OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.09.2010 - 16 B 382/10
Fundstelle
openJur 2012, 125584
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 9. März 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Rechtszüge auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung durch das Beschwerdegericht führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis. Die Klage des Antragstellers erweist sich als offensichtlich unbegründet, so dass die Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zugunsten des vom Antragsgegner ins Feld geführten öffentlichen Interesses ausfällt.

Der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht haben angenommen, dass sich der Antragsteller wegen zumindest gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Der Richtigkeit dieser Bewertung tritt die Beschwerde zunächst mit dem Hinweis auf die mangelnde Verwertbarkeit des Ergebnisses der dem Antragsteller entnommenen Blutprobe entgegen, weil diese nicht richterlich angeordnet worden sei. Der Antragsteller macht insoweit geltend, dass der von ihm gesehene Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelung des § 81a Abs. 2 StPO zu einem Verwertungsverbot für das Ergebnis der Blutprobe führe. Wenn schon im Strafverfahren die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes auf besonders schwerwiegende Fälle beschränkt werde, dürften im Fahrerlaubnisrecht nicht noch engere Maßstäbe angelegt werden. Dem ist indessen nicht zu folgen. Die strafverfahrensrechtlichen Maßstäbe über die Rechtsfolgen von hier unterstellten Mängeln der Beweiserhebung können nicht unbesehen auf das ordnungsrechtliche Fahrerlaubnisverfahren übertragen werden, da dieses andere Zielsetzungen verfolgt und anderen Verfahrensbestimmungen unterliegt. Soweit wie im Fahrerlaubnisrecht ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot nicht besteht, ist vielmehr im Einzelfall zwischen dem Integritätsinteresse des von dem Eingriff betroffenen Grundrechtsträgers und dem Gewicht der sonst zu beachtenden Belange abzuwägen. Diese Abwägung fällt im Fahrerlaubnisrecht in aller Regel und so auch vorliegend zu Lasten des jeweiligen Fahrerlaubnisinhabers bzw. Fahrerlaubnisbewerbers aus. Während nämlich Beweisverwertungsverbote im vorrangig repressiven Zwecken dienenden Strafprozess dem Spannungsverhältnis zwischen dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch einerseits und dem Grundrechtsschutz des Betroffenen andererseits Rechnung tragen, sind im rein präventiven, auf keine Bestrafung gerichteten Fahrerlaubnisverfahren maßgeblich auch Rechtsgüter einer unbestimmten Zahl Dritter, namentlich Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, zu beachten. Mit dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Fahrerlaubnisbehörden an der Berücksichtigung (eventuell) strafprozessual fehlerhaft gewonnener Erkenntnisse allgemein gehindert wären bzw. wegen eines außerhalb ihres Verantwortungsbereichs begangenen Verfahrensfehlers sehenden Auges die gravierenden Gefahren hinzunehmen hätten, die mit der Verkehrsteilnahme eines derzeit kraftfahrungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers verbunden sind.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Juni 2010 16 B 507/10 und vom 20. August 2010 16 B 371/10 ; vgl. ferner OVG MV, Beschluss vom 20. März 2008 1 M 12/08 , Juris (Rn. 7); OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 3. November 2009 OVG 1 S 205.09 , Blutalkohol 47 (2010), 40 = Juris (Rn. 3); OVG Nieders., Beschluss vom 16. Dezember 2009 12 ME 234/09 , NZV 2010, 371 = DAR 2010, 221 = Blutalkohol 47 (2010) = Juris (Rn. 5); Bayer. VGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 11 CS 09.1443 , Juris (Rn. 23 ff.); OVG Rheinl.-Pf., Beschluss vom 29. Januar 2010 10 B 11226/09 , Blutalkohol 47 (2010), 264 = Juris (Rn. 8 ff.); Sächs. OVG, Beschluss vom 1. Februar 2010 3 B 161/08 , Juris (Rn. 7); VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. Juni 2010 10 S 4/10 , Juris (Rn. 11).

Gesichtspunkte, wegen derer hier ausnahmsweise das besonders gewichtige öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs hinter den Interessen des Antragstellers zurücktreten müsste, sind nicht ersichtlich und werden insbesondere auch von der Beschwerde nicht aufgezeigt. Insbesondere sind keine konkreten Anzeichen für eine bewusste Umgehung des Richtervorbehalts zu erkennen; auch die Annahme des Antragstellers, die anordnenden Polizeibeamten hätten die Einschaltung des zuständigen Richters nicht einmal in Erwägung gezogen, weist nicht in diese Richtung.

