VG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2015 - 6 K 7040/12
Fundstelle
openJur 2015, 5168
  • Rkr:

Ein Dritter kann einer kostenmäßigen Inanspruchnahme für die Sondierung und Räumung von Kampfmitteln durch das Land ggf. Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG als verfassungsunmittelbare Einwendung entgegenhalten (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, Beschluss vom 8. Dezember 2012 - 3 A 2.12 -).

Haftungssubjekt im Rahmen von Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG ist ausschließlich die Gebietskörperschaft "Bund" (Anschluss an BVerfG, Beschluss 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - Risikostrukturausgleich) .

Liegenschaften der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (hier: DB Netz AG) sind als unter Bundesverwaltung stehend "bundeseigen" im Sinne von Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG i.V.m. der maßgeblichen "Staatspraxis" des Jahres 1969.

Die im Zuge von Schienenwegeneu- und Ausbauprojekten von Kampfmitteln zu beräumenden Liegenschaften der DB Netz AG (hier: Rhein-Ruhr-Express, RRX) unterliegen sowohl eisenbahnverwaltungsrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich dem maßgeblichen Einfluss des Bundes.

Die von Art. 120 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GG ausgestaltete Verteilung der Kriegsfolgelasten wurde durch die Bahnprivatisierung (vgl. Art. 87e Abs. 3, 4 GG) nicht berührt.

Tenor

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land die Klägerin für die im Rahmen des Projektes Rhein-Ruhr-Express (RRX) im Planfeststellungsbereich 1 entstehenden Kosten der Kampfmittelsondierung und -räumung einschließlich einer Betreuungskostenpauschale in Höhe von 7 Prozent des an eine Räumungsfirma zu zahlenden Rechnungsbetrages (ohne Mehrwertsteuer) nicht in Anspruch nehmen darf.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, wer im Rahmen des Schienenwegeausbauprojektes "Rhein-Ruhr-Express" (RRX) die Kosten für die Sondierung und die Räumung von Kampfmitteln entlang der Ausbaustrecke zu tragen hat.

Die Klägerin ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Deutsche Bahn AG. Sie ist als Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eigentümerin und Betreiberin der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes. Die Klägerin ging im Zuge der zweiten Stufe der Bahnreform zum 1. Januar 1999 aus dem Unternehmensbereich Fahrweg der Deutsche Bahn AG hervor. Die Deutsche Bahn AG war ihrerseits zum 1. Januar 1994 als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn gegründet worden.

Die Klägerin führt den Trassenausbau des Projekts Rhein-Ruhr-Express (RRX) durch. Für dieses System von beschleunigten Regionalzügen müssen neben punktuellen Maßnahmen insbesondere Strecken durch Erweiterung bestehender Trassen von zwei auf vier (zwischen Köln-Mülheim bis Düsseldorf-Reisholz) bzw. von vier auf sechs Gleise (zwischen Düsseldorf-Reisholz und Duisburg-Großenbaum) ausgebaut werden. Der Ausbau erfolgt nach Maßgabe des Bundesschienenwegeausbaugesetzes. Der RRX ist eine Bedarfsplanmaßnahme in der Finanzierungslast des Bundes. Die Klägerin hat die Planfeststellung für drei Abschnitte im ersten von insgesamt sechs Planfeststellungsbereichen beantragt. Weitere Anträge liegen für den vierten und Teile des fünften Planfeststellungsbereichs vor. Planfeststellungsbeschlüsse sind bis November 2014 für zwei (Teil-)Bereiche ergangen - für Abschnitt 4.0 (Mülheim/Ruhr-Styrum bis Mülheim/Ruhr-Heißen) unter dem 31. Oktober 2013 und für Abschnitt 1.1 (Köln-Mülheim bis Köln-Stammheim) unter dem 21. August 2014.

Für die Erdarbeiten sind Rammsondierungen und Bohraufschlüsse zur Bestimmung der Gründungsart und -tiefe erforderlich. Dies folgt unstreitig aus einem Bodengutachten, das u.a. Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. August 2014 ist (S. 9). Für derartige Aufschlüsse "empfiehlt" die Bezirksregierung Sicherheitsdetektionen (Sondierungen) durch den Kampfmittelräumdienst. Im Einzelfall wird die Einleitung und Durchsetzung ordnungsrechtlicher Zwangsmaßnahmen vorbehalten. Kosten für die Sondierung und die Bergung von Kampfmitteln sind nach den geltenden Finanzierungsregelungen des Bundes den Baukosten zuzuordnen und werden durch die Beigeladene nur finanziert, wenn ihr gegenüber eine Kostentragungspflicht nachgewiesen werden kann.

Bisher wurde die Klägerin bei Ausbaumaßnahmen an Schienenwegen regelmäßig durch den Beklagten zu Kosten für Kampfmittelsondierungs- und -räumungsarbeiten herangezogen. Dies geschah aufgrund weitgehend gleichförmig aufgebauter Verwaltungsvereinbarungen, die die Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossen hatte: Demnach beauftragt die Klägerin als sogenannter Drittauftraggeber den Beklagten mit der Überprüfung von Flächen auf das Vorhandensein von Kampfmitteln und gegebenenfalls der Räumung gefundener Kampfmittel; zugleich ist sie verpflichtet, dem Beklagten die entstandenen Aufwendungen zu erstatten bzw. die Rechnungen der beauftragten Fachfirmen auszugleichen.

Eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung über die Kampfmittelräumung soll auf Betreiben des Beklagten nach dem Vorbild der bisherigen Handhabung auch im Rahmen des Projekts Rhein-Ruhr-Express (RRX) geschlossen werden. Der Vereinbarungsentwurf sieht vor, dass die Klägerin die Bezirksregierung Düsseldorf mit der Überprüfung der beantragten Flächen und ggf. deren Räumung von Kampfmitteln beauftragt (§§ 1, 5), die Bezirksregierung sich eines Vertragsunternehmens bedient (§ 2) und die Rechnung des Vertragsunternehmens an eine Tochtergesellschaft der Deutsche Bahn AG, die DB ProjektBau GmbH, durchleitet (§ 3). Zusätzlich soll ein Betreuungskostenzuschlag in Höhe von 7 Prozent des Rechnungsbetrages geleistet (§ 4) werden.

Grundlage dieser Vereinbarungen ist - in formeller Hinsicht - die "Technische Verwaltungsvorschrift für die Kampfmittelbeseitigung im Land NRW" vom 3. August 2005 - 75 - 54.07.03 (MBl. NRW. 2005, S. 968); demnach ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten abzuschließen, die auch die Kostenfolge für die Sondierung und ggf. der Bergung klärt. Inhaltlich beruhen die Vereinbarungen auf einem Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9. November 2007 - 75-54.01 - über die Erstattung der anfallenden Kosten für Kampfmittelbeseitigung (MBl. NRW. 2007, S. 843). Der Erlass differenziert zwischen der Kostentragung im Verhältnis Bund - Land NRW (Ziffer 1) und dem Verhältnis Staat - Dritte (Ziffer 2). Im Verhältnis Bund - Land NRW trägt demnach auf der Grundlage von Art. 120 GG i.V.m. den Grundsätzen der auf die 1950er Jahre zurückgehenden Staatspraxis der Bund die Kosten der Beseitigung von Kampfmitteln auf bundeseigenen Liegenschaften. Dies gilt ausdrücklich auch für dessen Rechtsnachfolger, die durch Privatisierung entstanden sind, einschließlich der Deutsche Bahn AG (Ziffer 1.1). Dagegen trägt der Bund die Kosten für die Beseitigung von Kampfmitteln auf nicht bundeseigenen Liegenschaften nur für ehemals reichseigene Munition; soweit sich dort alliierte Munition befindet, trägt das Land NRW die Kosten. Bei Veräußerung von Liegenschaften aus Bundesvermögen wie z.B. Konversionsflächen ohne vorherige Kampfmittelbeseitigung oder Garantie der Kampfmittelfreiheit durch den Bund werden die Kosten nicht durch das Land, sondern "je nach Vertragsgestaltung" durch den Erwerber getragen (Ziffer 1.2). Im Verhältnis Land - Dritter trägt das Land die Kosten für die "eigentliche Kampfmittelbeseitigung", die mit der Recherche beginnt und die weiteren Teilprozesse wie Ortserkundung, Detektion Bodeneingriff, Räumung einschließlich Entschärfung, Sprengung und Abtransport der Kampfmittel umfasst. Davon abgegrenzt wird zum einen die Gefahrerforschung, wozu alle Arbeitsschritte zählen, die erforderlich sind, um der örtlichen Ordnungsbehörde mitteilen zu können, ob ein staatliches Handlungserfordernis vorliegt oder nicht. Zum anderen bleiben für vorbereitende oder sonst begleitende Maßnahmen die örtliche Ordnungsbehörde bzw. der Eigentümer kostenpflichtig. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass bei Vorliegen hinreichend konkreter Anhaltspunkte der Eigentümer gefahrenabwehrrechtlich Zustandsverantwortlicher ist (Ziffer 2).

Diese Erlasslage, die die Kosten der Kampfmittelräumung auf Bahngrundstücken dem Bund zuweist, steht im Widerspruch zu der Rechtsauffassung des Bundes. Denn laut Rundschreiben des Bundesfinanzministers vom 4. Juni 1995 (V B 2 - VV 5042 - 110/95) sind die Liegenschaften der Bahn infolge der Bahnprivatisierung aus dem Bundesvermögen ausgeschieden und daher nicht mehr bundeseigen im Sinne der Staatspraxis. Der Bund hat danach nur noch bezüglich ehemals reichseigener Munition für die Kosten der Kampfmittelbeseitigung einzustehen.

Zur Klärung der Finanzierung wandte sich die Klägerin im Oktober 2010 an das Eisenbahn-Bundesamt und beantragte die Freigabe von Bundesmitteln in Höhe von 460.000 Euro für Kampfmittelbeseitigungsarbeiten im Zusammenhang mit Baugrunduntersuchungen in der Entwurfsplanung. Dem Beklagten sei es unbenommen, die Kosten der Kampfmittelbeseitigung auf Verdachtsflächen ganz oder teilweise dem Grundstückseigentümer aufzuerlegen. Dies folge aus Ziffer 1.1. des Runderlasses des Innenministeriums NRW vom 9. November 2007. Demnach würden Liegenschaften der Klägerin wie bundeseigene Liegenschaften behandelt und die Zeichnung eines Vereinbarungsentwurfes verlangt.

Das Eisenbahn-Bundesamt lehnte die Mittelfreigabe ab. Der Beklagte habe die Kosten der Sondierungs- und Kampfmittelbeseitigungsarbeiten zu tragen. Dessen Rechtsauffassung, dass Liegenschaften der Klägerin wie bundeseigene Liegenschaften zu behandeln seien und deshalb die beigeladene Bundesrepublik Deutschland die Kosten zu tragen habe, sei zweifelhaft. Dies ergebe sich zusätzlich aus den Förderrichtlinien des Bundes ("EBA-Handbuch"), wonach Grundstücke der Deutschen Bahn nicht bundeseigen seien.

Hierauf beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kampfmittelsondierungs- und -beseitigungskosten. Die Verpflichtung des Landes folge aus der sog. "Staatspraxis", wonach laut Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 4. Mai 1995 infolge der Bahnreform privatisierte Grundstücke nicht wie bundeseigene Grundstücke zu behandeln seien.

Mit Schreiben vom 8. März 2011 lehnte für den Beklagten das Ministerium für Inneres und Kommunales die Kostentragung ab. Auch bei ehemals bundeseigenen Liegenschaften werde der Grundstückseigentümer für die Kosten der Kampfmittelräumung in Anspruch genommen. Dies gelte für Bahn und Post genauso wie für andere Erwerber von Bundesliegenschaften. Entsprechend sei in der Vergangenheit bei Schienenwegearbeiten verfahren worden. Dabei sei es zu keinerlei Schwierigkeiten gekommen. Der Betreuungszuschlag von 7 Prozent beruhe auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und sei seit dem Jahre 2000 in einer Vereinbarung zwischen dem Land NRW und dem Bundesfinanzministerium festgeschrieben und unbeanstandet. Für alle anderen "Drittaufträge" werde diese Pauschale ebenfalls angewandt.

Um das Bauvorhaben nicht weiter zu verzögern, gab das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin mit Schreiben vom 15. Juli 2011 für Kampfmittelbeseitigungsarbeiten im Rahmen des Vorhabens "Rhein-Ruhr-Express" Bundesmittel in Höhe von 100.000,00 Euro als Baukostenzuschuss nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz frei. Die Freigabe war u.a. mit folgender Auflagen verbunden:

"1. Die DB führt bei Inanspruchnahme der hiermit freigegebenen Mittel eine gerichtliche Klärung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der vom Bundesland Nordrhein-Westfalen im Bereich der Kampfmittelbeseitigung vorgenommenen Gleichsetzung von Grundeigentum der DB Netz AG mit den ehemaligen reichseigenen Grundstücken des Bundes (vgl. RdErl. d. Innenministeriums NRW vom 09.11.2007, Nummer 1.1.) herbei. Die Rechtsauffassung des Landes NRW, nach der Liegenschaften der DB Netz AG wie bundeseigene Liegenschaften zu behandeln wären, steht nämlich im Widerspruch zum Erlass des BMF vom 04.05.1995 (V B 2-VV 5042-110/95). Hiernach sind Grundstücke, die infolge der Bahn- und Postreform privatisiert wurden, grundsätzlich nicht wie bundeseigene Liegenschaften zu behandeln. Ferner ist die Rechtsgrundlage, auf welcher der vom Land geforderte Betreuungskostenzuschlag basiert, unklar [...]".

