LG Darmstadt, Urteil vom 08.02.2011 - 27 O 283/10
Fundstelle
openJur 2013, 35060
  • Rkr:
Tenor

1.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 15.020,17nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 11.11.2010 zu bezahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wegen seiner Verpflichtungen gegenüber der […] aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom 14.11.2003 über einen Betrag in Höhe von Euro 26.184,65 freizustellen,

jeweils Zug- um- Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] über einen Beteiligungsbetrag von Euro 50.000,00.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] zu ersetzen.

2.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 15.710,02nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 11.11.2010 zu bezahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wegen seiner Verpflichtungen gegenüber der […] aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom 10.11.2004/16.11.2004 über einen Betrag in Höhe von Euro 20.053,18 freizustellen,

jeweils Zug- um- Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] über einen Beteiligungsbetrag von Euro 35.000,00.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] zu ersetzen.

3.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 7.248,42nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 11.11.2010 zu bezahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wegen seiner Verpflichtungen gegenüber der […] aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom 12.10.2005 über einen Betrag in Höhe von Euro 15.363,00 freizustellen,

jeweils Zug- um- Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] über einen Beteiligungsbetrag von Euro 25.000,00.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] zu ersetzen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere Euro 2.578,13 nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit 11.11.2010 zu zahlen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Beratungspflicht im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an der […] (im Folgenden: A I) und ihren beiden Folgegesellschaften, der […] (im Folgenden: A II)sowie der […] (im Folgenden: A III).

Der im leitenden Management eines Unternehmens der Marketingbranche tätige Kläger ist gemeinsam mit seiner Ehefrau seit 1987 Kunde der Beklagten. Im Erfassungsbogen aus dem Jahr 1999wurde durch den Kläger und dessen Ehefrau allgemeine Risikovorsorge und Sonstiges als mittelfristige Anlageziele angegeben. Es bestanden Kenntnisse und Erfahrungen des Klägers in verschiedenen Produktgruppen. Die Risikobereitschaft bei den angestrebten Geschäften wurde unter der höchsten Stufe 4 mit „hoch spekulativ“ und der Anlagepräferenz „Turbo“angekreuzt. Seit dem Jahr 2000 unterhielt er ein Depot bei der Beklagten, das diese zu keinen Beratungsleistungen verpflichtete („[…]“).

Der Kläger verfügt über ein hohes Jahresnettoeinkommen und eigen genutztes Immobilienvermögen.

Ab 16.01.2003 wurde der Kläger zunächst von dem Mitarbeiter Bder Beklagten betreut. Bereits diesem gegenüber bekundete der Kläger sein Interesse an steuerorientierten Anlagen. Mitte 2003wurden die Depots des Klägers und seiner Ehefrau bei der Beklagten in Beratungsdepots umgestellt. Unter dem Depot-Nr. […]bestanden diverse Wertanlagen. Das Depot wurde in der Folgezeit in seiner Struktur im Wesentlichen beibehalten und werterhöhend weiterentwickelt.

Seit Juni 2003 wird der Kläger im Investmentbereich durch die Mitarbeiterin C der Beklagten betreut. Anlässlich der Depotumstellung erfolgte am 09.07.2003 ein Beratungsgespräch zwischen dieser und dem Kläger sowie dessen Ehefrau. Hierbei gab der Kläger wiederholt an, an Steuermindernden Anlagemodellen interessiert zu sein. Der Kläger kreuzte im Beratungs- und Dokumentationsbogen zu diesem Gespräch die höchste von drei Risikogruppen (Spekulativ (kurzfristig hohe Gewinnchancen im Vordergrund, Verluste bis hin zum Totalverlust werden einkalkuliert)) an. Des Weiteren wurde als Anlagezeitraum „langfristig“ und als Anlageziel „Liquiditätsvorsorge“, „Zielsparen“,„Allgem. Risikovorsorge“ und „Sonstiges“angegeben. Der Kläger gruppierte sich selbst in die höchste von sechs Risikoklassen, mit Anlagen mit sehr hoher Schwankung und hohem Ausfallrisiko.

Da der Kläger mit einer erheblichen Steuernachzahlung für das laufende Jahr rechnete, sollte „gegengesteuert“ werden.Er bat die Zeugin C um Vorschläge spezieller Anlageformen zur Verringerung der Steuerlast.

