt bzw. noch) hätte zustellen müssen. Aus der Tatsache, dass (zunächst) nicht überall Abfallkalender zugestellt worden sind und sich teilweise Anwohner aus dem Zustellbezirk des Beklagten darüber beschwert haben, dass sie keine Abfallkalender bekommen haben, kann nicht auf die Zahl der (endgültig) nicht belieferten Haushalte und damit auf die Anzahl der angeblich vom Beklagten zurückgestellten Sendungen geschlossen werden. Bei der Überlegung der Klägerin, selbst wenn man insoweit einen Abschlag in Höhe von 20% machen wolle, verbleibe es bei einer Vielzahl von Postwurfsendungen, die vom Beklagten nicht zugestellt worden seien, handelt es sich um eine unbelegte Spekulation, nicht um einen bestimmten Vorwurf.

3.8 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 9. vorgeworfen wird, am 10. Januar 2011 das für seinen Zustellbezirk vorliegende Paket der Firma Ad...com G...-...-Str. ..., ... F... mit der ID ... unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben, ist dieser Sachverhalt ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Beklagte hat bestritten, das Paket, das am 10. Januar 2010 um 01:57 Uhr beim Zustell-Paketzentrum eingegangen ist, selbst erst am 12. Januar 2010 um 01:23 Uhr im Zustellstützpunkt beladen und als benachrichtigt gescannt zu haben, da er um diese Zeit nicht arbeitet (EA Bl. 186), ohne dass die Klägerin diese - nachvollziehbare - Einlassung widerlegt hätte. Auch durch die aufgezeichneten Laufwege (EA Bl. 175 f.) ist nicht mit Sicherheit erwiesen, dass sich der Beklagte entgegen seinen üblichen Arbeitszeiten bereits gegen 01:23 Uhr an seinem Arbeitsplatz aufgehalten hat. Insoweit liegt eine Fehlbuchung nahe.

4. Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 3. vorgeworfen wird, am 22. Oktober 2010 die Postkundin C..., H... Str. ..., ... N... (sinngemäß) gefragt zu haben, ob ihr Mann auch so gut wie ihr Hund gehorche (EA Bl. 97), und sich dadurch ungebührlich verhalten zu haben, ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte eine solche Äußerung gemacht hat. Der Beklagte hat bestritten, sich gegenüber der Kundin ungehörig verhalten zu haben (EA Bl. 167, VGA Bl. 40). Selbst wenn man aber von einem Verstoß gegen das Gebot, sich gegenüber Kunden stets höflich und korrekt zu benehmen, ausgeht, handelt es sich dabei nur um eine Bagatellverfehlung unterhalb der Schwelle eines Dienstvergehens, mit der auch die Grenze zur Ehrenrührigkeit nicht überschritten wurde. Die Anforderungen an das Verhalten im Dienst dürfen nicht überspannt werden. Eine disziplinarwürdige Dienstpflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn gegen eine bestehende Dienstpflicht in nicht nur völlig unerheblicher Weise verstoßen wird. Die Pflichtwidrigkeit muss ein Minimum an Gewicht und Evidenz aufweisen, was hier offensichtlich nicht der Fall ist (vgl. BVerfG, B.v. 22.5.1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 juris Rn. 45).

III.

Durch die nach den Feststellungen unter II. vorwerfbaren, von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Pflichtverletzungen hat der Beklagte ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen, durch das er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

1. Durch das vorsätzliche unberechtigte teilweise Öffnen des Testbriefs, um sich von dessen Inhalt Kenntnis zu verschaffen, hat der Beklagte gegen das durch Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistete, in § 206 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbewehrte und nach § 39 Abs. 3 Satz 1 PostG von ihm zu beachtende Postgeheimnis verstoßen (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34). Das Postgeheimnis schützt umfassend die Vertraulichkeit aller durch Einrichtungen der Post abzuwickelnden Transport- und Kommunikationsvorgänge, insbesondere den Inhalt von Briefen, Paketen und Warensendungen jeglicher Art. Nach § 39 Abs. 3 Satz 1 PostG ist es Postbediensteten ohne Einschränkung untersagt, sich oder anderen über das für die Erbringung der Postdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt von Postsendungen oder den näheren Umständen des Postverkehrs zu verschaffen. Durch sein Verhalten hat der Beklagte seine beamtenrechtlichen Pflichten, die Gesetze zu beachten sowie das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG), verletzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1998 - 1 D 88/97 - juris Rn. 10-12).

