LAG München, Beschluss vom 20.12.2011 - 8 Ta 393/11
Fundstelle
openJur 2012, 119978
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten und Beschwerdeführerin wird der Beschluss des ArbG München vom 02.11.2011 – 35 Ca 17879/09 abgeändert.

2. Die vom ArbG München am 16.06.2011 gegen die Beklagte und Beschwerdeführerin erteilte vollstreckbare Ausfertigung zum Teilversäumnisurteil des ArbG München vom 25.05.2011 – 35 Ca 17879/09 – und die Zwangsvollstreckung aus ihr sind unzulässig.

3. Die Kosten des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger und Beschwerdegegner.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit seiner zum Arbeitsgericht München erhobenen Klage vom 25. November 2009 begehrt der Kläger und Erinnerungsgegner (im Folgenden: Kläger) die Zahlung restlichen Entgelts für die Jahre 2002 bis 2008, die Erteilung von Auskunft über die für das Jahr 2009 einbehaltenen Löhne und deren Zahlung sowie die Unterlassung, weiterhin 5% des Arbeitslohnes einzubehalten.

Der Kläger trägt zur Sache vor, er sei seit dem 22.09.1989 als Lehrkraft für die privaten Volksschulen der A. in A-Stadt und im Landkreis Dachau angestellt. Es bestehe ein Arbeitsvertrag vom 01.07.1994 zwischen dem "K“ und dem Kläger vom 01.07.1994 (vergleiche K 1). Mit Schreiben vom 07.07.1994 sei dem Kläger mitgeteilt worden, sein Arbeitsvertrag werde modifiziert. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 24.01.2002 mitgeteilt, dass ab Februar 2002 ein Anteil von 5% des Entgelts als Quellensteuer einbehalten werde (vergleiche Anlage K 2). Begründet worden sei dies mit einer angeblichen Steuerpflicht des Klägers gegenüber der Beklagten. Die Beklagte habe für die Jahre 2002 bis einschließlich 2008 jeweils die nunmehr eingeklagten Beträge einbehalten (vergleiche Anlagen K 3 bis K 9). Bereits mit Schreiben vom 24.10.2002 sei das Generalkonsulat in A-Stadt durch das Wirtschaftsministerium der Beklagten darüber informiert worden, dass der Einbehalt nicht erfolgen dürfe, wenn es sich um deutsche Steuerbürger handle (vergleiche Anlage K 10). Der Kläger habe von dem Schreiben erst am 09.09.2008 Kenntnis erlangt. Er unterliege der Quellensteuer nicht, was der Beklagten ausweislich der Anlage K 11 bekannt sei. Nach erfolgloser Korrespondenz sei nunmehr Klage geboten. Die Beklagte nehme rechtsirrig an, dass die Voraussetzungen für die fünfprozentige Quellensteuer gegeben seien. Der Kläger erziele Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und versteuere sein Einkommen nur in der F.. Es sei daher durch das gemeinsame Doppelbesteuerungsabkommen vom 18.04.1966 geschützt. Auskunft schulde ihm die Beklagte nach dem Arbeitsvertrag. Er könne auch die Unterlassung weiterer Eingriffe in seine gesicherte Rechtsposition verlangen.

Mit Schriftsatz vom 27.9 2010 erweiterte der Kläger seine Klage auf Zahlung des einbehaltenen Betrages für das Jahr 2009, mit Schriftsatz vom 10.05.2011 auf Zahlung des einbehaltenen Betrages für das Jahr 2010.

Im Termin vom 25.05.2011 erging Teilversäumnisurteil gegen die nicht erschienene Beklagte und Erinnerungsführerin (im Folgenden: Beklagte); auf Bl. 116 bis 119 der Akte wird Bezug genommen. Eine Ausfertigung wurde ihrem Prozessvertreter am 08.06.2011 zugestellt. Bereits mit Schriftsatz vom 01.06.2011 legte die Beklagte Einspruch ein. Er ging am selben Tage per Telefax beim Arbeitsgericht München ein.

Am 16.06.2011 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung des Teilversäumnisurteils erteilt und übersandt.