Die Klägerin hat am 12. Oktober 2012 Klage erhoben. Sie trägt vor:

Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, da sich die Kampfmittelbeseitigung einschließlich vorbereitender und begleitender Maßnahmen nach öffentlichrechtlichen Vorschriften richte. Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts folge aus § 52 Nr. 5 VwGO.

Die Klage sei auch als Feststellungsklage zulässig. Insbesondere bestehe zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte berühme sich eines Kostenerstattungsanspruchs gegenüber der Klägerin. Das Rechtsverhältnis habe sich auch dahingehend verdichtet, dass zum einen für die laut Bodengutachten erforderlichen Bohraufschlüsse Sicherheitsdetektionen des Kampfmittelräumdienstes durchzuführen seien. Zum anderen verlange der Beklagte die Zeichnung einer Verwaltungsvereinbarung, die die Kostenfolgen zu Lasten der Klägerin regele. Es bestehe auch ein Meinungsstreit darüber, wer die Kosten im Planfeststellungsbereich 1 zu tragen habe: Der Beklagte sei der Auffassung, die Kosten seien von der Klägerin zu tragen, weil die Klägerin nach der Staatspraxis als "Verwalterin" für "mittelbare Liegenschaften" des Bundes kostenpflichtig sei. Die Klägerin stehe dagegen auf dem Standpunkt, dass sie wie ein "privater Dritter" zu behandeln sei. Der Beklagte sei daher nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung in Verbindung mit Ziffer 2 des Runderlasses vom 9. November 2007 zur Übernahme der Kosten gegenüber dem Eigentümer (Zustandsstörer) verpflichtet.

Ein Feststellungsinteresse bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, da sich die Kostenfrage nicht nur für den Planfeststellungsbereich 1, sondern auch bei künftigen Planfeststellungsbereichen bzw. Ausbauvorhaben der Klägerin stellen werde.

In der Sache trägt die Klägerin vor, der Beklagte dürfe sie nicht in Anspruch nehmen. Zwar sei die Klägerin gemäß § 18 OBG NRW zustandsverantwortlich für die von ihren Grundstücken ausgehenden Gefahren. Sie sei jedoch von den Kostenfolgen für Sondierungs- und Räumungsmaßnahmen - wie jeder Dritte - aus Billigkeitsgesichtspunkten sowie aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung freizustellen. Der Runderlass des Landes vom 9. November 2007 sehe in Ziffer 2 für das Verhältnis "Staat-Dritte" ausdrücklich die Kostentragung des Landes für Ortserkundung, Detektion, feststellende Bodeneigriffe und Räumung einschließlich Entschärfung und Sprengung vor. Dagegen fehle dem beklagten Land für die Regelung in Ziffer 1.1 des Runderlasses, wonach die Kosten für Liegenschaften der Bahn ebenso wie bei bundeseigenen Grundstücken der Beigeladenen anheimfielen, die Kompetenz. Vielmehr sei der Bundesfinanzminister im Einklang mit Art. 120 GG und Art. 19 Abs. 2 Nr. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes - AKG - berechtigt gewesen, die Behandlung der durch die Bahnreform privatisierten Grundstücke als nicht bundeseigene Grundstücke zu regeln und die Staatspraxis zu konkretisieren. Der entgegenstehende Erlass des Beklagten sei insoweit kompetenzwidrig und unbeachtlich. Zudem werde allein durch eine frühere Eigentümerstellung keine Zustandshaftung begründet.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Land die Klägerin für die im Rahmen des Projektes Rhein-Ruhr-Express (RRX) im Planfeststellungsbereich 1 entstehenden Kosten der Kampfmittelsondierung und -räumung einschließlich einer Betreuungskostenpauschale in Höhe von 7 Prozent des an eine Räumungsfirma zu zahlenden Rechnungsbetrages (ohne Mehrwertsteuer) nicht in Anspruch nehmen darf.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt vor: In tatsächlicher Hinsicht sei es zutreffend, dass es die Klägerin bislang nicht von den Kosten der Kampfmittelräumung entlang von Eisenbahninfrastrukturen freigestellt habe. Zwar würden private Grundstückseigentümer aus Billigkeitserwägungen grundsätzlich von den Kosten für Bergung, Entschärfung, Vernichtung und Abtransport der Kampfmittel freigestellt. Sie trügen nur die Kosten für vor- und nachbereitende sowie begleitende Maßnahmen. Diese Freistellung gelte allerdings nicht für die Eigentümer von Grundstücken, die der Bund an Private veräußert habe. In solchen Fällen vertrete der Bund die Auffassung, dass der Erwerber das Grundstück entweder entmunitioniert oder zu einem günstigeren Preis erhalten habe, wofür er dann das Kampfmittelrisiko trage. Vor diesem Hintergrund werde der private Eigentümer (vollständig) in Anspruch genommen (Ziffer 1.2 des Runderlasses vom 9. November 2007).

In rechtlicher Hinsicht sei die Klage abzuweisen. Sie sei bereits unschlüssig. Abgesehen von bestehenden Zulässigkeitsbedenken in Bezug auf die Subsidiarität der Feststellungsklage ergebe sich aus Art. 104a GG bzw. Art. 120 GG kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, auf das sich die Klägerin berufen könne. Ein solches bestehe allenfalls zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen. Die Klägerin habe aber für eine Drittfeststellungsklage kein schutzwürdiges Interesse, da dieses Rechtsverhältnis nicht für ein anderes Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten vorgreiflich sei.

Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Der Beklagte sei gegenüber der Klägerin nicht verpflichtet, auf den Liegenschaften der Klägerin die Kosten der Kampfmittelräumung im Rahmen des Vorhabens Rhein-Ruhr-Express zu tragen.

Der Beklagte macht insoweit geltend, zur Übernahme dieser Kosten sei im Verhältnis zum Beklagten die Beigeladene verpflichtet. Das ergebe sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit der "Staatspraxis". Demnach komme es auf die bis zum 1. Oktober 1965 geübte Praxis der Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern an. Diese habe sich so dargestellt, dass der Bund die Kosten für die Erkundung, Räumung und Beseitigung ehemals reichseigener Munition stets und von alliierter Munition nur dann trug, sofern sich diese auf bundeseigenen Grundstücken befunden habe. Die Bahnflächen seien nach der Staatspraxis stets wie bundeseigene Grundstücke behandelt worden. Daran habe sich durch die formelle Privatisierung der Bahn nichts geändert. Die entsprechenden Grundstücke stünden mittelbar immer noch im Eigentum des Bundes. Eine solche mittelbare Eigentümerstellung habe das Bundesverwaltungsgericht in dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 31. Mai 2012 in Bezug auf Flächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) für ausreichend erachtet. Zudem könne sich die Beigeladene ihrer finanziellen Verantwortung für die Kriegsfolgelasten nicht dadurch entziehen, dass sie für die Wahrnehmung eigener Aufgaben erforderliche Liegenschaften auf einen selbstständigen Verwaltungsträger auslagere. Die Bahnreform habe nichts an der rechtlichen und wirtschaftlichen Zuordnung geändert. Mittelbar handele es sich um Liegenschaften des Bundes. Dies folge unmittelbar aus Art. 120 Abs. 1 Satz 2 und 3 GG. Diese Bestimmungen sollten die verfassungsrechtlichen Grenzen der Kostentragung für Kriegsfolgelasten abschließend regeln. Daher sei es mit Art. 120 GG unvereinbar, wenn sich der Bund durch Organisationsgesetze oder durch eine formelle Privatisierung seiner verfassungsrechtlichen Verantwortung entledigen könne. Dies sei erst recht nicht in Gestalt eines ministeriellen Erlasses möglich; hierdurch könne die Staatspraxis nicht nachträglich geändert bzw. - wie die Klägerin meine - "konkretisiert" werden; derartige Erlasse seien zudem nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -) rechtlich irrelevant. Da die Aufwendungen der künftigen Kampfmittelräumung unbestritten auch der Abwehr von Gefahren im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG dienten - mit Blick auf die zahlreichen Kampfmittelfunde anlässlich früherer Trassenausbaumaßnahmen in NRW bestehe auch bei dem RRX-Projekt eine hohe Wahrscheinlichkeit von Kampfmittelfunden -, hafte für die diesbezüglichen Kosten nicht der Beklagte, sondern die Beigeladene. Dies gelte nicht nur für die ehemals reichseigene, sondern auch für alliierte Munition.

Aber selbst wenn die Staatspraxis nicht eingreifen würde, müsste der Beklagte die Kosten nicht übernehmen. Vielmehr hätte die Klägerin als Zustandsverantwortliche für die Kosten der Kampfmittelräumung auf den Grundstücken in ihrem Eigentum einzustehen. Der Beklagte sei nicht zustandsverantwortlich und damit nicht kostenpflichtig. Dies gelte auch dann, wenn eine Verpflichtung des Beklagten bestehen sollte, die Kosten nicht bei der Klägerin geltend zu machen. Insoweit müsse - wie gezeigt - die Beigeladene einstehen. Darüber hinaus bestehe auch keine Pflicht, die Klägerin von den Kosten freizustellen. Sie könne sich als nicht grundrechtsfähiges Unternehmen nicht darauf berufen, aus Billigkeitsgründen nicht in Anspruch genommen zu werden. Ruinöse Folgen seien aufgrund der Kampfmittelbeseitigung nicht vorgetragen und auch nicht zu erwarten. Im Übrigen kamen Billigkeitserwägungen laut Erlass nur bei Privatpersonen zum Tragen; die Klägerin könne insoweit keinen Anspruch auf Gleichbehandlung aus Art. 3 GG und der Selbstbindung der Verwaltung herleiten. Die Klägerin übersehe, dass sie das Grundstück vom Bund erworben habe. Diese Eigentümer würden aber in ständiger Praxis gerade zu den Kosten herangezogen. Schließlich sei die Klägerin als bundes(un)mittelbares Unternehmen mit den aus Billigkeitsgründen freigestellten Privaten nicht vergleichbar.

Hierauf erwiderte die Klägerin, sie sei nicht mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) vergleichbar. Diese sei eine unmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts unter der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums. Demgegenüber seien gemäß Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form zu führen. Mit der Grundgesetzänderung habe deren wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Selbstständigkeit befördert werden sollen. Ihre kommerzielle Ausrichtung habe abgesichert, ihnen habe unternehmerische Selbstbestimmung eingeräumt werden sollen. Durch Übertragung der Schienenwege auf die Klägerin habe gerade ein unternehmerischer Handlungszwang geschaffen werden sollen. Die Deutsche Bahn AG habe ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht ähnlich einer Behörde die Schienenwege lediglich verwalten, sondern sie "als eigenes unternehmerisches Produktionsmittel wirtschaftlich optimal nutzen" sollen. Etwaige Veräußerungen durch die Deutsche Bahn AG zögen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 -) weder Einnahmen noch Ausgaben des Bundes nach sich; dem Bund flössen keine Mittel zu. Er selbst veräußere auch keine Vermögensgegenstände. Die Klägerin sei Eigentümerin der Liegenschaften, nicht der Bund. Daher sei die Klägerin kostenrechtlich mit privaten Dritten gleichzustellen. Dass die Betreuungskosten mit 7 Prozent zu hoch angesetzt seien, habe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31. Mai 2012 ebenfalls ausdrücklich festgestellt.

Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob der Beklagte tatsächlich wie er vorgibt, von einer Kostenpflicht des Bundes ausgehe. In dem Fall könnte er den Bund in Anspruch nehmen, wozu er nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch vorrangig verpflichtet wäre. Dann aber wäre die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -) freizustellen, denn einer Heranziehung durch den Beklagten könnte sie die Regelungen des Art. 120 Abs. 1 GG i.V.m. der Staatspraxis entgegenhalten. Beides geschehe jedoch nicht. Der Beklagte halte vielmehr - wie die früher abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarungen belegten - die Klägerin für kostenpflichtig. Die Klägerin gehe jedoch davon aus, dass eine bundeseigene Liegenschaft infolge der Bahnreform und der Privatisierung der Infrastrukturunternehmen nicht mehr gegeben sei. Folglich handele es sich nicht mehr um bundeseigene Liegenschaften. Der Erlass des Bundesfinanzministers vom 4. Juni 1995 habe dies lediglich nachvollzogen.

Im Übrigen dürfe der Beklagte die Klägerin auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Anspruch nehmen. Der Eigentümer eines Grundstücks hafte als Zustandsstörer nicht unbegrenzt, sondern aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur eingeschränkt mit dem Verkehrswert seines Grundstücks (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2000 - 1 BvR 2002/315/99 -, BVerfGE 102,1). Die Trassengrundstücke der Klägerin seien aber nicht veräußerlich, hätten daher keinen Verkehrswert.