2. Durch die vorsätzliche und eigenmächtige Zurückstellung des Pakets mit der ID ... sowie des Testbriefs hat der Beklagte gegen die Zustellvorschriften, wonach Postsendungen aller Art, insbesondere Briefe und Pakete, zeitgerecht und zuverlässig, grundsätzlich taggleich, zuzustellen sind, verstoßen. Dadurch hat er seine beamtenrechtlichen Pflichten zur vollen Hingabe an sein Amt und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 und 3 BBG) sowie zur Beachtung dienstlicher Vorschriften (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG i.V.m. den einschlägigen Zustellvorschriften) verletzt (vgl. BVerwG, U.v. 7.2.2001 - 1 D 59/99 - juris Rn. 32). Da der Beklagte die Sendungen lediglich zeitweilig nicht zugestellt hat, sie jedoch nicht endgültig dem Postverkehr entziehen wollte, liegt in seinem Verhalten keine nach § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB strafbewehrte Postunterdrückung (vgl. BVerwG, U.v. 20.4.1999 - 1 D 44/97 - juris Rn. 33).

3. Durch das Zustellen des Pakets ID ... ohne Zustellungsnachweis, so dass dessen weiterer Verbleib nicht aufgeklärt werden konnte, ohne dass es insoweit zu einer Reklamation gekommen wäre, sowie den unberechtigten Aufenthalt bei der Briefverteilmaschine im Briefzentrum N... hat der Beklagte gegen seine beamtenrechtlichen Pflicht zur Beachtung dienstlicher Vorschriften (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG i.V.m. den einschlägigen Dienstvorschriften) verstoßen.

IV.

Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer und führt bei einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände zu einer Kürzung der Dienstbezüge des Beklagten um 1/25 für die Dauer von 36 Monaten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BDG). Die an sich angemessene und gebotene Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um eine Stufe (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BDG) ist aus Rechtsgründen nicht möglich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11). Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung liegt in der Verletzung des Postgeheimnisses durch das unberechtigte teilweise Öffnen des - verschlossenen - Testbriefs.

Die Verletzung des Postgeheimnisses stellt als solche bereits ein schweres Dienstvergehen dar, da von einem Postbeamten erwartet werden muss, dass er dieses grundrechtlich (Art. 10 Abs. 1 GG) und einfachrechtlich (§ 39 PostG, § 206 StGB) geschützte Rechtsgut achtet und mit besonderer Sorgfalt respektiert; auf den Inhalt der geöffneten Briefsendungen kommt es in diesem Zusammenhang weniger an (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34). Die vertrauliche Behandlung von (verschlossenen oder unverschlossenen, vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1998 - 1 D 88/97 - juris Rn. 10) Postsendungen gehört zu den unabdingbaren Voraussetzungen eines ordnungsgemäß ablaufenden Postbetriebs (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1997 - 1 D 7/97 - juris Rn. 18; B.v. 26.5.1998 - 1 DB 28/97 - juris Rn. 11).

In der schuldhaften Verletzung des Postgeheimnisses durch Postbedienstete liegt deshalb - unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung des Vorgangs - ein Dienstvergehen, das jedenfalls dann geeignet ist, die Grundlage des Beamtenverhältnisses zu zerstören, wenn das Postgeheimnis mit dem Ziel verletzt wird, dadurch Zugang zu aneignungsfähigem Inhalt von Postsendungen zu gewinnen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1997 - 1 D 7/97 - juris Rn. 18; U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34).