Anfang Oktober 2003 bot die Zeugin C dem Kläger wunschgemäß ein Anlagemodell mit negativer Gewinnzuweisung an, den Medienfonds A I.Dieser wurde durch die […] (im Folgenden: D) initiiert und durch die Firma […] (im Folgenden: E) vertrieben.

Das Konzept des Fonds besteht darin, das Kapital der Anleger durch die Fondsgesellschaft in die Produktion von Kinofilmen zu investieren. Für die Vermarktung erhält der Fonds als Lizenzgeber von dem Lizenznehmer feste und gegebenenfalls variable Lizenzraten sowie eine feste Abschlusszahlung. Die Zahlungsverpflichtungen (Lizenzzahlungen, Schlusszahlungen) werden von der […] (im Folgenden: F) „im Wege einer (abstrakten) befreienden Schuldübernahme“ übernommen. Hierfür hatte der Lizenznehmer jeweils eine Vorauszahlung an die F zu entrichten. Die Gesellschafter sollten aus der Beteiligung im ersten Jahr der Fondslaufzeit negative und in den Folgejahren positive Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb erzielen. Die geschaffenen Rechte an den Filmproduktionen sollten als ein von der Fondsgesellschaft selbst geschaffenes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens qualifiziert werden. Für die im Zusammenhang mit der Herstellung entstandenen Kosten sollte das Aktivierungsverbot nach § 5 Abs.2EStG gelten. Die Herstellungskosten sollten deshalb in voller Höhe als Betriebsausgaben sofort abziehbar sein. Der Anlagebetrag setzt sich aus einer eigenfinanzierten Einlage samt Agio und einer fremdfinanzierten Einlage zusammen. Letzteres erfolgt obligatorisch durch ein Darlehen bei der F.

Auf das Schreiben der Zeugin C vom 01.10.2003 kam es zu einem persönlichen Gespräch zwischen dieser und dem Kläger. Hierbei erklärte die Zeugin, dass vor dem Hintergrund einer Steuerverschiebung bei niedriger Kapitalbindung eine Gesamtrendite möglich sei. Sie machte deutlich, dass eine Fondsfinanzierung über Ausschüttungen und Steuervorteile zu erwarten sei. Über Provisionen wurde in diesem Gespräch nicht geredet.

Aufgrund der Angaben des Klägers über sein Jahreseinkommen wurden bei E Berechnungen über mögliche Beteiligungen bei Zeichnungssummen in Höhe von Euro 50.000,00, 100.000,00 und 150.000,00 durchgeführt.

Nach Abstimmung mit seinem Steuerberater beteiligte sich der Kläger mit einer Einlage von Euro 50.000,00 zuzüglich Agio in Höhe von Euro 840,00 an der A I. Er wollte durch die Anlage sein zu versteuerndes Einkommen optimieren, das eingesparte Geld sollte seiner Altersvorsorge zur Verfügung stehen. Als eigenfinanzierte Einlage wurden vom Kläger Euro 28.000,00 erbracht. Zudem erbrachte der Kläger das Agio aus Eigenmitteln. Der restliche Beteiligungsbetrag in Höhe von Euro 22.000,00 wurde obligatorisch über die F finanziert. Hierzu beauftragte der Kläger bereits mit der Beitrittserklärung den Treuhänder/ Verwalter, namentlich die […]. Diese schloss mit der Beklagten am 14.11.2003 für den Kläger ein Begebungsvertrag sowie eine Begebung über eine Inhaberschuldverschreibung ab. Insgesamt waren vom Kläger aufgrund der Fremdfinanzierung Euro 26.184,65 zu erbringen.

Als A II aufgelegt wurde, ging die Zeugin C auf den Kläger zu,um dessen Beteiligungsinteresse zu erkunden. In einem Gespräch am 10.11.2004 wurde festgestellt, dass der Kläger nach wie vor an steuerreduzierten Anlagen interessiert war. Dem Kläger wurde unter anderem auch der A II angeboten. Bei der Vorstellung dieses Fonds durch die Zeugin C wurde an die bereits erfolgte Zeichnung des A Iangeknüpft und darauf hingewiesen, dass es sich um nahezu dasselbe Fondskonzept handele.