Dem tritt der Beklagte entgegen: Selbst wenn man das Begehren der Klägerin dahingehend verstehen sollte, dass die Klägerin von dem Beklagten nicht in Anspruch genommen werden dürfe und in diesem Sinne freizustellen sei, sei die Klage unbegründet. Erstens bestreite der beigeladene Bund Ansprüche des Beklagten, zweitens seien die Verpflichtungen des Bundes auf die Klägerin übergegangen. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 DBGrG seien die auf den Trassengrundstücken liegenden Verpflichtungen bereits im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit auf die DB AG übergegangen. Dessen ungeachtet seien die Verpflichtungen des Bundes der Klägerin auch deshalb zurechenbar, weil sich der Bund seiner materiellen Aufgaben nicht durch bloße Organisationsprivatisierung entledigen könne. Daher sei die Klägerin nicht gehalten, sich vorrangig an die Beigeladene zu halten. Das Ermessen des Beklagten sei hierdurch nicht eingeschränkt. Vielmehr stehe es dem Beklagten frei, entweder die Klägerin oder die Beigeladene in Anspruch zu nehmen. Die Gefahr einer Inanspruchnahme sowohl der Klägerin als auch der Beigeladenen bestehe nicht, zumal der Beklagte bereit sei, seine Ansprüche gegen die Beigeladene an die Klägerin abzutreten.

Schließlich könne die Klägerin nicht beanstanden, dass die vom Beklagten geforderte Betreuungspauschale von 7 Prozent zu hoch sei. Projektbezogene Betreuungskosten gehörten zu den Kriegsfolgelasten in Form von Zweckausgaben. Diese habe nach der vor dem Stichtag geübten Erstattungspraxis die Beigeladene getragen. Hierfür hafte die Klägerin auch nach ihrer Organisationsprivatisierung weiter. Soweit die Klägerin aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2012 eine niedrigere Pauschale ableiten wolle, werde schon der Gehalt dieser Entscheidung völlig verkannt. Hierauf komme es aber letztlich nicht an. Denn die Beigeladene habe mit dem Beklagten am 24. Januar 2000 / 7. März 2000 eine Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen, nach der der Bund dem Beklagten für dessen Aufwand für die Planung der Räumungsmaßnahmen, die Vergabe des Auftrags an eine Räumungsfirma, die Abnahme und die Schlussrechnung eine Pauschale von 7 Prozent der geprüften Rechnungsbeträge erstatten müsse. An diese Vereinbarung sei die Beigeladene gebunden.

Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich auch sonst nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der auf (negative) Feststellung des Nichtbestehens eines Zahlungsanspruchs des Beklagten gerichtete Klageantrag hat Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist mangels Sonderzuweisungen gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit, denn die Beteiligten streiten vorliegend zum einen um Rechte und Pflichten im Rahmen der Gefahrenabwehr, namentlich der Kampfmittelbeseitigung. Die Normen über die Gefahrenabwehr gehören dem öffentlichen Recht an, da sie einen Hoheitsträger berechtigen und verpflichten. Auch soweit sich der Rechtsstreit auf Fragen der Kostenerstattung für die Kampfmittelbeseitigung bezieht, handelt es sich um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit. Die demnach maßgeblichen Vorschriften richten sich nach öffentlichem Recht. Dies gilt auch, soweit die Klägerin ihr Begehren auf Art. 120 Grundgesetz (GG) und die damit verbundene Staatspraxis stützt.

BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2004 - 3 A 2.03 -, NVwZ 2004, 1125, juris Rn. 23, und vom 14. Juni 2006 - 3 A 6/05 -, NVwZ-RR 2007, 75 [76], juris Rn. 7.

Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art, weil die streitgegenständlichen Rechtsverhältnisse dem Verwaltungsrecht zuzuordnen sind. Dies betrifft auch Ansprüche aus Art. 120 GG, die aus einem Verwaltungshandeln des Landes entstehen.

BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, NVwZ-RR 2012, 787 = Buchholz Art. 120 GG Nr 10, juris Rn. 22, und vom 16. Dezember 1999 - 3 A 1.99 -, Buchholz Art. 120 GG Nr 6, juris Rn. 16, jeweils m.w.N.

2. Das angerufene Verwaltungsgericht Düsseldorf ist sachlich (a) und örtlich (b) zuständig.

a) Das Verwaltungsgericht ist gemäß § 45 VwGO sachlich zuständig. Eine erstinstanzliche Spezialzuständigkeit ist weder bezüglich des Bundesverwaltungsgerichts (aa) noch des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) gegeben (bb).

aa) Insbesondere ist das Bundesverwaltungsgericht nicht nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zuständig. Es liegt kein Bund-Länder-Streit vor. Dazu wäre ein Streit zwischen dem Bund als solchem und einem Land als solchem erforderlich. Denn ein Beteiligter am Bund-Länder-Streit muss prinzipiell in der Lage sein, auch verfassungsrechtliche Streitigkeiten miteinander zu führen. Dies ist bei einer bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlichrechtlichen Sondervermögen, das unter eigenem Namen klagen oder verklagt werden kann, nicht der Fall.

BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - 3 A 1.02 -, BVerwGE 117, 244, juris Rn. 3 ff., zum Bundeseisenbahnvermögen; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 50 Rn. 6.

Dies gilt für die Klägerin als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen erst recht.

bb) Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ist ebenfalls nicht gegeben. Sie ist namentlich nicht über § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 VwGO eröffnet. Zwar liegen dem Vorhaben "RRX" mehrere Planfeststellungsverfahren zugrunde. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft jedoch nicht spezifisch die Planfeststellungsverfahren zum Ausbau öffentlicher Eisenbahnstrecken; er ist auch losgelöst von eisenbahnrechtlichen Regelungen oder Genehmigungen.

Vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 25. September 2012 - 1 K 339.10 -, juris Rn. 22.

b) Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Düsseldorf folgt aus § 52 Nr. 5 VwGO. § 52 Nr. 1 VwGO ist nicht einschlägig, weil sich die Streitigkeit nicht unmittelbar auf die Grundstücke der Klägerin und damit unbewegliche Vermögensgegenstände bezieht, sondern nur auf Geldforderungen aus dem Ausbau von Bahnanlagen.

Vgl. VG Köln, Urteil vom 22. April 2005 - 11 K 6557/03 -, juris Rn. 39 m.w.N.

Da auch die Tatbestände des § 52 Nr. 2 bis 4 VwGO nicht eingreifen, bleibt es bei der an den Beklagtensitz (Düsseldorf) anknüpfenden Auffangzuständigkeit nach § 52 Nr. 5 VwGO.

3. Die Feststellungsklage ist statthaft.

a) Es liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor. Darunter sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht. Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem solchen Rechtsverhältnis verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 -8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 (264 f.), juris.

Der Streit der Beteiligten betrifft die Bedeutung und Tragweite des Art. 120 GG i.V.m. der Staatspraxis nebst der hierzu ergangenen Schreiben und Erlasse des Bundesfinanzministers und des Beklagten, sowie deren Anwendung auf einen konkreten Sachverhalt, nämlich in Gestalt der Rechtsauffassung des Beklagten, im Rahmen des RRX-Projektes Kostenerstattung von der Klägerin verlangen zu dürfen. Der Beklagte berühmt sich des Rechts, in dieser Weise auch künftig - offenbar auf der Grundlage der Ziffern 1.1 oder 1.2 des Runderlasses vom 9. November 2007 - vorgehen, diese Rechtsposition im Wege einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung nachzeichnen und widrigenfalls ("im Einzelfall") auch mit Zwangsmitteln durchsetzen zu dürfen. Die Klägerin bestreitet das Bestehen eines solchen Rechts. Insofern sind die Rechtsbeziehungen in einem konkreten Sachverhalt hinreichend verdichtet. Dies reicht zur Begründung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses aus, zumal die Hauptbeteiligten bereits in der Vergangenheit entsprechende Verwaltungsvereinbarungen gezeichnet hatten.

b) Die Statthaftigkeit der Feststellungsklage wird nicht durch den Subsidiaritätsgrundsatz in Frage gestellt. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO greift nur in den Fällen ein, in denen sich das mit der Klage erstrebte Ziel mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage ebenso gut oder besser erreichen lässt. Der Gesetzgeber will den Rückgriff auf die Feststellungsklage verhindern, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht. Davon kann dort keine Rede sein, wo die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht als ein einzelnes Leistungsbegehren. Als effektiver erweist sich die Feststellungsklage insbesondere dann, wenn sich durch sie eine Vielzahl potenzieller Anfechtungsprozesse vermeiden lässt.

BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11/03 -, BVerwGE 121, 152 ff., juris Rn. 19.

Dies trifft für die auf der Grundlage des Runderlasses vom 9. November 2007 für den Fall des Scheiterns der Verwaltungsvereinbarung drohenden Kostenbescheide zu. Auszugehen ist für den hier streitgegenständlichen Bereich von dem Baugrundgutachten, das - bezogen auf den Planfeststellungsbereich 1.1 - bereits Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. August 2014 ist (vgl. S. 9 des Beschlusses, abrufbar unter www.eba.bund.de) und unstreitig notwendige Bohraufschlüsse nach sich zieht. Der Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung "empfiehlt" in diesen Fällen eine Kampfmittelsondierung, behält sich aber - ebenfalls unstreitig - im Einzelfall Zwangsmaßnahmen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW vor. Der Beklagte hat bereits signalisiert, die Klägerin als Störer kostenrechtlich in Anspruch zu nehmen. Die grundsätzliche Möglichkeit, eine etwaige Kostenentscheidung anzufechten und im Rahmen dieses Rechtsstreits die Frage nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen entsprechender Einwendungen gegen den von dem Beklagten behaupteten Kostenanspruch klären zu lassen, nötigt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn diese Frage würde sich aufgrund der Größe des Projekts RRX und der zahlreichen noch anhängigen Planfeststellungsverfahren (vgl. hierzu die aktuelle Aufstellung unter www.rrx.de) in einer Vielzahl potenzieller Anfechtungsklagen stellen. Kann aber die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachgerecht und in voller Übereinstimmung mit dem Rechtsschutzinteresse durch Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, die Klägerin auf eine Gestaltungsklage zu verweisen, wo der Kern des Anliegens bloße Vorfrage wäre, deren Klärung im Übrigen im Einzelfall aufgrund fraglicher Entscheidungserheblichkeit möglicherweise ungewiss wäre. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Feststellungsklage im vorliegenden Fall als effektivere Rechtsschutzform dar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11/03 -, juris Rn. 19; Sodan/Ziekow, VwGO, 4 Aufl. 2014, § 43 Rn. 122 f.; vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 25. September 2012 - 1 K 339.10 -, juris Rn. 34.

Keiner Entscheidung bedarf daher, ob der dem Freigabebescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 15. Juli 2011 beigefügten Auflage ein materiellrechtlicher Gehalt innewohnt, mit dem zum Zweck einer sinnvollen Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Verfahrensbeteiligten ein Weg beschritten wird, auf dem das prozessuale Hindernis der Subsidiarität nicht mehr im Wege steht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 - 4 C 80.80 -, DVBl. 1982, 841, juris.

Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der Klägerin mit einer Anfechtung der vorgenannten Auflage nicht gedient gewesen wäre. Weder hätte sie dadurch einer Inanspruchnahme durch den Beklagten entgehen noch eine Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage erwirken können. Zu erwägen wäre in diesem Zusammenhang allenfalls, ob die Beigeladene zur Klärung der Grundsatzfrage nicht direkt den Beklagten hätte in Anspruch nehmen müssen. Eine entsprechende Feststellungsklage (vor dem Bundesverwaltungsgericht, vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) stand und steht ihr prinzipiell offen. Ob die Beigeladene diesen Weg beschreitet oder nicht, entzieht sich jedoch dem Einflussbereich der Klägerin, so dass ihr ein diesbezügliches Unterlassen der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit prozessual nicht zum Nachteil gereichen darf.

Lässt sich aber dem eigentlichen Rechtsschutzanliegen der Klägerin mit einer Feststellungsklage nicht bloß ebenso gut, sondern eher besser als mit einer Anfechtungs- klage Rechnung tragen, so steht § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Wahl dieser Klageart nicht entgegen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2004 - 4 C 11/03 -, juris Rn. 19, vom 7. September 1989 -7 C 4.89 -, NVwZ 1990, 162 und vom 29. April 1997 -1 C 2.95 -, NJW 1997, 2534, juris.

c) Es besteht auch das nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwGO berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung. Ein solches umfasst jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Es kann sich auf jede gegenwärtige Unsicherheit oder Ungewissheit in der Rechtsposition eines Klägers beziehen und liegt insbesondere dann vor, wenn der Beklagte eine vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsposition bestreitet. Dies ist hier der Fall. Es besteht erhebliche Unsicherheit in der Rechtsposition sämtlicher Verfahrensbeteiligter, insbesondere weil die Klägerin ein Recht des Beklagten, sie wegen der Kosten für die Kampfmittelsondierung und -räumung in Anspruch zu nehmen, bestreitet. Ein Abwarten von Sanktionen ist der Klägerin aus vorstehenden Gründen nicht zuzumuten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. November 2011 - 6 C 20/10 -, NVwZ 2012, 162, juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 15. Oktober 2003 - 6 A 4134/02 -, NWVBl. 2004, 320, juris Rn. 40 f.

