OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2011 - I-34 U 95/10
Fundstelle
openJur 2012, 80021
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.06.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund - 1 O 192/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000,- €.

Gründe

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an dem Film und Entertainment W GmbH & Co.KG (im Folgenden: W2) auf Schadensersatz in Anspruch.

Unternehmerisches Ziel des W2 war ausweislich des Fondsprospektes die Finanzierung von Filmproduktionen, die im Weiteren über Lizenznehmer vermarktet werden sollten. Der Beitritt zu dem Fonds fand über eine Treuhandkommanditistin, die W GmbH, statt. Hierfür war seitens der Anleger neben der Bareinlage ein Agio in Höhe von 5 %, bezogen auf den Nennwert der Kommanditbeteiligung, an die Fondsgesellschaft zu leisten.

In dem Fondsprospekt zum W2 ist auf Seite 40 in einer Tabelle zur "Investitionsplanung/Modellrechnung" unter "Mittelverwendung" die Position "02. Eigenkapitalvermittlung 8,9%" aufgeführt. In den nachfolgenden Erörterungen dazu heißt es:

"Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der W3 AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9 % des Beteiligungskapitals beinhaltet eine ggf. anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die W3 AG das Agio. ..."

Ferner wird im unmittelbaren Anschluss an die Tabelle das Agio wie folgt erläutert:

"Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der W3 AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."

Schließlich heißt es im Abschnitt "Vertragsgrundlagen" auf Seite 68/69 zu dem mit der W3 AG (im Folgenden: W3 AG) geschlossenen "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" u.a. wie folgt:

"... Die W3 AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, und die Verpflichtung, nur die vom W4 zur Verfügung gestellten Beteiligungsunterlagen zu benutzen.

Hierfür erhält die W3 AG eine Vergütung in Höhe von 8,9% des Kommanditkapitals. Das von beitretenden Kommanditisten zu erbringende Agio in Höhe von 5% ist eine zusätzliche Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Prospektes zum W2, dessen Deckblatt die Aufschrift "GARANTIEFONDS" trägt, wird auf die als Anlage K-II-1 zur Klageschrift vom 01.08.2009 zu den Akten gereichte Kopie desselben Bezug genommen.

Der Kläger, von Beruf Diplom-Ingenieur und Projektmanager, war Kunde der Beklagten. Anfang Dezember 2003 kam es zu Gesprächen zwischen ihm und der Mitarbeiterin Q der Beklagten. Von wem insoweit die Initiative ausgegangen ist, ist streitig. Umstritten ist ebenfalls der Inhalt der dann am 11.12.2003 und am 12.12.2003 geführten Gespräche, zu denen noch ein weiterer Mitarbeiter der Beklagten hinzugezogen wurde. Jedenfalls wurde dem Kläger von den Mitarbeitern der Beklagten der in Rede stehende Fonds W2 vorgestellt und ihm wurde am 11.12.2003 der Prospekt dieser Anlage mitgegeben.

Am folgenden Tag zeichnete der Kläger eine Beteiligung mit einem ausgewiesenen Wert von 30.000,00 € zzgl. Agio von 1.500,00 € (insgesamt 31.500,00 €) an dem Fonds W2.

Die W3 AG leitete aus den von ihr vereinnahmten Provisionen für die Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung - wie vereinbart - an die Beklagte eine Provision in Höhe von mindestens 7,5 % der Zeichnungssumme ohne Agio weiter.

Die Fondsbeteiligungen erbrachten in der Folgezeit nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. Insbesondere erkannten die Finanzämter die zunächst von ihnen akzeptierten steuerlichen Verlustzuweisungen der Fondsgesellschaft letztendlich nicht an.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhaltes sowie des Parteivorbringens und der Anträge in I. Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger würden gegen die Beklagte wegen einer Aufklärungspflichtverletzung aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag Ansprüche im tenorierten Umfang zustehen.