Dem Antragsteller kann auch nicht in der Einschätzung gefolgt werden, wegen des zeitlichen Abstandes zwischen seiner Verkehrsauffälligkeit am 10. August 2008 und dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung am 17. Dezember 2009 sowie im Hinblick auf seine Einlassung, seit dem Vorfall vom 10. August 2008 den Cannabiskonsum vollständig eingestellt zu haben, dürfe nicht mehr von einer fortbestehenden Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden. Der Senat widerspricht insoweit ausdrücklich der Rechtsprechung insbesondere des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs,

vgl. Bayer. VGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2005 11 CS 04.2526 , VRS 109 (2005), 64 = BayVBl. 2006, 18 = Juris (Rn. 26), und vom 4. Februar 2009 11 CS 08.2591 , Juris (Rn. 17); ähnlich OVG Rheinl.Pfalz, Beschluss vom 21. Juli 2009 10 B 10508/09 , Blutalkohol 46 (2009), 436 = Juris (Rn. 9),

wonach die in Ziffer 9.5 der Anlage 4 zur FeV genannte ("materiellrechtliche") Zeitspanne für die zur Wiedererlangung der Fahreignung nachzuweisende Betäubungsmittelabstinenz auch eine verfahrensrechtliche Bedeutung dergestalt habe, dass ein Jahr nach dem Tag, den der Betroffene als Beginn der Abstinenz (oder eines nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV hinnehmbaren Cannabiskonsums) genannt hat, nicht mehr iSv § 11 Abs. 7 FeV von einer weiterhin bestehenden Fahrungeeignetheit ausgegangen werden dürfe. Festzuhalten ist demgegenüber an der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Januar 2004 19 B 29/04 , Juris (Rn. 2 und 12), und vom 20. August 2010 16 B 573/10

und anderer Obergerichte

vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2002 3 Bs 19/02 , VRS 105 (2003), 55 = Blutalkohol 41 (2004), 95 = Juris (Rn. 23); VGH BadenWürtt., Urteil vom 30. September 2003 10 S 1917/02 , DAR 2004, 471 = VRS 106 (2004), 138 = Blutalkohol 41 (2004), 288 = Juris (Rn. 32 bis 34); OVG MV, Beschluss vom 19. März 2004 1 M 2/04 , VRS 107 (2004), 229 = Juris (Rn. 30); wohl auch OVG Nieders., Beschluss vom 19. November 2004 12 ME 404/04 , Blutalkohol 42 (2005), 324 = Juris (Rn. 5),

die im Rahmen eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ohne Beachtung einer "verfahrensrechtlichen" Jahresfrist bzw. sonstiger starrer zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit ausgehen, solange der (materielle) Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung aussteht.

Dem Grundsatz, dass die Umstände des Einzelfalls und nicht eine starre Jahresfrist den Ausschlag geben, steht insbesondere nicht der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen entgegen. Soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG sowie § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Entziehung der Fahrerlaubnis an die Voraussetzung knüpfen, dass sich der Betroffene als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen "erweist" und nicht in der Vergangenheit "erwiesen hat" , beantwortet das nicht die Frage, ob bzw. unter welchen Umständen ein hervorgetretener Fahreignungsmangel fortwirkt; denn wenn und soweit dieser Mangel nicht beweiskräftig überwunden ist, "erweist" sich nach wie vor die Ungeeignetheit des jeweiligen Fahrerlaubnisinhabers. Erst recht kann den genannten Vorschriften und auch sonstigen Bestimmungen des Fahrerlaubnisrechts nichts dafür entnommen werden, dass sich bis zum Ablauf eines bestimmten Zeitintervalls nach einer bloßen Behauptung der Abstinenz bzw. Verhaltensumstellung die Fahrungeeignetheit weiterhin "erweist", danach dann aber nur noch "erwiesen hat". Im Gegensatz spricht Ziffer 9.5 der Anlage 4 zur FeV dafür, die (Wieder-)Erlangung der Fahreignung nach dem Auftreten einer Drogenproblematik an ein (materielles) Nachweiserfordernis und nicht lediglich an den Ablauf einer Jahresfrist zu knüpfen. Denn das Nachweiserfordernis würde in den nicht seltenen Fällen, in denen die Fahrerlaubnisbehörde, insbesondere wegen eines vorlaufenden Straf oder Bußgeldverfahrens, erst geraume Zeit nach einer Zuwiderhandlung unter Drogeneinfluss tätig werden kann, faktisch durch die bloße Behauptung einer Verhaltensänderung in Verbindung mit dem Zeitablauf ersetzt.

