Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.01.2011 - 11 CS 11.37
Fundstelle
openJur 2012, 113027
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Am 30. Juli 2009 erteilte das Landratsamt Coburg dem Antragsteller eine Lizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr. Die im Vorfeld dieser Entscheidung durchgeführten Ermittlungen über die finanzielle Leistungsfähigkeit und die (sonstige) Zuverlässigkeit des Antragstellers hatten an nachteiligen Erkenntnissen im Wesentlichen nur ergeben, dass er der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen am 16. Juli 2009 1.450,25 € schuldete. Mit Schreiben vom 25. Juli 2009 teilte diese Berufsgenossenschaft mit, dass sie keine Einwendungen gegen die Erteilung der Lizenz habe. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sie dem Antragsteller einen Betrag von 640,12 € gegen in zweimonatigen Abständen zu leistende Ratenzahlungen in Höhe von jeweils 160,03 € gestundet hatte.

Am 31. Juli 2009 erhielt das Landratsamt davon Kenntnis, dass das Amtsgericht Coburg gegen den Antragsteller durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom 13. August 2008 wegen Betruges eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen verhängt hatte. Damit wurde geahndet, dass der Antragsteller am 5. Januar 2007 durch eine Fensterbaufirma in dem Anwesen, in dem er ausweislich der im vorliegenden Rechtsstreit angegebenen Anschrift wohnt, im Wissen um seine Zahlungsunfähigkeit drei Fenster und zwei Rollläden hatte einbauen lassen, ohne das hierfür verlangte Entgelt in Höhe von 2.534,87 € zu entrichten. Nach den Feststellungen im Strafbefehl waren gegen den Antragsteller schon seit 1997 immer wieder Vollstreckungsaufträge anhängig. Im Zeitpunkt der Bestellung der Fenster und Rollläden hätten erhebliche persönliche und betriebliche Verbindlichkeiten bestanden, ohne dass der Antragsteller mit Zahlungseingängen in ausreichender Höhe habe rechnen können.

Am 9. November 2009 teilte die Kreiskasse Coburg der für den Vollzug des Güterkraftverkehrsrechts zuständigen Organisationseinheit des dortigen Landratsamts mit, dass der Antragsteller die Kosten für die ihm am 30. Juli 2009 erteilte Lizenz in Höhe von 260,00 € nicht beglichen habe. Da am 1. Februar 2008 über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, sei eine Vollstreckung dieser Forderung nicht möglich.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2010 unterrichtete die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft das Landratsamt davon, dass ihr der Antragsteller Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung sowie Kosten in Höhe von 2.288,00 € schulde. Mehrfache Erinnerungen, die Gewährung von Zahlungserleichterungen und die Zwangsvollstreckung hätten nicht zur Befriedigung des Anspruchs geführt; am 3. Dezember 2007 habe der Antragsteller die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Nach Auskunft des Finanzamtes Coburg schuldete er am 20. Juli 2010 Lohn- und Umsatzsteuer für den Zeitraum von November 2009 bis einschließlich Mai 2010 in Höhe von 11.493,25 € zuzüglich 483,00 € an Säumniszuschlägen. Unter einer anderen, nicht das derzeit ausgeübte Gewerbe betreffenden Steuernummer bestünden weitere Steuerrückstände in Höhe von 63.500,74 €. Verschiedene Kontopfändungen seien erfolglos verlaufen. Da der Antragsteller die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 2008 nicht abgegeben habe, würden in Kürze Schätzbescheide erlassen.

Nach Darstellung der Wohnsitzgemeinde des Antragstellers schuldete er am 23. Juli 2010 Hundesteuer zuzüglich Mahngebühren und Vollstreckungskosten in Höhe von 80,50 €; Beitreibungsversuche seien bisher erfolglos verlaufen.

Bei der AOK Bayern waren bis zum 5. August 2010 den Zeitraum von November 2009 bis Juni 2010 betreffende Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.968,36 € (zuzüglich Säumniszuschläge in nicht bezifferter Höhe) aufgelaufen.

Nachdem das Landratsamt den Antragsteller mit Schreiben vom 23. August 2010 zu der Absicht angehört hatte, die am 30. Juli 2009 erteilte Lizenz wegen fehlender finanzieller und persönlicher Leistungsfähigkeit zu widerrufen, machte der Antragsteller mit Schreiben vom 15. September 2010 geltend, ein bei ihm beschäftigter Fahrer habe eine Sattelzugmaschine beschädigt; dadurch bedingte Werkstattrechnungen in Höhe von ca. 24.000,-- € hätte ihm "den Atem genommen". Außerdem habe er eine gemietete Zugmaschine finanzieren müssen. Die Behörde möge ihm Zeit geben, die Rückstände auszugleichen; das werde schnellstmöglich geschehen.