Inwieweit die Beklagte den Beratungsvertrag verletzt habe, weil sie unrichtig über die Risiken der Anlage aufgeklärt habe bzw. ihrer Plausibilitätsprüfungspflicht im Hinblick auf den Fondsprospekt nicht nachgekommen sei, könne dahinstehen. Denn sie habe ihre Aufklärungspflicht jedenfalls dadurch verletzt, dass sie den Kläger nicht über die ihr zugeflossenen Provisionen in Höhe von zumindest 7,5 % des Nominalkapitals informiert habe. Diese Aufklärungsflicht bestehe unabhängig von der Höhe der erzielten Rückvergütungen aufgrund des Interessenkonfliktes der Bank, die gleichsam im Interesse des Kunden wie auch in ihrem eigenen Interesse tätig werde. Die Offenlegung der Rückvergütungen sei daher erforderlich, damit der Kunde das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen könne, ob die Bank bzw. ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfehlen, weil sie selbst daran verdienen.

Konkrete Angaben über Provisionszahlungen seien von der Beklagten bzw. ihren Mitarbeitern nicht gemacht worden. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung auch nicht durch Übergabe des Fondsprospektes nachgekommen. Unstreitig sei dem Kläger zwar am 11.12.2003 der Prospekt ausgehändigt worden. Er habe jedoch behauptet, den Prospekt nicht gelesen zu haben. Dies dürfe angesichts des über 100 Seiten umfassenden Prospektes vor Zeichnung der Anlage am 12.12.2003 auch kaum möglich gewesen sein.

Der Prospekt enthalte ohnehin nicht die zu einer sachgerechten Aufklärung über das Provisionsinteresse der Beklagten notwendigen Angaben. Er benenne weder konkret die Empfänger der Provisionen noch gebe er Aufschluss über die Provisionshöhe.

Die Beklagte habe ihre Aufklärungspflichtverletzung zu vertreten; sie habe die gegen sie sprechende Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht entkräftet. Sie habe sich auch nicht in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden. Der Beklagten sei zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da sie bei der Beratung des Klägers am 11.12.2003 habe erkennen können und müssen, dass sie zur Aufklärung über den Erhalt von Provisionen verpflichtet gewesen sei. Diese Verpflichtung folge aus dem allgemeinen Grundsatz zur Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten, der bereits vor 2004 im Auftragsrecht anerkannt gewesen sei und von dem die Beklagte aus der dazu ergangenen Rechtsprechung habe Kenntnis erlangen können.

Ebenso wenig habe die Beklagte die für den Kläger sprechende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Dem Kläger mögen zwar abstrakte Provisionsinteressen der Beklagten bekannt gewesen sein; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er auch bei Kenntnis des Interessenkonfliktes in seiner konkreten Ausgestaltung, also von der Höhe der Provision, nicht von der Zeichnung abgesehen hätte, habe die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Die Kammer sei daher nicht gehalten gewesen, dem in der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2010 gestellten Beweisantrag auf Vernehmung des Klägers als Partei gemäß § 445 ZPO zu dieser Frage nachzukommen.

Der Kläger habe u. a. auch Anspruch auf den Ersatz entgangenen Gewinns. Bei Kapitalanlagen gelte die Regel, dass sich ein entgangener Gewinn typischerweise daraus ergebe, dass das Eigenkapital nicht ungenutzt geblieben, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH NJW 1992, 1223). Die Kammer schätze die Höhe dieses Zinses auf 4 % p. a. seit Zahlung des Anlagebetrages an die Treuhandkommanditistin.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Sie macht geltend, das Landgericht habe nicht die entscheidungserhebliche Frage offenlassen dürfen, ob der Kläger den Prospekt rechtzeitig erhalten habe. Denn sofern das der Fall gewesen wäre, wären weitere Aufklärungspflichten über die Provision für die Vermittlung des Eigenkapitals nicht gegeben gewesen, da sich im Prospekt der deutliche Hinweis auf diese Provision finde (BGH, Urteil vom 27.10.2009, -XI ZR 338/09-).

Im fraglichen Zeitpunkt habe die Beklagte keinerlei Kenntnisse über eine etwaige Aufklärungspflicht haben können, so dass sie sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Sogar noch im Jahr 2009 habe in der obergerichtlichen Rechtsprechung erhebliche Verunsicherung über die Frage geherrscht, inwieweit Finanzberater in früheren Zeiten von entsprechenden Aufklärungspflichten hätten Kenntnis haben müssen.

Weiterhin überstrapaziere das Landgericht die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens; insoweit habe es auch rechtsfehlerhaft einen Beweisantritt der Beklagten unberücksichtigt gelassen.

