Hessisches LAG, Urteil vom 21.08.2014 - 5 Sa 98/14
Fundstelle
openJur 2015, 9772
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 2013 – 3 Ca 1322/13 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Entschädigung wegen einer Altersdiskriminierung anlässlich eines Stellenbesetzungsverfahrens.

Die Beklagten zu 1) und 2) waren Partner der Partnerschaftsgesellschaft „A Partnerschaftsgesellschaft, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer“. Im Jahr 2011 bestand sie aus 11 Partnern und 10 angestellten Rechtsanwälten/innen. Die Partner waren im Wesentlichen für die Vertretung der Kanzlei nach außen, die Mandatsbetreuung, das Akquirieren neuer Mandate und die Pflege bestehender Mandatsverhältnisse verantwortlich. Die angestellten Rechtsanwälte/innen hatten grundsätzlich die Tätigkeit der Partner zu unterstützen. In den Anfangsjahren des Anstellungsverhältnisses übernahmen sie vor allem zuarbeitende Aufgaben und hatten in der Regel keinen Mandantenkontakt. Die Zuarbeit umfasste alles, was rechtlich und/oder tatsächlich komplex war und eine zeitaufwendige Bearbeitung erforderte. Die Art und Weise der Abarbeitung der Aufgaben wurde von den jeweiligen Partnern vorgegeben. Sie entschieden, wann, in welchem Umfang und in welchem Stil eine Aufgabe zu erledigen war. Im Laufe der Zeit sollte die Verantwortung ansteigen und die angestellten Rechtsanwälte/innen an die eigenständige Mandatsbetreuung herangeführt werden, bis zu einem späteren Zeitpunkt – etwa nach 6 Jahren – bei entsprechender Eignung über die Aufnahme in die Partnerschaft entschieden wurde. In der Zeitspanne von 2011 bis 2012 fand ein drastischer Rückgang der Mitarbeiter statt. Im Fachbereich Corporate M & A ergab sich ein Bedarf für die Anstellung eines Rechtsanwalts bzw. einer Rechtsanwältin. Er/sie hätte dem verantwortlichen Partner in diesem Bereich – dem Beklagten zu 2) – zuarbeiten sollen. Wegen des Tätigkeitsfeldes wird ergänzend auf den Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 30.08.2013 S. 23 – Bl. 123 d. A. – Bezug genommen.

In Heft 47 der NJW 2012 vom 15.11.2012 gab die A Partnerschaftsgesellschaft folgende Anzeige auf:

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Noch am gleichen Tag bewarb sich der am … geborene Kläger per E-Mail. Wegen des Inhalts der E-Mail wird auf Bl. 6 d. A. verwiesen. Der Kläger ist promovierter Volljurist und seit 1988 niedergelassener Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in C. Wegen der Zeugnisse sowie des Lebenslaufs im Einzelnen wird ergänzend auf Bl. 151 ff d. A. Bezug genommen. In der Folgezeit fanden Bewerbungsgespräche statt. Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhielt der Kläger nicht. Mit E-Mail vom 04.01.2013 machte er eine Sachstandsanfrage und mit Schreiben vom 24.01.2013 einen Verstoß gegen das AGG geltend und forderte unter Zugrundelegung eines Jahresgehalts in Höhe von 60.000,- Euro von der A Partnerschaftsgesellschaft eine Entschädigung von 10.000,00 Euro, Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 Euro sowie die Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 Euro. Am 04.02.2013 reagierte die A Partnerschaftsgesellschaft mit folgender E-Mail:

