OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2014 - I-15 U 92/14
Fundstelle
openJur 2015, 773
  • Rkr:

1.

Den unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gemäß § 4 Nr. 9 a UWG in Anspruch genommenen Verfügungsbeklagten trifft die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für Tatsachen, die die Entstehung einer an sich gegebenen wettbewerblichen Eigenart hindern oder deren Schwächung bzw. Wegfall begründen. Ein diesbezügliches non liquet geht daher zu seinen Lasten.

2.

Auch im einstweiligen Verfügungsverfahren dürfen die Ergebnisse einer im Rahmen eines Privatgutachtens erstellten Verkehrsbefragung nicht "blind" vom Gericht übernommen werden, sondern dieses muss insbesondere die richtige Auswahl und Anzahl der Befragten, die Fragestellung, die Vorgabe vollständiger Antwortalternativen bei geschlossener Fragestellung und die Ergebnisbewertung sorgfältig prüfen und eigenständig bewerten.

3.

Wird in der Eingangsfrage einer Verkehrsbefragung der Gegenstand missverständlich bezeichnet (hier: Bezeichnung einer "Leder-Nylon-Tasche" als "Stofftasche") leidet darunter regelmäßig die Überzeugungskraft der gesamten Verkehrsbefragung, weil anerkanntermaßen selbst geringfügige Eingangsfehler gravierende Auswirkungen auf die Ergebnisse haben können. Dies gilt selbst dann, wenn durch die Eingangsfrage keine der befragten Personen herausgefiltert wird, und im Rahmen der weiteren Fragen zwar Abbildungen des Gegenstandes gezeigt werden, jedoch in diesen Abbildungen nicht alle typischen, den Verkehrskreisen begegnenden Erscheinungsbilder des Gegenstandes enthalten sind (hier: Tasche in gefaltetem Zustand).

4.

Eine Verkehrsbefragung mit den unter Ziffer 3. genannten Mängeln vermag ferner nicht die aus sonstigen Umständen abgeleitete überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine vermeidbare Herkunftstäuschung zu entkräften.

Tenor

I. Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das am 20. Februar 2014 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 14c O 83/13) wird zurückgewiesen.

II. Der Verfügungsbeklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten ist unbegründet.

Der für den Erlass der einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund liegt mit Blick auf die Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG vor. Zu deren Widerlegung hat der Verfügungsbeklagte auch in zweiter Instanz nichts vorgetragen.

Wie nachfolgend im Einzelnen erläutert, ist auch der erforderliche Verfügungsanspruch gegeben. Das Landgericht hat der Verfügungsklägerin zu Recht einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 9 a UWG zuerkannt. Auch die vom Verfügungsbeklagten erstmals in der Berufungsinstanz eingereichten Verkehrsbefragungen (Anlagen Ag 23, Ag 24) geben keinen Anlass zu einer Abänderung der überzeugenden landgerichtlichen Entscheidung.

1.

Der Verfügungsbeklagte wendet sich zu Recht nicht dagegen, dass das Landgericht die Verfügungsklägerin als aktivlegitimiert angesehen hat. Ebenso steht zu Recht außer Streit, dass das Landgericht zutreffend ein gewerbliches Anbieten der streitgegenständlichen Tasche (vgl. die Bilder gemäß Anlage AG 13, wobei die Taschen in schwarzschwarzer Kolorierung ausweislich der Klarstellung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2014 nicht streitgegenständlich sind; vgl. ferner die Abbildungen im Urteil des Landgerichts, S. 4 unten; nachfolgend: "angegriffene Ausführungsform") festgestellt hat.

2.

Die Tasche "Le Pliage" weist die notwendige wettbewerbliche Eigenart auf, wobei das Landgericht hier zu Recht von einem hohen Grad der selbigen ausgegangen ist.

a)

Anerkanntermaßen genießen ausschließlich Waren mit wettbewerblicher Eigenart Nachahmungsschutz (BGH GRUR 2012, 58 Rn 48 - Seilzirkus; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. A., 2014, § 4 Rn 9.24). Die Funktion dieses (ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmals besteht darin, den Schutz vor Nachahmung auf solche Leistungsergebnisse zu beschränken, die unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer und der Allgemeinheit schutzwürdig sind, was bspw. hinsichtlich "Allerweltserzeugnissen" oder "Dutzendware" nicht der Fall ist (BGH WRP 2012, 1179 Rn 34 - Sandmalkasten).

Wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl BGH GRUR 2010, 80 Rn 23 - LIKEaBIKE; BGH WRP 2013, 1189 Rn 19 - Regalsystem; BGH GRUR 2013, 1052 Rn 18 - Einkaufswagen III). Ausreichend ist es, wenn der Verkehr aufgrund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Produkts die Vorstellung hat, es könne wohl nur von einem bestimmten Anbieter oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2007, 984 Rn 23 - Gartenliege), wobei die wettbewerbliche Eigenart gerade auf die übernommenen Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses zurückzuführen sein muss: Gerade diese müssen geeignet sein, im Verkehr auf eine bestimmte betriebliche Herkunft oder auf die Besonderheit des jeweiligen Erzeugnisses hinzuweisen (BGH GRUR 2007, 795 Rn 32 - Handtaschen). Letzteres ist immer dann zu bejahen, wenn sich das Produkt - unabhängig von der Anzahl der Merkmale - von anderen Produkten im Marktumfeld derart abhebt, dass der Verkehr es einem bestimmten Hersteller zuordnet (BGH WRP 2013, 1189 Rn 24 - Regalsystem).

Maßgebend ist die Verkehrsauffassung (BGH WRP 2012, 1179 Rn 19 - Sandmalkasten). Das Gericht kann die wettbewerbliche Eigenart regelmäßig aus eigener Sachkunde feststellen, auch wenn die Richter nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (BGH GRUR 2006, 79 Rn 27 - Jeans I; Bornkamm WRP 2000, 830, 832). Dazu muss es alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen, insbesondere auch solche Umstände, die für sich allein weder erforderlich noch ausreichend sind, um die wettbewerbliche Eigenart zu begründen. Insbesondere kann auch bei einem Rückgriff auf Gestaltungsmerkmale, wie vorhandene Formen und Stilelemente, die für sich allein nicht herkunftshinweisend wirken, die Kombination solcher Merkmale in ihrer Gesamtwirkung dem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart verleihen, wenn es sich von anderen Erzeugnissen abhebt (BGH GRUR 2010, 80 Rn 34 - LIKEaBIKE; OLG Köln GRUR-RR 2008, 166, 167). Denn maßgebend ist der Gesamteindruck des Erzeugnisses, nicht etwa eine zergliedernde und auf einzelne Elemente abstellende Betrachtung (BGH GRUR 2010, 80 Rn 32 - LIKEaBIKE). Für das Ausmaß der Bekanntheit kann es auch eine Rolle spielen, welchen Marktanteil und welche werbliche Präsenz das Produkt hat und wie lange es auf dem Markt ist (BGH GRUR 2013, 1052 Rn 25 - Einkaufswagen III). Dass die Gestaltungsmerkmale durch den Gebrauchszweck bedingt sind, ist unerheblich, sofern sie willkürlich wählbar und frei austauschbar sind (BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen). Der Verkehr kann sich aber nur an den äußeren Gestaltungsmerkmalen orientieren, also daran, wie ihm das Produkt begegnet (BGH GRUR 2002, 820, 822 - Bremszangen).

Wettbewerbliche Eigenart bedingt weder Neuheit noch Bekanntheit des Produkts (BGH GRUR 2009, 79 Rn 35 - Gebäckpresse). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die zur Gestaltung eines Produkts verwendeten Einzelmerkmale originell sind (BGH WRP 2012, 1179 Rn 34 - Sandmalkasten). Vielmehr ist entscheidend, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt ein Gepräge geben, das dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft ermöglicht (BGH GRUR 1985, 876, 878 - Tchibo/Rolex; BGH GRUR 2006, 79 Rn 24, 26 - Jeans I; BGH GRUR 2008, 1115 Rn 22 - ICON; BGH GRUR 2013, 1052 Rn 19 - Einkaufswagen III; BGH WRP 2013, 1189 Rn 25 - Regalsystem).

b)

Die Anwendung vorgenannter Grundsätze ergibt, dass das Landgericht zu Recht die Kombination folgender (ganz überwiegend ästhetischer) Merkmale der verschiedenen Modelle der Tasche "Le Pliage" als Ausdruck einer wettbewerblichen Eigenart eingeordnet hat:

a) Querformatiger, trapezförmiger Korpus aus Nylon oder nylonartigem Material,

b) dessen Oberseite sich mit einem Reißverschluss öffnen und verschließen lässt.

c) Beidseits unmittelbar neben dem Reißverschluss sind mit Sichtnähten voluminös ausgestaltete, schlauchförmige Tragegriffe und zwischen diesen ein Überschlag angebracht.

d) An beiden Enden des Reißverschlusses befinden sich leicht ansteigend überstehende Besatzstücke ("Ohren").

e) Tragegriffe, Überschlag und Besatzstücke sind aus Leder gefertigt, welches in farblichem Kontrast zum Korpus steht.

f) Die Tasche ist faltbar mit der Möglichkeit, die Faltung mittels des Überwurfs zu fixieren.