Durch Bescheid vom 24. September 2010 widerrief das Landratsamt die dem Antragsteller am 30. Juli 2009 erteilte Lizenz (Nr. 1 des Bescheidstenors) und verpflichtete ihn unter Fristsetzung, die sich hierauf beziehende Originalurkunde sowie zwei ihm ausgestellte Abschriften der Lizenz an die Behörde zurückzugeben (Nr. 2 des Tenors). Diese Anordnungen wurden für sofort vollziehbar erklärt. Falls der Antragsteller der Rückgabepflicht nicht fristgerecht nachkomme, werde ein Zwangsgeld zur Zahlung fällig (Nr. 4 des Tenors).

Bereits am 14. September 2010 hatte die Landespolizei das amtliche Kennzeichen einer Sattelzugmaschine, deren Halter der Antragsteller war, entstempelt, da für dieses Kraftfahrzeug seit dem 1. August 2010 keine Haftpflichtversicherung mehr bestanden habe. Am 15. September 2010 erfuhr das Landratsamt nach polizeilicher Darstellung davon, dass für diese Sattelzugmaschine seit dem 7. September 2010 bei einer anderen Versicherungsgesellschaft Haftpflichtversicherungsschutz bestehe. Die Ehefrau des Antragstellers gab am 15. September 2010 gegenüber der Landespolizei an, da das Fahrzeug haftpflichtversichert sei, sei ihr Mann am Morgen des gleichen Tages im Wissen um die Entstempelung des Kennzeichens zu einer Fahrt mit der Sattelzugmaschine aufgebrochen. Weitere Ermittlungen der Landespolizei ergaben, dass der Antragsteller mit der Zugmaschine ab dem 20. August 2010 regelmäßig Fahrten unternommen hatte, und dass für den zugehörigen Sattelanhänger seit dem 10. September 2010 kein Versicherungsschutz mehr bestanden habe.

Über die Anfechtungsklage, die der Antragsteller am 25. Oktober 2010 vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth gegen den Bescheid vom 24. September 2010 erhoben hat, wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden. Den am gleichen Tag gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 10. Dezember 2010 ab.

Mit der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller, unter Abänderung des Beschlusses vom 10. Dezember 2010 die aufschiebende Wirkung der vor dem Verwaltungsgericht anhängigen Klage gegen die Nummern 1, 2 und 4 des Bescheids vom 24. September 2010 anzuordnen. Wegen der für dieses Rechtsmittel gegebenen Begründung wird auf den Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 17. Januar 2011, wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf das form- und fristgerechte Beschwerdevorbringen beschränkt ist, erweist sich als nicht begründet.

Keine berücksichtigungsfähige Beschwerdebegründung liegt insoweit vor, als der Bevollmächtigte des Antragstellers im dritten Absatz auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 17. Januar 2011 vollumfänglich auf seine bisherigen Ausführungen Bezug genommen hat. Das in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO normierte Darlegungserfordernis dient dem Zweck, die Oberverwaltungsgerichte durch ein strukturiertes, auf den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts aufbauendes Beschwerdevorbringen zu entlasten und so eine beschleunigte Abwicklung einstweiliger Rechtsschutzverfahren zu ermöglichen (vgl. OVG Hamburg vom 2.10.2002 NVwZ 2003, 1529). Diese Intention des Gesetzgebers liefe leer, würde es zur Wahrung des Begründungserfordernisses ausreichen, Vorbringen aus dem ersten Rechtszug lediglich zu wiederholen oder hierauf sogar nur zu verweisen. Auch von der Sache her kann die in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geforderte "Auseinandersetzung" mit der angefochtenen Entscheidung nicht in der Weise stattfinden, dass eine Argumentation unverändert zum Gegenstand des Beschwerdevorbringens gemacht wird, die noch vor dem Erlass des angegriffenen Beschlusses - und damit notwendig in Unkenntnis seiner Begründung - vorgetragen wurde (vgl. zur mangelnden Eignung einer bloßen Wiedergabe des Vorbringens aus der ersten Instanz oder einer Bezugnahme hierauf, die formellen Erfordernisse des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu erfüllen, VGH BW vom 11.4.2002 NVwZ-RR 2002, 797; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 13 c zu § 146; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, RdNr. 79 mit Nachweisen u. a. aus der Spruchpraxis des beschließenden Senats; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, RdNr. 41 zu § 146). Die Voraussetzungen, unter denen eine Verweisung auf früheres Vorbringen den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ausnahmsweise genügt (vgl. dazu BayVGH vom 7.12.2006 VRS Bd. 112 [2007], S. 152/153; Guckelberger, ebenda), sind u. a. wegen der fehlenden Beschränkung der Bezugnahme auf genau bezeichnete Teile bisher eingereichter Schriftsätze nicht erfüllt.

