FG Hamburg, Urteil vom 15.07.2014 - 3 K 207/13
Fundstelle
openJur 2014, 18337
  • Rkr:
Tatbestand

A. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besteuerung der Umsätze der Klägerin im Streitjahr 2010 aus dem Betrieb sog. "Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit" rechtmäßig, insbesondere unionsrechts- und verfassungsgemäß, war.

I. Sachstand

1.  Die Klägerin betrieb im Streitjahr in sieben Spielhallen in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sog. "Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit". Bis ... 2011 hatte sie ihren Sitz in ... Im ... 2011 verlegte sie ihren Sitz in den Bezirk des beklagten Finanzamts.

2.  Die Spielgeräte der Klägerin unterliegen den technischen Vorgaben der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit in der Fassung vom 27.01.2006 (SpielV, BGBl. I S. 280). Der Vorgang des Spielens stellt sich deswegen folgendermaßen dar:

a) Die Geräte verfügen über einen Geldspeicher und über einen Punktespeicher. Eingezahltes Geld bewirkt zunächst ein entsprechendes Guthaben im Geldspeicher. Die Umbuchung von Geld in Punkte wird von dem Gerät als Einsatz registriert, die Umbuchung von Punkten in Geld als Gewinn, wobei 1 Cent einem Punkt entspricht. Mit den Punkten kann das Spiel vom Spieler gestartet werden. Der aktuelle Punktestand im Punktespeicher kann vom Spieler jederzeit in einen Geldbetrag im Geldspeicher umgebucht werden, der Bestand im Geldspeicher kann jederzeit ausgezahlt werden.

b)  Die Umbuchung vom Geldspeicher in den Punktespeicher (= Einsatz) ist aufgrund der SpielV doppelt beschränkt, nämlich auf 20 Cent pro 5 Sekunden (diese Beschränkung allein entspräche 144,00 € pro Stunde) und auf 80,00 € pro Stunde. Sind die 80,00 € pro Stunde erreicht, kann für den Rest der Stunde nichts weiter vom Geldspeicher in den Punktespeicher umgebucht werden (sog. "Buchungspause"). Sind während dieses Zeitraums einer Buchungspause auch keine Punkte mehr im Punktespeicher vorhanden, kann für den Rest der Stunde an dem Gerät nicht mehr gespielt werden.

c)  Die Veränderungen des Punktestandes im Punktespeicher (d. h. das, was man umgangssprachlich als Spiel, Einsatz, Verlust und Gewinn ansehen würde) unterliegen keinen rechtlichen Regelungen.

3. a) Spielgeräte wie die von der Klägerin aufgestellten verfügen neben der Gerätekasse über einen sog. "Hopper". Dieser von der Kasse getrennte Hopper dient zum einen als Münzspeicher, zum anderen werden die an dem Spielgerät erspielten Gewinne nur aus diesem ausgeschüttet; aus der Gerätekasse werden keine Auszahlungen an Spieler vorgenommen. Manche Geräte verfügen zusätzlich über einen sog. "Dispenser", von dem Geldscheine angenommen und z. T. auch ausgegeben werden können. Der Hopper verfügt über ein Fach mit 20-Cent-Münzen und über ein Fach mit 2-€-Münzen und wird zu Beginn des Betriebs vom Betreiber gefüllt. Eine typische Befüllung besteht aus 250 Münzen zu 2 € und 250 Münzen zu 20 Cent. Ist der Hopper leer, kann bis zu einer Wiederauffüllung nicht weiter gespielt werden. Die maximale Befüllung hängt von der Geräteausführung ab; der Geräteaufsteller kann auch ein Limit für die Befüllung einstellen. Eingeworfene Münzen zu 5 Cent, 10 Cent, 50 Cent und 1 € sowie eingeführte Scheine zu 5 €, 10 €, 20 € und 50 € gelangen, sofern kein Dispenser vorhanden ist, immer sofort in die elektronisch gezählte Kasse. Eingeworfene Münzen zu 20 Cent und zu 2 € gelangen in den Hopper, solange dieser nicht voll ist, sonst ebenfalls in die Kasse. Der Betreiber hat auf den Bestand der Gerätekasse und des Hoppers jederzeit Zugriff.

b) Die Kontrollausdrucke der in den Geldspielgeräten befindlichen elektronischen Zählwerke für einen bestimmten Zeitraum sehen beispielsweise wie folgt aus:

      EINWURF1600,80      AUSWURF  742,20        ------      SALDO (1)  858,60                      HOPPER WENIGER          +  120,00      NACHFÜLLUNG A           +  100,00      ENTNAHME                     -  80,00      FEHLBETRAG                  -0,00        ------      ELETR. GEZ. KASSE    998,60        ======      ENTNAHME                    +80,00      NACHFÜLLUNG A           -100,00        ------      SALDO (2)  978,60Mit "Nachfüllung A" sind Hoppernachfüllungen durch den Geräteaufsteller gemeint und mit "Entnahmen" die Entnahmen des Geräteaufstellers. "Hopper weniger" bezeichnet eine Minderung des im Hopper befindlichen Geldvorrats gegenüber der letzten Auslesung (eine Bestandsmehrung würde subtrahiert werden).

c)Wirft ein Kunde einen 50-€-Schein in das Gerät ein und lässt er sich diesen Betrag (in Münzen) wieder auszahlen, sieht ein Kontrollausdruck nur nach diesem Vorgang aus wie folgt:      EINWURF    50,00      AUSWURF    50,00        ------      SALDO (1)      0,00                      HOPPER WENIGER         +    50,00      NACHFÜLLUNG A          +      0,00      ENTNAHME                    -      0,00      FEHLBETRAG                 -      0,00        ------      ELETR. GEZ. KASSE      50,00        ======      ENTNAHME                   +      0,00      NACHFÜLLUNG A          -      0,00        ------      SALDO (2)    50,004. Neben der Umsatzsteuer wird auf Geldspielgeräte mit Gewinnspiel-möglichkeit durch örtliche Satzungen der jeweiligen Gemeinden in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bzw. durch Landesgesetz in Hamburg eine Vergnügungssteuer oder Spielvergnügungsteuer (kommunale Aufwand-steuer) nach örtlich unterschiedlichen Sätzen und Bemessungsgrundlagen und teilweise mit einem Mindestbetrag oder durch eine Pauschale pro Gerät erhoben (in Hamburg z. B. 5 % der Einsätze).

II. Besteuerungsverfahren

1. Im Streitjahr ermittelte die Klägerin ihre Umsätze aus Geldspielgeräten, indem sie den auf den Kontrollausdrucken ausgewiesenen "Saldo 2" heranzog. Hierfür addierte sie die monatlichen Kasseneinnahmen ("Saldo 2") aller ihrer Geldspielgeräte zur sog. "Bruttokasse". Aufgrund des Umsatzsteuersatzes von 19 % errechnete sie daraus die "Nettokasse" als Bemessungsgrundlage für die die Umsatzsteuer (100/119 des Betrages der "Bruttokasse").

2. Am 09.07.2010 gab die Klägerin die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Juni 2010 beim Finanzamt A ab. Nach Abzug der Vorsteuerbeträge ergab sich für die Klägerin eine Umsatzsteuerzahllast in Höhe von ... €.

3. Mit Schreiben vom selben Tag legte die Klägerin gegen die sich aus der Umsatzsteuervoranmeldung ergebende Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung Einspruch beim Finanzamt A ein.

4. Am 22.06.2011 hat die Klägerin gegen die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 2010 die vorliegende Klage als Untätigkeitsklage erhoben.

5. Zwischenzeitlich hat die Klägerin im Dezember 2011 die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2010 bei dem Beklagten eingereicht.

Der Erklärung hat sie folgende Werte zugrunde gelegt:

Insgesamt erzielte die Klägerin dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegende Umsätze in Höhe von ... € sowie dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegende Umsätze in Höhe von ... €.

In dem Gesamtbetrag der Umsätze zu 19 % waren Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten in Höhe von ... € enthalten. Zur Berechnung addierte die Klägerin die Jahressumme der monatlichen Kasseneinnahmen ("Saldo 2") zu ... € ("Bruttokasse"). Aufgrund des Umsatzsteuersatzes von 19 % errechnete sie daraus eine Bemessungsgrundlage von ... € ("Nettokasse", 100/119 von ... €). Die auf die Umsätze aus Geldspielgeräten vor Abzug der Vorsteuerbeträge geschuldete Umsatzsteuer betrug demnach ... €.

Die Umsatzsteuer auf die übrigen steuerpflichtigen Umsätze betrug ... €.

Von der so entstandenen Umsatzsteuer in Höhe von ... € brachte die Klägerin ... € als Vorsteuer zum Abzug, sodass sich ein Betrag von ... € als verbleibende Zahllast ergab.

6. Der Beklagte hat daraufhin die zu zahlende Umsatzsteuer für 2010 mit Bescheid vom 29.03.2012 erklärungsgemäß auf ... € festgesetzt. Der Bescheid ist zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden, über das noch nicht entschieden ist, und auch Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens.

III. Vorabentscheidungsverfahren

1. Mit Beschluss vom 21.09.2012 (Finanzgerichtsakten -FGA- Bl. 427 ff.) hat der Senat das Klageverfahren in entsprechender Anwendung des § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.Ist Art. 401 (in Verbindung mit Art. 135 Abs. 1 Buchstabe i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem dahingehend auszulegen, dass Mehrwertsteuer und nationale Sonderabgabe auf Glücksspiele nur alternativ, nicht kumulativ erhoben werden dürfen?

2. nur falls ja zu 1.:Falls nach nationalen Vorschriften bei Glücksspielen sowohl Mehrwertsteuer als auch eine Sonderabgabe erhoben wird, führt dies zur Nichterhebung der Mehrwertsteuer oder zur Nichterhebung der Sonderabgabe oder richtet sich die Entscheidung, welche von beiden Abgaben nicht erhoben werden darf, nach nationalem Recht?

3.Sind Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift oder Praxis entgegenstehen, wonach beim Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit der Kasseninhalt ("elektronisch gezählte Kasse") des Geräts nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird?

4. nur falls ja zu 3.:Wie ist die Bemessungsgrundlage stattdessen zu bestimmen?

5.Sind Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass die Erhebung der Mehrwertsteuer voraussetzt, dass der Unternehmer die Mehrwertsteuer auf den Leistungsempfänger abwälzen kann? Ggf. was ist unter Abwälzbarkeit zu verstehen? Gehört zur Abwälzbarkeit insbesondere die rechtliche Zulässigkeit eines entsprechend höheren Preises für die Ware oder Dienstleistung?

6. nur falls bei 5. die rechtliche Zulässigkeit eines höheren Preises Voraussetzung ist:Sind Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass Vorschriften, die das Entgelt für mehrwertsteuerpflichtige Waren oder Dienstleistungen beschränken, unionsrechtskonform so anzuwenden sind, dass sich das festgesetzte Entgelt nicht einschließlich, sondern zuzüglich Mehrwertsteuer versteht, auch wenn es sich um nationale entgeltregelnde Vorschriften handelt, die dies nach ihrem Wortlaut nicht ausdrücklich vorsehen?

7. nur falls ja zu. 5., nein zu 6. und nein zu 3.:Ist in diesem Fall für den gesamten Umsatz der Spielgeräte keine Mehrwertsteuer zu erheben oder nur für den Teil, für den eine Abwälzung nicht möglich ist, und wie ist dieser dann zu bestimmen - etwa danach, bei welchen Umsätzen der Einsatz pro Spiel nicht erhöht werden konnte, oder danach, bei welchen Umsätzen der Kasseninhalt pro Stunde nicht erhöht werden konnte?

8.Ist Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung einer nicht harmonisierten Abgabe entgegensteht, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer betragsgenau bei dieser Abgabe angerechnet wird?

9. nur falls ja zu 8.:Führt die Anrechnung der Mehrwertsteuer auf eine nationale, nicht harmonisierte Abgabe bei den mit dieser Abgabe belegten Unternehmern dazu, dass die Mehrwertsteuer bei ihren Wettbewerbern nicht erhoben werden darf, die zwar nicht dieser, aber einer anderen Sonderabgabe unterworfen sind und bei denen eine solche Anrechnung nicht vorgesehen ist?