Diese Merkmale geben in ihrer Kombination der Tasche "Le Pliage" ein ganz eigenes Gepräge, welches sie deutlich vom vorbekannten Formenschatz abhebt.

Das Berufungsvorbringen gibt keinen Anlass für eine abweichende Entscheidung:

aa)

Soweit der Verfügungsbeklagte rügt, das Landgericht habe seine Wertung verfehlt allein auf den Inhalt der als Anlage Ast 5 vorgelegten Übersicht "101 Taschen" in der Ausgabe Mai 2003 der Zeitschrift "E." gestützt, verfängt dies aus mehreren Gründen nicht.

Zum einen hat das Landgericht diesen Artikel bloß "insbesondere" und damit rein exemplarisch als Beleg angeführt und alsdann im Einzelnen ausführlich und überzeugend herausgearbeitet, aus welchen Gründen es dem Verfügungsbeklagten nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt (Jahre 1994/95) bereits eine Tasche mit einer identischen Merkmalskombination und der damit verbundenen Kontrastwirkung bekannt gewesen sei.

Zum anderen wurde - wie dem Verfügungsbeklagten aus eigener Anschauung bekannt ist - die hohe Relevanz des vorgenannten Artikels für die Annahme der wettbewerblichen Eigenart der Tasche "LE PLIAGE" auch in einer früheren gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien zu einem geringfügig anderen Modell des Verfügungsbeklagten angenommen (siehe Urteil des 20. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 07.06.2011, Anlage Ast 11.6, S. 10, 2. Abs.; zuletzt ebenso OLG Köln GRUR-RR 2014, 287 - Le Pliage).

bb)

Soweit der Verfügungsbeklagte gegen die wettbewerbliche Eigenart der Tasche "Le Pliage" etwas aus den von ihm vorgelegten Münchener Entscheidungen (Anlage Ag 2) herleiten möchte, ist dem zu widersprechen.

Zwar betreffen diese Urteile nicht allein - dies entgegen dem Vorbringen der Verfügungsklägerin - ein Geschmacksmuster der Verfügungsklägerin (dessen Schutzbereich unstreitig hinter der o.g. Merkmalskombination zurückbleibt), sondern sie verneinen überdies auch Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Jedoch sprechen diese Urteile der Tasche "Le Pliage" nicht etwa per se die wettbewerbliche Eigenart ab, sondern verneinen "lediglich" eine Nachahmung bzw. Herkunftstäuschung durch die im dortigen Rechtsstreit streitgegenständliche Ausführungsform.

Ebenso wenig trägt der Hinweis des Verfügungsbeklagten auf die Entscheidung des LG Hamburg (312 O 174/07), da der betreffende (ebenfalls zwischen den hiesigen Parteien geführte) Rechtsstreit letztlich im Wege eines Prozessvergleichs vor dem OLG Hamburg endete, in dem sich der hiesige Verfügungsbeklagte bezüglich einer Reihe von Taschenmodellen vertragsstrafenbewehrt zur Unterlassung verpflichtete (vgl. Anlage Ast 16). Dass vom Vergleich - wie er betont - lediglich Auslaufmodelle erfasst seien, ist unerheblich; aus dem Ausgang jenes Rechtsstreits lässt sich jedenfalls nichts gegen die (hohe) wettbewerbliche Eigenart der Tasche "Le Pliage" herleiten.

cc)

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf korrespondiert mit einer Reihe obergerichtlicher Entscheidungen, die der Tasche "Le Pliage" allesamt eine durch die o.g. Merkmalskombination vermittelte (hohe) wettbewerbliche Eigenart attestieren. So hat beispielsweise das OLG Köln (Urteil vom 24.03.2006, 6 U 115/05 = BeckRS 2006, 05470) bereits im Jahre 2006 in Bezug auf die Tasche "Le Pliage" Folgendes festgestellt:

"Zwar entstammen die Einzelelemente, welche die klägerischen Taschen auszeichnen, durchaus dem vorbekannten Formenschatz herkömmlicher (Damen-) Handtaschen bzw. (faltbarer) Einkaufstaschen. Dies schließt es indes nicht aus, dass die Kombination vorhandener Elemente zu einer eigenständigen, neuartigen und deshalb im wettbewerbsrechtlichen Sinne eigenartigen Form führen kann ... So liegt der Fall hier. Das Gesamterscheinungsbild der Taschen wird geprägt von dem Spiel mit Kontrasten in drei Variationen, nämlich erstens dem Materialmix aus hochwertigemLeder für bestimmte Applikationen und demgegenüber Nylongewebe für den Taschenkörper, zweitens der Kombination von geprägtem Material (Leder) und glattem (Nylon) sowie drittens der Zweifarbigkeit dieser Materialien - das Leder wird durchgehend bei allen Modellen in einem mittelbraunen Farbton verwendet und mit andersfarbigem Nylonmaterial kombiniert. Die herkunftshinweisende Funktion ergibt sich zudem aus der Anordnung und spezifischen Formgebung der in Leder gehaltenen Teile, nämlich dem mittigen Überschlag, den zwei außen mit Sichtnähten angebrachten Henkelgriffen und den Abschlussapplikationen (,Ohren‘) an den Reißverschlussenden, an die sich der im Querformat angeordnete Taschenkorpus anschließt.

Die durch diese Gestaltungselemente bedingte Gesamtanmutung ist die einer sportlichen und funktionalen, gleichzeitig aber modernen, chicen und hochwertigen Tasche, welche zwar den Gebrauchswert altbekannter geräumiger und faltbarer Einkaufstaschen erreicht, ohne indes deren antiquiert wirkendes Erscheinungsbild aufzunehmen."

Daran hat das OLG Köln in einer neueren (nicht rechtskräftigen) Entscheidung (GRUR-RR 2014, 287 - Le Pliage) ausdrücklich festgehalten. Ferner hat sich das OLG Frankfurt a.M. dieser Sichtweise angeschlossen (vgl. GRUR-RR 2014, 34 - Falttasche).

dd)

Die (hochgradige) wettbewerbliche Eigenart der Tasche "Le Pliage" wird zusätzlich dadurch indiziert, dass die Verfügungsklägerin namhafte Hersteller und/oder Vertriebsunternehmen zur Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen bewegen konnte, z.B. den Hersteller F. (Anlage Ast 32) in Bezug auf die Tasche gemäß Anlage Ag 6 sowie den Händler G. (Anlage Ast 33) in Bezug auf Tasche gemäß Anlage Ag 7 (betreffender Hersteller H. wurde im Juli 2014 von der Verfügungsklägerin verklagt).

ee)

Die vom Verfügungsbeklagten in Bezug genommene Verkehrsbefragung aus dem Jahre 2006 (Anlage Ag 17) ist von vornherein irrelevant, da diese die Herstellermarke der Verfügungsklägerin und nicht etwa die Tasche "Le Pliage" zum Gegenstand hatte. Die für die Verkehrsdurchsetzung einer Marke geltenden Kriterien sind indes anerkanntermaßen strenger als der für § 4 Nr. 9 UWG anzusetzende Maßstab (vgl. z.B. BGH GRUR 2006, 79, 82 - Jeans I).

ff)

Auch das Berufungsvorbringen zum (vermeintlich) vorbekannten Formenschatz trägt keine Abänderung des landgerichtlichen Urteils.

aaa)

Insbesondere hat der Verfügungsbeklagte trotz der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf S. 9 unten bis S. 10 oben des angegriffenen Urteils in zweiter Instanz keine Tatsachen vorgebracht, aufgrund derer es überwiegend wahrscheinlich wäre, dass die Taschen gemäß Anlagen Ag 6 bis Ag 10 bereits im Zeitpunkt der Markteinführung der Tasche "LE PLIAGE" vertrieben worden seien. Diese Entgegenhaltungen vermögen deshalb mangels glaubhaft gemachter vorrangiger Priorität zumindest der ursprünglichen Entstehung der (hohen) wettbewerblichen Eigenart nicht entgegen zu stehen:

(1)

Zwar mag die Tasche gemäß dem als Anlage Ag 1 vorgelegten US-Patent aus dem Jahre 1925 vorbekannt gewesen sein. Jedoch hat das Landgericht diesbezüglich zu Recht angenommen, dass die betreffende Schwarz-Weiß-Zeichnung weder erkennen lässt, dass die gelehrte Tasche einen trapezförmigen Korpus, einen farblichen Kontrast zwischen Griffen/Überschlag einerseits und Korpus andererseits sowie seitliche Besatzstücke an Enden des Reißverschlusses aufweist. Vor diesem Hintergrund verfängt das auch mit der Berufung nochmals vorgebrachte Argument, derartige Taschen seien seit 1925 bekannt und die betreffenden Gestaltungsmerkmale seien seit Jahrzehnten immer wieder neu kombiniert worden, nach wie vor nicht. Abgesehen davon setzt wettbewerbliche Eigenart - wie oben erläutert - nicht Neuheit aller Einzelmerkmale einer Kombination voraus.

