VG Augsburg, Urteil vom 17.01.2013 - Au 2 K 12.116
Fundstelle
openJur 2013, 5976
  • Rkr:

Landesbeamtenrecht; Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen; Meldung weiterer Dienstunfallfolgen binnen zehn Jahren; formelle Anforderungen an die Meldung weiterer Dienstunfallfolgen;Leitsatz:Wird ein Beamter nach fernmündlicher Anzeige von weiteren Dienstunfallfolgen nach § 45 BeamtVG vom Dienstherrn aufgefordert, weitere ärztliche Unterlagen vorzulegen, trifft ihn eine Mitwirkungsobliegenheit, die verletzt wird, wenn der Beamte der Aufforderung nicht innerhalb angemessener Frist nachkommt und den Dienstherr in der Folge im Einzelfall berechtigen kann, die Anzeige als erledigt und keine Rechtsfolgen auslösend zu betrachten.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die am ... 1960 geborene Klägerin ist als Forstamtfrau im Dienst des Beklagten tätig. Am 5. Dezember 1997 rutschte sie im Dienst auf einer Eisplatte aus. Das Ereignis wurde mit Bescheid der ehemaligen Bezirksfinanzdirektion ... vom 9. Februar 1998 als Dienstunfall anerkannt und eine mediale Schenkelhalsfraktur rechts als Dienstunfallfolge festgestellt. Mit Schreiben vom 12. Juni 1998 gab die Klägerin an, das Heilverfahren sei abgeschlossen.

Am 2. Oktober 2007 teilte sie dem Landesamt für Finanzen – Dienststelle ... – telefonisch mit, dass sie „Probleme an der Hüfte (Schnappen)“ habe. Das komme wohl von dem Bruch. Es gebe gewisse Einschränkungen. Der Sachbearbeiter bat die Klägerin ausweislich des Telefonvermerks um Übersendung von Rechnungen und ärztlichen Attesten und wies auf die Möglichkeit der Beantragung von Unfallausgleich sowie auf die Notwendigkeit der Entbindung ihrer Ärzte von der Schweigepflicht hin.

Mit Schreiben vom 29. September 2009 beantragte die Klägerin die Erstattung von Arztkosten in Höhe von 739,44 EUR und eine erneute Untersuchung hinsichtlich der durch den Dienstunfall vom 5. Dezember 1997 verursachten Gesundheitsschäden. Sie legte als Belege u.a. eine Rechnung vom 4. September 2009 von Dr. ..., Facharzt für Orthopädie, vor, in der als Diagnosen aufgrund einer Untersuchung am 12. August 2009 angegeben waren: Zustand nach Oberschenkelfraktur rechts, Verdacht auf Bandscheibenvorfall, Arthrose des Iliosakralgelenks rechts. Dem ebenfalls beigefügten Rezept von Dr. ... vom 24. August 2009 lassen sich als Diagnosen u.a. eine Coxarthrose, Geröllzysten am Pfannenerker rechts sowie eine Bandscheibenextrusion und eine Bandscheibenprotrusion im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule entnehmen.

Am 26. Oktober 2009 erlitt die Klägerin im privaten Bereich einen Unfall, bei dem sie sich eine pertrochantäre Femurfraktur rechts zuzog.

Im Arztbrief vom 25. November 2009 gab Dr. ..., bei dem die Klägerin seit dem 12. August 2009 in Behandlung stand, an, sie habe von Schmerzen in der rechten Hüfte, der rechten Leiste und dem rechten Knie berichtete. Als Diagnosen stellte er: Zustand nach Oberschenkelfraktur rechts (1997), Coxarthrose rechts mehr wie links, Geröllzysten am Pfannenerker rechts, vermehrte Beckentorsion.

Mit Schreiben vom 29. April 2010 beantragte die Klägerin sinngemäß die Gewährung von Unfallausgleich.

Das Landesamt für Finanzen beauftragte Prof. Dr. ..., Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik ..., mit der Erstellung eines Gutachtens. In dem Gutachten vom 7. Juni 2010 führte er aus, die Klägerin habe angegeben, seit 2007 vermehrt Beschwerden zu haben, die bis zum Jahre 2009 ständig zugenommen hätten. Die Schmerzen hätten sich nicht nur auf das rechte Hüftgelenk erstreckt, sondern auch auf die Wirbelsäule und das rechte Knie. Ihr sei beispielsweise beim Aussteigen aus dem Auto das rechte Bein öfter „weggegangen“. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, der Unfall aus dem Jahre 1997 habe zu einer Beinverkürzung von 1,5 cm sowie zu mäßigen Verschleißerscheinungen im rechten Hüftgelenk geführt. Es sei außerdem davon auszugehen, dass die Beinverkürzung Auswirkungen auf die Wirbelsäule gehabt habe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage bis August 2009 10 Prozent, danach 20 Prozent. Aufgrund des Unfalls seien ein Schuhsohlenausgleich und krankengymnastische Behandlungsmaßnahmen notwendig. Jetzige Behandlungsmaßnahmen seien auf den Unfall 2009 zurückzuführen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 17. August 2010 gab er zudem an, dass die Wirbelsäulenbeschwerden hälftig auf den Beckenschiefstand und hälftig auf Alterungsprozesse zurückzuführen seien.