„Sehr geehrter Herr D,ich nehme Bezug auf Ihre Bewerbung und Ihr Schreiben vom 24.01.2013. Ich bedanke mich herzlich für Ihr Interesse an unserer Sozietät und Ihrer Bereitschaft, unser Team u verstärken und sich bei uns vorzustellen.Leider darf ich Sie informieren, dass Ihre Bewerbung ebenso wie sämtliche anderen Bewerbungen derzeit nicht weiter verfolgt werden kann, da wir aufgrund interner Diskussionen im Moment nicht in der Lage sind, Einstellungen vorzunehmen, weswegen auch das Führen von Vorstellungsgesprächen im Moment sinnlos ist.Sobald die internen Diskussionen geklärt sind, werden wir Ihre Bewerbung selbstverständlich ebenso wohlwollend prüfen und in Erwägung ziehen, wie sämtliche anderen eingegangenen Bewerbungen.Ich gehe davon aus, dass sich ihr Schreiben vom 24.01.2013 damit erledigt hat, und werde sehr gerne auf Sie zurückkommen, wenn wir den Bewerbungsprozess wieder aufnehmen.“

Nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 2) sowie des weiteren Partners – Rechtsanwalt E – am 18.02.2013 leitete der Beklagte zu 1) die Liquidation der Partnerschaftsgesellschaft ein. Am 25.03.2013 wurden im Partnerschaftsregister das Ausscheiden von Herrn Rechtsanwalt E sowie des Beklagten zu 2) eingetragen und das Erlöschen des Namens der Partnerschaftsgesellschaft vermerkt. Mit der gegen sie gerichteten, beim Arbeitsgericht am 22.02.2013 eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft sowie Entschädigung und Schadensersatz begehrt. Mit Schriftsatz vom 12.06.2013 hat er die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) erweitert und zuletzt die gesamtschuldnerische Verurteilung auf Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung nebst Zinsen beantragt. Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge, wird im Übrigen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils – Bl. 213 bis Bl. 218 d. A. – Bezug genommen.

In dem am 21.11.2013 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es – kurz zusammengefasst – Folgendes ausgeführt: Ein Entschädigungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu, da ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nicht vorliege. Der Kläger sei objektiv für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet. Aus seiner Bewerbung gehe nicht hervor, dass er über die zwingend erforderlichen guten Englischkenntnisse sowie die Berufserfahrung im Bereich Corporate Mergers und Akquisition verfüge. Ferner sei vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit als Einzelanwalt nicht ersichtlich, dass er die geforderte Teamfähigkeit besitze. Der Kläger habe ein Abiturzeugnis vorgelegt, in dem er Englisch mit der Note ausreichend bereits in der 12. Klasse des Gymnasiums abgeschlossen habe. Seinem Lebenslauf zufolge habe Englisch auf seinem Berufsweg keine derartige Rolle gespielt, dass von dem Erwerb guter Englischkenntnisse ausgegangen werden könne. Aus dem Lebenslauf des Klägers ergebe sich auch nicht, dass er die entsprechende Berufserfahrung im Bereich des Gesellschaftsrechts aufweise. Zudem seien mit den Anforderungen „Berufsanfänger“ bzw. „zweijährige Berufstätigkeit“ legitime unternehmerische Ziele verfolgt worden. Die Merkmale seien einleuchtend, da man einen zuarbeitenden Rechtsanwalt für einen Partner gesucht habe. Dahinstehen könne, ob die Klage als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Wegen des weiteren Inhalts der Entscheidungsgründe wird ergänzend auf das angefochtene Urteil – Bl. 218 bis Bl. 220 d. A. - verwiesen.

Gegen das am 30.12.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.01.2014 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 31.03.2014 auf rechtzeitigen Antrag hin – mit dem am 31.03.2014 beim Hess. Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er meint, er sei als promovierter Rechtsanwalt mit 30 Jahren Berufserfahrung in keiner Weise derart offenkundig ungeeignet, wie es das Arbeitsgericht ohne Beweisaufnahme angenommen habe. Soweit das Arbeitsgericht die Suche nach einem zuarbeitenden Rechtsanwalt für einen Partner als Verfolgung eines legitimen unternehmerischen Ziels eingestuft habe, rechtfertige dies ganz offensichtlich in keiner Weise die Diskriminierung. Warum dies auf den Kläger nicht zutreffen solle, sei - ohne Bewerbungsgespräch - nicht ersichtlich, geschweige denn dargelegt. Im Übrigen seien nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BAG als rechtmäßig überhaupt nur Ziele angesehen worden, die als sozialpolitische Ziele im allgemeinen Interesse stünden. Wegen des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 27.01.2014 – Bl. 240 bis Bl. 244 - sowie auf den Schriftsatz vom 26.06.2014 - Bl. 350 bis Bl. 354 d. A. - Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Wegen des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 10.06.2014 – Bl. 321 bis Bl. 344 d. A. - und vom 07.05.2014 – Bl. 286 bis Bl. 296 d. A. - verwiesen.