(2)

Die Berufung zeigt ferner teilweise bereits nicht auf, aus welchen Gründen die vom Landgericht angeführten und nachfolgend - der besseren Übersicht wegen -tabellarisch wiedergegebenen Unterschiede der Tasche "Le Pliage" im Vergleich zu Taschen im (vermeintlichen) wettbewerblichen Umfeld unzutreffend sein sollten. Insofern sind bereits eine ganze Reihe der vom Verfügungsbeklagten angeführten Entgegenhaltungen von vornherein unerheblich.

ENTGEGENHALTUNG

NICHT VERWIRKLICHTE MERKMALE

Tasche "Mollerus" (Anlage Ag 6)

kein farblicher Kontrast

Taschen der Serie "Easy" von I. (Anlage Ag 6)

auffallend andere, jaquardmusterartige Stoffstruktur

Tasche "Mark Adam" (Anlage Ag 9)

kein farblicher Kontrast

Tasche "David Iones" (Anlage Ag 9)

Tragegriffe und Überschlag völlig anders ausgestaltet

Tasche "Picard" (Anlage Ag 9)

zwar farblicher Kontrast, jedoch (nur) zwischen Tragegriff und Überschlag

Tasche "Daniel Hechter" (Anlage Ag 10)

kein farblicher Kontrast

Taschen "Gabor" und "Travelite" (Anlage Ag 10)

- kein querformatiger, trapezförmiger Korpus

- keine an beiden Enden des Reißverschlusses befindliche Besatzstücke

Insbesondere geht die in diesem Zusammenhang erfolgte Rüge des Verfügungsbeklagten, wonach das Landgericht in ergebnisverfälschender Weise unterschiedliche Maßstäbe bei der Prüfung der wettbewerblichen Eigenart und bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr angelegt habe und dessen Wertung daher "an der Lebenswirklichkeit vorbeigehe", fehl: Der Verfügungsbeklagte lässt außer Acht, dass es auch unter dem Blickwinkel der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks durchaus solche Details einer Merkmalskombination geben kann, deren Fehlen für sich betrachtet schon von so wesentlicher Bedeutung ist, dass auch der Gesamteindruck davon erheblich geprägt bzw. verfälscht wird, während andere Detailunterschiede im Einzelfall keine derartige Relevanz für den Gesamteindruck haben müssen. Die in der oben eingeblendeten Tabelle aufgezeigten Unterschiede sind allesamt von solcher Qualität, dass mit ihnen der durch die Merkmalskombination geprägte Gesamteindruck nachhaltig verändert wird, während dies mit Blick auf die betreffenden Unterschiede der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall ist (siehe näher unten zur Nachahmung und Herkunftstäuschung).

(3)

Ebenso wenig vermag sich der Senat dem Argument des Verfügungsbeklagten anzuschließen, wonach mit Blick auf die Münchener Entscheidungen (Anlage Ag 2) betreffend die Tasche "PICARD" nicht von einer (hohen) wettbewerblichen Eigenart der Tasche "Le Pliage" auszugehen sei.

Dem Verfügungsbeklagten ist in diesem Zusammenhang zunächst zuzugestehen, dass die seit 1995 vertriebene Tasche "PICARD" von allen Entgegenhaltungen die relevanteste für die Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart der Tasche "Le Pliage" ist und demgemäß das nächstliegende Exemplar des (von ihm eingewandten) vorbekannten Formenschatzes bildet. Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das Nylonmaterial dieser Tasche ein auffälliges Jaquardmuster aufweist, welches ein so prägnantes, den Blick auf sich ziehendes Merkmal darstellt, dass auch ein ganz anderer Gesamteindruck entsteht (so auch OLG Frankfurt, GRUR-RR 2014, 34 - Falttasche m.w.N.; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil gemäß Anlage Ast 11.6, S. 10 unten).

Zwar trifft es zu, dass es auch von der Tasche "Le Pliage" Saisonware mit Modellen gibt bzw. gegeben hat, deren Korpus bemustert ist. Jedoch handelt es sich insoweit gerade nicht um ein auffälliges Jaquardmuster, sondern wesentlich dezentere Muster, die daher nicht von erheblicher Relevanz für den - durch die oben genannte wettbewerblich eigenartige Merkmalskombination - hervorgerufenen Gesamteindruck sind.

(4)

Der Verfügungsbeklagte hat trotz der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf S. 9 unten bis S. 10 oben des landgerichtlichen Urteils auch in zweiter Instanz keine Tatsachen dargetan, aufgrund derer es überwiegend wahrscheinlich wäre, dass die übrigen (d.h. nicht die in der obigen Tabelle aufgeführten) Taschen gemäß Anlagen Ag 6 bis Ag 10 bereits im Zeitpunkt der Markteinführung der Tasche "Le Pliage" (im erforderlichen Umfange) vertrieben worden seien. Diese Entgegenhaltungen vermögen deshalb mangels vorrangiger Priorität zumindest der ursprünglichen Entstehung einer erstmaligen Begründung der wettbewerblichen Eigenart nicht entgegen zu stehen. Deshalb kann mit dem Landgericht bezüglich aller übrigen Entgegenhaltungen unter dem Aspekt der ursprünglichen Entstehung einer wettbewerblichen Eigenart zugunsten des Verfügungsbeklagten ohne nähere Prüfung unterstellt werden, dass diese die oben wiedergegebene Merkmalskombination (im Wesentlichen) verwirklichen.

bbb)

Darüber hinaus hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass das durch oben wiedergegebene Merkmalskombination vermittelte wettbewerblich eigenartige Gepräge der Tasche "Le Pliage" auch nicht durch zwischenzeitliche Entwicklungen der Marktsituation verloren ging. Es ist dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Verfügungsbeklagten (vgl. BGH GRUR 1998, 477, 479 - Trachtenjanker; OLG Köln GRUR-RR 2008, 166, 168; OLG Köln WRP 2013, 1500 Rn 13) auch in zweiter Instanz nicht gelungen, Tatsachen für ein nachträgliches Entfallen bzw. eine signifikante Schwächung der wettbewerblichen Eigenart glaubhaft zu machen.

Von einem Fortbestand der wettbewerblichen Eigenart ist trotz des Vertriebs von Nachahmungen im großen Umfang auszugehen, solange die angesprochenen Verkehrskreise zwischen Original und Kopie unterscheiden und die Kopie ohne weiteres oder nach näherer Prüfung als solche erkennbar ist (BGHZ 138, 143, 149 = GRUR 1998, 830, 833 - Les-Paul-Gitarren; BGH GRUR 2007, 795 Rn 28 - Handtaschen). Die wettbewerbliche Eigenart geht nur verloren, wenn die prägenden Gestaltungsmerkmale des nachgeahmten Originals (beispielsweise durch eine Vielzahl von Nachahmungen) Allgemeingut geworden sind, der Verkehr sie also nicht mehr einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (BGH GRUR 2007, 984 Rn 24 - Gartenliege; OLG Frankfurt WRP 2013, 1069, 1070).

Der Verfügungsbeklagte hat keine Angaben - auch nicht in zweiter Instanz - zum maßgeblichen Vertriebszeitraum und zu den einschlägigen Absatzzahlen derjenigen Entgegenhaltungen gemacht, hinsichtlich derer zugunsten des Verfügungsbeklagten unter aaa) angenommen wurde, dass sie die oben genannte Merkmalskombination erfüllen. Demzufolge konnte er weder ein nachträgliches Entfallen noch eine nachträgliche Schwächung der wettbewerblichen Eigenart der Tasche "Le Pliage" glaubhaft machen. Die vom Verfügungsbeklagten dargelegten Zahlen, wegen deren Einzelheiten auf S. 11 des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen wird, hat das Landgericht in Anbetracht der von der Verfügungsklägerin glaubhaft gemachten Daten zum Umfang des Vertriebes der Tasche "Le Pliage" (siehe auch dazu im Einzelnen die S. 11 des landgerichtlichen Urteils) als zu niedrig (bezogen auf die Absatzzahlen) bzw. zu kurz (bezogen auf den Vertriebszeitraum) angesehen und folgerichtig den notwendigen besonders intensiven Vertrieb von Nachahmungen verneint.