2. Durch Beschluss vom 30.06.2013 (FGA Bl. 550 f.) hat der Senat darauf hingewiesen, dass der in der dritten Vorlagefrage verwendete Begriff "Kasseninhalt" mit dem Klammerzusatz "elektronisch gezählte Kasse" die aus der Kontrolleinrichtung des Geldspielgeräts ausgelesenen Kasseneinnahmen in Form des Saldos des Kasseninhalts von Monatsanfang und Monatsende (= Geldeinwurf minus Geldauswurf plus Entnahmen minus Geräteauffüllungen) meine.

3. Aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens hat der EuGH mit Urteil vom 24.10.2013 (C-440/12; FGA Bl. 591 ff.; UR 2013, 866) wie folgt erkannt:

1. (zur Vorlagefrage 1)Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist in Verbindung mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. i dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass die Mehrwertsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele kumulativ erhoben werden dürfen, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat.

2. (zur Vorlagefrage 3)Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 der Richtlinie 2006/112 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift oder Praxis, wonach beim Betrieb von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit die Höhe der Kasseneinnahmen dieser Automaten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, nicht entgegenstehen.

3. (zur Vorlagefrage 8)Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einer innerstaatlichen Regelung, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer betragsgenau auf eine nicht harmonisierte Abgabe angerechnet wird, nicht entgegensteht.

4. Nach Eingang des Urteils des EuGH hat der Senat das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen, das seitdem unter dem Aktenzeichen 3 K 207/13 geführt wird.

IV. Streitstand

1. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Umsatzbesteuerung ihrer Geldspielgeräteumsätze verstoße gegen Unionsrecht, insbesondere gegen die Grundsätze der Proportionalität und Einzelbesteuerung (a.), der Abwälzbarkeit (b.) und der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer (c.). Entgegen der vom EuGH im Rahmen des hiesigen Vorabentscheidungsverfahrens vertretenen Auffassung seien die Umsätze aus Geldspielgeräten aufgrund der Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) von der Besteuerung zu befreien (d.). Der EuGH habe unzulässige Rechtsfortbildung betrieben und sie, die Klägerin, in Verfahrensrechten sowie ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (e.). Zudem werde sie, die Klägerin, auf der Grundlage der Kasseneinnahmen ohne eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage besteuert, was gegen den unions- und verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz verstoße (f.). Die herangezogene Bemessungsgrundlage sei zudem deswegen ungeeignet, weil in ihr steuerfreie Geldwechselvorgänge enthalten seien (g.). Schließlich habe der Gesetzgeber in Bezug auf die Bemessungsgrundlage gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht technischer Vorschriften verstoßen (h.).

Hierzu trägt die Klägerin im Einzelnen vor:

a) Grundsatz der Einzelbesteuerung und der Proportionalität

Der Grundsatz der Einzelbesteuerung und der Proportionalität werde verletzt, weil sich die Bemessungsgrundlage pauschal aus den Kasseneinnahmen nach einem bestimmten Zeitraum ergebe. Die Umsatzsteuer berechne sich damit nicht genau proportional zum Preis der einzelnen Leistung gegenüber dem jeweiligen Leistungsempfänger. Dieses Erfordernis ergebe sich aber aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL. Jedoch sei diese Vorschrift nicht Gegenstand des hiesigen Vorlagebeschlusses gewesen und vom EuGH dementsprechend nicht gewürdigt worden. Dass es unzulässig sei, die Steuerbemessungsgrundlage pauschal für einen Besteuerungszeitraum zu ermitteln, habe der EuGH in einem anderen als dem hiesigen Vorabentscheidungsverfahren selbst vertreten (EuGH-Urteil vom 26.09.2013 C-189/11 - Kommission/Spanien, UR 2013, 835).

Würden die Kasseneinnahmen der Besteuerung zugrunde gelegt, könne der Leistungsempfänger nicht erkennen, wie hoch der zu entrichtende Umsatzsteuerbetrag im Einzelnen und der gegebenenfalls von der eigenen Steuerschuld zum Abzug zu bringende Vorsteuerbetrag seien. Diese Vorgehensweise sei geeignet, das Mehrwertsteuersystem zu verfälschen. Dem Unternehmer werde gestattet, die Umsatzsteuerbeträge beliebig auf die einzelnen Dienstleistungs- oder Warenabnehmer zu verteilen, solange die auf den Gesamtumsatz erhobene Umsatzsteuer proportional zu diesem sei. Es sei daher nicht auszuschließen, dass Automatenaufsteller wie sie, die Klägerin, ihren einzelnen Spielgästen unterschiedlich hohe Umsatzsteuersätze in Rechnung stellten; die Spieler könnten die ihnen gegenüber beliebig hoch ausgewiesene Umsatzsteuer möglicherweise als Vorsteuer geltend machen, da die Umsatzsteuer nicht proportional zu den von ihnen geleisteten Entgelten berechnet werde.

Für eine dem Wortlaut der Richtlinie entsprechende Anwendung hingegen müsse ermittelt werden, was der einzelne Spielgast verloren und gewonnen habe. Eine in diesem Sinne aus den Gewinnen und Verlusten der jeweiligen Spielgäste zu bildende Bemessungsgrundlage komme jedoch nicht in Betracht, da die Spielgeräte einzelne Gewinne und Verluste technisch nicht erfassten. Dies habe zudem zur Folge, dass der Gerätebetreiber den Spielern entgegen Art. 220 MwStSystRL keine Rechnung über die einzeln erbrachte Leistung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellen könne, wie ein derzeit beim AG Hamburg-1 anhängiger Rechtsstreit (Aktenzeichen ...) zeige. Dort verlange der Kläger von dem beklagten Spielhallenbetreiber eine Rechnung über eingeworfene Geldbeträge und die darin enthaltene Umsatzsteuer, die der Beklagte aus den dargelegten Gründen verweigert habe. Das hiesige Verfahren sei bis zum Abschluss des beim AG Hamburg-1 anhängigen Rechtsstreits gemäß § 74 FGO auszusetzen.

Der Spieleinsatz am Spielgerät als demgegenüber alternative Bemessungs-grundlage sei zudem deshalb ungeeignet, weil dieser dem Betreiber der Geräte effektiv nicht in vollem Umfang zufließe und sich damit nicht als die vom Spieler erbrachte Gegenleistung darstelle, aus der die mit dem Gerätebetrieb verbundenen Kosten gedeckt werden könnten.

b) Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer auf die Spielgäste

Weiterhin sei die im Umsatzsteuersystem angelegte Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer auf die Spielgäste als Endverbraucher rechtlich unmöglich.

Eine Abwälzung der Umsatzsteuer setze voraus, dass die Umsatzsteuer als Preisaufschlag zusätzlich zum Nettopreis verlangt werden könne. Die den Spieleinsatz beschränkenden Regelungen der SpielV stellten aber Preisbegrenzungen dar, die sich auf Bruttopreise bezögen, ohne die von den Steuerpflichtigen abzuführende Umsatzsatzsteuer zu berücksichtigen. Entgegen Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL werde die Umsatzsteuer damit nicht auf den Nettopreis der Leistung erhoben, sondern der Preis der Leistung durch die Steuer reduziert. Eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes, wie etwa von 16 % auf 19 % zum 01.01.2007, habe deswegen eine Herabsetzung des Nettopreises bewirkt. Dies habe zur Konsequenz, dass sich Preisbegrenzungen auf den jeweiligen Nettopreis beziehen müssten, um eine Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer zu gewährleisten.

c) Grundsatz der steuerlichen Neutralität

Die Besteuerung der Umsätze aus Geldspielgeräten sei weiterhin deswegen unionsrechtswidrig, weil der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt werde.

aa) Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die öffentlichen Spielbanken als Wettbewerber der Klägerin mit gleichartigem Leistungsangebot von der Doppelbesteuerung durch Umsatzsteuer und Spielbankenabgabe aufgrund der betragsgenauen Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe ausgenommen seien. Zudem sei den Spielbanken die Umsatzsteuer zum Teil erlassen worden. Der Betrieb der Spielautomaten der Klägerin hingegen werde sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit der Spielvergnügungsteuer ohne Anrechnungsmöglichkeit belastet. Um eine gemäß Art. 107 AEUV wettbewerbsneutrale Besteuerung der gleichartigen Leistungen von öffentlichen Spielbanken und privaten Spielgerätebetreibern zu gewährleisten, müsse die derzeit geltende Doppelbesteuerung privater Anbieter durch Nichterhebung der Umsatzsteuer beseitigt werden. Eine kumulative Erhebung von Umsatzsteuer und Sonderabgabe in Form der Spielgerätesteuer scheide daher aus.

bb) Zum anderen sei eine Ungleichbehandlung zwischen öffentlichen Spielbanken und privaten Spielhallenbetreibern wie ihr, der Klägerin, anzunehmen, weil für öffentliche Spielbanken hinsichtlich der von ihnen angebotenen gleichartigen und damit im Wettbewerb zu ihr, der Klägerin, stehenden Geldgewinnspiele weder Brutto- noch Nettopreisbeschränkungen gälten und insoweit eine Abwälzung der Umsatzsteuer auf die jeweiligen Leistungsempfänger denkbar sei.

cc) Weiterhin liege auch deswegen eine Ungleichbehandlung vor, weil die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage "Kasseneinnahmen" sowohl für öffentliche Spielbanken als auch für private Unternehmen gelte, die Umsätze aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit erzielten, obgleich die Einnahmen der öffentlichen Spielbanken nicht durch die zwingenden gesetzlichen Vorschriften der SpielV begrenzt würden. Dadurch werde wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Nach dem Glawe-Urteil des EuGH (vom 05.05.1994 C-38/93)und dem daran anknüpfenden Urteil im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren seien nämlich die gesetzlichen Preisbegrenzungen der Rechtfertigungsgrund dafür gewesen, die Kasseneinnahmen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes als Gegenleistung für die Bereitstellung der Automaten zu betrachten und damit entgegen dem Grundsatz der Individualbesteuerung eine pauschale Besteuerung durchzuführen. Es sei daher geboten, der Besteuerung öffentlicher Spielbanken den gesamten Spieleinsatz zugrunde zu legen.

Letztlich verletze aber die Beseitigung der Ungleichbehandlung in dieser Form wiederum den steuerlichen Neutralitätsgrundsatz zulasten der Klägerin. Die Auszahlquote der öffentlichen Spielbanken von 90 bis 97 % der Spieleinsätze führe dazu, dass die Umsatzsteuer nicht bezahlt werden könnte und damit eine erdrosselnde Wirkung hätte. Wenn aber die Spielbankenumsätze deshalb konsequenterweise von der Umsatzsteuer befreit werden müssten, müsse in Anwendung des Neutralitätsgrundsatzes auch die Besteuerung ihrer, der Klägerin, Umsätze unterbleiben.

Da die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits davon abhänge, ob und wie die Umsätze öffentlicher Spielbanken der Besteuerung unterlägen, seien die Spielbanken der Bundesländer Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zu dem Verfahren gemäß § 60 Abs. 1 FGO beizuladen.

dd) Schließlich sei eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes nicht nur im Verhältnis öffentlicher Spielbanken und Spielhallen, in denen Glücksspiel an Automaten angeboten werde, sondern auch im Verhältnis der Spielhallen zu anderen Teilnehmern des Glücksspielmarktes gegeben, darunter von der Umsatzsteuer befreite Lotterien.

Nach der Rechtsprechung des EuGH verbiete es der Grundsatz steuerlicher Neutralität, zwei aus Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigten, umsatzsteuerlich unterschiedlich zu behandeln.