Im Übrigen liegt der Rechtsprechung die Tendenz zugrunde, die Verletzung des Postgeheimnisses schärfer zu maßregeln, wenn - z.B. durch Öffnung gewöhnlicher Briefsendungen - bewusst in die Intim- oder Privatsphäre der Postkunden eingegriffen wird, erlangte Kenntnisse an postfremde Personen weitergegeben werden oder der Inhalt der Sendungen nach dem Betrachten vernichtet wird. Dabei kommt die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme in Betracht, die von einer Zurückstufung bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1997 - 1 D 7/97 - juris Rn. 20). In den Fällen, in denen es lediglich beim Betrachten des Sendungsinhalts bleibt und dieser aus allgemein zugänglichen Gegenständen wie Büchern, Magazinen oder ähnlichem besteht, kann es zu einer milderen Bewertung der Verletzung des Postgeheimnisses kommen. Die Rechtsprechung hat in diesen Fällen der Öffnung von Postsendungen, insbesondere von Warensendungen, aus Neugier grundsätzlich eine Kürzung der Dienstbezüge als angemessen angesehen (BVerwG a.a.O.). Dabei kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an.

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung im vorliegenden Fall eine Kürzung der Dienstbezüge nach § 8 BDG, da der Beklagte sich lediglich in einem Fall aus Angst und Neugier dazu hat hinreißen lassen, den Testbrief ca. 4 cm zu öffnen, bevor er freiwillig wieder hiervon abgelassen hat, ohne vom Inhalt Kenntnis zu erlangen.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Absender und den Empfänger des Briefes gelesen hatte und außerdem wusste, dass der als Absender genannte Mitarbeiter der Konzernsicherheit bereits im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Zurückstellung eines Pakets an den Empfänger gegen ihn ermittelte. Der Beklagte hat den Testbrief nach eigenen Angaben aus Angst vor negativen Konsequenzen zurückgestellt, so dass davon auszugehen ist, dass er aus diesem Grund sowie aus Neugier und damit jedenfalls materiell nicht eigennützig auch versucht hat, den Brief zu öffnen, um zu erfahren, was ihm ggf. droht.

Dabei handelte der Beklagte zudem in einer der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat zumindest vergleichbaren Stresssituation. Auch die Annahme einer psychischen Ausnahmesituation, die zu einer Fehlhandlung geführt hat, liegt insoweit nahe. Hierfür spricht, dass der Beklagte einmalig aus einem Impuls heraus versucht hat, den Brief zu öffnen, nachdem er Absender und Empfänger erkannt hatte und befürchtete, dass das Schreiben negative Folgen für ihn haben könnte. Zwar hat er den Brief bei Ausübung seiner Tätigkeit beim täglichen Umgang mit Postsendungen geöffnet. Doch handelte es sich aufgrund der Umstände um eine Ausnahmesituation.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Beklagte lediglich damit angefangen hat, den Brief zu öffnen, sich dann jedoch besonnen und freiwillig wieder damit aufgehört hat, ohne vom Inhalt des Briefs Kenntnis erlangt zu haben. Zwar kommt es für die im Disziplinarrecht im Vordergrund stehende Persönlichkeitsbeurteilung des Beamten entscheidend auf den gezeigten Handlungswillen und nicht auf den Erfolg an; eine § 24 StGB (Rücktritt vom Versuch) vergleichbare Vorschrift gibt es im Disziplinarrecht nicht. Dass der Erfolg nicht (vollständig) eingetreten ist, kann allerdings dann von Bedeutung sein, wenn der Nichteintritt bzw. - wie hier - lediglich teilweise Eintritt des Erfolgs auf dem zurechenbaren Verhalten des Beamten beruht, der durch freiwilliges Ablassen von der Tat vor drohender Entdeckung zeigt, dass er tätig hiervon abrückt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1998 - 1 D 88/97 - juris Rn. 12).

3. Erschwerend wirken sich vorliegend allerdings die erheblichen disziplinarischen Vorbelastungen des Beklagten aus, so dass eine Zurückstufung um eine Stufe gemäß § 9 BDG als angemessen und erforderlich zu erachten ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bemessung einer Disziplinarmaßnahme ist anerkannt, dass zum Persönlichkeitsbild des Beamten i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen gehören, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, und dass diese Verfehlungen bei der Würdigung sämtlicher Umstände belastend zu berücksichtigen sind. Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der Beamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung dienen lassen, so dass eine stufenweise Steigerung der Disziplinarmaßnahme geboten ist. Das Gewicht der Vorbelastung im Einzelfall, die als erschwerender Umstand auch zur Höchstmaßnahme führen kann, hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2001 – 1 D 2/01 - juris Rn. 31; B.v. 18.6.2014 - 2 B 9/14 - juris Rn. 10).