Erschwerend kommt in zweiter Instanz noch hinzu, dass die Verfügungsklägerin mittels der mit Schriftsatz vom 03.12.2014 eingereichten eidesstattlichen Versicherung der Frau Serafin (Anlage Ast 39) glaubhaft gemacht hat, dass die Absatz- und Umsatzzahlen mit der Tasche "Le Piage" in Deutschland in den letzten drei Jahren vor dem Markteintritt der angegriffenen Ausführungsform im Jahre 2013 noch höher waren, als sie vom Landgericht aufgrund der seinerzeitigen Angaben auf Seite 9 f. des Verfügungsantrages angenommen wurden, und zwar beim Eineinhalb- bis Dreifachen der ursprünglichen Zahlen liegen. Entsprechendes hat auch die vom Landgericht im inzwischen erstinstanzlich abgeschlossenen Hauptsacheverfahren durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt (vgl. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf gemäß Anlage Ast 37, S. 13 unten f.). Der betreffende Vortrag der Verfügungsklägerin ist unter dem Gesichtspunkt der "bloßen Vertiefung" schon nicht neu i.S.v. § 531 ZPO und damit - ungeachtet der grundsätzlichen Frage nach der Anwendbarkeit des § 531 ZPO im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes - hier ohne Weiteres zuzulassen: Es handelt sich nämlich lediglich um eine Konkretisierung derjenigen Daten, die in erster Instanz erkennbar als Mindestumsätze deklariert worden waren.

ccc)

Demgegenüber kann der Vortrag des Verfügungsbeklagten in Bezug auf die Tasche des Herstellers H. (Anlage Ag 8) auch im Berufungsverfahren keine Berücksichtigung finden (§ 531 Abs. 1 ZPO), weil das Landgericht dieses erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfolgte Vorbringen zu Recht unbeachtet ließ (§ 296a ZPO).

Es ist zwar sehr umstritten, ob und inwieweit das Verspätungsrecht des § 531 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren Anwendung finden darf (grundsätzlich bejahend OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2010 - 2 U 124/09, BeckRS 2010, 15662 m.w.N.; verneinend Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn 3.43 m.w.N.).

Der Senat sieht jedoch keinen Grund, weshalb ein in erster Instanz eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gemäß § 296a ZPO zu Recht unberücksichtigt gebliebenes Vorbringen vom Berufungsgericht trotz § 531 Abs.1 ZPO zwingend berücksichtigt werden müsste (vgl. auch OLG Köln BeckRS 2006, 00849). Es genügt zur angemessenen Wahrung des rechtlichen Gehörs einer Noven vorbringenden Partei jedenfalls, im Rahmen der Prüfung der Zulassungsgründe nach § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO weniger strenge Anforderungen als in einem Hauptsacheverfahren zu stellen (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 135).

Etwaige Zulassungsgründe hat der Verfügungsbeklagte, dem die Grundsätze des Verspätungsrechts nach § 531 ZPO ausweislich seines Schriftsatzes vom 03.12.2014 aufgrund einer Analyse von Großkommentaren und der einschlägigen BGH-Rechtsprechung bis ins Detail geläufig sind, in Bezug auf die Entgegenhaltung "H." allerdings nicht dargetan.

Hinzu kommt, dass die Verfügungsklägerin unstreitig im Juli 2014 gerichtlich gegen den betreffenden Hersteller vorging, so dass diese Entgegenhaltung jedenfalls aus den unter ddd) genannten rechtlichen Gründen der wettbewerblichen Eigenart der Tasche "Le Pliage" nicht entgegen stehen kann.

ddd)

Das Landgericht hat es zu Recht dahinstehen lassen, ob diejenigen Produkte, die in den im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 14.01.2014 übergebenen Flyern abgebildet sind, relevante Nachahmungen sind. Denn die vom Verfügungsbeklagten diesbezüglich vorgetragenen Stückzahlen sind wiederum zu gering, als dass sie ein Entfallen der wettbewerblichen Eigenart bewirken könnten. Ferner ist in rechtlicher Hinsicht zu beachten, dass die Verfügungsklägerin - wie letztere glaubhaft gemacht hat - Nachahmungen ernsthaft und umfangreich verfolgt. Dies wird eindrucksvoll allein schon anhand der zahlreichen veröffentlichten Entscheidungen zur Tasche "Le Pliage" belegt. Anerkanntermaßen geht die einmal begründete wettbewerbliche Eigenart nicht infolge von Nachahmungen verloren, wenn der Originalhersteller sein Produkt aktiv gegen Nachahmer verteidigt hat (BGH GRUR 2010, 80 Rn 37 - LIKEaBIKE; BGH WRP 2013, 1189 Rn 21 - Regalsystem).

eee)

Das Landgericht hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, dass die wettbewerbliche Eigenart der Tasche "Le Pliage" angesichts der auf S. 12, 3. Abs. des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen angeführten umfangreichen Presseberichterstattung in den letzten Jahren sogar noch eine Steigerung erfuhr. Soweit der Verfügungsbeklagte diese Berichterstattung allein auf eine intensive Pressearbeit der Verfügungsbeklagten zurückgeführt wissen will, hat das Landgericht diesem Argument mit überzeugender Begründung keine Bedeutung beigemessen: Erstens kann auch eine noch so intensive Pressearbeit allein nicht dafür sorgen, dass ein Produkt immer wieder Eingang in bekannte Zeitschriften findet und Prominenente (wie z.B. Kate Moss und Kate Middleton) mit diesem abgebildet werden. Zweitens ist zu beachten, dass bereits die zahlreichen Veröffentlichungen allein aufgrund ihrer Existenz - also ungeachtet ihrer vermeintlichen "eigentlichen Quelle" - für einen Anstieg der Bekanntheit der Tasche "Le Pliage" sorgten.

fff)

Die nach alledem vom Landgericht im Einklang mit obergerichtlichen Entscheidungen überzeugend begründete hohe wettbewerbliche Eigenart der Tasche "Le Pliage" vermochte der Verfügungsbeklagte auch nicht mittels der erstmals im Berufungsverfahren vorgelegten Verkehrsbefragung I (Anlage Ag 23) zu entkräften.

Da den Verfügungsbeklagten - wie bereits ausgeführt - die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für diejenigen Tatsachen trifft, die das Entstehen einer an sich gegebenen wettbewerblichen Eigenart hindern oder deren Schwächung bzw. Wegfall begründen, geht bereits ein diesbezügliches non liquet zu seinen Lasten. Im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens bestehen dezidierte Zweifel an der Überzeugungskraft der vorgelegten Verkehrsbefragung I, wobei der Senat eine signifikante Auswirkung auf deren Ergebnis nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen kann, so dass dem Verfügungsbeklagten die erforderliche Glaubhaftmachung nicht gelungen ist.

Ein Gericht darf Verkehrsbefragungen nicht "blind" übernehmen, sondern es hat eine eigene Bewertung und Gewichtung vorzunehmen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn 2.87). Das gilt erst recht, wenn es sich - wie hier - letztlich um ein Privatgutachten handelt, das als substantiierter Parteivortrag anzusehen ist (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 402 Rn 1 m.w.N.): Zwar können auch Privatgutachten grundsätzlich durchaus dem Gericht die notwendige Sachkunde vermitteln (BGH GRUR 2001, 770, 772 - Kabeldurchführung II), jedoch sind diese einer besonders kritischen Prüfung zu unterziehen (vgl. BGH GRUR 1987, 171 - Schlussverkaufswerbung; BGH GRUR 1992, 70, 72 - 40 % weniger Fett; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 10. A., Kap. 47 Rn 23). Das Gericht muss sich selbst in die Demoskopie einarbeiten und trägt letztlich selbst die Verantwortung für die Würdigung einer Verkehrsbefragung (vgl. BGH GRUR 1987, 535, 538 - Wodka Woronoff). Im Rahmen der Beurteilung von Verkehrsbefragungen muss insbesondere sorgfältig auf die richtige Auswahl und Anzahl der Befragten, die Fragestellung, die Vorgabe vollständiger Antwortalternativen bei geschlossener Fragestellung und die Ergebnisbewertung geachtet werden (BGH GRUR 2009, 954 - Kinder III; umfassend Eichmann, in: Münchner Anwalts-Handbuch Gewerblicher Rechtsschutz, § 9, 4. A., 2012; Ahrens/Spätgens, Der Wettbewerbsprozess, 7. A., Kap. 28 Rn 39).

Wie oben bereits ausgeführt, gelten für die Bejahung wettbewerblicher Eigenart nicht so strenge Kriterien wie für die Verkehrsdurchsetzung einer Marke, für die der Bundesgerichtshof eine untere Grenze nicht unterhalb von 50% der angesprochenen Verkehrskreise zieht (vgl. BGH GRUR 2009, 954 - Kinder III m.w.N.). Vielmehr genügt für die Begründung einer wettbewerblichen Eigenart eine gewisse Bekanntheit auf dem inländischen Markt im Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung (BGH GRUR 2009, 79 Rn 35 - Gebäckpresse), bei der die Gefahr der Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang besteht (BGH, GRUR 2007, 984 Rn 34 - Gartenliege). Die wettbewerbliche Eigenart setzt nicht notwendig Bekanntheit des Produkts voraus; letztere spielt allein für die Frage einer (vermeidbaren) Herkunftstäuschung eine Rolle (BGH GRUR 2009, 79 - Gebäckpresse).

