OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.02.2013 - 1 L 3/13
Fundstelle
openJur 2013, 46873
  • Rkr:

1. Der Einstellungsanspruch in den Vorbereitungsdienst bemisst sich nicht nach den Grundsätzen des Hochschulzulassungsrechtes, sondern nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, auch wenn im Rahmen des Vorbereitungsdienstes ein Studium absoviert wird.

2. Das Absolvieren eines Studiums nach Begründung des Beamtenverhältnisses soll eine spezifische Zugangsvoraussetzung zur maßgeblichen Laufbahn schaffen, nicht hingegen eine bestimmte - ernennungsunabhängige - Berufsausbildung in einem Studienfach ermöglichen.

3. Aus Art. 12 Abs. 1 GG folgen keine Ansprüche, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgingen, der das Maß an Freiheit der Berufswahl gewährleistet, das angesichts der von der jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zulässigerweise begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst möglich ist.

4. Der Vorbereitungsdienst stellt für die angestrebte Laufbahn keine Ausbildungsstätte im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG dar, sondern ist nur laufbahnrechtlich von Relevanz.

5. Art. 33 Abs. 2 GG bietet i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG denselben effektiven Rechtsschutz wie ein auf Art. 12 Abs. 1 GG gestütztes Begehren.

6. Der aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierende Anspruch eines Bewerbers auf eine rechtsfehlerfreie Anwendung des Leistungsgrundsatzes besteht erst dann, wenn eine vom Haushaltsgesetzgeber geschaffene Planstelle vorhanden ist und eine Ernennung erfolgt bzw. erfolgen soll.

Gründe

Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 16. November 2012, mit dem er sich ausdrücklich nur gegen die Abweisung seines Hilfsantrages wendet, hat in der Sache keinen Erfolg.

Die gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

"Ernstliche Zweifel" an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.

Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und § 1 AGG damit zu begründen sucht, dass das "streitgegenständliche Bewerbungsverfahren in erheblichem Maße von einem klassischen beamtenrechtlichen Auswahlverfahren und einem sich hieran anschließenden Konkurrentenstreit" abweiche, da "im klassischen Bewerbungsverfahren die Besetzung einer einzelnen Stelle im Vordergrund" stehe, hat das Vorbringen keinen Erfolg. Denn der Kläger hat sich gerade nicht nur "für ein Studium beworben"; vielmehr begehrt(e) er mit seinem Haupt- wie mit seinem Hilfsantrag die "Aufnahme in den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Bankdienst bei der Beklagten", mithin die Begründung eines Beamtenverhältnisses. Nach den - nicht weiter angefochtenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichtes hat sich der Kläger auch entsprechend "um die Einstellung als Bundesbankinspektoranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Einstellungstermin 01. Oktober 2010 oder 01. April 2011" beworben.

Die Begründung eines Beamtenverhältnisses (hier: auf Widerruf, § 6 Abs. 4 BBG) bedarf nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 BBG der Ernennung, die wiederum gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sowie gemäß § 9 Satz 1 BBG ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen ist. Aus der Regelung des Art. 33 Abs. 2 GG folgt allerdings kein strikter Einstellungsanspruch, denn diese Norm gewährt dem Bewerber um ein öffentliches Amt keinen unbedingten Einstellungsanspruch, sondern lediglich den sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch. Dieser u. a. bei Einstellungen in das Beamtenverhältnis zu beachtende Bewerbungsverfahrensanspruch vermittelt dem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht darauf, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird. Der Bewerber kann verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den soeben näher umschriebenen Leistungsgrundsatz oder durch andere verfassungsmäßige Vorgaben gedeckt sind (vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83; Urteil vom 25. Februar 2010 - 2 V 22.09 -, BVerwGE 136, 140).

Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht gegeben, da aus diesem Grundrecht keine Ansprüche des Klägers folgen, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgingen, der das Maß an Freiheit der Berufswahl gewährleistet, das angesichts der von der jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zulässigerweise begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst möglich ist (vgl.: BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693 [m. w. N.] OVG LSA, Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 M 101/12 -, juris). Ungeachtet dessen kommt Art. 12 Abs. 1 GG vorliegend aber auch deshalb nicht zum Tragen, da der Vorbereitungsdienst für die angestrebte Laufbahn keine Ausbildungsstätte im Sinne dieses Grundrechtes darstellt, sondern nur laufbahnrechtlich von Relevanz ist (ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris [m. w. N.]).