Die Besteuerung der Spielhallen und die Steuerbefreiung der Lotto-, Toto- und Bingospiele verstoße dagegen, weil aus der Sicht des Durchschnittsbürgers beide Spielkategorien gleichartig seien. Dies werde insbesondere bei Rubbellosen deutlich, die bereits ihrem Erscheinungsbild nach das Automatenspiel nachahmten. Auch das vom sog. "staatlichen Lottoblock" bundesweit angebotene Lotto- und Bingospiel richte sich ebenso wie das Angebot der Spielhallen an denselben Kundenkreis und stehe damit in einem direkten Konkurrenzverhältnis zu Spielhallen.

d) Steuerbefreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL

Bereits aus den unter a) bis c) dargelegten Gründen lasse sich eine unionsrechtskonforme Bemessungsgrundlage nicht auffinden, sodass eine Steuerbefreiung der Umsätze aus den Spielgeräten der Klägerin geboten sei. Aber auch aus den Regelungen der MwStSystRL ergebe sich, dass die streitgegenständlichen Umsätze umsatzsteuerfrei seien:

aa) Indem der EuGH Art. 135 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL im Rahmen der Beantwortung der ersten Vorlagefrage in dem Sinne auslege, dass es den Mitgliedstaaten ohne Einschränkung freistehe, ob sie bestimmte Geldgewinnspiele der Mehrwertsteuer unterwürfen oder nicht, widersetze er sich dem eindeutigen Wortlaut der Richtlinienvorschrift. Den Mitgliedstaaten werde nur dann ein weites Ermessen hinsichtlich der Besteuerung von Geldgewinnspielen eingeräumt, wenn sich Umsätze aus bestimmten Geldspielen für die Anwendung der Mehrwertsteuer eigneten. Bestünden hingegen Anwendungsprobleme - wie bei den hier zu beurteilenden Umsätzen aus Geldspielgeräten hinsichtlich der Wahrung der Grundsätze der Individualbesteuerung und Proportionalität - seien die Umsätze nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL von der Mehrwertsteuer zu befreien.

bb) Zudem habe der Gesetzgeber durch die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG im Jahr 2006 lediglich die Umsatzsteuerbefreiung für die Spielbanken aufgehoben, ohne gemäß Art. 131 MwStSystRL die Bedingungen und Beschränkungen der Umsatzsteuerfreiheit wirksam umzusetzen. Für die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG hätte gemäß Art. 395 MwStSystRL ein Dispensverfahren durchgeführt werden müssen, weil Abweichungen von der MwStSystRL gemäß Art. 131 der Richtlinie nur zur Vereinfachung zulässig seien. Hierzu habe der EuGH sich mangels einer entsprechenden Vorlagefrage nicht geäußert.

cc) Aus dem Zusammenspiel von Art. 135 und Art. 401 MwStSystRL folge, dass die in dem Katalog des Art. 135 MwStSystRL genannten Umsätze von der Mehrwertsteuer befreit seien, stattdessen aber Art. 401 der Richtlinie die Erhebung einer Sonderabgabe auf diese Umsätze ermögliche. Die Erhebung einer Sondergabe setze also notwendigerweise eine Steuerbefreiung von der Mehrwertsteuer voraus. Dem widerspreche die Auslegung des EuGH, wonach die Umsätze aus Geldspielgeräten mit Gewinnspielmöglichkeit kumulativ mit Mehrwertsteuer und einer Sonderabgabe - hier der Spielvergnügungsteuer - belastet sein könnten.

e) Unzulässige Rechtsfortbildung, Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften und des Anspruchs auf rechtliches Gehör

aa) Aufgrund der unter a) bis d) dargelegten Gründe habe der EuGH mit seiner Auslegung der Richtlinie im Vorabentscheidungsverfahrens eine unzulässige Rechtsfortbildung betrieben. Das Urteil des EuGH stelle daher für das vorlegende Gericht einen unbeachtlichen Ultra-vires-Rechtsakt dar.

bb) Weiterhin habe der EuGH wesentliche Verfahrensvorschriften sowie ihren, der Klägerin, Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 47 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta verletzt:

aaa) Obwohl der EuGH im Rahmen der Beantwortung der achten Vorlagefrage erkannt habe, dass es zu einer Verfälschung des Mehrwertsteuersystems kommen könne, wenn die öffentlichen Spielbanken aufgrund der vollständigen Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe kein Interesse an der Ausstellung ordnungsgemäßer Rechnungen über die von ihnen erbrachten Leistungen hätten, habe er dennoch mangels hinreichender Informationen eine diesbezügliche Beurteilung unterlassen. Dadurch nehme der EuGH eine Verfälschung des Mehrwertsteuersystems hin, ohne dem vorlegenden Gericht oder ihr, der Klägerin, die Möglichkeit zu weiteren Ausführungen zu geben. Deswegen habe der EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nicht auf eine mündliche Verhandlung gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung verzichten dürfen und das vorlegende Gericht gemäß Art. 101 der Verfahrensordnung um eine Klarstellung ersuchen müssen. Zudem habe der EuGH gemäß Art. 20 Abs. 5 seiner Satzung nicht ohne Schlussanträge entscheiden dürfen, weil etwa in Bezug auf die gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 und Art. 73 MwStSystRL zwingend gebotene Proportionalität oder die aufgezeigten Anwendungsprobleme der Umsatzbesteuerung von Geldspielgeräten neue und bisher nicht entschiedene Rechtsfragen aufgeworfen worden seien.

bbb) Ihr, der Klägerin, Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 47 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta sei verletzt worden, weil der EuGH ihre rechtlichen Ausführungen unter anderem zur Proportionalität gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 und Art. 73 MwStSystRL, zur fehlenden Abwälzbarkeit und zur gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL gebotenen Steuerbefreiung nicht gewürdigt habe.

cc) Folglich sei das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 74 FGO auszusetzen und der EuGH gemäß § 267 Abs. 2 AEUV erneut um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Hilfsweise sei das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in entsprechender Anwendung des Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) mit einer Ultra-vires-Kontrolle der Entscheidung des EuGH zu befassen, bevor eine Entscheidung des Gerichts ergehen könne.

f) Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes

Die Rechtswidrigkeit der Besteuerung der Klägerin ergebe sich schließlich daraus, dass die auf der Bemessungsgrundlage der Kasseneinnahmen basierende Besteuerung sich nicht auf eine hierfür hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage stützen könne und deswegen den verfassungs- und unionsrechtlich fundierten Bestimmtheitsgrundsatz verletze.

aa) Der Bestimmtheitsgrundsatz fordere im Steuerrecht, dass der Steuerpflichtige einen derart bestimmten Tatbestand vorfinde, der es ermögliche, die auf ihn entfallende Steuerlast im Voraus zu berechnen.

Die hier einschlägige Regelung des § 10 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) bemesse die Umsatzsteuer nach dem Entgelt; das sei alles, was der Leistungsempfänger aufwende, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. Die von dem beklagten Finanzamt als Bemessungsgrundlage herangezogenen Gesamtkasseneinnahmen seien mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Denn es werde nicht - wie gesetzlich gefordert - auf das jeweilige Entgelt einer Einzelleistung abgestellt, sondern die Bemessungsgrundlage pauschal nach einem bestimmten Zeitraum ohne Erfassung einzelner Leistungen bestimmt.

Die deswegen verfassungswidrige Regelung des § 10 Abs. 1 UStG sei dem BVerfG folglich im Wege einer konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen.

bb) Die von der gesetzlichen Grundlage abweichende Verwaltungspraxis der Finanzämter sei keine rechtswirksame Erfüllung der Verpflichtung zur Richtlinienumsetzung. Die Verwaltungspraxis stelle sich mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als uneinheitlich und damit willkürlich dar. Abhängig von dem zuständigen Finanzamt werde die Bemessungsgrundlage entweder nach dem "Saldo 2" (wie von dem beklagten Finanzamt), nach der "elektronisch gezählten Kasse" (wie vom Finanzamt Hamburg-2 nach einem Betriebsprüfungsverfahren) oder dem "Saldo 1" (wie vom Finanzamt B) bestimmt. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass die Bemessungsgrundlage aufgrund der Auslegung des EuGH im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren hinreichend bestimmt worden sei, entfalte dies keine Rückwirkung auf die vor seiner Entscheidung bestehende Ungewissheit und Unbestimmtheit der Bemessungsgrundlage.

g) Steuerfreie Geldwechselvorgänge als Bestandteil der Bemessungs-grundlage

In der für die Bemessungsgrundlage maßgeblichen Rechengröße der "Kasseneinnahmen" seien zudem nicht ausschließlich Spieleinsätze, sondern auch gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL und § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfreie Geldwechselvorgänge enthalten.

aa) Nutzer der Automaten führten nämlich regelmäßig Geldscheine in die Spielgeräte ein, nicht um die eingeführte Geldsumme zum Spiel an dem Gerät einzusetzen, sondern weil sie lediglich einen Geldschein in Münzgeld wechseln wollten. In diesem Fall werde die eingeführte Geldsumme zwar im Geldspeicher des Gerätes erfasst, nicht jedoch in den Punktespeicher umgebucht und damit nicht als Spieleinsatz am Gerät registriert. Dennoch erhöhten sich dadurch die Kasseneinnahmen des Gerätes in Höhe des Geldwertes des eingeführten Geldscheins. Die anschließende Auszahlung in Münzgeld vermindere den Kasseninhalt nicht, da diese Auszahlung regelmäßig aus den Münzhoppern des Gerätes vorgenommen werde. Es lasse sich mit Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL nicht vereinbaren, wenn steuerfreie Geldwechselvorgänge, die die Kasseneinnahme erhöhten, mit Umsatzsteuer belastet würden und "im Gegenzug" steuerpflichtige Spielvorgänge, die sich nur auf den Hopperbestand auswirkten und deshalb keinen Eingang in die Bemessungsgrundlage fänden, umsatzsteuerfrei seien.

Die Kasseneinnahmen seien demnach nicht das Ergebnis einer einzigen Art von steuerpflichtigen Dienstleistungen und für die Bemessung der Umsatzsteuer insgesamt ungeeignet. Auch könne die hinsichtlich der Geldwechselvorgänge zu Unrecht entstehende Umsatzsteuer nicht auf den Kunden abgewälzt werden.

bb) Wie hoch der Anteil der Geldbeträge sei, die für Geldwechselvorgänge verwendet würden, lasse sich nicht genau bestimmen. Jedenfalls wenn die Kontrolleinrichtung des Gerätes den Einwurf eines 50-€-Scheins registriere, finde in Höhe von 25,00 € ein steuerfreier Geldwechselvorgang statt. Dies ergebe sich aus § 13 Abs. 1 Nr. 6 SpielV. Danach würden eingeworfene Beträge von mehr als 25,00 € nicht in den Geldspeicher des Gerätes gebucht, sondern automatisch ausgezahlt. In diesem Fall erhöhe sich die steuerliche Bemessungsgrundlage "Kasseneinnahmen" um 50,00 € trotz Auszahlung an den Spieler in Höhe von 25,00 €. Auch bei anderen in die Kasse eingeführten Geldscheinen sei teilweise - bei etwa 20 % der Kasseneinnahmen - von bloßen Geldwechselvorgängen auszugehen. Eine Pflicht, Vorsorge für die zutreffende Ermittlung dieser Vorgänge zu treffen, bestehe nicht, zumal, wie dargelegt, völlig ungewiss sei, was unter den "Kasseneinnahmen" zu verstehen sei.

h) Verletzung der Notifizierungspflicht

Die Klägerin beruft sich schließlich darauf, dass der Gesetzgeber das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006 (BGBl I 2006, 1095) mit der Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG entgegen Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 98/34/EG vor seinem Erlass nicht gegenüber der Europäischen Kommission notifiziert habe. Die von der Steuerverwaltung nach dem BMF-Schreiben vom 05.07.1994 als zutreffend erachtete Bemessungsgrundlage der Kasseneinnahmen werde mittels eines Geräterechenprogrammes in den Geldspielgeräten errechnet, sodass eine i. S. der Richtlinie gegenüber der Europäischen Kommission notifizierungspflichtige technische Vorschrift vorliege. Zudem sei, um die Umsatzsteuer auf den Endverbraucher abwälzen zu können, eine technische Änderung der Geldspielgeräte notwendig, für die gleichfalls die Notifizierungspflicht gelte. Diese Mängel führten zur Unanwendbarkeit des Umsatzsteuergesetzes auf die streitigen Geldspielgeräte.

i) Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin verwiesen.

