BGH, Urteil vom 10.11.1967 - 4 StR 512/66
Titel
Bahnpolizeibeamten-Fall
Fundstelle
openJur 2010, 885
  • Rkr:
Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 25./27. April 1966 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

Die Strafkammer hat den Angeklagten wegen Beleidigung in 23 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit übler Nachrede und leichtfertig falscher Anschuldigung, in zwei anderen Fällen in Tateinheit mit Widerstand gegen die Staatsgewalt, ferner wegen übler Nachrede in Tateinheit mit leichtfertig falscher Anschuldigung in zwei Fällen, wegen wissentlich falscher Anschuldigung in zwei Fällen, wegen leichtfertig falscher Anschuldigung in Tateinheit mit übler Nachrede und politischer übler Nachrede sowie wegen Beamtennötigung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gewahrsamsbruch, zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren Gefängnis und zu sechs Geldstrafen verurteilt. Die vom Angeklagten erlittene Untersuchungshaft und die Zeit seiner einstweiligen Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt hat sie auf die Gefängnisstrafe angerechnet. Sie hat die sichergestellten Flugblätter einschließlich der Entwürfe eingezogen und angeordnet, daß sie und die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Außerdem hat sie den öffentlich beleidigten und den durch falsche Anschuldigung verletzten Personen sowie den amtlichen Vorgesetzten beleidigter Richter und Beamter die Befugnis zugesprochen, die Verurteilung auf Kosten des Angeklagten bekannt zu machen.

Die Revision des Angeklagten beanstandet das Verfahren und rügt Verletzung sachlichen Rechts. Sie hat keinen Erfolg.

I. Verfahrensvoraussetzungen.

1.) Gegenstand des Verfahrens sind u.a. Vergehen der Beleidigung, üblen Nachrede und leichtfertig falschen Anschuldigung durch Verbreitung von Flugblättern. Hierfür galt bis zum 30. Juni 1966 gemäß § 22 Pressegesetz in der Fassung des Gesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBl. 1935, 839) die einjährige Verjährungsfrist; seit dem 1. Juli 1966 gilt gemäß §§ 25, 27 des Pressegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 1966 (GVBl NW 1966, 340) die halbjährige Verjährungsfrist. Die Verjährung dieser Fristen ist in allen Fällen jeweils rechtzeitig unterbrochen worden (§ 68 Abs. 1 und 3 StGB).

2.) Die zur Verfolgung der abgeurteilten Straftaten notwendigen Strafanträge sind rechtzeitig gestellt worden. Für den Fall I 2 b der Urteilsgründe, bei dem die Verteidigung in der Hauptverhandlung vor dem Senat die Rechtzeitigkeit allein noch in Zweifel gezogen hat, ergibt sich dies aus Band I Blatt 1, 7, 22 und 26 der Akten. Danach hat der Oberlandesgerichtspräsident in H. wegen des beleidigenden Inhalts der von der Mutter des Angeklagten unterschriebenen Eingabe vom 3. Juni 1962 Strafantrag auch gegen den Angeklagten zwar erst am 28. November 1962, also nach mehr als drei Monaten gestellt. Daß der Angeklagte diese Eingabe "mindestens weitgehend entworfen und eigenhändig auf seiner Schreibmaschine geschrieben" hatte (UA 127) und deshalb neben oder an Stelle seiner Mutter als Täter der Beleidigung in Betracht kam, hatte der Oberlandesgerichtspräsident aber erst aus einem am 20. November 1962 bei der Staatsanwaltschaft in M. eingegangenen Schreiben der Mutter erfahren. Die Antragsfrist ist mithin auch in diesem Fall gewahrt (§ 61 StGB). Auf Feststellungen im Urteil kommt es insoweit nicht an. Der Strafantrag ist eine Bedingung der Verfolgbarkeit, also eine Verfahrensvoraussetzung, deren Vorliegen das Revisionsgericht an Hand der Akten von Amts wegen zu prüfen hat (BGHSt 6, 155, 156).

II. Verfahrensrügen.

1.) Die Rüge vorschriftswidriger Besetzung der erkennenden II. Großen Strafkammer wegen fehlerhafter Übertragung des Vorsitzes an Landgerichtsdirektor R. im Jahre 1965 haben die Verteidiger in der Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

2.) Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Revision, daß über die am 24. Mai 1965 gegen die drei Berufsrichter des erkennenden Gerichts, die Landgerichtsräte M. und B. sowie Gerichtsassessor S., angebrachten Ablehnungsgesuche ohne Landgerichtsdirektor Dr. K. entschieden, die Zurückweisung dieser Gesuche damit durch eine nicht vorschriftsmäßig besetzte Kammer beschlossen worden sei (§§ 27, 338 Nr. 1 und 3 StPO).

In der Hauptverhandlung vom 24. Mai 1965 lehnte der Angeklagte zunächst die Landgerichtsräte M. und B. und, nachdem er darüber unterrichtet worden war, daß über die Zulässigkeit der Ablehnungsgesuche Landgerichtsdirektor Dr. K., Landgerichtsrat M. und Gerichtsassessor S. zu entscheiden hätten, auch Gerichtsassessor S. und schließlich Landgerichtsdirektor Dr. K., insoweit für die Entscheidung über die gegen die erkennenden Richter gerichteten Ablehnungsgesuche, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Über sämtliche Ablehnungsgesuche entschieden daraufhin am selben Tage die Landgerichtsräte M.: und Dr. S. -R. sowie Gerichtsassessor T. durch einheitlichen Beschluß dahin, daß die Ablehnung der Landgerichtsräte M. und B. und des Gerichtsassessors S. wegen Verspätung unzulässig und die des Landgerichtsdirektors Dr. K. unbegründet sei. Dieser Beschluß wurde in der Hauptverhandlung vom 25. Mai 1965 verkündet.

Mit Recht beanstandet die Revision allerdings dieses Verfahren.

Bedenken gegen die Zuständigkeit der beschließenden Kammer bestehen zwar nicht deshalb, weil § 27 StPO sich seinem Wortlaut nach nur auf den Fall der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs als unbegründet bezieht und die abgelehnten Richter der erkennenden Kammer die Ablehnungsgesuche gemäß § 26 a Abs. 2 StPO auch selbst als unzulässig hätten verworfen können. Mit der Einführung des § 26 a StPO und der Neufassung der §§ 27 und 28 StPO sollte den abgelehnten Richtern nur die Möglichkeit einer solchen Verwerfung gegeben werden. Ist jedoch einmal ein Ablehnungsgesuch von der erkennenden Kammer als zulässig angesehen und in das Zwischenverfahren übergeleitet worden, so kann es auch noch von dem nach § 27 StPO zuständigen beschließenden Gericht als unzulässig verworfen werden, wenn die Voraussetzungen dazu gegeben sind (vgl. KM Müller/Sax 6. Aufl. § 27 StPO Bem. 5; Schwarz/Kleinknecht 27. Aufl. § 27 StPO Bem. 7).

Fehlerhaft war es jedoch, über alle vier Ablehnungsgesuche durch einheitlichen Beschluß zu entscheiden. Diese Gesuche hatten nicht den gleichen Rang. Auch mit dem gegen Landgerichtsdirektor Dr. K. gerichteten Gesuch bezweckte der Angeklagte letzten Endes zwar nichts anderes als die Ausschaltung der drei erkennenden Richter. Gleichwohl mußte denkgesetzlich über dieses Gesuch ohne Rücksicht auf die zeitliche Reihenfolge der Antragstellung vorab entschieden werden; denn erst wenn die äußeren Voraussetzungen für die Entscheidung über die Ablehnungsgesuche gegen die erkennenden Richter erfüllt waren, wenn geklärt war, in welcher Besetzung über diese Gesuche zu beschließen war, konnten sie in der Sache selbst beschieden werden. Hätte die beschließende Kammer die Ablehnung Dr. K. für begründet gehalten, hätte sie zwar in derselben Besetzung auch über die anderen Gesuche entscheiden müssen; ob das dann durch einheitlichen Beschluß geschehen konnte, bedarf hier nicht der Entscheidung. Nachdem sie jedoch die Ablehnung Dr. K. für unbegründet erachtet hatte, hätte sie die notwendigen Folgerungen daraus ziehen müssen: Die Entscheidung war Dr. K. bekanntzumachen (BGHSt 15, 384, 385); mit ihm war alsdann die Kammer zu bilden, die über die Ablehnungsgesuche gegen die erkennenden Richter zu entscheiden hatte. Denn wenn ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt worden ist, muß der abgelehnte Richter, gleichgültig ob er erkennender oder nicht erkennender Richter ist, alsbald wieder bei der Untersuchung und Entscheidung mitwirken. Das folgt aus § 29 StPO (vgl. auch KM aaO Bem. 4; Schwarz/Kleinknecht aaO Bem. 7). Daß dieses Verfahren zu einer gewissen Verzögerung im Ablauf der Hauptverhandlung führen kann, wird nicht übersehen. Indessen ist dieser Gesichtspunkt nicht so bedeutungsvoll, daß er es rechtfertigen würde, die den gesetzlichen Richter bestimmenden allgemeinen Merkmale unberücksichtigt zu lassen und statt dessen die Bestimmung des Richters, der über Ablehnungsgesuche gegen erkennende Richter beschließen soll, letzten Endes dem beschließenden Richter selbst zu überlassen. Das wäre aber der Fall, wenn den beschließenden Richtern freigestellt wäre, über ein Ablehnungsgesuch gegen einen für diese Entscheidung zunächst berufenen Richter nicht vorab, sondern gleichzeitig mit der Entscheidung über die anderen Ablehnungsgesuche zu beschließen.

Die Tatsache allein, daß über die Ablehnungsgesuche in fehlerhafter Besetzung entschieden worden ist, begründet indessen die Revision noch nicht. Der unbedingte Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die Ablehnungsgesuche auch sachlich gerechtfertigt waren (vgl. BGHSt 18, 200 mit Nachweisen). Das ist nicht der Fall.

Voraussetzung für die Zulässigkeit und damit auch für die sachliche Prüfung eines Ablehnungsgesuches ist, daß es rechtzeitig angebracht worden ist (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO). Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO in der seit dem 1. April 1965 geltenden Fassung (Art. 14 (7), 16 StPÄG vom 19. Dezember 1964) ist die Ablehnung eines Richters ohne Einschränkung nur bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache zulässig. Nach diesem Zeitpunkt darf ein Richter nur noch abgelehnt werden, wenn die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekannt geworden§$$§ sind und die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird (§ 25 Abs. 2 StPO). "Unverzüglich" bedeutet nach dem auch in die Begriffsbestimmung des § 121 BGB eingegangenen Sprachgebrauch ein Handeln "ohne schuldhaftes Zögern" (vgl. auch Grimm's Wörterbuch Bd. 11 Abtlg. 3 Sp. 2136), d.h. sobald als möglich, ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung (vgl. Dünnebier in Löwe/Rosenberg 21. Aufl. § 114 a StPO Bem. 5 b; KM aaO § 115 StPO Bem. 1 c).

Der Angeklagte hat die Ablehnungsgesuche auf Entscheidungen gestützt, die die Landgerichtsräte M. und B. im Vor- und im Sicherungsverfahren gegen ihn getroffen haben sowie - abgesehen von einem Telefongespräch, das Landgerichtsrat M. mit der Rechtsanwältin B. am 2. November 1964 geführt haben soll -, auf Ereignisse, die sich in der Hauptverhandlung am 4. Mai und am 11. Mai 1965 zugetragen haben sollen, nachdem am 10. Mai 1965 mit seiner Vernehmung zur Sache begonnen worden war (Bd. XVI Bl. 6). Daß er von dem Inhalt des Telefongesprächs erst später erfahren habe, hat er nicht glaubhaft gemacht (§ 26 Abs. 2 Satz 1 StPO). Hiernach hätte der Angeklagte aber die früheren Ereignisse spätestens am 10. Mai 1965, den Vorfall vom 11. Mai 1965 entweder noch an diesem Tage, spätestens jedoch am nächsten Verhandlungstag (12. Mai 1965), und nicht erst am 24. Mai 1965 durch Ablehnungsgesuche rügen müssen, wenn er sich erfolgreich auf sie berufen wollte. Die Rüge greift also nicht durch.

3.) Die Mitwirkung des Gerichtsassessors S. war auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Strafkammer das gegen ihn am 4. Mai 1965 wegen seiner dienstlichen Tätigkeit als Berichterstatter in dem bürgerlichen Rechtsstreit der Witwe U. B. gegen Ihren Schwager C. B. (20 37/64 LG Münster) aus Besorgnis der Befangenheit angebrachte Ablehnungsgesuch zurückgewiesen hat (§ 24, 338 Nr. 3 StPO).

In diesem Rechtsstreit, dem zum Teil derselbe Sachverhalt wie dem vorliegenden Strafverfahren zu Grunde liegt, ist C. B. im ersten Rechtszug am 8. April 1964 verurteilt worden, die Behauptung zu unterlassen und zu widerrufen, der am 25. August 1961 verstorbene Rechtsanwalt B. sei durch fremde Hand unter Beteiligung der Klägerin getötet worden. Im Berufungsrechtszug hat das Oberlandesgericht H. das Ruhen des Verfahrens bis zum Ausgang des Strafverfahrens angeordnet.

Der Angeklagte hat Gerichtsassessor S. abgelehnt, weil die Richter der Zivilkammer ihrer Entscheidung das nach seiner - im einzelnen erläuterten - Ansicht unzulängliche Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft zugrundegelegt, andererseits aber für die Entscheidung maßgebliche Gesichtspunkte außer acht gelassen oder ohne genauere Prüfung abgetan hätten.

Mit Recht hat die Strafkammer dieses Gesuch als unbegründet zurückgewiesen. Die Einwendungen der Revision gehen fehl.

Zweifelhaft ist schon, ob die Rüge ordnungsmäßig erhoben ist. Wenn auch die Frage, ob ein Ablehnungsgesuch mit Recht zurückgewiesen worden ist, nach den für die Beschwerde geltenden Grundsätzen zu entscheiden ist (BGH JR 1957, 68), so unterliegt doch die Revisionsrüge als Verfahrensrüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (RG HRR 1925 Nr. 977; BGH Urteil vom 17. November 1964 - 1 StR 435/64 - insoweit in BGHSt 20, 109 nicht abgedruckt). Das gilt sogar dann, wenn das Urteil wegen Verletzung einer Grundrechtsnorm über das Verfahren angegriffen wird (BGHSt 19, 273). Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Das hat so vollständig und genau zu geschehen, daß das Revisionsgericht auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden (BGHSt 3, 213, 214). Vorliegend teilt die Revision zwar den Ablehnungsbeschluß vollinhaltlich mit, das Ablehnungsgesuch dagegen nur ausschnittsweise, nämlich die Seiten 19 ff. Im übrigen nimmt sie Bezug und vermittelt danach durch die Rechtfertigungsschrift allein kaum einen zur Entscheidung über die Rüge ausreichenden Sachverhalt. Einer abschließenden Erörterung insoweit bedarf es indessen nicht, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.

Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist nach § 24 Abs. 2 StPO nur gerechtfertigt, wenn der Angeklagte auf Grund des ihm bekannten Sachverhalts auch bei verständiger Würdigung der Sache Grund zu der Annahme hat, der abgelehnte Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne (RGSt 61, 67; BGHSt 1, 34, 36; 21, 85, 86). Wenn es danach für die Prüfung der Ablehnungsfrage auch auf den Standpunkt des Angeklagten ankommt, so bedeutet das doch nicht, daß etwa nur seine eigene Einstellung maßgebend sei. Der Angeklagte muß vielmehr vernünftige Gründe für sein Ablehnungsbegehren vorbringen, die jedem unbeteiligten Dritten einleuchten (BGH JR 1957, 68). Es kommt also auf den Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten an (vgl. RGSt 65, 40, 43; BGH Urteil vom 27. Januar 1965 - 3 StR 591/54 - bei Dallinger MDR 1955, 270; BGH NJW 1961, 2069).

Mit Recht ist die Strafkammer hiernach davon ausgegangen, daß Gerichtsassessor S. nicht allein schon deswegen als befangen angesehen werden kann, weil er früher in einem anderen Verfahren mitgewirkt hat, in dem dieselben Vorgänge wie in dem jetzigen Verfahren eine Rolle spielen (vgl. auch RG LZ 1915 Sp. 846 Nr. 29; RG DRiZ 1927 Nr. 423; RGSt 59, 409, 410; BGH Urteil vom 9. Juli 1953 - 5 StR 127/53). Für einen Richter ist es in der Regel selbstverständlich, daß er in der neuen Sache sein Urteil nur auf Grund der neuen Verhandlung bildet; normalerweise kann davon auch der vernünftige Angeklagte ausgehen. Diese Auffassung ist in der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs sogar ständig bei den Richtern vertreten worden, die in demselben Verfahren bei einer Zwischenentscheidung (vgl. RG JW 1929, 263; BGH GA 1962, 282) oder bei einem früheren Urteil mitgewirkt haben, das wegen irriger Rechtsauffassung vom Revisionsgericht aufgehoben worden ist (vgl. RGSt 65, 40, 42, 43; BGH JR 1957, 68). Sie hatte in der früheren Fassung des § 354 Abs. 2 StPO im Gesetz selbst ihren Niederschlag gefunden, wonach aufgehobene Strafsachen durch das Revisionsgericht in der Regel wieder an diejenigen Gerichte zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen waren, deren Urteile aufgehoben wurden. Diese Bestimmung ist zwar durch das Strafprozeßänderungsgesetz vom 9. Dezember 1964 dahin geändert worden, daß die Sachen nunmehr an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichts, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen sind. Das bedeutet jedoch nicht, daß der Gesetzgeber neuerdings davon ausginge, der Richter, der bei einer aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt habe, sei allein schon deswegen für die neue Verhandlung und Entscheidung in der Sache befangen. Das hat der Senat in seinem Urteil vom 9. September 1966 (BGHSt 21, 142) im Anschluß an zwei Entscheidungen des 2. Strafsenats (vgl. BGHSt 20, 252, 253 und NJW 1966, 1718) unter Ablehnung der abweichenden Ansicht von Dahs (NJW 1966, 1691, 1694 ff) bereits eingehend dargelegt. Auf diese Entscheidungen wird verwiesen. Die Verteidigung hat demgegenüber angeführt, in den Fällen des § 354 Abs. 2 StPO sei der Richter immerhin und zu allererst an die Weisungen des Revisionsgerichts gebunden (§ 358 Abs. 1 StPO), während der Richter, der sich - wie Gerichtsassessor S. - durch ein Urteil im Zivilprozeß festgelegt und nunmehr denselben Sachverhalt im Strafverfahren zu beurteilen habe, schrankenlos seiner bereits festgelegten Meinung folgen könne und deshalb eher zur Voreingenommenheit neige. Auch diese Erwägung rechtfertigt es indessen nicht, einen Richter allein schon wegen der Tatsache seiner früheren dienstlichen Beschäftigung mit demselben Sachverhalt für befangen anzusehen. Wäre diese Tatsache für sich bereits ein Ablehnungsgrund, so würde dieser Grund in solchen Fällen immer vorliegen, und die frühere dienstliche Tätigkeit des Richters hätte in Wahrheit die Bedeutung eines Ausschließungsgrundes. Wäre der Gesetzgeber aber hiervon ausgegangen, so müßte angenommen werden, daß er den gesetzlichen Ausschluß des mit der Sache bereits anderweit dienstlich beschäftigt gewesenen Richters ausdrücklich bestimmt und in gleicher Weise in die Vorschrift des § 23 StPO aufgenommen hätte, wie er ihn beispielsweise durch das Strafprozeßänderungsgesetz vom 19. Dezember 1964 bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren für den Richter angeordnet hat, der bei einer durch einen Wiederaufnahmeantrag angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hatte. Das hat der Gesetzgeber indessen nicht getan, obwohl ihm die höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage bekannt war, ebensowenig wie er den gesetzlichen Ausschluß für den Richter angeordnet hat, der in derselben Sache bereits als Haftrichter tätig war oder das Hauptverfahren eröffnet hatte und gleichfalls nicht weisungsgebunden ist. In allen solchen Fällen müssen vielmehr über die Tatsache der früheren dienstlichen Beschäftigung mit demselben Sachverhalt hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei einem vernünftigen Angeklagten die Befürchtung begründen können, der Richter werde nicht unvoreingenommen an die Prüfung seines Falles herangehen (vgl. auch RGSt 59, 409, 410; RG JW 1929, 263).