Überdies besteht ein berechtigtes Interesse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Denn die Frage der Kostentragung bei Kampfmittelräumung stellt sich, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, nicht lediglich im Planfeststellungsbereich 1, sondern konkret und mehrfach im Rahmen des gesamten RRX-Projektes.

d) Schließlich ist die Klägerin klagebefugt, weil nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Beklagte die Klägerin nicht kostenmäßig in Anspruch nehmen darf. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung, die in § 43 VwGO nicht genannt wird, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber seit langem anerkannt ist, ist nur dann nicht erfüllt, wenn subjektive Rechte des Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können. Sie dient ebenso wie im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO dazu, Popularklagen zu verhindern.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 -, juris Rn. 20.

II. Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin darf von dem Beklagten nicht zur Kostentragung für eine Kampfmittelsondierung und -räumung in Anspruch genommen werden. Insofern mag offen bleiben, ob dies - wie die Klägerin meint - bereits aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung und Ziffer 2 des landesrechtlichen Runderlasses vom 9. November 2007 folgt. Denn die Klägerin kann einer Inanspruchnahme durch den Beklagten jedenfalls die Bestimmungen aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GG in Verbindung mit der so genannten "Staatspraxis" entgegenhalten. Der Beklagte ist insoweit gehalten, vorrangig die Beigeladene in Anspruch zu nehmen. Die genannten Bestimmungen des Art. 120 GG sind nämlich - einer Einwendung ähnlich - im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten anwendbar (1.). Das insoweit vorauszusetzende Bestehen eines verfassungsunmittelbaren Erstattungsanspruchs des Beklagten gegenüber der Beigeladenen aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG ist dem Grunde nach gegeben, so dass die Klägerin von dem Beklagten verlangen kann, sie nicht zu den Sondierungs- und Räumungskosten heranzuziehen (2.).

1. Die Klägerin kann sich gegenüber dem Beklagten auf Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Danach trägt der Bund die inneren und äußeren Kriegsfolgelasten. Zwar sieht die Vorschrift eine Erstattung "nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen" vor, die nicht erlassen sind. Diese Vorschrift ist aber ungeachtet dessen in bestimmten Fällen unmittelbar Grundlage für Ansprüche eines Bundeslandes gegen den Bund. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Räumung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg, für die die Länder zuständig sind.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, NVwZ-RR 2012, 787 = Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 10, juris Rn. 24, und vom 18. November 2010 -3 A 1.09 -, NVwZ 2011, 307 = Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 9, juris Rn. 16 m.w.N.

Die Beseitigung der aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden reichseigenen und ausländischen (alliierten) Kampfmittel ist eine Kriegsfolgelast. Mit diesem Begriff meint die Verfassung die Lasten solcher Kriegsfolgen, deren entscheidende - und in diesem Sinne alleinige - Ursache der Zweite Weltkrieg ist.

BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 - 2 BvF 5/56 - Kriegsfolgelasten, BVerfGE 9, 305 (323), juris Rn. 64 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012, - 3 A 1.11 -, juris Rn. 24, und vom 16. Dezember 1999 - BVerwG 3 A 1.99 -, Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 6 S. 3, juris.

Die Verfassung sieht insofern selbst eine finanzwirtschaftliche Verteilung der Kriegsfolgelasten vor, die den Gesetzgeber bindet, auf die aber auch dann zurückzugreifen ist, wenn das von der Verfassung vorgesehene Gesetz fehlt oder es sich gemessen an Art. 120 GG als unzureichend erweist.

BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 24, und vom 18. November 2010 -3 A 1.09 -, juris Rn. 16 m.w.N.

Zwar betrifft die Vorschrift lediglich eine Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern. Es handelt sich um eine ausschließlich das Bund-Länder-Verhältnis regelnde finanzverfassungsrechtliche Vorschrift - Gemeinden und ihre Aufgabenträger zählen staatsverfassungsrechtlich zu den Ländern (vgl. Art. 106 Abs. 9 GG) -, die Ansprüche Dritter gegen die öffentliche Hand nicht begründet.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1062 - 2 BvL 15/61, 2 BvL 16/61 - Fremdrentengesetz, BVerfGE, 14, 221, juris Rn. 47 ff.; Beschluss vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - Risikostrukturausgleich, BVerfGE 113, 167, juris Rn. 105, 114 ff.; BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1966 - V C 79.65 -, DÖV 1967, 133 = Buchholz 11 Art. 120 GG Nr 4, juris Rn. 32 m.w.N.; zur Zurechnung der Kommunen zu den Ländern vgl. Muckel, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 120 Fn. 16 m.w.N.

Art. 120 Abs. 1 GG erlangt jedoch nach der Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts insoweit Wirkung über das Verhältnis Bund-Länder hinaus, als die Vorschrift ihrer Wertung nach auch von Dritten einer Inanspruchnahme durch das Land entgegengehalten werden kann. Die Vorschrift ist demnach als Grundentscheidung darüber aufzufassen, wer die Kosten endgültig tragen soll. Daraus folgt, dass ein Bundesland, dem Aufwendungen für Kriegsfolgen entstanden sind, aufgrund der Zuordnung von Kriegsfolgelasten an den Bund nicht verpflichtet ist, seine Rechte im Verhältnis zu Dritten zu suchen. Dann ist es aber folgerichtig anzunehmen, dass Dritte ihrer Kosteninanspruchnahme durch das Land - einer Einwendung ähnlich - entgegenhalten können, das Land könne Erstattung vom Bund verlangen.

BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 42 -; Beschluss vom 8. November 2012 - 3 A 2.12 -, juris. - A.A. wohl noch Brand/Ristau, Rüstungskonversion, 1994, betreffend einen Gesetzesantrag mehrerer Bundesländer zum Erlass eines Rüstungsaltlastengesetzes, S. 92 ff., S. 108.

Dem schließt sich die erkennende Kammer - nicht zuletzt aus Gründen der Verfahrenswirtschaftlichkeit - an.

Diese Entscheidungen stehen nicht in Widerspruch zu der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Vorschrift des Art. 120 GG als finanzverfassungsrechtliche Regelung ausschließlich das Bund-Länder-Verhältnis betreffe und aus ihr keine Ansprüche Dritter gegen die öffentliche Hand hergeleitet werden könnten. Im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten stehen Ansprüche aus Art. 120 GG nicht in Rede. Zu entscheiden ist vielmehr, wie sich im Verhältnis zu einem möglicherweise polizeirechtlich Verantwortlichen auswirkt, dass die Kostenverantwortung für Kriegsfolgelasten nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG im Bund-Länder-Verhältnis dem Bund zugewiesen ist. Dazu hat sich auch das Bundesverfassungsgericht bisher nicht geäußert.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. November 2012 - 3 A 2.12 -, juris.

Dem Einwendungscharakter des Art. 120 Abs. 1 GG kann auch nicht entgegengehalten werden, die Klägerin dürfe als ein von der Beigeladenen beherrschtes Staatsunternehmen nicht als einwendungsberechtigte Dritte eingestuft werden, zumal die vorliegende Fallkonstellation mit derjenigen, über die das Bundesverwaltungsgericht am 31. Mai 2012 (- 3 A 1.11 -) entschieden habe, nicht vergleichbar sei. Zwar trifft es zu, dass die in dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als gemäß Art. 120 Abs. 1 GG einwendungsberechtigt erachtete und letztlich von den Ländern Berlin und Brandenburg beherrschte Betreibergesellschaft der Berliner Flughäfen (BFG) nicht in einem vergleichbaren Näheverhältnis zu der Beigeladenen wie die Klägerin steht. Hierauf kommt es in diesem Zusammenhang jedoch nicht an. Zum einen hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung mit der möglichen polizeirechtlichen Verantwortlichkeit der BFG - und nicht mit einer wie auch immer gearteten Staatsnähe - begründet. Diese (Zustands-)Verantwortlichkeit ist indes sowohl bei der BFG (als Pächterin) als auch bei der Klägerin (als bestehende oder künftige Eigentümerin der Bahnliegenschaften bzw. Inhaberin der tatsächlichen Gewalt i.S.d. § 18 OBG NRW) gegeben. Zum anderen ist die Einstufung der Klägerin als "Dritte" auch deshalb geboten, weil Art. 120 Abs. 1 GG die kriegsfolgenkostenrechtliche Letztverantwortlichkeit ausschließlich der Gebietskörperschaft Bund - und nicht etwa sonstigen Aufgabenträgern des Bundes zuweist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - Risikostrukturausgleich, juris Rn. 112; vgl. ähnlich zu Art. 110 GG: BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 - Bahnimmobilien, juris Rn. 26.

Hiervon ausgehend ist das Land gehalten, die Kosten zunächst selbst zu tragen (bzw. etwaige Vorverauslagungen der Klägerin an diese zurückzuerstatten) und sodann ein etwaiges Erstattungsverlangen ausschließlich gegen die Beigeladene zu richten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich - wie hier - ein Dritter ausdrücklich auf Art. 120 GG im Sinne einer Einwendung beruft und die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs des Beklagten gegen die Beigeladene dem Grunde nach vorliegen.

2. Der Beklagte kann, soweit er Kosten für die Sondierung und Räumung der Kampfmittel auf den Liegenschaften der Klägerin im Rahmen des RRX-Projektes übernimmt, von der Beigeladenen Erstattung aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG verlangen.

Voraussetzung eines solchen verfassungsunmittelbaren Anspruchs ist, dass die Beigeladene nach der bis zum 1. Oktober 1965 geübten Staatspraxis zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist (a), eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes - AKG - besteht (b), bei wertender Betrachtung ein Zurechnungs- bzw. Ursachenzusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Kampfmitteln und der Gefahr besteht (c), der Erstattungsanspruch auch dem Umfang nach gegeben (d) und der Klägerin die Verpflichtung der Beigeladenen nicht nachträglich zuzurechnen ist (e). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

a) Die Rechtsgrundlage eines Anspruchs des Beklagten ergibt sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG. Zwar bestimmt Art. 104a Abs. 1 GG, dass der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben tragen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Die Räumung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg ist eine Aufgabe der Gefahrenabwehr, die nach Art. 30 GG den Ländern obliegt; danach wären die entsprechenden Kosten von den Ländern zu tragen. Die Bestimmung macht jedoch einen ausdrücklichen Vorbehalt für abweichende Regelungen durch das Grundgesetz selbst. Eine solche Regelung enthält Art. 120 Abs. 1 GG, wonach der Bund die Aufwendungen für die inneren und äußeren Kriegsfolgelasten nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen trägt. Diese Vorschrift regelt unmittelbar und verbindlich die Kostentragungspflicht des Bundes für Kriegsfolgelasten. Zwar überlässt die Vorschrift die nähere Bestimmung dem Bundesgesetzgeber. Ihm ist dadurch aber nicht gestattet, den Begriff "Kriegsfolgelasten" nach seinen Vorstellungen abzugrenzen. Ebenso wenig enthält der Gesetzesvorbehalt eine Ermächtigung für den Bundesgesetzgeber, den Ländern ganz oder teilweise Kriegsfolgelasten aufzubürden oder sich seiner Kostentragungspflicht dadurch zu entziehen, dass er trotz zwingender und betragsmäßig feststehender Aufwendungen der Länder keine Gesetze erlässt.

BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, DÖV 2007, 164 = Buchholz 11 Art 120 GG Nr 8, juris Rn. 9 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 - 2 BvF 5/56 -, BVerfGE 9, 305, 318, 325, und Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 120 Rn. 16; Urteil vom 20. Februar 1997 - BVerwG 3 A 2.95 -, Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 5, juris.

Mangels gesetzlicher Konkretisierung bestimmt sich die Verteilung der Lasten aus der Beseitigung derartiger Kampfmittel zwischen Bund und Ländern nach der bis zum 1. Oktober 1965 geübten Staatspraxis. Das ergibt sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG. Nach dieser Bestimmung ist der Bund zur Übernahme von Aufwendungen für Kriegsfolgelasten, die - wie hier - in Bundesgesetzen weder geregelt worden sind noch geregelt werden, nicht verpflichtet, wenn diese Aufwendungen bis zum 1. Oktober 1965 von den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Aufgabenträgern, die Aufgaben von Ländern oder Gemeinden erfüllen, erbracht worden sind. Ausdrücklich ist dort zwar nur von den Aufwendungen für Kriegsfolgelasten die Rede, die die Länder und ihre Untergliederungen bis zum 1. Oktober 1965 erbracht haben. Dies ist ersichtlich eine Ausnahme von dem Grundsatz des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass der Bund entsprechend der verfassungsmäßigen Kostenzuordnung des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG Aufwendungen zu tragen hat, die er vor dem 1. Oktober 1965 schon erbracht hatte. Der Verfassungsgeber ist mithin davon ausgegangen, dass die bis dahin bestehende Lastenverteilung durch eine "allgemeine Schutzklausel" festgeschrieben werden sollte und der Bund zur Übernahme der Aufwendungen für solche Kriegsfolgelasten verpflichtet bleibt, die zu diesem Zeitpunkt von ihm - und nicht von den Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden - getragen worden waren. Es sollte also der seinerzeit bestehende durch die bisherige Staatspraxis geprägte status quo aufrechterhalten bleiben.

BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012, - 3 A 1.11 -, juris Rn. 25, und vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, juris Rn. 11 und 14; vgl. auch den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 15. August 1964, BT-Drs. 4/2524 S. 8 f.; Sturm, DVBl 1965, 719, 723. - Nach h.M. folgt das Fortbestehen der Verpflichtung des Bundes daraus, dass Satz 3 nur eine konstitutive Ausnahme von der Regel des Satzes 1 darstellt, nach Satz 1 also der Bund an sich zur Übernahme auch von nur landesgesetzlich oder überhaupt nicht geregelten Kriegsfolgelasten verpflichtet ist, vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl 2005, Art. 120 Rn. 14.

Die von Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG in Bezug genommene "Staatspraxis" ist in Kap. 3.2 Abs. 2 der Arbeitshilfen zur wirtschaftlichen Erkundung, Planung und Räumung von Kampfmitteln auf Liegenschaften des Bundes

Arbeitshilfen Kampfmittelräumung - AH KMR - Stand: 31. Oktober 2007, abrufbar unter www.arbeitshilfenkampfmittelraeumung.de

zutreffend festgehalten. Nach der dort wiedergegebenen Übung trägt der Bund die Beseitigungskosten auf seinen eigenen Liegenschaften, unabhängig davon, ob es sich um ehemals reichseigene oder ausländische Kampfmittel handelt. Auf nicht bundeseigenen Liegenschaften trägt der Bund die Beseitigungskosten hingegen nur für die ehemals reichseigenen Kampfmittel.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 26.

Grundlage dieser Staatspraxis sind - soweit es um die Entmunitionierung bundeseigener Grundstücke ging - Zusagen des Bundes aus den Jahren 1956 und 1959, wonach Maßnahmen zur Kampfmittelbeseitigung auf bundeseigenen Grundstücken ab dem 1. April 1956 von den zuständigen Landesbehörden im Benehmen mit dem das Grundstück nutzenden bzw. benötigenden Bundesministerium veranlasst und dem Land die Kosten von diesem Ministerium erstattet werden.

Vgl. die Schreiben des Bundesfinanzministers vom 24. Juni 1959 - V B 3 - 0 4013 - 260/59 und vom 4. Mai 1995 - V B 2 - VV 5042 - 110/95, S. 3; BT-Drucks. 3/62, S. 177.

Als bundeseigen galten nicht nur im Eigentum des Bundes stehende Liegenschaften, sondern auch solche unter Bundesverwaltung.

Vgl. die Antwort des Staatssekretärs des Bundesfinanzministeriums Hartmann im Rahmen der Fragestunde für die 6. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 6. Dezember 1957: "Ab 1. April 1956 trägt der Bund weiterhin die Entmunitionierungskosten, soweit es sich um Bundesliegenschaften oder um Liegenschaften handelt, die unter Bundesverwaltung stehen. [...]", BT-Drucks. 3/62, S. 177; vgl. auch RdErl. des Innenministers NRW vom 13. März 1963 - V III C 3/20.37.02 (Ziffer 1).

Anknüpfungsgrund für die Einstufung als bundeseigen oder nicht war - soweit ersichtlich - die "Verfügbarkeit" der Liegenschaft "für Zwecke des Bundes" (vgl. das Schreiben des BMF vom 4. Mai 1995, S. 3). Dies entsprach auch einem Grundsatz des AKG, die kriegsfolgenrechtliche Verantwortlichkeit eines Hoheitsträgers nicht nur auf sein Eigentum, sondern auch auf die unter seiner Verwaltung stehenden Gegenstände zu erstrecken.

Vgl. § 2 Nr. 3 AKG ("in das Eigentum oder die Verwaltung des Bundes oder eines anderen öffentlichen Rechtsträgers gelangten Sache"), § 25 Abs. 2 Nr. 1 AKG ("in das Eigentum oder in die Verwaltung eines anderen öffentlichen Rechtsträgers als des Bundes übergegangen"); vgl. auch die Verwaltungsvorschriften zum AKG - VV-AKG 01/2007, S. 4 (D I 1.1).

Dass sich an der Erstreckung auf Liegenschaften unter Bundesverwaltung etwas durch die Schreiben bzw. Erlasse des Bundesfinanzministeriums von 1958/59, die ausdrücklich nur bundeseigene Grundstücke erfassen, etwas substanziell geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund wurden nach der bis zum Stichtag (1. Oktober 1965) geübten Staatspraxis neben den Bundesautobahnen und Bundeswasserstraßen auch das Gelände der Bundespost und der Bundesbahn - letztere war ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes unter bundeseigener Verwaltung (vgl. §§ 1, 2 BundesbahnG) - als bundeseigen eingestuft.

Vgl. Thilo, DÖV 1997, 725, 726; RdErl. des Innenministers NRW vom 13. März 1963 - VIII C 3.20.37.02 (Ziffer 2); vgl. auch das Schreiben des BMF vom 4. Mai 1995, S. 5, unter Hinweis auf VV-AKG D 3.5, wonach die Grundstücke von Sondervermögen und Bundesbetrieben im Sinne von § 26 BHO wie bundeseigene Grundstücke behandelt wurden.

Das Gericht legt ferner zugrunde, dass nach der Staatspraxis ein Wechsel im Eigentum oder der Verfügungsbefugnis über eine Liegenschaft jedenfalls regelmäßig auch einen Wechsel der Kostenlast für die Kampfmittelräumung nach sich zog. So entstand die Kostenpflichtigkeit des Bundes neu, sobald eine Liegenschaft nachträglich in dessen Eigentum oder in die Verwaltung des Bundes gelangte (vgl. auch § 2 Nr. 3 AKG). Umgekehrt entfiel die Kostenpflicht, wenn der Bund seine Liegenschaften veräußerte oder die Verwaltung daran aufgab. In diesen Fällen nahm und nimmt das beklagte Land den (neuen) Verantwortlichen (i.d.R. den Eigentümer) über Ziffer 1.2 des Runderlasses vom 9. November 2007 in Anspruch ("ehemals bundeseigene Liegenschaften"). Das Gericht geht davon aus, dass insoweit das Schreiben des Bundesfinanzministers vom 4. Mai 1995 (S. 3, letzter Abs.) auch die bis zum 1. Oktober 1965 bestehende Staatspraxis zutreffend wiedergibt.

Ob ein Grundstück "bundeseigen" ist bzw. "unter Bundesverwaltung" steht, ist folglich nach den tatsächlich bestehenden Grundeigentums- bzw. Verwaltungsverhältnissen zum Zeitpunkt der Vornahme der kostenauslösenden Amtshandlung (Sondierung bzw. Räumung) zu beantworten. Im Übrigen wäre eine Beurteilung anhand der heute oftmals überholten Verhältnisse zum Stichtag 1. Oktober 1965 sinnwidrig.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012, juris Rn. 27, das zur Beurteilung, ob eine Liegenschaft "bundeseigen" ist oder nicht, ohne weiteres auf die erst 2005 entstandene Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) abstellt.

Von diesen Grundsätzen ausgehend sind die für das Projekt RRX maßgeblichen Liegenschaften der Klägerin als (mittelbar) bundeseigene bzw. unter Bundesverwaltung stehende Grundstücke im Sinne der Staatspraxis einzuordnen. Sie sind auch nach ihrer Übertragung auf die Klägerin, die entweder im Zuge der Bahnprivatisierung bereits erfolgt ist oder künftig noch - ggf. auch enteignungsrechtlich (vgl. §§ 21, 22 AEG) - erfolgen wird, nach wie vor "für Zwecke des Bundes verfügbar" und damit "bundeseigen" im Sinne der Staatspraxis. Denn sie unterliegen nach der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der Rechtsstellung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (aa) dem maßgeblichen, einer (mittelbaren) Bundesverwaltung vergleichbaren Einfluss des Bundes (bb).

aa) Gemäß Art. 87e Abs.1 Satz 1 GG wird die Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundes in bundeseigener Verwaltung geführt. "Eisenbahnen des Bundes" sind, wie aus Art. 87e Abs. 3 Satz 2 GG folgt, sowohl Unternehmen, deren Gegenstand der Transport von Personen und Gütern auf der Schiene sind (Eisenbahnverkehrsverwaltung), als auch Unternehmen, deren Tätigkeit der Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen ist (Eisenbahninfrastrukturunternehmen). Ob es sich um Eisenbahnen des Bundes handelt, hängt wie bei Art. 73 Nr. 6a GG von den Eigentumsverhältnissen ab. Infolge der Privatisierung der Bundeseisenbahnen kommt es darauf an, dass der Bund über die Mehrheit der Anteile an den Eisenbahnunternehmen verfügt.

Vgl. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn.14; Windthorst, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 15.

Zur Eisenbahnverkehrsverwaltung gehört zum einen die sonderordnungsrechtliche Verwaltung im traditionellen Sinne, vor allem die Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit dem Erbringen von Verkehrsdienstleistungen ("auf der Schiene") sowie dem Bau und dem Betreiben von Verkehrswegen ("an der Schiene"). Zu diesen gefahrenabwehrrechtlichen Aufgaben zählen etwa bahnpolizeiliche Aufgaben, die Abwehr von Angriffen auf den Bahnverkehr und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. Darüber hinaus beinhaltet Eisenbahnverkehrsverwaltung sonstige herkömmliche Verwaltungsaufgaben, insbesondere Hoheitsakte bei Planungs- und Leistungsverwaltung (z.B. die Erteilung von Genehmigungen und aufsichtliche Maßnahmen).

Zum anderen beinhaltet Eisenbahnverkehrsverwaltung über den Wortlaut hinaus auch das Vorhalten der für den Transport von Personen und Gütern notwendigen Infrastruktur. Sie umfasst die gesamte Administrativtätigkeit, die der Bund in Wahrnehmung seines Infrastruktursicherungsauftrages nach Art. 87e Abs. 4 GG auszuüben verpflichtet ist. Hierzu gehören nicht nur der Bau, Ausbau und Erhalt des Gleiskörpers, sondern auch sämtliche begleitenden Maßnahmen zur Unterhaltung der Eisenbahninfrastruktur in einem betriebssicheren Zustand. Da nach dieser Vorschrift der Bund für eine Grundversorgung im Eisenbahnsektor Sorge zu tragen hat, muss er auch über die für den Vollzug entsprechender Infrastrukturgesetze erforderlichen Administrativbefugnisse verfügen. Innerhalb des Gewährleistungsbereichs des Art. 87e Abs. 4 GG schreibt die Verfassung daher obligatorische Bundesverwaltung verbindlich vor, die der Bund als Pflichtaufgabe der Leistungsverwaltung zur staatlichen Daseinsvorsorge wahrnimmt. Die Zugehörigkeit der Tätigkeit der Klägerin zum Aufgabenbereich der öffentlichen Verwaltung wird durch die Privatisierung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht in Frage gestellt. Die Privatisierung beschränkt sich auf die Organisationsform und stellt keine - auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur unzulässige - materielle Aufgabenprivatisierung dar.

Vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10, juris Rn. 10 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 3 C 51.06 - juris; Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 20; Windthorst, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 16 f.

Das Substrat dieser Bundesverwaltung ist indes gegenüber der nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a.F. vorgeschriebenen Erfüllungsverwaltung deutlich verringert. Die Erbringung von Eisenbahndienstleistungen ist keine Verwaltungsaufgabe, dies ist Aufgabe der privatisierten Eisenbahnunternehmen. Denn nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG sind die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatwirtschaftlicher Form zu führen. Für den Bund besteht insoweit lediglich die Verwaltungsaufgabe, in dem von Art. 87a Abs. 4 GG vorgegebenen Umfang Dienstleistungen zu gewährleisten, und dies auch nur in einem verringerten Maße ("Rechnung tragen"). Somit besteht im Rahmen von Art. 87 Abs. 4 GG keine staatliche Erfüllungsverantwortung, sondern nur noch eine auf die adäquate Grundversorgung mit Eisenbahninfrastrukturangeboten reduzierte Gewährleistungsverantwortung.

Vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03 -, juris Rn. 24; Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 2006, Art. 87e Rn. 23, 180; Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 21 ff.; Windthorst, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 15.

Ist damit zur Umsetzung des Sicherstellungsauftrages eine unmittelbare Bereitstellung u.a. der Infrastruktur über entsprechende Angebote und Dienstleistungen durch den Bund von Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG ausgeschlossen, muss der Bund zur Sicherstellung der nach Art 87e Abs. 4 GG erforderlichen Grundversorgung auf seine Eisenbahnunternehmen einwirken. Derartige Einwirkungsmöglichkeiten werden von Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG, wonach die Eisenbahninfrastrukturunternehmen im - zumindest mehrheitlichen - Eigentum des Bundes stehen, vorausgesetzt. Diesem Einwirkungsauftrag kann der Bund zum einen mit den Mitteln des Eisenbahnverwaltungsrechts (z.B. hoheitliche Regulierung von Netzzugang, Schienenwegeausbau einschließlich Verkehrs- und Bedarfsplanung, Genehmigungsverfahren für Streckenstilllegungen, ggf. Entgeltregulierung, Finanzhilfen für die Infrastruktur, öffentliche Auftragsvergaben) und zum anderen über eine unternehmensinterne Einflussnahme auf die Eisenbahninfrastrukturunternehmen nachkommen.