Wegen der im Prospekt erfolgten Aufklärung sei die Kausalitätsfrage hier wie folgt zu stellen:

"Hätte der Anleger von der Zeichnung Abstand genommen, wenn er gewusst hätte, dass gerade die ihn beratende Bank einen Teil der ihm grundsätzlich bekannten Provision erhält ?"

Diese Frage sei zu verneinen. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Kausalitätsvermutung für Fälle entwickelt worden sei, in denen die fragliche Aufklärungspflicht Risiken der Anlage - wie bspw. das Totalverlustrisiko - betroffen habe. In solchen Fällen läge tatsächlich die Vermutung nahe, dass der Anleger von der Zeichnung abgesehen hätte, um dem Eintritt dieses Risikos zu entgehen. Dies sei aber nicht auf den hier vorliegenden Fall einer verschwiegenen Rückvergütung übertragbar. Denn Rückvergütungen hätten mit dem Risikoumfang einer Anlage nichts zu tun.

Hier seien auch mehrere Verhaltensalternativen denkbar gewesen. Neben der Abstandnahme von der Anlage sei auch das schlichte Akzeptieren der Provision möglich gewesen und insbesondere die weitere Alternative, dass der Anleger mit der Bank verhandele und sich von ihr die Provision oder zumindest einen Teil davon erstatten lasse. Das sei gerade bei unternehmerischen Beteiligungen wie der vorliegenden häufig der Fall, so dass auch aus diesem Grunde die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hier nicht greifen könne. Dagegen spreche auch der Umstand, dass der Kläger den Prospekt vor der Zeichnung der Anlage erhalten, aber nicht gelesen habe. Nehme man einmal an, dass der Fondsprospekt in ausreichendem Maße auf die an sie geflossenen Provisionen hingewiesen habe, hätte der Kläger diese Hinweise nicht zur Kenntnis genommen. Daraus folge zwingend, dass die Zeichnung auch bei einem umfassenden Hinweis im Prospekt erfolgt wäre.

Selbst wenn man das anders beurteilen wolle, sei das Landgericht aus nicht nachvollziehbaren Gründen dem Beweisangebot der Beklagten zu ihrer Entlastung nicht nachgegangen. Sie habe Anhaltspunkte, die hier gegen ein Abstandnehmen von der Zeichnung der Anlage durch den Kläger sprechen würden, im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren hinreichend vorgetragen. So habe der Kläger von dem grundsätzlichen Interesse der Beklagten am Erzielen einer Provision Kenntnis gehabt. Dies sei ein erhebliches Indiz dafür, dass er auch bei Mitteilung der konkreten Provisionshöhe nicht von der Beteiligung abgesehen hätte.

Schließlich habe das Landgericht nicht einfach im Wege der Schätzung einen entgangenen Gewinn von 4 % zusprechen dürfen. Zu einer entsprechenden Alternativanlage habe der Kläger überhaupt nichts vorgetragen, so dass die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig aus der Luft gegriffen sei. Nach dessen eigenem Vorbringen sei davon auszugehen, dass der Kläger nicht in eine festverzinsliche, sondern in eine ebenfalls steuerbegünstigte Alternativanlage investiert hätte.

Im Senatstermin am 24.05.2011 hat die Beklagte behauptet, dass nach neueren Erkenntnissen in ihrem Hause eine schriftliche Vereinbarung mit den W-Verantwortlichen über die Vermittlung und Vergütung des Vertriebs nicht zustande gekommen sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Dazu führt er aus, das Landgericht sei rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte ihre Beratungspflichten bereits dadurch verletzt habe, dass sie ihn nicht auf die ihr zufließenden Rückvergütungen und den sich daraus ergebenden Interessenkonflikt hingewiesen habe. Zu Recht sei das Landgericht dabei davon ausgegangen, dass ihm der Langprospekt nicht rechtzeitig übergeben worden sei und dass darin weder die konkrete Höhe der Provisionen noch deren Empfänger genannt gewesen seien, was für eine Aufklärung über diesen Punkt ohnehin nicht ausgereicht habe.