Der Kläger zeichnete die Beitrittsvereinbarung hinsichtlich des A II über einen Betrag in Höhe von Euro 35.000,00 zuzüglich Agio in Höhe von Euro 558,60. Hiervon wurden Euro 16.380,00 obligatorisch über ein Darlehen bei der F finanziert. Der Restbetrag samt Agio wurde aus Eigenmitteln erbracht.

Die Zeichnung des A III erfolgte ein Jahr später vor dem Hintergrund, dass sich die Anlageziele des Klägers nicht geändert hatten. Der Zeichnung voraus ging im Oktober 2005 ein Beratungsgespräch zwischen der Zeugin C und dem Kläger. In diesem Gespräch wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen zu den beiden Vorgängerfonds verwiesen. Über Provisionen wurde hierbei nicht gesprochen. Der Kläger beteiligte sich mit einer Einlage in Höhe von Euro 25.000,00 zuzüglich Agio in Höhe von Euro 384,00. Euro 12.200,00 wurden obligatorisch über ein Darlehn bei der Ffinanziert. Der Restbetrag inklusive Agio wurde aus Eigenmitteln erbracht.

Für ihre Vermittlung von Beteiligungen an den Medienfonds AI-III hat die Beklagte gemäß bestehender Provisionsvereinbarung von der E Provisionen als Vergütung erhalten. Die Provisionen betrugen für eigenfinanzierte Anlagen mit einer Beteiligung an A I

- bis Euro 499.000,00:3% + 3% Agio- bis Euro 999.000,00:4% + 3% Agio- ab Euro 1.000.000,00:5% + 3% AgioA II

- Euro 25.000,00 – Euro 499.999,00:3% + Agio- Euro 500.000,00 – Euro 999.999,00:4%+ Agio- ab 1.000.000,00:5% + AgioEntsprechend der letzten Staffelung erfolgte die Provisionierung bei A III, wobei hier die Provisionen 5%, 6% und 7% betrugen,jeweils zuzüglich des Agios.

Mit Schreiben vom 13.08.2009 teilte die Fondsgesellschaft A Idem Kläger mit, dass die bayerische Finanzverwaltung auf Weisung des bayerischen Staatsministeriums aufgrund der Ausgestaltung des Schuldübernahmevertrages die Filmrechte dem Lizenznehmer als wirtschaftliches Eigentum zurechne. Als Folge ist bei der Fondsgesellschaft bereits im Jahr des Abschlusses der Verträge eine Forderung in Höhe des Barwertes sämtlicher im Rahmen der Schuldübernahme durch die Schuldübernehmende Bank abgesicherte Lizenzzahlungen gewinn wirksam zu aktivieren. Dies führt im Ergebnis dazu, dass entsprechende Steuernachzahlungen zu erwarten sind. Mit Schreiben vom 13.11.2009 wurde konkret auf die baldige Änderung der Steuerbescheide durch die Wohnsitzfinanzämter hingewiesen. Dies wurde auf einer Informationsveranstaltung der Fondsgesellschaft im März 2010 konkretisiert. Bislang allerdings hat der Kläger keinen geänderten Steuerbescheid erhalten.

Wirtschaftlich steht beim A I noch nicht fest, ob die Anleger Verluste ihres eingesetzten Kapitals hinnehmen müssen. Jedoch liegen die Prognosen des Films „[…]“ hinter den Erwartungen zurück. Beim A II wurde mit Schreiben vom 05.05.2010angekündigt, dass die Anleger am Fondslaufzeitende mit einem Kapitalverlust von mindestens 23% rechnen müssen. Auch A III bleibt hinter den Prognosen zurück. Eine angepasste Prognoserechnung liegt jedoch noch nicht vor.

Durch alle drei Fonds erfolgten Ausschüttungen. Durch A I wurden Euro 13.819,83, durch A II Euro 3.668,58 und durch A III Euro 5.935,58 an den Kläger ausgeschüttet.

Der Kläger behauptet:

Ihm sei bei dem Beratungsgespräch erklärt worden, es seien „ordentliche Gewinne“ zu erwarten. Das mit der Anlage verbundene unternehmerische Risiko sei erwähnt und mit Hinweis auf die Angaben im vorgelegten Fondsprospekt erklärt worden. Die steuerlichen Vorteile seien ihm als sicher dargestellt worden. Es sei kein Hinweis darauf erfolgt, dass es sich um eine bloßvorläufige Ansicht der Finanzbehörden handele und das Risiko der nachträglichen Aberkennung bestehe.

