OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.01.2014 - 3 U 110/13
Fundstelle
openJur 2015, 6081
  • Rkr:
Tenor

In dem Rechtsstreit … wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil, eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Gründe

I.

Die Kläger begehren Minderung des Kaufpreises für eine von der Beklagten zum Preis von 870.000,-- € erworbene Wohnung nebst Stellplatz.

Nach Bezug der Wohnung stellten die Kläger fest, dass ein Einparken auf dem erworbenen Garagenplatz mit größeren PKW wie dem von ihnen benutzten Audi A6 Avant nur mit äußerst aufmerksamer Fahrweise, rückwärts und nach mehrmaligem Rangieren möglich war. Die Kläger beziffern anhand privat eingeholter Gutachten den Minderwert des Stellplatzes auf 50%, den der Wohnung auf 3%.

Die Kläger haben behauptet, die eingeschränkte Nutzbarkeit des Garagenplatzes sei vor Abschluss des Kaufvertrages nicht erkennbar gewesen, darauf hingewiesen worden seien sie nicht.

Die Beklagte hat behauptet, die Kläger seien auf die beengte Situation der Tiefgarage vor Abschluss des Kaufvertrags mehrfach ausdrücklich hingewiesen worden.

Die Vorschriften der Bauordnung seien eingehalten, ein Mangel der Tiefgarage liege deswegen nicht vor.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung zweier Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens. Danach hat es mit Urteil vom 15.05.2013, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben. Die eingeschränkte Nutzbarkeit des Tiefgaragenplatzes stelle einen Mangel dar, über den die Kläger nicht hinreichend aufgeklärt worden seien. Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung sei entbehrlich gewesen, da die Beklagte eine Mangelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert habe und eine solche mit vertretbarem Aufwand auch gar nicht möglich wäre. Die Höhe der Minderung hat das Landgericht bezüglich des Tiefgaragenstellplatzes mit 17.500,- €, die der Wohnung (ohne geeigneten Stellplatz) mit 25.000,- € angenommen. Zugesprochen hat das Landgericht den Klägern auch weitere Schadensersatzpositionen.

Gegen dieses, der Beklagten am 21.05.2013 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 06.06.2013 eingelegt und - nach Verlängerung der Frist bis zu diesem Tag - am 21.08.2013 begründete Berufung.

Die Beklagte begehrt vollständige Klageabweisung. Sie behauptet, die Garagenplatzbeschaffenheit stelle keinen Mangel dar. Das erstinstanzliche Gericht sei insoweit von falschen Tatsachenfeststellungen ausgegangen, habe den kaufrechtlichen Mängelbegriff falsch interpretiert und das Ergebnis der Beweisaufnahme falsch gewürdigt. Eine Fristsetzung sei erforderlich gewesen, da Abhilfe durch einen Stellplatztausch habe geschaffen werden können. Insbesondere sei die Höhe der Minderung falsch berechnet worden. Das vom Sachverständigen verwendete Zielbaumverfahren zur Ermittlung der Minderungshöhe sei ungeeignet.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und begehren Zurückweisung der Berufung.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Diesbezüglich verweist der Senat zunächst auf das ausführlich und in jedem Punkt überzeugend begründete erstinstanzliche Urteil und macht sich dies uneingeschränkt zu Eigen.

Demgegenüber vermögen die Angriffe der Berufung nicht zu überzeugen.

Entgegen der dort vertretenen Auffassung besteht ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Rangieren und Rückwärtseinparken bereits bei PKWs von der Größe des Bemessungsfahrzeugs erforderlich ist. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen C, der in Anmerkung zur Anlage 5 ausführt „Fahrt auf Stellplatz 6 mit Bemessungs-Pkw nur rückwärts durch mehrmaliges Rangieren möglich." Soweit im Tatbestand des angefochtenen Urteils eine andere Stelle des Gutachtens zitiert wird, in der eine Einschränkung der Nutzbarkeit (auch) bei größeren Fahrzeugen konstatiert wird, stellt dies keinen Widerspruch dar.