Der Bitte des Bevollmächtigten des Antragstellers, ihm einen richterlichen Hinweis zu erteilen, falls gegen die vorgenommene Verweisung Bedenken bestünden, konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil die Beschwerdebegründung dem Gericht erst um 23.38 Uhr des letzten Tags der nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO maßgeblichen Frist übermittelt wurde; sie gelangte dem Berichterstatter des Senats am Folgetag zwischen 8.45 Uhr und 8.50 Uhr - und damit nach Fristablauf - zur Kenntnis. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ermöglichung ggf. beabsichtigten weiteren Beschwerdevorbringens könnte dem Antragsteller nicht gewährt werden, da seinem anwaltlichen Bevollmächtigten die Unzulässigkeit einer pauschalen Bezugnahme auf früheren Vortrag zur Wahrung des Begründungserfordernisses nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO hätte bekannt sein müssen. Denn hierzu liegt seit mehreren Jahren eine gefestigte obergerichtliche, zum Teil auch veröffentlichte Rechtsprechung vor; auch im verwaltungsprozessualen Schrifttum wird diese Frage - und zwar mit im Wesentlichen einheitlichem Ergebnis - erörtert (vgl. u. a. die Nachweise im vorstehenden Absatz).

Das berücksichtigungsfähige Beschwerdevorbringen erfordert keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

1. Das dem Bescheid vom 24. September 2010 vorausgegangene Verwaltungsverfahren wäre auch dann nicht fehlerhaft, wenn die - nicht glaubhaft gemachte - Behauptung des Antragstellers zutreffen sollte, eine Sachbearbeiterin des Landratsamts habe sich gegenüber seiner Ehefrau, als diese das Schreiben vom 15. September 2010 bei der Behörde abgegeben habe, zu einem persönlichen Gespräch bereit erklärt. Denn der sich aus Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ergebende Anspruch des Antragstellers darauf, vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsakts angehört zu werden, wurde dadurch erfüllt, dass ihm das Landratsamt mit Schreiben vom 23. August 2010 Gelegenheit eingeräumt hat, sich innerhalb einer ausreichend lange bemessenen Frist zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Aus den Ausführungen im letzten Absatz des Abschnitts I und im drittletzten Absatz auf Seite 3 der Gründe des Bescheids vom 24. September 2010 ergibt sich, dass die Behörde das Vorbringen im Schreiben des Antragstellers vom 15. September 2010 zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat.

2. Zu Unrecht stellt der Antragsteller in Abrede, dass es für die Beurteilung der Frage, ob er zuverlässig im Sinn von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 GüKG i.V.m. § 1 GBZugV und finanziell leistungsfähig im Sinn von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 GüKG i.V.m. § 2 GBZugV ist, auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerrufsbescheids vom 24. September 2010 als der letzten in dieser Sache ergangenen Behördenentscheidung ankommt. Der Sache nach zutreffend verweist er allerdings darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht seine frühere Auffassung, wonach die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts "Gewerbeuntersagung" (§ 35 Abs. 1 GewO) davon abhing, dass die Untersagungsvoraussetzungen auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorlagen (vgl. die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.2.1982 [BVerwGE 65, 1/2] aufgeführten Nachweise aus der älteren Spruchpraxis dieses Gerichts), in der Entscheidung vom 2. Februar 1982 (a.a.O.) deshalb aufgegeben hat und seither die im Augenblick der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage als maßgeblich ansieht, weil die am 1. Mai 1974 in Kraft getretene Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO die Wiedergestattung der Gewerbeausübung von einem an die Behörde zu richtenden Antrag abhängig gemacht hat. Aus diesem Antragserfordernis leitet das Bundesverwaltungsgericht her, dass die für die Wiedergestattung relevanten Umstände nicht mehr im laufenden Anfechtungsprozess (von Amts wegen) zu berücksichtigen seien. Die Neufassung des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO habe im Interesse der Entlastung der Behörde erreichen wollen, dass die Initiative zur Wiederzulassung vom Gewerbetreibenden ausgehen müsse, ohne dass die öffentliche Verwaltung während eines gerichtlichen Verfahrens von sich aus zu prüfen habe, ob die Untersagungsgründe fortbestehen (BVerwG vom 2.2.1982, a.a.O., S. 3).