In der Folge lehnte das Landesamt für Finanzen die Gewährung von Unfallausgleich mit Bescheid vom 25. Oktober 2010 ab, gegen den die Klägerin am 24. November 2010 Widerspruch einlegte. Die MdE sei zu niedrig angesetzt, da ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 Prozent zustehe.

Sie legte einen Arztbrief von Dr. ... vom 17. September 2008 vor, aus dem sich die Diagnose „Funktionsbeeinträchtigung rechtes Hüftgelenk nach medialer Schenkelhalsfraktur“ ergab. Seit dem Unfall im Jahre 1997 bestünden Funktionsbeeinträchtigungen an der Hüfte, bisher ohne Schmerzen. In letzter Zeit habe sie Schmerzen bei Rotation in der Leiste. Manchmal würde sie in der rechten Hüfte wegrutschen. Das Funktionsdefizit sei eindeutig auf die mediale Schenkelhalsfraktur zurückzuführen.

Außerdem übersandte sie einen Arztbrief des Neurologen Dr. ... vom 26. Oktober 2010, der bei ihr eine Femoralisneuralgie rechts nach mehrfacher Oberschenkelfraktur diagnostizierte.

Mit Bescheid des Landratsamts ... vom 1. Februar 2011 wurde für die Klägerin ein GdB von 30 Prozent seit 2008 aufgrund einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgesetzt. Es liege eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und beider Hüftgelenke sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vor.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2011 gewährte das Landesamt für Finanzen – Dienststelle ..., Bezügestelle Dienstunfall – für die entstandenen Heilbehandlungskosten eine Zahlung in Höhe von 295,30 EUR. Die Zahlung erfolgte unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass die Aufwendungen nicht dienstunfallbedingt, nicht notwendig oder nicht angemessen seien.

Mit Bescheid vom 31. August 2011 wurde die Anerkennung weiterer Körperschäden im Bereich des rechten Hüftgelenks und an der Lendenwirbelsäule als Folgen des Dienstunfalls vom 5. Dezember 1997 abgelehnt. Weiter wurde der mit Bescheid vom 16. Juni 2011 geleistete Betrag von 295,30 EUR zurückgefordert. Die Klägerin habe erst 2009 von Beschwerden der Hüfte und der Lendenwirbelsäule berichtet, so dass die zehnjährige Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) verstrichen sei. Gegen die Rückforderung könne sie sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da ein ausdrücklicher Vorbehalt erklärt worden sei.

Am 23. September 2011 legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 25. Januar 2012 ließ die Klägerin Klage erheben. Sie beantragte zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Januar 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten die bei der Klägerin aufgetretenen Körperschäden gemäß dem Gutachten des Prof. ... vom 7. Juni 2010 (S. 11) und des Dr. ... vom 26. Oktober 2010 als weitere Folge des Dienstunfalls vom 5. Dezember 1997 anzuerkennen.

Sie habe die Probleme in der Hüfte bereits fernmündlich im Jahre 2007 angezeigt. 2009 seien die Beschwerden erneut im Bereich der Hüfte, des Rückens und im Knie aufgetreten. Nach § 45 Abs. 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG), der vorliegend als maßgeblich anzusehen sei, habe eine fernmündliche Mitteilung ausgereicht. Eine Darstellung der Folgen des Unfalls sei genauso wenig notwendig wie die Vorlage weiterer Unterlagen. Die schriftliche Beantragung im Jahr 2009 sei eine Ergänzung der Anzeige aus dem Jahr 2007 gewesen. Im Übrigen beginne die Zehnjahresfrist 2007 zu laufen, da erst zu diesem Zeitpunkt der Körperschaden eingetreten sei.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2012 beantragte das Landesamt für Finanzen für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Die Rückforderung der Unfallfürsorgeleistungen sei rechtmäßig, da die Arzneimittel, für die die Kosten erstattet wurden, für Beschwerden verordnet worden seien, die nicht als Dienstunfallfolgen anerkannt seien. Die Kosten für Massage und Fango könnten mangels Angabe, welche Gesundheitsstörung sie lindern sollen, ebenfalls nicht den Dienstunfallfolgen zugeordnet werden.

