OLG München, Beschluss vom 07.05.2012 - 1 U 4489/11
Fundstelle
openJur 2012, 122850
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 26.10.2011, Az. 22 O 430/10, wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

II. Die Beklagte wird des Rechtsmittels ihrer Berufung für verlustig erklärt.

III. Das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Berufung, der Kläger trägt die Kosten seiner Berufung einschließlich dadurch verursachter notwendiger Auslagen der Nebenintervenientin.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.459,34 € (Berufung des Klägers: 1.081,30 €, Berufung der Beklagten 1.378,04 €) festgesetzt.

Gründe

I.

Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung des Klägers nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist ebenfalls nicht geboten.

Auf den Senatsbeschluss vom 26.03.2012 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 04.04.2012 erweist sich die Berufung des Klägers als unbegründet.

Ergänzend ist im Hinblick auf die Einwände des Klägers folgendes auszuführen:

1. Haftungsquote von 70 % zu 30 %

Der Senat hält die vom Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme angenommene Haftungsquote von 70 % zu 30 % für sachgerecht und angemessen. Weder lässt die Beweiswürdigung Fehler oder Lücken erkennen, noch ist die Bewertung der Haftungsanteile rechtlich zu beanstanden. Es besteht keine Veranlassung für eine ergänzende Beweisaufnahme und/oder die Festsetzung einer für den Kläger günstigeren Haftungsquote.

Richtig ist, dass der Begriff des „unabwendbaren Ereignisses“ im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG nicht die absolute Unvermeidbarkeit eines Unfalls für einen „Superfahrer“ meint, wie der Kläger geltend macht. Ein unabwendbares Ereignis setzt jedoch voraus, dass ein schadensstiftendes Ereignis auch bei äußerster möglicher Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Hierzu gehört ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über dem Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hinaus. Den Unabwendbarkeitsnachweis hat derjenige zu führen, der sich auf die Unanwendbarkeit beruft, wobei zu diesem Nachweis zwar nicht die Widerlegung aller nur denkbaren Unfallverläufe gehört, für die kein tatsächlicher Anhalt besteht, doch schon bloße Zweifel am unfallursächlichen Fahrverhalten die Feststellung der Unabwendbarkeit ausschließt (vgl. OLG Stuttgart vom 05.03.2012, Az. 13 U 24/12 m.w.N.).

8Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Sturz des Klägers nicht unabwendbar. Hierfür spricht bereits die Tatsache, dass der vom Kläger angebotene und gehörte Zeuge P. - ein Motorradfahrer, der einige Zeit vor dem Kläger die Unfallstelle passiert hat - trotz des Rollsplitts einen Sturz vermeiden konnte. Zudem bedeutet die Feststellung von „schwer erkennbarem“ Rollsplitt gerade nicht, dass man den Rollsplitt selbst bei äußerst möglicher Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennen konnte, sondern dass ein Fahrer den Splitt bei entsprechend erhöhter Aufmerksamkeit bemerkt, seine Geschwindigkeit drosselt und entsprechend langsam (15 km/h) um die Kurve fährt. Der Sturz des Klägers war damit nicht unabwendbar. Die unter Einbeziehung der Betriebsgefahr zu einem Mitverschulden von 30 % festgestellte Quote ist zutreffend.

2. Abzug Neu für Alt

Motorradkleidung (Helm/Stiefel) unterliegt zweifelsfrei wie jeder andere Gebrauchsgegenstand der Abnutzung bzw. einem Wertverlust, mögen sich diese Gegenstände auch durch eine längere Haltbarkeits- und Nutzungsdauer auszeichnen. Damit ist es gerechtfertigt, bei der Schadensberechnung einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Rechtlich unerheblich ist, ob der Motorradfahrer diese Kleidung aus eigenem Sicherungsinteresse anschafft und trägt. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, die Anschaffung gebrauchter Motorradkleidung sei unüblich und unzumutbar. Abgesehen davon gibt es im Bereich von Motorradhelmen und -stiefeln gerade wegen der Haltbarkeit und der spezifischen Nutzung sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware, der bedeutsamer sein dürfte, als der Markt für modische Alltagskleidung.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 i.V.m. §§ 711, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergeht gemäß § 3 ZPO.

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