Im Bereich des behördlichen Einschreitens gegen Personen, die - wie der Antragsteller - ein erlaubnisbedürftiges Gewerbe ausgeübt haben, ergibt sich die Trennung zwischen dem behördlichen Erlaubnisentziehungs- und dem Wiedergestattungsverfahren, die das Bundesverwaltungsgericht bei erlaubnisfreien Gewerben (nur insoweit kommt es nach § 35 Abs. 8 Satz 1 GewO zu einer Gewerbeuntersagung) aus der am 1. Mai 1974 in Kraft getretenen Neufassung des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO herleitete, bereits aus dem Umstand, dass die Wiedergestattung eines erlaubnisbedürftigen Gewerbes stets von einem dahingehenden Antrag abhängt (vgl. für den Bereich des Güterkraftverkehrsrechts § 3 Abs. 2 Satz 2 GüKG sowie § 9 GBZugV). Hier musste deshalb die Initiative zur Wiedererlangung der Gewerbeberechtigung seit jeher von dem Privatrechtssubjekt ausgehen, das erneut zur Ausübung eines erlaubnisbedürftigen Gewerbes zugelassen werden möchte; es war zu keiner Zeit Aufgabe der Behörde, auch noch während eines Anfechtungsprozesses gegen die Entziehung der Erlaubnis von Amts wegen zu prüfen, ob die Rücknahme- oder Widerrufsvoraussetzungen weiterhin bestehen. Es war deshalb - soweit ersichtlich - stets unstrittig, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Bescheids, durch den eine gewerbe- oder berufsrechtliche Erlaubnis entzogen wurde, auf die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehenden Verhältnisse ankommt (vgl. z.B. BVerwG vom 22.7.1982 Buchholz 418.21 ApBO Nr. 4, betreffend den Widerruf einer Apothekenbetriebserlaubnis). Zu dem gleichen Ergebnis führt die Überlegung, dass es sich bei der Rücknahme und beim Widerruf gewerbe- bzw. berufsrechtlicher Erlaubnisse um rechtsgestaltende Verwaltungsakte handelt, deren Rechtswirkung sich darin erschöpft, den Rechtszustand zu beenden, den die Erteilung der Erlaubnis begründet hatte (BVerwG vom 22.7.1982, ebenda). Wenn der Adressat einer Widerrufsentscheidung ab ihrem Wirksamwerden nicht mehr befugt ist, die von dem Widerruf betroffene Tätigkeit auszuüben, so ist das die Folge der Umgestaltung der Rechtslage durch den Widerruf, nicht jedoch die Folge einer andauernden, sich immer wieder aktualisierenden und vollziehungsfähigen Rechtswirkung eines Verwaltungsakts, der - wie bei § 35 GewO der Fall - eine erlaubnisfreie Tätigkeit untersagt (BVerwG vom 22.7.1982, ebenda).

3. Ebenfalls nicht gefolgt werden kann dem Antragsteller, wenn er versucht, die Maßgeblichkeit der bei der Bekanntgabe des Bescheids vom 24. September 2010 bestehenden Verhältnisse mit der Begründung in Abrede zu stellen, es sei verfassungswidrig, dass gegen eine Verwaltungsentscheidung der hier inmitten stehenden Art gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 AGVwGO in Bayern kein Widerspruchsverfahren mehr stattfindet. Diese Rechtsbehauptung träfe nur dann zu, wenn sich aus dem Vorbringen des Antragstellers ergäbe, dass diese Regelung entweder nicht mit der Verfassung des Freistaates Bayern in Einklang steht, oder dass Art. 15 AGVwGO mit Bundesrecht unvereinbar ist. Dass diese Vorschrift in ihrer seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung nicht gegen die Landesverfassung verstößt, hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in der Entscheidung vom 23. Oktober 2008 (BayVBl 2009, 109) mit bindender Wirkung (Art. 29 Abs. 1 VfGHG) ausgesprochen. An bundesrechtlichen Normen, die einer solchen Regelung entgegenstehen sollen, hat der Antragsteller nur Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 103 Abs. 1 GG benannt. Warum das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigt sein soll, wenn ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren abgeschafft wird, ergibt sich aus seinem Vorbringen nicht; der Anspruch auf rechtliches Gehör besteht nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 103 Abs. 1 GG ohnehin nur vor Gericht.

