SG Marburg, Urteil vom 10.12.2014 - S 12 KA 271/14
Fundstelle
openJur 2015, 3334
  • Rkr:

Das Medizinprodukt zur lokalen Kälteanästhesie (Vereisung) Chloraethyl Henning kann nicht zur Rheumabehandlung als Sprechstundenbedarf ("Mittel zur Kryotherapie der Haut") verordnet werden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um eine Regressforderung der Beigeladenen wegen unzulässiger Verordnung von Chloraethyl Henning als Sprechstundenbedarf in den beiden Quartalen I und II/11 in Höhe von insgesamt 772,50 Euro.

Der Kläger ist als Facharzt für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Rheumatologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 27.02.2014 auf Antrag der Verbände der Krankenkassen einen Regressbetrag in Höhe von 144,00 Euro wegen der Verordnung von Chloraethyl Henning als Sprechstundenbedarf im Quartal I/11 und von 628,50 Euro im Quartal II/11 fest. Zur Begründung führte sie aus bei Chloraethyl Henning handele es sich um ein Medizinprodukt, das nicht in der Anlage V der Arzneimittel-richtlinie aufgeführt sei, weshalb es nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig sei. Sie verweise auf § 1 Abs. 3 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Chloraethyl Henning zähle zu den allgemeinen Praxiskosten und sei mit der Gebühr laut EBM abgegolten. Die Sprechstundenbedarfsvereinbarung sei eine Positivliste. Artikel und Präparate, die nicht Inhalt der Vereinbarung seien, seien nicht zu Lasten des Sprechstundenbedarfs verordnungsfähig.

Hiergegen legte der Kläger am 07.03.2014 Widerspruch ein. Er führte aus, die Verordnungsfähigkeit von Chloraethyl Henning ergebe sich aus Nr. 6.2 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Als „Sonstige Arzneimittel“ würden Mittel zur Kryotherapie der Haut (Kohlensäureschnee, flüssiger Stickstoff o.ä.) aufgeführt werden, obwohl es gar keine Arzneimittel zur Kryotherapie der Haut gebe. Auch Kohlensäureschnee und flüssiger Stickstoff seien Medizinprodukte. Die Verordnungsfähigkeit von Kältetherapeutika der Haut sei gewollt und deshalb in die Liste der verordnungsfähigen Mittel aufgenommen worden. Die Auflistung unter der falschen Bezeichnung „Arzneimittel“ ändere daran nichts. Das Mittel Chloraethyl Henning sei ein Mittel zur Kryotherapie der Haut, das Kohlensäureschnee und flüssigem Stickstoff sehr ähnlich sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 27.05.2014 die Klage erhoben.

Er ist weiterhin der Auffassung, Nr. 6.2 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sei vorrangig und regle die Verordnungsfähigkeit von Chloraethyl Henning. Die Beklagte müsse sich fragen lassen, weshalb in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung Mittel zur Kryotherapie in den Leistungskatalog aufgenommen würden, obwohl diese gar nicht verordnungsfähig sein sollten. Fehler der Vereinbarung könnten nicht zu seinen Lasten gehen. Das Mittel bringe Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen eine deutliche Beschwerdelinderung. Dadurch könne in der Praxis eine schnelle Linderung erreicht werden. Er habe das Mittel seit 1999 unbeanstandet verordnet. Über die Änderung der Auffassung der Beklagten sei er nicht informiert worden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, bei Chloraethyl Henning handele es sich um ein Medizinprodukt zur Kryotherapie der Haut. Das Anwendungsgebiet sei die lokale Kälteanästhesie (Vereisung), z. B. bei Sportverletzungen, kleinen chirurgischen Eingriffen (z. B. Warzenentfernung) und zur Kältetherapie bei Schwellungen, Muskelschmerzen. Der Wirkstoff sei Chlorethan. § 1 Abs. 3 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung verweise auf die Arzneimittel-Richtlinie, in deren abschließender Positivliste das Mittel nicht aufgeführt werde. Chloraethyl Henning falle auch nicht unter die „Mittel zur Kryotherapie“ nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung, weil es in der Arzneimittel-Richtlinie nicht aufgeführt werde. Es gebe andere, verordnungsfähige Mittel zur Kryotherapie. Soweit das Mittel bei rheumatologischen Erkrankungen angewandt werde, müsse eine Einzelverordnung erfolgen.

Die Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 07.07.2014 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Gründe

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2014 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht einen Regress wegen der Verordnung von Chloraethyl Henning als Sprechstundenbedarf festgesetzt. Die Klage war abzuweisen.