2.Die Klägerin beantragt (FGA Bl. 679),den Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 29.03.2012 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von ... € auf ... € herabgesetzt wird;

hilfsweise (FGA Bl. 570, 679 ff., 744 f., 771 f., 774),das Verfahren auszusetzen und den EuGH erneut gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen;äußerst hilfsweise (FGA Bl. 682 f.),das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen;weiter hilfsweise,die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

3.Der Beklagte trägt vor:Die Klage sei zwar als Untätigkeitsklage zulässig, aber unbegründet, weil die Umsatzbesteuerung des Betriebs von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit rechtmäßig sei.

a) Verletzung des Proportionalitätsgrundsatzes

Der Proportionalitätsgrundsatz sei nicht verletzt, weil die Bemessungs-grundlage "Kasseneinnahmen" danach bestimmt werde, was der Klägerin von den Spieleinsätzen tatsächlich am Monatsende zur Verfügung stehe, und sich damit im Vergleich zu dem Einsatz jedes einzelnen Spielers zu ihren Gunsten auswirke. Dies habe der EuGH mit seiner Entscheidung zur Rechtssache Glawe (Urteil vom 05.05.1994 C-38/93) bestätigt.

Die im Rahmen einer so zu bestimmenden Bemessungsgrundlage fehlende Möglichkeit des Vorsteuerausweises in Rechnungen sei praktisch nicht relevant. Denkbare Fälle wie die Einladung von Geschäftspartnern in eine Spielhalle anlässlich einer Feier führten zu nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben und unterlägen damit auch nicht dem Vorsteuerabzug (§ 4 Abs. 5 Einkommensteuergesetz -EStG- i. V. m. § 15 Abs. 1a UStG).

b) Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer

Auch sei die Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer gewährleistet, da die SpielV lediglich eine Gewinn- und Verlustbegrenzung vorsehe, aus der nicht generell die Begrenzung von Einnahmen folge. Die Klägerin habe die Möglichkeit, die Umsatzsteuer in ihre Kalkulation einzubeziehen und auf die Spieler jedenfalls kalkulatorisch abzuwälzen. Dies reiche nach der Rechtsprechung des BVerfG aus.

c) Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes

Eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes scheide aus, da Spielhallen-betreiber und öffentliche Spielbanken aus umsatzsteuerlicher Sicht gleich behandelt würden. Eine etwa bestehende Ungleichbehandlung wegen der nur für private Spielgerätebetreiber geltenden Gewinn- und Verlustbegrenzungen aufgrund der SpielV oder der für öffentliche Spielbanken bestehenden Möglichkeit, die Umsatzsteuer in vollem Umfang auf die landesgesetzlich geregelte Spielbankenabgabe anzurechnen, sei in einem gesonderten Verfahren betreffend die Rechtmäßigkeit der SpielV oder der jeweiligen Spielbankengesetze geltend zu machen.

Eine kumulative Belastung der Spielgeräte mit Umsatzsteuer und kommunaler Sonderabgabe wie der Spielvergnügungsteuer habe der EuGH in der Rechtssache Leo Libera (Urteil vom 10.06.2010 C-58/09) und nun auch in dem Urteil im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren für unionsrechtskonform erachtet.

d) Bestimmtheit der Rechtsgrundlage

Entgegen der Auffassung der Klägerin stelle auch § 10 Abs. 1 UStG eine taugliche und hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für die Besteuerung der Umsätze aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit dar. Der Gesetzgeber habe in § 10 UStG die vom EuGH im Glawe-Urteil (vom 05.05.1994 C-38/93) vertretene und nunmehr erneut bestätigte Auslegung des Art. 73 MwStSystRL übernommen, wonach die effektiv verfügbaren Kasseneinnahmen in einem bestimmten Zeitraum zu besteuern seien.

e) Geldwechselvorgänge

Die von der Klägerin behaupteten Geldwechselvorgänge seien in den effektiv verfügbaren Kasseneinnahmen nach der vom EuGH bestätigten und auch im Rahmen der Umsatzbesteuerung der Klägerin angewandten Berechnungsformel (Geldeinwurf minus Geldauswurf plus Entnahmen minus Geräteauffüllungen) nicht enthalten. Die isolierte Betrachtung einzelner Geldwechselvorgänge verzerre die Ergebnisse, weil weitere Spieler, die nach einem Geldwechselvorgang spielten, den Hopper zunächst auffüllten, ohne dass sich der "Saldo 2" ändere. Im Übrigen gehe die nach Ansicht der Klägerin bestehende unrichtige Erfassung der Geldwechselvorgänge allein zu ihren Lasten. Denn der Aufsteller von Spielgeräten habe Vorsorge für eine zutreffende Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zu treffen.

f) Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten verwiesen.

V. Gerichtsverfahren

Der Senat hat die Klägerin unter Setzung einer Ausschlussfrist bis zum 13.06.2014 aufgefordert, die im Streitjahr erzielten Kasseneinnahmen anzugeben und hierin etwa enthaltene Geldwechselvorgänge zu ermitteln oder zu schätzen (FGA Bl. 825, 946).

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2014 Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens über die Funktionsweise von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Erörterungen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2014 (FGA Bl. 1081 ff.) und des Erörterungstermins vom 30.01.2014 (FGA Bl. 731 ff.) Bezug genommen.

Dem Senat haben je ein Band Rechtbehelfs-, Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer-, Bilanz- und Berichtakten sowie ein Band Akten "verwendbares Eigenkapital" vorgelegen (St.-Nr. .../.../...).

Gründe

B. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die als Änderungsanfechtungsklage i. S. des § 100 Abs. 2 Finanzgerichts-ordnung (FGO) statthafte Klage ist zulässig.

1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Beklagte den Einspruch der Klägerin bisher nicht beschieden hat. Der erfolglose Abschluss des Einspruchsverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung gemäß § 44 FGO ist entbehrlich, weil die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO vorliegen. Die Klage ist nach Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelf erhoben worden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FGO). Der Klägerin ist auch kein zureichender Grund für die Zurückstellung der Entscheidung über den Einspruch mitgeteilt worden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

2. Die Klage richtet sich gegen die Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung für 2010 vom 29.03.2012.

Zwar ist sie zunächst gegen die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Juli 2010, die sich gemäß § 168 Satz 1 AO aus der entsprechenden Steueranmeldung ergibt, erhoben worden. Jedoch ist die nachfolgende Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2010 durch Bescheid des Beklagten vom 29.03.2012, der gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO zum Gegenstand des noch offenen Einspruchsverfahren geworden ist (oben A. II. 6.), in entsprechender Anwendung des § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO auch Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Der Umsatzsteuer-Jahresbescheid wird danach kraft Gesetzes Streitgegen-stand, wenn er während eines finanzgerichtlichen Verfahrens gegen einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid ergeht (BFH-Beschluss vom 30.04.2009 V B 193/07, juris; BFH-Urteil vom 04.11.1999 V R 35/98, BStBl II 2000, 454).

Die Jahresfestsetzung ist hier zwar nicht - wie von § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO für den Regelfall vorausgesetzt - nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung ergangen; der Einspruch ist vielmehr unentschieden geblieben. Dem Sinn und Zweck der Verfahrensvereinfachung nach ist jedoch § 68 Abs. 1 FGO im Fall einer wie hier gegebenen Untätigkeitsklage i. S. von § 46 FGO entsprechend anzuwenden (FG München Urteil vom 23.02.2010 13 K 3272/07, juris).

II.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Umsatzsteuer-Jahresbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Betrieb der Klägerin von "Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit" stellt eine umsatzsteuerbare Leistung dar (1.), die nicht von der Umsatzsteuer befreit ist (2.). Dies steht im Einklang mit Unionsrecht (3.). Zu Recht hat der Beklagte die Kasseneinnahmen der Geldspielgeräte als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 1 UStG herangezogen (4.). Diese Besteuerung ist auch verfassungsgemäß (5.).

1. Der Betrieb von Geldspielautomaten ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG eine steuerbare sonstige Leistung, die im Inland gegen Entgelt ausgeführt wird.

2. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG ist nicht einschlägig, weil nach dieser Bestimmung nur solche Umsätze steuerbefreit sind, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Davon nicht erfasst werden Umsätze aus sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz, zu denen die streitigen Umsätze der Klägerin gehören.

3. Die Besteuerung der Klägerin ist unionsrechtskonform (a.). Dies folgt aus der - für das vorlegende Gericht verbindlichen - Auslegung des EuGH der MwStSystRL in seinem auf Vorlage des Senats ergangenen Urteil vom 24.10.2013 (C-440/12), welches innerhalb der Kompetenzen des EuGH ergangen ist (b.). Von einer erneuten Vorlage an den EuGH wird daher abgesehen (c.). Einer unionsrechtlichen Notifizierungspflicht unterlag die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nicht (d.).

a) Die Steuerpflicht bzgl. der Geldspielumsätze ist unionsrechtskonform. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Verletzung der Grundsätze der Proportionalität (aa.), Abwälzbarkeit (bb.) und Neutralität der Umsatzsteuer (cc.) berufen. Auch die von der Klägerin in Bezug auf die Bemessungsgrundlage aufgezeigten Anwendungsprobleme führen nicht zu einer Steuerbefreiung (dd.). Der deutsche Gesetzgeber handelte innerhalb des ihm aufgrund Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL eingeräumten Ermessens, als er die Umsätze gewerblicher Spielhallenbetreiber aus Geldspielgeräten nicht in die Umsatzsteuerbefreiung einbezog (ee.). Die Umsatzsteuer kann neben der Spielvergnügungsteuer erhoben werden (ff.).

aa) Die Besteuerung der Klägerin ist hinsichtlich des Grundsatzes der Proportionalität mit den Richtlinienvorgaben vereinbar.

aaa)Gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL ist die Mehrwertsteuer eine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer. Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL bestimmt, dass sich die Mehrwertsteuer bei allen Umsätzen nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstandes oder der Dienstleistung errechnet.Nach Ansicht des EuGH im hiesigen Vorabentscheidungsverfahrens steht mit diesen Regelungen eine nationale Vorschrift oder Besteuerungspraxis im Einklang, nach der beim Betrieb von Spielgeräten die Höhe der Kasseneinnahmen dieser Geräte nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, juris, Rz. 44).

Die Proportionalität der Mehrwertsteuer zu den Preisen der betreffenden Dienstleistungen oder Gegenstände stellt zwar eines der wesentlichen Merkmale der harmonisierten Mehrwertsteuer dar, ist aber keine zwingende Voraussetzung in jedem Einzelfall (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 36 f.). Denn der Grundsatz der Proportionalität bezieht sich nur auf die Bemessungsgrundlage. Zwar entspricht die Bemessungsgrundlage meist dem Preis, den der Endverbraucher als Gegenleistung für die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung eines Gegenstands entrichten muss. Jedoch ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 73 MwStSystRL, dass sich die Bemessungsgrundlage maßgeblich danach richtet, was der Steuerpflichtige tatsächlich als Gegenleistung erhält, und nicht danach, was ein bestimmter Adressat in einem konkreten Fall zahlt. Die Regelungen der MwStSystRL fordern somit keine Proportionalität zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und den isoliert betrachteten Einsätzen der einzelnen Spieler (EuGH-Urteile vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 38 f.; vom 05.05.1994 C-38/93 -Glawe, Slg. 1994, I-01679, BStBl II 1994, 548).

In einem ersten Schritt kommt es demnach darauf an, eine mit den Vorgaben des Art. 73 MwStSystRL konforme Bemessungsgrundlage aufzufinden. Anschließend ist die geschuldete Mehrwertsteuer zu errechnen, indem auf den im ersten Schritt gebildeten Preis des Gegenstandes oder der Dienstleistung der jeweils einschlägige Steuersatz angewendet wird. Nur die im zweiten Schritt vorzunehmende Anwendung des Steuersatzes auf die Bemessungsgrundlage ist damit Bezugspunkt der Proportionalität.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Geldspielgeräte vertritt der EuGH die Auffassung, dass die Gegenleistung, die der Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhält, nur in den Kasseneinnahmen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums besteht, weil diese aufgrund der gesetzlichen Vorschriften der SpielV den Teil der Einsätze darstellen, über den der Betreiber effektiv selbst verfügen kann (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 42).

Indem auf die so gebildete Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuersatz angewendet wird, errechnet sich die Umsatzsteuer auf die klägerischen Umsätze aus Geldspielgeräten proportional zum Preis der Dienstleistung i. S. von Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL. Dass der EuGH - wie von der Klägerin behauptet - die Regelung des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL rechtlich nicht gewürdigt hätte, ist demnach nicht zu erkennen, zumal diese Bestimmung im Urteil eigens aufgeführt wird (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 3).

bbb)Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der EuGH in seinem Urteil im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren von der Rechtsprechung in anderen Entscheidungen abgewichen wäre.Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des EuGH vom 26.09.2013 (C-189/11 - Kommission/Spanien, DStR 2013, 2106) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil es dort um die Umsetzung der speziell für die Umsatzbesteuerung von Reiseleistungen in Art. 308 MwStSystRL geregelte Bemessungsgrundlage ging.