Die erheblichen Vorbelastungen des Beklagten zwischen 2004 und 2010 belegen eindringlich, dass die vorangegangenen Disziplinarmaßnahmen und selbst die Einleitung des erneuten Disziplinarverfahrens am 8. Dezember 2010 beim Beklagten nicht zu der erhofften Pflichterfüllung geführt haben. Die Vorbelastungen sind darüber hinaus auch einschlägig, weil die dreimalige, jeweils gesteigerte Kürzung der Dienstbezüge sowie die Zurückstufung in das Amt eines Postoberschaffners (BesGr A 3) durch das Urteil des Verwaltungsgerichts S... vom 14. Juli 2010 wegen Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zustellung und sonstigen Behandlung von Postsendungen verhängt wurden. Einer Verwertung der früheren disziplinarischen Ahndungen steht auch nicht § 16 Abs. 1 BDG entgegen, weil der Eintritt des Verwertungsverbots jeweils innerhalb noch offener Frist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BDG durch Einleitung eines erneuten Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten gehemmt wurde.

Hinzu kommen die weiteren vom Beklagten begangenen Dienstpflichtverletzungen. Den Beamten belastet hier zusätzlich insbesondere die über die Verletzung des Postgeheimnisses hinausgehende eigenmächtige Zurückstellung des Testbriefs und eines Pakets (vgl. BVerwG, U.v. 7.2.2001 - 1 D 59/99 - juris Rn. 44).

4. Demgegenüber liegen weder für sich allein genommen noch in der erforderlichen Gesamtschau Milderungsgründe von solchem Gewicht vor, dass der Senat von einer Zurückstufung absehen könnte.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Dienstpflichtverletzungen im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) bzw. der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat, bestehen nicht. Zwar hat der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 20. April 2012 erhebliche Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beklagten sowie daran geäußert, ob der Beklagte im Zeitpunkt der Vorfälle psychisch sowie physisch in der Lage gewesen sei, seinen Dienst ordnungsgemäß auszuüben und ob er die Taten vorsätzlich und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte begangen habe. Es gibt jedoch - unabhängig davon, dass der Betriebsrat nicht über die erforderliche eigene medizinische Sachkunde verfügt - keine substantiierten Hinweise darauf, dass der Beklagte deshalb im Tatzeitpunkt schuldunfähig bzw. nur vermindert schuldfähig gewesen wäre. So finden sich in den vorgelegten Personalakten keine Hinweise auf einschlägige Vorerkrankungen. Der Beklagte wurde 2002 u.a. aufgrund von Problemen mit den Augen und Schwindel arbeitsmedizinisch untersucht, ohne dass einschlägige Erkrankungen festgestellt werden konnten (siehe Postärztlicher Befund vom 25. September 2002; Augenärztlicher Befund vom 13. August 2002). Eine 2008 durchgeführte arbeitsmedizinische Untersuchung ergab ebenfalls keine gesundheitlichen Bedenken hinsichtlich der Eignung des Beklagten für seinen bisherigen Dienstposten. Der Beklagte hat zwar versucht, sein Verhalten damit zu erklären, nervlich „total überlastet gewesen zu sein (EA Bl. 145 f.). Auch insoweit fehlt es aber an der substantiierten Darlegung einer einschlägigen psychischen Erkrankung z.B. durch Vorlage eines ärztlichen Attests. Die wiederholt nicht ordnungsgemäße Diensterfüllung durch den Beklagten spricht auch nicht per se für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung bzw. für eine mangelnde Krankheitseinsicht.

Einen auf Feststellung der Schuldunfähigkeit bzw. der verminderten Schuldfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung im Tatzeitpunkt gerichteten Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung weder vor dem Verwaltungsgericht noch vor dem Berufungsgericht gestellt. Vor diesem Hintergrund musste sich dem Senat auch nicht aufdrängen, der Frage der Schuldfähigkeit von Amts wegen weiter nachzugehen (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2014 - 2 B 75/14 - juris Rn. 12 ff.).

