OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.12.2013 - 20 W 375/11
Fundstelle
openJur 2014, 13026
  • Rkr:
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die Kostenberechnung wird auf 2,98 EUR herabgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Kostengläubiger beurkundete am 19.11.2010, UR-Nr.…/2010, einen Einbringungs- und Abtretungsvertrag. Er fertigte eine Gesellschafterliste und stellte am gleichen Tag unter UR-Nr. …/2010 eine Änderungsbescheinigung nach § 40 Abs. 2Satz 2 GmbHG aus.

Durch die angefochtene Kostenberechnung vom 10.02.2011 (Bl. 2 d.A.) berechnete der Kostengläubiger für die Anfertigung der Gesellschafterliste eine 5/10-Gebühr gemäß den §§ 32, 147 Abs. 2KostO in Höhe von 13,-- EUR, für die Erteilung der Bescheinigung eine 10/10-Gebühr aus den §§ 32, 141, 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO in Höhe von 26,-- EUR, sowie eine Dokumentenpauschale für die Überlassung elektronisch gespeicherter Daten in Höhe von 2,50 EUR, zuzüglich 19% Mehrwertsteuer mithin insgesamt 49,39 EUR.

Gegen die ersten beiden genannten Positionen dieser Berechnung hat die Kostenschuldnerin mit Schriftsatz vom 10.02.2011 (Bl. 1 d.A.) vor dem Landgericht „Beschwerde“ erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei der Anfertigung der Liste und der Ausstellung der Bescheinigung um gebührenfreie Nebengeschäfte. Der Kostengläubiger hat an seiner Kostenberechnung festgehalten.

Das Landgericht hat die Handakten beigezogen. Die Dienstaufsicht hat am 05.05.2011 Stellung genommen; insoweit wird auf Blatt 24 ff.d. A. Bezug genommen.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 35 ff. d. A.), auf dessen Inhalt insgesamt verwiesen wird, hat das Landgericht die Kostenberechnung auf 33,92 EUR herabgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kostengläubiger zwar für die Anfertigung der Gesellschafterliste keine Gebühr erheben könne,wohl aber die in Ansatz gebrachte 10/10-Gebühr für die Ausstellung der Bescheinigung im Sinne von § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG berechtigt sei.

Gegen diesen am 08.07.2011 zugestellten Beschluss hat lediglich die Kostenschuldnerin mit am 19.07.2011 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Der Kostengläubiger tritt der Beschwerde entgegen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 08.08.2011 (Bl. 54d. A.) der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin als Kostenschuldnerin ist gemäß §§ 136 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG, 156 Abs. 3 KostO statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Sie hat auch, wie aus dem Tenor ersichtlich, Erfolg.

Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin mit ihrem als „Beschwerde“ bezeichneten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 156 Abs. 1 KostO vor dem Landgericht gegen die Notarkostenberechnung vom 10.02.2011lediglich die ersten beiden Kostenpositionen angegriffen hatte. Es entspricht ganz einhelliger Rechtsauffassung (vgl. die Nachweise bei Senat, Beschluss vom 22.02.2011, 20 W 88/08, zitiert nach juris), dass nur die Beanstandungen des jeweiligen Antragstellers den Verfahrensgegenstand des Notarkostenbeschwerdeverfahrens bestimmen. Wendet sich - wie hier - der jeweilige Kostenschuldner in zulässiger Weise nur gegen einzelne Kostenpositionen der notariellen Berechnung, darf die Berechnung darüber hinaus nicht überprüft werden. Damit hat die nicht angegriffene Dokumentenpauschale ungeachtet des Verfahrens im Übrigen jedenfalls Bestand. Weiterhin ist für die Entscheidungsbefugnis des Senats von Bedeutung, dass lediglich die Antragstellerin als Kostenschuldnerin Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss eingelegt hat,soweit - im Tenor des angefochtenen Beschlusses allerdings unausgesprochen - ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen worden ist. Der Notar als Kostengläubiger hat die Herabsetzung seiner Kostenberechnung im Hinblick auf die Anfertigung der Gesellschafterliste nicht im Wege der Beschwerde angegriffen. Im Hinblick auf das auch im Notarkostenverfahren geltende Verschlechterungsverbot (vgl. die Nachweise bei Senat,Beschluss vom 04.06.2013, 20 W 232/11, zitiert nach juris) ist es dem Senat mithin verwehrt, zu überprüfen, ob diese Absetzung durch das Landgericht zu Recht erfolgt ist. Damit hat der Senat im Ergebnis lediglich darüber zu entscheiden, ob das Landgericht zu Recht eine 10/10-Gebühr für die Ausstellung der Bescheinigung im Sinne von § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG in Höhe von 26,-- EUR (nebst anteiliger Umsatzsteuer) für gerechtfertigt erachtet hat.

Letzteres ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.Insoweit erweist sich die Beschwerde mithin als begründet.

