BAG, Urteil vom 23.10.2013 - 5 AZR 556/12
Fundstelle
openJur 2014, 15873
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Mai 2012 - 2 Sa 615/11 - aufgehoben.2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 15. September 2011 - 2 Ca 2128/11 - wird zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht die Klage iHv. 966,00 Euro brutto nebst Zinsen abgewiesen hat.3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

Die 1963 geborene Klägerin war vom 21. Juli 2010 bis zum 28. Februar 2011 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der L GmbH als Produktionshelferin überlassen. Die Klägerin erhielt einen Bruttostundenlohn von 6,40 Euro sowie Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 20. Juli 2010 zugrunde, in dem es ua. heißt:

"§ 1 Vertragsgrundlagen

...

2. R wendet auf das Arbeitsverhältnis die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB), medsonet.Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) andererseits geschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Manteltarifvertrag für die Auszubildenden, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in jeweils gültiger Fassung an.

...

§ 3 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Monatsarbeitszeit beträgt bei Monaten mit 20 Arbeitstagen 140 Stunden, bei 21 Arbeitstagen 147 Stunden, bei 22 Arbeitstagen 154 Stunden und bei 23 Arbeitstagen 161 Stunden. Dies entspricht einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

2. Die monatliche Arbeitszeit wird an die des Entleihers angepasst. Die tägliche Arbeitszeit darf zehn Stunden nicht überschreiten. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach den im jeweiligen Entleihbetrieb gültigen Regelungen. Pausen sind keine Arbeitszeit.

...

§ 4 Vergütung

...

3. Der Lohn wird als Monatslohn am 15. Banktag des folgenden Kalendermonats überwiesen. Lohnzahlungen sind erst fällig, wenn der Arbeitnehmer den ihm bei Abschluss des Arbeitsvertrages ausgehändigten Zeitnachweisblock beim Arbeitgeber vorlegt. Die eingetragenen Arbeitszeiten müssen mindestens wöchentlich vom Kunden unterzeichnet sein. Sie sind wöchentlich bei R einzureichen.

...

§ 14 Ausschlussfristen

1. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, verfallen ersatzlos.

2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat ab Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser Anspruch, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

3. Diese Ausschlussfristen gelten nicht bei einer Haftung wegen Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit. Sie gelten ebenfalls nicht bei Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.

..."

Ab 1. März 2011 wurde die Klägerin von der L GmbH in ein auf zwölf Monate befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.370,00 Euro. Außerdem waren Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vereinbart.

Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 8. April 2011 hat die Klägerin mit der am 1. Juni 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. Juni 2011 zugestellten Klage für den Zeitraum Juli 2010 bis Februar 2011 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfristenregelung sei intransparent. Die Klägerin werde im Unklaren gelassen, welche der möglichen Ausschlussfristen auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Zur Höhe der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer hat sich die Klägerin auf ihren Arbeitsvertrag mit der L GmbH berufen und vorgetragen, sie übe bei der vormaligen Entleiherin dieselbe Tätigkeit aus wie zuvor als Leiharbeitnehmerin, die Vergütung für Stammarbeitnehmer habe auch im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 1.370,00 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche betragen.

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.711,58 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen. Schließlich habe die Klägerin von ihrem Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG nicht Gebrauch gemacht und sei somit ihrer Substantiierungspflicht nicht nachgekommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist für den Zeitraum Juli bis November 2010 wegen nicht rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung verfallen. Insoweit ist die Klage unbegründet. Die Höhe des nicht verfallenen Teils des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht bestimmen. Das führt zur teilweisen Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die L GmbH das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährte. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Die Bezugnahmeklausel des § 1 Nr. 2 Arbeitsvertrag, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (AMP-TV 2010) vereinbart werden sollte, ist mangels Kollisionsregelung intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam (vgl. dazu im Einzelnen BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 26 ff.; zur zwischenzeitlich festgestellten fehlenden Tariffähigkeit von medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft siehe BAG 11. Juni 2013 - 1 ABR 33/12 -).

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist, soweit er Differenzvergütung für die Monate Juli bis November 2010 betrifft, nach § 14 Nr. 1 Arbeitsvertrag verfallen.

