LG Duisburg, Urteil vom 14.07.2011 - 5 S 26/11
Fundstelle
openJur 2012, 80975
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wesel vom 07.02.2011 teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, den braunen Labrador " ", geboren am 18.12.2002, weiterhin alle vier Wochen donnerstags um 18.30 Uhr zur Wohnung der Klägerin auf dem zu bringen und ihn am Freitag der jeweils übernächsten Woche um 15.30 Uhr in seiner Wohnung wieder entgegen zu nehmen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu drei Vierteln und die Klägerin zu einem Viertel.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

I.

Die Berufung ist zulässig, da der maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstands für den Beklagten 600,00 Euro übersteigt.

Dabei ist unerheblich, dass das Amtsgericht den Streitwert für die erste Instanz auf 625,00 Euro festgesetzt hat. Für die Festsetzung des Wertes der Beschwer ist das wirtschaftliche Interesse des Rechtsmittelklägers am Erfolg seines Rechtsmittels maßgebend, weshalb der Wert des Beschwerdegegenstands - auch bei unverändertem Streitgegenstand - niedriger, gegebenenfalls aber auch höher sein kann als der für den Kläger nach seinem Antrag im ersten Rechtszug festgesetzte Wert (BGH NJW 1995, 664 m.w.N.).

Abzustellen ist dafür grundsätzlich auf den unmittelbaren Gegenstand der angefochtenen Entscheidung, wonach der Beklagte verpflichtet worden ist, den Hund regelmäßig zur Klägerin zu bringen und wieder abzuholen. Die Wohnorte der Parteien liegen gut 50 km voneinander entfernt, so dass der Beklagte alle zwei Wochen rund 100 Kilometer zurücklegen müsste. Auf das Jahr summiert ergibt sich eine Strecke von rund 2.600 Kilometer. Setzt man pro Kilometer 0,30 Euro an Kosten an, ergeben sich pro Jahr Fahrtkosten in Höhe von 780,00 Euro, so dass entsprechend § 9 ZPO die Beschwer des Beklagten bei 2.730,00 Euro liegt.

II.

Die Berufung ist indes nur insoweit begründet, als die zunächst von der Klägerin begehrte Umgangsregelung nicht billigem Ermessen entsprach. Demgegenüber hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Hund im Miteigentum der Parteien steht.

1.

Für das Miteigentum der Klägerin spricht die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klägerin hat den Hund unstreitig gemeinsam mit dem Beklagten bis zu der Trennung der Parteien und ihrem Auszug in Mitbesitz gehabt. Gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB wird daher vermutet, dass die Parteien im März 2008 nach dem Kauf des Hundes (Eigen-)Mitbesitz und zugleich Miteigentum begründet haben.

Diese gesetzliche Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegen können. Er hat insbesondere nicht beweisen können, den Hund als alleiniger Käufer gekauft und von dem Verkäufer demzufolge alleine übereignet bekommen zu haben.

Zwar hat der Vater des Beklagten als Zeuge bekundet, bei der Vorstellung des Hundes nach dem Abholen bei dem Verkäufer am Sonntag den Kaufvertrag gesehen zu haben, in dem lediglich der Beklagte als Käufer eingetragen gewesen sein soll. Indes ist die Aussage des Zeugen nicht glaubhaft. Der Zeuge konnte sich an Einzelheiten und Randumstände kaum bzw. überhaupt nicht erinnern. Er konnte keine Angaben zu dem Kaufpreis, zu dem Papierformat, zu der Farbe des Papiers oder zu dem Vertragstext machen. Er war sich unsicher, ob der Vertrag handschriftlich geschrieben oder gedruckt war. Er hat eingeräumt, den Kaufvertrag nur kurz gesehen und nicht im Einzelnen gelesen zu haben. Der einzige Umstand, an den sich der Zeuge meinte definitiv erinnern zu können, war, dass die Klägerin nicht in dem Kaufvertrag aufgeführt gewesen sei. Es ist lebensfremd, dass sich der Zeuge allein an diesen - streitentscheidenden - Punkt erinnern kann, zumal der Zeuge nicht bekundet hat, dass damals besonders thematisiert worden ist, dass sein Sohn alleine und nicht zusammen mit seiner seinerzeitigen Lebensgefährtin den Hund gekauft hat. Insbesondere spricht der Umstand, dass sich der Zeuge nicht an den Kaufpreis erinnern konnte und dieser ihn seinerzeit nicht interessiert haben will dagegen, dass sich der Zeuge ausgerechnet gemerkt haben will, dass alleine sein Sohn als Käufer aufgeführt war. Einen Anlass für den Zeugen, darauf zu achten und sich dies zu merken, gab es damals nicht. Zwar hat der Zeuge angegeben, der Beklagte habe den Kaufvertrag gezeigt, als er, der Zeuge, ungläubig auf die Auskunft des Beklagten reagiert habe, er, der Beklagte, habe den hinter dem Rücken versteckt gehaltenen Hund gekauft. Indes ging es bei diesem Gespräch gerade nicht darum, ob der Beklagte oder die Klägerin den Hund gekauft haben, sondern darum, dass der Hund tatsächlich gekauft und nicht lediglich einfach von dem Beklagten und der Klägerin ausgeliehen worden ist.