Im Übrigen wird ergänzend auf die weiteren vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung am 21.08.2014 Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft sowie gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die zulässige Klage abgewiesen.

I.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht, insbesondere ist sie gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen und von einer Bezifferung des Zahlungsantrags absehen. Erforderlich ist allein, dass er Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. z. B. BAG 13.10.2011 – 8 AZR 608/10 – Rn 16, zitiert nach juris). Dem ist der Kläger nachgekommen, da er einen Sachverhalt dargelegt hat, der dem Gericht die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht. Aus der Klageschrift vom 21.02.2013 in Verbindung mit der Zahlungsaufforderung vom 24.01.2013 ergibt sich, dass sich der Kläger unter Zugrundelegung eines bei der Partnerschaftsgesellschaft erzielbaren Anfangsgehalts von jährlich 60.000.- Euro eine Entschädigung in Höhe von 10.000,00 Euro vorstellt.

II.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung aus §§ 15 Abs. 2 AGG, 8 Abs. 1 PartGG. Danach haften den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Partnerschaft die Partner als Gesamtschuldner. Eine Forderung gegen die A Partnerschaftsgesellschaft stand dem Kläger indessen nicht zu, da die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden § 15 Abs. 2 AGG nicht erfüllt sind. Der für einen Entschädigungsanspruch erforderliche Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG ist nicht feststellbar.

1.

§ 7 Abs. 1 AGG verbietet die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, zu denen unter anderem das Alter des Stellenbewerbers zählt. Dabei sind sowohl unmittelbare (§ 3 Abs. 1 AGG) als auch mittelbare (§ 3 Abs. 2 AGG) Benachteiligungen verboten.

a) Eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen des Alters liegt nicht vor.

aa) Nach § 3 Abs. 1 AGG ist sie erst gegeben, wenn eine Person „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss (vgl. BAG 18.03.2010 – 8 AZR 77/09 – Rn 19, zitiert nach juris). Grundsätzlich kann die Vermutung, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt, durch den Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 11 AGG, einen Arbeitsplatz nicht entgegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, begründet werden (vgl. BAG 19.08.2010 - 8 AZR 530/09 – Rn 59, zitiert nach juris).

bb) Danach liegt ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung nicht vor. In der Stellenanzeige wird das Alter als Einstellungsvoraussetzung nicht genannt. Es wurden keine „jungen“ Bewerber oder gar Bewerber mit einem bestimmten Alter gesucht. Vom Bewerberkreis wurden der Stellenanzeige zufolge nur Personen von dem Bewerbungsverfahren ausgenommen, die das Anforderungsprofil nicht erfüllen.

b) Eine mittelbare Benachteiligung liegt ebenfalls nicht vor, da die Maßnahme jedenfalls durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und das Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Stellenausschreibung aufgrund des konkreten Anforderungsprofils mittelbar altersdiskriminierend. Bei den verwandten Merkmalen eines „Berufsanfängers“ bzw. eines „Bewerbers mit bis zu zweijähriger Berufserfahrung“ handelt es sich um ein neutrales Kriterium im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG von dessen Verwendung die Bewerber wegen ihres Lebensalters unterschiedlich betroffen sind. Beide Anforderungen sind bei der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtung mittelbar altersbezogen, da sie typischerweise Bewerber mit einem höheren Lebensalter ausschließen (vgl. BAG 18.08.2009 – 1 ABR 47/08 – Rn 25, 27, 29 zitiert nach juris). Inwieweit im Entscheidungsfall nicht nur der Nachweis der unverhältnismäßig häufigen besonderen Belastung einer Person wegen eines Merkmals nach § 1 AGG aufgrund der Stellenanzeige erbracht ist, sondern daneben auch ausreichende Anhaltspunkte für eine Benachteiligung des Klägers vorliegen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Insbesondere kann offen bleiben, ob der Ablauf der Geschehnisse dafür spricht, dass der Kläger bereits aussortiert und eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch von der Partnerschaftsgesellschaft nicht beabsichtigt war. Der Tatbestand einer mittelbaren Benachteiligung ist jedenfalls nicht erfüllt, da die von den Beklagten angeführten Gründe für die Beschränkung des Bewerberkreises eine mittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung gemäß § 3  Abs. 2 2. Halbsatz AGG rechtfertigen würde.