Im Anschluss an das Beratungsgespräch habe der Kläger noch am selben Tag die Beitrittsvereinbarung hinsichtlich A Iunterschrieben.

Auch in den Beratungsgesprächen zu A II sei keine Silbe über Provisionen gesprochen worden.

Bei allen drei Beratungsgesprächen sei dem Kläger der Fondsprospekt erst im Gespräch übergeben worden.

Die Konzepte der Fonds seien nicht plausibel. Es bestehe bei A IUnklarheit sowohl über die Herkunft des Schuldübernahmeentgeltes als auch über die Zusammensetzung des Kommanditkapitals. Hier seien die Darstellungen in den Beitrittsunterlagen und dem Prospekt widersprüchlich. Es bestünden unterschiedliche Prospektberechnungen und Fehler in der Liquiditätsrechnung. In der Ergebnisprognose werde keine Trennung von garantierten/fixen und nicht garantierten/variablen Zahlungen vorgenommen. Dem Anleger werde das Risiko, eine nur geringere Zahlung des eingesetzten Barkapitals am Ende der Fondslaufzeit zu erhalten, bewusst verschleiert.

Bei A II bestehe ebenfalls Unklarheit über die Herkunft des Schuldübernahmeentgelts und die Zusammensetzung des Kommanditkapitals. An keiner Stelle des Prospekts sei erläutert,weshalb die im Investitionsplan angegebenen Produktionskosten die Gesamtbudgets der Filme überstiegen. Es liege zudem ein Fehler in der Liquiditätsrechnung vor. Es fehle ebenfalls wie bei A I eine Trennung der fixen und variablen Zahlungen. Auch sei das maximale Kapitalrisiko fehlerhaft dargestellt. Die Angabe des maximalen Verlustrisikos nach Steuern sei wegen der individuellen Besonderheiten nicht geeignet den Anleger korrekt zu informieren.

Auch bei A III bestehe Unklarheit über die Herkunft des Schuldübernahmeentgelts und die Zusammensetzung des Kommanditkapitals. Mangels weiterer Angaben sei es dem Leser nicht nachprüfbar, wie sich das angegebene maximale Kapitalrisiko berechne. Bei den Firmen- und Personenverflechtungen fehle die Darstellung der Rolle der F.

Dies hätte der Beklagten bei ordnungsgemäßer Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand auffallen müssen.

Der Kläger beantragt:

1.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 15.020,17nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wegen seiner Verpflichtungen gegenüber der […] aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom 14.11.2003 über einen Nennbetrag in Höhe von Euro 26.184,65 freizustellen,

jeweils Zug- um- Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] über einen Beteiligungsbetrag von Euro 50.000,00.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] zu ersetzen.

2.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 15.710,02nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wegen seiner Verpflichtungen gegenüber der […] aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom 10.11.2004/16.11.2004 über einen Nennbetrag in Höhe von Euro 20.053,18 freizustellen,

jeweils Zug- um- Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] über einen Beteiligungsbetrag von Euro 35.000,00.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] zu ersetzen.

3.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 7.248,42nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wegen seiner Verpflichtungen gegenüber der […] aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom 12.10.2005 über einen Nennbetrag in Höhe von Euro 15.363,00 freizustellen,

jeweils Zug- um- Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] über einen Beteiligungsbetrag von Euro 25.000,00.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung des Klägers an der […] zu ersetzen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere Euro 2.578,13 nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet:

Dem Kläger sei das unternehmerische Risiko als Kennzeichen der Beteiligung explizit erläutert worden. Das unternehmerische Risiko sei als grundlegend wichtig für die Beteiligung und deren Vergleichbarkeit mit gewerblichen Einnahmen sowie die auf deren Grundlage möglichen steuerlichen Vorteile hervorgehoben worden.

Der Kläger sei ausdrücklich aufgefordert worden, die steuerliche Wirkung bezogen auf seine individuellen Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung der Systematik des Fonds mit seinem Steuerberater zu prüfen. Dem Kläger sei bereits ein Monat vor Zeichnung des A I der Fondsprospekt als Grundlage seiner Entscheidung mit dem Steuerberater übergeben worden.