Die sachlich-rechnerische Berichtigung ist formell rechtmäßig, insbesondere war die Beklagte zuständig.

Im Bereich der Beklagten ist eine Zuständigkeit der Prüfungseinrichtungen durch gesamtvertragliche Regelungen nicht begründet worden. § 48 Abs. 1 BMV-Ä in der ab 01.01.1995 geltenden Fassung sieht die Zuständigkeit der Prüfungseinrichtungen zur Feststellung von Schäden, die einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht, vor (zum Arzneikostenregress bei Einzelverordnungen s. a. Bundessozialgericht <BSG>, Urt. v. 14.03.2001 - B 6 KA 19/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 52). Dem entsprechend bestimmt auch § 14 Abs. 1 der ab 01. Januar 2008 geltenden und zwischen den hessischen Gesamtvertragsparteien geschlossenen Prüfungsvereinbarung vom 12.06.2008, dass der Prüfungsausschuss auch prüft, ob der Vertragsarzt mit seinen sonstigen Verordnungen gegen die Zulässigkeit der Verordnung, insbesondere im Hinblick auf die Richtlinien der Sprechstundenbedarfsvereinbarung verstoßen hat, soweit andere vertragliche Regelungen dem nicht entgegenstehen. Nach § 1 Abs. 4 der zwischen den hessischen Gesamtvertragsparteien geschlossenen Vereinbarung über die vertragsärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf vom 07. November 1994, gültig ab 1. Januar 1995 (im Folgenden: SV), die hier noch maßgeblich ist, da sie erst durch die ab 01. Juli 2011 geltende Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 14.04.2011 abgelöst wurde, sind, werden andere als die nach dieser Vereinbarung zulässigen Mittel als Sprechstundenbedarf verordnet, die hierdurch entstandenen Kosten bzw. Mehrkosten zu erstatten. Entsprechende Korrekturen sollen bei der Prüfung der Rechnungslegung vorgenommen werden. Scheidet diese Möglichkeit aus, sind auf Antrag der AOK Hessen die Kosten von der KVH im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung festzustellen und vom Vertragsarzt zu erstatten. Anträge auf Erstattung können nur innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Ausstellungsquartales der Verordnung gestellt werden und der betroffene Arzt soll zeitnah über die Einleitung eines Verfahrens informiert werden. Hiervon unberührt bleiben eventuelle Prüfanträge wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise. Diese richten sich nach den Bestimmungen der Prüfvereinbarung. Damit haben die Gesamtvertragsparteien in zulässiger Weise (vgl. LSG Sachsen, Urt. v. 26.01.2005 - L 1 KA 30/02 - juris, Rdnr. 51) eine Zuständigkeit der Beklagten begründet.

Die sachlich-rechnerische Berichtigung ist auch materiell rechtmäßig.

Soweit Nr. 6.2 SV „Mittel zur Kryotherapie der Haut (Kohlensäureschnee, flüssiger Stickstoff o.ä.)“ aufführt, handelt es sich um eine Vereisungsbehandlung mit Hilfe der genannten Stoffe, mit der eine Oberflächenanästhesie der Haut bewirkt werden kann. Während mit dem Kältemittel flüssiger Stickstoff eine Temperatur von ca. minus 196 Grad Celsius herbeigeführt werden kann, ist hiervon eine lokale Kälteapplikation zu unterscheiden, zum Beispiel mit Chloräthylspray, die an der Haut eine anästhesierende Wirkung ohne Zellschaden bzw. Gewebszerstörung hervorrufen soll (vgl. Gorlas, Kryotherapie und Lokalanästhesie der Haut mittels Kälteapplikation, DÄBl. 2012; 109 <5>, S. A-230).

Nach § 1 Abs. 3 SV sind die Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (n) sowie alle einschlägigen Gesetze, Verordnungen (insbesondere die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung) und Vereinbarungen über die Verschreibung von Arzneimitteln sind in ihrer jeweils gültigen Fassung bei der Verordnung des Sprechstundenbedarfs entsprechend anzuwenden. Die unmittelbare Geltung der Arzneimittel-Richtlinie folgt im Übrigen aus § 91 Abs. 6 SGB V und ergibt sich bereits aus §§ 81 Abs. 3, 95 Abs. 3 SGB V. Als bundesrechtliche Regelung geht die Arzneimittel-Richtlinie der landesrechtlichen SV vor (Art. 31 GG).

Nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009, Nr. 49a, zuletzt geändert am 21. Oktober 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 200: S. 4 446, in Kraft getreten am 1. Januar 2011, die in den hier maßgeblichen Regelungen im strittigen Zeitraum unverändert fort galt, sind nach Abschnitt J „Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten“ nur die Medizinprodukte verordnungsfähig, die in einer abschließenden Übersicht als Anlage V dieser Richtlinie aufgeführt werden (§ 27 Abs. 8 Satz 1 Arzneimittel-Richtlinie).

Chloraethyl Henning fällt als Medizinprodukt auch unter die Definition nach § 28 Arzneimittel-Richtlinie. Die Anlage V zur Arzneimittel-Richtlinie zählt die verordnungsfähigen Medizinprodukte auf. Die Liste enthält nicht das Medizinprodukt Chloraethyl Henning. Dieses ist damit nach der Arzneimittel-Richtlinie nicht verordnungsfähig.

Die Ärzte können als Sprechstundenbedarf im Sinne der Allgemeinen Bestimmungen A I.4. des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) die in den Anlagen zu dieser Vereinbarung aufgeführten Arzneimittel, Verbandmittel, Instrumente, Gegenstände und Materialien verordnen. Als Sprechstundenbedarf gelten hiernach nur solche Mittel, die ihrer Art nach bei mehr als einem Versicherten Verwendung finden oder bei Notfällen sowie im Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff bei mehr als einem Patienten zur Verfügung stehen müssen (§ 1 Abs. 1 SV). Mittel, die nur für einen einzelnen Patienten bestimmt sind, stellen keinen Sprechstundenbedarf dar, sondern sind zu Lasten der zuständigen Krankenkasse auf den Namen des Versicherten bzw. Berechtigten zu verordnen, sofern sich aus den Anlagen nichts anderes ergibt. Die Mittel, die auf den Namen des Patienten verordnet wurden (z.B. Ampullen), jedoch von diesem nicht mehr benötigt werden, gehen in den Sprechstundenbedarf über (§ 2 Abs. 2 SV). Die Anlage 1 zur SV beinhaltet die Liste der für den Sprechstundenbedarf möglichst nur einmal im Vierteljahr mit dem Ziel der wirtschaftlichsten Packungsgröße zu verordnenden zulässigen Mittel. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass es sich insoweit um eine Positivliste handelt und eine Verordnung nur dann erfolgen kann, wenn das Mittel auf dieser Liste enthalten ist.

Allerdings kann aus der fehlenden Verordnungsfähigkeit nach der Arzneimittel-Richtlinie nicht zwingend auf einen Verordnungsausschluss hinsichtlich der Verordnung von Sprechstundenbedarf geschlossen werden. Dies gilt nur insoweit, als überhaupt eine Verordnung im Einzelfall möglich ist und eine solche Verordnung nach der Arzneimittel-Richtlinie ausgeschlossen ist. Insofern bestimmt § 1 Abs. 3 SV auch nur, dass die Arzneimittel-Richtlinie „entsprechend“ anzuwenden ist. Hierauf kam es aber letztlich für die Kammer nicht an, so dass diese Frage offen bleiben kann, da das vom Kläger verwandte Mittel nicht zur Kälteanästhesie verwandt wurde.

27Chloraethyl Henning ist ein Medizinprodukt zur lokalen Kälteanästhesie (Vereisung). Durch Verdunsten des Chlorethans entsteht bei Aufsprühen auf die Haut eine lokale Kältewirkung, die die Schmerzempfindlichkeit unterdrückt. Die lokale Kälteanästhesie dient dazu, einen folgenden lokalen Eingriff, z. B. eine Punktion, zu ermöglichen. Insofern fällt Chloraethyl Henning grundsätzlich unter den von der SV verwandten Begriff „Mittel zur Kryotherapie der Haut“. Der Kläger hat aber selbst angegeben, das Mittel bei rheumatologischen Erkrankungen einzusetzen. Soweit hierbei wegen der allenfalls kurzfristigen Wirkung die Wirtschaftlichkeit fraglich ist bzw. zwingend nur eine Einzelverordnung für den Patienten in Betracht kommt, brauchte die Kammer hierüber nicht zu entscheiden. Die sachkundig mit einer Vertragsärztin und einem Vertragsarzt besetzte Kammer geht davon aus, dass jedenfalls bei rheumatologischen Erkrankungen der Verwendungszweck von Chloraethyl Henning von der SV nicht mehr erfasst wird, soweit kein anschließender Eingriff erfolgt. Von einem anschließenden Eingriff kann aber nach den Einlassungen des Klägers im Verwaltungsverfahren nicht ausgegangen werden. Anders wurde auch von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeführt. Im Übrigen muss ein Vertragsarzt im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung die Tatsachen vollständig im Verwaltungsverfahren vortragen. Ferner merkt die Kammer an, dass auch nicht erklärbar ist, dass die Verordnungen in größeren Stückzahlen von 10 oder 20 Stück erfolgten, da eine einzelne Dose für eine Mehrzahl von Patienten ausreicht.