(1)

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Verkehrsbefragung I schon deshalb von einem grundsätzlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, weil sie nicht nur Frauen, sondern - und zwar ohne eigenständige Eruierung der angesprochenen Verkehrskreise - auch Männer zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt, und demzufolge auch männliche Personen befragt wurden.

In der bislang ergangenen Rechtsprechung zur Frage der wettbewerblichen Eigenart der Tasche "Le Pliage" wurden - soweit überhaupt thematisiert - als angesprochene Verkehrskreise weibliche, modebewusste Verbraucher angesehen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 24.03.2006, 6 U 115/05 = BeckRS 2006, 05470), wobei unklar ist, ob die Verkehrskreise damit exklusiv abgegrenzt werden sollten. Allerdings erscheint dem Senat eine (völlige) Außerachtlassung männlicher Personen zumindest fraglich, und zwar vor dem Hintergrund, dass bei Waren des täglichen Bedarfs in der Regel auf die gesamte Bevölkerung abzustellen ist (BGH GRUR 2010, 138 Rn 46 - ROCHER-Kugel; BGH GRUR 2009, 954 Rn 27 - Kinder III; siehe insbesondere BGH GRUR 2008, 710 Rn 31 - VISAGE: Kosmetika "für Frauen" können Männer ansprechen, wenn sie auch für letztere geeignet sind) und nur solche Verbraucher, die ausdrücklich ausschließen, je derartige Waren zu erwerben, bzw. sie kategorisch ablehnen, auszuklammern sind (BGH MarkenR 2008, 176, 177 - Melissengeist, Tz. 15; BGH GRUR 2006, 760 - LOTTO, Tz. 22; BGH GRUR 2007, 1066 - Kinderzeit, Tz. 35; BGH GRUR 1994, 627, 628 - Erdinger; BPatG GRUR 2007, 593, 596 - ristorante). Dies gilt umso mehr, als dafür anerkanntermaßen auch ein Erwerb für Dritte (z.B. als Geschenk für Familienmitglieder mit anderen Präferenzen) ausgeschlossen sein muss (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. A., § 14 Rn 449).

Da die Richtigkeit des Ergebnisses der Verkehrsbefragung I jedenfalls aus den unter (2) und (3) genannten Gründen erheblichen Zweifeln unterliegt, bedürfen vorstehende Fragen - insbesondere die Klärung, ob die Tasche "Le Pliage" der Kategorie "Waren des Alltagslebens bzw. täglichen Bedarfs" (vgl. Ahrens/Spätgens, Der Wettbewerbsprozess, 7. A., 2013, Kap. 28 Rn 24) zuzuordnen ist - im vorliegenden einstweiligen Verfügunsgverfahren keiner abschließenden Entscheidung.

(2)

Die nicht näher begründete Eingrenzung der angesprochenen Verkehrskreise in der Verkehrsbefragung I leidet zumindest darunter, dass sich die Eingangsfrage 1 gemäß Anhang 4.1 ("Fragebogen") exklusiv auf "Stofftaschen" bezieht.

Denn eine auf "Stofftaschen" angesprochene Person denkt instinktiv an einfache Einkaufstaschen und Jutebeutel als Alternative zu Plastiktüten (vgl. LG Düsseldorf im Hauptsacheverfahren, Anlage Ast 37, S. 14 unten). Die gewählte Vorgehensweise erstaunt umso mehr, als sich die vom Verfügungsbeklagten vorgenommene Bezeichnung der "Le Pliage" als "Leder-Nylon-Tasche" "wie ein roter Faden" durch die gesamte Akte zieht. Die Bezeichnung einer Leder-Nylon-Tasche in der Frage 1 als "Stofftasche" widerspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch der angesprochenen Verkehrskreise.

Die Gestaltung der Frage 1 vermag insbesondere deshalb nicht zu überzeugen, weil es im Interesse der Vermeidung von Unklarheiten unschwer möglich gewesen wäre, bereits dort Abbildungen (ggf. verschiedener Modelle) der Tasche einzublenden und die Einleitungsfrage in dem Sinne zu formlieren, ob die befragte Person "Taschen der nachstehenden Art kauft oder verwendet". Dies gilt umso mehr, als sich bekanntermaßen bereits scheinbar geringfügige Eingangsfehler bei den Ergebnissen gravierend auswirken können und die Fehleranfälligkeit gerade bei der Erforschung von Vorstellungsinhalten besonders hoch ist (vgl. Ahrens/Spätgens, a.a.O., Kap. 28 Rn 26).

Der gewählte - methodisch zumindest fragwürdige - Ansatz lässt sich auch nicht etwa damit rechtfertigen, dass der Begriff "Stofftasche" nur in der Frage 1 gemäß der Verkehrsbefragung nach Anlage Ag 23 verwendet wurde und alle Befragten unabhängig von ihrer Antwort auf Frage 1 weiter befragt wurden. Dieser Hinweis auf die fehlende Filterwirkung der Frage 1 in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn J. (Anlage Ag 25, S. 1 unter c) vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen, weil gerade mit der Eingangsfrage die Weichen für den gesamten Inhalt der Verkehrsbefragung gestellt werden und demgemäß entsprechende Fehler der Eingrenzung eine entscheidende Bedeutung für das Gesamtergebnis der Befragung zumindest haben können, was die Überzeugungskraft der Verkehrsbefragung I ganz erheblich einschränkt. Dass mit der Frage 1 keine derartige "Weichenstellung" verbunden sei, diese vielmehr nur als "Aufwärmen" gedient habe (vgl. die ergänzende eidesstattliche Versicherung des Herrn J. vom 11.12.2014), erscheint dem Senat zweifelhaft: Soweit Herr J. in diesem Zusammenhang betont, dass Fragen ohne Bildvorlage geringere Aufmerksamkeit auslösten als solche mit Bildvorlage, stellt sich umso mehr die Frage, warum nicht gleich in der Eingangsfrage 1 mit einer Bildvorlage gearbeitet wurde, anstatt den evident verfehlten Begriff "Stofftasche" zu verwenden. Die demnach naheliegende Möglichkeit, dass ein signifikanter Anteil der Befragten durch die Frage 1 fehlgeleitet wurde und die damit verbundene Fehlvorstellung trotz der den weiteren Fragen zugrunde liegenden Abbildungen nicht mehr (hinreichend) korrigiert wurde, geht zu Lasten des Verfügungsbeklagten.

Die ab Frage 2 verwendeten Abbildungen sind zudem aus den unter (3) genannten Gründen nicht geeignet, die Gefahr von durch Frage 1 hervorgerufenen Fehlvorstellungen der Befragten zu kompensieren.

(3)

Die Überzeugungskraft der Verkehrsbefragung I wird ferner dadurch erheblich in Zweifel gezogen, dass den Befragten in den ab Frage 2 eingeblendeten Abbildungen die Tasche nicht im gefalteten Zustand gezeigt wurde.

Dies erscheint dem Senat angesichts des Umstandes, dass der gefaltete Zustand jedenfalls auch ein typisches Erscheinungsbild der Tasche "Le Pliage" darstellt, mit welchem diese den angesprochenen Verkehrskreisen begegnet, sehr fragwürdig. Der Senat kann daher nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass dieser Umstand den Wiedererkennungswert signifikant schmälerte.

Soweit der Verfügungsbeklagte die Verkehrsbefragung I in diesem Zusammenhang damit verteidigt, dass auf den ab Frage 2 gezeigten Bildern der Druckknopf, der Überschlag und auf die potentielle Faltung zurückgehende Falten der Tasche erkennbar seien, verfängt das nicht: Die Bilder sind keineswegs so deutlich, als dass man dort die besagten Falten erkennen könnte. Jedenfalls gilt es zu beachten, dass es - siehe im Einzelnen oben - aus Rechtsgründen auf die Wahrnehmung des Produkts in seiner Gesamtheit durch die Verkehrsteilnehmer ankommt und gerade keine analysierende Betrachtung maßgeblich ist.