Es entspricht - soweit hier ersichtlich – einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung, dass die Bescheinigung nach § 40Abs. 2 Satz 2 GmbHG ein gebührenfreies Nebengeschäft im Sinne des §35 KostO darstellt, für das somit keine Gebühr nach § 50 Abs. 1 Nr.1 KostO anfällt (vgl. dazu Brandenburgisches OLG NZG 2011, 152; OLGCelle NZG 2010, 959; OLG Stuttgart NZG 2009, 999; OLG Hamm FGPrax 2012, 265, je zitiert nach juris; vgl. auch Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 20. Aufl. § 40 Rz. 63 mit weiteren Nachweisen aus der Rspr.). Der vom Landgericht im angefochtenen Beschluss zum Beleg für seine abweichende Rechtsauffassung zitierte Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 01.06.2010 hatte im Übrigen keinen Bestand und ist durch die oben aufgeführte Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.11.2010 abgeändert worden. Die zitierte Rechtsprechung stellt mit in Einzelheiten unterschiedlichen Begründungen im Wesentlichen darauf ab, dass § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG der Regelung des § 54 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GmbHG nachgebildet sei und die damit korrespondierende Regelung in § 47 Satz 1, 2. Hs. KostO zeige, dass § 35 KostO auch auf das Verhältnis der Gebühr nach § 50 Abs. 1 Nr.1 KostO zu anderen Gebührentatbeständen anwendbar sei, indem dort niedergelegt sei, dass die Erteilung der Notarbescheinigung über den vollständigen Wortlaut des Gesellschaftsvertrags ein Nebengeschäft nach § 35 KostO im Verhältnis zu dem zugrunde liegenden Beurkundungsgeschäft sei (so zuletzt OLG Hamm FGPrax 2012, 265). Der Senat schließt sich dieser übereinstimmenden obergerichtlichen Rechtsprechung an. Danach kann entgegen dem Landgericht nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung der Bescheinigung ein von den weiteren notariellen Tätigkeiten in diesem Zusammenhang unabhängiges Geschäft ist, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass der Senat den Anfall der Gebühren für die Anfertigung der Gesellschafterliste aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr zu überprüfen hat. Allerdings wird diese ganz herrschende Rechtsprechung zur hier noch einschlägigen Rechts- bzw.Gesetzeslage (vgl. die §§ 134 Abs. 2, 136 Abs. 1 Nr. 4 GNotKG) in der kostenrechtlichen Literatur überwiegend abgelehnt (vgl. –lediglich beispielhaft -: Rohs/Waldner, KostO, Stand August 2012, §50 Rz. 3a; Schmidt JurBüro 2013, 6 und JurBüro 2012, 659; Diehn MittBayNot 2011, 257; Sikora/Tiedtke ZNotP 2009, 432, und Filzek JurBüro 2012, 451 und 488, je mit vielfältigen weiteren Nachweisen;Notarkasse, Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rz. 1011ff., 1014). Soweit dort im Wesentlichen systematische Erwägungen im Hinblick auf die Anwendung bzw. Heranziehung der §§ 35, 47 Satz 1,2. Hs. KostO angestellt und die Bedeutung der Bescheinigung nach §40 Abs. 2 Satz 2 GmbH herausgestellt wird, zwingt dies aus den Gründen der zitierten Gerichtsentscheidungen zu keiner anderen Beurteilung. Durch § 3 Abs. 2 GNotKG, KV Nr. 22200 Nr. 6 hat der Gesetzgeber nunmehr den Anfall einer Betreuungsgebühr für die Erteilung der Bescheinigung in bestimmten Fällen (vgl. dazu Renner/Otto/Heinze//Harder, Leipziger Gerichts- &Notarkosten-Kommentar, KV Nr. 22200 Rz. 51 ff.) geregelt.

Aus den oben genannten verfahrensrechtlichen Gründen hat es damit bei der abgerechneten Dokumentenpauschale gemäß den §§ 136Abs. 3, 152 Abs. 1 KostO zu verbleiben. Die angegriffene Kostenberechnung ist in Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses entsprechend herabzusetzen (2,50 EUR zzgl. 19 %Umsatzsteuer gemäß § 151a KostO i.H.v. 0,48 EUR = 2,98 EUR).

Diese Entscheidung ergeht kraft Gesetzes gerichtsgebührenfrei, §156 Abs. 6 Satz 2, 131 Abs. 1 KostO. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren, §§ 156Abs. 5 Satz 3 KostO, 81 FamFG, besteht kein Anlass. Von daher bedarf es auch nicht der Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren.

Gründe dafür, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, §§ 156 Abs. 4Satz 1, Abs. 5 Satz 3 KostO, 70 FamFG, hat der Senat nicht gesehen,da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die der Senatsentscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage ist zwar nicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung, wohl aber in der kostenrechtlichen Literatur umstritten. Ungeachtet dessen (vgl.dazu Filzek JurBüro 2012, 451, unter II. am Ende) hat die Sache aber bereits deshalb weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, weil der Gesetzgeber die Frage inzwischen durch das GNotKG für die Zukunft in anderer Weise geregelt hat.