bb) Eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals kann durch ein legitimes Ziel und die Wahl von verhältnismäßigen Mitteln zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden (§ 3 Abs. 2 2. Halbsatz AGG). Die differenzierende Maßnahme muss zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte des Benachteiligten darstellen. Dies bedingt eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen dem verfolgten unternehmerischen Zweck einerseits und dem Nachteil für den Bewerber andererseits (vgl. BAG 18.08.2009 – 1 ABR 47/08 – Rn 31, zitiert nach juris; BAG 18.03.2010 – 8 AZR 77/09 – Rn 33, zitiert nach juris; BAG 15.02.2011 – 9 AZR 584/09 – Rn 42, zitiert nach juris). In einem solchen Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung (vgl. BAG 18.08.2009 – 1 ABR 47/08 – Rn 30, zitiert nach juris; BAG 15.02.2011 – 9 AZR 584/09 – Rn 42, zitiert nach juris).

(1) Rechtmäßige Ziele im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht ihrerseits diskriminierenden (vgl. EuGH 31.03.1981 – C -96/80 – (J.P. Jenkins) Rn 11, Slg 1981 911) und auch sonst legalen Ziele sein. Dazu gehören auch privatautonom bestimmte Ziele des Arbeitgebers wie z. B. betriebliche Notwendigkeiten und Anforderungen an persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers (vgl. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 764/08 – Rn 19, zitiert nach juris), die nicht gegen eine Verbotsnorm verstoßen (vgl. BAG 18.03.2010 – 8 AZR 77/09 – Rn 33, zitiert nach juris). Legitime Ziele im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung müssen nicht verfolgt werden (vgl. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 764/08 – Rn 19, zitiert nach juris; BAG 15.02.2011 – 9 AZR 584/09 – Rn 42, zitiert nach juris; BAG 20.04.2010 – 3 AZR 509/08 – Rn 69, zitiert nach juris).

Dieses Normverständnis verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen Unionsrecht. Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist  und den die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf konkretisiert (vgl. EuGH 19.1.2010 – C – 555 – (Kücükdeveci), Rn 21 f, zitiert nach juris; BAG 25.2.2010 – 6 AZR 911/08 – Rn 17, zitiert nach juris). Zwar ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 05.03.2009 – C – 388/07 – (Age Concern England) und vom 18. Juni 2009 - C – 88/08 – (Hütter) fraglich geworden, ob nur noch Maßnahmen und Regelungen zur Förderung des Allgemeinwohls im Sinne des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG als Rechtfertigungsgründe für unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters herangezogen werden können. Im Streitfall kommt es auf die in diesem Zusammenhang erörterten Fragen jedoch nicht an. Artikel 2 Abs. 2 RL 2000/78/EG unterscheidet zwischen Diskriminierungen, die unmittelbar auf den in Artikel 1 RL 2000/78/EG angeführte Merkmalen beruhen, und den mittelbaren Diskriminierungen. Bewirken die Vorschriften, Kriterien oder Verfahren wegen des Vorliegens eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes nach Artikel 2 Abs. 2 Buchstabe b RL 2000/78/EG deshalb keine unmittelbare Diskriminierung, bedarf es keines Rückgriffs auf Artikel 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG (EuGH 05 März 2009 – C - 388/07 - (Age  Concern England) Rn 66, zitiert nach juris). Artikel 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG betrifft allein unmittelbare – nicht aber mittelbare – Diskriminierungen, worauf der Europäische Gerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat (05. März 2009 – C 388/07 – (Age Concern England) Rn 62, zitiert nach juris; BAG 26.05.2009 – 1 AZR 198/08 – Rn 40, zitiert nach juris).