Dass die Beklagte baurechtlich einen anderen (größeren) Stellplatz nicht errichten durfte, steht der Annahme eines kaufrechtlichen Mangels nicht entgegen. Zutreffend ist das Landgericht hier davon ausgegangen, dass  ein Mangel anzunehmen ist, die Kaufsache eine Beschaffenheit, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann, nicht aufweist (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB). Unzutreffend ist demgegenüber die Auffassung der Beklagten, die davon ausgeht, „gerade im Baurecht“ komme es nicht auf subjektive Erwartungshaltungen des Käufers an, vielmehr sei auf sei auf technische Vorgaben abzustellen. Richtig daran ist allein, dass der Käufer die Einhaltung der anerkannten Regeln der Bautechnik erwarten darf, darüber hinaus aber gilt auch hier der subjektive Mangelbegriff. Die Kläger durften erwarten, einen Parkplatz zu bekommen, auf dem sie ihr Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse mit üblichem Aufwand abzustellen, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob „der Stellplatz“ als besonders komfortabel und gut ausgestattet beworben wurde. Wie das Landegericht zutreffend ausgeführt hat, genügt es, dass die Wohnung, zu der der Parkplatz gehörte, als hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet angeboten wurde.

Soweit das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen ist, den Klägern sei die eingeschränkte Nutzbarkeit des Parkplatzes vor Abschluss des Kaufvertrages weder erkennbar gewesen noch seien sie hierauf besonders hingewiesen worden, ist der Senat hieran für die zweite Instanz gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich gebunden. Anhaltspunkte dafür, dass diese Feststellung unvollständig oder unrichtig getroffen wurde, sind weder ersichtlich noch mit der Berufung vorgetragen.

Zuzugeben ist der Beklagten, dass eine Abhilfe des Parkplatzmangels durch Tausch mit einem anderen Platz faktisch möglich gewesen wäre. Ob einer der anderen Wohnungskäufer zu einem solchen Tausch bereit gewesen wäre, kann dahin stehen, weil das Landgericht die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung nur hilfsweise auf diesen Aspekt gestützt hat. Einer Nachfrist bedurfte es nicht, weil die Beklagte die Beseitigung des Mangels vorprozessual ernsthaft und endgültig verweigert, insbesondere den jetzt in den Raum gestellten möglichen Tausch nicht angeboten hat.

Nach den vorstehenden Ausführungen stellen sich auch die Angriffe der Beklagten gegen die vom Sachverständigen vorgenommene Berechnung der Minderung als unbegründet dar. Da es sich bei der eingeschränkten Nutzbarkeit des Parkplatzes  um einen Mangel handelte, ist gegen die Anwendung des sog. Zielbaumverfahrens grundsätzlich nichts einzuwenden. Dass der Sachverständige geeignetes Vergleichsmaterial über den Gutachterausschuss hätte erhalten können, ist eine völlig unsubstantiierte Behauptung ins Blaue hinein, dass das Landgericht den Angaben des Sachverständigen gefolgt, ist, solches Vergleichsdaten seien entweder nicht verfügbar oder für einen Vergleich ungeeignet, ist nicht zu beanstanden.

Nicht nachvollziehbar ist, warum die Beklagte der Möglichkeit des Parkens auf dem Platz einen eigenen Wert beimessen will. Zutreffend hat der Sachverständige ausgeführt, dieses sei in den übrigen seiner Berechnung zugrunde gelegten Kriterien enthalten. Ein Parkplatz, der mit einem Fahrzeug überhaupt nicht erreicht werden kann, bietet die Möglichkeit zum Parken nicht, ein Parkplatz der nur eingeschränkt erreichbar ist, bietet auch die Möglichkeit des Parkens nur eingeschränkt. Damit wird deutlich, dass das Kriterium Parken unmittelbar mit dem der Erreichbarkeit zusammenhängt.

Letztlich ist auch nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht dem Sachverständigen dahin gefolgt ist, dass das Nichtvorhandensein eines geeigneten Parkplatzes den Wert der Wohnung selbst erheblich beeinträchtigt. In einer Großstadt ist das Vorhandensein einer festen Parkmöglichkeit für eine Wohnung ein ganz erheblicher wertbestimmender Faktor.

Nicht gehört werden kann die Beklagte auch mit dem Argument, den Klägern sei es möglich, den gekauften Parkplatz mit einem kleineren Zweitwagen zu benutzen. Nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag haben die Kläger keinen Zweitwagen, selbst wenn dies der Fall wäre, würde die Eignung des Parkplatzes nur für kleine Zweitwagen einen Mangel im Sinne der vorstehenden Ausführungen darstellen.

III.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Schreibens Stellung zu nehmen.

Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

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