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass er gesundheitsbedingt nicht dazu in der Lage gewesen sei, seine Dienstaufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen, lässt sich eine gewisse Überforderung des Beklagten zwar nicht übersehen. So hat der Vorgesetzte des Beklagten in seiner Stellungnahme zu Führung und Leistung des Beklagten vom 4. November 2010 nicht nur darauf hingewiesen, dass dessen Arbeitsergebnisse hinsichtlich Qualität und Sorgfalt sehr zu wünschen übrig ließen. Er hat auch darauf aufmerksam gemacht, dass ihm die zur Verfügung stehende Arbeitszeit aufgrund seines Arbeitstempos für die Erfüllung seiner Dienstaufgaben nicht ausreiche. Trotzdem wäre es in erster Linie am Beklagten gelegen, seinen Dienstherrn über etwaige gesundheitliche Probleme zu unterrichten, die ihn ggf. an der ordnungsgemäßen Erfüllung der Dienstaufgaben gehindert haben könnten. Der Beklagte kann auch unter Berufung auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 78 BBG) nicht verlangen, dass dieser - über die durchgeführten arbeitsmedizinischen Untersuchungen des Beklagten hinaus - von sich aus ohne Kenntnis von möglichen Erkrankungen, die die Dienstfähigkeit einschränken können, eine erneute postärztliche Untersuchung des Beklagten durchführt. Wenn sich der Beklagte hierzu darauf beruft, dass er den Dienstherrn schriftlich um eine postärztliche Untersuchung gebeten habe, befindet sich das von ihm erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte undatierte und nicht unterschriebene Schreiben nicht in den Akten, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass es die Klägerin erreicht hat. Auch bestehen erhebliche Zweifel daran, dass dieses Schreiben vom Beklagten selbst verfasst und abgeschickt wurde.

Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht vor, dass von einer Zurückstufung abzusehen wäre. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinen Vorgesetzten und Kollegen. Darüber hinaus befand sich er sich aufgrund der früheren Disziplinarverfahren auch in einer schwierigen beruflichen und persönlichen Situation. Überdies ist er strafrechtlich nicht vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren ein insgesamt durchschnittliches Leistungsbild. Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch nicht zur Verhängung einer insgesamt milderen Disziplinarmaßnahme.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände wäre nach Überzeugung des Senats deshalb die Zurückstufung des Beklagten nach § 9 BDG um eine Stufe angemessen, aber auch geboten.

Diese Maßnahme ist jedoch aus laufbahnrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Der Beklagte befindet sich wegen der Zurückstufung mit Urteil des Verwaltungsgerichts S... vom 14. Juli 2010 bereits im Eingangsamt des einfachen Postdienstes (Postoberschaffner, BesGr A 3). Es kommt deshalb lediglich eine Kürzung der Dienstbezüge nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2006 - 1 D 13/05 - juris Rn. 31), wobei die Schwere des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens bei der Bemessung der Dauer der Kürzung der Dienstbezüge die volle Ausschöpfung des gesetzlichen Rahmens erfordert (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1999 - 1 D 31/98 - juris Rn. 28). Die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge wird durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt. Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens, die nach vorstehenden Ausführungen in einer Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände eigentlich zu einer Zurückstufung um eine Stufe geführt hätte, hält es der Senat für angemessen und erforderlich, gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG eine Dauer der Gehaltskürzung unter Ausschöpfung des gesetzlichen Höchstrahmens von 36 Monaten auszusprechen. Für die Festlegung des Kürzungsbruchteils sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten maßgebend. Bei Beamten des einfachen Dienstes wird die Quote regelmäßig auf 1/25 festgesetzt (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2001 - 1 D 29/00 - juris Rn. 21).

V.

Der Berufung des Beklagten war nach alldem insoweit stattzugeben, als der Beklagte hilfsweise eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis beantragt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin ist teilweise unterlegen, weil sie das mit der Disziplinarklage verfolgte Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, nicht erreicht hat. Da der Beklagte primär die Zurückweisung der Disziplinarklage angestrebt hat, stellt die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme durch den Senat einen bloßen Teilerfolg dar. Dementsprechend haben die Klägerin und der Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte zu tragen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i.V.m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.