Mit Schriftsatz vom 08.08.2011 beantragte die Beklagte, das Teilversäumnisurteil aufzuheben, hilfsweise den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht A-Stadt zu verweisen. Zur Begründung wurde die Auffassung vertreten, die deutsche Gerichtsbarkeit sei im vorliegenden Fall nicht eröffnet. Die Beklagte genieße Immunität. Es sei nicht auf die Rechtsnatur der Gehaltsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abzustellen. Der Kläger wolle mit seiner Klage die Klärung erreichen, ob der S. berechtigt sei, den Steuerabzug vorzunehmen. Dies sei keine privatrechtliche, sondern eine öffentlich-rechtliche Auseinandersetzung. Wenn Staaten Steuer erheben, würden sie hoheitlich tätig. Selbst wenn die sonst mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers zusammenhängenden Fragen nicht einer hoheitlichen Betätigung des S. zugeschrieben werden können, so sei doch die konkrete gegenständliche Frage, ob der S. vom Gehalt des Klägers einen Abzug für eigene Steuern vornehmen dürfe oder nicht, nur hoheitlicher Natur. Selbst wenn die deutsche Gerichtsbarkeit - wie aber nicht - für Rechtsstreitigkeiten eines St. gegen den S. wegen von diesem vorgenommener Steuerabzüge eröffnete wäre, wäre jedenfalls nicht der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen und auch nicht die Zuständigkeit der Finanzgerichte gegeben. Auch in der Sache habe der Kläger unrecht. Ergänzend wird auf den Schriftsatz (Bl. 141 ff. der Akte) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 28.09.2011 legte die Beklagte Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ein und beantragte, im Wege einstweiliger Anordnung die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Zur Begründung wurde auf die Einspruchsbegründung vom 08.08.2011 Bezug genommenen und das Fehlen der deutschen Gerichtsbarkeit hervorgehoben. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Staat berechtigt sei, bei seinen Staatsangehörigen Steuern zu erheben, beziehe sich auf hoheitliche Handlungen dieses Staates. Wenn die Beklagte Steuern erhebe, handele sie also nicht privatrechtlich, sondern hoheitlich. Die Immunität stehe jedem gerichtlichen Tätigwerden entgegen. Ein Urteil, das gegen einen der Gerichtsbarkeit nicht Unterworfenen ergehe, sei nichtig. Diese Nichtigkeit sei in jedem Stand des Verfahrens zu berücksichtigen, auch bei der Klauselerteilung. Zu einem nicht bestehenden Titel dürfe eine Klausel nicht erteilt werden. Wegen der Pfändung des Kontos des Generalkonsulats auf der Grundlage des Teilversäumnisurteils sei die Angelegenheit dringlich.

Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2011 wiederholte die Beklagte ihre Auffassung, der Kläger sei wegen seines Gehalts ausschließlich in G. steuerbar. Die Beklagte verfüge aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens über die ausschließliche Steuerhoheit hinsichtlich des von ihr gezahlten Gehalts. Vorliegend streitgegenständlich sei die Steuer, die die Beklagte als ein über die Steuerhoheit verfügender Staat erhebe. Deutsche Steuer werde von seinem Gehalt nicht abgezogen. Mit dem hier umstrittenen Titel würden aufgrund einer materiellen Entscheidung eines deutschen Gerichts zum GS. Steuererstattungsansprüche gegen den S. vollstreckt, was mit dem Völkerrecht und mit Art. 25 GG nicht in Einklang stehe.

Der Kläger macht hinsichtlich der Klauselerteilung geltend, es gehe vorliegend um rechtswidrig einbehaltenen Arbeitslohn. Die Beklagte könne sich nicht auf die Immunität berufen. Ihr sei bekannt, dass der Kläger in Deutschland lebe und hier besteuert werde. Dennoch werde er von der Beklagten als in G. abgabepflichtig eingeordnet. Die Beklagte werde nicht in hoheitlicher Funktion, sondern als Arbeitgeberin tätig. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Lohn nicht erhalte und keine Abrechnung bekomme, liege eine rein privatrechtliche Angelegenheit vor.

Mit Beschluss vom 28.09.2011 wurde die Zwangsvollstreckung vom Arbeitsgericht München einstweilen bis 06.10.2011 eingestellt (Bl. 176 der Akte). Mit Beschluss vom 07.10.2011 stellte das Arbeitsgericht München die Zwangsvollstreckung aus dem Teilversäumnisurteil gegen Sicherheitsleistung einstweilen ein (Bl. 193 bis 194 der Akte).

Mit Beschluss vom 18.10.2011 lehnte es die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ab, der Erinnerung abzuhelfen, und legte sie der Vorsitzenden zur Entscheidung vor (Bl. 196 f. der Akte).

