LG Nürnberg-Fürth, Schlussurteil vom 27.01.2010 - 8 O 10700/08
Fundstelle
openJur 2012, 105321
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird bis zum 20.03.2009 auf 12.116,14 EUR und für die Zeit danach auf 8.207,31 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Beschädigung eines Mietkraftfahrzeuges in Anspruch.

Die Klägerin ist eine gewerbliche Autovermieterin. Am 10.05.2008 gegen 5.30 Uhr verursachte der Beklagte mit einem von der Klägerin vermieteten Kleinlaster Mercedes, amtl. Kennzeichen HH-xxx, auf der Autobahn A 8 in Höhe Kilometer 210, einen Verkehrsunfall. Der Beklagte fuhr dabei zwei am Fahrbahnrand aufgestellte Verkehrszeichen um. Das Fahrzeug der Klägerin wurde hierdurch beschädigt. Der Beklagte setzte seine Fahrt jedoch fort, ohne an der Unfallstelle zu warten. Der Beklagte wurde wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls rechtskräftig nach §§ 315 c, 142 StGB verurteilt. Der Anmietung liegt ein vorformulierter Mietvertrag (im folgenden MV; Anlagen K1, 2) zugrunde, in dem es unter anderem heißt:

5. Berechtigter Fahrer

Das Fahrzeug darf nur vom Mieter selbst, [und] … den beim Mieter angestellten Berufsfahrern in dessen Auftrag, … gelenkt werden, … die Fahrer sind Erfüllungsgehilfen des Mieters.

8. Verhalten bei Unfällen

Der Mieter hat nach einem Unfall, … sofort die Polizei zu verständigen. Dies gilt auch bei selbstverschuldeten Unfällen ohne Mitwirkung Dritter. … Der Mieter hat ... selbst bei geringfügigen Schäden, unverzüglich einen ausführlichen schriftlichen Bericht unter Vorlage einer Skizze zu erstatten. ...

10. Haftung des Mieters …

b) Wird eine Haftungsbefreiung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes vereinbart, stellt ... den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung mit nachfolgender Selbstbeteiligung für Schäden am Mietfahrzeug frei. Die Haftungsbefreiung erfasst die Beschädigung durch Unfall, …

c) Die Haftungsbefreiung entbindet nicht von den Verpflichtungen in Ziffern 5, 6 und 8 dieser Bedingungen. … Hat der Mieter Unfallflucht begangen oder seine Pflichten gemäß Ziffer 8 verletzt, haftet er ebenfalls voll, es sei denn, die Verletzung hat keinen Einfluss auf die Feststellung des Schadensfalles. Ferner haftet der Mieter voll bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung des Schadens, insbesondere bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit.

e) Im Übrigen bleibt es bei der gesetzlichen Regelung."

Der Mietvertrag sieht eine Haftungsfreistellung mit einem Selbstbehalt in Höhe von 650,00 Euro vor.

Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte das Unfallfahrzeug angemietet habe. Dieser hafte wegen der Beschädigung des Fahrzeuges deshalb vertraglich und nach § 823 BGB. Jedenfalls hafte der Beklagte aus der Schutzwirkung des Mietvertrages. Der Beklagte habe sich von der Unfallstelle entfernt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Er sei dann durch die Polizei als Unfallfahrer ermittelt worden. Auf die vertraglich vereinbarte Haftungsfreistellung könne sich der Beklagte nicht berufen, da er gegen Nr. 8 MV verstoßen habe, indem er Unfallflucht begangen und die Polizei nicht verständigt habe. Der Beklagte habe gegen eine Vielzahl von Verkehrsregeln verstoßen, so dass sein Verhalten auch als grob fahrlässig zu bewerten sei. So sei er unter anderem mit Tempo 130, statt der zugelassenen 100 km/h gefahren. Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte aufgrund Übermüdung von der Straße abgekommen sei. Die vor dem Sekundenschlaf noch einsetzenden Anzeichen der Übermüdung habe der Beklagte wahrnehmen müssen. Der Schaden am Fahrzeug erfordere Reparaturkosten in Höhe von netto 11.910,89 EUR. Für ein Sachverständigengutachten seien der Klägerin netto 175,75 EUR sowie für die sonstige Bearbeitung des Schadensfalles Unkosten in Höhe von 29,50 EUR entstanden.