Der Zeuge war auch wenig glaubwürdig. Abgesehen von dem Umstand, dass er als Vater des Beklagten in dessen Lager steht, machte der Zeuge während der gesamten Vernehmung einen stark verunsicherten Eindruck, wobei die sichtbare Nervosität des Zeugen deutlich zunahm, je detaillierter die Fragen der Kammer wurden. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Zeuge bereits alleine aufgrund der Aussagesituation verunsichert war, führen alle Gesichtspunkte zusammengenommen dazu, dass dem Zeugen nicht geglaubt werden kann.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen . Der Zeuge hat lediglich angegeben, der Beklagte habe an dem Sonntag, an dem die Parteien ihm den Hund gezeigt haben, gesagt, er habe den Hund gekauft und die gleichzeitig anwesende Klägerin habe dazu nichts gesagt. Einen schriftlichen Kaufvertrag hat der Zeuge demgegenüber nicht gesehen. Die von dem Zeugen bekundete Äußerung des Beklagten und die fehlende Reaktion der Klägerin darauf können als wahr unterstellt werden. Zum einen ist nicht hinreichend sicher, dass die Klägerin die Aussage des Beklagten überhaupt gehört hat und nicht von dem jungen Hund abgelenkt war. Zum anderen kann aus den Angaben des Zeugen nicht zwingend geschlossen werden, dass der Beklagte den Hund alleine gekauft hat. Denn die unwidersprochen gebliebene Angabe des Beklagten, er habe den Hund gekauft, ist ja durchaus zutreffend, da jedenfalls auch der Beklagte den Hund gekauft hat. Einen Anlass für die Klägerin, die seinerzeitige Angabe des Beklagten klarzustellen, wenn sie die Aussage denn gehört hat, gab es nicht. Demgegenüber hat der Zeuge keine Erklärung der Parteien bekundet, wonach alleine der Beklagte den Hund gekauft haben soll.

Soweit der Zeuge schließlich angegeben hat, der Beklagte habe ihm gegenüber bei einem abendlichen Treffen kurze Zeit später erneut gesagt, er habe den Hund gekauft und bezahlt, hilft dies dem Beklagten nicht. Die Aussage ist schon wenig glaubhaft, da sich der Zeuge zwar dafür interessiert haben will, wer den Hund bezahlt hat, jedoch den Preis des Hundes nicht wissen wollte. Indes kann auch diese Aussage des Zeugen als wahr unterstellt werden, da nicht auszuschließen ist, dass der Beklagte seinerzeit eine unzutreffende Angabe gegenüber seinem Freund gemacht hat.

Demgegenüber spricht aufgrund der Vernehmung der Mutter der Klägerin viel dafür, dass sich die Klägerin zur Hälfte an dem Kaufpreis des Hundes beteiligt hat. Die Zeugin hat detailliert und widerspruchsfrei angegeben, dem Beklagten 275,00 Euro in bar übergeben zu haben. Sie hat Einzelheiten bekundet und deutlich gemacht, wenn sie sich an bestimmte Umstände nicht mehr genau erinnern konnte. Eine einseitige Belastungs- bzw. Entlastungstendenz in der Aussage der Zeugin ist nicht festzustellen, obwohl die Zeugin als Mutter der Klägerin in deren Lager steht. Letztlich kann indes dahinstehen, ob der Klägerin der Beweis gelungen ist, sich mit der Hälfte an dem Kaufpreis beteiligt zu haben, da jedenfalls der Beklagte nicht den Beweis geführt hat, den Hund als alleiniger Käufer gekauft zu haben und somit für die Klägerin die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB spricht.

Soweit die Parteien darüber hinaus darüber streiten, wer sich in welchem Umfang in der Folgezeit an den Unterhaltskosten beteiligt hat, kann dies dahinstehen. Denn der Beklagte hat keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergeben würde, dass die Klägerin ihren Miteigentumsanteil an den Beklagten übertragen hat.

2.

Da die Parteien Miteigentümer des Hundes sind, kann die Klägerin von dem Beklagten gemäß § 745 Abs. 2 BGB Zustimmung zu einer Benutzungs- bzw. Umgangsregelung nach billigem Ermessen verlangen. Da die Parteien lediglich durch eine nichteheliche Lebensgemeinschaft verbunden waren, sind §§ 741 ff. BGB anwendbar, vgl. OLG Hamm, BeckRS 2010, 30575 und AG Walsrode, NJW-RR 2004, 365.

Die nunmehr von der Klägerin in der Berufungsinstanz auf den Hinweis vom 04.05.2011 begehrte Benutzungsregelung entspricht dem billigen Ermessen. Die beiden Miteigentümer haben den Hund in gleicher Weise jeden Monat für zwei Wochen zur Verfügung, und die Transportkosten werden hälftig geteilt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die zunächst von der Klägerin begehrte Nutzungsregelung unbillig war, da der Beklagte die Transportkosten hätte alleine tragen müssen. Da die Klägerin indes mit ihrem Hauptziel - regelmäßige Verfügungsgewalt über den Hund - erfolgreich war, waren die Kosten des Rechtsstreits zum überwiegenden Teil dem Beklagten aufzuerlegen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert: 615,00 Euro.

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