AG Halle (Saale), Urteil vom 28.02.2013 - 93 C 3289/12
Fundstelle
openJur 2014, 27997
  • Rkr:
Tenor

1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 546,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. August 2012 zu bezahlen.

2.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.) Die Widerklage wird abgewiesen.

4.) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung, auch zu einem Teilbetrag, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 946,69 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus einem Vertrag geltend.

Mit Vertrag vom 22. Juli 2010 verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger eine Heiztherme zu liefern und zu montieren. Am 21. August 2010 lieferte der Beklagte dem Kläger die Heiztherme und montierte sie. Unter dem 24. August 2010 stellte der Beklagte dem Kläger hierfür eine Rechnung über 3.613,19 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung vom 24. August 2010 Bl. 10 d. A. verwiesen. Mit Schreiben an den Beklagten vom 22. August 2010 rügte der Kläger Mängel an der Anlage. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bl. 46 d. A. verwiesen. Unter dem 3. September 2010 mahnte der Beklagte beim Kläger den Rechnungsbetrag unter Setzung einer Frist bis zum 9. September 2010 an. Wegen der Einzelheiten wird auf das Mahnschreiben Bl. 12 d. A. verwiesen. Mit Schreiben an den Beklagten vom 6. September 2010 berief sich der Kläger auf erst an diesem Tag beseitigte Mängel an der Anlage (die Schachtabdeckung sei falsch montiert, die Speicherladeleitung solle durch eine neue erneuert werden). Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bl. 11 d. A. verwiesen.

Da der Kläger die Rechnung zunächst nicht zahlte, meldete der Beklagte zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt, aber jedenfalls vor dem 29. September 2010, die vermeintlich offene Forderung des Beklagten gegen den Kläger der Schufa.

Unter dem 17. September 2010 übersandte der Kläger an den Beklagten einen Barscheck über 3.213,19 € "vergleichs- und erfüllungshalber" und teilte in dem Begleitschreiben mit, dass der Beklagte den Scheck nur einlösen solle, wenn er damit einverstanden sei, dass mit dem "ausgewiesenen Betrag" die Forderungen des Beklagten aus dem Vertrag abgegolten seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bl. 41 d. A. verwiesen. Der Beklagte löste den Scheck ein und teilte der Schufa unter den 29. September 2010 mit, dass die Forderung ausgeglichen sei.

Der Kläger beauftragte eine Rechtsanwältin damit, beim Beklagten die Entfernung der unrichtigen Schufa-Mitteilung zu erwirken. Die Rechtsanwältin verfasste im Auftrag des Klägers ein Schreiben an den Beklagten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Rechtsanwältin K... W... vom 15. Oktober 2010 Bl. 14 d. A. verwiesen. Die Rechtsanwältin stellte dem Beklagten eine Rechnung über 546,69 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung Bl. 15 d. A. verwiesen. Der Beklagte kam der durch Anwaltsschriftsatz des Klägers erhobenen Forderung zwar nach, bezahlte aber nicht die ihm in Rechnung gestellten Anwaltskosten.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger seine Anwaltskosten von 546,69 € nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten. Mit der Widerklage verlangt der Beklagte die restlichen 400,00 € aus der Rechnung vom 24. August 2010.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe die Meldung an die Schufa bereits am 24. August 2010 vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt sei die

Forderung des Beklagten aber wegen Mängeln an der Anlage noch nicht fällig gewesen. Er ist der Ansicht, erst nach Mangelbeseitigung am 6. September 2010 sei Fälligkeit eingetreten, weshalb er frühestens zum 6. Oktober 2010 habe in Verzug geraten können. Die Schufa-Meldung des Beklagten sei daher unberechtigt. Daher müsse der Beklagte gemäß § 824 BGB den ihm in Form von Anwaltskosten entstandenen Schaden ersetzen. Den mit der Widerklage geltend gemachten Betrag könne der Beklagte nicht fordern, weil die Parteien einen Vergleich des Inhalts geschlossen hätten, dass mit der Zahlung von 3.213,19 € die Forderungen des Beklagten abgegolten seien. Durch Einlösung des Schecks habe der Beklagte das entsprechende Vergleichsangebot des Klägers angenommen.

Der Kläger beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 546,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. November 2010 zu zahlen.

2.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 29,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 5. August 2012 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt widerklagend,

den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 400,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 4. September 2010 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe die Meldung an die Schufa erst nach dem 9. September 2010 vorgenommen. Er behauptet, dass die Erneuerung der Speicherladeleitung nicht zu seinen geschuldeten Leistungen gehört habe. Die falsche Montage der Schachtabdeckung habe er "umgehend nachgearbeitet", jedoch habe diese keine Auswirkungen auf die Funktionstüchtigkeit der Heiztherme gehabt. Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe sich spätestens seit der Rechnungsstellung unter dem 24. August 2010 im Zahlungsverzug befunden. Mängel hätten allenfalls Rechte des Klägers gemäß § 437 BGB begründen können, hätten ihn aber nicht berechtigt, die Zahlung des Rechnungsbetrages zu verweigern. Nachdem der Kläger auch die Nachfrist habe verstreichen lassen, sei der Beklagte zu einer Meldung an die Schufa berechtigt gewesen. Die Widerklage ist nach Ansicht des Beklagten begründet. Er sei zur Annahme der angebotenen Teilzahlung berechtigt. Hierdurch habe er nicht auf den Rest seiner Forderung verzichtet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2013 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist - bis a uf die Zinsforderung - begründet.