Das Urteil des EuGH im hiesigen Verfahren steht nicht nur mit dem Glawe-Urteil (vom 05.05.1994 C-38/93, Slg. 1994, I-01679, BStBl II 1994, 548), sondern auch mit der übrigen Rechtsprechung des EuGH im Einklang. So hat der EuGH entschieden, dass der im Vorhinein gesetzlich festgelegte Teil des Verkaufspreises für Bingo-Coupons, der für die Auszahlung der Gewinne an die Spieler bestimmt ist, nicht zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehört (Urteil vom 19.07.2012 C-377/11 - International Bingo, HFR 2012, 1011), und auch in anderen Fällen danach differenziert, ob der Steuerpflichtige über den gesamten gezahlten Preis frei verfügen kann oder nicht (Urteile vom 17.09.2002 C-498/99 - Town & County Factors, Slg. 2002, I-7173, UR 2002, 510, Rz. 30; vom 29.05.2001 C-86/99 - Freemans, Slg. 2001, I-4167, UR 2001, 349, Rz. 30). Dass die Umsatzsteuer nicht in jedem Fall zum Preis der Leistung proportional sein muss, sondern der Bruttoertrag während eines bestimmten Zeitraums und damit eine Gesamtheit von Umsätzen als Bemessungsgrundlage herangezogen werden kann, ergibt sich schließlich aus der Entscheidung First National Bank of Chicago zur Besteuerung von Devisengeschäften (EuGH-Urteil vom 14.07.1998 C-172/96, UR 1998, 456, mit Anmerkung Philipowski).

bb) Auch unter dem Gesichtspunkt der Abwälzbarkeit ist 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit den unionsrechtlichen Vorgaben der MwStSystRL vereinbar.

Die in diesem Zusammenhang dem EuGH vorgelegten Fragen (fünfte bis siebte Vorlagefrage) blieben - wie von der Klägerin gerügt - wegen ihres hypothetischen Charakters unbeantwortet. Gleichzeitig stellte der EuGH aber in den Entscheidungsgründen fest, dass eine der SpielV entsprechende innerstaatliche Regelung, die den Betrieb von Spielgeräten insbesondere in Bezug auf die Einsätze, Gewinne und Verluste der Spieler je Zeiteinheit begrenze, es dem Betreiber erlaube, die für diese Tätigkeit geschuldete Mehrwertsteuer auf die Endverbraucher abzuwälzen (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 53). Bemessungsgrundlage sei nämlich nur die "Nettokasse", d.h. die Kasseneinnahmen abzüglich der geschuldeten Mehrwertsteuer (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 52). Die von dem Betreiber der Spielgeräte geschuldete Mehrwertsteuer werde deswegen von den Endverbrauchern tatsächlich gezahlt.

Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Durch die Regelungen der SpielV sind die Betreiber von Geldspielgeräten nicht an einer Überwälzung der Umsatzsteuer an die Endverbraucher gehindert (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07 BStBl II 2011, 311). Wie vom EuGH erkannt, ergibt sich bereits aus der Bemessungsgrundlage, dass die anfallende Umsatzsteuer faktisch von den Spielern als Leistungsempfängern getragen und somit vom Gerätebetreiber auf diese abgewälzt wird. Bei den Kasseneinnahmen, die den für den Betreiber frei verfügbaren Teil der Spieleinsätze darstellen, handelt es sich um einen Bruttowert, der die geschuldete Umsatzsteuer mitumfasst. Zur endgültigen Bestimmung der (Netto-) Bemessungsgrundlage ist die Umsatzsteuer noch aus diesem Betrag herauszurechnen. Daraus folgt zwingend, dass ein Gerätebetreiber die von ihm für seine erbrachten Leistungen geschuldete Umsatzsteuer bereits in vollem Umfang vereinnahmt hat. Der Umsatzsteuerbetrag ist in dem ihm frei zur Verfügung stehenden Kasseneinnahmen enthalten und steht ihm damit als von den Spielern stammender Betrag zur Abführung an den Fiskus tatsächlich zur Verfügung.

Im Übrigen fordert das Merkmal der Abwälzbarkeit nicht, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag vom Endverbraucher stets tatsächlich ersetzt erhalten. Vielmehr genügt die generelle Möglichkeit dazu im Sinne einer "kalkulatorischen" Abwälzbarkeit. Die Abwälzung der Steuer stellt einen wirtschaftlichen Vorgang dar, in dem es dem Steuerschuldner überlassen bleibt, den Steuerbetrag in seine Kalkulation einzubeziehen und die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch dann zu wahren (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311).

Der Ansicht der Klägerin, dass die Abwälzbarkeit aufgrund der Regelungen der SpielV ausgeschlossen sei, weil diese einen Aufschlag der Umsatzsteuer auf den Nettopreis verhinderten, folgt der Senat demnach nicht. Wenn der deutsche Gesetzgeber die Gewinnmöglichkeiten der Betreiber von Geldspielgeräten reduziert, indem er Gewinn- und Verlustbegrenzungen wie etwa in § 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SpielV einführt, verringern sich zwar die dem Betreiber zur Verfügung stehenden Kasseneinnahmen. Doch ist in dem so geminderten Betrag weiterhin die geschuldete Umsatzsteuer enthalten, sodass deren Abwälzung auf die Spieler in dem dargestellten Sinn nicht beeinträchtigt wird. Eine Erhöhung des Umsatzsteuersatzes mindert zwar bei gleichbleibenden Kasseneinnahmen den Betrag der Nettokasse (Kasseneinnahmen abzgl. Umsatzsteuer), jedoch ändert dies nichts daran, dass auch der erhöhte Umsatzsteuerbetrag von den Kasseneinnahmen umfasst ist und damit faktisch von den Spielern über ihre Einsätze getragen wird. Soweit die Erhöhung des Umsatzsteuersatzes von 16 auf 19 % nicht zu einer entsprechenden Anpassung der Gewinn- und Verlustbegrenzungen der SpielV geführt hat, könnte dies allenfalls zu einer Beanstandung der SpielV führen, nicht jedoch zur Rechtswidrigkeit der Umsatzbesteuerung (FG Münster, Beschluss vom 18.01.2013 5 V 3800/12 U, EFG 2013, 556).

cc) Auch eine Verletzung des steuerlichen Neutralitätsgrundsatzes liegt nicht vor. Von einer Ungleichbehandlung ist weder im Verhältnis der Spielhallen zu Spielbanken (dazu (2) bis (4)) noch im Verhältnis der Spielhallen zu anderen von der Umsatzsteuer befreiten Teilnehmern des Glücksspielmarktes auszugehen (dazu (5)).

aaa) Im Rahmen des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems verbietet der Neutralitätsgrundsatz insbesondere, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze bewirken und miteinander in Wettbewerb stehen, bei der Mehrwertsteuererhebung unterschiedlich behandelt werden (siehe etwa EuGH-Urteil vom 19.12.2012 C-310/11 - Grattan, UR 2013, 271, Rz. 28 m. w. N.).

Für Glücksspielumsätze bedeutet dies insbesondere, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung der ihnen aufgrund Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL zustehenden Befugnisse, die Bedingungen und Beschränkungen der Steuerbefreiung von Glücksspielumsätzen festzulegen, den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten haben (EuGH-Urteil vom 17.02.2005 C-453/02 u. a. - Linneweber, Slg. 2005, I-1131, IStR 2005, 200).

bbb)Daran gemessen verstößt nach der Entscheidung des EuGH die für öffentliche Spielbanken geltende Anrechnung der geschuldeten Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe nicht gegen den umsatzsteuerlichen Neutralitätsgrundsatz (BFH-Beschluss vom 19.10.2009 XI B 60/09, BFH/NV 2010, 58; Hessisches FG, Beschluss vom 17.05.2013 1 V 337/13, juris).Der EuGH hat im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren die seit dem 06.05.2006 bestehende unterschiedliche Abgabenbelastung des Betriebs von Geldspielgeräten in öffentlichen Spielbanken und außerhalb derselben, insbesondere in Spielhallen, für vereinbar mit dem Neutralitätsgrundsatz gehalten. Nach seiner Auslegung gewährleistet dieser Grundsatz Gleichbehandlung und Neutralität nur im Rahmen des harmonisierten Mehrwertsteuersystems. Da die geschuldete Umsatzsteuer im Fall der Spielbanken auf die nicht harmonisierte Spielbankenabgabe angerechnet wird und nicht umgekehrt, ist die Gleichbehandlung der Umsätze aus Geldspielgeräten innerhalb des Mehrwertsteuersystems gewahrt (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 57; BFH-Beschluss vom 26.02.2014 V B 1/13, juris).

Damit führt der EuGH seine Rechtsprechung in der Rechtssache Leo-Libera (EuGH-Urteil vom 10.06.2010 C-58/09, Slg. 2010, I-5189, UR 2010, 494) fort. Dort erkannte er bereits, dass sonstige nationale Steuern und Abgaben, die sich außerhalb des Mehrwertsteuersystems bewegen, von dem spezifisch-mehrwertsteuerlichen Neutralitätsgrundsatz nicht erfasst werden und ihre inhaltliche Ausgestaltung damit keinen Vorgaben der MwStSystRL unterliegt.

Ob in diesem Zusammenhang eine Ungleichbehandlung auf der Ebene der nicht harmonisierten Spielbankengesetze gegenüber privaten Spielhallen-betreibern, also außerhalb des harmonisierten Mehrwertsteuersystems, vorliegt, hatte der EuGH nicht zu entscheiden. Diese Frage betrifft nicht die Vereinbarkeit der Regelung mit gleichheitsrechtlichen Postulaten des Unionsrechts, sondern stellt sich allein im nationalrechtlichen, dort vor allem im verfassungsrechtlichen Kontext (hierzu siehe unten 5.).

(3) Ferner ist eine innerhalb des harmonisierten Umsatzsteuersystems beachtliche Ungleichbehandlung auch nicht darin zu erkennen, dass der Betrieb von Geldspielgeräten durch öffentliche Spielbanken keinen gesetzlichen Preisbeschränkungen unterliegt, während für Spielhallenbetreiber die Gewinn- und Verlustbegrenzungen der SpielV (insbesondere § 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SpielV) gelten.

Wie die Anrechnungsmöglichkeit der Spielbanken hat auch diese Differenzierung ihren Ursprung außerhalb des Mehrwertsteuersystems und ist damit nicht an den unionsrechtlichen Vorgaben zu messen. Eine Verletzung des spezifisch-mehrwertsteuerlichen Neutralitätsgrundsatzes kommt daher nicht in Betracht.

Soweit die Klägerin einwendet, eine Ungleichbehandlung resultiere daraus, dass öffentliche Spielbanken die Umsatzsteuer im Gegensatz zu Spielhallenbetreibern aufgrund fehlender Preisbeschränkungen auf die Spieler abwälzen könnten, trifft dies nicht zu, weil die Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer trotz der Gewinn- und Verlustbegrenzungen der SpielV gewährleistet ist (siehe unter B. II. 3. a. bb.).

(4) Auch die Argumentation der Klägerin, die Umsätze aus Geldspielgeräten der öffentlichen Spielbanken und der Spielhallenbetreiber würden gleichheitswidrig zur Umsatzsteuer herangezogen, weil für beide Arten von Gerätebetreibern die einheitliche Bemessungsgrundlage der Kasseneinnahmen gelte, führt nicht zum Erfolg.

Dass gleichartige Umsätze innerhalb und außerhalb von Spielbanken nicht nur in Bezug auf ihre dem Grunde nach bestehende Umsatzsteuerpflicht, sondern auch hinsichtlich der Bemessungsgrundlage gleich behandelt werden, ist vielmehr Ausdruck umsatzsteuerlicher Neutralität.