Auch die vom Antragsteller angezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann nicht dahin gedeutet werden, dass aufgetretene Eignungsmängel oder Eignungszweifel jenseits eng gezogener zeitlicher Grenzen bedeutungslos werden. Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob das vom Antragsteller genannte Urteil

BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 3 C 25.04 , NJW 2005, 3081 = DVBl. 2005, 1337 = NZV 2006, 52 = DAR 2005, 581 = VRS 109 (2005), 300 = Blutalkohol 2006, 49

im vorliegenden Zusammenhang überhaupt anwendbar ist. Denn die Aussagen dieses Urteils müssen in Beziehung gesetzt werden zu einer anderen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom selben Tag,

BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 3 C 21.04 , NJW 2005, 3440 = DAR 2005, 578 = VRS 109 (2005), 293 = Blutalkohol 43 (2006), 52,

nach der die Berücksichtigung einer länger zurückliegenden Fahrerlaubnisentziehung wegen eines Drogendelikts im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr im Verfahren der Neuerteilung der Fahrerlaubnis (nur dann) nicht mehr zulässig ist, wenn die Tat wegen des Zeitablaufs einem Verwertungsverbot im Sinne der Tilgungsbestimmungen unterliegt. Die bei unbefangener Betrachtung scheinbar divergierenden Ansätze in den genannten Urteilen können nur insoweit sinnvoll miteinander verknüpft werden, als danach differenziert wird, ob die zweifelsbegründenden Umstände ins Verkehrszentralregister aufzunehmen waren. Sofern dies wie vorliegend der Fall ist, weil eine ordnungswidrigkeitenrechtliche Ahndung einer Zuwiderhandlung nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG vorliegt (vgl. § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG), bestimmt sich die Berücksichtigungsfähigkeit nach den dafür geltenden Tilgungsbestimmungen. Wenn hingegen die Zweifel an der Fahreignung aus einem nicht eintragungsfähigen Sachverhalt herrühren wie etwa aus einem vormaligen Drogenkonsum, der nicht zu einer Verkehrsübertretung geführt hat , ist in Ermangelung eines speziellen gesetzlichen Maßstabs einzelfallbezogen zu prüfen, ob der Drogenkonsum nach Art und Ausmaß bzw. nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes etwa noch immer einen Klärungsbedarf hervorruft.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2009 16 E 1439/08 ; Bayer. VGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 11 CS 08.551 , Juris (Rn. 39 bis 42).

Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht auch und gerade in der vom Antragsteller genannten Entscheidung im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Umständen weiterhin ein Gefahrenverdacht besteht, der Untersuchungsanordnungen der Fahrerlaubnisbehörde rechtfertigt jedem Schematismus eine Absage erteilt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 3 C 25.04 , a.a.O. = Juris (insbes. Rn. 23 f.).

Die Anordnung, im Rahmen eines Verfahrens der Entziehung der Fahrerlaubnis zur Klärung der Kraftfahreignung nach Drogenkonsum ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, ist danach bei unterstellter Unbeachtlichkeit der Tilgungsvorschriften nicht an die Einhaltung einer festen Frist nach dem letzten erwiesenen Betäubungsmittelmissbrauch gebunden. Entscheidend ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere nach Art, Umfang und Dauer des Drogenkonsums, noch hinreichende Anhaltspunkte zur Begründung eines Gefahrenverdachts bestehen. Diese Sichtweise beansprucht nicht minder Geltung, wenn es wie vorliegend um die Frage geht, ob bei fehlendem oder unzureichendem positivem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung die Nichteignung des Betroffenen fortbesteht und die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 7 FeV verfahren darf. Das gilt umso mehr, als in Fällen der vorliegenden Art auch eine Begutachtung mit dem Ziel einer zeitnahen Klärung der (wiedererlangten) Fahreignung auf Schwierigkeiten stößt. Eine medizinischpsychologische Untersuchung könnte mit Aussicht auf Erfolg erst nach dem hier fehlenden Nachweis einer regelmäßig einjährigen Betäubungsmittelabstinenz (bzw. eines fahrerlaubnisrechtlich hinnehmbaren Cannabiskonsums) angeordnet werden, während die Ermöglichung des Abstinenznachweises mit abschließender (medizinisch)psychologischer Untersuchung unvertretbare Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs hervorriefe, wenn der Betroffene in der beträchtlichen Zwischenzeit im Besitz der Fahrerlaubnis bliebe.