Das Vertriebsinteresse der Beklagten sei auch wesentlich für seine Anlageentscheidung gewesen. Es gebe keinerlei Ansatzpunkte dafür, dass ein Anleger, dessen Falschberatung geeignet sei, das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Berater zu zerstören, dennoch gewillt sei, über den Vertrauensbruch hinwegzusehen und die Anlage überhaupt oder gar zu den alten Konditionen abzuschließen. Auch hier trage die Beklagte keinerlei Umstände vor, aus denen auf ein solches Verhalten des Klägers geschlossen werden könne. Es gelte daher auch im Fall verschwiegener Rückvergütungen zugunsten des Anlegers - hier des Klägers - die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht zu Recht die Parteivernehmung des Klägers abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 445 ZPO lägen schon deshalb nicht vor, weil es an der erforderlichen Darlegung der beweiserheblichen Anknüpfungstatsachen fehle und dieses Beweismittel zudem subsidiär sei.

Die Beklagte habe die Pflichtverletzung auch zu vertreten; insbesondere könne sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. Sie wäre schon im Jahr 2003 bei der gebotenen sorgfältigen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Offenlegung von Provisionen im Interesse der Kunden geboten sei. Zu diesem Zeitpunkt habe es gerade keine höchstrichterliche Rechtsprechung gegeben, die eine Aufklärungspflicht in Bezug auf Rückvergütungen bei Empfehlungen von Fondsanteilen verneint habe. Diese Frage sei vielmehr in Rechtsprechung und Literatur umstritten gewesen. Bei einer zweifelhaften Rechtslage handele aber bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewege. Die Beklagte habe demnach nicht drauf vertrauen können und dürfen, dass verdeckte Provisionen an Anlageberater von der Rechtsprechung unangetastet bleiben würden.

Hinzu komme, dass bei den VIP-Fonds die hinsichtlich von Innenprovisionen geltende Aufklärungsschwelle von 15 % ebenfalls überschritten worden sei.

Zudem hätten der Beklagten bei einer mit hinreichender Sorgfalt vorgenommenen Plausibilitätsprüfung auch weitere Fehler des Prospektes auffallen müssen, auf den sie den Kläger ebenfalls hätte hinweisen müssen (was weiter ausgeführt wird).

Ihm sei auch der entgangene Gewinn zu ersetzen.

Die Beklagte habe in I. Instanz schon gar nicht bestritten, dass er eine Rendite von 4 % p. a. mittels einer Alternativanlage erwirtschaftet hätte. Er habe unbedingt eine völlig sichere Anlage haben wollen, bei der der Kapitalstock nicht gefährdet gewesen wäre. Da es eine solche Anlage, die gleichzeitig auch Steuervorteile geboten hätte, offensichtlich nicht gegeben habe, könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass er alternativ (nur) eine steuerbegünstigte Anlage gezeichnet hätte.

Mit Schriftsatz vom 13.05.2011 behauptet der Kläger, dass zwischen der Beklagten sowie der Fondsgesellschaft und der W3 AG eine Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung geschlossen worden sei, in der sich die Beklagte verpflichtet habe, bei der Vertriebswerbung und -beratung nur Daten und Fakten zu verwenden, die von der W3 AG oder der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden seien. Hieraus ergebe sich ein zusätzlicher schwerwiegender Interessenkonflikt der Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf das Protokoll des Senatstermins vom 24.05.2011.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache unbegründet.

Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossen Beratungsvertrag zusteht.

1.

Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages zwischen ihr und dem Kläger wird von der Beklagten mit der Berufung nicht mehr ausdrücklich angegriffen, so dass es hierzu eingehenderer Ausführungen nicht mehr bedarf.

Eine Bank ist auch regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149; Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10). Ein Beratungsvertrag kommt damit schon dann zustande, wenn ein Anlageinteressent an das Kreditinstitut oder das Kreditinstitut an den Kunden herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten. Der Abschluss des Beratungsvertrages erfolgt in diesem Fall zumindest stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches. So lag der Fall auch hier.

2.

Die Beklagte hat die ihr aus diesem Beratungsvertrag obliegenden Pflichten verletzt, indem sie dem Kläger die ihr aufgrund einer mit der W5 AG geschlossenen Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung für den Vertrieb der Fondsbeteiligungen zufließenden Rückvergütungen nicht offenlegte.

a)

Die Beklagte hat den Kläger nicht umfassend über die ihr unstreitig zugeflossene Rückvergütung i.H.v. 7,5 % des Nennwertes der Beteiligung (ohne Agio) aufgeklärt, obwohl sie hierzu verpflichtet war.

