OLG Hamm, Beschluss vom 07.03.2014 - 13 WF 22/14
Fundstelle
openJur 2014, 10307
  • Rkr:

Die Kindesmutter eines durch Samenspende gezeugten Kindes hat dem Samenspender auf Verlangen Auskunft über das Kind zu erteilen. Die Auskunft kann nur dann verweigert werden, wenn sie rechtsmissbräuchlich verlangt wird oder ihre Erteilung dem Kindeswohl widerspricht.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - xx vom 02.12.2013 abgeändert.

Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt F aus E zu den Bedingungen eines im Bezirk des Amtsgerichts xx ansässigen Rechtsanwalts Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin Auskünfte und Lichtbilder über bzw. von seiner Tochter B. Die Vaterschaft ist gerichtlich festgestellt worden. Die Antragsgegnerin ist die Mutter von B. Sie lebt mit ihrer Lebenspartnerin und B zusammen. Da sowohl sie als auch ihre Lebenspartnerin Mutter werden wollten, gelangten sie über ein Internetportal an den Antragsteller, der sich bereit erklärte, seinen Samen zu spenden. Nach erfolgter Samenspende und von der Lebenspartnerin durchgeführter Insemination wurde die Antragsgegnerin schwanger; B wurde im November 2012 geboren.

Die Antragsgegnerin ist zur Auskunftserteilung nicht bereit. Sie hat sich darauf berufen, dass der Antragsteller sich auch bei anderen Frauen als Samenspender zur Verfügung gestellt und auf diese Weise Vater geworden sei. Er terrorisiere diese Frauen ebenso wie sie, die Antragsgegnerin, mit unzähligen Telefonaten und E-Mails. Entgegen seiner ursprünglichen Zustimmung weigere er sich, einer Stiefkindadoption durch ihre Lebenspartnerin zuzustimmen. Ihm gehe es nicht um die Kinder; vielmehr wolle er ausschließlich Einfluss auf das Leben der Frauen nehmen. Er sehe die gezeugten Kinder lediglich als Statussymbole, über welche er eine Bindung der Mütter zu ihm erreichen wolle. Die Pflege eines Kindes und Übernahme elterlicher Verantwortung sei ihm nicht möglich. Er sei jähzornig, selbstbezogen, unberechenbar und leide unter erheblichen psychischen Auffälligkeiten.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung abgewiesen, der Antragsteller verfolge mit seinem Auskunftsanspruch lediglich dem Kindeswohl abträgliche Ziele, um Einfluss auf die Antragsgegnerin und ihre Lebenspartnerin auszuüben.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1.

Dem Antragsteller steht nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ein Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB zu.

Nach § 1686 BGB ist ein Elternteil verpflichtet, dem anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse der gemeinsamen Kinder zu erteilen, wenn und soweit der Elternteil ein berechtigtes Interesse daran hat und dies dem Wohl des gemeinsamen Kindes nicht widerspricht. Das Wohl des Kindes soll hierbei nicht Maßstab für die Gewährung der Auskunft sein, sondern diese lediglich begrenzen. Hiermit soll einem Missbrauch des Auskunftsrechts vorgebeugt werden. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung dieses Anspruchs ist nur bei Rechtsmissbrauch möglich (vgl. BayObLG in NJW-RR 1996, 966 ff), wie er z.B. bei schikanösem Verhalten (§ 226 BGB) oder auch dann vorliegen kann, wenn das Auskunftsbegehren sachfremden Zwecken wie z.B. Übergriffen in die elterliche Sorge dient.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass die von dem Antragsteller begehrte Auskunft dem Kindeswohl widersprechen würde.

Der Senat verkennt nicht, dass der Antragsteller nicht nur die Antragsgegnerin, sondern auch die anderen Mütter seiner Kinder belästigt. Hiervon zeugen die Vielzahl der von der Antragsgegnerin vorgelegten E-Mails und ihr übriger Vortrag. Aus diesen ergibt sich eindrucksvoll, dass der Antragsteller, der sich mehreren Frauen mit Kinderwunsch als Samenspender zur Verfügung gestellt hat, diese später belästigt, wenn und sobald sie nicht seinen Wünschen und Vorstellungen nachkommen wollen. Hierbei versteigt er sich zu vulgären und die Grenze der Strafbarkeit überschreitenden Äußerungen (" dreckige, miese Ratte", "dreckige Arroganz und Verlogenheit", "krankes Hirn", "kranker Egoismus", "verlogener, eiskalter und charakterloser Abschaum als Mutti", "kranke Klauen") und "droht" mit der Geltendmachung seiner Rechte als Vater, obwohl er - zumindest der Antragsgegnerin gegenüber - im Vorfeld der Samenspende ausdrücklich zugesichert hat, einer Stiefkindadoption seitens der Lebenspartnerin der Antragsgegnerin "selbstverständlich zuzustimmen". Dieser Zustimmung war eine Anfrage der Antragsgegnerin vorausgegangen, mit welcher diese deutlich gemacht hat, dass ihre Lebenspartnerin das Kind adoptieren solle, damit "sämtliche Rechte und Pflichten eines Elternteils auf sie übergehen". Nach dem Zerwürfnis zwischen den Beteiligten hat er seine Zustimmung zur Adoption verweigert und versucht, auf die Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und ihrer Lebenspartnerin schädigend einzuwirken, indem er ausdrücklich darauf hinweist, dass nur er und die Antragsgegnerin die Kindeseltern seien, die Lebenspartnerin hiermit "nichts zu tun" habe und die Lebenspartnerin sowohl der Antragsgegnerin als auch dem Kind mit ihren "Tricks" und ihrem "kranken Egoismus" schade.