Die Zeugin C habe dem Kläger gegenüber ausreichend klar gestellt, dass durch eine in der Zukunft möglicherweise geänderte steuerliche Veranlagung andere steuerliche Wirkungen entstehen können. Die Beklagte ist der Ansicht, dass hierdurch auch das Risiko erfasst werde, dass der Barwert der schuldübernommenen Zahlungen im ersten Jahr der Beteiligung als Ertrag behandelt und damit die angestrebte Absenkung des zu versteuernden Einkommens nicht erreicht werden könnte.

Im Rahmen des Beratungsgesprächs vor Zeichnung von A II habe die Zeugin C die für die Beklagte aus der Beteiligung des Klägers an AII resultierenden Provisionen auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen der Beklagten mit E im Einzelnen offen gelegt.

Es sei nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger bei umfassender Aufklärung über die an die Beklagte zu zahlende Provision gegen eine Beteiligung entscheiden hätte. Es sei dem Kläger bei der Beteiligung an den Fonds hauptsächlich auf die günstigen Steuerwirkungen angekommen.

Die Beklagte ist der Ansicht:

Die notwendige Aufklärung des Klägers über die an die Beklagte erfolgten Provisionszahlungen für die Eigenkapitalbeschaffung der Fondsgesellschaften sei bereits durch den dem Kläger vorgelegten Fondsprospekt erfolgt. Die Kosten der Untervermittler seien in den im Prospekt ausgewiesenen Kosten zur Eigenkapitalbeschaffung enthalten.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 18.10.2010 (Bl.1ff.d.A.), 10.12.2010(Bl.248ff.d.A.), 17.01.2011 (Bl.311ff.d.A.) und 18.01.2011(Bl.317ff.d.A.) nebst den jeweils dazu gehörenden Anlagen.

Es wurde Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 21.12.2010 (Bl.291ff.d.A.).

Die Nebenintervenientin ist mit Schriftsatz vom 07.02.2011 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Beklagte ist dem Kläger aus dem Beratungsvertrag wegen fehlerhafter Anlageberatung schadensersatzpflichtig, § 280 Absatz 1BGB. Sie hat ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm durch Zeichnen der Anlage entstanden ist.

Die Beklagte hat es jedenfalls versäumt, den Kläger über die Provisionen aufzuklären, die sie für die Vermittlung der Kapitalanlage erhält.

Im Rahmen des Beratungsvertrages war die Beklagte dem Kläger gegenüber zur anleger- und anlagegerechten Beratung verpflichtet.Dies umfasst auch die ungefragte Aufklärung über Rückvergütungen,also offen ausgewiesene Ausgabeausschläge oder Verwaltungsgebühren,die der Kunde über die Bank an die Fondsgesellschaft zahlt und die hinter seinem Rücken ganz oder teilweise an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen (BGH XI ZR 338/08, Urteil vom 27.10.2009, Rn.31, zitiert nach juris). Eine vom Umsatz abhängige Verdienstaussicht der Bank begründet die Gefahr, dass sie ihre Empfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse möglichst hohe Vergütungen zu erhalten. Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob ihm die Bank eine bestimmte Anlage nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Damit der Kunde die Interessenlage zutreffend einschätzen kann, genügt es nicht, dass der Anleger weiß, dass überhaupt eine Vergütung gezahlt wird, er muss vielmehr auch darüber informiert werden, wie hoch diese Vergütung ist, unabhängig vom Anwendungsbereich des WpHG (OLG Stuttgart 6 U 2/10, Urteil vom 30.11.2010 Rn.22 m.w.N.; zitiert nach juris; OLG Frankfurt 9 U99/09, Urteil vom 18.08.2010, Rn.35ff. m.w.N.; zitiert nach juris).