Ist aber von der Rechtsgültigkeit des Art. 15 AGVwGO auszugehen, so kann der u. a. in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptung des Antragstellers nicht gefolgt werden, Änderungen der Sach- und Rechtslage, die innerhalb des Zeitraums eintreten, der üblicherweise für die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens benötigt wird, seien als rechtserheblich anzusehen.

4. Das Vorbringen in der Beschwerdebegründung entkräftet schließlich nicht die zutreffende Feststellung des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsteller im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt sowohl unzuverlässig als auch finanziell nicht leistungsfähig war, so dass ihm die am 30. Juli 2009 erteilte Lizenz gemäß Art. 8 Abs. 2, erstes Tiret und Art. 3 Abs. 2, zweites Tiret der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten (ABl EG Nr. L 95/1 vom 9.4.1992) i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 Nrn. 1 und 2, Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 5 GüKG zu entziehen war.

Aus den in Teil I dieses Beschlusses wiedergegebenen Informationen über die Vermögenslage und das Zahlungsverhalten des Antragstellers ergibt sich in zweifelsfreier Deutlichkeit, dass er bei der Bekanntgabe des Bescheids vom 24. September 2010 finanziell nicht leistungsfähig war, da er entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 GBZugV nicht über diejenigen finanziellen Mittel verfügte, die zur ordnungsgemäßen Führung seines Gewerbes erforderlich sind. Steuerrückstände in Höhe von über 70.000,-- €, wie sie ausweislich der Auskunft des Finanzamtes Coburg vom 20. Juli 2010 in der Person des Antragstellers bestanden, sind jedenfalls bei einem Kleinunternehmer dann "erheblich" im Sinn von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GBZugV, wenn sie nicht nur ganz vorübergehend (z.B. zwischen der Bekanntgabe eines Steuerbescheids, aus dem sich eine Zahllast des Steuerpflichten ergibt, und dem Ablauf der ihm eingeräumten Zahlungsfrist) bestanden haben. Da die Frage der finanziellen Leistungsunfähigkeit rein objektiv, d.h. unabhängig davon zu beurteilen ist, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der zu ihrer Entstehung führenden Umstände ein Verschulden trifft, kommt es nicht darauf an, warum der Antragsteller seine Verbindlichkeiten nicht zu erfüllen vermag.

Jedenfalls wegen der Nichterfüllung der steuerlichen Erklärungspflicht für das Jahr 2008 war er zudem auch persönlich unzuverlässig im Sinn von § 1 GBZugV (vgl. zur Relevanz steuerrechtlicher Verstöße in diesem Zusammenhang § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d GBZugV).

Wenn die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft dem Antragsteller am 20. Dezember 2010 bescheinigte, er sei seinen Beitragsverpflichtungen nachgekommen, so handelt es sich hierbei um eine Entwicklung, die - wie aus der gegenläufigen Erklärung dieses Sozialversicherungsträgers vom 29. Juni 2010 erschlossen werden muss - erst nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt eingetreten ist und die deshalb im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht zu bleiben hat. Sollte im Schreiben vom 20. Dezember 2010 eine bereits vor der Bekanntgabe des Bescheids vom 24. September 2010 stattgefundene Entwicklung zum Ausdruck gelangen, so ließe die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Berufsgenossenschaft die sonstigen Tatsachen, auf die sich das Landratsamt gestützt hat, unberührt; sie reichen aus, um die getroffene Entscheidung zu tragen. Aus dem gleichen Grund entscheidungsunerheblich ist, ob sich der Antragsteller wegen der Benutzung der in Teil I dieses Beschlusses erwähnten Sattelzugmaschine und des zugehörigen Anhängers nach § 1 PflVG strafbar gemacht oder er in diesem Zusammenhang eine Ordnungswidrigkeit begangen hat (beides wird durch die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 22.12.2010 nicht ausgeschlossen).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II.1.5 Satz 1 und II.47.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).