Solche Umstände sind hier, wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat, weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere liegt darin, daß die Zivilkammer bei ihrer Entscheidung das Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen berücksichtigt, hingegen weitere Ermittlungen, die der Angeklagte für notwendig gehalten haben mag, nicht angeordnet hat, keine Pflichtwidrigkeit. Es lag in ihrem freien, selbst im Revisionsrechtszug nicht nachprüfbaren Ermessen, von der Einnahme des Augenscheins sowie der Erhebung von Sachverständigenbeweisen nach § 144 ZPO abzusehen (RG LZ 1933, Sp. 1032, 1033). Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß sie sich hierbei von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und nicht im Rahmen ihrer freien richterlichen Überzeugung (§ 286 ZPO) entschieden hat. Soweit die Revision anführt, daß Gerichtsassessor S durch seine Mitwirkung im Strafverfahren die Möglichkeit haben werde, im Zivilverfahren als Richter des ersten Rechtszuges das Urteil des zweiten Rechtszuges zu beeinflussen, übersieht sie schon, daß dieser Umstand allenfalls für den Zivilrechtsstreit von Bedeutung sein kann, an dem der Angeklagte nicht beteiligt ist. Für das vorliegende Strafverfahren rechtfertigt sich daraus für ihn kein Ablehnungsgrund.

4.) Zu Unrecht rügt die Revision die Mitwirkung des vom Angeklagten in der Hauptverhandlung insgesamt viermal wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Schöffen B. (§§ 24, 31, 338 Nr. 3 StPO).

a) Im ersten, in der Hauptverhandlung vom 25. Mai 1965 angebrachten Ablehnungsgesuch führte der Angeklagte an, wie er erst am 13. Mai 1965 erfahren habe, sei Architekt B. nicht nur ein langjähriger vertrauter Mandant von Rechtsanwalt und Notar Dr. P., er solle mit diesem auch gemeinsam Grundstücksgeschäfte "arrangiert" haben, die zum Teil Gegenstand der von ihm, dem Angeklagten, gegenüber Dr. P. erhobenen Vorwürfe seien. Architekt B., auf dessen Zeugnis sich der Angeklagte bezog, erklärte in seiner, dem Angeklagten vor der Entscheidung nicht bekanntgegebenen dienstlichen Äußerung, daß zwischen ihm und Dr. P. kein freundschaftliches Verhältnis, sondern - ebenso wie zu dessen Ehefrau - nur geschäftliche Beziehungen bestanden hätten.

Mit Recht hat die Strafkammer dieses Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen, weil die Ablehnung entgegen § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO nicht unverzüglich geltend gemacht worden ist (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO). Es kann dahinstehen, ob das Gesuch, wovon die Strafkammer ausgeht, in der Hauptverhandlung vom 24. Mai 1965 angebracht werden konnte, oder ob dies, wie die Revision behauptet, nicht möglich war und von der Verteidigung vergeblich versucht worden ist. Da dem Angeklagten, wie er selbst vorgetragen hat, der Ablehnungsgrund bereits am 13. Mai 1965 bekannt geworden war, hätte er mit seiner Geltendmachung ohnehin nicht bis zum nächsten Hauptverhandlungstag, dem 24. Mai 1965 warten dürfen, sondern sein Gesuch bereits zu Beginn der voraufgegangenen Woche außerhalb der Hauptverhandlung zu Protokoll der Geschäftsstelle anbringen müssen; diese Möglichkeit ist in § 26 Abs. 1 Halbsatz 2 StPO ausdrücklich vorgesehen (vgl. auch Schorn GA 1963, 173; KM aaO § 26 StPO Bem. 1; Dünnebier aaO § 26 Bem. 3 a). Daß er daran durch Umstände gehindert war, die ihm billigerweise nicht zur Last gelegt werden können, hat er in seinem Gesuch weder behauptet noch glaubhaft gemacht (§ 26 Abs. 2 Satz 1 StPO). Auf die Erklärungsversuche seiner Verteidiger in der Verhandlung vor dem Senat, daß der Angeklagte die ihm von einem Mittelsmann zugetragenen Tatsachen erst auf ihre Richtigkeit habe überprüfen und die Sitzungspause zudem zur Vorbereitung seiner weiteren Verteidigung habe benutzen wollen, kommt es schon aus diesen Gründen nicht an. Im übrigen wendet sich die förmliche Regelung des Ablehnungsverfahrens mit dem besonderen Verlangen nach unverzüglicher Geltendmachung des einmal in Erfahrung gebrachten Ablehnungsgrundes entgegen dem Vorbringen der Verteidigung nicht allein gegen eine mißbräuchliche Zurückhaltung von Ablehnungsgründen bis zum Schluß der Beweisaufnahme. Die Regelung dient vielmehr der Prozeßwirtschaftlichkeit überhaupt. Vor allem anderen ist deshalb zuerst die Frage nach dem zuständigen Richter, das heißt zu klären, ob das Gericht in der bisherigen Besetzung weiter verhandeln darf. Bei der Auslegung des Begriffs "unverzüglich" ist daher ein strenger Maßstab anzulegen. Hätte der Angeklagte, was ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Ablehnungsgrund alsbald zu Protokoll der Geschäftsstelle vorgebracht, so hätte die Entscheidung darüber vor dem nächsten Hauptverhandlungstag getroffen und die Verhandlung in der Sache selbst entsprechend dem Zweck der förmlichen Regelung des Ablehnungsverfahrens ohne - vermeidbare - Verzögerung fortgesetzt oder abgebrochen werden können. Das Gesuch ist also in jedem Falle verspätet gestellt worden.

Darum ist es auch für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, daß die Strafkammer vor ihrer Entscheidung dem Angeklagten den Inhalt der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Schöffen nicht bekanntgegeben hat, was die Revision mit Recht als fehlerhaft bezeichnet (BGHSt 21, 85, 87).

b) Zur Begründung seines zweiten Ablehnungsgesuchs brachte der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 16. Februar 1966 folgendes vor: Er habe in der letzten Woche erfahren, daß der Schöffe B. kürzlich in einem Friseursalon auf der H. -Straße auf die Anregung des Inhabers, doch endlich nach einem vollen Jahr das überlange Verfahren gegen den armen W. einzustellen oder sonstwie zu beenden, erklärt habe: "Wo denken Sie denn hin! Das kommt gar nicht in Frage! Das wäre ja noch schöner! Davon kann gar keine Rede sein! So geht's ja nun nicht!" Außerdem seien zwischen den Kunden Zeitungsberichte über die Äußerung des Professors Dr. Dr. K. erörtert worden, wonach dieser glücklich wäre, wenn es zwölf W. s in der Bundesrepublik gäbe. Dazu habe B. gesagt: "Der bekommt auch noch sein Verfahren; ich glaube, es läuft schon". Bei einer anderen Gelegenheit habe B. erklärt, daß er über die Verteidigung des Angeklagten durch Rechtsanwalt Dr. F. sehr verärgert sei. Zur Glaubhaftmachung hat sich der Angeklagte auf das Zeugnis des Schöffen B. - und "notfalls auf die eidliche Vernehmung des Friseurmeisters sowie der weiteren an den Gesprächen beteiligten Personen" bezogen, deren Namen er jedoch nicht angegeben hat.

Architekt B. hat hierzu dienstlich erklärt: Vor etwa drei Wochen sei ihm von dem Friseurmeister I. in dessen Geschäft die lange Prozeßdauer vorgehalten worden. Er habe I. klarzumachen versucht, daß alles so ablaufen müsse, um zu einer objektiven Urteilsfindung zu kommen; die behaupteten Redewendungen habe er nicht gebraucht; mit anderen Friseurkunden habe er nicht gesprochen. Zu den Zeitungsberichten über Professor Dr. Dr. K. habe er sinngemäß gesagt, daß die Balken-Überschrift "12 W." natürlich aufgefallen sei, nicht dagegen, daß Professor Dr. Dr. K. deswegen ein Verfahren bekommen werde. Eine Äußerung über Rechtsanwalt Dr. F. sei ihm nicht bekannt.

Die Strafkammer hat das Ablehnungsgesuch mit der Begründung zurückgewiesen, nach der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Schöffen lägen keine Gründe vor, die etwa aus der Sicht des Angeklagten geeignet erscheinen könnten, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Schöffen aufkommen zu lassen; die darüber hinaus in dem Ablehnungsgesuch angeführten tatsächlichen Anhaltspunkte, aus denen die Besorgnis der Befangenheit hergeleitet werden solle, seien nicht glaubhaft gemacht, die Benennung der Zeugen in der vorliegenden Form genüge dazu nicht.

Zu Unrecht bekämpft die Revision diese Entscheidung.

Wie die Verteidiger in der Verhandlung vor dem Senat eingeräumt haben, ist die Behauptung unrichtig, die Strafkammer habe vor der Entscheidung die dienstliche Äußerung des Schöffen nicht zur Verlesung gebracht (vgl. Protokoll Bd. XVIII Bl. 899). Den an diese Behauptung anknüpfenden rechtlichen Ausführungen ist daher die Grundlage entzogen.

Auch im übrigen entspricht die Entscheidung dem Gesetz. Neben der rechtzeitigen Anbringung ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs, daß der Ablehnungsgrund glaubhaft gemacht wird (§§ 26 Abs. 2, 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO). Was dazu im einzelnen erforderlich ist, sagt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich. Es bestimmt lediglich, daß der Eid als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen sei (§ 26 Abs. 2 Satz 2 StPO), dazu aber - wie es auch hier geschehen ist - auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden könne (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO). Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung und im Einklang mit den Motiven zu § 26 StPO (vgl. Hahn, Materialien, Erste Abteilung, 2. Aufl. zu § 20 des Entwurfs) ist jedoch davon auszugehen, daß eine (förmliche) Beweisaufnahme über diesen Zwischenpunkt, weil er die Hauptsache verzögert, nach Möglichkeit vermieden werden und es letztlich dem verständigen Ermessen des Gerichts überlassen bleiben soll, ob und wann es im Einzelfall die dem Ablehnungsgesuch zu Grunde gelegten Tatsachen für wahrscheinlich halten will. Ihm muß deshalb auch die Wahl der Mittel überlassen bleiben, durch die es sich die Kenntnis von dem Bestehen oder Nichtbestehen der behaupteten Tatsachen verschaffen will. Daraus folgt, daß einerseits zwar zur Glaubhaftmachung alle Beweismittel verwendet werden dürfen, soweit sie nicht, wie etwa der Eid, ausgeschlossen sind (vgl. RGSt 28, 8, 10 ff), daß andererseits aber der Antragsteller dem Gericht mit dem verwendeten Beweismittel den Ablehnungsgrund auch glaubhaft "machen", d.h. es in die Lage versetzen muß, ohne den Fortgang des Verfahrens verzögernde weitere Ermittlungen über das Gesuch zu entscheiden. Abgesehen von der Bezugnahme auf das Zeugnis des abgelehnten Richters oder Schöffen (§ 31 StPO), die sofort gehört werden können, reicht deshalb die bloße Bezeichnung eines Beweismittels wie etwa die Benennung eines Zeugen in der Regel zur Glaubhaftmachung nicht aus. Der Antragsteller muß mindestens eine schriftliche Erklärung des Zeugen beibringen. Nur wenn ihm das nicht möglich ist, sei es, daß ihm der Zeuge die schriftliche Bestätigung verweigert, sei es, daß er ihn nicht unverzüglich erreichen kann und er wenigstens dies glaubhaft macht, genügt die Bezugnahme auf das Zeugnis (vgl. BayObLG JZ 1956, 340, 341; Schwarz/Kleinknecht a.a.O., § 26 StPO Bem. 4; Schorn a.a.O. S. 174). So lag es indessen hier nicht. Schon deshalb mußte die von der Revision vermißte weitere Aufklärung durch Vernehmung des im Gesuch vom 16. Februar 1966 nicht einmal namentlich genannten Friseurmeisters außer Betracht bleiben. "Glaubhaft gemacht" hatte der Angeklagte sein Ablehnungsvorbringen allein durch die Bezugnahme auf das Zeugnis des abgelehnten Schöffen. Mit Recht hat die Strafkammer deshalb die Frage, ob der Schöffe B. befangen sei, ausschließlich auf Grund des von ihm geschilderten, allein glaubhaft gemachten Sachverhalts beurteilt und danach eine Befangenheit mit zutreffenden Erwägungen verneint. Eine Verpflichtung, von Amts wegen auf weitere Glaubhaftmachung hinzuwirken, bestand für das Gericht nicht.

c) Das dritte Ablehnungsgesuch begründete der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 16. März 1966 folgendermaßen:

Unter Vorlegung einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung der Angelika St. vom selben Tage behauptete er, als diese im Sanatorium des Schöffen B. in I. tätig gewesen sei, habe B. sich wiederholt gegenüber Angestellten und Dritten abfällig über ihn, den Angeklagten, geäußert, u.a. in der Halle ... er sei ein Schwerverbrecher und müsse daher schwer bestraft werden. Dazu erklärte der Student R. in einer ebenfalls überreichten eidesstattlichen Versicherung vom 15. März 1966, daß Fräulein St. ihm von den Äußerungen des Schöffen erzählt habe. Außerdem versicherte der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. M. -V. in seiner dienstlichen Äußerung vom 16. März 1966, er sei von Rh. hierüber am Vortage unterrichtet worden und habe wiederum dem Angeklagten erst unmittelbar vor der Hauptverhandlung hiervon Kenntnis gegeben und nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, daß dieser, was er ihm auch versichert habe, von anderer Seite davon früher erfahren habe, weder von Fräulein St., die er nicht gekannt habe, noch von dem ihm bekannten R. Schließlich wiederholte der Angeklagte den bereits mit seinem zweiten Ablehnungsgesuch vorgebrachten Sachverhalt durch Vorlegung einer entsprechenden, auf den 9. Februar 1966 datierten, aber erst am 15. März 1966 unterschriebenen eidesstattlichen Versicherung des Friseurmeisters L. und bezog sich zur weiteren Glaubhaftmachung seines gesamten Vorbringens auf das Zeugnis des abgelehnten Schöffen.

Architekt B. gab folgende dienstliche Erklärung ab: Fräulein St. sei ab 1. April 1965 zur Ableistung eines Praktikums in der Küche seines Sanatoriums angestellt gewesen. Ihre Tätigkeit habe vertraglich zwölf Monate dauern sollen, sei jedoch bei tatsächlicher Beendigung der Beschäftigung am 22. Juni 1965 mit Wirkung vom 31. Juli 1965 beendet gewesen. Mit ihr habe er keine persönlichen Gespräche geführt. Die ihm zur Last gelegte Äußerung habe er nicht getan. Wegen der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Friseurmeisters L. habe er seiner früheren dienstlichen Äußerung nichts hinzuzufügen.

Nachdem der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auf eine mögliche feindliche Einstellung Fräulein St hingewiesen hatte, versicherte diese in einer weiteren Erklärung vom 16. März 1966, daß ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen, insbesondere weder eine Vertragsdauer noch eine Kündigungsfrist vereinbart und das Arbeitsverhältnis nach einem von ihr erlittenen schweren Autounfall von ihren Eltern in beiderseitigem Einverständnis gelöst worden sei und daß es Auseinandersetzungen gegeben habe, weil sie nicht vereinbarte Arbeitsleistungen abgelehnt und auf Mißstände hingewiesen habe.

Die Strafkammer hat das Ablehnungsgesuch vom 16. März 1966 mit folgender Begründung verworfen:

Hinsichtlich der Vorgänge in I. habe der Angeklagte die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens nicht glaubhaft gemacht (§ 26 Abs. 2 Satz 1 StPO). Dafür, daß er hiervon auch von anderer Seite als von seinem Verteidiger nicht früher erfahren habe, reiche seine Versicherung diesem gegenüber umso weniger aus, als die eidesstattliche Versicherung eines Angeklagten als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen sei und die Vorfälle über ein Jahr zurücklägen und durch mindestens zwei Informanten weitergegeben worden seien, von denen der Angeklagte mindestens einen gekannt habe. - Im übrigen sei auch der Ablehnungsgrund selbst nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Konkretisiert sei die eidesstattliche Versicherung von Fräulein St. nur hinsichtlich der Behauptung, der abgelehnte Schöffe habe den Angeklagten als Schwerverbrecher, der schwer bestraft werden müsse, bezeichnet. Die Abgabe einer solchen Äußerung habe der Schöffe selbst in Abrede gestellt. Die eidesstattliche Versicherung von Fräulein St. lasse aber hinsichtlich des Zeitpunktes der behaupteten Äußerung, des Teilnehmerkreises, des Gesprächszusammenhangs und auch der Umstände, unter denen sie selbst die Äußerung gehört haben wolle, alle Einzelheiten vermissen, so daß die objektive Zuverlässigkeit ihrer behaupteten Wahrnehmung nicht auf ihre Wahrscheinlichkeit geprüft werden könne. Schließlich liege der behauptete Vorfall eine geraume Zeit zurück, so daß Erinnerungsverfälschungen nicht ausgeschlossen seien. Das treffe zwar auf alle nach so langer Zeit abgegebene Erklärungen zu; für die Glaubhaftmachung gelte jedoch der Grundsatz, daß im Zweifel zugunsten des Angeklagten zu entscheiden sei, nicht. Die eidesstattliche Versicherung des Friseurmeisters L. enthalte Zusätze wie "oder ähnlich" und "oder". Daraus folge, daß L. sich des genauen Wortlauts der behaupteten Äußerungen des Schöffen nicht sicher sei. Die von ihm wiedergegebenen Äußerungen des Schöffen auf seine Anregung, endlich mit dem uferlos langen Prozeß Schluß zu machen und den armen Angeklagten freizusprechen, deckten sich sinngemäß mit der dienstlichen Äußerung des Schöffen, er habe etwa gesagt, daß alles so verlaufen müsse, um zu einer gerechten Urteilsfindung zu kommen. Daraus könne eine Voreingenommenheit des Schöffen nicht entnommen werden. Ähnliches gelte hinsichtlich der behaupteten Äußerungen des Schöffen in Bezug auf Professor Dr. Dr. K. Auch sie habe der Schöffe in seiner dienstlichen Erklärung in Abrede gestellt. Das Gegenteil könne durch den unsicheren Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung L. weder in der einen noch in der anderen Richtung als glaubhaft gemacht angesehen werden.