Neben Rückvergütungen gilt dies auch für Innenprovisionen. Denn auch hier verfängt der entscheidende Gesichtspunkt für die Aufklärungspflicht der Bank, der darin besteht, dem Anleger den verdeckten Interessenkonflikt offen zu legen, der sich für die Bank durch die umsatzabhängige Vergütung ergibt. Für eine Differenzierung der Haftung, je nachdem wer in der Vertriebskette die Vergütung zahlt, besteht kein sachlicher Grund. Entscheidend ist, dass die Bank eine Vergütung für ihre Anlageempfehlung erhält,die vom Erfolg ihrer Vertriebsbemühungen abhängt und die für den Anleger nicht ersichtlich ist. Hierbei spielt es keine Rolle von wem und auf welchem Weg die Bank ihre Vergütung erhält, der Interessenkonflikt bleibt der gleiche. Der Interessenkonflikt der Beraterin entsteht dadurch, dass sie im Verhältnis zu den Beteiligten in verschiedenen Rollen auftritt, die nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sind. Sie übernimmt im Verhältnis zu der kapitalsuchenden Gesellschaft die werbende Funktion eines Anlagevermittlers, indem sich die Bank durch die Vereinbarung mit der Fondsgesellschaft oder einem Vertriebsbeauftragen in den Vertrieb der Kapitalanlage einbinden und eine umsatzabhängige Vergütung versprechen lässt. Dem Kunden gegenüber übernimmt die Bank die Rolle des Anlageberaters, der sich ausschließlich am Kundeninteresse zu orientieren hat. Den sich hieraus ergebenden Konflikt, der Übernahme an sich unvereinbarer Funktionen, hat die Bank zu vertreten und kann nur von dieser aufgelöst werden, indem sie ihr Provisionsinteresse offen legt.Dabei ist nicht entscheidend, wie und von wem die Bank ihre Provision erhält (OLG Stuttgart 6 U 2/10, Urteil vom 30.11.2010Rn.24ff.; zitiert nach juris; OLG Frankfurt 14 U 98/08, Urteil vom 20.10.2009, Rn.22ff., zitiert nach Juris).

Die Beklage hat den Kläger in keinem der drei Fälle über die für die Zeichnung von ihr zu erwartende Provision aufgeklärt. Dies hat die Zeugin C bei ihrer Einvernahme bestätigt. Lediglich vor der Zeichnung des A II wurde die Vergütung angesprochen. Dies allerdings nicht umfassend, wie behauptet, sondern dem Kläger wurde vielmehr ein Frühzeichnerbonus in Aussicht gestellt. Über die Vermittlungsprovision an sich wurde aber auch hier nicht gesprochen. Dies wurde von der Zeugin glaubhaft bestätigt. Diese gab an, dass es damals noch nicht üblich gewesen sei über Rückvergütungen aufzuklären.

Entgegen der Ansicht der Beklagten genügen die Angaben in den Fondsprospekten zu der Eigenkapitalvermittlung nicht zur Aufklärung des Kunden. Zwar ist eine Bank im Rahmen des Beratungsvertrages nicht verpflichtet, über die korrekte Prospektangabe hinaus von sich aus ungefragt über solche Kosten aufzuklären, wenn sie dem Anleger den Prospekt so rechtzeitig übergeben hat, dass er sich mit seinem Inhalt vertraut machen konnte (BGH XI ZR 338/08, Urteil vom 27.10.2009, Rn.31, zitiert nach juris). Dies setzt jedoch voraus,dass die beratende Bank als Empfängerin dieser Leistung ausgewiesen ist (OLG Frankfurt 9 U 99/09, Urteil vom 18.08.2010, Rn.38, zitiert nach juris).

Dies war hier aber gerade nicht der Fall. Im Prospekt wird wegen der Vermittlungskosten allein auf die E verwiesen. Dass die Beklagte überhaupt und ggfls. in welcher Höhe hieran partizipiert ergibt sich aus dem Prospekt gerade nicht.

Die fehlende Aufklärung über die für die Vermittlung der Anlage erhaltene Provision ist für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen. Hierfür streitet bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens im Kapitalanlagerecht, die für alle Aufklärungsfehler gilt, auch bei fehlender Aufklärung über Rückvergütungen (OLG Frankfurt 9 U 99/09; urteil vom 18.08.2010,Rn47; zitiert nach juris). Der Aufklärungspflichtige hat die Nichtursächlichkeit seiner Pflichtverletzung zu beweisen.

Die Beklagte konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Kläger die Anlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die geflossene Provision gezeichnet hätte. Die Tatsache, dass dem Kläger das Provisionsinteresse der Beklagten bekannt war, er zumindest damit rechnete, spricht nicht dafür. Der Kläger ging bei seiner Einschätzung davon aus, dass der Beklagten für ihre Vermittlung das gesondert ausgewiesene Agio zusteht. Dies ermöglichte es dem Kläger eine eigene Wertung des Preis-Leistungsverhältnisses vorzunehmen mit dem Ergebnis, dass hier für den Kläger die Vergütung in einem vernünftigen Verhältnis zur Beratungsleistung stand. Ob die Bewertung in Kenntnis der kompletten Provision genau so ausgefallen wäre, bleibt offen.