Im Oktober 2007 habe die Klägerin lediglich von einem „Schnappen“ der Hüfte berichtet. Sie sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht in ärztlicher Behandlung gewesen, sondern habe erst im September 2008 und August 2009 einen Arzt aufgesucht. Das „Schnappen“ der Hüfte tauche in keinem der ärztlichen Unterlagen wieder auf.

Die Zehnjahresfrist beginne mit dem Dienstunfall. Im Übrigen habe die Klägerin auch die Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG nicht eingehalten. Nach ihren eigenen Angaben habe sie bereits 2006/2007 Beschwerden gehabt, die 2008/2009 unerträglich geworden seien. Davon ausgehend sei im Oktober 2007 die dreimonatige Frist bereits abgelaufen.

Mit Schreiben vom 28. September 2012 führte die Klägerin weiter aus, dass sich aus der Regelung des § 45 BeamtVG nicht ergebe, dass Atteste zeitnah vorzulegen seien. Es sei Aufgabe der Behörde im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes die ärztlichen Gutachten einzuholen. Verzögerungen könnten dabei nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Im Übrigen habe sie selbst erst medizinische Aufklärung betreiben müssen. Deren Dauer könne nicht zum Verlust ihrer Ansprüche auf Unfallfürsorge führen. Es gehe ihr zudem auch um die Anerkennung einer MdE von 25 Prozent. Die Verwendung des Begriffs „Schnappen“ sei laienhaft gewesen; in der Folge habe die Klägerin die gleichen Beschwerden mit „weggehen“, „wegknicken“ oder „wegrutschen“ bezeichnet. Im Übrigen könne sich der Beklagte nicht auf die Verspätung der Meldung der Dienstunfallfolgen berufen, da das Landesamt für Finanzen ein Gutachten eingeholt habe und auch bereits im Mai 2009 Kenntnis davon gehabt habe, dass ein Befundbericht von Dr. ... vom 10. September 2008 existierte.

Am 17. Dezember fand mündliche Verhandlung statt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Gesundheitsschäden als Dienstunfallfolgen. Der Bescheid des Landesamts für Finanzen – Dienststelle ... – vom 31. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).

Für die Verpflichtungsklage auf Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen ist grundsätzlich nunmehr auf Art. 45 ff. BayBeamtVG abzustellen. Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Bayerische Beamtengesetz ersetzt das bislang als Landesrecht fortgeltende Beamtenversorgungsgesetz des Bundes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (vgl. Art. 117 BayBeamtVG). Der anerkannte Dienstunfall der Klägerin am 5. Dezember 1997 steht dabei einem Dienstunfall im Sinne des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes gleich (Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG). Weitere Übergangsregelungen – insbesondere zur Frage der Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen – bestehen nicht. Inhaltliche Unterschiede zwischen der früheren und nunmehrigen Rechtslage ergeben sich insoweit nicht. Wird ein Beamter oder eine Beamtin durch einen Dienstunfall verletzt, wird nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG Unfallfürsorge gewährt. Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist – ebenso wie nach § 31 Abs. 1 BeamtVG – unter einem Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis zu verstehen, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist (VG Augsburg, U.v. 4.9.2012 – Au 2 K 12.232 – juris Rn. 27 ff.; VG Regensburg, U.v. 21.3.2012 – RN 1 K 11.207 – juris Rn. 16; VG Würzburg, U.v. 18.1.2011 – W 1 K 10.824 – Rn. 20).

Allerdings wird Unfallfürsorge zeitlich nicht unbegrenzt gewährt. Sowohl das Bundes- als auch das Landesbeamtenversorgungsgesetz regeln das Untersuchungsverfahren und enthalten Ausschlussfristen, die durch Meldung des Dienstunfalls bzw. seiner Folgen zu wahren sind. Da Vorschriften zum Verwaltungsverfahren grundsätzlich keine Rückwirkung entfalten (vgl. Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 96 Rn. 1), beurteilt sich die Frage, ob eine Meldung gegenüber der zuständigen Behörde form- und fristgerecht erfolgt ist, nach der zum Zeitpunkt der Meldung geltenden Norm. Die Klägerin hat sich vorliegend am 2. Oktober 2007 an die Dienstunfallfürsorgestelle gewandt und weitere Dienstunfallfolgen gemeldet. Damit richtet sich die Meldung und das Untersuchungsverfahren nach § 45 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001 S. 3926).