Auch gegen diese Entscheidung wendet sich die Revision im Ergebnis zu Unrecht.

Was zunächst die Vorgänge in I. angehen, so teilt der Senat allerdings die Auffassung der Strafkammer nicht, daß der Angeklagte bereits die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung des auf sie gestützten Ablehnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht habe (§§ 26 Abs. 2 Satz 1, 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Insoweit überfordert sie den Angeklagten. Glaubhaftmachen bedeutet: den Wahrscheinlichkeitsbeweis erbringen. Dem Gericht braucht nicht die volle Überzeugung von der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen vermittelt zu werden; vielmehr genügt es, daß ihm durch die beigebrachten Beweismittel in einem nach Lage der Sache vernünftigerweise zur Entscheidung hinreichenden Maße die Wahrscheinlichkeit ihrer Richtigkeit dargetan wird (vgl. auch RGSt 28, 8, 10; BayObLGSt 1955, 223; Eb. Schmidt Lehrkommentar § 26 StPO Rn. 5; KM a.a.O. § 26 Bem. 3 c). Das hat der Angeklagte aber in Bezug auf die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung dieses Ablehnungsgrundes durch die überreichte dienstliche Äußerung seines Verteidigers getan. Sie schloß, richtig verstanden, auch die Möglichkeit aus, daß er von dem Studenten R. vorher unterrichtet worden war. Auf welche Weise er sonst noch hätte dartun können, daß er - auch von dritter Seite - vom Ablehnungsgrund nicht früher erfahren habe, ist nicht ersichtlich. Zutreffend weist die Revision im übrigen auf den Eifer hin, mit dem der Angeklagte bis dahin jede Gelegenheit zur Ablehnung von Richtern wahrgenommen hatte; es ist mehr als unwahrscheinlich, daß er die von ihm aus anderen Gründen bisher vergeblich betriebene Ablehnung des Schöffen B. nicht schon früher auch auf die behaupteten Vorfälle in I. gestützt hätte, wenn sie ihm bekannt gewesen wären. Wegen mangelnder Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Vorbringens dieses Ablehnungsgrundes durfte die Strafkammer daher das Ablehnungsgesuch nicht verwerfen.

Der Fehler ist jedoch für die Entscheidung bedeutungslos; denn mit Recht hat die Strafkammer die Zurückweisung des Gesuchs außerdem damit begründet, daß der Angeklagte den Ablehnungsgrund selbst nicht glaubhaft gemacht habe. Er hat zwar dafür die förmlichen Voraussetzungen durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung von Fräulein St. und die Bezugnahme auf die dienstliche Äußerung des abgelehnten Schöffen erfüllt. In sachlicher Hinsicht hat er aber den Wahrscheinlichkeitsbeweis für die behaupteten Tatsachen nicht erbracht. Architekt B. hatte bereits mehr als zehn Monate als Richter an der Verhandlung gegen den Angeklagten mitgewirkt. Er hat dienstlich erklärt, daß er die ihm vorgeworfenen abfälligen Äußerungen über den Angeklagten nicht gemacht habe. Seine Erklärung ist eindeutig. Demgegenüber war Fräulein St. dem Gericht nicht bekannt. Ihre eidesstattliche Versicherung gibt in verschiedener Hinsicht Anlaß zu Zweifeln an ihrer Zuverlässigkeit. Nur eine der angeblich "wiederholt", sogar vor Gästen gemachten "sehr negativen" Bemerkungen über den Angeklagten ist über dieses allgemeine Werturteil hinaus mit Tatsachen belegt, nämlich die Behauptung, der Schöffe habe in der Halle des S. hofs geäußert, Dr. W. sei ein Schwerverbrecher und müsse daher schwer bestraft werden. Auch insoweit fehlen indessen, wie die Strafkammer zutreffend dargelegt hat, jegliche Einzelheiten, so daß die "objektive Zuverlässigkeit der behaupteten Wahrnehmungen nicht auf ihre Wahrscheinlichkeit geprüft werden kann". Auch die zweite eidesstattliche Versicherung von Fräulein St. gibt insoweit keinerlei Aufschluß. Sie erweckt im Gegenteil neue Bedenken, denn ihr ist zu entnehmen, daß es während der nur kurzen Beschäftigung Fräulein St. auf dem S. hof Auseinandersetzungen mit dem Schöffen gegeben hat, die offenbar nur durch die vorzeitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ihr Ende gefunden haben, so daß eine feindliche Einstellung gegenüber ihrem früheren Dienstherrn nicht ausgeschlossen werden kann. Gegen die Zuverlässigkeit ihrer Angaben spricht schließlich auch der Umstand, daß der angebliche Vorfall über ein Jahr zurücklag und nicht früher weitergetragen worden ist. Mit Recht hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeit von Erinnerungsverfälschungen hingewiesen. Da der Student R. den angeblichen Vorfall nur aus der Erzählung von Fräulein St. kennt und sonstige Umstände, die für deren Zuverlässigkeit sprechen könnten, nicht ersichtlich sind, kann nach alledem keine Rede davon sein, daß der Angeklagte den Wahrscheinlichkeitsbeweis für sein Ablehnungsvorbringen erbracht hätte. Der Grundsatz, daß im Zweifel zugunsten des Angeklagten zu entscheiden ist, gilt in diesem Zusammenhang nicht (vgl. auch Schwarz/Kleinknecht a.a.O. § 26 Anm. 4).

Entgegen der Meinung der Revision war die Strafkammer nicht gehalten, von sich aus weiter aufzuklären, insbesondere Fräulein St. persönlich über Einzelheiten zu vernehmen, um sich ein Bild von ihrer Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Dazu bestand nach Lage der Sache kein Anlaß.

Die Strafkammer hatte zunächst den Schöffen angehört, dann dessen Erklärungen bekanntgegeben, alle Beteiligten gehört und der Verteidigung insbesondere auch ausreichend Gelegenheit zur Ergänzung des Ablehnungsvorbringens gegeben, wie die Entgegennahme der weiteren eidesstattlichen Versicherung von Fräulein St. beweist. Danach erst hat sie unter Abwägung der ihr vorliegenden Erklärungen und der ihr sonst bekannten Umstände abschließend entschieden. Mehr bedurfte es bei der gegebenen Beweislage nicht. Dagegen spricht auch nicht die Erwägung, daß - solange die eidesstattliche Versicherung von Fräulein St nicht widerlegt wurde - für den Angeklagten, wie die Verteidigung sich ausdrückt, der Eindruck der Voreingenommenheit "im Raum" stand. Es genügt eben nicht, daß das Ablehnungsvorbringen nur nicht "widerlegt" werden kann, es muß vielmehr "wahrscheinlich" gemacht werden. Sonst hätte es der Angeklagte in der Hand, die Weiterverhandlung in jedem ihm genehmen Zeitpunkt durch Vorlegung irgendeiner wahrheitswidrigen, im Augenblick jedoch nicht zu widerlegenden eidesstattlichen Erklärung zu verhindern. Das kann ein verständiges Verfahrensgesetz nicht erlauben.

Auf den Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Friseurmeisters L. vom 15. März 1966 kam es für die Entscheidung nicht an. Er war bereits Gegenstand des zweiten, in der Hauptverhandlung vom 16. Februar 1966 als unzulässig verworfenen Ablehnungsgesuchs (vgl. oben b). Die Wiederholung dieses Gesuchs mit einem neuen, zusätzlichen Mittel der Glaubhaftmachung war grundsätzlich zwar zulässig (vgl. RGSt 24, 12, 14; BGHSt 21, 85, 87). Sie hätte jedoch unter den Voraussetzungen des § 25 StPO, mithin auch "unverzüglich" erfolgen müssen (vgl. auch Schwarz/Kleinknecht a.a.O. § 26 Bem. 3). Das ist nicht geschehen. Spätestens mit der Verkündung des Verwerfungsbeschlusses (16. Februar 1966) war dem Angeklagten bekannt, daß sein Ablehnungsvorbringen mit den von ihm beigebrachten Mitteln vom Gericht nicht als glaubhaft gemacht angesehen wurde. Er hätte infolgedessen unverzüglich um die Beibringung der eidesstattlichen Versicherung besorgt sein müssen. Das war ihm zwar nicht möglich, weil Friseurmeister L., wie dessen späterer eidesstattlichen Versicherung vom 22. März 1966 zu entnehmen ist, die ihm bereits am 9. Februar 1966 vorgelegte eidesstattliche Erklärung aus Gründen "privater Rücksichtnahme" erst am 15. März 1966 unterzeichnet hatte. Das wußte der Angeklagte jedoch schon vor der Anbringung seines zweiten Ablehnungsgesuchs. Mag er damals auch aus möglicherweise verständlichen Gründen zunächst die dienstliche Äußerung des abgelehnten Schöffen haben abwarten wollen, nachdem diese nicht wunschgemäß ausfiel, war er, wenn er den Ablehnungsgrund nicht verwirken wollte, jedenfalls gehalten, Friseurmeister L. alsbald namentlich zu benennen und die Umstände glaubhaft zu machen, die es ihm unmöglich machten, eine schriftliche Erklärung von ihm beizubringen (vgl. oben c letzter Absatz). Einen Monat durfte er damit nicht warten. Wenn er, wie es in der Revisionsbegründung heißt, "erst aus bestimmten Gründen seinen Informanten nicht genannt" hat, so ist das seine Sache.

d) Das vierte, wiederum auf die Vorfälle im Friseursalon und in I. gestützte Ablehnungsgesuch brachte der Angeklagte unter Überreichung neuer eidesstattlicher Versicherungen oder deren Durchschriften des Friseurmeisters L., der Angelika St. und der Studenten R. und Ro. außerhalb der Hauptverhandlung am Abend des 22. März 1966 in der Privatwohnung des Strafkammervorsitzenden an. Dieses Gesuch ist in der Hauptverhandlung vom 28. März 1966 mit Recht als unzulässig verworfen worden.

Die Wiederholung eines Ablehnungsgesuchs aus demselben Grunde ist nur mit neuen Tatsachen oder - wie unter c) bereits dargelegt - mit neuen Mitteln der Glaubhaftmachung zulässig. Diese Voraussetzungen erfüllt die eidesstattliche Versicherung des Friseurmeisters L. - vom 22. März 1966 nicht. Sie enthält nur eine Wiederholung des Inhalts seiner bereits mit dem dritten Ablehnungsgesuch überreichten eidesstattlichen Versicherung vom 15. März 1966 sowie für die Entscheidung unerhebliche Bemerkungen über das Randgeschehen und eigene Wertungen. Ergänzend ist zur Sache selbst lediglich ausgeführt, daß die Äußerungen des Schöffen in "M. Platt" gefallen sein sollen. Das ist weder eine beachtliche neue Tatsache, noch macht es die Erklärung zu einem neuen Mittel der Glaubhaftmachung. Auch soweit die Verteidigung in Bezug auf Prof. Dr. Dr. K. einen Widerspruch zu den dienstlichen Äußerungen des abgelehnten Schöffen und damit eine das Gesuch begründende neue Tatsache zu erkennen glaubt, kann ihr nicht gefolgt werden. Ziffer 2 der dienstlichen Äußerung vom 16. März 1966 bezieht sich ersichtlich nur auf die behaupteten Vorfälle in I. als dem eindeutigen Schwerpunkt der vom Angeklagten erhobenen Vorwürfe.

Die bereits am 21. März 1966 angefertigten eidesstattlichen Versicherungen der A. St. und der Studenten R. und R. enthalten zwar das bisherige Vorbringen ergänzende neue Tatsachen. Sie sind jedoch nicht "unverzüglich" beigebracht worden, sondern hätten bereits am Vormittag des 22. März 1966 während der Hauptverhandlung überreicht werden können. Die Revision bestreitet dies zwar und behauptet, dazu sei keine Gelegenheit gewesen, weil der Angeklagte dem Schlußvortrag seines Verteidigers habe zuhören müssen und das Gesuch nicht habe ausarbeiten können, außerdem habe er das Gesuch auch als Ganzes aufgefaßt und es deshalb erst nach Erhalt der Versicherung L. angebracht. Diese Behauptung ist jedoch unrichtig. Der Angeklagte hat das Gesuch nicht aus diesen Gründen, sondern allein deshalb nicht während der Hauptverhandlung angebracht, weil ihm seine Verteidiger, wie er in der Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat, wegen der geringen Erfolgsaussicht davon abgeraten hatten, das Gesuch überhaupt noch zu stellen. In diesem Zeitpunkt lag ihm allerdings die letzte eidesstattliche Versicherung des Friseurmeisters L. noch nicht vor; sie hat er sich, wie er dem Senat ebenfalls erklärt hat, erst im Laufe des Nachmittags des 22. März 1966 besorgt. Daß er sich - möglicherweise - daraufhin erst entschlossen hat, entgegen dem Rat seiner Verteidiger die Vorfälle in I. doch noch zum Gegenstand eines neuen Ablehnungsgesuchs zu machen, ändert nichts an der Feststellung, daß sein Vorbringen insoweit nicht mehr unverzüglich war. Da ihm seit dem 16. März 1966 bekannt war, daß die Strafkammer die ihr zu diesem Zeitpunkt vorliegende eidesstattliche Versicherung L. vom 15. März 1966 nicht als ausreichendes Mittel der Glaubhaftmachung ansah, hätte der Angeklagte sich unverzüglich um die Beibringung einer ergänzenden Versicherung L. bemühen müssen und damit nicht erst bis zum Nachmittag des 22. März 1966 warten dürfen. Daß L. zu einer solchen ergänzenden Erklärung auch sofort bereit gewesen wäre, zeigt sein Verhalten an diesem Nachmittag. Es kann nach alledem keine Rede davon sein, daß der Angeklagte sein - am 16. März 1966 als unzulässig zurückgewiesenes - Ablehnungsgesuch ohne vermeidbares Zögern mit neuen Tatsachen oder neuen Mitteln der Glaubhaftmachung in zulässiger Weise wiederholt hätte. Wenn die Verteidigung demgegenüber anführt, wegen der außergewöhnlichen Dauer der Verhandlung könne es nicht auf Stunden ankommen, so verkennt sie, daß das Bedürfnis nach sofortiger Klärung der Frage der ordnungsmäßigen Besetzung des Gerichts (vgl. oben Buchst. a vorletzter Absatz) gerade mit der Länge der Verhandlung wächst und hier, nachdem die Beweisaufnahme bereits abgeschlossen war, besonders dringlich geworden war. Nur eine strenge Auslegung des Begriffs "unverzüglich" wird diesem Bedürfnis gerecht.

5.) Die Rüge, die Strafkammer habe nach der Überleitung des zunächst bei ihr anhängigen Sicherungsverfahrens gegen Dr. W. ins Strafverfahren unter Verletzung der §§ 24, 74 GVG ihre Zuständigkeit mit Unrecht angenommen (§ 338 Nr. 4 StPO, Art. 101 GG), ist unbegründet.

Ergibt sich, wie hier, im Sicherungsverfahren nach der Eröffnung des Hauptverfahrens die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten, so hat die nach § 429 b Abs. 3 StPO für das Sicherungsverfahren ausschließlich zuständige Strafkammer, falls sie für das Strafverfahren sachlich nicht zuständig ist, ihre Unzuständigkeit auszusprechen und die Sache an das zuständige Gericht zu überweisen (§ 429 d Abs. 1 StPO), falls sie dagegen zuständig ist, den Beschuldigten auf die veränderte Rechtslage hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung zu geben (§ 429 d Abs. 2 StPO). Das letztere hat die Strafkammer getan.

Nachdem die Professoren de B., R. von B. und R. im Gegensatz zu Professor S. die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten grundsätzlich bejaht hatten, hat die Strafkammer die Beteiligten gehört und sie durch Beschluß vom 9. April 1965 unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Begutachtung darauf hingewiesen, daß die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten nicht im Sicherungsverfahren, sondern im Strafverfahren vor ihr stattfinden werde sowie dem Angeklagten Gelegenheit gegeben, seine Verteidigung auf die veränderte Rechtslage einzurichten (Bd. XI Bl. 166). Diese Entscheidung entsprach nicht nur der Auffassung der Staatsanwaltschaft und dem ausdrücklichen, in der Verhandlung vor dem Senat wiederholten Wunsche der Verteidigung (vgl. Bd. XI Bl. 130, 132, 164), sondern - im Gegensatz zur Meinung der Revision - auch dem Gesetz.

Es trifft zwar zu, daß für die hier abzuurteilenden Vergehen grundsätzlich das Amtsgericht (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG), und zwar das Schöffengericht (§§ 25 Nr. 2 b, 28 GVG) zuständig ist und die Zuständigkeit der Strafkammer (im ersten Rechtszug) nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG nur dadurch begründet werden kann, daß die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles Anklage bei ihr erhebt und sie diesem Antrag entspricht (vgl. § 209 Abs. 2 StPO). Richtig ist ferner, daß die Staatsanwaltschaft eine solche Ermessensentscheidung nicht getroffen hat und hier auch nicht treffen konnte, weil sie die Eröffnung des Sicherungsverfahrens nur bei der Strafkammer beantragen konnte (§ 429 b Abs. 3 StPO) und an der Entscheidung über die Überleitung des bei dieser einmal anhängig gemachten Sicherungsverfahrens ins Strafverfahren nach dem Gesetz nicht beteiligt ist. Schließlich ist der Revision auch darin zuzustimmen, daß § 429 d Abs. 1 StPO eine Verweisung nicht nur an das höhere, sondern auch an das Gericht niederer Ordnung vorschreibt, wenn es zuständig ist; denn nach Satz 2 dieser Bestimmung sind nur die Absätze 2 und 3 des § 270 StPO entsprechend anzuwenden, nicht dagegen dessen Absatz 1, der mit § 269 StPO zusammenhängt, der bestimmt, daß ein Gericht sich nicht deshalb für unzuständig erklären dürfe, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre (vgl. auch Eb. Schmidt a.a.O. § 429 d StPO Rn. 5, Schäfer in Löwe/Rosenberg 21. Aufl. § 429 d StPO Bem. 2). Daraus folgt jedoch nicht, daß die Strafkammer ihre Unzuständigkeit aussprechen und die Sache an das Schöffengericht verweisen mußte; denn das würde bedeuten, daß in den Fällen des § 429 d StPO eine Zuständigkeit der Strafkammer zur Aburteilung von Vergehen überhaupt nicht begründet werden könnte. Die vom Gesetz vorgesehene, verfassungsrechtlich zulässige (vgl. BVerfGE 9, 223; BGHSt 9, 367) und allgemein als vernünftig gehandhabte Regelung, Vergehen von besonderer Bedeutung vor der dafür in der Regel besser geeigneten Strafkammer zu verhandeln, wäre dann für diese Fälle ausgeschlossen. Das kann vom Gesetz umso weniger gewollt sein, als gerade sie wegen der bei der Prüfung der Zurechnungsfähigkeit zu beurteilenden mannigfaltigen Fragen häufig nicht einfach gelagert sind und eine Verweisung an das Schöffengericht regelmäßig von allen Beteiligten zusätzliche Belastungen fordert. Vielmehr muß in diesen besonders gelagerten Fällen die Strafkammer nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden dürfen, ob das Verfahren wegen der besonderen Bedeutung der Sache weiterhin vor ihr oder aber mangels einer solchen Bedeutung vor dem Schöffengericht durchgeführt werden soll, eine Entscheidung, die sie letzten Endes auch in den Normalfällen des § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG nach Anklageerhebung zu treffen hat (§ 209 Abs. 2 StPO; so auch KM aaO § 429 d Bem. 3 a). Das allein ist vernünftig und enthält auch keine über die gesetzliche Regelung hinausgehende Willkür. Deshalb teilt der Senat auch die abweichende Auffassung Eberhard Schmidts (aaO § 429 d Rn. 5) nicht. Daß vorliegend die Strafkammer eine sachgerechte Ermessensentscheidung getroffen hat, bedarf keiner Erörterung. Daraus, daß die Staatsanwaltschaft vor der Zusammenfassung der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten einzelne Vergehen, wie beispielsweise die Beleidigungen zum Nachteil des Landgerichtsdirektors Dr. P, vor dem Schöffengericht angeklagt hatte, läßt sich für die Meinung der Revision ersichtlich nichts herleiten.