Die eidesstattliche Versicherung des Herrn J. gemäß Anlage Ag 25 enthält zu diesem Thema keine Stellungnahme. Soweit Herr J. in der ergänzenden eidesstattlichen Versicherung vom 11.12.2014 ausführt, es sei "grundsätzlich davon auszugehen", dass Kaufinteressierte sich einen Gesamteindruck von der entfalteten Tasche verschafften, bevor sie sich für eine Tasche entschieden, und er "nicht davon ausgehe", dass die Vorlage einer Abbildung einer gefalteten Tasche zu signifikanten Änderungen der Befragungsergebnisse geführt hätte, vermag das den Senat nicht zu überzeugen. Es geht nicht allein darum, ob "Kaufinteressierte" eine in gefaltetem Zustand ausgelegte Tasche vor ihrem Kaufentschluss zwecks Prüfung ihrer Kaufentscheidung entfalten, sondern auch darum, wie die Tasche "Le Pliage" den angesprochenen Verkehrskreisen im Alltag begegnet. Abgesehen davon, dass Herr J. offensichtlich selbst davon ausgeht, dass die Tasche "Le Pliage" in Schaufenstern pp. üblicherweise im besagten gefalteten Zustand ausgelegt wird, tragen viele Verwender die Tasche im gefalteten Zustand mit sich, damit diese entsprechend eleganter wirkt als herkömmliche Einkaufstaschen, und entfalten sie erst dann, wenn sie diese mit Gegenständen befüllen wollen. Die durch die oben erwähnten Gestaltungselemente bedingte Gesamtanmutung der Tasche "Le Pliage" ist gerade die einer sportlichen und funktionalen, gleichzeitig aber modernen, chicen und hochwertigen Tasche, welche zwar den Gebrauchswert altbekannter geräumiger und faltbarer Einkaufstaschen erreicht, ohne indes deren antiquiert wirkendes Erscheinungsbild zu übernehmen (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2014, 287 - Le Pliage).

Ebenso wenig steht die eidesstattliche Versicherung der Frau K. gemäß Anlage Ag 26 der Annahme einer hohen wettbewerblichen Eigenart der Tasche "Le Pliage" aus den vorerwähnten Gründen entgegen. Dass Kunden die angegriffene Ausführungsform im Zusammenhang mit der Kaufentscheidung regelmäßig im gebrauchsfertigen (entfalteten) Zustand betrachten, schließt gerade nicht aus, dass die Tasche "Le Pliage" den angesprochenen Verkehrskreisen im Alltag typischerwiese auch im gefalteten Zustand begegnet. Eine sich in der konkreten Kaufsituation auswirkende unmittelbare Verwechslung kann aber auch daher rühren, dass der interessierte Käufer eine Tasche der Verfügungsklägerin zunächst bei ihrem Gebrauch im allgemeinen Verkehr wahrgenommen hat und er sodann in einem Modell des Verfügungsbeklagten, welches ihm in einem Geschäft begegnet, wiederzuerkennen glaubt (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2014, 287, 291 - Le Pliage).

Der vom Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung bemühte Vergleich, dass auch Jeans-Hosen in Läden gefaltet gelagert würden, ohne dass damit eine wettbewerbliche Eigenart derselben verbunden sei, verkennt, dass Jeans-Hosen - anders als die Tasche "Le Pliage" (siehe oben) - gerade nicht bestimmungsgemäß im Alltag (auch) im gefalteten Zustand vom Verwender mit sich geführt werden.

Soweit der Verfügungsbeklagte auch in diesem Zusammenhang darauf hinweist, bei der Faltbarkeit der Tasche handele es sich um ein vorbekanntes technisches Merkmal, gilt wiederum: Wettbewerbliche Eigenart verlangt nicht, dass jedwedes der diese begründenden Merkmale neu ist, sondern es genügt, dass gerade die Kombination mehrerer (ggf. allseits vorbekannter) Einzelmerkmale selbige herbeiführt. Die (vorbekannte) Faltbarkeit der Tasche trägt in Kombination mit den o.g. weiteren Merkmalen spürbar zum charakteristischen Gesamtgepräge der Tasche "Le Pliage" bei.

(4)

Nach alledem ist nicht ausgeschlossen, dass aufgrund des in der Verkehrsbegfragung I in Frage 1 verwendeten Begriffs "Stofftasche" sowie des in den ab Frage 2 gezeigten Abbildungen nicht gezeigten gefalteten Zustands der Tasche relevante Verzerrungen des Befragungsergebnisses eintraten.

Ob - wie die Verfügungsklägerin geltend macht - die Verkehrsbefragung I noch weitere Mängel (z.B. hinsichtlich der Anzahl der Befragten) aufweist, ist nicht entscheidungserheblich.

ggg)

Ebenso wenig verfängt der Hinweis des Verfügungsbeklagten(vertreters) auf eine angeblich vor kurzem im Auftrag von L. durchgeführte Verkehrsbefragung (vgl. Berufungsreplik, S. 26 unten), die "zu demselben Ergebnis" gekommen sei. Wie der Verfügungsbeklagtenvertreter auf Befragung durch die Vorsitzende einräumte, wurde eine solche Verkehrsbefragung bislang nicht in einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen L. und der Verfügungsklägerin vorgelegt. Der betreffende Vortrag ist schon deshalb untauglich, weil diese angebliche weitere Verkehrsbefragung dem Senat nicht vorliegt und er sich demzufolge kein eigenes Bild von deren Ergebnissen und Qualität machen kann.

3.

Die angegriffene Ausführungsform stellt eine nahezu identische Nachahmung der von der Verfügungsklägerin hergestellten und vertriebenen Tasche "Le Pliage" dar.

a)

Der Begriff der Nachahmung hat eine hersteller- und eine produktbezogene Komponente: Erstens muss dem Hersteller im Zeitpunkt der Herstellung des Produkts das Original als Vorbild bekannt gewesen sein. Bei einer selbstständigen Zweitentwicklung ist daher schon begrifflich eine Nachahmung ausgeschlossen (BGH GRUR 2002, 629, 633 - Blendsegel; BGH GRUR 2008, 1115 Rn 24 - ICON). Zweitens muss das Produkt (oder ein Teil davon) mit dem Original-Produkt übereinstimmen oder ihm zumindest so ähnlich sein, dass es sich in ihm wiedererkennen lässt. Es müssen gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sein, die wettbewerbliche Eigenart zu begründen (BGH GRUR 1999, 923, 926 - Tele-Info-CD; BGH GRUR 2007, 795 Rn 32 - Handtaschen).

Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit ist grundsätzlich auf die Gesamtwirkung der sich gegenüberstehenden Produkte abzustellen (BGH GRUR 2007, 795 Rn 32 - Handtaschen). Denn der Verkehr nimmt ein Produkt in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH GRUR 2010, 80 Rn 39 - LIKEaBIKE). Daher genügt es nicht, nur einzelne Gestaltungsmerkmale zu vergleichen, um den Grad der Ähnlichkeit zu bestimmen.

Eine nahezu identische Nachahmung liegt vor, wenn die Nachahmung nur geringfügige, im Gesamteindruck unerhebliche Abweichungen vom Original aufweist (vgl BGH GRUR 2000, 521, 524 - Modulgerüst I; BGH GRUR 2010, 1125 Rn 25 - Femur-Teil).

b)

Eine Anwendung der vorstehenden Grundsätze führt zur Annahme, dass der Grad der Übereinstimmung der angegriffenen Ausführungsform mit der Tasche "Le Pliage" in Bezug auf die o.g. Merkmalskombination, welche der Tasche "Le Pliage" ihr typisches, wettbewerblich eigenartiges Gepräge verleiht, von solchem Ausmaß ist, dass diese nahezu identisch sind.

aa)

Zum einen ist auch das Gesamterscheinungsbild der angegriffenen Ausführungsform dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten Tragegriffe, Überschlag sowie die Besatzstücke anders koloriert sind als deren Korpus, mithin die aufgrund der Zweifarbigkeit markante Kontrastwirkung vorliegt.

Wie der Verfügungsklägervertreter zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2014 klargestellt hat, sind auch allein solche Modelle der angegriffenen Ausführungsform streitgegenständlich, die insbesondere das Merkmal verwirklichen, dass Henkel, Überwurf sowie Besatzstücke mit dem Korpus optisch kontrastieren, was beispielsweise bei einem Modell in schwarzschwarzer Ausgestaltung nicht der Fall ist.

bb)

Zum anderen zeichnen sich die unifarben gestalteten Elemente der angegriffenen Ausführungsform in Bezug auf ihre Anordnung und spezifische Formgebung ebenso wie das Original durch folgende Charakteristika aus: mittiger Überschlag und voluminös ausgestaltete, schlauchförmige Tragegriffe und Besatzstücke an den Reißverschlussenden. Ferner ist auch die angegriffene Ausführungsform oben mit einem Reißverschluss ausgestaltet und faltbar.

cc)

Da es entscheidend auf die Gesamtwirkung ankommt, hat das Landgericht zutreffend einer zergliedernden Herausarbeitung einzelner Unterschiede im Detail keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die im Detail durchaus vorhandenen Unterschiede (Tragegriffe, Überschlag und Besatzstücke der angegriffenen Ausführungsform bestehen nicht aus Leder, sondern aus Nylon bzw. Sicherheitsgurt; dezente Punktmusterung der angegriffenen Ausführungsform) aufgrund der Übereinstimmung in den grundlegenden Gestaltungsmerkmalen als nicht erheblich. Entscheidend ist, dass das fehlende Leder und die dezente Punktmusterung der mit der Zweifarbigkeit einhergehenden Kontrastwirkung nicht entgegen stehen. Insbesondere verfügt die angegriffene Ausführungsform gerade nicht über ein auffälliges Jaquardmuster wie die oben besprochene Tasche "PICARD".

