LG Bielefeld, Beschluss vom 08.09.2014 - 20 S 76/14
Fundstelle
openJur 2014, 27058
  • Rkr:
Tenor

wird darauf hingewiesen, dass der Berufung der Klägerin gegen das am 24.04.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bielefeld offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg zukommt.

Weder beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Gründe

Die Klägerin wendet sich im Rahmen der Berufung gegen die Abweisung der Klage damit, dass das Amtsgericht die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Beklagten verkenne, welche letztere nicht ausreichend erfüllt habe. Bezüglich der Täterhaftung hätte die Beklagte einen konkreten abweichenden Geschehensablauf darlegen müssen, insbesondere zum konkreten Nutzungsverhalten der angeblich weiteren Zugriffsberechtigten. Bezüglich der Störerhaftung der Beklagten gelte Entsprechendes bzw. habe das Amtsgericht eine entsprechende Haftung nicht in Betracht gezogen. Die Beklagte hätte auch hier einen konkreten Geschehensablauf darlegen müssen, insbesondere zur Sicherung des Internetanschlusses (WLAN).

Diese Angriffe der Berufung verfangen jedoch nicht:

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, da der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch aus §§ 97, 97a UrhG zusteht. Die Beklagte ist sowohl hinsichtlich einer Täterhaftung als auch einer Störerhaftung ihrer sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen, so dass die Klägerin die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände bzw. unter Störergesichtspunkten darzulegen und nachzuweisen hatte.

Im Rahmen der Täterhaftung genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggfls. welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12, - juris). (Nur) In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH aaO).

Die Beklagte hat insoweit jedoch hinreichend substantiiert dargelegt, dass seinerzeit ihr Ehemann und ihr damals 26-jähriger Sohn den Internetanschluss vorwiegend genutzt hätten, sie selbst sich aber mit dem Computer kaum auskenne und mit dem streitgegenständlichen Verstoß nichts zu tun habe. Dieser Vortrag reicht - im Hinblick auf die genannten Vorgaben des Bundesgerichtshofes - aus; eine weitergehende Nachforschungspflicht darüber hinaus bestand für die Beklagte nach Auffassung der Kammer nicht. Auch das Oberlandesgericht Köln geht in dem von der Klägerin erstinstanzlich angeführten Urteil vom 02.08.2013 (Az. 6 U 10/13) etwa davon aus, dass den Anschlussinhaber in Bezug auf Ehepartner grundsätzlich keine Nachforschungspflicht trifft. Der Beklagten ist es in der vorliegenden Konstellation daher weder zumutbar noch durchsetzbar, den Täter zu ermitteln. Auf diesen "Rahmen des Zumutbaren" stellt der Bundesgerichtshof auch in der genannten "BearShare"-Entscheidung ab.

Die erstinstanzliche Beurteilung, wonach nicht mit hinreichender Gewissheit davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte selbst das Filmwerk zum Download angeboten hat, sondern die Möglichkeit der Alleintäterschaft einer anderen Person ernsthaft in Betracht komme, lässt daher keinen Rechtsfehler erkennen.

Auch eine Störerhaftung kommt vorliegend nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Anwendung der Rechtsprechung zur Störerhaftung eines ungesicherten WLAN-Anschlusses überhaupt ist, dass außenstehende Dritte den Anschluss missbräuchlich nutzen. Diese Entscheidung ist aber nicht anwendbar auf Fallgestaltungen, bei denen der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss - volljährigen - Familienangehörigen zur Verfügung stellt (vgl. BGH aaO). So liegt der Fall hier mit der Darlegung, dass der Anschluss dem Ehemann und dem damals 26-jährigen Sohn der Beklagten zur freien Verfügung gestanden habe.

Überdies würde eine Haftung als Störer aber auch die Verletzung von Prüfungspflichten voraussetzen. Ein Anschlussinhaber ist grundsätzlich aber schon nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an derartigen Börsen zu verbieten, wenn - wofür hier nichts ersichtlich ist - keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen (BGH aaO).

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Amtsgerichts Bezug genommen, denen sich die Kammer anschließt.

Im Ergebnis kann die Klägerin daher weder die geltend gemachten Abmahngebühren noch Zinsen hierauf verlangen.

II.

Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt die Kammer, die Berufung der Klägerin nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es ist beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 651,80 € festzusetzen.

III.

Es besteht Gelegenheit zur rechtlichen Stellungnahme bzw. zur eventuellen Zurücknahme der Berufung binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Auf die Gebührenermäßigung bei Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222) wird hingewiesen.

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