Im übrigen würde auch die gegenteilige Auffassung nicht zum Erfolg führen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der unbedingte Revisionsgrund des § 338 Nr. 4 StPO nur gegeben, wenn die abgeurteilte strafbare Handlung die Zuständigkeit des Vorderrichters überschreitet (BGHSt 9, 367; BGH VRS 23, 267). Die Revision kann dagegen nicht darauf gestützt werden, daß ein Gericht niederer Ordnung habe entscheiden müssen, beispielsweise darauf, daß die Strafkammer zu Unrecht ein Vergehen von besonderer Bedeutung angenommen habe (BGH Urteil vom 13. Februar 1962 - 5 StR 643/61). Diese Rechtsprechung geht zwar von § 269 StPO aus und diese Bestimmung selbst findet, wie bereits dargelegt, im Rahmen des § 429 d Abs. 1 StPO keine Anwendung. Ihr Grundgedanke gilt aber auch hier; denn die vorgeschriebene Verweisung auch an ein zuständiges Gericht niederer Ordnung dient nur der Entlastung der Strafkammer, nachdem der Grund für die Zuständigkeitskonzentration bei ihr (§ 429 b Abs. 3 StPO) weggefallen ist, und nicht etwa dem interesse des Angeklagten, der nicht dadurch beschwert ist, daß ein Gericht höherer Ordnung entscheidet (vgl. auch Schäfer aaO). Auch sonst ist kein Grund für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle ersichtlich (vgl. auch BGH Urteil vom 7. Februar 1961 - 5 StR 511/60). Die Rüge ist daher in jedem Falle unbegründet.

6.) Fehl geht die Rüge, die Verteidigung sei dadurch unzulässig beschränkt worden, daß die Strafkammer die Zeugnisverweigerung des Rechtsanwalts Dr. H. über den Inhalt seiner mit Rechtsanwalt B. vor dessen Tode geführten Gespräche in der Hauptverhandlung vom 16. Juni 1965 für zulässig erklärt habe (§§ 53, 244, 338 Nr. 8 StPO). Rechtsanwalt Dr. H. war zur Verweigerung des Zeugnisses nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO berechtigt.

Wie der Gerichtsbeschluß ergibt, hat Rechtsanwalt Dr. H. glaubhaft gemacht, daß ihm die Tatsachen, die in sein Wissen als Zeuge gestellt worden sind, in jenen Gesprächen bekannt geworden seien und er die Gespräche auch in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt geführt habe, also seine beruflichen Beziehungen zu B. Anlaß zur Erlangung der "Geheimnisse" gewesen sind (vgl. Eb. Schmidt aaO § 53 StPO Rn. 6). Darauf, daß er von diesem keinen Auftrag zu besonderer anwaltlicher Tätigkeit hatte, kommt es nicht an. Da er von B. nicht von seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden worden ist (§ 53 Abs. 2 StPO) und andere das nach dessen Tod nicht mehr konnten (RGSt 71, 21, 22), durfte er sich mithin auf das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 3 Nr. 1 StPO berufen.

Entgegen der Meinung der Revision hat Rechtsanwalt Dr. H. dieses Recht nicht dadurch verwirkt, daß er sich über den Inhalt der Gespräche bereits vorher mit Rechtsanwalt Dr. L., dem Vertreter der Nebenklägerin U. B., unterhalten hatte. Die Vorschrift des § 53 StPO begründet nach ständiger Rechtsprechung nur ein Recht des Zeugen, über das zu schweigen, was ihm in seiner beruflichen Eigenschaft anvertraut wurde oder sonst bekanntgeworden ist. Einen Anspruch auf Aussage haben weder der Angeklagte noch irgend ein anderer Verfahrensbeteiligter. Der Gesetzgeber wollte lediglich die Vertrauensperson des Zwangs entheben, ein ihr anvertrautes Geschehen infolge der Zeugnispflicht preisgeben zu müssen. Ob der Zeuge von diesem Recht Gebrauch macht und schweigt oder ob er sich nach Abwägen der einander widerstreitenden Interessen zur Aussage entschließt, obliegt allein seiner Entscheidung, auf die selbst das Gericht nicht einwirken darf (RGSt 57, 63, 64; BGHSt 9, 59, 61; 15, 200, 202; 18, 146, 147; vgl. auch Eb. Schmidt aaO Rn. 26). Ein solches Recht besteht naturgemäß immer und ohne Rücksicht darauf, ob bei anderer Gelegenheit von ihm Gebrauch gemacht worden ist oder nicht (vgl. auch Schwarz/Kleinknecht aaO § 53 StPO Bem. 3). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob Rechtsanwalt Dr. H. vor der Unterhaltung mit Rechtsanwalt Dr. L. die einander widerstreitenden Interessen ebenfalls gewissenhaft abgewogen hatte. Die Revision verkennt zudem, daß ein solches Abwägen von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.

Bezüglich der Behauptung, Rechtsanwalt Dr. H. habe sogar noch während der Hauptverhandlung eine das Berufsgeheimnis betreffende Frage des Rechtsanwalts Dr. L. beantwortet, ist aus der Sitzungsniederschrift lediglich zu entnehmen, daß der Zeuge auf eine Frage zu einem bei den Akten befindlichen Schreiben an Rechtsanwalt Dr. L. erklärt hat, daß er die Frage heute wahrscheinlich nicht mehr in dieser Form, sondern nur mit "ja" oder "nein" beantworten werde. Diese Erklärung enthält keine Tatsache, die dem Zeugen In seiner beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist und berührt deshalb sein Zeugnisverweigerungsrecht nicht.

7.) Die Verteidigung ist nicht dadurch unzulässig beschränkt worden, daß die Strafkammer in der Hauptverhandlung vom 22. Juni 1965 den Antrag des Angeklagten abgelehnt hat, das Verfahren, soweit es den "Komplex B." angehe, gemäß oder in entsprechender Anwendung der §§ 190, 191 StGB auszusetzen, solange die Staatsanwaltschaft noch Ermittlungen anstelle (§§ 338 Nr. 8, 228 StPO).

Nach § 191 StGB ist allerdings, falls wegen der strafbaren Handlung, auf die sich die Beleidigung bezieht, zur Herbeiführung eines Strafverfahrens Anzeige gegen den Beleidigten erstattet worden ist, bis zur Beendigung der daraufhin eingeleiteten Untersuchungen mit dem Verfahren und der Entscheidung über die Beleidigung innezuhalten. Dasselbe gilt nach § 164 Abs. 6 StGB für das Verfahren und die Entscheidung über die falsche Anschuldigung, solange ein infolge der gemachten Anzeige eingeleitetes Verfahren anhängig ist. Beide Bestimmungen haben danach ein - vorübergehendes - Verfahrenshindernis zum Inhalt (BGHSt 8, 133; BayObLG JR 1955, 392). Ihre Voraussetzungen liegen indessen nicht vor. Anhängig in diesem Sinne ist ein Verfahren nur, solange es noch nicht endgültig abgeschlossen ist, also von der Behörde, die Herr des Verfahrens ist, fortgeführt oder wenigstens in der Schwebe gehalten wird. Es hört dagegen auf anhängig zu sein, wenn ihm die Behörde durch eine rechtswirksame Verfügung ein Ende setzt. Diese Wirkung kommt im Ermittlungsverfahren der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO zu. Sie erfüllt bereits das wesentliche Anliegen der §§ 164 Abs. 6, 191 StGB, die Ungewißheit über das Ergebnis des anderen Verfahrens und über deren möglichen Einfluß auf die Entscheidung über die falsche Anschuldigung oder Beleidigung zu beheben. Nicht erforderlich ist, daß die strafbare Handlung, die Gegenstand des Verfahrens ist, überhaupt nicht nochmals zur Untersuchung gezogen werden kann (vgl. BGH NJW 1957, 637 mit Nachweisen). Das verkennt die Revision. Auf die Güte der angestellten Ermittlungen kommt es nicht an.

Vorliegend ist das - durch die Tätigkeit des Angeklagten in Gang gehaltene - Ermittlungsverfahren gegen U. B. und Andere - 2 Js 1130/62 - bereits vor Beginn der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten endgültig eingestellt worden. Am 5. Dezember 1962 hat der Leitende Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht M. erneut die Einstellung des Verfahrens und am 22. April 1963, wiederum mit eingehender Begründung, verfügt, daß auch die von dem Amtsrichter (G.) zwischenzeitlich durchgeführten Ermittlungen keinen Anlaß böten, das Verfahren weiter zu betreiben, und es bei der am 5. Dezember 1962 verfügten Einstellung verbleibe (2 Js 1130/62 Bd. II Bl. 88 f, Bd. V Bl. 83 f). Auch später sind die Ermittlungen nicht wieder aufgenommen worden. Zwar hat die Staatsanwaltschaft noch einzelne Ermittlungshandlungen vorgenommen, nämlich am 26. August 1963 den Schriftsachverständigen L. um Erstattung eines Gutachtens gebeten (Bd. V Bl. 133) und am 11. August 1964 die Kriminalpolizei H. um Vernehmung eines Heinz R. ersucht (Bd. VI Bl. 57). Diese Tätigkeit der Staatsanwaltschaft diente jedoch nur der Vorbereitung der Entscheidung, ob das Ermittlungsverfahren wieder in Gang gesetzt werden solle und hat nicht zu diesem Ergebnis geführt. Überdies war sie auch vor Beginn der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten abgeschlossen. Die §§ 164 Abs. 6, 191 StGB sind mithin nicht verletzt. Eine Trennung hätte im übrigen auch den vom Angeklagten verfolgten Interessen nicht gedient.

Die in diesem Zusammenhang erhobene Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) ist nicht ordnungsmäßig begründet, weil die Revision die Tatsachen, die die Strafkammer aufklären sollte, und die Beweismittel, die sie noch hätte benutzen können, nicht bezeichnet (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

8.) Unbegründet ist die Rüge, die Verteidigung sei durch die Ablehnung von Fragen an den Zeugen Amtsgerichtsrat G unzulässig beschränkt worden (§ 338 Nr. 8 i.V. mit §§ 241 Abs. 2, 242 StPO).

Amtsgerichtsrat G., der im Ermittlungsverfahren 2 Js 1130/62 die Öffnung der Leiche des Rechtsanwalts B. angeordnet hatte und am 1. Dezember 1962 dabei auch zugegen war, führte in den folgenden Tagen gegen den Widerspruch der Staatsanwaltschaft umfangreiche Ermittlungen durch. Am 21./22. Januar 1963 erließ er Haftbefehle gegen die Witwe U. B. und den Nebenkläger G. K. wegen Verdachts des Mordes sowie gegen die Ehefrau H. K. und Dr. F. wegen des Verdachts der Beihilfe dazu, die jedoch auf deren Beschwerden bereits am 23. Januar 1963 mangels ausreichende Verdachtsgründe von der Strafkammer wieder aufgehoben wurden. In der Hauptverhandlung vom 22. und 23. November 1965 hat die Strafkammer insgesamt zehn von der Verteidigung an Amtsgerichtsrat G. als Zeugen gestellte Fragen gemäß § 241 Abs. 2 StPO mit der Begründung nicht zugelassen, daß sie mit dem Gegenstand des Verfahrens weder unmittelbar noch mittelbar im Zusammenhang stünden und für die Entscheidung ohne Bedeutung seien (Bd. XVII Bl. 671, 677, 680). Diese Begründung ist zutreffend.

Zu Unrecht behauptet die Revision, die nicht zugelassenen Fragen hätten klären sollen, welche Mitteilungen über Amtsgerichtsrat G. an den Angeklagten gelangt sein konnten und seien deshalb für die Beurteilung, ob der Angeklagte seine Verdächtigungen leichtfertig ausgesprochen habe, bedeutsam gewesen. Keine Frage war darauf gerichtet festzustellen, was Amtsgerichtsrat G. aus seiner Kenntnis der Akten oder aus seinem sonstigen Wissen dem Angeklagten mitgeteilt hatte. Alle Fragen zielten vielmehr ersichtlich nur darauf ab, die gegensätzlichen Auffassungen der Staatsanwaltschaft und des Amtsrichters über den Todesfall B. herauszustellen und standen mit dem Gegenstand des Verfahrens, insbesondere dem Vorwurf der leichtfertig falschen Anschuldigung und der üblen Nachrede, nicht im Zusammenhang. Der Verteidigung war es unbenommen, Amtsgerichtsrat G. über den Angeklagten vermittelte Informationen zu befragen. Eine solche Frage ist nicht ausgeschlossen worden. Im Gegenteil, der Strafkammervorsitzende selbst hat den Zeugen, wie die Sitzungsniederschrift ausweist, am 22. November 1965 ausdrücklich darüber befragt, ob bei dem Meinungsaustausch mit dem Angeklagten gewisse Verdachtsmomente gegenüber bestimmten Personen geäußert worden seien. Zwar hat der Zeuge nach Belehrung gemäß § 55 StPO zunächst die Auskunft hierüber verweigert (Bd. XVII Bl. 677), bei seiner am folgenden Verhandlungstag fortgesetzten Vernehmung hat er die Weigerung jedoch ausdrücklich zurückgenommen (Bd. XVII Bl. 679, 680). Daß daraufhin der Vorsitzende die Frage erneut gestellt hätte, ist zwar nicht ersichtlich; darauf kommt es aber auch nicht an. Der Verteidiger hätte sie jedenfalls stellen können. Von einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung im Sinne des § 338 Nr. 8 StPO kann danach keine Rede sein.

9.) Auch dadurch, daß eine Frage an den Zeugen Oberamtsrichter S. nicht zugelassen wurde, ist die Verteidigung nicht unzulässig beschränkt worden (§ 338 Nr. 8 i.V. mit §§ 241 Abs. 2, 242 StPO).

Die Anklage legte dem Angeklagten eine Nötigung dieses, für die Bearbeitung des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens zuständigen Richters zur Last, indem er ihm mit der Aufdeckung seiner und seines Vaters angeblich belasteten politischen Vergangenheit gedroht habe, um ihn zu veranlassen, von der Anordnung der Unterbringung nach § 81 StPO abzusehen (Fall II 9 der Urteilsgründe). Auf die Frage, ob sein Vater im politischen Sinne belastet sei, verweigerte Oberamtsrichter S. in der Hauptverhandlung vom 1. Juni 1965 als Zeuge die Auskunft. Als daraufhin die Strafkammer die Zulässigkeit der Frage beschloß, legte er unter Hinweis auf §§ 241 Abs. 2, 68 a StPO Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht hob den Beschluß der Strafkammer auf und entschied, daß die Frage nicht zugelassen sei, weil sie geeignet sei, den Richter im öffentlichen Ansehen herabzusetzen und zur Wahrheitserforschung nicht unerläßlich sei. In der Hauptverhandlung ist die strittige Frage danach nicht mehr gestellt worden.

Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen dieses Verfahren.

Fraglich könnte sein, ob die Rüge nicht schon aus förmlichen Gründen scheitern muß. § 338 Nr. 8 StPO setzt einen in der Hauptverhandlung ergangenen Gerichtsbeschluß (RGSt 20, 38, 39; OGHSt 2, 193, 198; Urt. des Senats vom 26. November 1953 - 4 StR 27/53), also einen Beschluß des erkennenden Gerichts voraus. Die Revision wendet sich, jedenfalls im Kern, gegen eine außerhalb der Hauptverhandlung in einem Zwischenverfahren ergangene Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts, an die die Strafkammer trotz gegenteiliger Auffassung in der Sache gebunden war. Die in diesem Verfahren ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nach § 304 Abs. 4 StPO der (weiteren) Beschwerde nicht mehr zugänglich. Nun lassen sich allerdings gewichtige Gründe für die Auffassung anführen, daß dem Angeklagten, der die Einleitung des Beschwerdeverfahrens nicht verhindern kann, gleichwohl die Möglichkeit bleiben muß, im Revisionsverfahren nunmehr auch seinerseits die oberlandesgerichtliche Beschwerdeentscheidung in derselben Weise überprüfen zu lassen als wenn sie eine Zwischenentscheidung der erkennenden Strafkammer gewesen wäre. Einer näheren Erörterung bedarf es indessen nicht, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.

Unzulässig ist eine Beschränkung der Verteidigung (§ 338 Nr. 8 StPO) nur, wenn sie nicht durch eine Verfahrensvorschrift gedeckt ist. Hier rechtfertigten aber die §§ 241 Abs. 2 und 68 a Abs. 1 StPO die Nichtzulassung der strittigen Frage. Nach § 241 Abs. 2 StPO können ungeeignete Fragen zurückgewiesen werden, im Zweifel durch Gerichtsbeschluß (§ 242 StPO). Als ungeeignet ist eine Frage jedenfalls dann anzusehen, wenn sie nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung nicht gestellt werden soll. Fragen nach Tatsachen, deren Beantwortung, wie hier, einem Zeugen oder einem seiner Angehörigen zu Unehre gereichen können, sollen aber nach § 68 a Abs. 1 StPO nur gestellt werden, wenn sie unerläßlich sind. Das ist nur dann der Fall, wenn sie zur Wahrheitserforschung notwendig sind. Kann also das Gericht seiner Pflicht, die Wahrheit zu ergründen, nicht uneingeschränkt nachkommen, ohne Fragen an den Zeugen zu richten, deren Beantwortung ihm oder einem Angehörigen zur Unehre gereichen kann, geht die Pflicht zur Erforschung der Wahrheit dem Interesse des Zeugen an der Erhaltung seines Ansehens und des seiner Angehörigen vor. Die Notwendigkeit ist dagegen zu verneinen und die Frage zurückzuweisen, wenn sie für die Entscheidung, ob sich der Angeklagte im Sinne der Anklage schuldig gemacht hat, ohne Bedeutung ist (vgl. BGHSt 13, 252, 254; Eb. Schmidt aaO § 68 a Rn. 2). So liegt es hier.