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach dem Beamtenversorgungsgesetz entstehen können, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalls bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. Nach Ablauf dieser Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden (§ 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Meldepflichtig ist nicht eine Folge – auch nicht eine nur mittelbare Folge – des Dienstunfalls, sondern immer nur der Unfall selbst, dies allerdings in einer Weise, die zum Ausdruck bringt, dass der Betroffene wegen der (möglichen) Folgen des Unfalls Unfallfürsorge beansprucht (BVerwG, U.v. 18.12.1969 – II C 37.68BVerwGE 34, 343). Hat demnach – wie im vorliegenden Fall – der Verletzte den Unfall als das anspruchsbegründende Ereignis innerhalb zweier Jahre, also ohne Rücksicht auf etwaige Dienstunfallfolgen, gemeldet oder hat er innerhalb von zehn Jahren einen anspruchsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen vor nicht mehr als drei Monaten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG) bemerkbar gewordenen Unfallfolgen und einem Unfallereignis glaubhaft gemacht, so sind ihm in beiden Fällen hinsichtlich der bis dahin bekannt gewordenen Unfallfolgen auch über die Zehnjahresfrist hinaus Unfallfürsorgeleistungen zu gewähren.

Werden Folgen eines anerkannten Dienstunfalls jedoch erst später bemerkbar, begründen sie keinen Anspruch des Beamten auf Dienstunfallfürsorge, wenn er sie nicht innerhalb von zehn Jahren seit dem Unfall und innerhalb von drei Monaten, nachdem die Unfallfolge bemerkbar geworden ist, dem Dienstherrn gemeldet hat (BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 2 C 5.01 – DÖD 2002, 254). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG beginnt sowohl die Ausschlussfrist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG als auch die Ausschlussfrist nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG mit dem Eintritt des Unfalls. Dabei hat es auf den Fristbeginn keinen Einfluss, wenn der Beamte vor Ablauf der Ausschlussfrist den Zusammenhang eines Körperschadens mit einem Unfallereignis nicht erkannt hat und auch nicht erkennen konnte (BVerwG, U.v. 28.2.2002, a.a.O.). Von der Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 BeamtVG sind damit nicht nur solche Fälle erfasst, bei denen der Beamte Fürsorgeansprüche aus einem fest stehenden Körperschaden auf ein Unfallgeschehen zurückführt, das er innerhalb der letzten zehn Jahre nicht als (Dienst-)Unfall gemeldet hat. Die Rechtsfolge des § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG tritt vielmehr auch in solchen Fällen ein, in denen der Beamte Fürsorgeansprüche aus einem feststehenden Körperschaden auf ein Unfallgeschehen zurückführt, das er fristgerecht als Unfall gemeldet hat und das sogar als Dienstunfall anerkannt worden ist, aber von dem tatsächlichen Bemerken des Körperschadens bzw. seiner Bemerkbarkeit ausgehend mehr als zehn Jahre zurückliegt (VG München, U.v. 29.12.2009 – M 21 K 08.1617 – juris Rn. 39). Die Ausschlussfristen tragen nämlich dem Problem Rechnung, dass nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums die Kausalität kaum noch aufklärbar ist. Nach zehn Jahren sollen Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (BVerwG, U.v. 28. 4. 2011 – 2 C 55/09ZBR 2012, 38; U.v. 28.2.2002 – 2 C 5.01 – DÖD 2002, 254; BayVGH, U.v. 16.7.2008 – 14 B 05.2548 – juris Rn. 9).

Demnach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung der von ihr geltend gemachten Gesundheitsbeschädigungen – Beinverkürzung von 1,5 cm, mäßige Arthrose im rechten Hüftgelenk, Femoralisneuralgie rechts –, da sie diese erst nach Verstreichen der Ausschlussfrist mitgeteilt hat.