Anspruchsgrundlage ist § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat durch die Schufa-Meldung seine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Klägers Rücksicht zu nehmen, verletzt. Denn die Schufa-Meldung war rechtswidrig, da die Voraussetzungen für eine derartige Meldung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 BDSG nicht vorlagen. Diese Vorschrift ist zum 1. April 2010 in Kraft getreten und daher auf das vorliegende Rechtsverhältnis anzuwenden.

Die der Schufa gemeldete Forderung des Beklagten gegen den Kläger war nicht tituliert (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG), sie war nicht unbestritten gemäß § 178 InsO festgestellt (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG), sie war nicht ausdrücklich anerkannt (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG), und schließlich fehlen auch die Voraussetzungen gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG: Der Beklagte hat nicht nach Eintritt der Fälligkeit zweimal gemahnt (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 a) BDSG), zwischen der ersten Mahnung (3. September 2010) und der Meldung an die Schufa (jedenfalls vor dem 29. September 2010) lagen keine vier Wochen (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 b) BDSG), zudem hat der Beklagte die Schufa-Meldung nicht rechtzeitig angedroht (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 c) BDSG).

Als Schaden, der dem Kläger durch die Pflichtverletzung des Beklagten entstanden ist, muss der Beklagte dem Kläger seine Anwaltskosten als gemäß § 249 BGB erforderliche Rechtsverfolgungskosten ersetzen. Die rechtliche Problematik einer Schufa-Meldung ist schwierig, sodass für einen Verbraucher die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich im Sinne des § 249 BGB ist.

Da der Kläger nicht vorgetragen hat, dass seine Rechtsanwältin ihm die Anwaltskosten bereits in Rechnung gestellt und er diese auch bezahlt hat, hat der Kläger gegen den Beklagten an sich nur einen Anspruch auf Freistellung von den Anwaltskosten. Da aber der Beklagte den Anspruch des Klägers dem Grunde nach bestreitet und seit über zwei Jahren die Forderung der Anwältin nicht gezahlt hat, erstarkt der Freistellungsanspruch des Klägers insoweit zum Zahlungsanspruch, zumal damit zu rechnen ist, dass der Kläger nunmehr von seiner Anwältin in Anspruch genommen wird. Insoweit besteht der vom Beklagten zu ersetzende Schaden des Klägers in der fälligen Gebührenforderung seiner Anwältin gegen ihn.

Die Forderung ist auch der Höhe nach berechtigt. Angesichts der Bedeutung der Sache für den Kläger - so hat er unwidersprochen vorgetragen, dass ihm auf Grund der Schufa-Meldung seine Kreditkarte gekündigt wurde, was für ihn als Flugzeugpilot insbesondere in außereuropäischen Ländern gravierende Nachteile bedeutet - ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gegenstandswert auf die Gebührenstufe bis 6.000,00 € angesetzt wurde. Die Gebührenberechnung selbst ist zutreffend und von dem Beklagten auch nicht angegriffen.

Zinsen kann der Kläger allerdings gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit fordern. Der Kläger übersieht bei seiner Zinsforderung, dass er diese Forderung gegen den Beklagten bislang nicht geltend gemacht hat. Vorgerichtlich hat nur seine Rechtsanwältin, nicht aber der Kläger, die Forderung geltend gemacht. Die Gebührenrechnung vom 15. Oktober 2010 ist an den Beklagten, nicht an den Kläger gerichtet, auch hat die Rechtsanwältin mit Schreiben vom 15. Oktober 2010 an den Beklagten Zahlung des Rechtsanwaltsgebühren an sich (und nicht an den Kläger) gefordert. Der Beklagte befand sich daher bis zur Klageerhebung mit der Zahlung der Rechtsanwaltskosten an den Kläger nicht in Verzug.

Aus dem gleichen Grund stehen dem Kläger auch keine vorgerichtlichen Anwaltskosten für die Geltendmachung der als Hauptforderung verlangten Anwaltskosten zu.

Die Widerklage ist hingegen unbegründet.

Die Parteien haben einen außergerichtlichen Vergleich des Inhalts geschlossen, dass mit der Zahlung des Betrages von 3.213,19 € die Forderung des Beklagten abgegolten ist. Das Angebot des Klägers liegt in dem Schreiben des Klägers vom 17. September 2010. Dieses Angebot hat der Beklagte mit der Einlösung des Schecks über die angebotene Vergleichssumme angenommen. Hat die den Abschluss eines Abfindungsvertrages anbietende Partei zum Zwecke der Vertragserfüllung einen Scheck mit der Bestimmung übergeben, dass er nur bei Annahme des Vertragsangebotes eingelöst werden darf, und hat sie gleichzeitig auf eine Annahmeerklärung der Gegenseite verzichtet, so ist in der widerspruchslos erfolgenden Einlösung des Schecks regelmäßig die Annahme des Vertragsantrages zu sehen. (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1995, Az. VIII ZR 297/84, zitiert nach juris.) Ein krasses Missverhältnis zwischen Forderung und angebotener Summe, das ausnahmsweise dafür spricht, in der Scheckeinlösung keine Bestätigung des Willens zur Annahme des Vergleichsangebotes zu sehen (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001, Az. XII ZR 60/99), liegt hier keinesfalls vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die streitwertneutrale geringfügige Zuvielforderung des Klägers rechtfertigt keine Kostenteilung. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwertes sind Klageforderung und Widerklageforderung zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG).

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