Die Klägerin meint, dass aufgrund der vorsätzlich begangenen Unfallflucht auch nach neuem Recht volle Haftungsfreiheit der Klägerin gegeben sei. Durch die verspätete Unfallaufnahme seien Feststellungen zur Übermüdung des Beklagten nicht möglich gewesen, so dass dessen Obliegenheitsverletzungen sehr wohl Einfluss auf die Feststellungen des Schadensfalls gehabt hätten. Selbst bei einer Quotelung der Schadenssumme müsse der Beklagte wegen der besonders groben Fahrlässigkeit in vollem Umfang haften. Die Klägerin ist weiter der Ansicht, dass sie auf der Grundlage des § 87 VVG 2008 von der Regelung des § 81 VVG 2008 habe abweichen dürfen, so dass auch bei grober Fahrlässigkeit eine volle Haftung des Beklagten gerechtfertigt sei. Die Klägerin meint, dass wegen der direkten Obhut für das vermietete Fahrzeug eine engere Beziehung zwischen Vermieter und Mieter vorliege, als es zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer der Fall sei. Für die Übergangszeit bis 31.12.2008 sei die Klägerin deshalb berechtigt gewesen, den Mietvertrag in seiner alten Fassung zu verwenden. Selbst wenn entsprechende Regelungen im Mietvertrag im Hinblick auf das VVG 2008 unwirksam seien, so sei doch zumindest nunmehr die Rechtsfolgen des VVG 2008 anzuwenden. Damit sei unter anderem § 81 VVG direkt anzuwenden.

Gegen einen gegen ihn ergangenen Mahnbescheid in Höhe von 12.116,14 EUR in der Hauptsache, dem Beklagten zugestellt am 22.10.2008, hat dieser mit Schreiben vom 30.10.2008 Widerspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 20.03.2009, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Klägerin die zunächst geforderten Reparaturkosten auf 8.002,06 EUR berichtigt und die Klage in Höhe von 3.908,83 EUR zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

Der Beklagte wird dazu verurteilt, an die Klägerin 8.207,31 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.10.2008 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Ansicht, nicht haften zu müssen, da er selbst den Mietvertrag nicht abgeschlossen habe. Ihm seien weder der Mietvertrag noch die entsprechenden Bedingungen vorgelegt worden. Jedenfalls könne er sich auf die "Vollkaskoversicherung" berufen. Den Unfall habe er weder grob fahrlässig noch vorsätzlich verursacht. Im Übrigen sei zunächst gegen den Mieter des Fahrzeuges vorzugehen. Der Beklagte trägt schließlich vor, infolge eines Sekundenschlafs von der Fahrbahn abgekommen und nach dem Unfall unter Schock weitergefahren zu sein. Zuvor hätten sich ihm jedoch keinerlei Anzeichen einer Übermüdung oder mangelnder Konzentrationsfähigkeit gezeigt. An einer Tankstelle habe er dann zusammen mit dem Fahrer eines weiteren Fahrzeuges seines Arbeitgebers einen Vorgesetzten verständigt, der dann unverzüglich die Polizei sowie die Klägerin informiert habe. Die Klägerin sei also kurze Zeit nach dem Unfall über diesen und den Schaden informiert worden. Die Polizei sei erst nach ihrer Benachrichtigung durch den Vorgesetzten des Beklagten an der Tankstelle eingetroffen. Der Beklagte meint, nach den Vorschriften des neuen VVG allenfalls nach dem Grad seines Verschuldens für den Schaden eintreten zu müssen. Eine etwaige Obliegenheitsverletzung habe jedenfalls keinerlei Auswirkungen auf die Schadensfeststellungen gehabt, da die Polizei den Unfall unmittelbar im Anschluss an diesen aufgenommen habe. Die behauptete Schadenshöhe sei nicht zutreffend, da diverse Vorschäden am Fahrzeug nicht in Abzug gebracht worden seien. Die Schadenshöhe werde auch ansonsten in vollem Umfang bestritten.

Mit Beschluss vom 28.09.2009 hat der zunächst zur Entscheidung berufene Einzelrichter den Rechtstreit gemäß § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ZPO der Kammer zur Entscheidung vorgelegt, die den Rechtsstreit gemäß § 348 Abs. 3 S. 2 ZPO mit Beschluss vom 05.10.2009 übernommen hat (Gerichtsakte Bl. 109).

Das Gericht hat Beweis erhoben mit Beweisbeschluss vom 12.03.2009 (Gerichtsakte Bl. 30 ff) durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und ergänzende gutachterliche Stellungnahme. Auf diese wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 65 ff, 96 ff.). Die Kammer hat darüber hinaus Beweis erhoben mit Beweisbeschluss vom 04.10.2009 (Gerichtsakte Bl. 112) durch schriftliche Vernehmung des Zeugen POM S. Auf die schriftliche Aussage des Zeugen vom 15.10.2009 (Gerichtsakte Bl. 118 ff) wird Bezug genommen. Ferner wurde Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen B; insofern wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2009 (Gerichtsakte Bl. 123 ff) Bezug genommen. Die Akten der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Az. 65 Js 43314/08, waren Gegenstand des Verfahrens.