Die Gleichbehandlung dem Grunde nach war die zwingende Konsequenz des EuGH-Urteils in der Rechtssache Linneweber (EuGH-Urteil vom 17.02.2005 C-453/02 u. a., Slg. 2005, I-1131, IStR 2005, 200), die der deutsche Gesetzgeber in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG umgesetzt hat. In jenem Urteil stellte der EuGH fest, dass eine Umsatzsteuerbefreiung von Glücksspielen mit Geldeinsatz in öffentlichen Spielbanken unzulässig ist, wenn gleichzeitig gleichartige Umsätze außerhalb dieser Spielbanken umsatzsteuerpflichtig sind. Eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes liegt demnach einmal dann vor, wenn die Steuerpflicht gleichartiger (Glücksspiel-) Umsätze davon abhängen soll, wer sie erzielt (Spielbanken oder Spielhallen).

Nach Auffassung des Senat wirkt der Neutralitätsgrundsatz aber nicht nur im Rahmen des Freistellungsermessens gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL. Er gebietet es darüber hinaus, eine steuerliche Gleichbehandlung gleichartiger Umsätze auch hinsichtlich der Bestimmung dessen herbeizuführen, was i. S. von Art. 73 MwStSystRL der Wert der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung ist.

Aus diesen Gründen gilt die pauschal ermittelte Bemessungsgrundlage in Form der Kasseneinnahmen für alle Geldspielgeräte, unabhängig davon, ob sie den Gewinn- und Verlustbeschränkungen der SpielV unterliegen. Dass in dieser Hinsicht unterschiedliche gesetzliche Beschränkungen abhängig von dem Betreiber der Geräte Anwendung finden, beeinflusst die Besteuerung aufgrund einer einheitlichen Bemessungsgrundlage nicht. Der unterschiedliche persönliche Anwendungsbereich der SpielV stellt eine Differenzierung dar, die wegen ihres rein nationalrechtlichen Ursprungs außerhalb des harmonisierten Mehrwertsteuersystems angelegt und damit nicht für die umsatzsteuerliche Gleichbehandlung von Geldspielgeräten entscheidend ist. Denn für Zwecke der steuerlichen Neutralität ist es unbeachtlich, dass der Art nach gleiche Glücksspiele unterschiedlichen rechtlichen Regelungen hinsichtlich ihrer Aufsicht und Regulierung unterliegen (siehe EuGH-Urteil vom 10.11.2011 C-259/10 und C-260/10 - The Bank Group, Slg. 2011, I-10947, Tenor 2). Eine Gleichbehandlung innerhalb des harmonisierten Mehrwertsteuersystems ist also gerade auch bei nicht unterschiedslos geltenden Regelungen wie der SpielV geboten.

Der Vortrag der Klägerin, dass eine Besteuerung nach den Spieleinsätzen bei den Spielbanken wegen der dortigen Auszahlquote von 90 bis 97 % zu einer Erdrosselung führte, spricht erst recht dafür, auch bei den Spielbanken in Anwendung des umsatzsteuerlichen Neutralitätsgebotes die Kasseneinnahmen als Bemessungsgrundlage anzusetzen.

(5) Schließlich kann der Senat eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes im Verhältnis steuerpflichtiger Spielhallenbetreiber und gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG i. V. m. Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerbefreiter Glücksspielanbieter nicht feststellen.

In der Rechtssache Leo-Libera (EuGH-Urteil vom 10.06.2010 C-58/09, Slg. 2010, I-5189, UR 2010, 494) hat der EuGH mit Blick auf § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG entschieden, dass eine Verletzung des Grundsatzes der Neutralität nicht vorliegt, wenn ein Mitgliedstaat die mit Geldspielautomaten erbrachten Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterwirft, jedoch Pferderennwetten, Wetten zu festen Odds (Quoten) sowie Lotterien und Ausspielungen von dieser Steuer befreit (Rz. 36; nachgehend BFH-Urteil vom 10.10.2010 XI R 79/07, BStBl II 2011, 311; bestätigt durch EuGH-Urteil vom 10.11.2011 C-259/10 und C-260/10 - The Bank Group, Slg. 2011, I-10947, Rz. 54).

Soweit sich die Klägerin allgemein auf eine ihr gegenüber gleichheitswidrige Steuerbefreiung der Lotterien beruft, ist diese Frage demnach bereits durch die Rechtsprechung des EuGH und BFH geklärt. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an.

Ein anderes Ergebnis ist auch nicht hinsichtlich des von der Klägerin benannten Bingospiels oder sogenannter Rubbellose anzunehmen, die - laut Klägerin - bereits ihrem Erscheinungsbild nach das Automatenspiel nachahmen sollen.

Nach der Auffassung des EuGH genügt für eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes, dass zwei aus der Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden, ohne dass es auf die Feststellung eines tatsächlichen Wettbewerbsverhältnisses zwischen den betreffenden Dienstleistungen ankommt. Dabei sind die maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen, die die Entscheidung des Verbrauchers, das eine oder das andere Glücksspiel zu spielen, erheblich beeinflussen können. So sind etwa in Bezug auf Geldspielgeräte insbesondere Unterschiede bei den Mindest- und Höchsteinsätzen und -gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten entscheidend (EuGH-Urteil vom 10.11.2011 C-59/10 und C-260/10 - The Bank Group, Slg. 2011, I-10947, Rz. 36, 55 ff.).

Daran gemessen unterscheidet sich das Automatenspiel aus der Sicht des Verbrauchers deutlich von den genannten Glücksspielvarianten.

Aus der Sicht des Verbrauchers besteht ein grundlegender Unterschied zwischen dem Erwerb eines Bingo- oder Rubbelloses und dem Spiel an einem Automaten. Neben der auseinander fallenden Zugangsschwelle zum Spiel stellt sich die Unmittelbarkeit des Automatenspiels als das für die Unvergleichbarkeit maßgebliche Kriterium dar. Die schnelle Spielabfolge und das kurze Auszahlungsintervall ermöglicht dem Spieler am Geldspielautomaten, die Wirkung seines Einsatzes, also den Erfolg oder Misserfolg seines Handelns, in rascher Abfolge zu erleben. Für das Automatenspiel ist im Gegensatz zu den weitergehend von Zufälligkeiten abhängigen Lotterien kennzeichnend, dass der Spieler aktiv einbezogen ist und ihm das Gefühl vermittelt wird, dass er auf seine Gewinnchancen selbst Einfluss nehmen kann (im Ergebnis ebenso Bruschke, UVR 2014, 77; vgl. bzgl. des höheren Suchtpotentials von - den Automatenspielen vergleichbaren - Kasinospielen im Verhältnis zu Sportwetten und Lotterien BGH-Urteil vom 18.11.2010 I ZR 165/07, juris).

dd) Eine Steuerbefreiung ergibt sich schließlich nicht in unmittelbarer Anwendung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL wegen der von der Klägerin angeführten Anwendungsprobleme hinsichtlich der Bemessungsgrundlage.

aaa) Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass sich Glücksspielumsätze im Allgemeinen schlecht für die Anwendung der Umsatzsteuer eignen, die gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL als Verbrauchsteuer konzipiert ist. Glücksspiele sind durch die Zahlung von Einsätzen und die Auszahlung von Gewinnen geprägt, ohne dass ein Verbrauch von Gegenständen oder Dienstleistungen als Anknüpfungspunkt der Besteuerung erkennbar wäre. Dies hat auch der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt (EuGH-Urteile vom 10.11.2011 C-259/10 und C-260/10 - The Bank Group, Slg 2011, I-10947, Rz. 39; vom 10.06.2010 C-58/09 - Leo Libera, Slg. 2010, I-5189, Rz. 24).

bbb) Die aus diesem Grund eingeführte Freistellungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL für "Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" ist jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dahin zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten deswegen Umsätze aus Geldspielgeräten von der Umsatzsteuer befreien müssten.

Denn der Wert der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung i. S. d. Art. 73 MwStSystRL lässt sich für den Zweck der Besteuerung von Geldspielgeräten ermitteln, sodass sich die im Allgemeinen bei Glücksspielen bestehende Problematik des variierenden und von Zufälligkeiten abhängenden "Preises" für die vom Glücksspielanbieter erbrachte Leistung nicht stellt:

(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung in dem Teil der Einsätze, über den er effektiv selbst verfügen kann (EuGH-Urteil vom 05.05.1994 C-38/93 - Glawe, Slg. 1994, I-1679, BStBl II 1994, 548; daran anschließend die Entscheidung im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren). Im Fall der streitgegenständlichen Geldspielgeräte werden die für die Bestimmung der Erlöse relevanten Daten in den gesetzlich vorgeschriebenen Kontrolleinrichtungen innerhalb der Geräte erfasst (s. zur Bemessungsgrundlage unten unter 4. a. und b.).

(2) Auch die von der Klägerin dargestellten Anwendungsprobleme, die hinsichtlich des Vorsteuerausweises und -abzugs bei einer pauschal ermittelten Bemessungsgrundlage wie den Kasseneinnahmen entstehen, können die begehrte Steuerbefreiung nicht begründen. Wie zutreffend vom Beklagten vorgetragen, stellt sich die Problematik der fehlenden Möglichkeit des Vorsteuerausweises in Rechnungen des Dienstleisters und des entsprechenden Vorsteuerabzugs auf der Ebene des Leistungsempfängers praktisch nicht. Ein Vorsteuerabzug scheidet in den Fällen, in denen ein umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer Geschäftspartner in eine Spielhalle einlädt, gemäß § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG regelmäßig aus. In dem von der Klägerin genannten Fall, dass Spielhallen von Konkurrenten zu Vergleichszwecken aufgesucht werden, wollen die Besucher im Allgemeinen unerkannt bleiben und verzichten daher auf eine Rechnungserteilung.

Im Übrigen (so auch für den Sonderfall, der nach der Klägerin dem Rechtsstreit vor dem AG Bergedorf zugrunde liegen soll) ist davon auszugehen, dass die in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG in zulässiger Umsetzung des Art. 220 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL geregelte umsatzsteuerliche Pflicht zur Erteilung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis an andere Unternehmer, die in entgeltlichen Austauschverträgen zivilrechtlich üblicherweise als Nebenpflicht vereinbart ist, in dem aufgrund des Automatenspiels zwischen Spieler und Gerätebetreiber geschlossenen Vertrag regelmäßig konkludent ausgeschlossen wird bzw. der Spieler hierauf konkludent verzichtet.

Der deutsche Gesetzgeber konnte daher im Rahmen seines Umsetzungsermessens gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL die Anwendungsprobleme des Umsatzsteuerausweises und Vorsteuerabzugs unberücksichtigt lassen.

ee) Der deutsche Gesetzgeber handelte innerhalb des ihm durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL eingeräumten Ermessens, nur bestimmte Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Umsatzsteuer zu befreien, als er die Geldspielumsätze von Automatenaufstellern nicht in die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Abs. 9 Buchst. b UStG einbezog (EuGH-Urteil vom 10.06.2010 C-58/09 - Leo Libera, UR 2010, 494; BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311; Bruschke, UVR 2014, 77).

Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sind die Umsätze aus Wetten, Lotterien und sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz grundsätzlich von der Umsatzsteuer zu befreien, allerdings unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden. Bei der Ausübung dieser Zuständigkeit steht den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen zu. Es ist ihnen auf dieser Grundlage gestattet, nur bestimmte Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Steuer zu befreien (EuGH-Urteil vom 10.06.2010 C-58/09 - Leo Libera, Slg. 2010, I-5189), sofern sie den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten (EuGH-Urteile vom 10.11.2011 C-259/10 und C-260/10 - The Bank Group, Slg. 2011, I-10947; vom 17.02.2005 C-453/02 u. a. - Linneweber, Slg. 2005, I-1131, IStR 2005, 200). Dies ist in Bezug auf die Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG geschehen (oben 3. a. cc.).

Aus Art. 131 MwStSystRL ergibt sich nach Auffassung des Senats keine weitergehende Beschränkung des in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL eröffneten Regelungsermessens bzgl. der inhaltlichen Reichweite der Steuerbefreiung, sondern im Gegenteil die Befugnis zur Regelung weiterer Bedingungen im Hinblick auf die Anwendung der Steuerbefreiung zum Zweck der Vereinfachung und der Missbrauchsverhinderung.

Entsprechendes gilt für die Bestimmung des Art. 395 MwStSystRL; das dort geregelte und von der Klägerin vorliegend für anwendbar gehaltene Dispensverfahren ist nur für in der Richtlinie nicht vorgesehene Abweichungen erforderlich und erfasst nicht das den Mitgliedstaaten in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL selbst eröffnete Ermessen.