1. Die Klägerin war allerdings nicht gehalten, Ausschlussfristen aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Diese sind auch nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung Inhalt des Arbeitsvertrags geworden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 34 f.).

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Nr. 1 Arbeitsvertrag beachten.

a) Diese Klausel enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung. Das folgt aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 40; 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 14). Belassen es nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien nicht dabei, ihr Arbeitsverhältnis pauschal einem bestimmten Tarifregime zu unterwerfen, sondern vereinbaren zu einzelnen Gegenständen darüber hinaus im Arbeitsvertrag ausformulierte Regelungen, bringen sie damit typischerweise zum Ausdruck, dass unabhängig von dem in Bezug genommenen Tarifwerk, jedenfalls (auch) die in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Bestimmungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen.

Zu der vom Landesarbeitsgericht angenommenen "Kollision" arbeitsvertraglicher und tariflicher Ausschlussfristenregelungen kann es nicht kommen, weil die Bezugnahmeklausel des § 1 Nr. 2 Arbeitsvertrag unwirksam ist und deshalb tarifliche Ausschlussfristenregelungen nicht in das Arbeitsverhältnis inkorporiert werden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 16). Zudem geben weder der Wortlaut der Bezugnahmeklausel noch der der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung Anhaltspunkte für die Annahme, letztere müsse nicht beachtet werden.

b) Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der AGB-Kontrolle stand.

aa) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weitverbreiteten Übung im Arbeitsleben. Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit "Ausschlussfristen" betitelten eigenen Paragraphen enthalten, dessen Überschrift durch Fettdruck hervorgehoben ist.

bb) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, "verfallen", wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48 f.).

cc) Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung ist nicht unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie lässt dem Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG "dem Grunde nach" reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es auch dem Leiharbeitnehmer, der die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeitnehmer noch nicht im Einzelnen kennt, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist sich für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 50 ff.).

dd) Die wegen ihrer Kürze nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksame zweite Stufe der Ausschlussfristenregelung (§ 14 Nr. 2 Arbeitsvertrag) berührt nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN; 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37, BAGE 141, 340).

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung nach § 14 Nr. 1 Arbeitsvertrag nur hinsichtlich der Differenzvergütung für die Monate Dezember 2010 bis Februar 2011 eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit der Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42), erstmals mit Schreiben vom 8. April 2011 geltend gemacht. Damit konnte sie die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung nur für Differenzvergütung ab Dezember 2010 wahren. Dass Lohnzahlungen für frühere Monate des Streitzeitraums gemäß § 4 Nr. 3 Arbeitsvertrag später als am 15. Banktag des folgenden Kalendermonats fällig geworden wären, hat die Klägerin nicht behauptet.

Dem Verfall steht § 14 Nr. 3 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt betrifft keinen der dort genannten Ausnahmetatbestände.

III. In welcher Höhe der Klägerin für die Monate Dezember 2010 bis Februar 2011 Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

1. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klageforderung sei "rechnerisch der Höhe nach nicht strittig", trägt eine Verurteilung der Beklagten in Höhe der von der Klägerin für die nicht verfallenen Monate geltend gemachten Beträge (insgesamt 745,58 Euro brutto) nicht.

Auf das Bestreiten der Höhe der Klageforderung durch die Beklagte in der Klageerwiderung hat die Klägerin zuletzt in der Berufungsbegründung unter Beweisantritt vorgetragen, sie verrichte bei ihrer jetzigen Arbeitgeberin dieselbe Tätigkeit wie zuvor als Leiharbeitnehmerin und das Arbeitsentgelt für vergleichbare Stammarbeitnehmer habe auch in dem streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 1.370,00 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche betragen. Darauf ist die Beklagte in der Berufungsbeantwortung nicht substantiiert eingegangen, sondern hat lediglich das Fehlen einer Auskunft nach § 13 AÜG moniert. Die Klägerin sei "somit" ihrer Substantiierungspflicht nicht nachgekommen. Diese Schlussfolgerung ist unzutreffend. Die Auskunft nach § 13 AÜG ist zwar das "geborene" Mittel zur Darlegung der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer und zur Berechnung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG, der Leiharbeitnehmer kann der ihm obliegenden Darlegungslast aber auch in anderer Weise genügen (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 21 ff.). In diesem Falle muss er alle zur Berechnung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt erforderlichen Tatsachen vortragen.