Die Befugnis der Fahrerlaubnisbehörde, auch in Fällen der Überschreitung der "verfahrensrechtlichen" Jahresfrist bei gleichzeitiger Abstinenzbehauptung von einer fortbestehenden Fahrungeeignetheit des Betroffenen auszugehen und nach § 11 Abs. 7 FeV zu verfahren, beeinträchtigt auch nicht in unzumutbarer Weise Rechte des wegen Drogenmissbrauchs auffällig gewordenen Fahrerlaubnisinhabers. Denn diesem steht die Möglichkeit offen, unmittelbar nach dem Abstinenzentschluss (bzw. dem Entschluss, zu einem fahrerlaubnisrechtlich hinnehmbaren Cannabiskonsum überzugehen) entsprechende Nachweise zu erbringen, das heißt sich in unregelmäßigen Abständen unter forensisch anerkannten Bedingungen labormedizinisch untersuchen zu lassen. Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass Drogenkonsumenten, die schon wegen der Beschaffung in aller Regel über Szenekontakte verfügen, typischerweise ein Grundwissen über die fahrerlaubnisrechtlichen Konsequenzen bekanntgewordener Auffälligkeiten mit Drogen besitzen analog zu der Alltagserfahrung, dass Personen, die häufiger dem Alkohol zusprechen, regelmäßig gut über die rechtlich relevanten Promillegrenzen und die damit korrespondierenden Trinkmengen, aber auch über die rechtlichen Folgen von Trunkenheitsfahrten informiert sind. Das Risiko, dass sich die Nachweisbemühungen des drogenauffälligen Fahrerlaubnisinhabers wegen abweichender Auffassungen der Fahrerlaubnisbehörde über das Erforderliche im Nachhinein als nutzlos erweisen, kann dieser durch eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Fahrerlaubnisbehörde vermeiden. Sofern er diesen Kontakt scheut, handelt er auf eigenes Risiko, zumal ihm besonders bei anwaltlicher Vertretung schon im Straf bzw. Bußgeldverfahren klar sein muss, dass er auf längere Sicht diesen Kontakt ohnehin nicht vermeiden kann.

Die hier zugerundegelegte Auffassung hat, anders als der Antragsteller meint, nicht die Konsequenz, dass ein hervorgetretener Fahreignungsmangels stets "bis auf weiteres", also unbestimmt lange fortwirkt. Der Verwertbarkeit eintragungsfähiger Umstände setzen bereits die Tilgungsvorschriften eine Grenze. Darüber hinaus kann im Einzelfall die Aussagefähigkeit vergangener Geschehnisse für bestimmte rechtstatsächliche Folgerungen sei es für die Annahme der Fahrungeeignetheit, sei es für die Annahme von Fahreignungszweifeln, die eine Begutachtung erfordern noch engeren Grenzen unterworfen sein. Wenn jedoch wie vorliegend im Zeitpunkt der abschließenden Verwaltungsentscheidung kaum mehr Zeit seit dem zum Ausschluss der Fahreignung führenden Vorfall verstrichen ist als die Zeitspanne, die für die Erbringung des Nachweises der Wiedergewinnung der Fahreignung benötigt würde, liegt es fern, schon jetzt der seinerzeitigen Drogenauffälligkeit des Antragstellers die Aussagefähigkeit für einen fortbestehenden Eignungsmangel abzusprechen. Dafür sprechen auch nicht Art, Umfang und Dauer des seinerzeitigen Drogenmissbrauchs des Antragstellers. Insbesondere der beim Antragsteller festgestellte extrem hohe THCCOOHWert von 340 ng/ml lässt vielmehr auf einen anhaltenden und intensiven Cannabiskonsum schließen, der anders als etwa ein sporadischer oder auf bestimmte Anlässe beschränkter Gelegenheitskonsum nicht nur den Übergang zu einer abstinenten Lebensführung wesentlich erschwert, sondern vielfach auch zu Persönlichkeitsveränderungen führt, deren Überwindung beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt. Vor diesem Hintergrund steht auch die Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügung außer Frage; aus der vom Antragsteller angezogenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt nichts anderes.

Schließlich hält der Antragsteller dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts auch zu Unrecht entgegen, es habe eine etwaige Bindung des Antragsgegners an dessen Aufforderung zur Durchführung einer medizinischpsychologischen Untersuchung außer Acht gelassen. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu diesem Punkt Stellung genommen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsteller nicht zu einer solchen Untersuchung verpflichtet sein sollte, sondern es sich um ein reines Entgegenkommen des Antragsgegners gehandelt habe. Zu diesem Ansatz verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.

Ergänzend bleibt darauf hinzuweisen, dass die vom Antragsteller während des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten Ergebnisse von Drogenscreenings dafür sprechen könnten, die Zeitspanne, für die noch eine Cannabisabstinenz nachzuweisen ist, zu verkürzen. Die vorgelegten negativen Gutachten vom 19. April 2010 und vom 10. Mai 2010 weisen aus, dass der Antragsteller zur Urinabgabe kurzfristig einbestellt worden ist, er sich also nicht auf die jeweilige Untersuchung einstellen konnte. Ob das auch für die Blut und Urinuntersuchung vom 15. Januar 2010 zutraf, geht aus dem vorgelegten Befundbericht nicht hervor, lässt sich aber gegebenenfalls nachträglich verifizieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; eine Heraufsetzung des Streitwertes auf mehr als die Hälfte des Auffangbetrages kommt nicht in Betracht, weil der Antragsteller kein Berufskraftfahrer ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2009 16 E 550/09 , Juris.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).