Eine Bank, die einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie nachweislich verdeckte Rückvergütungen erhält, muss diesen hierüber, und zwar unabhängig von der Höhe der Vergütung, aufklären. Die Aufklärung über diese Zahlungen ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Erst durch die Aufklärung, dass und vor allem auch in welcher Höhe derlei Rückvergütungen an die Bank fließen, wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist oder im Interesse der Bank daran, möglichst hohe Vergütungen zu erhalten. Hierbei bezieht sich die Aufklärungspflicht nicht nur auf die Beratung über Finanzinstrumente im Sinne des WpHG, sondern auch auf die Beratung über Beteiligungen an geschlossenen Fonds, insbesondere auch sogenannten Medienfonds. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in allen Fällen gleich (BGH, Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226; Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274; Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306; Beschl. v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405; Beschl. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694; Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, n.v.).

Derlei aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die anders als Innenprovisionen nicht etwa aus dem Anlagevermögen abfließen und auf dessen Werthaltigkeit Einfluss haben, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen oder Vertriebskosten gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (BGH, Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306; Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, n.v.). Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht unabhängig davon, ob die Rückvergütung beispielsweise aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren oder aber aus einer anderen offen angegebenen Quelle an die beratende Bank fließt (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, n.v.).

Danach handelte es sich bei den an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im vorgenannten Sinne.

Sie waren nicht in den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Fondsobjektes versteckt und minderten demnach nicht die Werthaltigkeit des Anlagevermögens, sondern flossen aus den im Fondsprospekt offen ausgewiesenen Vertriebskosten.

Die Beklagte blieb dabei als (letztendliche) Empfängerin solcher Provisionen ungenannt. Vielmehr flossen die zuvor seitens des Klägers an die Fondsgesellschaft geleisteten Zahlungen "hinter dessen Rücken" umsatzabhängig an die Beklagte zurück, womit deren besonderes Interesse daran, gerade diese Beteiligung zu empfehlen, für den Kläger nicht erkennbar war. Denn auch seitens der Beklagten selbst erfolgte keine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der maßgebliche Fondsprospekt dem Kläger so rechtzeitig ausgehändigt worden ist, dass er von dessen Inhalt überhaupt vor Zeichnung der Fondsbeteiligung noch hinreichend Kenntnis nehmen konnte (woran indes schon erhebliche Zweifel bestehen, da dem Kläger der immerhin 100 Seiten umfassende Prospekt erst am Tag vor dem Beratungsgespräch am 12.12.2003 zur Verfügung gestellt worden ist).

Dem Fondsprospekt ist ohnehin nicht zu entnehmen, dass die Beklagte auch nur teilweise in den Genuss der dort ausgewiesenen Vertriebsprovisionen oder des Agios kommen sollte. Vielmehr lässt sich den dortigen Angaben auf den Seiten 40/41 und 68/69 nur entnehmen, dass die W3 AG Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovision und des Agios werden sollte. Soweit in dem Prospekt auf den Seiten 68/69 mitgeteilt wird, dass die W3 AG den Vertrieb auf Dritte übertragen kann, ergibt sich hieraus schon nicht ohne weiteres, dass damit die Beklagte gemeint sein könnte. Allein aus der Vertriebstätigkeit der Beklagten musste der Kläger nicht notwendig den Schluss ziehen, diese werde an den der W3 AG zustehenden Kosten der Eigenkapitalvermittlung beteiligt. Vielmehr konnte er gleichermaßen annehmen, das Profitinteresse der Beklagten als Bank - und dies unterscheidet sie vom freien Anlageberater (vgl. BGH, Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, n.v.) - beschränke sich hierbei auf den Abschluss und die Aufrechterhaltung der üblicherweise auf Dauer angelegten kostenpflichtigen Vertragsverhältnisse mit ihm als Bankkunden. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass klar war, dass es sich bei dem in den Prospekten auf Seiten 68/69 angesprochenen Dritten um die Beklagte handeln sollte, war damit nach wie vor nicht ersichtlich, in welcher tatsächlichen Höhe - und auch dies ist erheblich und aufklärungsbedürftig (BGH, Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226) - auf diesem Wege Rückvergütungen an die Beklagte fließen sollten (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, n.v.).

b)

Die Beklagte hat den Zedenten zudem nicht darüber aufgeklärt, dass sie sich zuvor durch eine mit der Fondsgesellschaft und der W3 AG geschlossenen Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung vertraglich in Hinsicht auf den Vertrieb der Anlage gebunden und dafür eine Vergütung hatte versprechen lassen.

aa)

In der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte für die Vermittlung der Beteiligungen nach den mit der W5 AG geschlossenen Vertriebs- und Vergütungsvereinbarungen Provisionen in Höhe von zumindest 7,5 % des vermittelten Nominalkapitals erhielt und ihre Mitarbeiter den Kläger darüber nicht informiert habe.

Einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes in diesen Punkten hat die Beklagte nicht gestellt. Das hat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zur Konsequenz, dass der Senat an diese Feststellungen des Landgerichts gebunden ist und sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Soweit die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2011 in Abrede gestellt hat, dass es zwischen ihr und den W-Verantwortlichen eine schriftliche Vereinbarung über die Vermittlung und Vergütung des Vertriebes gegeben habe, kann die Beklagte folglich mit dieser neuen Behauptung gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO nicht mehr gehört werden.

bb)

Aufgrund dieser vertraglichen Bindung der Beklagten zur W3 AG und zur Fondsgesellschaft wurde der Interessenkonflikt der Beklagten, die nicht nur uneingeschränkt die Anlegerinteressen ihres Kunden wahrzunehmen hatte, sondern dabei stets auch diejenigen der Fondsgesellschaft und ihrer Vertriebspartnerin im Blick zu halten hatte, weiter verstärkt.

Selbst wenn man insoweit die Behauptung der Beklagten als wahr unterstellen würde, dass zwischen ihr und der W3 AG sowie der Fondsgesellschaft keine Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung geschlossen worden ist, führt dies zu keiner abweichenden, der Beklagten günstigeren Beurteilung. Denn dann hätte die Beklagte eine Rückvergütung erlangt, ohne dass es dafür überhaupt eine fixierte rechtliche Grundlage gegeben hätte. Das Verhalten der Beklagten würde sich dann nur als noch unkalkulierbarer und ihr Interessenkonflikt damit als noch undurchschaubarer darstellen. Mangels vertraglich festgelegter Höhe des von ihr angestrebten Vermittlungsentgeltes wäre ein bei ihr bestehender Interessenkonflikt vom Anleger noch schwerer einschätzbar und zwar selbst dann, wenn ihn die Beklagte auf diesen Umstand hingewiesen hätte.

c)

Die Beklagte handelte hierbei auch schuldhaft.

Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird das Verschulden der Beklagten vermutet.

Danach muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt, ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums sind insoweit strenge Maßstäbe anzulegen. Der Schuldner muss die Rechtslage sorgfältig prüfen und, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten. Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt bereits dann schuldhaft, wenn er bei einer nach der einschlägigen Rechtsprechung zweifelhaften Rechtslage zumindest mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt vertritt (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694). Es ist ihm insoweit nicht gestattet, den Gläubiger mit dem Risiko seiner rechtlichen Fehleinschätzung zu belasten (Nobbe, Anm. zu OLG Dresden, Urt. v. 24.07.2009 - 8 U 1240/08, WuB I G 1. - 5.10).

Die Beklagte handelte in diesem Sinne schuldhaft.

Im Hinblick auf den behaupteten Rechtsirrtum fällt der Beklagten zumindest Fahrlässigkeit zur Last. Sie hätte bei der gebotenen kritischen Prüfung, und zwar auch schon vor den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Aufklärungspflicht von Rückvergütungen vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, und vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405, erkennen können, dass sie zur Aufklärung über die Provisionen verpflichtet war (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694). Die Beklagte hätte dies nämlich spätestens aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 -XI ZR 349/99-, BGHZ 146, 235, herleiten können und auch müssen. Denn bereits hier wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung wurde hierin entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen. Über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluss aufzuklären (BGH, Urt. v. 19. 12. 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen, worauf auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen wurde (hierzu im Einzelnen mit den entsprechenden Nachweisen BGH, Beschl. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694).

Der Annahme einer Aufklärungspflicht steht nicht entgegen, dass die Beklagte für den Kläger unentgeltlich tätig geworden ist. Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages setzt nicht voraus, dass die Beratung kostenpflichtig ist. Auch in diesen Fällen hat der Anleger einen Anspruch auf Aufklärung über die von der Bank geschaffene Gefährdung seiner Interessen.