Für die Verurteilung wegen Beamtennötigung kommt es nicht darauf an, ob der Vater des Oberamtsrichters S. politisch belastet war oder nicht. Die Auffassung der Revision, solange das nicht festgestellt sei, könne der Angeklagte allenfalls wegen Versuchs bestraft werden, ist abwegig. § 114 StGB bedroht das "Unternehmen" der Nötigung mit Strafe, also die Vollendung und den Versuch (§ 87 StGB). Für die Bestrafung reicht es deshalb aus, daß der Täter mit dem Willen und in der Vorstellung gehandelt hat, durch seine drohende Äußerung in dem anderen Furcht vor der Verwirklichung eines Übels zu erwecken, um dadurch Einfluß auf dessen Entschließung zu gewinnen (BGHSt 16, 386 ff). Es genügt also, daß er die Drohung auch nur für geeignet gehalten hat, den Willen des anderen zu bestimmen (RGSt 56, 225, 226). Diese Vorstellung hatte der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen. Ob Oberamtsrichter S. die Drohung tatsächlich ernst genommen hat, ist bedeutungslos. Für ihn war die Drohung mit der Aufdeckung der politischen Vergangenheit seines Vaters im übrigen auch dann ein empfindliches Übel, wenn der Vater nicht belastet war. Das hat die Strafkammer im Urteil zutreffend dargelegt (UA S. 642, 643). Deshalb kam es auch für die Strafzumessung auf die nicht zugelassene Frage angesichts der gesamten Verhaltensweise des Angeklagten und seiner Zielsetzung nicht entscheidend an. Inwieweit schließlich deren Beantwortung zu einer anderen Wertung der Zeugenaussage des Privatdozenten Dr. K. hätte führen können, ist unerfindlich.

10.) Fehl geht auch die Rüge, die Verteidigung sei dadurch unzulässig beschränkt worden, daß die Strafkammer in der Hauptverhandlung vom 27. Juli 1965 die an den Zeugen G. K. gerichtete Frage nicht zugelassen hat, ob er die Reise des Redakteurs H. M. und dessen Ehefrau nach M. zu Gesprächen mit dem Schriftsteller F. A. finanziert habe (§ 338 Nr. 8 i.V. mit §§ 241 Abs. 2, 242 StPO).

Zweifelhaft ist schon, ob diese Rüge in der in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form erhoben ist, weil die Revision die Gründe, die die Strafkammer für die Ablehnung angeführt hat, nur unvollständig wiedergibt (vgl. BGHSt 3, 213, 214). Jedenfalls ist die Rüge unbegründet. Die Strafkammer hat die Frage zurückgewiesen, weil sie den Gegenstand des Verfahrens weder unmittelbar noch mittelbar berühre und auch für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht von Bedeutung sei (Bd. XVI Bl. 391). Diese Begründung trifft zu. Selbst wenn G. K., wie die Revision behauptet, zuvor gesagt haben sollte, daß er niemals für die Presse irgendwelche Aufwendungen gemacht habe, um sie gegen den Angeklagten einzunehmen, ließen sich aus einer Beantwortung und Bejahung der Frage nach der Finanzierung der R. Reise des Ehepaars M. keinerlei für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen irgendwie bedeutsame Folgerungen ziehen. Er kann die Reise bezahlt haben, um sich gegen die massiven Angriffe des Angeklagten zu wehren und dessen Veröffentlichungen in den Flugblättern entgegenzutreten, in denen er der Mitwirkung an der behaupteten Ermordung des Rechtsanwalts B. bezichtigt wurde. Auch dann würde von "Aufwendungen für die Presse" "um sie gegen den Angeklagten einzunehmen", nicht die Rede sein können. Inwiefern die zurückgewiesene Frage also im Sinne des § 241 Abs. 2 StPO zur Sache gehören soll, ist nicht ersichtlich.

11.) Zu Unrecht rügt die Revision die Nichtvereidigung des Zeugen F. K. jun. (§ 59 StPO).

Der Zeuge ist ausweislich der Sitzungsniederschrift gemäß § 61 Nr. 3 StPO unbeeidigt geblieben, "weil seiner Aussage keine besondere Bedeutung beigemessen werden kann" (Bd. XVI Bl. 136). Die Revision behauptet, gleichwohl habe die Strafkammer im Urteil ausgeführt, daß ihre Feststellungen auch auf der Aussage dieses Zeugen beruhen; er habe also vereidigt werden müssen. Die Rüge geht fehl.

Mit einem solchen Angriff könnte die Revision nur dann Erfolg haben, wenn sich aus dem Urteil selbst ergäbe, daß die Strafkammer der Aussage des Zeugen, entgegen der Begründung des seine Nichtvereidigung anordnenden Beschlusses für die Beurteilung der Schuldfrage doch wesentliche Bedeutung beigemessen hat (BGH NJW 1951, 325; BGHSt 7, 281). Das ist hier nicht der Fall. Der Zeuge K. ist im Urteil nur im Anschluß an die allgemeinen Feststellungen zum Tod des Rechtsanwalts B. bei der zusammenfassenden Aufzählung der Beweismittel erwähnt (UA 215). Daß er dort fehlerhafterweise bei den vereidigten Zeugen aufgeführt ist, ist bedeutungslos; die darauf gestützte, erstmals in der Verhandlung vor dem Senat erhobene Rüge, ist nicht fristgerecht angebracht (§ 345 Abs. 1 StPO). Allein diese Erwähnung des Zeugen im Urteil neben zahlreichen anderen Beweismitteln, auf denen die Wesentliches oder Unwesentliches enthaltenden Urteilsfeststellungen nach der zusammenfassenden Wendung des Urteils beruhen, beweist noch nicht, daß seine Aussage für die Schuldfeststellung verwertet und ihr wesentliche Bedeutung beigemessen worden ist (BGH NJW 1951, 325; BGH Urt. vom 26. März 1959 - 2 StR 61/59). Sie kann auch nur zur allgemeinen Abrundung des Bildes verwendet worden sein. Selbst die Revision legt nicht dar, was der Zeuge ausgesagt habe und inwiefern seine Aussage doch wesentlich gewesen sei.

12.) Die Rüge einer Verletzung der §§ 59, 60 Nr. 3 StPO durch Nichtvereidigung des Zeugen B ist offensichtlich unbegründet.

13.) Erfolglos wendet sich die Revision gegen die Beeidigung der durch die Straftaten des Angeklagten verletzten Zeugen U. B. G. und H. K., Dr. P., Prof. Dr. T., Professor Dr. P., Dr. P., H., D., L., S., B., W., M., G., und O.,

Die Strafkammer hätte allerdings von der Beeidigung gemäß § 61 Nr. 2 StPO absehen können, wie dies die Verteidigung hinsichtlich eines Teils der Zeugen beantragt batte. Die die Vereidigung anordnenden Beschlüsse geben auch keinen Aufschluß über die Gründe, die die Strafkammer dazu bewegt haben, die Zeugen dennoch zu vereidigen. Das beweist indessen noch nicht, daß die Strafkammer, wie die Revision behauptet, von ihrem Ermessen überhaupt keinen oder doch jedenfalls einen fehlerhaften Gebrauch gemacht hätte.

Aus dem Umstand, daß die Strafkammer die angeordneten Beeidigungen nicht näher begründet hat, läßt sich das nicht herleiten. In den Fällen des § 61 StPO kann das Gericht den Zeugen nach seinem Ermessen vereidigen oder unvereidigt lassen. Vereidigt es ihn, so braucht es dafür, weil es dem Gebot des § 59 StPO für den Regelfall folgt, keine Gründe anzugeben (BGH VRS 25, 38, 40). Das gilt auch dann, wenn die Verteidigung einen gegenteiligen Antrag gestellt hat (RG GA 40, 158; BGHSt 15, 253). Ebensowenig brauchen die Gründe für die Ermessensentscheidung in dem die Beeidigung anordnenden Beschluß dargelegt zu werden (BGHSt 1, 175, 177; 3, 230).

Auch das Urteil gibt nichts dafür her, daß die Strafkammer von ihrem Ermessen in § 61 Nr. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht hätte. Daß es sich bei allen genannten Zeugen um Verletzte im Sinne dieser Bestimmung gehandelt hat, ist ihr ebensowenig entgangen wie die Bedeutung der gesetzlichen Regelung, nach der sie nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zur Vereidigung schreiten oder davon absehen durfte. Die gegenteilige Behauptung der Revision ist umso abwegiger, als die Strafkammer Anträge auf Beeidigung verletzter Zeugen abgelehnt und damit zu erkennen gegeben hat, daß sie das nach ihrem Ermessen konnte.

Die Auffassung, durch die Vereidigung der verletzten Zeugen habe die Strafkammer jedenfalls einen rechtsfehlerhaften Gebrauch von ihrem Ermessen gemacht, ist ebenfalls durch nichts gerechtfertigt. Es ist ohnehin "schwer vorstellbar", daß in der Vereidigung eines verletzten Zeugen ein Ermessensmißbrauch des Gerichts liegen könnte (BGH Urt. vom 24. Mai 1955 - 5 StR 157/55 - bei Dallinger MDR 1955, 529). Bei der Entscheidung nach § 61 Nr. 2 StPO hat sich der Richter von dem Grundsatz leiten zu lassen, daß die Vereidigung des Zeugen die Regel bildet, von der das Gesetz nur wenige, genau umschriebene Ausnahmen vorschreibt oder zuläßt. Er darf daher nicht allein schon deshalb, weil ein Zeuge Verletzter ist, von seiner Vereidigung absehen; nur triftige Gründe rechtfertigen ein Abweichen vom Grundsatz (BGHSt 1, 175, 180). Zu Unrecht versucht die Revision, solche Gründe aus dem Umstand herzuleiten, daß die Zeugen vom Angeklagten strafbarer Handlungen bezichtigt worden seien und es somit in der Hand gehabt hätten, sich von diesem Verdacht "freizuschwören". Darum allein brauchte die Strafkammer nicht davon auszugehen, daß die Zeugen voreingenommen seien und bei ihrer Aussage, mit deren Beeidigung sie rechnen mußten, von der Wahrheit abweichen würden. Besondere Umstände, die eine solche Besorgnis ausnahmsweise hätten rechtfertigen können, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

14.) Unbegründet ist die Rüge, die Strafkammer habe das vom Angeklagten gegen den Sachverständigen Dr. F. - S. wegen Besorgnis der Befangenheit angebrachte Ablehnungsgesuch zu Unrecht zurückgewiesen (§§ 74, 24 StPO).

Wie dem Gesuch zu entnehmen ist, hatte der Sachverständige, Leiter des wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei ..., den Angeklagten gebeten, ihm das Tatgeschehen aus der Sicht der Familie B. vorzutragen. Die daraufhin vom Angeklagten im Brief vom 28. Juni 1965 erörterte und vornehmlich als Arbeitshypothese der B. -Verwandten bezeichnete Mord-Version hat der Sachverständige in seinem vorläufigen schriftlichen Gutachten und in der Hauptverhandlung als "reine Phantasterei" und "Hirngespinste" bezeichnet. Das u.a. auf diese Ausdrucksweise gestützte Ablehnungsgesuch hat die Strafkammer mit der Begründung zurückgewiesen, dem Sachverständigen könne eine solche Bezeichnung nicht verwehrt werden, wenn er die vom Angeklagten aufgestellten Thesen nach seiner wissenschaftlichen Überzeugung dafür halte, umsoweniger, als dieser sie selbst vornehmlich als Arbeitshypothese der B. -Verwandten bezeichnet habe; der Sachverständige habe sich sachlich mit ihnen auseinandergesetzt, und auch die Form, in der er sein Gutachten erstattet habe, habe keinerlei Anhaltspunkte für eine "Affekt-Geladenheit" gegenüber dem Angeklagten sichtbar gemacht; auch aus dessen Sicht sei deshalb keine Befangenheit zu besorgen. Nur dies wird von der Revision gerügt; das jedoch zu Unrecht.

Für die Prüfung der Frage, ob der Tatrichter das einen Sachverständigen ablehnende Gesuch in der Hauptverhandlung mit Recht zurückgewiesen hat, gelten - anders als beim Richter - nicht die Grundsätze der Beschwerde, sondern die der Revision. Das Revisionsgericht kann also nicht nachprüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, sondern nur, ob seine Entscheidung auf einem Rechtsfehler beruht (BGHSt 8, 226, 232). Ein solcher ist hier nicht ersichtlich.

Zutreffend hat die Strafkammer die Rechtsfrage, ob die von ihr als glaubhaft gemacht angesehenen Tatsachen bei dem Angeklagten die Besorgnis der Befangenheit begründen können (vgl. BGH NJW 1965, 2017, 2018), allein danach beurteilt, ob dieser bei vernünftiger Würdigung der ihm bekannten gesamten Umstände zu der - wenn auch irrigen - Ansicht gelangen konnte, der Sachverständige werde bei Erstattung des Gutachtens nicht unbefangen sein (vgl. BGH Urt. v. 17. April 1952 - 3 StR 1060/51 - und vom 13. Mai 1952 - 1 StR 7/52 - bei Dallinger MDR 1952, 409; BGHSt 8, 226, 233). Sie hat diese Frage mit Recht verneint. Da sich der Sachverständige in seinem Gutachten mit den Thesen des Angeklagten sachlich auseinandergesetzt hatte und die dabei gewählte Form auch keinen Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit bot, konnte sich diese Besorgnis bei einem vernünftigen Angeklagten nicht allein wegen der beiden angegriffenen Ausdrücke einstellen. Sie waren, auch für ihn, ersichtlich nur eine auf die Sache bezogene Bezeichnung, mit der der Sachverständige seine Überzeugung von der gänzlichen Abwegigkeit der Thesen der B - Verwandten bekräftigen wollte und enthielten nicht etwa eine kränkende Mißachtung der Person des Angeklagten, auch nicht deshalb, weil dieser sich die Thesen letztlich zu eigen gemacht hatte.

15.) Die Ablehnung des Beweisantrages auf Herauslösen des Deckenputzes im früheren Schlafzimmer der Eheleute B. und auf seine Untersuchung auf Geschoßspuren und -winkel durch einen Sachverständigen verstieß nicht gegen § 244 StPO.

Dem erstmals in der Hauptverhandlung vom 12. Juli 1965 von der Verteidigung gestellten Antrag, der der Feststellung dienen sollte, ob die Schüsse überhaupt aus der fraglichen Waffe herrührten, ob die verwendete Munition zu dem Erfolg geführt habe und ob die festzustellende Schußrichtung mit der angegebenen Lage des Toten in Einklang zu bringen sei, hatte die Strafkammer zunächst entsprochen. Sie hatte dem Sachverständigen Dr. S. zum Zwecke der Untersuchung die Entfernung der Ausbesserungen in der Zimmerdecke und gegebenenfalls die Zuziehung eines kriminalistischen Sachverständigen gestattet sowie der Nebenklägerin U. B. die Duldung der Untersuchungshandlungen aufgegeben. Auf deren gemäß § 305 Satz 2 StPO statthafte Beschwerde hob das Oberlandesgericht die Anordnungen der Strafkammer mit der Begründung auf, der die Beschlagnahme und Durchsuchung nur rechtfertigende, hinreichend konkretisierte Tatverdacht, daß Rechtsanwalt B. von fremder Hand getötet worden sei, liege nicht vor; die früher durchgeführten Ermittlungen und Verfahren hätten keine brauchbaren Anhaltspunkte für diesen Verdacht ergeben; ob die Hauptverhandlung solche Ergebnisse gehabt habe, lasse sich weder der angefochtenen Entscheidung noch der Begründung entnehmen, mit der die Strafkammer der Beschwerde nicht abgeholfen habe; falls tatsächlich solche Ergebnisse vorlägen, müsse die Strafkammer sie in einer neu zu treffenden Entscheidung darlegen. Den daraufhin wiederholten Beweisantrag hat die Strafkammer in der Hauptverhandlung vom 5. Oktober 1965 in Anlehnung an die in der Beschwerdeentscheidung niedergelegten Grundsätze abgelehnt. Sie hat insbesondere die Unsicherheit des etwa zu erwartenden Untersuchungsergebnisses hervorgehoben, auf die sämtliche kriminalistischen Sachverständigen hingewiesen hätten und ausgeführt, danach sei nicht erkennbar, daß durch die beantragte Beweiserhebung das bisherige Beweisergebnis der einen oder anderen Seite maßgeblich beeinflußt werden könne.

Zu Unrecht rügt die Revision dieses Verfahren.

Es kann dahinstehen, ob die Rüge in der in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form erhoben ist, weil die Revision nur einen Teil der vorstehenden, zum Verständnis und damit auch zur Entscheidung notwendigen Tatsachen mitteilt (vgl. BGHSt 3, 213, 214). Es braucht auch nicht erörtert zu werden, ob die Entscheidung der Strafkammer, die in allen Grundsätzen einem in einem zulässigen Zwischenverfahren ergangenen und nicht mehr anfechtbaren Beschluß des Oberlandesgerichts folgt, mit der Revision überhaupt noch angegriffen werden kann (vgl. oben Ziffer 9 Abs. 4). In der Sache ist die Rüge jedenfalls unbegründet.

Inhalt des Beweisantrages ist die Behauptung, daß Rechtsanwalt B. den ihn tötenden Schuß nicht selbst abgegeben haben könne und daß sich dies durch die Lage seiner Leiche und die Art der Kugeleinschläge in der Decke mit Hilfe von Sachverständigen nachweisen lasse. Ziel dieses - zulässigen - Antrages auf Überprüfung des bisherigen Beweisergebnisses ist also die Anordnung einer Augenscheinseinnahme durch Sachverständige und deren Begutachtung der dadurch vermittelten Erkenntnisse. Ob ein solcher Beweisantrag, wie die Revision meint, nur aus den förmlichen, eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung allerdings ausschließenden Gründen des § 244 Abs. 3 und 4 StPO oder, weil die Augenscheinseinnahme zunächst im Vordergrund steht, bereits dann abgelehnt werden darf, wenn die Beweisaufnahme "nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist" (§ 244 Abs. 5 StPO), das heißt unter Würdigung auch des bisherigen Beweisergebnisses (vgl. RGSt 47, 100, 107; BGHSt 8, 177, 180 f. zu § 244 Abs. 5 StPO), kann dahinstehen. Hier war die Ablehnung jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil durch die beantragte Beweiserhebung, wie schon das Oberlandesgericht und ihm folgend auch die Strafkammer zutreffend ihren Erwägungen zu Grunde gelegt haben, in die Rechte eines Dritten, der Nebenklägerin, eingegriffen werden sollte und die Voraussetzungen dazu nicht vorlagen. Die zur Augenscheinseinnahme und Begutachtung notwendige Beschlagnahme des Deckenputzes wäre nach § 94 Abs. 1 StPO nur zulässig gewesen, wenn dieser Gegenstand als Beweismittel für die Untersuchung "von Bedeutung" sein konnte. Das war er aber nur dann, wenn die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit erforderlich war (§ 244 Abs. 2 StPO), wenn sie also bei vernünftiger Betrachtungsweise zu Erkenntnissen hätte führen können, die das bisherige Verhandlungsergebnis in irgend einer ins Gewicht fallenden Weise beeinflussen konnten. Diese Möglichkeit hält die Strafkammer jedoch wegen der Unsicherheit eines etwa zu erwartenden Ergebnisses der beantragten Untersuchung unter Bezugnahme auf die übereinstimmenden gutachtlichen Äußerungen der kriminalistischen Sachverständigen mit rechtlich nicht angreifbaren Erwägungen für ausgeschlossen. Daß die Sachverständigen früher zum Teil eine andere Auffassung vertreten hatten, ist in Anbetracht dieser Unsicherheit ohne Belang.