Mit Beschluss vom 02.11.2011 wurde die Erinnerung der Beklagten vom Arbeitsgericht München zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Teilversäumnisurteil vom 25.05.2011 nicht nichtig sei. Für die Frage des Ausschlusses der deutschen Gerichtsbarkeit sei entscheidend, ob der Gegenstand des Rechtsstreits die hoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates betreffe. Keine Regel des Völkerrechts untersage der inländischen Gerichtsbarkeit, in Angelegenheiten zu entscheiden, die die nichthoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates betreffen. Die Abgrenzung richte sich nach der Natur der umstrittenen staatlichen Handlung beziehungsweise des streitigen Rechtsverhältnisses. Dieses werde durch den geltend gemachten (prozessualen) Anspruch bestimmt. Die vom Kläger hier begehrte gerichtliche Entscheidung behindere die hoheitliche Tätigkeit der Beklagten beziehungsweise die konsularischen Beziehungen in ihrem Kernbereich nicht. Der Kläger mache letztendlich geltend, die Beklagte habe durch Abzug der gP. zu Unrecht Arbeitsentgelt einbehalten. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger als Lehrkraft einen öffentlich-rechtlichen Status, vergleichbar dem eines Beamten, hätte. Auch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass er in Ausübung von Hoheitsgewalt der A. tätig sei. Es gehe hier allein darum, ob die Beklagte das arbeitsvertraglich vereinbarte Bruttogehalt des Klägers ordnungsgemäß ausgezahlt habe. Ergänzend wird auf den Beschluss erwiesen (Bl. 202 ff. der Akte).

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 09.11.2011, die am Folgetag per Telefax beim Arbeitsgericht München eingegangen ist.

Zur Begründung führt sie aus, es sei zwar richtig, dass zu prüfen sei, ob das streitige Rechtsverhältnis, das durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch bestimmt werde, die hoheitliche oder die nichthoheitliche Tätigkeit der Beklagten betreffe. Das Arbeitsgericht sei jedoch zu einem unzutreffenden Ergebnis gekommen. Der vom Kläger geltend gemachte prozessuale Anspruch sei die Rückerstattung der von der Beklagten aufgrund ihrer eigenen Steuerhoheit von seinem Gehalt einbehaltenen g. Lohnsteuer. Nach Artikel X Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens mit G. unterlägen die Bezüge des Klägers ausschließlich der g. Steuerhoheit. Die hier gegenständliche Pauschalsteuer stütze sich auf Art. 9 § 2 des g. Gesetzes 1821/1989. Über den Klageanspruch könne nur entschieden werden, wenn das Gericht darüber befindet, ob der Kläger in G. steuerbar sei und die Beklagte die Steuern zu Recht erhebe. Dabei handele es sich um ausschließlich öffentlich-rechtliche Fragen. Wenn ein Staat einem in seinem Dienst befindlichen Angestellten einen Teil des vereinbarten Arbeitsentgelts als Steuer einbehalte, so handle er hoheitlich, weil die Besteuerung einen aus der Staatsgewalt abgeleiteten Vorgang darstelle. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass das Gehalt des Klägers, wenn es nicht der griechischen Steuerhoheit unterfiele, der deutschen Steuerhoheit unterliegen würde und folglich deutsche Lohnsteuer abgezogen werden müsste.

Mit Beschluss vom 11.11.2011 lehnte es das Arbeitsgericht ab, der sofortigen Beschwerde abzuhelfen; es bleibe dabei, dass das Teilurteil nicht nichtig sei.

Nach Hinweis der Beschwerdekammer (Bl. 229 f. der Akte) verdeutlichte die Beklagte ihre Auffassung, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht vertragliche Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis seien. Streitgegenstand einer Leistungsklage des Arbeitnehmers könnten sowohl die vor die Arbeitsgerichte gehörige Frage der Höhe beziehungsweise der Auszahlung seiner vertraglichen Vergütungsansprüche wie auch die vor die Sozialgerichte gehörige Frage der Rückgewähr von zu Unrecht einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträgen sein. Was im Einzelfall Streitgegenstand sei, könne nur ermittelt werden, wenn der Vortrag beider Parteien im konkreten Prozess gewürdigt werde. Wenn bereits der Kläger klarstelle, er verlange zu Unrecht einbehaltene Sozialversicherungsbeiträge oder zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer, so sei bereits auf der Grundlage seines Vortrags ersichtlich, dass dies Streitgegenstand sei. Vorstellbar sei aber auch, dass erst durch die Einlassung des beklagten Arbeitgebers klargestellt werde, dass er sich auf den Einbehalt von Lohnsteuer berufen. Es könne sich also die Möglichkeit ergeben, dass sich der Streitgegenstand in bestimmten Prozess-Konstellationen erst dann bestimmen lasse, wenn das Gericht das Verteidigungsvorbringen zur Kenntnis nehmen könne. Vorliegend habe bereits der Kläger in seiner Klage ausdrücklich klargestellt, dass es ihm um die Erstattung der einbehaltenen griechischen Lohnsteuer gehe. Vorliegend sei der g. Staat faktisch dazu verurteilt worden, die von ihm aufgrund griechischer Steuervorschriften einbehaltene griechische Steuer zurückzubezahlen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass sich das Gericht mit den Bestimmungen des g. Steuerrechts befassen müsse, um ermitteln zu können, ob ein g. Lohnsteuerabzug einen besonderen Erfüllungseinwand darstelle oder nicht. Zu beachten sei weiter, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Gerichte für Arbeitssachen nicht befugt seien, die Berechtigung der Abzüge für Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge zu überprüfen.