Im Übrigen entfaltet Art. 33 Abs 2 GG seine Gewährleistung auch erst auf der Grundlage der vom Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt zur Verfügung gestellten und für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben gewidmeten Stellen. Mithin besteht ein Anspruch des Bewerbers auf eine rechtsfehlerfreie Anwendung des Leistungsgrundsatzes erst dann, wenn eine vom Haushaltsgesetzgeber geschaffene Planstelle vorhanden ist und eine Ernennung erfolgt bzw. erfolgen soll (vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 -, juris [m. w. N.]). Zahl und Art der Stellen im öffentlichen Dienst bestimmt dabei allein die jeweils zuständige öffentlich-rechtliche Körperschaft im Rahmen ihrer Organisationsgewalt. Die Ausbringung von (Plan-)Stellen im Haushaltsplan durch den Haushaltsgesetzgeber erfolgt gemäß dessen organisatorischer Gestaltungsfreiheit nach den Bedürfnissen der Verwaltung. Die gleiche Dispositionsfreiheit kommt dem Dienstherrn - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Haushalts- und Besoldungsrechtes - bei der Stellenplanbewirtschaftung zu (vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999, a. a. O.; Urteil vom 26. Oktober 2000 - 2 C 31.99 -, NVwZ-RR 2001, 253 [m. w. N.]). Die organisations- und haushaltsrechtlichen Vorentscheidungen, die zur Existenz eines verfügbaren öffentlichen Amtes führen, dienen grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Sie erfolgen nicht in Wahrnehmung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber Bewerbern. Deren Rechte werden nicht berührt (vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999, a. a. O.; Urteil vom 25. April 1996 - 2 C 21.95 -, BVerwGE 101, 112 [m. w. N.]).

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich ebenso wenig wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, denn diese ist nicht entsprechend den Darlegungserfordernissen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

"Grundsätzliche Bedeutung" im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (OVG LSA, Beschluss vom 9. Oktober 2007 - 1 L 183/07 - [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 - 1 B 23.87 -, InfAuslR 1987, 278). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zudem im Zulassungsantrag darzulegen. "Dargelegt" im Sinne der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961, BVerwGE 13, 90, vom 9. März 1993, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr.11, Beschluss vom 10. November 1992, Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass in der Antragsschrift eine konkrete - entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige - rechtliche oder tatsächliche Frage "aufgeworfen und ausformuliert” wird (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995, Der Personalrat 1996, 27).

In Anlegung dieser Maßstäbe ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden. Die in der Antrags(begründungs)-schrift aufgeworfene Frage stellt sich im Hinblick auf den vom Kläger erstinstanzlich gestellten - Haupt- wie - Hilfsantrag schon nicht in entscheidungserheblicher Weise, da er gerade die Einstellung in den Vorbereitungsdienst, d. h. die Begründung eines Beamtenverhältnisses begehrt (hat). Unabhängig davon mangelt es dem Antragsvorbringen aber auch an der gebotenen Aufbereitung des Sach- und Streitstoffes anhand der einschlägigen, insbesondere der vom Senat in Bezug genommenen Rechtsprechung sowie der einschlägigen Literatur mit der Folge, dass das Gericht durch die Antragsschrift nicht in die Lage versetzt wird, anhand dieser darüber zu befinden, ob die Zulassung des Rechtsmittels wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gerechtfertigt ist (siehe zu den insoweitigen Darlegungsanforderungen: OVG LSA, Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 L 166/07 -, [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 VwGO § 133 (n. F.) Nr. 26, Beschluss vom 9. März 1993 - 3 B 105.92 -, NJW 1993, 2825). Im Übrigen verkennt das Antragsvorbringen auch hier den Zusammenhang von Begründung des Beamtenverhältnisses einerseits und dem erst daraus resultierenden Absolvieren eines Studiums andererseits.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, 40, 47 GKG, wobei hier das Endgrundgehalt der Anwärterbezüge nach Maßgabe der Besoldungsgruppe A 9 BBesO zugrunde zu legen war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).