16.) Fehl geht die Rüge, die Strafkammer habe den Beweisantrag der Verteidigung auf erneute Vernehmung der Zeugen L. B. und Frau K. in der Hauptverhandlung vom 29. November 1965 zu Unrecht als für die Entscheidung bedeutungslos abgelehnt (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).

Nach der Beweisbehauptung soll Frau K. nach ihrer und ihres Ehemannes Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 10. August 1965 zu Herrn B. erklärt haben, sie sei froh, aus der Vernehmung heraus zu sein; es stimme ja, daß ihr Ehemann der U. laufend nachgestellt und daß es deshalb Ärger und Aufsehen gegeben habe; sie wolle aber ihren Mann nicht belasten. Auf diese Behauptung kam es in der Tat nicht an. Der von den Eheleuten K. am 10. August 1965 bekundete gleichzeitige Aufenthalt des Ehemanns K. (mit einem Kegelclub) und der U. B. (mit einer Freundin) in J. lag mehr als zehn Jahre zurück (vgl. UA 254; Sitzungsniederschrift Bd. XII Bl. 466 bis 468). Dieser Vorfall hat mit der Frage, ob sich Rechtsanwalt B. selbst getötet hat oder nicht, nichts zu tun. Es fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, daß seine Aufklärung für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Eheleute K. im übrigen bedeutungsvoll hätte sein können. Weder aus dem Urteil noch aus der Sitzungsniederschrift ergibt sich ein Widerspruch zwischen der behaupteten Äußerung und der voraufgegangenen Zeugenaussage der Ehefrau K. Die Auffassung, daß die Strafkammer, wenn sie schon die Beweisbehauptung als bedeutungslos ansehen wollte, dann auf eine Berücksichtigung der Aussagen der Eheleute K. überhaupt hätte verzichten müssen, ist abwegig.

17.) Die Rüge, die Strafkammer habe zu Unrecht den Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Schriftgutachtens abgelehnt, hat die Verteidigung in der Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

18.) Abwegig ist endlich die Rüge der Verletzung der §§ 261, 264, 267 und 275 StPO sowie der Grundsätze der "Konzentration", der "Rechtsstaatlichkeit", der "Verhältnismäßigkeit" und der Mündlichkeit durch "unzulässige Ausuferung des Prozesses".

Nur folgendes bedarf der Erwähnung:

a) Auf der Länge des Sitzungsprotokolls und auf dem Umfang der Urteilsgründe beruht die Verurteilung des Angeklagten nicht.

b) Ob ein Urteil dann auf einer überlangen Verhandlungsdauer beruhen kann, wenn das Gericht in einer durch nichts gerechtfertigten und in keinem Verhältnis zu der in der Anklage bezeichneten Tat stehenden Weise die Verhandlung auf sachfremde Sachverhalte ausdehnen sollte, so daß durch diesen Mangel an Straffung der Blick für das Wesentliche verlorengehen kann, die Verteidigung unzulässig beschränkt und eine gerechte Urteilsfeststellung in Frage gestellt wird, bedarf nicht der Entscheidung. Hier liegt es so nicht. Der Angeklagte hatte in Wort und Schrift vielfach behauptet, Rechtsanwalt B. sei ermordet worden. Er hatte nicht nur bestimmte Personen des Mordes und der Beihilfe dazu bezichtigt, sondern den Strafverfolgungs- und anderen Behörden sowie zahlreichen Beamten vorgeworfen, sie hätten aus verschiedensten Gründen den Mord verschleiert und die Mörder und deren Helfershelfer begünstigt. Deshalb war er u.a. angeklagt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und die Tätigkeit des Angeklagten zum "Komplex B." gehörten also zur "Tat" im Sinne des § 264 StPO, d.h. zu dem geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte die Mehrzahl der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Straftatbestände verwirklicht hat. Das gilt umso mehr, als ihm nach § 186 StGB die Gelegenheit zum Wahrheitsbeweis gegeben und nach § 164 StGB festgestellt werden mußte, ob die von ihm erhobenen Anschuldigungen falsch waren. Angesichts der gesamten Verhaltensweise des Angeklagten, der gerade mit diesem Verfahren eine genaue Überprüfung der gesamten behördlichen Tätigkeit in diesem Zusammenhang erstrebte, seiner Vorstellungswelt und der Auffassung eines Teils seiner Verteidiger hat die Strafkammer die Vorgänge aus gutem Grund eingehend und ausführlich behandelt. Die eindeutigen Feststellungen und Ausführungen des Urteils sind das Ergebnis ihrer Bemühungen. Von einem "Mißbrauch des Strafverfahrens", einem Mangel an Konzentration, davon, daß ihr der Blick für das Wesentliche verlorengegangen sei, kann keine Rede sein.

c) Auch eine erhebliche Überschreitung der Wochenfrist des § 275 Abs. 1 StPO kann die Revision nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht begründen (BGHSt 21, 4 mit Nachweisen).

III. Sachbeschwerde

Die Nachprüfung des Urteils hat weder im Schuldspruch noch im Strafausspruch einen Rechtsfehler ergeben. Nur in Folgendem bedarf es der Erörterung.

1.) Allgemein sei bemerkt:

Fehl geht die Auffassung, Wortlaut und Auslegung der §§ 164, 193 StGB berücksichtigten nicht in ausreichendem Maße die wohlverstandenen Interessen des Staatsbürgers von heute. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen ist zwar eine besondere Ausprägung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung, ohne das eine freiheitliche demokratische Staatsordnung nicht denkbar ist (BGHSt 12, 287, 293). Diese Ordnung zu sichern, ist auch heute nicht nur ein allgemeines Anliegen, sondern auch ein berechtigtes Interesse jedes einzelnen (vgl. BGH NJW 1956, 799; BVerfG NJW 1961, 819, 821). Er ist mitverantwortlich für eine saubere Rechtspflege als Voraussetzung für den Rechtsfrieden und ein gedeihliches Zusammenleben und hat deshalb auch das Recht, Mißstände aufzudecken. Der Angeklagte verkennt jedoch seine Aufgabe als Staatsbürger grundlegend, wenn er glaubt, er müsse oder dürfe zu einem solchen Zweck seinen Gefühlen freien Lauf lassen und ohne Rücksicht auf andere ebenso schutzwürdige Interessen die zu Hütern des Rechts und der Ordnung berufenen Personen und andere Mitbürger angreifen und in ihren Rechten schmälern. Eine solche uferlose Interessenwahrnehmung zerstört die Gemeinschaft. Daß der Angeklagte davon überzeugt war, Rechtsanwalt B. sei von fremder Hand getötet worden, seine Frau, G. K. und weitere Personen seien an dem Mord beteiligt, die Behörden verschleierten dies, und daß er diesen Verdacht aussprach, wird ihm nicht zur Last gelegt. Vorgeworfen wird ihm - mit Recht -, daß er den Verdacht nicht als solchen kennzeichnete, sondern als sichere Tatsache hinstellte und dazu zahllose Behauptungen bewußt wahrheitswidrig oder leichtfertig falsch aufstellte. Gewiß durfte er sich mündlich und schriftlich für sein Anliegen einsetzen und dazu auch "schockieren". Zu vorsätzlichen Beleidigungen, wie sie im Urteil über die angeklagten Fälle hinaus in einer Vielzahl festgestellt worden sind, bestand weder ein Recht, noch irgend ein Anlaß. Daß es anders geht und daß im besonderen die Belange der Familie B. auch mit gesetzlich zulässigen Mitteln zu fördern waren, hat Rechtsanwalt S. durch sein sachliches Vorgehen bewiesen (UA 320 ff).

Unberechtigt ist der Vorwurf, das Verfahren sei nicht fair gewesen. Die Strafkammer ist allen Einwendungen des Angeklagten und seiner Verteidiger bis ins letzte nachgegangen und hat die Beweisergebnisse in einem außergewöhnlich sorgfältigen und gründlichen Urteil erkennbar mit größter Vorsicht gewertet. Für eine Voreingenommenheit ist nichts ersichtlich. Es mag sein, daß einzelne Zeugen von dem - nicht zuletzt durch Veröffentlichungen in der Presse beeinflußten - spannungsgeladenen Klima unangenehm berührt waren und sich unsicher gefühlt haben. Der Strafkammer kann daraus ein Vorwurf nicht gemacht werden. Sie hat sich erkennbar die größte Mühe gegeben, die Wahrheit zu erforschen und ein gerechtes Urteil zu sprechen.

Dafür, daß der Angeklagte in einem "übergesetzlichen Notstand" gehandelt und sich, vor allem wegen der Unterbringungsbefehle, "vogelfrei" "wie ein gehetztes Wild in den Abgrund gestürzt" gefühlt habe, bieten die Feststellungen des Urteils keinerlei Anhaltspunkte. Gewiß war der Angeklagte infolge des Umfangs und der Dauer seiner Verfehlungen einem starken behördlichen Druck ausgesetzt; das hatte er sich indessen selbst zuzuschreiben. Er hatte sich weitgehend ins Unrecht gesetzt und jeden, der nach seinem Gefühl ein Hindernis für die Durchsetzung seines Anliegens war oder auch nur sein konnte, durch grobe Beschimpfungen oder unwahre Bezichtigungen bis zum äußersten verfolgt. Wer so kämpft, setzt sich von vornherein dem Verdacht aus, daß er nicht der Sache wegen handelt, sondern "sein Mütchen kühlen" will. Jedenfalls konnte die Strafkammer nach den von ihr getroffenen Feststellungen dieser Meinung sein. Wenn sie unter solchen Umständen zunächst die Möglichkeit ins Auge gefaßt hat, daß der Angeklagte an geistigen Störungen leide, so entsprach das durchaus der Sachlage. Die Klärung der Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten gehörte zur Aufklärung des Sachverhalts.

Ein Großteil der Kritik am Urteil, namentlich der von Prof. Dr. K., beruht auf unzulässiger eigener Beweiswürdigung. Die Feststellung der Tatsachen und die Würdigung der Beweise sind allein Sache des Tatrichters. Dem Angriff der Revision sind deshalb nicht nur die Beweisanzeichen entzogen, die der Tatrichter für festgestellt erachtet, sondern auch die Folgerungen, die er auf der Grundlage dieser Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht gezogen hat. Das gilt auch in Bezug auf die innere Tatseite. Alle diese Elemente der auf Tatsachenfeststellung gerichteten Meinungsbildung darf das Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler nachprüfen. Solche sind hier nicht ersichtlich. Darauf wird zur Frage der Leichtfertigkeit noch besonders eingegangen.

2.) Die Verurteilung des Angeklagten wegen wissentlich falscher Anschuldigung seines Vaters (Fall I 5 der Urteilsgründe) wird auch zur inneren Tatseite von den eindeutigen Urteilsfeststellungen getragen. Danach wußte der Angeklagte, daß sein Vater die beiden Minderleistungen im Jahre 1959 in den darauf folgenden beiden Monaten wieder ausgeglichen, auf das obsiegende Urteil des Amtsgerichts M. vom 31. Januar 1961 vertraut, erst danach und allein deswegen seine Zahlungen eingestellt und sich einer vorsätzlichen Unterhaltspflichtverletzung nicht schuldig gemacht hatte. Um den Vater gleichwohl unter Druck zu setzen und ihn zur Weiterzahlung zu bewegen, verschwieg er in der Strafanzeige den Zahlungsausgleich 1959 und vermied jeden Hinweis auf den Rechtsstreit und die erwähnte Entscheidung des Amtsgerichts M. (UA 168, 170, 180 bis 184). Daß er "in Ergänzung" der Anzeige, mit der die Tat vollendet war, einige Wochen später u.a. auch das Aktenzeichen des Zivilverfahrens mitteilte (UA 171), ist ohne Belang. Weshalb bei dieser Sachlage die mangelnde rechtliche Bindungswirkung des Zivilurteils für das vorliegende Strafverfahren irgend eine Bedeutung haben könnte, ist unerfindlich. Was die Revision hierzu vorbringt, ist offensichtlich unbegründet.

3.) Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer angenommen, daß der Angeklagte die falschen Verdächtigungen in den Flugblättern (Fälle II 4, 8, 15 und 19 der Urteilsgründe) leichtfertig ausgesprochen und eine Vielzahl tatsächlicher Behauptungen bewußt oder leichtfertig falsch aufgestellt habe. Sämtliche von der Strafkammer angestellten Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Insbesondere sind die Folgerungen, die sie aus festgestellten Beweisanzeichen gezogen hat, denkgesetzlich möglich und widersprechen nicht der Lebenserfahrung; zwingend brauchen sie nicht zu sein (BGH NJW 1951, 325). Die Revision verknüpft in weitem Umfang Urteilsfeststellungen mit neuen Tatsachenbehauptungen und eigenen Wertungen und versucht auf diese - unzulässige Weise, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch ihre eigene zu ersetzen.

Das zeigen vor allem die Ausführungen, mit denen die Revision zu begründen versucht, daß die Strafkammer sich mit 15 von ihr getroffenen Feststellungen rechtlich nicht oder doch nicht im richtigen Zusammenhang auseinandergesetzt und schon deshalb die Annahme der Leichtfertigkeit unzulänglich begründet habe. An sich zutreffend weist die Revision zunächst darauf hin, daß der Angeklagte in seinem ersten Flugblatt Ende November 1962 alle von ihm strafbarer Handlungen bezichtigten Personen aufgefordert hat, ihn anzuzeigen, damit er endlich vor Gericht die Wahrheit sagen könne, und daß die Staatsanwaltschaft, obwohl einige der angegriffenen Personen alsbald Strafantrag gestellt haben, die ersten Anklagen im sog. B. -Komplex (erst) am 9. Juni 1963 erhoben hat. Und das, so fügt die Revision hinzu, obwohl die Staatsanwaltschaft schon im September 1962 von der beabsichtigten Flugblatt-Aktion erfahren habe. Das ist indessen nicht festgestellt; dem Urteil ist lediglich zu entnehmen, daß der Angeklagte in diesem Zeitpunkt versucht hat, ein Flugblatt drucken zu lassen (UA 315). Eine Spanne von gut sechs Monaten, gerechnet vom Erscheinen des ersten Flugblattes bis zur ersten Anklageerhebung, ist jedoch bei dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache keine "lange" Zeit; deswegen der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen, sie verschleiere die Aufklärung des Todesfalls, ist abwegig. Auch die folgende Behauptung findet im Urteil keine Stütze: Die Staatsanwaltschaft habe durch eine Pressekonferenz am 3. Dezember 1962 unter Hinweis auf bereits erhobene Anklagen die Öffentlichkeit dahin irregeführt, daß sie schon Anklagen im B. - Komplex erhoben habe, während sich diese Anklagen in Wirklichkeit auf den sog. Vater-Komplex bezogen hätten. Die fehlenden Feststellungen im Urteil werden auch nicht dadurch ersetzt, daß die Presse den Sachverhalt angeblich so dargestellt hat. Ebenfalls keine Urteilsfeststellung, sondern ausschließlich eigene Würdigung ist die weitere Behauptung der Revision, die Staatsanwaltschaft habe in der Folgezeit nur zwei Ziele verfolgt, die Bekämpfung des Amtsgerichtsrats G., der mit Hilfe von Sachverständigen die Todesursache habe aufklären wollen, sowie die lebenslange Unterbringung des Angeklagten in einem Irrenhaus. Nach den Feststellungen hat sich die Staatsanwaltschaft nur deshalb gegen die - ungewöhnliche - Ermittlungstätigkeit des Amtsrichters gestellt, weil sie ein Fremdverschulden nicht für gegeben ansah, und nicht etwa deshalb, weil sie die Todesursache nicht aufklären wollte. Auch lagen, sowohl anfänglich als auch besonders wieder nach dem Gutachten von Prof. Dr. S., eines bekannten Sachverständigen, durchaus Anhaltspunkte vor, an der vollen Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zu zweifeln. Daß sich die Auffassung dieses Sachverständigen nicht durchgesetzt hat, ist kein Grund, die Staatsanwaltschaft unlauterer Machenschaften zu bezichtigen. Im übrigen können das am 9. Juli 1964 erstellte Gutachten und die darauf gegründeten Anträge der Staatsanwaltschaft auf erneute Unterbringung und Eröffnung des Sicherungsverfahrens die Haltung des Angeklagten strafrechtlich erheblich nicht beeinflußt haben, weil er die letzte in diesem Verfahren abgeurteilte Straftat bereits am 24. Februar 1964 begangen hatte (Fall II 21 der Urteilsgründe - UA 793 ff).