Der Regress wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen setzt kein Verschulden des Vertragsarztes voraus (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 6/09 RBSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr. 27; BSG, Urt. v. 03.02.2010 – B 6 KA 37/08 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 26).

Soweit der Kläger letztlich Vertrauensschutz geltend macht, so setzt dies zumindest voraus, dass die für die Verordnung und Prüfung von Arzneimitteln zuständigen Körperschaften oder Gremien explizit die von den betroffenen Ärzten praktizierte oder beabsichtigte Verordnungsweise gebilligt und die Ärzte in Kenntnis dieser Auskunft der zuständigen Behörden ihre (erst nachträglich als fehlerhaft erkannte) Verordnungsweise fortgesetzt bzw. aufgenommen haben. Die Rechtsprechung des BSG zur Beachtung von Vertrauensschutzaspekten bei der nachträglichen Honorarberichtigung kann allenfalls auf solche Konstellationen übertragen werden, in denen eine einem Verwaltungsakt vergleichbare Äußerung der für die Leistungsbewilligung zuständigen Behörde vorliegt, die sich nachträglich als falsch erweist. Zuständig für solche Vertrauensschutz begründenden Äußerungen sind die Prüfgremien als Entscheidungsinstanz und/oder eventuell die Krankenkassen als Kostenträger. Innerhalb der gesetzlich oder gesamtvertraglich bestimmten Antrags- bzw. Prüfungsfristen müssen Vertragsärzte damit rechnen, dass ihr Verordnungsverhalten auf seine Rechtmäßigkeit überprüft wird. Bevor sich die Krankenkassen als Kostenträger und ggf. die Prüfgremien als für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer bestimmten Verordnungsweise zuständigen Gremien mit einer Verordnungsweise befasst und diese gebilligt oder beanstandet haben, kann sich schutzwürdiges Vertrauen der Ärzte auf deren Korrektheit von vornherein nicht entwickeln. Soweit Vertragsärzte etwa im Hinblick auf besonders hohe Kosten bestimmter, vorab Gewissheit über die Verordnungsfähigkeit erlangen wollen, müssen sie auf verbindliche Erklärungen der Entscheidungs- bzw. Kostenträger hinwirken. Nur Auskünften der Krankenkassen und der Prüfgremien kommt rechtserhebliche Bedeutung zu, was auch für die Verordnung von Arzneimitteln außerhalb der zugelassenen Indikationen anerkannt ist (vgl. BSG, Urt. v. 06.05.2009 - B 6 KA 2/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 24 = AZR 2009, 129 = USK 2009-23, zitiert nach juris Rdnr. 17 bis 22). Zuständig für solche Vertrauensschutz begründenden Äußerungen ist auch die Beklagte, da sie nach den genannten Regelungen Prüfbehörde ist.

Frühere Verordnungen wurden von den Krankenkassen und der Beklagten lediglich nicht beanstandet. Notwendig ist aber die Existenz einer verbindlichen Auskunft oder auch nur schriftlich niedergelegter Auffassungen oder aber, dass die Krankenkassen oder die Beklagte, wissend um die fehlende Verordnungsfähigkeit, die Verordnungen dennoch geduldet hätten, und der verordnende Arzt hiervon wiederum Kenntnis gehabt hätte. Hierfür fehlt es bereits an einem Sachvortrag. Anhaltspunkte sind hierfür auch nicht ersichtlich.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

[ Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss vom 21. Januar 2015 wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet und lautet:

Beschluss vom 21. Januar 2015

Das Urteil wird im Teil „Tatbestand“ auf Seite 2, letzter Absatz, 1. Satz wie folgt berichtigt:

Der Satzteil „zum Az.: S 12 KA 599/13“ wird gestrichen.

Offensichtliche Unrichtigkeiten sind jederzeit von Amts wegen zu berichtigen (§ 138 SGG).

Die offensichtliche Unrichtigkeit folgt bereits aus dem im Urteil angegebenen Az. des Verfahrens (S 12 KA 271/14). ]