Die Beklagte kann sich gegenüber dem Verschuldensvorwurf nicht auf die in Amtshaftungssachen entwickelte Kollegialgerichtsrichtlinie berufen. Denn diese ist auf die freie unternehmerische Betätigung der Beklagten nicht anwendbar (vgl. BGH, Beschl. v. 19.02.2009 - III ZR 154/08, zitiert nach juris).

Die Annahme des Verschuldens führt auch nicht zu einer rückwirkenden Änderung einer neueren Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Denn eine solchermaßen rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Aufklärungspflicht von Rückvergütungen vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, und vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 stellen weder eine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch eine richterliche Rechtsfortbildung dar, denn sie beinhalten lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Rechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Rechtskreise bei der gebotenen Sorgfalt jedenfalls seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. 12. 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235 - und tatsächlich schon seit den Jahren 1989/1990 absehbar war (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694).

d)

Das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten war für die Anlageentscheidung des Klägers auch kausal.

Der Anleger kann sich, sofern eine Aufklärungspflichtverletzung - wie dies hier der Fall ist - feststeht, grundsätzlich auf die tatsächliche Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt, berufen. Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (u.a. BGH, Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274).

Damit muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (BGH, Urt. v. 16.11.93 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151; Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518).

Die Beklagte hat dieser ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.

Zwar greift die Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungspflichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 16.11.93 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151; Urt. v. 07.05.2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5). Allerdings muss hierfür aufgrund konkreter Umstände des Falles feststehen, dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zu Verfügung standen (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, n.v.). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

aa)

Selbst wenn im Falle einer Aufklärungspflichtverletzung im Hinblick auf die an die beratende Bank fließenden Rückvergütungen generell mehrere Handlungsalternativen denkbar sein mögen, heißt dies für sich genommen keineswegs zwangsläufig, dass sich im konkreten Fall de facto auch für den Kläger ein echter Entscheidungskonflikt im vorgenannten Sinne ergeben hätte (so in einem vergleichbaren Fall auch OLG Celle, Urt. v. 21.04.2010 - 3 U 202/09). Konkrete Umstände dafür, dass sich für ihn vernünftigerweise tatsächlich mindestens zwei ernsthafte Handlungsalternativen eröffnet hätten, sind weder ohne weiteres ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte sind ihre diesbezüglichen Annahmen letztlich rein spekulativ und demzufolge nicht erheblich.

Weder der Umstand, dass der Kläger nach seinem Vorbringen sein Kapital für abgesichert hielt, noch die Erwägung, dass es ihm vorrangig um eine hohe Steuerersparnis sowie allenfalls noch um Renditeerwägungen ging, rechtfertigt die Folgerung, dass die tatsächliche Provisionshöhe, selbst wenn diese vergleichsweise niedrig gewesen sein mag, für ihn nicht anlageentscheidend war. Die Gründe für die Aufklärungspflicht über den mit den umsatzabhängigen Rückvergütung begründeten Interessenkonflikt werden hiermit nicht relativiert.

Darüber hinaus hat die Beklagte konkrete Äußerungen des Klägers, die zwingend den Schluss zuließen, ihm sei es tatsächlich ausschließlich um die mit dieser Anlageform zu erzielende bestimmte Steuerersparnis und allenfalls noch um Renditechancen sowie das Sicherungskonzept der Schuldübernahme für seine Anlageentscheidung gegangen und deshalb sei die von ihr vereinnahmte Rückvergütung für ihn auch nicht von Interesse gewesen, nicht dargetan. Im Übrigen sind die inneren Entscheidungsvorgänge des Anlegers durch die Benennung der Zeugen Q und Q2 nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt. Denn diese sind der Wahrnehmung des Zeugen regelmäßig nicht zugänglich. Der Antrag auf Einvernahme des Klägers als Partei stellt ohne weitere Darlegung insoweit ohnehin lediglich einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

bb)

Hinzu kommt, dass die Beklagte nach den vom Landgericht getroffenen und der Entscheidung zugrunde zu legenden Feststellungen durch eine Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung vertraglich mit der W3 AG und der Fondsgesellschaft verbunden war. Für einen Anleger, der um eine an seinen Bedürfnissen orientierte Beratung nachsucht, dann aber erfahren muss, dass sein potenzieller Berater bereits vertraglich an einen Anlageemittenten gebunden ist und darüber hinaus auch noch eigene Vergütungsinteressen verfolgt, ist eine andere vernünftige Handlungsalternative als diejenige, von der Zeichnung der Anlage Abstand zu nehmen, nicht ersichtlich. Es ist nicht vorstellbar, dass ein Anleger selbst im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung über einen solchen Umstand, der die Zuverlässigkeit der Beratung per se in Frage stellt, die Anlage nichtsdestotrotz auf Empfehlung der Beklagten erworben hätte.