Gründe

A)

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch zu, da sich der Beklagte erfolgreich auf die vertragliche vereinbarte Haftungsfreistellung berufen kann.

I.

Unstreitig war der Beklagte zum Unfallzeitpunkt berechtigter Fahrer eines im Eigentum der Klägerin stehenden Fahrzeuges. Der Beklagte hat letztlich auch eingeräumt, dass es infolge eines "Einnickens" am Steuer zu dem Unfall gekommen sein müsse. Dies wird von der Klägerin so vorgetragen und auch durch die Ausführungen des Sachverständigen bestätigt. Damit haftet der Beklagte grundsätzlich nach § 823 Abs. 1 BGB für die unfallbedingt entstandenen Schäden am Eigentum der Klägerin. Andere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht, da vertragliche Beziehungen zwischen Klägerin und Beklagtem nicht bestehen (BGHZ 22, 109, 111).

II.

Der Beklagte kann sich jedoch auf die mietvertraglich vereinbarte Haftungsfreistellung berufen, so dass seine Haftung im Ergebnis entfällt.

261. Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages - wie hier -gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so darf dieser - gleichsam als Quasi-Versicherungsnehmer - darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGH VersR 2009, 1123 m.w.N.; zuletzt BGH Urt. v. 25.11.2009 - XII ZR 211/08, juris). Weichen die Miet-AGB zu Lasten des Mieters vom Leitbild der Vollkaskoversicherung ab, liegt darin regelmäßig ein Verstoß gegen § 307 BGB, so dass die entsprechende Regelung unwirksam ist (BGH VersR 2009, 1123 für eine Klausel, wonach der Mieter den Anspruch auf Haftungsfreistellung verliert, wenn ein Dritter, dem er das Fahrzeug überlassen hat, dieses schuldhaft beschädigt).

272. Der Beklagte kann sich, auch wenn er nicht selbst Vertragspartner des Mietvertrages ist -dies war ausweislich des Anmietformulars sein Arbeitgeber - als berechtigter Fahrer auf die Haftungsfreistellung berufen. Der Beklagte ist in die vom Mieter des Pkw vereinbarte Haftungsbefreiung einbezogen, weil die Klägerin den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung freigestellt hat. Dann entspricht es dem Erwartungshorizont des Mieters bzw. Versicherungsnehmers, dass auch der berechtigte Fahrer im Sinne der für diese Versicherung üblichen Versicherungsbedingungen (vgl. D 1.2 AKB 2008) - im untechnischen Sinne - "mitversichert" ist (OLG Düsseldorf VersR 2009, 509; OLG Schleswig VersR 1983, 590; OLG Brandenburg Urt. v. 11.3.2009 - 3 U 76/08, juris; vgl. auch BGH VersR 2009, 1123, sowie ausdrücklich im gleichen Sinne BGHZ 22, 109, 120 ff.).

3. Die Wirkung der Haftungsbefreiung kommt nicht aufgrund einer "Obliegenheitsverletzung" nach Nr. 10 c) S. 3 MV in Wegfall. Demnach haftet der Mieter voll, wenn er Unfallflucht begangen oder seine Pflichten gemäß Ziffer 8 MV verletzt hat, es sei denn, die Verletzung hat keinen Einfluss auf die Feststellung des Schadensfalles.

a) Die Klägerin dürfte sich nach Ansicht der Kammer schon deshalb nicht auf eine Obliegenheitsverletzung berufen können, da eine solche weder durch den Mieter selbst, noch in zurechenbarer Weise durch den Beklagten begangen wurde. Die Kammer hat die Parteien auf diesen rechtlichen Aspekt nicht hingewiesen ( § 139 ZPO). Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Klage auch aus den mit den Parteien bereits erörterten Rechtsgründen keinen Erfolg haben kann (dazu sogleich unter c).

(1) Nr. 10 c und Nr. 8 MV verlangen eine "Obliegenheitsverletzung" durch den Mieter selbst. Eine solche liegt nicht vor. Die Obliegenheitsverletzungen des Beklagten sind dem Mieter aber nicht zuzurechnen. Der Fahrer eines Fahrzeugs ist in der Kaskoversicherung kein Mitversicherter (BGH VersR 1996, 1229), so dass die "Pflichten" des E.1 AKB 2008 ihn als nicht Mitversicherten nach F.1 AKB 2008 nicht treffen.

(2) Der Beklagte war auch nicht Repräsentant des Mieters, so dass eine Zurechnung auch aus diesem Grund ausscheidet.

