VG Stuttgart, Beschluss vom 16.03.2015 - 12 K 1320/15
Fundstelle
openJur 2015, 12434
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Der per Fax erst am 16.03.2015, 15.54 Uhr, gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 14.03.2015 hinsichtlich des viertägigen Unterrichtsausschlusses ab dem 17.03.2015 im Bescheid des Schulleiters des J.-K-Gymnasiums H. vom 10.03.2015 ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem Interesse des Betroffenen, bis zum Abschluss des Hauptsachverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, vorzunehmen. Diese fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass sein Widerspruch - zumindest nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens - erfolglos bleiben wird. Umstände, die gleichwohl eine Interessenabwägung, die zu seinen Gunsten ausfällt, gebieten würden, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung des viertägigen Unterrichtsausschlusses ist § 90 Abs. 3 Nr. 2 d i.V.m. Abs. 6 Satz 1 SchG. Formelle Rechtswidrigkeit liegt nicht vor. Insbesondere musste die Klassenkonferenz hinsichtlich des angegriffenen Unterrichtsausschlusses von vier Tagen nicht angehört werden, weil die Schulleiterin einen solchen Unterrichtsausschluss gemäß § 90 Abs. 3 Nr. 2 d SchG ohne Anhörung der Klassenkonferenz anordnen kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.01.2008 - 9 S 2908/07 - juris).

Der Unterrichtsausschluss ist auch materiell rechtmäßig. Denn es liegt die für den zeitweiligen Ausschluss vom Unterricht gemäß § 90 Abs. 6 Satz 1 SchG erforderliche Pflichtverletzung des Schülers durch ein schweres Fehlverhalten vor. Auch sind hierdurch die Rechte anderer im Sinne des Schulgesetzes gefährdet worden. Mit der unstreitigen Weitergabe des Computer-Passwortes an Mitschüler ist ein schweres Fehlverhalten gegeben, das zu einer Verletzung der Rechte des Schülers, dem das Passwort zustand, geführt hat. Der Antragsteller musste bei der Weitergabe des Passwortes davon ausgehen, dass dieses missbräuchlich genutzt wird, um auf Kosten des Schülers, dem das Passwort zustand, "Unfug" zu treiben. Dies ist vorliegend auch genau so geschehen, weil die Schüler, denen er das Passwort weitergegeben hat, hiermit u.a. pornographische Seiten aufriefen und herunterluden sowie das Computerspiel Counterstrike in dem Schülertauschverzeichnis ablegten, was dem Antragsteller auch bekannt wurde. Durch das Herunterladen der pornographischen Seiten änderten die Schüler zugleich das Schülerprofil des Betroffenen, dem das Passwort zustand.

Dieses Fehlverhalten des Antragstellers wiegt nach Überzeugung der Kammer bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage auch deshalb besonders schwer, weil er, als Mitglied der XXX AG, im Nachhinein das Aufrufen und Herunterladen insbesondere von pornographischen Seiten sowie das Hinterlegen des Computerspieles Counterstrike in das Schülertauschverzeichnis nicht verhinderte oder bei der Schulleitung anzeigte. Besonders erschwerend kommt hinzu, dass der Antragsteller, soweit dies aus dem nur teilweise übersandten Bescheid des Schulleiters erkennbar ist, offenbar keinesfalls aktiv zur Aufklärung des Sachverhaltes beitrug, sondern vielmehr ebenfalls versuchte, alles zu vertuschen. Die Schulleitung wurde wohl über längere Zeit hinweg auch angelogen.

Durch die von dem Antragsteller durch die Weitergabe des Passwortes veranlasste Benutzung und Veränderung des fremden Schülerprofils wurde das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Schülers (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG) verletzt, das im Wege der mittelbaren Drittwirkung in das Zivilrecht ausstrahlt und im Rahmen der §§ 823, 1004 BGB als absolutes Recht geschützt ist.

Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen dürfen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 SchG nur dann angewendet werden, wenn pädagogische Erziehungsmaßnahmen nicht ausreichen. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens des Antragstellers ging die Schulleiterin zu Recht davon aus, dass pädagogische Maßnahmen im konkreten Einzelfall nicht ausreichend sind.

Auch im Übrigen sind keine Rechtsfehler erkennbar. Die Schulleiterin stützt den Unterrichtsausschluss zu Recht auf das schwere Fehlverhalten des Antragstellers. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 SchG ist hinreichend beachtet worden, weil bei einem solch schweren Fehlverhalten keine milderen Mittel ersichtlich sind, die geeignet wären, das Fehlverhalten des Antragstellers in angemessener Weise zu ahnden.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 62 Abs. 2 GKG. Bei einem Verfahren, das auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches gegen einen Unterrichtsausschluss gerichtet ist, ist nur die Hälfte des Auffangwertes festzusetzen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.01.2008 - 9 S 2908/07 - juris).

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