Etwas anderes ergibt sich selbst dann nicht, wenn man die Behauptung der Beklagten als wahr unterstellen würde, dass zwischen ihr und der W3 AG sowie der Fondsgesellschaft keine Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung geschlossen worden ist. Denn die einzig folgerichtige Handlungsweise für einen Kunden, der erfährt, dass die von ihm als Beraterin konsultierte Bank sich ohne fixierte rechtliche Grundlage Gelder von der Emittentin einer der empfohlenen Anlagen zahlen lässt, ist es, den Kontakt umgehend abzubrechen und sich anderweit um eine vollständige und seine Interessen vorrangig und umfassend berücksichtigende Beratung bei einem Institut zu bemühen, dessen Interessenlage sich anhand klarer vertraglicher Regelungen nachvollziehen lässt.

3.

Hinsichtlich der Art und Höhe des zu leistenden Schadensersatzes wendet sich die Beklagte lediglich noch gegen den vom Landgericht in Form einer 4%-igen Verzinsung zugesprochenen entgangenen Gewinn. Auch in diesem Punkt hat die Berufung der Beklagten jedoch keinen Erfolg.

Der Kläger weist insoweit zutreffend darauf hin, dass von der Beklagten in I. Instanz nicht bestritten ist, dass er bei Nichtzeichnung des Medienfonds W2 sein Kapital so angelegt hätte, dass er mittels dieser Alternativanlage einen Ertrag von 4 % p. a. erwirtschaftet hätte. Das hat gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zur Konsequenz, dass die alternative Ertragsmöglichkeit des Beklagten als zugestanden gilt und die Beklagte mit ihrer anderslautenden, erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellten Behauptung gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Ohnedies hat der Kläger ein mögliches alternatives Anlageverhalten seinerseits schlüssig dargetan. So benennt er in seinem Schriftsatz vom 23.11.2009 (dort S. 37 - Bl. 204 d. A.) konkret eine alternative Anlagemöglichkeit, mit der im fraglichen Zeitraum ein Ertrag von 4,5 % hätte erzielt werden können. Weiterhin führt er aus, dass es ihm in erster Linie auf die Sicherheit der Anlage angekommen sei und lediglich nebenher auch noch um die Erzielung von Steuervorteilen. Hätte es keine steueroptimierte Alternative ohne Verlustrisiko gegeben, hätte er auch kein Steuerstundungsmodell gezeichnet, sondern das Kapital als Fest-, Termin- oder Tagesgeld angelegt.

4.

Schließlich hat die Beklagte in I. Instanz die Einrede der Verjährung erhoben. Das ist im Tatbestand des angefochtenen Urteils auch zutreffend festgehalten. In den Entscheidungsgründen ist das Landgericht auf diesen Punkt jedoch nicht weiter eingegangen. Die Beklagte bringt insoweit zwar keinen Berufungsangriff in der Form des § 520 Abs. 3 ZPO aus; gleichwohl sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass diese Einrede der Beklagten in der Sache ebenfalls keinen Erfolg hat.

Die Verjährungsregelung des § 37 a WpHG findet hier keine Anwendung, da es nicht um Wertpapiere im Sinne dieser Vorschrift geht. Maßgeblich sind daher die §§ 195, 199 BGB, nach denen der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist erst ab Kenntnis des Geschädigten von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners beginnt. Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen der Verjährung ist derjenige, der sich auf diese Einrede beruft, mithin hier die Beklagte (BGH NJW 2008, 2578). Es fehlt bislang jedoch an jedwedem Vortrag der Beklagten dazu, wann und auf welchem Wege der Kläger in verjährter Zeit davon erfahren hat bzw. haben müsste, dass sie eine Rückvergütung erhalten hat.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die relevanten rechtlichen Fragen sind bereits durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt. Insoweit wird auf die in den vorstehenden Gründen zitierten Entscheidungen verwiesen.

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