Unstreitig ist danach aber nicht die Höhe der Klageforderung, sondern allenfalls die Höhe des Entgelts, das vergleichbare Stammarbeitnehmer im Streitzeitraum bei der Entleiherin erhalten haben.

2. Die Darlegungslast des Leiharbeitnehmers umfasst neben dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Stammarbeitnehmer die Darlegung des Gesamtvergleichs und die Berechnung der Differenzvergütung. Dies hat schriftsätzlich zu erfolgen. Daran fehlt es bislang.

a) Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Zum Arbeitsentgelt zählt dabei nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 26 f.). Die Klägerin hat weder in der Klageschrift noch in sonstigen Schriftsätzen die Klageforderung anhand eines Gesamtvergleichs berechnet. Sie hat in der Klageschrift lediglich mitgeteilt, in welcher Höhe sie für die Monate Juli 2010 bis Februar 2011 mit Schreiben vom 8. April 2011 Differenzvergütung geltend gemacht habe. Näheres lässt sich nur aus dem der Klage als Anlage beigefügten Geltendmachungsschreiben und den ebenfalls beigefügten Lohnabrechnungen ersehen.

b) Der Darlegungslast zur Höhe des Anspruchs auf Differenzvergütung nach § 10 Abs. 4 AÜG kann der Leiharbeitnehmer aber nicht durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Geltendmachungsschreiben, Lohnabrechnungen oder sonstigen Unterlagen genügen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung oder Belegung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen. Die Darlegung des Gesamtvergleichs und die Berechnung der Differenzvergütung durch den Leiharbeitnehmer hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen (vgl. zur Darlegung der Leistung von Überstunden BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 29, BAGE 141, 330).

c) Nachdem das Landesarbeitsgericht die Art und Weise des Vorbringens der Klägerin nicht beanstandet hat, muss dieser - hinsichtlich des nicht verfallenen Teils des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt - in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, ihrer Darlegungslast zum Gesamtvergleich schriftsätzlich nachzukommen.

3. Dabei wird im erneuten Berufungsverfahren Folgendes zu beachten sein:

a) Die Stammarbeitnehmer sollen bei der Entleiherin ein Monatsgehalt bezogen haben. Damit richtet sich der Anspruch der Klägerin aus § 10 Abs. 4 AÜG auf ein Monatsgehalt und verbietet sich dessen "Herunterrechnen" auf einen - fiktiven - Stundenlohn. Ausgangspunkt für die Berechnung der Differenzvergütung ist vielmehr das - gegebenenfalls anteilige - Monatsgehalt (vgl. zur Umrechnung in Dreißigstel BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 bis 24, BAGE 141, 340; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 33), das die Klägerin in den Monaten Dezember 2010 bis Februar 2011 erhalten hätte, wenn sie unmittelbar bei der Entleiherin beschäftigt gewesen wäre.

b) Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt besteht nach § 10 Abs. 4 AÜG für jede Überlassung, so dass sich der Gesamtvergleich grundsätzlich auf den jeweiligen Überlassungszeitraum erstreckt. Aufgrund der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime bestimmen jedoch die Parteien mit ihren Anträgen und Einwendungen den dem Gesamtvergleich zugrunde zu legenden Zeitraum (ebenso zur Gesamtberechnung bei der Vergütung wegen Annahmeverzugs BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 29, BAGE 141, 340). Bei einem teilweisen Verfall des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt wie im Streitfall beschränkt sich deshalb der Gesamtvergleich auf das "für" den nicht verfallenen Zeitraum zu beanspruchende und erhaltene Arbeitsentgelt. Dabei gehört zur substantiierten Darlegung des Gesamtvergleichs auch die schriftsätzliche Erläuterung, in welchem konkreten Umfang im Überlassungszeitraum Differenzvergütung etwa für geleistete Arbeit, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, Urlaubsentgelt, Freizeitausgleich oder Abgeltung von Stunden aus einem Arbeitszeitkonto begehrt wird.

Müller-Glöge

Weber

Biebl

Mandrossa

Wolff