(2) Das Erfordernis der Angemessenheit verlangt vom Arbeitgeber nicht, seine Arbeitsorganisation bzw. seine Arbeitsplätze so einzurichten bzw. umzugestalten, dass damit eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausgeschlossen wird (BAG 28.05.2009 – 8 AZR 536/08 – Rn 53, zitiert nach juris; BAG 28.01.2010 – 2 AZR 764/08 – Rn 21, zitiert nach juris). § 3 Abs. 2 zweiter Halbsatz AGG erlaubt nämlich gerade eine Ungleichbehandlung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe, wenn ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Es ist nicht Sinn der Diskriminierungsverbote, dem Arbeitgeber eine Arbeitsorganisation vorzuschreiben, die nach seiner Vorstellung zu schlechten Arbeitsergebnissen führt. Die Diskriminierungsverbote sollen vielmehr das wirtschaftliche Geschehen von sachlich nicht gerechtfertigten und vernunftgebundene Entscheidungen hemmenden, z. B. auf Vorurteilen beruhenden Erwägungen der Marktteilnehmerfreiheiten und auf diese Weise gerade im Gegenteil die Dynamik rationaler, sachbezogener, rechtmäßiger Erwägungen erhöhen (vgl. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 764/08 – Rn 21, zitiert nach juris). Demzufolge sind die beruflichen Anforderungen dann nicht mehr angemessen, wenn die Errichtung des Arbeitsplatzes bzw. Festlegung, welche Arbeitsleistungen auf dem Arbeitsplatz zu erbringen sind, auf eine unternehmerische Entscheidung zurückzuführen ist, die ihrerseits willkürlich, offenbar unvernünftig oder offenbar unsachlich ist, selbst wenn der letztlich verfolgte berufliche Zweck rechtmäßig sein sollte. Um den Schutz der Rechte des Bewerbers nach Artikel 1 Abs. 1 GG, Artikel 3 Abs. 1, GG zu gewährleisten, hat eine Missbrauchskontrolle stattzufinden. Deshalb kann der Arbeitgeber das Vorhandensein eines in § 1 AGG genannten Merkmals nicht verlangen, wenn er in willkürlicher Weise einen Arbeitsplatz eingerichtet hat, für dessen Besetzung gerade ein in § 1 AGG genanntes Merkmal unverzichtbar ist (vgl. BAG 18.03.2010 – 8 AZR 77/09 – Rn 36, zitiert nach juris).

cc) Nach diesen Maßstäben wäre die mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt.

(1) Die Partnerschaftsgesellschaft hat mit ihrer betrieblichen Arbeitsorganisation das Ziel verfolgt, die Akquisition von Mandaten und deren Bearbeitung möglichst effizient durch eine Arbeitsteilung zwischen Partnern der Gesellschaft und zuarbeitenden Rechtsanwälten bzw. Rechtsanwältinnen zu gestalten. Der optimale Einsatz der hochqualifizierten und erfahrenen Partner wurde darin gesehen, dass von ihnen insbesondere die Arbeiten Vertretung der Kanzlei nach außen, Mandatsbetreuung, Akquirieren neuer Mandate und Pflege bestehender Mandatsverhältnisse erledigt werden. Um dies effektiv gewährleisten zu können, war es notwendig die Übrigen bei der Bearbeitung von fachlich anspruchsvollen Mandaten anfallenden Arbeiten qualifizierten, den Partnern zuarbeitenden Rechtsanwälten bzw. Rechtsanwältinnen mit engen von den Partnern gesetzten Vorgaben zu übertragen.