Vgl. Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 2006, Art. 87e Rn. 176; Ehlers, Gutachten zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Eisenbahnen des Bundes (EBNeuOG) vom 15. September 2007, S. 54 m.w.N.; BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03 -, juris.

bb) Ausgehend von diesen grundgesetzlichen Vorgaben verfügt die Beigeladene über maßgeblichen Einfluss auf den hier allein relevanten Umfang des von Kampfmitteln zu räumenden Liegenschaftsbestandes der Klägerin, so dass die als Ausbaustrecke für das Projekt RRX vorgesehenen Trassengrundstücke als "bundeseigen" bzw. "unter Bundesverwaltung" im Sinne der Staatspraxis einzustufen sind. Dies ergibt sich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung daraus, dass der Schienenwegeausbau für den Rhein-Ruhr-Express sowohl aufgrund hoheitlicher Regulierung (1) als auch über eine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsverwaltung des Bundes (2) weitreichenden Steuerungsmöglichkeiten der Beigeladenen unterliegt.

(1) Die Beigeladene ist bereits aufgrund gesetzlicher und administrativer Instrumentarien in der Lage, den Erwerb von Liegenschaften durch die Klägerin, die zum Schienenwegeausbau notwendig sind, entscheidend zu steuern. Dies betrifft nicht nur die Unterhaltung, sondern auch und gerade den - unmittelbar liegenschaftsrelevanten - Neu- und Ausbau des Schienennetzes.

Diesbezüglich hat der Gesetzgeber weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes durch das Bundesschienenwegeausbaugesetzes vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874) in der Fassung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) - BSchWAG - vorgesehen. Welche Strecken neu bzw. ausgebaut werden, legt der Bund durch den Bedarfsplan zum BSchWAG fest. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes erfolgt durch vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte Fünfjahrespläne, die die Grundlage der Aufstellung von Ausbauplänen für die Bundesschienenwege bilden (§ 5 Abs. 1 BSchWAG). Nicht darin aufgeführte Strecken können gemäß § 6 BSchWAG nur in Ausnahmefällen aufgrund eines unvorhergesehenen Verkehrsbedarfs in die Ausbaupläne aufgenommen werden. Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen, wobei die Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen werden (§ 4 Abs. 1 BSchWAG).

Vorliegend ist die Ausbaustrecke Düsseldorf-Duisburg im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege (Anlage zu § 1 BSchWAG) als neues Vorhaben des vordringlichen Bedarfs unter 1. Buchst. b lfd. Nr. 20 enthalten. Dies gilt ebenfalls für die Knoten Köln und Dortmund (1. Buchst. lfd. Nr. 28). Sie sind auch im Bundesverkehrswegeplan 2003 als neue Vorhaben des vordringlichen Bedarfs unter 7.2.1.2 Tabelle 13 lfd. Nr. 26 aufgeführt.

Vgl. auch die Ergebnisse der Überprüfung der Bedarfspläne für die Bundesschienenwege und die Bundesfernstraßen vom 11. November 2010, S. 33, abrufbar unter www.bmvi.de/SharedDocs/DE/ Anlage/Internetredaktion/bedarfsplande.pdf?__blob=publicationFile.

Zwar wird auf der Ebene des Schienenwegeausbaugesetzes und des Bundesverkehrswegeplans nur über die Frage des grundsätzlichen Bedarfs einer Maßnahme - Neubau eines Verkehrsweges oder Ausbau vorhandener Infrastruktur - entschieden und nicht die konkrete Projektplanung einschließlich Linienführung und Trassierung festgelegt. Der Bedarfsplan kann deshalb Entscheidungen auf den nachfolgenden Planungsstufen im Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren nicht vorwegnehmen oder ersetzen. Die Generalplanungsebene entscheidet somit, ob der verkehrliche Bedarf für ein nach Netzverknüpfung, Ausbautyp und Investitionskosten beschriebenes Projekt vorhanden ist und dass ggf. planerische Schritte zu seiner Realisierung einzuleiten sind; hiervon nicht erfasst ist die Entscheidung, wie ein Projekt realisiert werden soll.

BT-Drs. 15/1656, S. 12 f.

Dieser Umstand steht jedoch einer kampfmittelkostenrechtlichen Einordnung der für den RRX vorgesehenen Trassengrundstücke als bundeseigen bzw. bundesverwaltet nicht entgegen. Wenngleich die Klägerin als planungsrechtliche Vorhabenträgerin die Trassierung letztlich parzellenscharf plant und durchführt, legt doch der Bund über die Bedarfsplanung den Anfangs- und den Endpunkt der Neu- oder Ausbaustrecke fest und bestimmt damit insbesondere bei dem Ausbau vorhandener Infrastruktur - trotz des planfeststellungsrechtlichen Gestaltungsspielraums des Vorhabenträgers etwa bei der Wahl einer trassennahen oder trassenfernen Ausbauprojektierung und der Grunderwerbsplanung - jedenfalls abstrakt auch deren Verlauf. Dies gilt insbesondere bezüglich des Ausbauvorhabens Rhein-Ruhr-Express, für das der Planfeststellungsbeschluss vom 21. August 2014 - bezogen auf das Gesamtprojekt RRX - als einzige Alternative zum (trassennahen) Ausbau der bestehenden Strecken den Projektverzicht benennt ("Nullvariante") und etwaige Trassenvarianten ausdrücklich ausschließt (S. 6, 50). Zudem gilt der gesetzlich festgestellte Bedarf im späteren Genehmigungsverfahren gemäß § 1 Abs. 2 BSchWAG als Planrechtfertigung. Das bedeutet, dass die Feststellung des verkehrlichen Bedarfs einer Maßnahme für die nachfolgende Planfeststellung verbindlich ist (gestuftes Verfahren). Hinter dieser Grundentscheidung über die Streckenführung als solcher tritt die von der Klägerin als planfeststellungsrechtliche Vorhabenträgerin und Bauherrin vorzunehmende Feinsteuerung in kampfmittelkostenrechtlicher Hinsicht zurück. Letztere geht insoweit über eine die Bundesentscheidungen ausfüllende bzw. konkretisierende Tätigkeit nicht hinaus. Somit verbleibt die grundsätzliche Befugnis zur Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahme beim Bund.

Vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2010 - 3 StR 312/10, juris Rn. 27.

Mag die Steuerungsmöglichkeit der Beigeladenen bezüglich des Erwerbs der jeweiligen Grundstücke noch Einschränkungen unterliegen, wird das aufgewogen, wenn es um deren Aufgabe geht. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt der Vermögens- und damit der Grundstücksverwaltung ist die Befugnis zur Veräußerung, d.h. der Umwandlung von Vermögenswerten. Insofern steht dem beigeladenen Bund bereits ein erheblicher Einfluss zu, wenn die Bahn sich von Schienenwegen trennen will. Deren Stilllegung bedarf der Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes (§ 11 AEG),

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 3 C 51.06 -, juris, BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03 -, juris Rn. 28,

ihre Veräußerung gar kraft Verfassung eines Bundesgesetzes (Art. 87 Abs. 5 Satz 2 GG). Insofern kommt der Beigeladenen die formell entscheidende Verwaltungskompetenz zu. Die Zulässigkeit der Veräußerung nicht bahnnotwendiger Liegenschaften aufgrund unternehmerischer Entscheidung der DB AG bleibt, da sie von Art. 87e Abs. 4 GG nicht erfasst wird, hiervon unberührt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 (Bahnimmobilien) - 2 BvE 3/08 -, juris.

Weiterhin spricht entscheidend für die bundeseigene Verwaltung, dass nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BSchWAG der Bund den Bau, den Ausbau von Schienenwegen sowie Ersatzinvestitionen finanziert. Dies erfolgt im Rahmen der Erfüllung des Infrastruktursicherungsauftrages aus Artikel 87e Abs. 4 GG.

BT-Drs. 15/1656, S. 12.

Die Durchführung und die Finanzierung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Baumaßnahmen geschieht gemäß § 9 BSchWAG auf der Grundlage von öffentlichrechtlichen Verträgen zwischen der DB AG, die ihrerseits dauerhaft auf Zuschüsse des Bundes angewiesen ist, und der den Neu- oder Ausbau finanzierenden Gebietskörperschaft, d. h. in aller Regel dem Bund, in denen konkrete Vorgaben für die Verwendung der Gelder gemacht werden. Der Bund beeinflusst insofern nicht nur durch die Planung, sondern auch durch die Finanzierung die grundsätzliche Entscheidung darüber, welche Strecken aus- bzw. neu gebaut werden. Dabei gibt es allein im Bereich der Neu- und Ausbauinvestitionen, in die der überwiegende Teil der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel fließt, konkrete Vorgaben für die Verwendung der Gelder durch öffentlichrechtliche Verträge.

Vgl. BGHSt, Urteile vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 -, juris Rn. 19, 27, und vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 -, juris Rn. 18 f.; BT-Drucks. 12/5015, S. 11; BR-Drucks. 555/07, S. 1.

Das ausschlaggebende Gewicht der Ausbaufinanzierung auf die Entscheidungen der Klägerin wird im vorliegenden Fall nicht zuletzt dadurch offenbar, dass die Klägerin das vorliegende Klageverfahren ausschließlich unter dem Druck eines drohenden Mittelentzuges durch das Eisenbahn-Bundesamt und in Erfüllung einer entsprechenden Auflage initiiert hat.

(2) Darüber hinaus ist die Beigeladene in der Lage, gesellschaftsrechtlich auf den Liegenschaftsbestand der Klägerin einzuwirken. Der Bund hat als Alleinaktionär der Deutsche Bahn AG grundsätzlich einen maßgeblichen Einfluss (auch) auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin bzw. ihres Vorstandes.

Gemäß Art. 87e Abs. 3 Satz 2 GG stehen die Eisenbahnen des Bundes im Eigentum des Bundes. Infolge der reinen Organisationsprivatisierung bedeutet die Formulierung "im Eigentum des Bundes", dass der Bund zumindest mehrheitliches Eigentum an den Anteilen dieser Gesellschaften hält (vgl. Art. 87e Abs. 3 Satz 3 GG).

Vgl. Windthorst, in Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 50.

Dass dem Bund im Rahmen von Art. 87e Abs. 4 GG die Möglichkeit - wenn nicht gar die Pflicht - zur Wahrnehmung gesellschaftsrechtlicher Steuerungsbefugnisse dem Grunde nach zusteht, ist weitestgehend anerkannt. Vorauszusetzen ist dabei, dass mit der Eigentümerstellung überhaupt wirksame gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten einhergehen müssen, denn ansonsten ginge die Eigentümerstellung über das bloße Innehaben eines wertmäßigen Anteils nicht hinaus.

Vgl. Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 2006, Rn. 89 ff.; vgl. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 73 f.; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87e Rn. 50, 67, 75 ("unternehmensinterner Einfluss" des Bundes als "verfassungsrechtlich abgesichertes Einflusspotential").

Art und Umfang der Einflussmöglichkeiten des Bundes sind im Einzelnen umstritten und nicht abschließend geklärt. Die Diskussion setzt eine Auseinandersetzung fort, die bereits die Entstehungsgeschichte des Art. 87e GG prägte. So brachte die Bundesregierung gegen die vom Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren erhobene Forderung, der Bund müsse Eigentümer der Schienenwege bleiben, den Einwand an, durch die Übertragung des Eigentums an Schienenwegen auf die Deutsche Bahn AG solle gerade ein "unternehmerischer Handlungszwang" geschaffen werden. Anderenfalls sei zu befürchten, dass die Deutsche Bahn AG "ähnlich einer Behörde" die Schienenwege lediglich "verwalten" und nicht "als eigenes unternehmerisches Produktionsmittel wirtschaftlich optimal nutzen" werde.

Vgl. BT-Drucks 12/5015, S. 16; zur Entstehungsgeschichte auch ausf. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 38 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 -, BVerfGE 129, 356 ff., juris Rn. 30.

Dementsprechend sieht eine Auffassung die Verpflichtung aller Eisenbahnen auf das Prinzip privatwirtschaftlicher Leistungserbringung als dominanten und vorrangigen Gehalt des Art. 87e Abs. 3 GG an mit der Folge, dass rein gemeinwohlorientierte Einwirkungen des Bundes auf das Unternehmen jedenfalls nicht ohne einen Nachteilsausgleich gemäß § 311 Abs. 1 AktG unzulässig seien.

vgl. Schmidt-Aßmann/Röhl, DÖV 1994, 577 (579 ff.); Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 45 ff.

Nach anderer Ansicht zielt Art. 87e Abs. 3 GG darauf, den Bund sozialpolitisch in die Pflicht zu nehmen und ihm die Mittel zu verschaffen, die für eine gemeinwohlorientierte Infrastruktursicherung erforderlich sind. Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG gewähre dem Bund ein Instrumentarium, mit dem er - neben anderen - seinen Infrastruktursicherungsauftrag gemäß Art. 87e Abs. 4 GG erfüllen könne.