Keinen Rechtsfehler weist die landgerichtliche Argumentation auf, dass das Fehlen des messingfarbenen Knopfes bei der angegriffenen Ausführungsform sowie weitere Detailunterschiede (farblich unterschiedliche Sichtnähte, Reißverschlusstaschen auf der Rückseite, leicht abweichend gestaltete Form und Breite des Überschlags, unterschiedliche Form der Aufsatzstücke der Henkel, kleines Schild mit Größenangabe am Überschlag, fehlende Prägung auf dem Überschlag) für den optischen Gesamteindruck bedeutungslos seien, weil diese Abwandlungen bloß nachgeordnete Gesichtspunkte darstellen (vgl. OLG Köln GRUR 2014, 287 - Le Pliage zur Tasche eines anderen von der Verfügungsklägerin verklagten Herstellers).

Soweit der Verfügungsbeklagte meint, das Landgericht habe bei der Ähnlichkeitsprüfung ausschließlich auf Produktmerkmale abgestellt, die gerade nicht die wettbewerbliche Eigenart von "Le Pliage" beträfen, und die vermeintlich tatsächlich allein auf die Herkunft der Tasche "Le Pliage" hinweisenden Merkmale (Applikation goldener Druckknopf; weiße Sichtnähte auf allen Applikationen) verfehlt nicht untersucht, noch seien letztere bei der angegriffenen Ausführungsform vorhanden, geht er ersichtlich von falschen Annahmen aus, da die wettbewerbliche Eigenart der Tasche "Le Pliage" gerade und allein durch die oben wiedergegebene Merkmalskombination begründet wird (vgl. zu den Nähten OLG Köln GRUR-RR 2014, 287, 290 - Le Pliage). Dem Verfügungsbeklagten ist insbesondere nicht in seiner zusammenfassenden Beurteilung zu folgen, wonach die angegriffene Ausführungsform "grob und billig" wirke: Dazu passt es insbesondere nicht, dass er diese auf der Titelseite des Lederwarenreports bewirbt (vgl. Anlage Ast 15) und immerhin zum Preis von ca. EUR 35,- anbietet.

Auf subjektive Anforderungen in Bezug auf die Nachahmung kommt es vorliegend von vornherein nicht an, da allein ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch geltend gemacht ist (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn 9.68). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das Landgericht zu Recht die Kenntnis des Verfügungsbeklagten vom Original bejahte.

4.

Dem Verfügungsbeklagten fällt auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung zur Last.

a)

Die bloße Tatsache, dass die angebotenen Produkte Nachahmungen sind, begründet für sich allein noch nicht die Unlauterkeit iSv § 4 Nr. 9 UWG. Es müssen vielmehr noch besondere Umstände hinzukommen, die dieses Verhalten unlauter machen, was anerkanntermaßen u.a. aufgrund einer Herkunftstäuschung der Fall sein kann.

Voraussetzung für eine Herkunftstäuschung ist, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat, und zwar in einem solchen Ausmaß, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen; BGH GRUR 2006, 79 Rn 35 - Jeans I; BGH GRUR 2007, 339 Rn 39 - Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 Rn 34 - Gartenliege). Eine Verkehrsgeltung iSv § 4 Nr 2 MarkenG muss nicht erreicht sein (BGH GRUR 2002, 275, 277 - Noppenbahnen; BGH GRUR 2006, 79 Rn 35 - Jeans I), sondern es reicht eine gewisse Bekanntheit auf dem inländischen Markt im Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung aus (BGH GRUR 2009, 79 Rn 35 - Gebäckpresse). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen, sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben (BGH GRUR 2007, 339 Rn 32 - Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 Rn 32 - Gartenliege; BGH WRP 2013, 1189 Rn 27 - Regalsystem).

Bekanntheit setzt nur Kenntnis des nachgeahmten Originals, nicht auch die Kenntnis des Namens des Originalherstellers voraus (BGH GRUR 2006, 79 Rn 36 - Jeans I). Es genügt die Vorstellung, dass das Erzeugnis von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen mag, oder von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht wurde (BGH GRUR 2007, 339 Rn 40 - Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 Rn 32 - Gartenliege; BGH GRUR 2009, 79 Rn 31 - Gebäckpresse; OLG Köln WRP 2013, 1508 Rn 30).

Wie intensiv sich ein Kunde mit dem Produkt beschäftigt, hängt naturgemäß von dessen Eigenart und dessen Preis ab (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2003, 183, 186). Es ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es auch mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH GRUR 2007, 795 Rn 34 - Handtaschen; BGH GRUR 2010, 80 Rn 41 - LIKEaBIKE). Eine Herkunftstäuschung scheidet aus, wenn der Verkehr bereits bei geringer Aufmerksamkeit die Unterschiedlichkeit von Original und Nachahmung wahrnimmt (BGH GRUR 2007, 795 Rn 41 - Handtaschen). Die Herkunftstäuschung setzt nicht voraus, dass alle Gestaltungsmerkmale des Produkts eines Mitbewerbers übernommen werden. Vielmehr kommt es darauf an, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen (BGHZ 141, 329, 340 = GRUR 1999, 923, 926 - Tele-Info-CD; BGH GRUR 2001, 251, 253 - Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2005, 166, 168 - Puppenausstattungen; BGH GRUR 2007, 795 Rn 32 - Handtaschen; OLG Köln GRUR-RR 2007, 100, 101).

b)

Eine Prüfung anhand der unter a) genannten Kriterien ergibt, dass dem Verfügungsbeklagten eine vermeidbare Herkunftstäuschung zur Last fällt.

In diesem Zusammenhang hat das Landgericht zu Recht den hohen Bekanntheitsgrad der Tasche "Le Pliage" sowie den Umstand der nahezu identischen Leistungsübernahme betont, und vor diesem Hintergrund folgerichtig geringere Anforderungen in Bezug auf die für die Bejahung der Unlauterkeit notwendigen besonderen Umstände gestellt sowie angenommen, dass der Durchschnittsverbraucher die angegriffene Ausführungsform ohne Weiteres einem bestimmten Hersteller zuordne, weil ihm die Detailunterschiede entweder nicht bewusst würden, oder er diese als Variante bzw. Weiterentwicklung der Tasche "Le Pliage" ansehe.

Bei der gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung besteht. Die Anforderungen an ein Merkmal hängen davon ab, in welchem Maße die anderen beiden Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind (BGH GRUR 2007, 795 Rn 22 - Handtaschen; BGH GRUR 2009, 1073 Rn 10 - Ausbeinmesser; BGH GRUR 2010, 536 Rn 48 - Modulgerüst II). Je größer die wettbewerbliche Eigenart und/oder je höher der Grad der Nachahmung ist, desto geringer sind daher die Anforderungen an die besonderen Umstände, die die Unlauterkeit begründen, und umgekehrt (BGH GRUR 2008, 1115 Rn 18 - ICON; BGH GRUR 2008, 793 Rn 27 - Rillenkoffer; BGH GRUR 2009, 79 Rn 27 - Gebäckpresse; BGH GRUR 2009, 1069 Rn 12 - Knoblauchwürste; BGH GRUR 2010, 80 Rn 21 - LIKEaBIKE; BGH GRUR 2010, 1125 Rn 19 - Femur-Teil; BGH WRP 2013, 1189 Rn 14 - Regalsystem). Im Falle einer (nahezu) identischen Leistungsübernahme sind dementsprechend nur geringe Anforderungen an die besonderen unlauterkeitsbegründenden Umstände zu stellen (BGH GRUR 1996, 210, 211?f - Vakuumpumpen; BGH GRUR 1998, 830, 833 - Les-Paul-Gitarren; BGH GRUR 1999, 923, 927 - Tele-Info-CD).

aa)

Das Landgericht hat keineswegs den Grundsatz missachtet, dass die angesprochenen Verkehrskreise in Kenntnis der Co-Existenz von "Originalen" und "Nachahmungen" hohe Aufmerksamkeit bei der Auswahl entsprechender Produkte an den Tag legten und daher weder beim Erwerb noch beim Kauf einer Herkunftstäuschung unterlägen: Soweit der Verfügungsbeklagte geltend macht, es sei den angesprochenen Verkehrskreisen bestens bekannt, dass es auf dem Markt für Nylon-Leder-Taschen eine Reihe unterschiedlicher Hersteller gebe und das Landgericht habe gleichwohl verfehlt eine bloß durchschnittliche Aufmerksamkeit angenommen, gilt es zu beachten: Für die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft genügt es (wie im Markenrecht: vgl. BGH GRUR 2000, 608, 609 - ARD-1), wenn der Verkehr bei dem nachgeahmten Produkt oder der nachgeahmten Kennzeichnung annimmt, es handle sich um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke des Originalherstellers oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen (BGH GRUR 1977, 614, 616 - Gebäudefassade; BGH GRUR 1998, 477, 480 - Trachtenjanker; BGH GRUR 2001, 251, 254 - Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2001, 443, 445 - Viennetta; BGH GRUR 2009, 1069 Rn 15 - Knoblauchwürste; BGH GRUR 2009, 1073 Rn 15 - Ausbeinmesser). Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass - wie die Verfügungsklägerin durch Vorlage der Anlage Ast 3 glaubhaft gemacht hat - die Verfügungsklägerin die Tasche "Le Pliage" saisonal ebenfalls mit Mustern angeboten hat.