Nach weiterem Hinweis der Beschwerdekammer vom 02.12.2011 (vergleiche Blatt 263 der Akte) führte die Beklagte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe eine Völkerrechtsregel, wonach ein Staat Befreiung von der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates beanspruchen könne, wenn und soweit es um die Beurteilung seines hoheitlichen Verhaltens geht.

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und betont, dass er hier seinen Lohn geltend mache; die Zuständigkeit des Gerichtsstaates liege eindeutig vor. Die Beklagte lenke davon ab, dass sie dem Kläger willkürlich den Lohn vorenthalten habe. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei unzutreffend und rechtsmissbräuchlich. Würde ihrer Auffassung gefolgt, könnte jeder Arbeitgeber willkürlich das Entgelt seines Arbeitnehmers dadurch beschneiden, dass er einfach zuviel an Beiträgen einbehalte. Auch gehe die Beklagte nicht darauf ein, dass der Kläger auch Lohnabrechnungen fordere.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Das Arbeitsgericht hätte der Erinnerung stattgeben müssen (§ 732 Abs. 1 ZPO). Der von der Beklagten gerügte Fehler liegt vor; das Teilversäumnisurteil ist nichtig.

1.

In rechtlicher Hinsicht gilt folgendes:

22Eine Vollstreckungsklausel darf gemäß § 724 Abs. 1 ZPO nur erteilt werden, wenn der Vollstreckungstitel besteht; er darf nicht aufgehoben und nicht nichtig sein. Nichtig ist ein Urteil eines deutschen Gerichts, das gegen eine Partei ergeht, die der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen ist. Nach dem als Bundesrecht im Sinne von Art. 25 GG geltenden Völkergewohnheitsrecht sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit betroffen ist. Dagegen untersagt keine Regel des Völkerrechts der inländischen Gerichtsbarkeit, in Angelegenheiten zu entscheiden, die die nichthoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates betreffen. Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher Tätigkeit und nichthoheitlicher Tätigkeit richtet sich nach der Art - der Natur - der umstrittenen staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses. Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen. Nach der Art des streitigen Rechtsverhältnisses unterliegen arbeitsrechtliche Angelegenheiten zwischen einem anderen Staat und einem seiner Arbeitnehmer dann nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, wenn der Arbeitnehmer für diesen Staat hoheitlich tätig war oder ist. Maßgeblich ist mithin der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit. Betrifft die geschuldete Leistung eine originär hoheitliche Aufgabe, ist Immunität gegeben (vgl. aus jüngerer Zeit: BAG, Urteil vom 01.07.2010 – 2 AZR 279/09 – EzA § 20 GVG Nr. 5 mit weit. Nachweisen).

Macht ein Arbeitnehmer Zahlungsverpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis mit einem ausländischen Staat geltend, das keine hoheitlichen Aufgaben zum Gegenstand hat, hat das zuständige inländische Gericht grd. im Erkenntnisverfahren festzustellen, ob eine Verpflichtung besteht, und gegebenenfalls einen entsprechenden Leistungsbefehl auszusprechen (BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 116/04 - BAGE 113, 327, Juris, Rn. 24 unter Bezugnahme auf BVerfG vom 30.04. 1963 - 2 BvM 1/62 - BVerfGE 16, 27). Zuständig (hinsichtlich des inländischen Rechtswegs) sind die Gerichte für Arbeitssachen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a i. V. m. § 5 Abs. 1 ArbGG). Denn die Zuständigkeit richtet sich nach dem Streitgegenstand, der nach herrschender Auffassung (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2000 - VI ZR 279/99 - NJW 2001, 157, mit weit. Nachweisen) durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt bestimmt wird, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, womit er entgegen der Auffassung der Beklagten allein von der Klagepartei bestimmt wird und es auf die Einwendungen der Beklagten hierfür - vom Sonderfall einer negativen Feststellungsklage abgesehen - nicht ankommt (vgl. auch Zöller-Vollkommer, Einl. 65, Thomas/Putzo/Reichold Einl. II, Rn. 14, mit weit. Nachweisen).