Vgl. Uerpmann, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 87e Rn. 12 f., 16; Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hemel, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 87e Rn. 25; diff. Möstl, in: Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Stand: 2006; Art. 87e Rn. 89 ff.; vgl. zum Streitstand auch Masing, Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für ein Gesetz zur Neuordnung der Eisenbahnen des Bundes vom 8. Mai 2007, S. 11 ff. (abrufbar unter http://www.promobilitaet.de/media/file/413.Gutachten_Professor_Masing.pdf).

Die Möglichkeit des Bundes, entscheidenden Einfluss auf das Vorstandspersonal und die Geschäftsleitung zu nehmen, wird indes von keiner Seite ausdrücklich infrage gestellt. So wird - im Gegenteil - darauf verwiesen, dass der Vorstand eines im Bundeseigentum stehenden Unternehmens trotz seiner Unabhängigkeit (§ 76 AktG) einer Veranlassung des Bundes in aller Regel folgen werde, weil die Mitglieder des Vorstands über den personalpolitischen Einfluss des Bundes persönlich abhängig seien.

Masing, Rechtsgutachten, a.a.O., S. 14, unter Hinweis auf Hommelhoff/Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (555); vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03 -, juris Rn. 30.

Dies liegt darin begründet, dass der Bund als Alleinaktionär der Deutsche Bahn AG über gewichtige Personalkompetenzen und Überwachungsrechte (§§ 84, 111 AktG) verfügt, die sich auch auf die Geschäftstätigkeit des Vorstandes der Klägerin auswirken. Die Einflussnahme auf die Geschäftsleitung vermittelt sich insbesondere über die Aufsichtsratssitze, die einem Mehrheitsaktionär rechtlich zustehen. Maßgeblich ist hierfür zunächst der gesetzliche Rahmen zu Größe und Zusammensetzung der Aufsichtsräte. Die relativ geringste Repräsentanz eines Mehrheitsaktionärs ergibt sich insoweit für Unternehmen mit mehr als 20.000 Mitarbeitern, wie der DB Netz AG. Gemäß § 95 Abs. 1, 4 AktG i.V.m. § 7 MitbestG umfasst hier der Aufsichtsrat 20 Mitglieder, von denen jeweils 10 Mitglieder von den Arbeitnehmern bzw. Anteilseignern gestellt werden. Nach § 101 Abs. 1, 133 Abs. 1 Aktiengesetz werden die Vertreter der Anteilseigner von der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit gewählt. Daraus ergibt sich, dass der Mehrheitseigentümer mittels seiner Mehrheit in der Hauptversammlung die Anteilseignerbank vollständig besetzen kann. Dieser Einfluss wird weiter durch die Regeln zu Wahl und Stimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden präzisiert, die im Ergebnis sicherstellen, dass sich im Streitfall die Anteilseignerbank durchsetzen kann (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2, 31 MitbestG). In der Sache bedeutet dies, dass der Mehrheitseigentümer über die von ihm bestellten Mitglieder des Aufsichtsrates bei allen nach Mehrheit zu treffenden Entscheidungen (§ 108 AktG) das letzte Wort hat. Damit liegt auch die Personalkompetenz mittelbar in der Hand des Mehrheitseigentümers. So geht die Entscheidung, wer als Vorstandsmitglied und wer als Vorstandsvorsitzender zu bestimmen - und ggf. abzuberufen - ist, letztlich auf den Mehrheitseigentümer zurück und kann von den in seiner Verantwortung entsandten Mitgliedern allein durchgesetzt werden (§ 84 AktG). Ferner verfügt der von dem Bund als Alleineigentümer beherrschte Aufsichtsrat über weitreichende Überwachungsrechte gegenüber dem Vorstand bis hin zu dem Recht, bestimmte Geschäfte seiner Zustimmung zu unterwerfen (§ 111 AktG). Er übt damit einen bestimmenden Einfluss auf die von ihm beherrschte Aktiengesellschaft aus. Aufgrund dieser realen Einwirkungsmacht des Alleinaktionärs ist auch der Unternehmensvorstand vollständig von dem aktuellen Vertrauen des Bundes abhängig.

Vgl. Masing, Rechtsgutachten, a.a.O., S. 22 ff., 28 f.; Ehlers, Gutachten zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes (EBNeuOG) vom 15. September 2007, S. 43 ff., 56 (Fn. 160) unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz, vom 3. Mai 2007 - AZ III B 6 - 7410/20 - 35 110/2007 -, S. 5, wonach bei einer Aufgabe seiner Steuerung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen "von innen" der Bund "die Schienenwegepolitik [...] letztlich aus der Hand" gebe.

Der praktische Anwendungsbereich solcher Einflussrechte ist damit von erheblicher Bedeutung. Die Gesellschafterrechte des Bundes haben die Aufgabe, die Kontrolle einer effektiven Unternehmensführung sicherzustellen. Diese werden durch das Fehlen eines Beherrschungsvertrages gemäß §§ 291 ff. AktG zwischen der Beigeladenen und der Deutsche Bahn AG nicht geschmälert. Ein Beherrschungsvertrag hätte (sogar) ein unmittelbares Weisungsrecht des Bundes mit der Folgepflicht für den Vorstand (§ 308 Abs. 1 und 2 AktG) begründet. Von dieser Möglichkeit hat der Bund indes keinen Gebrauch gemacht. Besteht kein Beherrschungsvertrag, bleibt er als Eigentümer berechtigt, die Belange des gemeinen Wohls dort zur Geltung zu bringen, wo diese mit betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht konfligieren. Insbesondere darf nach § 311 Abs. 1 AktG ein herrschendes Unternehmen seinen Einfluss nicht dazu benutzen, eine abhängige Aktiengesellschaft zu veranlassen, Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen. Eine solche nachteilige Maßnahme wäre etwa die Erbringung vom Bund nach Art. 87e Abs. 4 GG geforderter, für die Bahn aber unrentabler Verkehrsleistungen. Etwas anderes gilt gemäß § 311 Abs. 1 AktG jedoch dann, wenn die Nachteile der Gesellschaft vollständig ausgeglichen werden, d.h. der Bund insoweit gegebenenfalls für einen finanziellen Ausgleich sorgt (sog. Nachteilsausgleich).

Vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 386/03 -, juris Rn. 31, Masing, Rechtsgutachten, S. 15.

Dieser Nachteilsausgleich ist bei dem Ausbauprojekt RRX, das in die Finanzierungslast des Bundes gemäß Art. 87e Abs. 4 GG fällt (s.o.), indes gegeben.

Die für das Projekt RRX maßgeblichen Liegenschaften der Klägerin sind damit, wenngleich sie nicht im zivilrechtlichen Eigentum der Beigeladenen bzw. der Bundesanstalt für Immobilien stehen, im Rahmen des von Art. 87e Abs. 4 GG vorgegebenen Gewährleistungsauftrages "für die Zwecke des Bundes verfügbar" und damit - wie die Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilien auch - (mittelbar) "bundeseigen" im Sinne der Staatspraxis.

Vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 -, Rn. 14 ff., der die Klägerin insgesamt als "verlängerten Arm des Staates" einordnet, der strafrechtlich einer Behörde gleichzustellen ist.

b) Die zu sondierenden und ggf. zu beseitigenden Kampfmittel sind im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG gefährlich.

Soweit es um die Beseitigung ehemals reichseigener Munition ging, wurde die Staatspraxis in Anlehnung an § 19 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden vom 5. November 1957 (BGBl I S. 1747) - (Allgemeines Kriegsfolgengesetz - AKG) i.V.m. § 1004 BGB entwickelt. Danach sind Ansprüche i.S.v. § 1 AKG, die auf einer Verletzung des Eigentums oder anderer Rechte an einer Sache oder an einem Recht beruhen, noch zu erfüllen, wenn die Erfüllung des Anspruchs zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit erforderlich ist. Der Bundesfinanzminister hat sich in den Jahren 1958/1959 den Ländern gegenüber bereit erklärt, nach Maßgabe dieser Regelung die Kosten für die Beseitigung deutscher Munition auf nicht bundeseigenen Liegenschaften zu erstatten.

Vgl. die Schreiben / Erlasse vom 20. Oktober 1958 - V B/3 - 0 4013 - 334/58 - und 24. Juni 1959, a.a.O.; BT-Drucks., 3/62, S. 178.

Die Vorschrift hat demnach die Staatspraxis bis zum 1. Oktober 1965 geprägt, und zwar auch für das Auffinden alliierter Munition auf bundeseigenen Liegenschaften. Das Vorliegen ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen ist daher auch nach diesem Zeitpunkt Bedingung für einen Erstattungsanspruch der Länder. Daher sind entsprechend § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG einem Land Aufwendungen für Kampfmittelbeseitigungen zu erstatten, wenn die Räumung zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit erforderlich war.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 29, und vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, juris Rn. 14.

Der Begriff der Gefahr ist nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen zu konkretisieren. Gefahr ist danach die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Welcher Grad an Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, hängt davon ab, welche Rechtsgüter gefährdet werden und welches Schadensausmaß droht. Da § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG Gefahren für die hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit im Blick hat, dürfen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadens keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; es genügt, dass die Möglichkeit von Schäden an diesen Rechtsgütern realistischerweise nicht ausgeschlossen werden kann. Auf die konkrete Absehbarkeit einer Detonation oder Detonationsneigung kommt es nicht an.

BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 31, 34, 36 f.

Ausgehend hiervon ist die Annahme einer Gefahr i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG gerechtfertigt. Denn in Anbetracht der von dem Beklagten im Einzelnen dargelegten Häufung von Kampfmittelfunden an Bahnhöfen und -strecken in NRW allein im Jahre 2012 einerseits

- hinzu kam noch der Fund in Dortmund-Hörde Ende November 2014 mit zeitweiliger Stilllegung des Bahnverkehrs -, vgl. http://www.rponline.de/nrw/staedte/bombeindortmundentschaerftpluendererfestgenommenaid-1.4704249,

und andererseits der historisch belegten Intensität, mit der die Eisenbahnverkehrsanlagen an Rhein und Ruhr vorrangig alliierten (Flächen-)Bombardements ausgesetzt waren,

vgl. hierzu etwa ausführlich Blank, Ruhrschlacht - Das Ruhrgebiet im Kriegsjahr 1943, 2013, S. 54 ff.; ders., Bitter Ends - Die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet 1944/45, 2015, S. 32 ff., vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriffe_auf_das_Ruhrgebiet#Beginn_des_ strategischen Bombenkriegs (Stand: 15. Januar 2015),

besteht grundsätzlich eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass es im Zuge der Untersuchungen im Planfeststellungsbereich 1 und darüber hinaus zu Kampfmittelfunden kommen wird. Von einer Gefahrenlage gehen schließlich auch die beiden Hauptbeteiligten übereinstimmend aus.

c) Die Gefahr ist auch im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG unmittelbar. Voraussetzung hierfür ist, dass die Gefahr dem Bund (noch) zurechenbar und ihre Beseitigung dringlich ist. § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG bringt dies mit dem Begriff der Unmittelbarkeit zum Ausdruck. Die Staatspraxis verpflichtet den Bund nämlich nicht dazu, für die Beseitigung von Kampfmitteln schlechthin einzustehen. Gemeint ist eine zeitliche und wertungsmäßige Nähebeziehung zwischen dem Vorhandensein von Kampfmitteln und den möglichen Schäden dergestalt, dass Abhilfe keinen Aufschub duldet. Diese Nähe ist anzunehmen, wenn es bei einem Verlauf der Dinge, mit dem nicht nur theoretisch zu rechnen ist, jederzeit unkalkulierbar zu einem dem Bund zurechenbaren Schaden durch Kampfmittel kommen kann. Dieser Zurechnungszusammenhang ist bereits im Begriff der Kriegsfolgelast angelegt. Es kommt daher entscheidend darauf an, dass bei wertender Betrachtung das Vorhandensein von Kampfmitteln die prägende und damit maßgebliche - und nicht nur entfernte - Ursache von Gefahren ist.

BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 35, 40.

Dies erscheint im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft. Ein Dazwischentreten anderweitiger Ursachen, die bei wertender Betrachtung das Vorhandensein von Kampfmitteln als entscheidende Ursache in den Hintergrund treten lassen könnten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere die Bauarbeiten oder der Bahnbetrieb kommen nicht als vorrangige (Mit-) Ursachen in Betracht. Die Verantwortung des Bundes für die von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren wird nicht durch Handeln Dritter verdrängt, mit dem sich diese innerhalb ihres Rechtskreises bewegen oder sonst sozialadäquat verhalten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 38.

d) Die von der Klägerin geltend gemachte Kostenfreistellung ist auch im Umfang nicht zu beanstanden.