Im Übrigen ist erneut zu betonen, dass die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht hat, gegen jegliche Nachahmer gerichtlich vorzugehen, weshalb ein etwaiges Nebeneinander von Original und Nachahmungen unbeachtlich ist.

bb)

Eine vermeidbare Herkunftstäuschung scheidet hier auch nicht etwa unter dem Aspekt einer unterschiedlichen Herstellerangabe auf den Erzeugnissen aus. Denn solches ist nur dann beachtlich, wenn diese deutlich erkennbar ist (BGH GRUR 2001, 251, 254 - Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2009, 1069 Rn 16 - Knoblauchwürste). Eine (als solche erkennbare) Handelsmarke auf dem nachgeahmten Produkt räumt die Gefahr der Herkunftstäuschung nicht notwendig aus (BGH GRUR 2009, 1069 - Knoblauchwürste).

Vorliegend verhält es sich so, dass die auf der Vorderseite der Taschen des Verfügungsbeklagten in der unteren Ecke angebrachte abweichende Herstellerbezeichnung schon aufgrund ihrer farblichen Gestaltung allenfalls zurückhaltend in Erscheinung tritt und im gefalteten Zustand der Taschen gar nicht erkennbar ist.

cc)

Ebenso wenig verfängt das mit der Berufung vorgebrachte Argument, die landgerichtliche Entscheidung stehe im Widerspruch zur Lebenserfahrung und den Grundsätzen zur "situationsadäquaten Aufmerksamkeit": Die seltene Anschaffung derartiger Produkte spreche für gesteigerte Aufmerksamkeit. Auch der Preis spreche gegen "typische Mitnahmeartikel". Solche Taschen würden zudem in der Regel in Fachgeschäften vertrieben, so dass Beratung und sorgfältige Auswahl gewährleistet seien.

Eine Herkunftstäuschung ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn es sich um ein hochpreisiges Produkt handelt und die Kaufentscheidung erst nach bewusster Auswahl und Hinzuziehung von Herstellerkatalogen getroffen wird (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2008, 166, 169). Vorliegend geht es nicht einmal um ein hochpreisiges Produkt. Vielmehr ist dem Landgericht darin zu folgen, dass die Taschen dem mittleren Preissegment zuzuordnen sind, es sich mithin keineswegs um Luxusartikel, sondern eher alltägliche Produkte handelt, weshalb der Durchschnittsverbraucher bei der Auswahlentscheidung auch bloß durchschnittliche Aufmerksamkeit walten lässt. Aus den vom Verfügungsbeklagten vorgebrachten Umständen lässt sich daher jedenfalls keine solchermaßen hohe Aufmerksamkeit des Verbrauchers herleiten, die trotz der nahezu identischen Leistungsübernahme die sehr hohe Gefahr einer Herkunftstäuschung eindämmen könnte.

dd)

Die Vermeidbarkeit der Herkunftstäuschung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Faltbarkeit einer Tasche ein vorbekanntes technisches Merkmal darstellt.

Auch in Fällen einer "nur" nahezu identischen Übernahme ist es dem Nachahmer anerkanntermaßen zuzumuten, der durch die Übernahme gemeinfreier technischer Merkmale hervorgerufenen Gefahr einer Herkunftstäuschung durch zumutbare Maßnahmen, wie etwa durch eine (unterscheidende) Kennzeichnung des Produkts, entgegenzuwirken (BGH GRUR 2010, 80 Rn 27 - LIKEaBIKE; BGH GRUR 2012, 58 Rn 46 - Seilzirkus; BGH WRP 2012, 1179 Rn 39 - Sandmalkasten). Daran fehlt es jedoch - wie oben ausgeführt - bei der angegriffenen Ausführungsform.

ee)

Schließlich ist es dem Verfügungsbeklagten auch nicht gelungen, die Verwechslungsgefahr unter Hinweis auf die erstmals in zweiter Instanz vorgelegte Verkehrsbefragung II (Anlage Ag 24) zu widerlegen.

Der Verfügungsbeklagte hat insoweit geltend gemacht: Die vom Landgericht festgestellte Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da eine Irreführungsquote von 25 - 33 % des angesprochenen Verkehrs erforderlich sei und hier weit verfehlt werde. In Bezug auf die Verwechslungsgefahr sei das Landgericht wegen unzutreffender Prämissen zu falschen Ergebnissen gekommen. Lediglich 0,8 % der angesprochenen Verkehrskreise brächten die angegriffene Ausführungsform mit der Tasche "Le Pliage" gedanklich in Verbindung (Ag 24, S. 7, Ziffer 2.6), womit noch nicht einmal gesagt sei, dass jeder von ihnen auch einem Irrtum unterliege. Dieser geringe Anteil sei damit zu erklären, dass man entweder nicht in der Lage sei, von der äußeren Form auf einen bestimmten Hersteller zu schließen, oder so genau hingeschaut werde, dass die erheblichen Unterschiede erkannt würden.

Die im Rahmen der Verkehrsbefragung gemäß Anlage Ag 24 zur Anwendung gelangte Methodik begegnet ebenfalls den gleichen Bedenken, wie sie oben im Detail hinsichtlich der Verkehrsbefragung I gemäß Anlage Ag 23 erörtert wurden. Auch in der Verkehrsbefragung II rekurriert die Eingangsfrage 1 des Fragebogens (Anhang 4.1) ausschließlich auf "Stofftaschen" und die ab Frage 2 eingeblendeten Bilder zeigen die betreffende Tasche nicht in gefaltetem Zustand, weshalb auch die Richtigkeit der Ergebnisse der Verkehrsbefragung II erheblichen Zweifeln unterliegt. Die Ausführungen des Senats zur Verkehrsbefragung I gelten entsprechend.

Durch die Vorlage der Verkehrsbefragung II vermochte der Verfügungsbeklagte daher keine hinreichenden Zweifel an den zuvor erläuterten Umständen, die eine vermeidbare Herkunftstäuschung nahelegen, zu schüren. Auch in Anbetracht der Verkehrsbefragung II ist daher eine vermeidbare Herkunftstäuschung nach wie vor überwiegend wahrscheinlich, so dass die Verfügungsklägerin ihrer Obliegenheit, entsprechende Umstände glaubhaft zu machen, auch unter Berücksichtigung der in der Berufungsinstanz eingeführten Verkehrsbefragung II genügt hat.

ff)

Die Übersicht "zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Lederwaren- und Kofferindustrie im ersten Halbjahr 2014" (Anlage Ag 27) steht der Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ebenfalls nicht entgegen. Selbst wenn der Anteil der Tasche "Le Pliage" auf dem deutschen Markt wirklich bloß 0,5 % ausmachen sollte, wäre ein darauf gestützter Rückschluss auf mangelnde Bekanntheit verfehlt. Die Bekanntheit eines Produkts fußt nicht allein auf seinem Marktanteil. Ansonsten wären jegliche Luxusprodukte - wie nicht - stets von vornherein vom ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungschutz ausgenommen.

5.

Das Erfordernis der Spürbarkeit (§ 3 Abs. 1 UWG) ist in Fällen der Verwirklichung des Tatbestandes des § 4 Nr. 9 UWG stets gegeben (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. A., 2014, § 4 Rn 9.20 m.w.N.), so dass es auch hier keiner näheren Erörterung bedarf.

6.

Die erforderliche Wiederholungsgefahr ist wegen des unstreitig erfolgten Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform gegeben.

7.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil wird unmittelbar mit seiner Verkündung rechtskräftig (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), so dass es keiner Entscheidung über seine vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf.

Streitwert des Berufungsverfahrens: EUR 300.000,- entsprechend der nicht angegriffenen landgerichtlichen Festsetzung des Streitwertes 1. Instanz.