(a) Dieses Ziel ist rechtmäßig. Der Arbeitgeber hat ein durch Artikel 12 GG geschütztes Recht, seiner unternehmerischen Tätigkeit so nachzugehen, dass er am Markt erfolgreich ist und er darf die sich daraus ergebenden beruflichen Anforderungen an seine Mitarbeiter stellen und die erforderliche Ausgestaltung der betrieblichen Arbeitsorganisation vornehmen (vgl. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 764/08 – Rn 21, zitiert nach juris; BAG 28.05.2009 – 8 AZR 536/08 – Rn 51, zitiert nach juris).

(b) Das unternehmerische Konzept spiegelt sich – entgegen der Auffassung des Klägers - in den tatsächlichen Gegebenheiten wider. So waren im Jahr 2011 etwa ebenso viele Partner wie angestellte Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwältinnen in der Partnerschaftsgesellschaft tätig und in der Stellenanzeige kommt andeutungsweise zum Ausdruck, dass zuarbeitende Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwältinnen gesucht werden. In ihr ist nämlich nicht von der Übertragung einer verantwortungsvollen Position, sondern von der Einbeziehung in die Betreuung von interessanten und anspruchsvollen Mandanten die Rede. Vom Empfängerhorizont aus betrachtet konnte dies nur dahingehend verstanden werde, dass es sich nicht um eine federführende Tätigkeit handelt. Gestützt wird dies durch den Hinweis auf  „herausragende Zukunftsperspektiven“. Die Veränderungen der personellen Zusammensetzung in der Zeit nach dem Jahr 2011 ist nicht als Aufgabe des unternehmerischen Konzepts zu bewerten, sondern den kanzleiinternen Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten geschuldet, die letztlich zur Auflösung der Gesellschaft geführt haben.

(2) Die streitgegenständlichen Beschränkungen auf „Berufsanfänger“ bzw. auf Bewerber mit „bis zu 2 Jahren Berufserfahrung“- sind erforderlich, denn nur mit Hilfe dieser konkreten Anforderungskriterien kann die Bewerberauswahl auf den passenden Personenkreis eingegrenzt werden. In eine zuarbeitende Tätigkeit findet sich ein juristischer Berufsanfänger reibungslos ein. Er ist eine zuarbeitende Tätigkeit (noch) gewohnt bzw. er hat sie in frischer Erinnerung, da er das Referendariat, während dem er in der Regel Entscheidungsentwürfe gefertigt hat, erst vor noch nicht allzu langer Zeit abgeschlossen hat. Zudem wird er regelmäßig eine Partnerschaft anstreben und auch deshalb bereit sein, sich in die vorgefundene betriebliche Organisation einzufügen, um seine Chancen zu nutzen. Demgegenüber wird das unternehmerische Ziel ohne die Differenzierungsmerkmale nur wesentlich schlechter zu erreichen sein. Ein hochqualifizierter Rechtsanwalt mit langjähriger Berufserfahrung und erst recht der hochqualifizierte „gestandene“ Rechtsanwalt sind es gewohnt und haben es schätzen gelernt, selbständig und eigenverantwortlich zu agieren. Sie werden es zwangsläufig als „Rückschritt“ empfinden, im Wesentlichen juristische Zuarbeiten zu erledigen und – von einem an Lebens- und Berufsjahren jüngeren Kollegen – erteilte Weisungen befolgen zu müssen. Zudem nimmt mit zunehmender Zeit die motivierende Kraft, eine Partnerschaft zu erreichen, ab und das berufliche Ziel wird ab einem bestimmten Zeitpunkt überhaupt nicht mehr erreichbar sein.

(c) Die Anforderungen sind angemessen auch wenn sie dazu führen, dass langjährig berufserfahrene Rechtsanwälte ungleich behandelt werden und letztlich keine Chance haben, sich auf die ausgeschriebene Stelle erfolgreich zu bewerben. Im Entscheidungsfall liegen keine Anhaltspunkte für eine willkürliche oder offensichtlich unvernünftige oder unsachliche Unternehmerentscheidung vor. Das unternehmerische Konzept ist in sich schlüssig und nachvollziehbar und verfolgt schutzwürdige Interessen.

C

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger gemäß § 97 ZPO zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hatte.

D

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe nach § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen.

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