Die fehlende Kausalität für die Anlageentscheidung des Klägers ist auch nicht damit zu begründen, dass der Kläger vor Zeichnung der Anlage wegen der Vergütung für die Beratungsleistung nicht nachgefragt hat. Für den Kläger bestand kein Anlass hierzu. Für ihn stellte es sich so dar, dass die Beratungsleistung der Beklagten über das Agio abgegolten wurde. Für ihn bestand auch im Zusammenhang mit der Offerte eines Frühzeichnerbonusses keine Veranlassung wegen der Vergütung nachzufragen. Es ist vollkommen unklar, wie dieser Bonus verrechnet werden sollte. Die Zeugin Ckonnte bei ihrer Einvernahme nicht mehr angeben, ob dieser auf das Agio oder die Provision verrechnet wurde oder ob es eine Gutschrift geben sollte. Unklar ist darüber hinaus auch, wie dem Kläger dieser Bonus überhaupt kommuniziert wurde.

Vorliegend ist auch nicht davon auszugehen, dass das Interesse des Klägers Steuern zu sparen derart im Vordergrund stand –er quasi darauf fixiert war, dass darüber hinaus alles andere Unerheblich war. Der Kläger räumte zwar ein, an einer steueroptimierten Anlageform interessiert gewesen zu sein, dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass er dies um jeden Preis wollte. Dies wird schon dadurch deutlich, dass der Kläger zum einen seinen Steuerberater wegen seiner persönlichen Verhältnisse zu Rate zog und zum anderen die Anlagesumme gezielt mit Euro 50.000,00wählte, obwohl wegen seiner Einkommenssituation auch höhere Anlagen angezeigt gewesen wären, wie den ihm unterbereiteten Vorschlägen zu entnehmen ist.

Dem Kläger ist auch ein Mitverschuldensvorwurf nicht zu machen.Grundsätzlich ist dem Schädiger unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) der Einwand verwehrt, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner Angaben nicht verlassen dürfen. Das Vertrauen desjenigen, der sich von einem andern beraten lässt, der für sich Sachkunde in Anspruch nimmt, verdient besonderen Schutz.Nur in Einzelfällen ist der Einwand des Mitverschuldens eröffnet (OLG Frankfurt 19 U 107/10, Urteil vom 15.12.2010, Rn.63 m.w.N.;zitiert nach juris). Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.Sie bestehen insbesondere nicht in der irrigen Vorstellung einer niedrigen Provision des Klägers. Derjenige, der eine fehlerhafte Vorstellung über das Provisionsinteresse seines Vermittlers hat,ist nicht weniger schützwürdig als derjenige, der keine Vorstellung hiervon hat. Es ist allein Sache des Beraters diese Kenntnis zu vermitteln. Es wurde bereits oben hierauf hingewiesen und auch darauf, dass es für den Kläger keinen Anlass zur Nachfrage gab,zumal das separat ausgewiesene Agio als „Aufgeld“durchaus zu dem vom Kläger gezogenen Schluss einlädt.

Die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind ihm ebenfalls als Schadensersatz nach §280 Absatz 1 BGB zu erstatten.

Der Zinsanspruch folgt § 291 BGB.

Wegen der Anträge 1b, 2b und 3b ist klarzustellen, dass es sich bei dem angegeben Betrag nicht um den Nennbetrag allein sondern um diesen zuzüglich der Zinsen handelt.

Die Aufnahme einer Zug- um- Zug Verurteilung im Feststellungsausspruch hat zu unterbleiben. Dies wäre redundant.Die Feststellung, dem Kläger die weitergehenden Vermögensnachteile zu ersetzen, beinhaltet bereits die Gegenüberstellung der beiderseitigen Vertragsleistungen.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.

Das Verfahren war nicht nach § 148 ZPO auszusetzen, da eine Vorgreiflichkeit nicht besteht. Der Schaden des Klägers ist nicht von der endgültigen Bewertung der Anlage durch die Finanzverwaltung abhängig, dieser ist vielmehr bereits im Zeitpunkt der Zeichnung der Anlage entstanden.

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