Eine unmittelbare Berufung der Klägerin auf die Steuerfreiheit von Glücksspielumsätzen gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL kommt somit nicht in Betracht (FG Hamburg, Beschluss vom 05.11.2010 3 V 149/10, EFG 2011, 925).

ff) Schließlich ist nach dem hiesigen Vorabentscheidungsverfahren geklärt, dass die Umsatzsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele - wie in Hamburg die Spielvergnügungsteuer - kumulativ erhoben werden können (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 32; BFH-Beschluss vom 26.02.2014 V B 1/13, juris; FG Münster, Beschluss vom 18.01.2013 5 V 3800/12 U, EFG 2013, 556).

b) Die im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens gefundene Auslegung der MwStSystRL durch den EuGH stellt entgegen der Ansicht der Klägerin keine unzulässige Rechtsfortbildung dar, die dazu führte, dass das EuGH-Urteil als sog. Ultra-vires-Rechtsakt unanwendbar wäre.

Die Feststellung, ob Organe und Einrichtungen der Europäischen Union kompetenzwidrig und damit außerhalb der Integrationsermächtigung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. dem Integrationsgesetz gehandelt haben, obliegt dem BVerfG (BVerfG-Beschluss vom 06.07.2010 2 BvR 2661/06 BVerfGE 126, 286, 302 ff. - Honeywell; BVerfG-Urteile vom 30.06.2009 2 BvE 2/08, 2 BvE 5/08, 2 BvR 1010/08, 2 BvR 1022/08, 2 BvR 1259/08, 2 BvR 182/09 BVerfGE 123, 267 - Lissabon; vom 12.10.1993 2 BvR 2134/92 und 2 BvR 2159/92 BVerfGE 89, 155 - Maastricht). Gelangt ein Fachgericht zu der Überzeugung, dass eine Kompetenzüberschreitung eines EU-Organs vorliegt und die Anwendbarkeit dieses Rechtsakts für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ist es in entsprechender Anwendung des Art. 100 Abs. 1 GG verpflichtet, dem BVerfG die Frage vorzulegen, ob der Rechtsakt wegen entgegenstehender verfassungsrechtlicher Grenzen des Art. 23 Abs. 1 GG innerstaatlich Anwendung findet (in diesem Sinne in Bezug auf die innerstaatliche Anwendbarkeit einer EU-Verordnung BVerfG-Beschluss vom 07.06.2000 2 BvL 1/97 BVerfGE 102, 147 - Bananenmarktordnung; Thiemann, JURA 2012, 902).

Ein Kompetenzverstoß in dem beschriebenen Sinne kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG nur in Betracht, wenn dieser hinreichend qualifiziert ist. Zum einen muss das in Frage stehende Handeln eines EU-Organs offensichtlich kompetenzwidrig sein; zum anderen muss der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und EU im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die rechtsstaatliche Gesetzesbindung erheblich ins Gewicht fallen, mithin zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mitgliedstaaten führen (BVerfG-Beschluss vom 06.06.2010 2 BvR 2661/06, BVerfGE 126, 286 - Honeywell, juris Rz. 61). Ausdrücklich gesteht das BVerfG dem EuGH im Rahmen seiner Stellung als unabhängiges überstaatliches Rechtsprechungsorgan einen Anspruch auf Fehlertoleranz zu. Das BVerfG setzt daher bei Auslegungsfragen des Unionsrechts, die bei methodischer Gesetzesauslegung im üblichen rechtswissenschaftlichen Diskussionsrahmen zu verschiedenen Ergebnissen führen können, seine Auslegung nicht an die Stelle derjenigen des EuGH.

Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der EuGH durch seine Auslegung der MwStSystRL innerhalb seiner Kompetenz gehandelt hat, zur Wahrung des Rechts europäisches Primär- und Sekundärrecht auszulegen und anzuwenden (Art. 19 EUV). Eine unzulässige Rechtsfortbildung durch den EuGH liegt nicht vor. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der EuGH die Vorschriften der MwStSystRL in rechtsmethodisch unvertretbarer Weise ausgelegt hätte. Im Wesentlichen hat der EuGH die Ergebnisse seiner bisherigen Rechtsprechung auf den vorgelegten Sachverhalt anwenden können. Im Schwerpunkt hat sich seine Rechtsfindung an der Auslegung des Richtlinienwortlauts orientiert. Schließlich begründet sein Vorgehen keine neuen Kompetenzen der EU zulasten der Mitgliedstaaten oder dehnt eine bestehende Kompetenz mit dem Gewicht einer Neubegründung aus.

Auch die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensverstöße des EuGH beeinflussen die Verbindlichkeit seiner gefundenen Auslegung für den erkennenden Senat nicht. Selbst im Falle ihres Vorliegens wären sie nicht geeignet, einen Kompetenzverstoß in dem genannten Sinne zu begründen.

Gleiches gilt für die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als Ausprägung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens gemäß Art. 47 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta.

c) Der Senat sieht von einer erneuten, von der Klägerin beantragten Vorlage an den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV ab. Der EuGH hat die entscheidungserheblichen Auslegungsfragen durch sein Urteil in einer Weise geklärt, dass der Senat den vorliegenden Rechtsstreit in der Sache auch ohne die Klärung weiterer unionsrechtlicher Rechtsfragen entscheiden kann und keine Zweifel daran hat, dass die Besteuerung der streitgegenständlichen Geldspielgeräte unionsrechtskonform ist.

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Gesetzgeber bei Erlass des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG i. d. F. des Gesetzes vom 28.04.2006 (BGBl I 2006, 1095) nicht gegen die für technische Vorschriften geltende Notifizierungspflicht des Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.06.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204 v. 21.07.1998, S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20.11.2006, ABl. L 363, S. 81) verstoßen.

aa) aaa) Durch das Gesetz vom 28.04.2006 (mit Geltung ab dem 06.05.2006, BGBl I 2006, 1095) hat der deutsche Gesetzgeber die Bestimmung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG als Reaktion auf das EuGH-Urteil in der Sache Linneweber (vom 17.02.2005 C-453/02 u. a., Slg. 2005, I-1131, IStR 2005, 200) dahingehend geändert, dass er zur Vermeidung einer unionsrechtlichen Ungleichbehandlung im Verhältnis zu privaten Spielhallenbetreibern die bis dahin bestehende Umsatzsteuerfreiheit von Umsätzen zugelassener öffentlicher Spielbanken aufgehoben hat.

bbb) Nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nehmen die Mitgliedstaaten den Entwurf einer technischen Vorschrift nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG bei der Kommission an. Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Richtlinie 98/34/EG übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt. Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 Richtlinie 98/34/EG machen die Mitgliedstaaten eine weitere Mitteilung in der vorgenannten Art und Weise, wenn sie an dem Entwurf einer technischen Vorschrift wesentliche Änderungen vornehmen, die den Anwendungsbereich ändern, den ursprünglichen Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzufügen oder verschärfen. Ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 Richtlinie 98/34/EG führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (VGH München, Beschluss vom 25.06.2013 10 CS 13.145, juris, m. w. N.).

ccc)Unter den Begriff der technischen Vorschrift fällt gemäß Art. 1 Nr. 9 Richtlinie 98/34/EG erstens eine technische Spezifikation i. S. des Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 98/34/EG, die in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, zweitens eine sonstige Vorschrift i. S. des Art. 1 Nr. 3 Richtlinie 98/34/EG, die in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, und drittens das Verbot von Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses.bb) Die faktische Wiedereinführung der Umsatzsteuerpflicht für Spielhallenbetreiber durch die Aufhebung der Steuerbefreiung für die Umsätze öffentlich zugelassener Spielbanken und den damit verbundenen Wegfall der Möglichkeit, sich unmittelbar auf die Steuerbefreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL zu berufen, unterlag nicht der Notifizierungspflicht.

aaa) Die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG beinhaltet keine technische Spezifikation, weil sie sich nicht speziell auf ein Erzeugnis und seine Verpackung als solche bezieht und eines der vorgeschriebenen Merkmale festlegt (vgl. EuGH-Urteil vom 19.07.2012 C-213/11 u. a. - Fortuna, NwWZ-RR 2012, 717).

bbb) Die Gesetzesänderung begründet auch kein Verbot des Betriebs von Glücksspielgeräten i. S. des Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie. Ein derartiges Verbot läge etwa vor, wenn die Verwendung der Geräte an anderen Orten als Spielkasinos verboten würde (EuGH-Urteil vom 26.10.2006 C-65/05 Kommission ./. Griechenland, Slg. 2006, I-10341). Durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG wird aber weder der Klägerin noch den Spielbanken der Betrieb von Geldspielgeräten verboten.

ccc) Schließlich handelt es sich auch nicht um eine sonstige Vorschrift i. S. des Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 98/34/EG. Dies sind Vorschriften für ein Erzeugnis, die keine technischen Spezifikationen sind und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen werden und den Lebenszyklus des Erzeugnisses nach dem Inverkehrbringen betreffen, wie Vorschriften für Gebrauch, Wiederverwertung, Wiederverwendung oder Beseitigung, sofern diese Vorschriften die Zusammensetzung oder die Art des Erzeugnisses oder seine Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH-Urteil vom 21.04.2005 C-267/03 - Lindberg, Slg 2005, I-3247; VG Hamburg, Urteil vom 22.08.2013 2 K 179/13, juris). Der bloße Umstand, dass die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bei Geldspielgeräten durch ein elektronisches Rechenprogramm des Geräteherstellers errechnet wird, genügt insoweit ersichtlich nicht.

4. Der Beklagte hat rechtmäßig auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG die Kasseneinnahmen der Geldspielgeräte der Besteuerung der Klägerin als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt (a.). Die für diesen Zweck herangezogene Rechengröße des sog. "Saldo 2" stellt trotz darin erfasster steuerfreier Geldwechselvorgänge eine taugliche Bemessungsgrundlage dar (b.). Die Regelung des § 10 Abs. 1 UStG verstößt nicht gegen den unions- und verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz (c.).

a) Gemäß § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG wird der Umsatz bei sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen. Zum Entgelt gehört gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Diese Regelung beruht auf Art. 73 MwStSystRL. Danach ist die Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.

Nach der Auslegung der EuGH ist in Bezug auf die streitgegenständlichen Geldspielgeräte für die Bestimmung der Gegenleistung, die der Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhält, auf die Kasseneinnahmen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums abzustellen (siehe unter B. II. 3. a. aa.). § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG ist unter Berücksichtigung des so vom EuGH gefundenen Ergebnisses richtlinienkonform auszulegen. Daraus folgt, dass als Bemessungsgrundlage nicht die von den Spielern gezahlten Einsätze angesetzt werden. Vielmehr sind die Kasseneinnahmen zugrunde zu legen, die den Bruttospielertrag des Gerätebetreibers abbilden. Davon ist die Umsatzsteuer abzuziehen, sodass sich als Bemessungsgrundlage die sog. Nettokasse ergibt.

Diesem Ergebnis stehen nicht die zwischen Art. 73 MwStSystRL und § 10 Abs. 1 UStG bestehenden Formulierungsunterschiede entgegen. Zwar stellt § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG auf das Entgelt ab, das der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und nicht wie Art. 73 MwStSystRL auf den Wert der Gegenleistung, die der Lieferer oder Dienstleister "erhält oder erhalten soll". Jedoch will auch die Umsetzungsregelung des § 10 Abs. 1 UStG die tatsächlich erhaltene Gegenleistung des Dienstleisters fixieren und nicht - wie es der Wortlaut vermuten lässt - isoliert auf den Aufwand des Leistungsempfängers abstellen. Für die Umsatzsteuer ist das tatsächlich aufgewendete Entgelt maßgeblich, soweit es dem Unternehmer in seiner Funktion als Steuereinsammler zufließt. Lediglich aufgrund der Sollbesteuerung wird verfahrenstechnisch für die Entstehung der Steuerschuld gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 a UStG zunächst an die Ausführung des Umsatzes gegen das vereinbarte Entgelt angeknüpft. Anschließend ist gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG aber eine Korrektur vorzunehmen, wenn der Sollbetrag nicht vom Unternehmer vereinnahmt wird.

b) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Auslegung des EuGH hinsichtlich der steuerlichen Bemessungsgrundlage nur auf künftige Fälle und damit nicht auf den Streitfall Anwendung fände.