Danach bietet das Urteil schon nicht die tatsächliche Grundlage für die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es nicht verständlich sei, wenn der Angeklagte mutmaßte, die Staatsanwaltschaft teile im Grunde seinen Verdacht oder befürchte jedenfalls, daß er sich als richtig erweisen könne, deshalb solle er selbst mundtot gemacht werden, und ob nicht zu prüfen gewesen sei, ob diese Mutmaßung nicht zu seiner ständig wachsenden Neigung zu angriffsfreudigen und unbedachten Handlungen wesentlich beigetragen habe. Unrichtig ist außerdem die Behauptung, die Strafkammer habe sich mit diesen Fragen im Urteil nicht auseinandergesetzt. Die Art und Weise, wie die Strafverfolgungsbehörden die Ermittlungen im Todesfall B. geführt haben, gehörte zu den wesentlichen Punkten in diesem Verfahren. Sie ist im Urteil eingehend behandelt worden. An keiner Stelle ist festgestellt worden, daß die Staatsanwaltschaft leichtfertig gehandelt oder sachfremden Erwägungen Raum gegeben habe (UA 458, 459). Vom kriminalistischen Standpunkt aus wäre es zwar wünschenswert gewesen, wenn unmittelbar nach dem Tode des Rechtsanwalts B. "bestimmte weitere Ermittlungen zur Abrundung und weiteren Sicherung des in seinen Grundzügen bereits hinreichend deutlich gemachten Bildes" durchgeführt worden wären; seine Pflicht verletzt hat jedoch niemand (UA 459). Der Verdacht der Ermordung des Rechtsanwalts B. und der bewußten Verschleierung durch amtliche Stellen hat sich bei seinen Verwandten auf Umstände gestützt, die bei verständiger Würdigung einen solchen Verdacht nicht rechtfertigen konnten. Ausgehend von Voreingenommenheit und Abneigung gegenüber Frau B. haben die Verwandten jeden noch so belanglosen Umstand als Bestätigung ihres Verdachts angesehen. Der Angeklagte hat sich ihre Vermutungen kritiklos zu eigen gemacht. Er hat nicht etwa alle ihm bekannten Umstände sorgfältig abgewogen. Für ihn, der beruflich gescheitert war, war dieses Ereignis ein willkommener Anlaß, seine querulatorischen Neigungen ungehindert in einem allgemeinen Kampf gegen Gerichte, Staatsanwaltschaft und andere Behörden und Organe zu befriedigen. Das hat die Strafkammer im Urteil im einzelnen dargelegt (UA 460 f). Die dort, insbesondere auch zur inneren Tatseite angestellten Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Selbst wenn sich die Strafkammer an dieser Stelle nicht noch einmal ausdrücklich mit allen zuvor festgestellten und gewürdigten Tatsachen auseinandergesetzt haben sollte, so bedeutet das noch nicht, daß sie solche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hätte (BGH NJW 1951, 325). In einem so umfangreichen Verfahren können unmöglich alle zur Überzeugungsbildung herangezogenen Umstände sowohl einzeln als auch im Zusammenhang an jeder dafür in Betracht kommenden Stelle im Urteil ausdrücklich angeführt werden. Der Tatrichter muß sich schon mit der Bezeichnung der wesentlichen Umstände begnügen; das ist hier geschehen.

Zu den weiteren Einwendungen der Revision in diesem Zusammenhang ist folgendes zu sagen:

Selbst wenn der Unterbringungsbefehl vom 6. Dezember 1962 mit weiteren als den vom Landgericht beanstandeten förmlichen Mängeln behaftet gewesen sein sollte, so lag darin für einen vernünftigen Menschen nicht der geringste Anlaß, sich im Sinne des Angeklagten "bestätigt" und zu den den Gegenstand des Verfahrens bildenden weiteren unwahren Bezichtigungen und beleidigenden Äußerungen berechtigt zu fühlen. Mit dieser Frage hat sich die Strafkammer im Urteil auseinandergesetzt (UA 481). Nichts spricht dafür, daß sie dabei übersehen haben könnte, daß bei Erlaß des Unterbringungsbefehls noch keine Anklage im B. -Komplex erhoben war.

Mit dem Verdacht des Amtsgerichtsrats G und seinen Maßnahmen sowie ihren denkbaren Einflüssen auf die Überzeugungsbildung des Angeklagten hat sich die Strafkammer im Urteil ebenfalls ausführlich beschäftigt (UA 482, 483). Die Möglichkeit, daß diese Maßnahmen den Angeklagten in seiner Haltung bestärken konnten, hat sie nicht übersehen. Sie ist jedoch mit Recht davon überzeugt, daß sich der Angeklagte auf diese Maßnahmen nicht hätte stützen dürfen, weil er sie nur kritiklos als Bestätigung seiner Mord-These angesehen, sich dagegen mit der Tatsache, daß die vom Amtsrichter erlassenen Haftbefehle mangels Tatverdachts schon am nächsten und übernächsten Tage vom Landgericht wieder aufgehoben wurden, nicht kritisch auseinandergesetzt habe.

Die behauptete "Behinderung der G. schen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft" hat die Strafkammer ebenfalls im Urteil rechtsbedenkenfrei erörtert (UA 483, 484). Daß die Staatsanwaltschaft sich gegen die Ermittlungstätigkeit des Amtsrichters gestellt und ihn schließlich sogar - erfolglos - mit der Befangenheitsrüge auszuschalten versucht hat, ist freilich ein Umstand, der von einem Menschen wie dem Angeklagten als "Bestätigung" aufgefaßt werden konnte. Indessen hebt die Strafkammer mit Recht hervor, daß die Auffassung der Staatsanwaltschaft von der Sache her gerechtfertigt war. Die Haltlosigkeit der Verdachtsgründe des Amtsrichters ist durch die Aufhebung der Haftbefehle alsbald offenkundig geworden. Auch sonst hat dessen Ermittlungstätigkeit zu keinerlei dem Angeklagten günstigen Ergebnissen geführt. Daß die Staatsanwaltschaft versucht hat, Amtsgerichtsrat G. persönlich auszuschalten, ist auch nicht unverständlich; ihr ging es darum zu verhindern, daß dieser Richter in die Freiheitsrechte unschuldiger Bürger grundlos eingriff. Daraus zu folgern, daß sie die Aufklärung der Todesursache habe verschleiern wollen, ist so unvernünftig, daß es die angenommene Leichtfertigkeit der Bezichtigungen nicht in Frage stellen kann.

Diese Beurteilung erfährt auch dadurch keine Einschränkung, daß sogar die erkennende Strafkammer damals die Maßnahmen von Amtsgerichtsrat G. nicht als abwegig angesehen und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die angeordnete Erstreckung der Untersuchung auf eine evtl. Betäubung oder Vergiftung von Rechtsanwalt B. am 4. Januar 1963 mit dem Hinweis auf vorliegende "durchaus gewichtige, auf ein möglicherweise strafbares Verhalten hindeutende Verdachtsgründe" zurückgewiesen hat (UA 331). Mag der Angeklagte deswegen auch zunächst guten Glaubens gewesen sein, nach Aufhebung der Haftbefehle am 23. Januar 1963 konnte er sich in seinem Verdacht durch das Gericht jedenfalls nicht mehr bestätigt fühlen. Wenn er gleichwohl in seinen späteren Flugblättern den bloßen Verdacht, daß Rechtsanwalt B. mit Hilfe seiner Ehefrau und von G. K. ermordet worden sei und die Staatsanwaltschaft sowie bestimmte weitere Personen dies zu verschleiern suchten, als sichere Tatsache hinstellte, so war das leichtfertig.

Zu Unrecht bekämpft die Revision die Überzeugung der Strafkammer, daß der Angeklagte entgegen seiner Darstellung die ihm insbesondere von C. B. angegebenen Verdachtsgründe allenfalls unkritisch und oberflächlich auf ihre Stichhaltigkeit überprüft habe (UA 477). Sie steht nicht im Widerspruch zu der Darstellung Blatt 295 der Urteilsgründe, wonach der Angeklagte umfangreiche eigene "Ermittlungen" angestellt und mehrere hundert Personen befragt habe "über alle möglichen Dinge, die er für den Todesfall B für wesentlich hielt". Wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, ist die Strafkammer überzeugt, daß diese Ermittlungen keinen echten Überprüfungscharakter gehabt haben, sondern ausschließlich durch die querulatorischen Neigungen des Angeklagten bestimmt gewesen sind. Gegen diese Überzeugung ist umso weniger einzuwenden, als die "Ermittlungstätigkeit" des Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen zu keinerlei Ergebnissen geführt hat, die vernünftigerweise seinen Verdacht hätten bestätigen können. Auch die Revision nennt solche Umstände nicht. Sie führt selbst aus, "vieles" habe sich in der Hauptverhandlung nicht mehr "erhärten" lassen. Offenbar will sie darauf hinaus, allein schon die Tatsache, daß der Angeklagte diese "umfangreichen Ermittlungen" angestellt habe, schließe bereits die Annahme leichtfertigen Handelns aus. Das ist unrichtig. Nur bei vernünftigen Anhaltspunkten könnte sich eine andere Beurteilung ergeben. Solche sind nicht festgestellt.

Die Strafkammer hat nicht übersehen, daß zunächst auch Rechtsanwalt S. die Mord-These der Familie B. vertreten hat. Wenn sie daraus nicht die von der Revision gewünschten Schlüsse gezogen hat, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Rechtsanwalt S. hat sich nach den Feststellungen ausschließlich sachlich um die Aufklärung des Todesfalls bemüht. Nichts ist dafür ersichtlich, daß er etwa den Angeklagten zu seinen maßlosen und unnötigen Bezichtigungen und Beschimpfungen angeregt hätte.

Prof. Dr. T. hat nach den Feststellungen die Todesursache durch Hinweis auf eine Gewalteinwirkung gegen den Kopf des Toten zutreffend bescheinigt. Daß er nicht, wie die Revision fordert, "Selbstmord", sondern "privater Unglücksfall" als Todesart angeführt hat, war nicht "fälschlich", vielmehr aus seiner Sicht richtig. Er war, wie alle anderen fachlich Beteiligten, davon überzeugt, daß jedenfalls eine Fremdtötung nicht vorlag und wollte aus Pietätsgründen kein Aufhebens machen (UA 525 f). Wäre der Angeklagte nicht ohnehin von einem Mord überzeugt gewesen, hätte er die Beweggründe des Arztes ohne weiteres erkennen können (UA 527). Ihn deswegen der Mord-Verschleierung zu bezichtigen, war abwegig. Er hat den Arzt nur verdächtigt, weil dessen Verhalten zu seiner Mord-These nicht paßte (UA 527).

Die Leichtfertigkeit der Bezichtigungen gegenüber Prof. Dr. P., der nach der Behauptung des Angeklagten die Leichenöffnung abgelehnt haben soll, wird durch die Feststellung unterstrichen, daß dieser Arzt zur fraglichen Zeit urlaubsabwesend war (UA 549). Soweit die Revision sich auf die "völlig haltlose Bescheinigung" und das "widersprüchliche Verhalten" des Arztes beruft, finden ihre Ausführungen im Urteil keine Stütze. Allein daraus, das Prof. Dr. P. den Angeklagten möglicherweise unter Hinweis auf seine guten Beziehungen zur Staatsanwaltschaft gebeten hatte, sich für den beabsichtigten Obduktionsantrag nicht auf sein Lehrbuch zu berufen, konnte vernünftiger Weise nicht gefolgert werden, daß er einen Mord verschleiern helfen wollte.

Nach den Urteilsfeststellungen hätte sich der Angeklagte im einschlägigen Schrifttum unschwer davon überzeugen können, daß Selbstmörder sich aller nur erdenklichen Waffen bedienen (UA 513). Daß die Strafkammer deshalb der Anfrage des Angeklagten bei dem ohnehin nicht sachverständigen Waffenhändler D. nach der Gebräuchlichkeit des verwendeten Gewehrs als "Selbstmordinstrument" keine entscheidende Bedeutung beimißt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hat sich nur bei der Abfassung des Textes des ersten Flugblatts von "Hochschullehrern" beraten lassen (UA 501). Ob seine tatsächliche Darstellung hinsichtlich der Eignung des Gewehrs zur Selbsttötung zutraf, konnten diese nicht beurteilen (UA 520).

Unbegründet ist die Auffassung, die Strafkammer klammere sich an nebensächliche Unstimmigkeiten und an den aus dem Zusammenhang gerissenen Wortlaut von Erklärungen. Das Urteil hat beispielsweise festgestellt, die herbeigerufenen Feuerwehrmänner hätten in der Diele der Wohnung B. kurze Zeit gewartet; währenddessen sei die Tür zum Schlafzimmer geschlossen gewesen (UA 611). Die Behauptung des Angeklagten, daß die Feuerwehrmänner im Treppenhaus vor verschlossenen Türen fünf Minuten warten mußten, war also unrichtig. Damit wurde nicht lediglich gesagt, daß man sie "draußen habe warten lassen", wie die Revision jetzt meint. Ebenso verfehlt sind die Ausführungen der Revision zu den angeblichen Schießkünsten von Frau U. B. Dem Angeklagten war lediglich zugetragen worden, Frau B. habe einmal auf dem "Send" erfolgreich an Schießbuden geschossen (UA 614). Daraus folgerte er, sie, die er der Mithilfe am Mord bezichtigte, sei eine treffsichere Schützin; er behauptete sogar, sie sei Jagdscheininhaberin (UA 594). Das war sie nach den Feststellungen nicht. Sie hatte lediglich eine Jägerprüfung abgelegt, um ihren Mann als Jäger begleiten zu können; nicht einmal das wußte der Angeklagte aber. Die Revision meint nun, der Angeklagte habe nur sagen wollen, daß Frau B. als ausgebildete Jägerin schießen gelernt und diese Fähigkeit erst kürzlich unter Beweis gestellt habe. Das widerlegt sich danach selbst. Auch was die Revision sonst in diesem Zusammenhang vorbringt, ist entweder unzulässige eigene Würdigung oder offensichtlich unbegründet.

Den Vorwurf der Leichtfertigkeit hat die Strafkammer nicht allein aus dem Inhalt der Flugblätter begründet. Zwar spricht der Wortlaut einiger Urteilsstellen, für sich betrachtet, für ein solches Vorgehen. In Blatt 759 und Blatt 770 der Urteilsgründe heißt es in der Tat, daß der Vorwurf der Leichtfertigkeit sich zunächst schon aus dem Inhalt des Flugblattes selbst ergebe. So ist es jedoch nach dem Zusammenhang nicht gemeint. Der Gedankengang des Urteils ist vielmehr folgender: Zum ersten Flugblatt (Fall II 4 der Urteilsgründe) wird zunächst im einzelnen festgestellt, daß das Flugblatt zahlreiche Unrichtigkeiten, Verdrehungen, haltlose Behauptungen und falsche Schlußfolgerungen enthalte (UA 513 f); danach heißt es, der Angeklagte habe nicht nur haltlose Behauptungen usw. zur Grundlage seiner Flugblattaktionen gemacht und insofern schon allein deshalb leichtfertig gehandelt, seine Leichtfertigkeit ergebe sich weiter daraus, daß er vor der Herausgabe des Flugblattes vielfach gewarnt worden sei (UA 516). Im Fall II 15 der Urteilsgründe heißt es in ähnlichem Zusammenhang, wie bereits festgestellt, habe der Angeklagte seine Bezichtigungen in leichtfertiger Weise auf unbewiesene Vermutungen usw. gestützt; sein Vorgehen sei schon aus diesem Grunde leichtfertig (UA 701). Nicht anders verhält es sich mit den oben bezeichneten Stellen. Die Strafkammer hat jeweils die in den Flugblättern behaupteten unwahren Tatsachen angeführt und sie darauf untersucht, weshalb der Angeklagte sie gerade an dieser Stelle behaupte; sie hat die unwahren Tatsachen ferner auf den Zusammenhang mit weiteren hier und an anderen Stellen aufgestellten Behauptungen geprüft sowie auf die Art und Weise, wie er zu diesen Behauptungen gekommen sei, aus allem hat sie erst den Schluß auf leichtfertiges Verhalten gezogen. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden.

Die Revision meint, der schwerste Vorwurf, den die Strafkammer zur Begründung der Leichtfertigkeit gegen den Angeklagten erhoben habe, sei der der böswilligen Verfälschung von Tatsachen; gerade er begründe aber eine Leichtfertigkeit nicht, denn was der Angeklagte selbst nicht für wahr gehalten, sondern bewußt wahrheitswidrig behauptet oder erfunden habe, könne seine eigene Meinungsbildung nicht beeinflußt haben.

Die Strafkammer hat die Leichtfertigkeit nicht nur etwa mit der bloßen Tatsache begründet, daß der Angeklagte einen bestimmten Punkt bewußt verfälscht habe. Vielmehr hat sie die bewußten Verfälschungen, die sie schon des Zusammenhangs wegen im Urteil anführen mußte, einmal dazu benutzt, um sichtbar zu machen, wie der Angeklagte vorgehe, daß er sogar bewußt verfälsche, und hat dann daraus auf die Art und Weise der "Sorgfalt" geschlossen, mit der er seine Meinung zu bilden pflege. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden. So heißt es beispielsweise Blatt 535 der Urteilsgründe wörtlich: "Die Art und Weise, wie der Angeklagte in seinem Flugblatt angebliche Verdachtsgründe konstruiert", werde schließlich dadurch gekennzeichnet, daß er die ihm bekannte Tatsache verschweige, daß G. K. sich am 25. August 1961 gemeinsam mit seiner Frau in der Wohnung B. aufgehalten habe. Dieses bewußte Verschweigen wird dann außerdem im Urteil hervorgehoben, um den Zweck des Handelns klarzustellen: Die Wahrheit paßte dem Angeklagten nicht in die Mord-These, durch sie hätte die Bezichtigung des Mord-Komplotts U. B. /G. K. erheblich an Gewicht verloren; deshalb verschwieg er, daß H. K. ebenfalls in der Wohnung war. Ähnlich verhält es sich mit den anderen von der Revision angeführten Urteilsstellen. Die erhobenen Bedenken sind unbegründet.

Die von der Strafkammer aufgeführten vielfachen "Warnungen", die der Angeklagte vor der Herausgabe der Flugblätter erhalten hatte, rechtfertigen in ihrer Gesamtheit die daraus für die Annahme der Leichtfertigkeit gezogenen Folgerungen. Offensichtlich unbegründet ist die Auffassung, daß insoweit allenfalls die strafprozessualen Maßnahmen gegen den Angeklagten als Warnung hätte dienen können. Auf die Betrachtung jedes einzelnen Umstandes kam es hier nicht an. Alles zusammen hätte dem Angeklagten klar machen müssen, daß er sich auf falschem Weg befand und nicht der richtige Mann für die übernommene Aufgabe war und daß er deshalb sein weiteres Verhalten kritisch bedenken müsse. Da fast alle ersichtlich anderer Auffassung waren als er und ihm dies immer wieder vor Augen geführt wurde, war es leichtfertig, daß der Angeklagte kritiklos weiter "kämpfte". So gesehen war auch die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, die immerhin auf der Grundlage von zwei Sachverständigen-Gutachten angeordnet worden war, als Warnung geeignet. Das gleiche gilt für die Hausverbote. Daß der Angeklagte den Todesfall "aufklären" wollte, ändert nichts an der Feststellung, daß er bedenkenlos andere Menschen zu Unrecht schwerer Verbrechen bezichtigte, und zwar ohne ernsthafte Anhaltspunkte, und mit völlig ungeeigneten Mitteln.

Die Frage, ob Frau B. ihren Mann, wie der Angeklagte erstmals in seinem Schlußwort angedeutet hat, durch Unterlassen getötet haben kann, indem sie seinen Selbstmord geschehen ließ, stellt sich nach den Urteilsfeststellungen nicht. Einen solchen Verdacht hatte der Angeklagte nicht ausgesprochen. Er war nicht Gegenstand der Untersuchung.

4.) Die gegen die Verurteilung des Angeklagten wegen Widerstandsleistung in den Fällen II 5 und 13 der Urteilsgründe erhobenen Einwendungen sind nicht stichhaltig.

a) Die Bahnpolizeibeamten W. und G. haben in rechtmäßiger Ausübung ihres Amtes gehandelt. Sie waren örtlich und sachlich zuständig und haben auch die hier notwendigen wesentlichen Förmlichkeiten beobachtet (vgl. RGSt 72, 605, 311; BGHSt 4, 161, 164; Rehbinder GA 1963, 33, 34).