Dieses aufgrund der zur Akte gereichten E-Mail-Ausdrucke feststehende Verhalten des Antragstellers ändert jedoch nichts daran, dass ihm als Vater grundsätzlich der Auskunftsanspruch zusteht. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunftserteilung oder auch das Verlangen nach Auskunft dem Kindeswohl widerspricht, sind nicht vorhanden. B kann und wird von der Auskunftserteilung seitens der Antragsgegnerin keine Kenntnis erlangen und ist somit hiervon nicht in ihrem Empfinden betroffen. Der Umstand, dass der Antragsteller nach dem Vortrag der Antragsgegnerin seinen Anspruch auf Auskunft dazu missbrauchen möchte, um in ihre Privatsphäre und in ihre Beziehung mit ihrer Lebenspartnerin einzugreifen, und die Informationen über B dazu nutzen werde, ihr gegenüber manipulativ und drohend aufzutreten, genügt hierfür nicht. Sollte sich die Antragsgegnerin durch das Begehren nach Auskunft beziehungsweise durch die "Belästigungen" in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden gestört fühlen, kann dem sowie anderweitigen Belästigungen durch den Antragsteller dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass die geforderte Auskunft erforderlichenfalls über eine Mittelsperson wie z.B. das Jugendamt oder über einen Rechtsanwalt erteilt werden kann. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die mit dem Auskunftsverlangen begehrten Informationen für weitere Drohungen bzw. Belästigungen nützlich sein könnten. Dies ist auch von der Antragsgegnerin nicht aufgezeigt. Auch wenn das Auskunftsverlangen des Antragstellers möglicherweise auf einem plötzlichen Sinneswandel beruht, liegen diesem Verlangen nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine sachfremden Motive für die Geltendmachung dieses Auskunftsanspruchs zu Grunde. Ein schikanöses Verhalten des Antragstellers ist - derzeit - nicht erkennbar. Letztlich begehrt der Antragsteller mit seinem Auskunftsanspruch lediglich das, was im Vorfeld der Schwangerschaft, als die Beteiligten und auch die Lebenspartnerin der Antragsgegnerin noch ein herzliches Verhältnis zueinander pflegten, unausgesprochener Konsens war, nämlich dass er zumindest in gewissem Umfang über die Entwicklung und das Wohl von B unterrichtet wird. Die Antragsgegnerin wird zu akzeptieren haben, dass der Antragsteller der leibliche und rechtliche Vater ihres Kindes ist und der Auskunftsanspruch letztlich auch Ausfluss des dem Antragsteller zustehenden Elternrechts aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG ist (vgl. OLG Hamm in FamRZ 2010, 909 ff). Dieser Auskunftsan

spruch stellt nach dem Kontaktabbruch zwischen den Beteiligten für den Antragsteller die einzige Möglichkeit dar, sich über die Entwicklung von B zu informieren und an ihrem Leben teilzuhaben.

2.

Dem Antragsteller war daher Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob er Anspruch auf die von ihm mit seinen Anträgen genau bezeichneten Informationen bzw. Übersendung von Lichtbildern in vierteljährlichen Abständen hat. Dies bedarf im summarischen Verfahrenskostenhilfeverfahren keiner Prüfung und wird im Hauptverfahren zu klären sein.

3.

Die Beiordnung des Rechtsanwalts hatte indes nur zu den Bedingungen eines im Bezirk des angerufenen Amtsgerichts zugelassenen Rechtsanwalts zu erfolgen. Dies ergibt sich aus dem Regelungszweck der Vorschrift des § 78 III FamFG, wonach ein beim Verfahrensgericht nicht zugelassener Anwalt nur dann beigeordnet werden kann, wenn hierdurch keine weiteren Kosten entstehen. Da der Antragsteller anwaltlich vertreten ist, hat er sich mit dieser - dem Mehrkostenverbot entsprechenden - Einschränkung konkludent einverstanden erklärt (vergleiche hierzu BGH in NJW 2006, Seite 3783 ff).