Eine Auslegungsentscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren klärt die Bedeutung einer Norm, die ihr von Anfang an zukam. Sie wirkt grundsätzlich ex tunc (Wernsmann, Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, § 11 Rz. 44). Dies bedeutet, dass nationale Behörden und Gerichte auf Unionsrecht beruhende Rechtsnormen in der vom EuGH vorgenommenen Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse anwenden müssen, die vor Erlass der EuGH-Entscheidung entstanden sind (EuGH-Urteile vom 06.03.2007 C-292/04 - Meilicke, Slg 2007, I-1835, Rz. 34; vom 17.02.2005 C-453/02 u. a. - Linneweber, Slg. 2005, I-1131, IStR 2005, 200, Rz. 41). In Ausnahmefällen kann der EuGH aus Gründen der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten und der einzelnen Betroffenen in seiner Entscheidung allerdings die zeitliche Reichweite seiner Auslegungsentscheidung beschränken (EuGH-Urteil vom 06.03.2007 C-292/04 - Meilicke, Slg 2007, I-1835, Rz. 36 m. w. N.).

Eine zeitliche Beschränkung hat der EuGH in seiner Entscheidung im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren jedoch nicht vorgenommen. Seine Auslegung, dass die Kasseneinnahmen der Besteuerung zugrunde zu legen sind, gilt daher für die Besteuerung von Geldspielgeräten, wie sie die Klägerin betreibt, auch für Zeiträume vor Erlass seiner Entscheidung. Im Übrigen hat der EuGH lediglich die bereits im Glawe-Urteil (vom 05.05.1994 C-38/93, Slg. 1994, I-01679, BStBl II 1994, 548) begründete Rechtsprechung zur Bemessungsgrundlage fortgeführt und diese nicht geändert.

c) Nach dem Glawe-Urteil (vom 05.05.1994 C-38/93, Slg. 1994, I-01679, Rz. 9 f.) kann der Automatenbetreiber nur über die Geldstücke effektiv selbst verfügen, die in die Gerätekasse gelangen, weil mit den Geldstücken, die in das Münzstapelrohr (Vorläufer des heutigen Hoppers) fallen, dessen Inhalt aufgefüllt wird, den ursprünglich der Betreiber bereitgestellt hatte, um die Inbetriebnahme der Automaten zu ermöglichen. Dies spräche dafür, als Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung von Geldspielgeräten den "Saldo 2" und nicht den "Saldo 1" anzuwenden, denn im "Saldo 1" sind die Geldeinwürfe, die im Hopper landen, enthalten, während die Hopperbestandsveränderungen im "Saldo 2" herausgerechnet (neutralisiert) werden (s. oben A. I. 3. b.).

Demgegenüber hat der EuGH im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt, dass jede Hopperbestandsveränderung von einer Kontrolleinrichtung registriert und bei der Berechnung der Kasseneinnahmen berücksichtigt werde, sodass es unschädlich sei, dass der Betreiber jederzeit Zugriff auf den Inhalt des Hoppers habe (Urteil vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866, Rz. 43). Dies spricht eher für den "Saldo 1" als zutreffende Bemessungsgrundlage; letztlich ist die Differenz zwischen dem, was die Spieler einwerfen, und dem, was an sie ausgezahlt wird, der Betrag, über den der Betreiber effektiv verfügen kann.

Soweit in anderen Fällen die "elektronisch gezählte Kasse" als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt werden sollte, wäre das nach Auffassung des Senats nicht zutreffend, weil hierin auch die Nachfüllungen durch den Automatenaufsteller enthalten sind, die der Umsatzbesteuerung nicht unterliegen dürfen.

d) Die Frage, ob der "Saldo 1" oder der "Saldo 2" für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage vorzuziehen ist, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung.

aa) Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass wenn ein Spieler lediglich einen Geldschein in Münzen wechselt, ohne einen Spielvorgang durchzuführen, der "Saldo 2" um den Betrag des eingeworfenen Geldscheins erhöht ist, weil dieser in die Gerätekasse fällt und die Minderung des Hopperbestandes aufgrund der Münzauszahlung durch Addition zum "Saldo 1" neutralisiert wird (s. oben A. I. 3. b.). Auch dieser Umstand spricht eher für die Heranziehung des "Saldos 1" als Bemessungsgrundlage, auf den sich die eingezahlten und in identischer Höhe wieder ausgezahlten Beträge nicht auswirken.

Dennoch bestehen keine Bedenken dagegen, den "Saldo 2" zur Ermittlung der Höhe der steuerpflichtigen Geldspielumsätze heranzuziehen. Denn bei einem Geldwechselvorgang erhöhen diesem Vorgang nachfolgende Münzeinwürfe zu Spielzwecken den "Saldo 2" andersherum nicht, weil hierdurch zunächst der Hopperbestand wieder aufgefüllt wird. Diese Mehrung des Hopperbestandes wird bei der Ermittlung des "Saldos 2" aber ebenfalls herausgerechnet.

Bei jeweils kontinuierlicher Anwendung ist der "Saldo 2" ebenso geeignet wie der "Saldo 1". Denn wie der Sachverständige in seinem in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachten bestätigt hat, gleichen sich diese Vorgänge über längere Sicht aus. Insgesamt kann sich die Differenz zwischen dem "Saldo 1" und dem "Saldo 2" nach den Ausführungen des Sachverständigen über längere Zeit nur auf eine Hopper- bzw. Dispenserfüllung belaufen. Diese Differenz wird zudem spätestens bei Außerbetriebnahme des Geldspielgerätes ausgeglichen.

bb) Die Klägerin kann demgegenüber nicht einwenden, es sei unzulässig, steuerpflichtige Geldspielumsätze, die die Kasseneinnahme nicht erhöhten, weil sie nur in den Hopper fielen, mit steuerfreien Geldwechselvorgängen, die die Kasseneinnahme erhöhten, zu saldieren. Wie dargelegt (oben unter a.), wird die Umsatzsteuer für den Betrieb von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit auf die monatlichen Kasseneinnahmen erhoben und nicht auf jeden einzelnen Spieleinsatz. Dieser Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist eine gewisse Pauschalierung dadurch immanent, dass mehrere Vorgänge zusammengefasst werden und nur das Ergebnis der Besteuerung zugrunde gelegt wird.

Da gewährleistet ist, dass Geldwechselvorgänge den "Saldo 2" nicht erheblich und dauerhaft erhöhen, bestehen gegen dessen Heranziehung als Bemessungsgrundlage keine Bedenken; eventuelle vorübergehende Unterschiede am Ende des jeweiligen Erfassungszeitraums halten sich im Rahmen der zulässigen Pauschalierung (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 04.01.2011 5 A 847/10, juris, nachfolgend BVerwG-Beschluss vom 25.11.2011 9 B 27/11, juris, für die hessische Spielapparatesteuer).

cc) Im Ergebnis kann aber auch diese Frage offen bleiben.

Denn wenn die Klägerin der Auffassung ist, dass der - von ihr selbst der Steueranmeldung zugrunde gelegte - "Saldo 2" als Bemessungsgrundlage ungeeignet sei und die tatsächlichen, um Geldwechselvorgänge bereinigten Spielumsätze niedriger gewesen seien, hätte sie Gelegenheit gehabt, dies innerhalb der ihr hierfür gesetzten Ausschlussfrist (s. oben A. V.) vorzutragen und den ihrer Auffassung nach erzielten, niedrigeren Jahresumsatz anzugeben oder jedenfalls zu schätzen und die Schätzungsgrundlagen zu benennen. Dass sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, geht zu ihren Lasten.

c) § 10 Abs. 1 UStG wahrt das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit. Die verfassungsrechtliche Forderung nach Gesetzesbestimmtheit meint die Verpflichtung des Gesetzgebers zu begrifflicher Präzision bei der Abfassung von Normen. Vom Normgeber wird verlangt, die Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG-Beschluss vom 18.05.2004 2 BvR 2374/99, BVerfGE 110, 370; BVerfG-Urteil vom 17.11.1992 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234; BFH-Beschluss vom 06.09.2006 XI R 26/04, BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167). Daran besteht hinsichtlich der in § 10 Abs. 1 UStG verwendeten Begriffe kein Zweifel. Die von der Klägerin vorgetragenen Argumente sind allein für die rechtsmethodisch zu lösende Frage des von der Richtlinienregelung abweichenden Wortlauts des § 10 Abs. 1 UStG relevant (siehe hierzu oben unter a.).

Ob die von den Aufstellern eingesetzten Spielgeräte die Ermittlung der Kasseneinnahme als den Betrag, über den der Aufsteller nach der Rechtsprechung des EuGH effektiv selbst verfügen kann, zulassen und welche Berechnungsgröße ("Saldo 1", "Saldo 2" oder "elektronisch gezählte Kasse") diese Bemessungsgrundlage zutreffend wiedergibt, ist für die Frage der Bestimmtheit des § 10 Abs. 1 UStG in der maßgeblichen unionsrechtskonformen Auslegung ohne Bedeutung. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die Bemessungsgrundlage der Steuer an die jeweils von den Aufstellern betriebenen Geräte anzupassen (BFH-Urteil vom 07.12.2011 II R 51/10, BFH/NV 2012, 790, für die Hamburgische Spielvergnügungsteuer).

5. Die Besteuerung der Umsätze der Klägerin aus Geldspielgeräten verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieses wird weder dadurch, dass auch bei in öffentlichen Spielbanken aufgestellten Geldspielgeräten die Kasseneinnahmen als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, verletzt (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311), noch ohne Weiteres durch die Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe, da insoweit die steuerliche Gesamtsituation unter Einbeziehung der Spielbankenabgabe zu beurteilen ist und nicht isoliert die Umsatzbesteuerung, weshalb es an einer Vergleichbarkeit fehlt (FG Hessen, Beschluss vom 17.05.2013 1 V 337/13, juris; FG Münster, Beschluss vom 18.01.2013 5 V 3800/12 U, EFG 2013, 556; Bruschke, UVR 2014, 77; s. auch BVerwG-Beschluss vom 13.06.2013 9 B 50/12, BFH/NV 2013, 1903, m. w. N., für die Spielvergnügungsteuer). Im Übrigen kann eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG nur vorliegen, wenn innerhalb des Kompetenzbereichs desselben Normgebers ohne sachlichen Grund verschiedenes Recht gelten soll (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.11.1996 9 S 1152/96, NJW-RR 1997, 630). Die Spielbankgesetze sind jedoch Landesrecht.

III.

1. Das Verfahren war nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen.

a) Die beantragte Aussetzung im Hinblick auf die von der Klägerin angeregten Vorlage an den EuGH und das BVerfG kam aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht (siehe oben II. 3. b. und c.).

b) In Bezug auf den beim AG Hamburg-1 anhängigen Rechtsstreit (Az. ...), welcher den zivilrechtlichen Anspruch auf Rechnungserteilung mit ausgewiesener Umsatzsteuer gegenüber einem Betreiber von Geldspielgeräten zum Gegenstand hat, war das Verfahren gleichfalls nicht auszusetzen. Der vorliegende Rechtsstreit war aus den dargelegten Gründen (oben 3. a. dd.) entscheidungsreif, ohne dass es darauf ankam, wie das Zivilgericht in dem dortigen, sehr speziellen Einzelfall entscheidet.

2. Von der beantragten Beiladung der Spielbanken gemäß § 60 Abs. 1 FGO hat der Senat abgesehen, weil nicht ersichtlich ist, dass durch Steuergesetze rechtlich geschützte Interessen der Spielbanken aufgrund der vorliegenden Entscheidung berührt würden.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Die im vorliegenden Fall aufgeworfenen Rechtsfragen konnten anhand der im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Entscheidung sowie der weiteren zur mehrwertsteuerlichen Behandlung von Glücksspielumsätzen ergangenen EuGH-Urteile gelöst werden. Angesichts dieser für das Gericht bindenden Rechtsprechung des EuGH verbleiben keine weiteren Zweifel an der Auslegung der Normen der MwStSystRL hinsichtlich der Besteuerung der streitgegenständlichen Geldspielgeräte (ebenso BFH-Beschluss vom 26.02.2014 V B 1/13, juris; BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311).

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