Eine Verletzung der Immunität des beklagten Staates ist in derartigen Verfahren grundsätzlich auch dann nicht zu besorgen, wenn er der behaupteten Zahlungsverpflichtung ausländische Regelungen des Steuerrechts oder des Sozialversicherungsrechts entgegen halten will. Denn die Gerichte für Arbeitssachen sind schon nicht befugt, die Berechtigung der Abzüge für Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge nach inländischem Recht materiell zu überprüfen (BAG, Urteil vom 30.04.2008 - 5 AZR 725/07 - BAGE 126, 325, Juris Rn. 20 f.). Ebenso wenig sind sie berechtigt, Abzüge nach ausländischem öffentlichen Recht materiell zu überprüfen. Der Arbeitnehmer kann damit auch in derartigen Fällen mit einer Vergütungsklage nicht erfolgreich die Zahlung von Vergütungsbestandteilen geltend machen, die der Arbeitgeber nach Auffassung des klagenden Arbeitnehmers unberechtigt einbehalten und abgeführt hat.

Überschreitet jedoch ein Gericht für Arbeitssachen seine Prüfungskompetenz, indem es die materielle Richtigkeit der Anwendung ausländischer öffentlich-rechtlicher Vorschriften durch den beklagten ausländischen Staat prüft, verstößt es gegen dessen nach Art. 25 GG zu beachtende Immunität. Denn die Gestaltung der Beziehungen zwischen einem ausländischen Staat und seinen Beschäftigten durch das ausländische Steuerrecht betrifft die staatliche Betätigung in ihrem Kernbereich (vgl. BAG, Urteil vom 04.05.1983 – 5 AZR 613/80 – Juris, Rn. 21 ff., unter Bezugnahme auf BVerfG vom 30.04. 1963 - 2 BvM 1/62 – a.a.O., und vom 13.12.1977 – 2 BvM 1/76BverfGE 46, 342, 364 f.).

2.

Danach hat das Arbeitsgericht vorliegend der Klage unter Überschreitung seiner Prüfungskompetenz stattgegeben.

Zwar ist das Arbeitsverhältnis der Parteien der deutschen Gerichtsbarkeit nicht schlechthin entzogen, weil der Kläger für die beklagte Republik nicht hoheitlich tätig war.

Dem stattgebenden Teilversäumnisurteil liegt jedoch tragend zu Grunde, dass die Beklagte g. Steuerrecht fehlerhaft angewandt hat. Denn der Kläger hat sich nicht darauf beschränkt, die Umstände darzustellen, nach denen sein (privat-rechtlicher) Anspruch entstanden ist, sondern auch selbst vorgetragen, dass sich die Beklagte hinsichtlich seines Erlöschens in Höhe der eingeklagten Beträge auf die nach griechischem Recht gebotene Abführung von Quellensteuer beruft, was gemäß § 331 Abs. 1 ZPO zu der für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachengrundlage zählte. Seiner Zahlungsklage konnte damit nur stattgegeben werden, soweit seinen Ausführungen zur fehlenden Berechtigung dieser Lohnabzüge gefolgt wurde. Dies aber setzte die - dem Arbeitsgericht nach den obigen Ausführungen verschlossene - materielle Prüfung von Vorschriften des griechischen Steuerrechts voraus. Die Beklagte war und ist aber nicht gehalten, ihr steuerrechtliches Vorgehen vor einem deutschen Zivilgericht zu rechtfertigen.

Der Erfolg der übrigen Klageanträge hängt ebenfalls von der dargestellten steuerrechtlichen Frage ab; auch insoweit ist das Teilversäumnisurteil daher nichtig.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

4. Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Für die Beklagte und Beschwerdeführerin ist gegen diesen Beschluss gleichwohl – mangels Beschwer - kein Rechtsmittel gegeben.

Der Kläger und Beschwerdegegner kann gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde einlegen.

Dyszak