Der Amtsbereich der Bahnpolizei erstreckt sich nicht nur auf das gesamte Gebiet der Bahnanlagen der Bundesbahn (§§ 74 Abs. 1, 76 Satz 2 EBBO in der Neufassung vom 1. Juli 1962 - BGBl III 1933 Folge 44 S. 50 ff). Den Bahnpolizeibeamten obliegt nach § 78 Abs. 7 EBBO außerdem, ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse am Grundstück, "die Überwachung der Ordnung auf den Vorplätzen der Bahnhöfe ...", soweit nicht sonstige Polizeibeamte diese Aufgabe übernehmen, was hier nicht der Fall gewesen ist. Die von der Verteidigung angeführte Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Februar 1961 (5 StR 483/60) betrifft die Zuständigkeit der allgemeinen Polizei auf den ... S-Bahnhöfen, also einen hier nicht vergleichbaren Sonderfall. Zur Sicherung der Ordnung auf einem Bahnhofsvorplatz ist W. nach den Urteilsfeststellungen zunächst allein, später unterstützt von G., in Uniform (vgl. § 75 Abs. 2 EBBO) gegen den Angeklagten eingeschritten, als dieser am 8. August 1963 gegen 17 Uhr vor dem Bahnhof ... sein "B. -Gedächtnisflugblatt Nr. 5" verteilte. Die hierzu im Urteil angestellten Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Insbesondere ist die Strafkammer zutreffend von dem für das Einschreiten der Polizei maßgeblichen Begriff der Gefahrenabwehr ausgegangen (vgl. § 14 Abs. 1 PVG i.d.F. des Gesetzes vom 27. November 1953 - GVBl NRW 1953, 403) und hat dargelegt, daß bei dem zur Tatzeit herrschenden sehr starken Fahrgastverkehr zu und von den Zügen die Ordnung durch die Verteilung des Flugblatts gestört zu werden drohte, weil "erfahrungsgemäß bei solchen Gelegenheiten leicht Menschenaufläufe entstehen, auch wenn der Flugblattverteiler hin- und hergeht" (UA 671).

Die Revision meint: Die Gefahr müsse objektiv vorhanden sein, die bloße Möglichkeit genüge nicht. Das Merkmal "drohende Gefahr" sei ein Rechtsbegriff, es reiche nicht aus, daß der einschreitende Beamte sein pflichtgemäßes Ermessen bei der Prüfung der Gefahrenlage habe walten lassen. Die Strafkammer habe fehlerhaft nur auf einen Erfahrungsgrundsatz abgestellt; ein solcher bestehe hier umso weniger, als der Angeklagte vorher bereits viermal in gleicher Weise Flugblätter verteilt habe, ohne daß es zu Schwierigkeiten gekommen sei. Unter solchen Umständen hätten Feststellungen darüber getroffen werden müssen, ob bestimmte Anzeichen dafür vorhanden waren, daß sich infolge der Tätigkeit des Angeklagten in allernächster Zeit eine Menschenansammlung bilden werde.

Die Revision verkennt die Rechtslage. Wenn, wie hier, die Vornahme einer Amtshandlung von dem Vorhandensein bestimmter sachlicher Voraussetzungen abhängt, weist das Gesetz dem Beamten auch die Prüfung zu, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, und stellt damit die Vornahme der Amtshandlung letztlich in sein Ermessen. Rechtmäßig ist in solchen Fällen die Amtsausübung dann, wenn der Beamte das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausübt und sein amtliches Handeln nach dem Ergebnis dieser Prüfung einrichtet. Ob dieses Ergebnis richtig oder falsch ist, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit ohne Bedeutung, wenn der Beamte auf Grund sorgfältiger Prüfung in der Annahme gehandelt hat, zu der Amtshandlung berechtigt und verpflichtet zu sein. Die Frage nach deren Erforderlichkeit ist nicht auf Grund der nachträglich ermittelten Sachlage zu beurteilen. Es kommt vielmehr nur darauf an, ob der Beamte im Bewußtsein seiner Verantwortung und unter bestmöglicher pflichtgemäßer Abwägung aller ihm erkennbaren Umstände die Handlung für nötig und sachlich gerechtfertigt halten durfte. Nur ein schuldhafter Irrtum über die Erforderlichkeit der Amtsausübung, Willkür oder Amtsmißbrauch machen die Handlung rechtswidrig (so zutreffend Werner in LK 8. Aufl. § 113 StGB Anm. V 3; vgl. weiter RGSt 61, 297, 298; 72, 305, 311; BGHSt 4, 161, 164; BGH Urt. v. 27. September 1956 - 3 StR 217/56 - und 3. Juni 1960 - 4 StR 164/60; Schönke/Schröder 13. Aufl. § 113 StGB Rn. 16; Schwarz/Dreher 29. Aufl. § 113 StGB Anm. 2 Aa). Danach kommt es also nicht auf den Nachweis einer vorhandenen Gefahr an; die dafür von der Revision angeführte Entscheidung BGH DVBl 1964, 813 betrifft einen Amtshaftungsfall. Maßgebend ist vielmehr allein, ob der Bahnpolizeibeamte W. im Bewußtsein seiner Verantwortung und unter bestmöglicher pflichtgemäßer Abwägung der Umstände sein Einschreiten für nötig und sachlich gerechtfertigt halten durfte. Das hat die Strafkammer ohne Rechtsfehler bejaht. Insbesondere ist hier nichts gegen die Berücksichtigung von Erfahrungswissen einzuwenden. Der Angeklagte hatte sich nach den Feststellungen gerade die Hauptverkehrszeit für seine Tätigkeit ausgesucht. Daß sich die früheren, nicht beanstandeten Fälle ebenfalls zu einer solchen Zeit zugetragen haben, behauptet die Revision nicht. Es herrschte "sehr starker" Fahrgastverkehr. Der Inhalt des Flugblatts sprach das Publikum in besonderem Maße an. Daß unter solchen Umständen eine nicht unerhebliche Störung der Ordnung zu befürchten war, war wahrscheinlich. Von Ermessensmißbrauch kann keine Rede sein.

Das Einschreiten des Bahnpolizeibeamten W. war mithin rechtmäßige Amtsausübung. Da der Angeklagte trotz zweimaliger Aufforderung nicht fortging, sondern die Flugblattverteilung fortsetzte und damit einer zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen dienstlichen Anordnung des zuständigen Beamten keine Folge leistete (§ 77 Abs. 1 EBBO), war W. "befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden", weil "die Anordnung ohne diesen Zwang nicht durchgesetzt" werden konnte (§ 77 Abs. 2 EBBO). Schon aus diesem Grunde war die vorläufige Festnahme zur Beseitigung der Störung und zur Aufrechterhaltung der Ordnung gerechtfertigt. Außerdem hatte sich der Angeklagte einer Übertretung nach den §§ 82 Abs. 1, 77 Abs. 1, 78 Abs. 7 EBBO schuldig gemacht. Zur Aufklärung dieser Tat (§ 163 Abs. 1 StPO) konnte W. als nach § 360 Abs. 1 Nr. 8 StGB zuständiger Beamter von ihm die Angabe der Personalien verlangen und, als dies verweigert wurde, nach § 127 StPO zur Festnahme schreiten (vgl. auch RGSt 72, 30, 31; OLG Hamm NJW 1954, 112). Da er den Angeklagten möglicherweise geschlagen hat (UA 667), befand er sich, als dieser zurückschlug, allerdings nicht mehr in rechtmäßiger Dienstausübung, und der Angeklagte ist deshalb auch insoweit zu Recht nicht verurteilt worden. Als W. dann aber mit G. zurückkam und seine Amtshandlung in äußerlich erkennbarer Weise wieder aufnahm, handelte er wieder rechtmäßig (vgl. auch OLG Oldenburg NJW 1952, 1189). Die Bedenken der Revision sind unbegründet.

b) Auch die Erwägungen zur inneren Tatseite sind - in beiden Fällen der Widerstandsleistung - rechtlich zu billigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. RGSt 55, 161, 166; 72, 300) und des Bundesgerichtshofs (BGHSt 4, 161, 163; NJW 1954, 200; VRS 19, 188, 190; Urt.v. 7. Februar 1961 - 5 StR 483/60), der sich die Strafkammer angeschlossen hat, ist die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung kein Tatbestandsmerkmal des § 113 StGB, sondern eine Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Tätervorsatz nicht zu erstrecken braucht und ein rechtserheblicher Irrtum (Tatbestands- wie Verbotsirrtum) des Täters nicht erstrecken kann. Die Ausführungen der Revision geben dem Senat keinen Anlaß zur Aufgabe dieser - auch überwiegend im Schrifttum vertretenen - Auffassung (vgl. Olshausen, 12. Aufl., § 113 StGB Anm. 12; Werner, LK aaO Bem. VI; Schönke/Schröder 13. Aufl. aaO, Rn. 25; Schwarz/Dreher aaO Bem. 4; Maurach, Deutsches Strafrecht 4. Aufl., S. 597, 599; a.A. Frank 1931 Bem. VII; Kohlrausch/Lange 43. Aufl. Bem. VI; Welzel JZ 1952, 19; Bockelmann in Sitzungen der Großen Strafrechtskommission Teil V). Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHSt 4, 161, 163, 164 im einzelnen ausgeführt hat, gewährleistet diese Auffassung allein den Gesetzeszweck, den Schutz der staatlichen Amtshandlungen und der Vollstreckungsbeamten, ohne die Grundrechte mehr einzuengen, als das Gemeininteresse der staatlichen Ordnung es unvermeidbar gebietet. Sind die äußeren Voraussetzungen zum Eingreifen des Beamten gegeben, ist er also örtlich und sachlich zuständig, wahrt er die vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten und handelt er nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, so übt er sein Amt rechtmäßig aus. Auf die sachliche Rechtmäßigkeit der Vollzugshandlung und auf einen Irrtum des Widerstand Leistenden darüber kommt es dann nicht an. Diese Auslegung des § 113 StGB entspricht seiner Entstehungsgeschichte und dem berechtigten rechtsstaatlichen Ordnungsbedürfnis, das auch ein Bedürfnis der Allgemeinheit ist. Sie schützt die Vollzugsbeamten in ihrer Entschlußkraft bei der Amtsausübung, die sonst in für die öffentlichen Belange unheilvoller Weise gelähmt würde und überläßt die Gefahr des unerlaubt Widerstandleistens dem Widerstehenden. Die Vollzugsbeamten handeln im Dienste der staatlichen Ordnung, ohne deren wirksamen Schutz das Recht überhaupt gefährdet wäre. Sie müssen sich meist auf die Ermittlung des äußeren Sachverhalts beschränken und dann ihre Entschließungen rasch, oft unter schwierigen äußeren Umständen treffen und alsbald tatkräftig durchführen, ohne sich dabei auf verwickelte rechtliche Erörterungen einlassen zu können. Diese Voraussetzungen wirksamer polizeilicher Vollzugstätigkeit sind so offensichtlich, daß jeder einsichtige Bürger, der Ordnung und Sicherheit wünscht, sie erkennen und sich ihnen zunächst beugen muß, wobei ihm der Gebrauch der zulässigen Rechtsmittel offensteht.

Hieraus ergibt sich, daß die Widerstandsleistung gegenüber einem in rechtmäßiger Amtsausübung begriffenen Vollstreckungsbeamten regelmäßig strafwürdiges Unrecht selbst dann darstellt, wenn der Widerstehende sich über die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung unverschuldet irrt. Der Umstand, daß dieser Irrtum nicht vorwerfbar ist, bedeutet nämlich noch nicht, daß auch die Widerstandsleistung als solche nicht zum Verschulden gereicht. Es besteht in der gewaltsamen Gegenwehr trotz hinreichender Möglichkeiten zur Wahrung des Rechts im ordentlichen Rechtsweg. Der von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Gefängnis gespannte Strafrahmen des § 113 Abs. 1 und 2 StGB ermöglicht eine hinreichend schuldangepaßte Ahndung auch bei nicht vorwerfbarem Irrtum des Widerstehenden über die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung. Eine Schuld ist nur ausgeschlossen, wenn das Wagnis der Widerstandsleistung ebensowenig vorgeworfen werden kann, wie die Art und Weise dieses Widerstandes vgl. zum Vorstehenden die Begründung des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs E 1962 - Bundestagsvorlage - S. 268, 605 f.). Dies wird etwa gelten können, wenn bei Verzicht auf Widerstand ein nicht wieder gutzumachender unzumutbarer Schaden zu besorgen ist. Auf Fälle ähnlicher Art ist auch das Selbsthilferecht beschränkt (§ 229 BGB). Dann könnte es in der Tat fraglich sein, ob eine strenge Anwendung der Rechtsauffassung, daß die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung nur eine Bedingung der Strafbarkeit sei, noch mit dem Schuldstrafrecht vereinbar ist. Von einem solchen Ausnahmefall kann jedoch hier keine Rede sein.

Die Vorwürfe gegen W. waren jedenfalls alle Bezichtigungen wissentlich falsch. Der Angeklagte ist deswegen auch nur einmal verurteilt worden.

7.) Fortsetzungszusammenhang hat die Strafkammer entgegen der Meinung der Revision auch für die durch die Veröffentlichung der Flugblätter begangenen Straftaten (Fälle II 4, 8, 15 und 19 der Urteilsgründe) mit zutreffenden Erwägungen verneint.

Das Kennzeichen der fortgesetzten Tat ist der Gesamtvorsatz, durch den der Täter im voraus ein bestimmtes Gesamtergebnis ins Auge faßt und stückweise zu verwirklichen trachtet (BGHSt 16, 124, 128). Er muß so beschaffen sein, daß er spätestens bei der Verwirklichung des ersten Teilaktes der vom Täter geplanten Handlungsreihe vgl. BGHSt 19, 323) dessen sämtliche Teile in den wesentlichen Grundzügen ihrer künftigen Gestaltung umfaßt (BGHSt 1, 313, 315) und auf einen strafrechtlich erheblichen Gesamterfolg gerichtet ist (BGHSt 16, 124, 129). Der im voraus gefaßte allgemeine Entschluß, künftig bei sich bietender Gelegenheit beliebig oft Straftaten gleicher oder ähnlicher Art zu begehen, genügt nicht (BGHSt 2, 163, 167; 12, 148, 155). Eine schematische Abgrenzung ist nicht möglich; die Entscheidung läßt sich nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände vom Tatrichter treffen RGSt 55, 129, 135; BGHSt 12, 148, 155). Kann er nicht zu der vollen Überzeugung gelangen, daß der Täter mit Gesamtvorsatz gehandelt hat, sind die Einzelfälle als selbständige Straftaten abzuurteilen; der Grundsatz "im Zweifel zugunsten des Angeklagten" gilt hier nicht (BGH bei Herlan MDR 1955, 16 zu § 74 StGB).

Diesen Grundsätzen entspricht das Urteil (vgl. insbesondere UA 632, 633). Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte keinen Gesamtvorsatz; vielmehr hat er die späteren Taten jeweils auf Grund neuer, durch die besonderen Umstände der veränderten Sachlage bedingte Entschließungen begangen. Weder das allgemeine Ziel, den Todesfall B. aufzuklären, noch die Aufforderung an die von ihm verdächtigten Personen am Ende des ersten Flugblatts (II 4 der Urteilsgründe), ihn anzuzeigen, damit er endlich vor Gericht die Wahrheit sagen könne (UA 504), begründen einen Fortsetzungszusammenhang. Nichts ist dafür ersichtlich, daß der Angeklagte Ende November 1962 die Herausgabe noch weiterer Flugblätter im Auge gehabt hätte. Im Gegenteil, am 6. Februar 1963 schrieb er an den Sachverständigen Prof. Dr. S., daß er es wohl nicht umgehen könne, die Mordaufklärung mit einem neuen Flugblatt wieder etwas in Fluß zu bringen, nachdem die "W. N." in so übler Weise gegen Amtsgerichtsrat G. Stimmung gemacht haben (UA 346). Die Herausgabe des zweiten Flugblattes am 25. Februar 1963, das nicht Gegenstand der Anklage ist, begründete der Angeklagte dann auch damit, daß sein erstes Flugblatt zwar ein erfreulich starkes Echo gefunden und die Ausgrabung der Leiche gegen den Willen der Staatsanwaltschaft erzwungen habe, daß das Verfahren indessen gleichwohl eingestellt wurde und inzwischen wieder mehr als ein Monat vergangen sei, ohne daß die Bearbeitung die mindesten Fortschritte gemacht habe und daß er sich deshalb für verpflichtet halte, die Öffentlichkeit zu unterrichten UA 350, 352). Auch für die Veröffentlichung des dritten Flugblatts Ende Mai 1963 (Fall II 8 der Urteilsgründe) waren die veränderten Umstände Anlaß. Der Angeklagte wies darauf hin, daß das Verfahren am 22. April 1963 zum vierten Mal eingestellt worden sei, und fuhr dann fort: "Immer noch liegt Wichtiges für die Öffentlichkeit im Dunkeln. Deshalb dieses dritte Aufklärungs- und Anklageflugblatt..." (UA 593). Für die weiteren Flugblätter gilt Entsprechendes. Im vierten Flugblatt vom 28. Juni 1963, das ebenfalls nicht Gegenstand der Anklage ist, nahm der Angeklagte auf die Hausverbote Bezug und bat "um Unterstützung", weil "meine teuflischen Gegner meinen Abtransport ins Irrenhaus" betreiben (UA 381). Im fünften Flugblatt vom 1. August 1963 (Fall II 15 der Urteilsgründe) hob er hervor, daß sich der Ermordungstag zum zweiten Male jähre und er selbst sich deshalb nach einem vollen Jahr mühevollen und gefährlichen Kampfes zu der folgenden "Anklageschrift" verpflichtet sehe (UA 692, 711, 712). Ähnliches gilt dann auch für das sechste und letzte Flugblatt vom 2. Oktober 1963 (Fall II 19 der Urteilsgründe - vgl. UA 746 ff, 776). Die Einwendungen der Revision berücksichtigen den festgestellten Sachverhalt nicht.

8.) Die sorgfältigen und einfühlsamen Erwägungen der Strafkammer zur Strafzumessung enthalten keinen Rechtsfehler. Die Revision bringt insoweit auch nichts vor.

9.) Schließlich unterliegt auch die Kostenentscheidung des Urteils keinen rechtlichen Bedenken. Die Meinung der Revision, daß die durch die Aufklärung des Todesfalls B. entstandenen Kosten nicht die Straftaten des Angeklagten betreffen, ist abwegig.

Die in dem zur Beurteilung anstehenden Verfahren vor und während der Hauptverhandlung durch die Aufklärung der Todesursache erwachsenen Kosten betreffen die "Tat" im Sinne des § 264 StPO, das heißt den geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte den wesentlichen Teil der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Straftaten verwirklicht hat. Auf die Ausführungen zur Verfahrensrüge wird verwiesen (oben II Nr. 18). Diese Kosten sind von dem verurteilten Angeklagten zu tragen (§ 465 Abs. 1 StPO). Die darüber hinaus im Ermittlungsverfahren 2 Js 1130/62 gegen U. B. und Andere durch die Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft entstandenen Kosten gehören nicht zu den Kosten des vorliegenden Verfahrens. Das verkennt die Revision.