Die Zehnjahresfrist endete am 5. Dezember 2007. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin sich nur einmal telefonisch mit der Dienstunfallfürsorgestelle in Verbindung gesetzt und von einem „Schnappen“ der Hüfte berichtet. Diese fernmündliche Anzeige genügt zwar grundsätzlich den formellen Anforderungen an die Anzeige weiterer Folgen eines anerkannten Dienstunfalls, da § 45 BeamtVG – anders als Art. 47 Abs. 1 BayBeamtVG – keine bestimmte Form vorschreibt. Wird der Beamte auf die mündliche Anzeige hin aber vom Dienstherrn aufgefordert, weitere ärztliche Unterlagen vorzulegen, trifft ihn eine Mitwirkungsobliegenheit. Kommt er der Aufforderung nicht in angemessener Frist nach, dann darf der Dienstherr die Anzeige als erledigt und keine Rechtsfolgen auslösend betrachten und muss kein förmliches Untersuchungsverfahren einleiten. Wenn der Beamte – aus welchen Gründen auch immer – davon absieht, einen Arzt zu konsultieren oder die ärztlichen Unterlagen der Dienstunfallfürsorgestelle nicht zur Verfügung stellt, dann bringt er damit zum Ausdruck, dass er kein Interesse an der Geltendmachung der Körperschäden als Dienstunfallfolgen hat. Der Dienstherr ist insbesondere nicht verpflichtet, den Beamten erstmalig untersuchen zu lassen, obwohl er mangels ärztlichen Attests weder Anhaltspunkte dafür hat, dass die Beschwerden Krankheitswert erlangt haben noch dafür, dass eine Kausalität zwischen den Beschwerden und dem Dienstunfall bestehen könnte. Er erfüllt in einem solchen Fall seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung in hinreichender Weise dadurch, dass er die Vorlage von ärztlichen Attesten verlangt. Auch eine erneute Anfrage ist nicht notwendig, da davon ausgegangen werden darf, dass der Beamte das Verwaltungsverfahren in diesem Stadium in eigenem Interesse vorantreiben wird.

Der Aufforderung, Atteste oder Rechnungen vorzulegen, kam die Klägerin erst 23 Monate nach ihrem Anruf beim Landesamt für Finanzen nach. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Anzeige weiterer Dienstunfallfolgen vom 2. Oktober 2007 nach den oben ausgeführten Maßstäben erledigt, so dass die Vorlage der Rechnung aus dem Jahre 2009 als neue Anzeige von Dienstunfallfolgen zu werten ist. Insbesondere stellen die ärztlichen Unterlagen keine Konkretisierung der telefonischen Anzeige vom 2. Oktober 2007 dar, da zwischen der Anzeige und der Vorlage der ärztlichen Unterlagen ein gewisser zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Attest vom 4. September 2009 dieselben Beschwerden beschreibt und konkretisiert, die bereits am 2. Oktober 2007 bestanden haben sollen.

Die Vorlage der Rechnungen mit Schreiben vom 29. September 2009 stellt damit eine neue Anzeige von Dienstunfallfolgen dar, die jedoch die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nicht wahrt. Die Klägerin kann folglich auch die motorischen Beschwerden – denn allenfalls diese wurden durch das „Schnappen“ der Hüfte beschrieben – unabhängig von ihrer Dienstunfallbedingtheit als Dienstunfallfolgen nicht mehr geltend machen. Hinsichtlich der übrigen Gesundheitsbeeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und den neurologischen Beschwerden besteht nicht nur kein zeitlicher, sondern auch kein inhaltlicher Zusammenhang mit der Anzeige vom 2. Oktober 2007. Selbst bei wohlwollender und laiengünstiger Auslegung können diese Erkrankungen nämlich nicht von dem Terminus „Schnappen der Hüfte“ umfasst werden. Die durch das Fehlen einer schriftlichen Anzeige entstandenen Ungenauigkeiten und Beweisschwierigkeiten gehen hier zu Lasten der Klägerin (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 7. Aufl. 2011, § 13 Rn. 73).

Wenn die Klägerin vorträgt, sie habe zunächst selbst erst medizinische Aufklärung betreiben müssen, deren Dauer ihr nicht zum Nachteil gereichen dürfe, so greift dieses Argument im vorliegenden Fall nicht durch. Von dem Beamten wird nicht erwartet, die Beschwerden und deren Dienstunfallbedingtheit abschließend abzuklären – das ist Aufgabe des durch den Dienstherrn geleiteten Untersuchungsverfahrens. Vielmehr genügt ein allgemein- oder fachärztliches Attest, das die Beschwerden beschreibt, eine (Verdachts-)Diagnose stellt und Hinweise auf eine Dienstunfallbedingtheit der Beschwerden enthält, da dies dem Dienstherrn genügend Anhaltspunkte bietet, den Sachverhalt zu prüfen und gegebenenfalls weiter aufzuklären. Ein solches Attest hätte die Klägerin unschwer in kürzerer Zeit vorlegen können.

Auch aus der Tatsache, dass das Landesamt für Finanzen ein förmliches Untersuchungsverfahren eingeleitet und ein medizinisches Gutachten eingeholt hat, lässt sich kein Anspruch auf Anerkennung der Dienstunfallfolgen begründen. Auch wenn von Seiten des Dienstherrn Ermittlungen vorgenommen wurden, die sich rückblickend als unnötig erwiesen haben, lässt sich aus der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens kein Vertrauenstatbestand hinsichtlich des Bestehens des materiellen Anspruchs begründen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124, § 124a VwGO).  

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.