Der Erstattungsanspruch nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst nur die Kosten solcher Arbeiten, die im Hinblick auf die Beseitigung der unmittelbaren Gefahr notwendig sind. Mit dieser Beschränkung der Erstattungspflicht auf notwendige Kosten verpflichtet die Staatspraxis die mit der Räumung befassten Behörden zum Schutz der Beklagten, Aufwendungen nur im unvermeidlichen Umfang zu tätigen. Maßnahmen, für die Erstattung verlangt werden kann, dürfen nicht über dasjenige hinausgehen, was geeignet und erforderlich ist, die Gefahr durch Kampfmittel effektiv und schadlos zu beseitigen.

BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 44, und vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, juris Rn. 16.

Dies beinhaltet auch die Kosten für Sondierungsmaßnahmen, die zur Aufklärung des Umfangs der Gefahr und der gebotenen Räumungsmaßnahmen erforderlich sind. Erstattungsfähig sind mithin die Kosten nicht nur für die Kampfmittelräumungsarbeiten an sich, sondern auch die Kosten für die Beprobung zur Erlangung einer repräsentativen Gefährdungsabschätzung im Vorfeld der Räumung. Hinzu kommen die Kosten von Vor- und Nebenarbeiten im Zusammenhang mit der Beräumung wie die Beseitigung von Bewuchs und Totholz in Trichter- und Grabenbereichen sowie das Einebnen von Grabungsstellen und das Umsetzen von Bodenmaterial zum Wiederherstellen des Geländes.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, Rn. 45 f., Urteil vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, juris Rn. 16.

Ob die - von der Klägerin "auflagengemäß" infrage gestellten - Betreuungskosten zu den notwendigen Aufwendungen im vorstehenden Sinne zählen, wird vorliegend dahinstehen können, weil dem Beklagten gegen die Klägerin bereits kein Anspruch auf die Nettokosten der Kampfmittelräumung zusteht (s.o.). Ein Anspruch auf die Nebenforderung liegt daher fern. Dessen ungeachtet ist die Frage - im Verhältnis zu der Beigeladenen - zu bejahen.

Von der verfassungsmäßigen Kostenzuordnung erfasst sind auch projektbezogene Betreuungskosten, die dem Beklagten im Zusammenhang mit der Beauftragung einer Räumfirma als Aufwand für die Planung der Räummaßnahme, Vergabe des Auftrags an die Räumfirma, der Überwachung seiner Durchführung und der Abnahme der Schlussrechnung entstehen. Hierbei handelt es sich um Kriegsfolgelasten in Form von Zweckausgaben i.S.d. Art. 120 Abs. 1 GG.

BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1997 - 3 A 2.95 -, juris Rn. 12 ff.; Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 64.

Die Berechtigung zur Erhebung einer Pauschale in Höhe von 7 Prozent der Rechnungsbeträge (ohne Mehrwertsteuer) folgt hier schon aus der von Beklagtenseite vorgelegten Rahmenvereinbarung, die am 7. März 2000 und am 24. Januar 2000 von dem Beklagten und der Beigeladenen ausdrücklich in Anlehnung an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 1997 gezeichnet worden ist (GA Bl. 123/124). Diese Vereinbarung stellt einen öffentlichrechtlichen Vertrag dar, an dessen Regelungen die Vertragsparteien in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte nach wie vor gebunden sind (§§ 59 ff. VwVfG). Die Höhe der Kostenpauschale von 7 Prozent des Rechungsbetrages ist in § 2 der Vereinbarung fixiert.

Ob ohne diese Vereinbarung erstattungsfähige Betreuungskosten nicht oder mit Blick auf die Wertungen des Finanzanpassungsgesetzes vom 30. Februar 1971 lediglich in geringerer Höhe angefallen wären,

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 64, 67,

bedarf daher keiner Entscheidung.

Dessen ungeachtet sind projektbezogene Betreuungskosten dann im Rahmen von Art. 120 GG erstattungsfähig, wenn sie nach der von den konkreten Beteiligten vor dem Stichtag 1. Oktober 1965 geübten Staatspraxis von der Beigeladenen gezahlt worden waren. Etwaige Aufklärungs-/Beweisschwierigkeiten gehen zu Lasten der Beigeladenen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 1997 - 3 A 2.95 -, juris Rn. 15 f., vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 64, und vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, juris Rn. 17.

e) Entgegen der Ansicht des Beklagten muss sich die Klägerin die kriegsfolgenrechtliche Kostenlast des Bundes nicht zurechnen lassen.

aa) Ein Zurechnungstatbestand folgt insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin (partielle) Gesamtrechtsnachfolgerin der Beigeladenen ist. Denn Art. 120 GG weist - wie bereits dargelegt - die kostenrechtliche Letztverantwortlichkeit ausdrücklich nur der Gebietskörperschaft "Bund" zu.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - Risikostrukturausgleich, BVerfGE 113, 167, juris Rn. 112; BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 42 ("[...] Grundentscheidungen zur Frage, wem die Kosten endgültig anzulasten sind").

Nichts anderes folgt aus der vom Beklagten angeführten Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG). Die Vorschrift bestimmt, dass mit Eintragung der Deutsche Bahn AG in das Handelsregister die aus dem Bundeseisenbahnvermögen ausgegliederten Teile einschließlich der Verbindlichkeiten jeweils als Gesamtheit (zunächst) auf die DB AG übergingen. Von derartigen Verbindlichkeiten sind Kriegsfolgekosten schon deshalb nicht erfasst, weil die verfassungsrechtliche Kostenzuordnung in dem durch Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG vorgegebenen Rahmen (Staatspraxis) nicht zugunsten des Bundes durch einfaches Bundesgesetz geändert werden kann. Dies wäre nur durch verfassungsänderndes Gesetz möglich. Zwar ist die Beigeladene nicht gehindert, nach dem Stichtag für bis dahin bundesgesetzlich nicht geregelte Kriegsfolgelasten Regelungen zu treffen, sie unterliegt insoweit dann aber hinsichtlich der Lastenverteilung wieder der Grundregel des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG.

So bereits die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. IV/2524, S. 9; Sturm, DVBl. 1965, 719 (723); Heckt, DÖV 1966, 10 (16); v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 120 Rn. 15; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 120 Rn. 21 m.w.N.

Bereits aus diesem Grund scheidet die Annahme aus, das Eisenbahn-Neuordnungsgesetz vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) - ENeuOG -, dessen Artikel 2 das DBGrG bildet, habe eine Überwälzung bahnliegenschaftsbezogener Kriegsfolgelasten auf die Deutsche Bahn AG bzw. später auch auf die privatisierten Eisenbahninfrastrukturunternehmen bewirkt. Dies war auch nicht beabsichtigt. Die Materialien zum Eisenbahnneuordnungsgesetz geben hierfür nichts her. Dass "Verbindlichkeiten" i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 DBGrG - oder auch des § 20 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen (Art. 1 ENeuOG) - Kriegsfolgekosten einschließen sollten, ist mit Blick auf die zivilrechtliche Ausrichtung dieser Vorschriften nicht ersichtlich.

Vgl. BT-Drucks. 12/4609, S. 70, 79.

Eine Neuregelung der Kriegsfolgelasten wird vielmehr seit etlichen Jahren durch immer wiederkehrende Gesetzesinitiativen des Bundesrates in Gestalt eines Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetzes angestrebt. Die bisherigen Entwürfe sind jedoch bislang stets am Widerstand der Bundesregierung gescheitert.

Vgl. hierzu die jüngste Bundesratsinitiative vom 27. August 2014, BT-Drs. 18/2411, S. 1, 13.

Schließlich ist ein Übergangstatbestand auch der Verfassung nicht zu entnehmen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte von Art. 87e GG

BT-Drucks. 12/5015

geben für eine Einschränkung der Kriegsfolgenlast des Bundes aus Art. 120 GG nichts her. Letztere blieb vielmehr von der Bahnprivatisierung unberührt. Der Beklagte weist selbst mehrfach - insoweit zu Recht - darauf hin, dass der Bund sich den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 120 Abs. 1 GG nicht durch bloße Organisationsprivatisierung entziehen kann. Dies kann im Übrigen erst recht nicht durch das Schreiben des Bundesfinanzministers vom 4. Juni 1995 erfolgt sein. Dieses kann die Staatspraxis nicht nachträglich abändern oder "konkretisieren", denn maßgeblich ist der am Stichtag 1. Oktober 1965 bestehende status quo.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2006 - 3 A 6.05 -, juris Rn. 17.

Die Befürchtung des Beklagten, durch die Organisationsprivatisierung würde ihm eine Durchsetzung seiner Ansprüche unzumutbar erschwert, ist ebenfalls unbegründet. Entsprechende Bund-Länder-Streitigkeiten sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der von Art. 120 Abs. 1 GG vorgezeichnete Weg. Dieser verfassungsrechtliche Vorrang der kriegsfolgenrechtlichen Letztverantwortlichkeit des Bundes besteht unabhängig davon, ob die Beigeladene ihre Verpflichtungen anerkennt oder bestreitet. Dessen ungeachtet ist es dem Beklagten durchaus zuzumuten, sich erforderlichenfalls mit der Beigeladenen gerichtlich auseinanderzusetzen. Wie die Vielzahl der vor dem Bundesverwaltungsgericht zum Kriegsfolgenrecht in Bezug auf die Kosten für die Beseitigung von Kampfmitteln geführten Bund-Länder-Streitigkeiten zeigt, sind derartige Erstattungsprozesse auch keineswegs von vornherein aussichtslos. Eine eventuelle Weigerung der Beigeladenen zur Übernahme der ihr von der Verfassung zugewiesenen Kostenlast rechtfertigt vor diesem Hintergrund keine Kostenüberwälzung auf die Klägerin.

Nichts anderes folgt aus dem von Beklagtenseite ins Feld geführten Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. September 2012 - 1 K 339/10 -. Darin wird zwar ausgeführt, dass die Störerhaftung auch eine private Gesellschaft als Zustandsverantwortliche treffen kann (juris Rn. 31). Diese Ausführungen betreffen indes lediglich die - vom Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vom 31. Mai 2012 (juris Rn. 42) ausdrücklich offen gelassene - Frage der gefahrenabwehrrechtlichen Verantwortlichkeit bzw. Störereigenschaft auf der so genannten Primärebene. Hiervon zu unterscheiden ist - auch nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin - die hier allein maßgebliche kostenrechtliche (Sekundär-)Ebene, für die Art. 120 Abs. 1 GG wiederum spezielle Vorgaben enthält.

bb) Schließlich stellt es keinen Wertungswiderspruch dar, wenn die Klägerin einerseits als materiell (einwendungs-)berechtigte Dritte angesehen wird, sie aber andererseits als "verlängerter Arm des Staates" gilt,

vgl. BGHSt, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 -, juris,

und deshalb ihre Grundstücke als bundeseigen bzw. bundesverwaltet eingeordnet werden. Die Qualifizierung der Liegenschaften als bundeseigen knüpft in verfassungsrechtlich sanktionierter Weise an die Staatspraxis an ("Übung"). Maßgeblich ist daher insoweit der anhand rechtstatsächlicher Kriterien zu bewertende Grad an Einflussmöglichkeiten des Bundes. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin formalrechtlich als eigenständiges Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilnimmt und als solche auch gegenüber dem Bund und den Ländern mit eigenen materiellen Rechtspositionen ausgestattet ist, die sich auch als Einwendungen manifestieren können. Denn Art. 120 Abs. 1 GG weist die kriegsfolgenkostenrechtliche Letztverantwortlichkeit ausschließlich der Gebietskörperschaft "Bund" - und nicht etwa sonstigen Aufgabenträgern des Bundes - zu.

BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - Risikostrukturausgleich, juris Rn. 112; vgl. auch zu Art. 110 GG BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 - Bahnimmobilien, juris Rn. 26.

Dieses Ergebnis ist letztlich die Konsequenz aus der verfassungsrechtlichen Konzeption, die für Eisenbahninfrastrukturunternehmen aufgrund der Privatisierungsschranken von Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3, Abs. 4 GG lediglich eine begrenzte Eigenständigkeit vorsieht. Schließlich hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit des Auseinanderfallens von dem Träger der Kostenlast nach Art. 120 Abs. 1 GG und dem (formellen) Liegenschaftsinhaber anerkannt.

BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 3 A 1.11 -, juris Rn. 27 für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

Dass die Einnahmen und Ausgaben der Klägerin aus Liegenschaftsgeschäften keine solchen der Gebietskörperschaft Bund darstellen,

BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 -, juris Rn. 26 f.,

steht dem nicht entgegen. Sie betreffen allenfalls haushaltsrechtliche Fragen, ohne dass hieraus tragfähige Rückschlüsse auf die Nähebeziehung der Beigeladenen zu den Liegenschaften der Eisenbahninfrastrukturunternehmen und die Einflussmöglichkeiten der Beigeladenen hierauf gezogen werden könnten.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene war nach Billigkeitsgesichtspunkten nicht an den Gerichtskosten zu beteiligen, da sie keinen Sachantrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die hier entscheidungserhebliche Frage, ob die Kosten für die Kampfmittelsondierung /-räumung auf den Liegenschaften der Klägerin nach der allgemeinen Schutzklausel in Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland anheimfallen, ist allgemein klärungsbedürftig. Da es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt, die in erster Linie das Bund-Länder-Verhältnis betrifft, lässt die Kammer zugleich die Sprungrevision zu, § 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 300.000,00 Euro festgesetzt.