(a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist allerdings umstritten, ob die höchstrichterliche Rechtsprechung zur sog. Repräsentantenhaftung auch auf den Fall der gewerblichen Fahrzeugvermietung Anwendung findet (bejahend OLG Düsseldorf VersR 2007, 982; ablehnend OLG Hamm NZV 2006, 593; OLG München VersR 1997, 1238). Die Kammer neigt dazu, die Anwendbarkeit zu bejahen, kann dies aber als nicht entscheidungserheblich offen lassen. Angemerkt sei deshalb nur, dass der Grund für die Erstreckung des Inhalts eines Kaskoversicherungsvertrages auf den gewerblichen Mietvertrag mit Haftungsfreistellung im berechtigten Interesse und Erwartungshorizont des Mieters liegt (st. Rspr. z.B. BGH VersR 1981, 349 m.w.N.; Geisler in jurisPR-BGHZivilR 2/2010 Anm. 1). Erkennt man diese Erwägung als zutreffend an, muss der Mieter genauso gestellt werden wie ein entsprechender Versicherungsnehmer - nicht schlechter, allerdings auch nicht besser. Diese Gleichstellung kann dann aber nur bei gleichzeitiger Übertragung der Grundsätze zur Repräsentantenhaftung erreicht werden (vgl. BGHZ 22, 109, 121).

(b) Bei Anwendung der Grundsätze zur Repräsentantenhaftung scheidet hier eine Zurechnung der Obliegenheitsverletzung aus. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzuzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat. Übt der Dritte aber aufgrund eines Vertrags- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen (BGH VersR 1996, 1229). Tritt der Repräsentant "an die Stelle" des Versicherungsnehmers bzw. Mieters, steht damit grundsätzlich zugleich fest, dass sich dieser ein Fehlverhalten seines Repräsentanten bei der Verwaltung der versicherten Gefahr zurechnen lassen muss, wenn und soweit es auf ein solches Fehlverhalten für die Frage der Leistungspflicht des Versicherers ankommt (BGH VersR 1996, 1229).

(c) Der Beklagte war nicht Repräsentant des Mieters, seines Arbeitgebers. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein genügt hierfür grundsätzlich nicht (BGH VersR 1996, 1229). Der Beklagte hat das Fahrzeug nur für Lieferfahrten als Fahrer stundenweise übernommen, ohne sonst näher damit befasst zu sein. Dies reicht für die Annahme einer Repräsentantenstellung bei weitem nicht aus (h.M. vgl. OLG Hamm NZV 2006, 593; OLG Köln r+s 2001, 349; Karczewski in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 81 Rn. 70).

b) Im Übrigen hat der Beklagte unstreitig Unfallflucht begangen (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dies folgt zwar nicht bindend aus seiner entsprechenden rechtskräftigen Verurteilung, doch hat der Beklagte selbst eingeräumt, nach dem Unfall auf der Autobahn bis zu einer kilometerweit entfernten Tankstelle am Flughafen Stuttgart weitergefahren zu sein. Damit hat sich der Beklagte nicht mehr an der "Unfallstelle" befunden, die auf einer Bundesautobahn jedenfalls nach 250 m verlassen ist (OLG Karlsruhe DAR 1988, 281; Schönke/Schröder/Cramer/Sternberg-Lieben, StGB 27. Aufl. § 142 Rn. 42; nach BayObLG NJW 1979, 437: 100 m). Dass dies "unter Schock" geschehen sein soll, könnte - ungeachtet der fehlenden Substantiierung dieses "Schockzustandes" - die Verwirklichung einer Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 nicht ausschließen. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser undifferenziert behauptete Zustand über ein "kräftiges Erschrecken" hinausging und sich dem Bereich einer vorübergehenden Schuldunfähigkeit auch nur annäherte (vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 3. Aufl. AKB § 7 Rn. 71 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist zwar im Einzelnen streitig, ob der Beklagte zusätzlich entgegen Nr. 8 S. 1 MV nicht sofort die Polizei verständigt hat. Die Kammer geht jedoch an dieser Stelle zugunsten der Klägerin davon aus, dass neben der unstreitigen Unfallflucht auch ein Verstoß gegen die "Obliegenheit" zur sofortigen Verständigung der Polizei gegeben ist. Auch unter dieser Prämisse kann die Klage nämlich keinen Erfolg haben.

c) Die Klägerin kann sich auf die "Obliegenheitsverletzung" des Beklagten nämlich auch deshalb nicht berufen, da die Normierung der "Leistungsfreiheit" i.S.d. Nr. 10 c) S. 3 MV unwirksam ist.

aa) Unstreitig ist der Mietvertrag am 05.05.2008 abgeschlossen worden, der Unfall war am 10.05.2008. Damit liegt in der Terminologie des Art. 1 Abs. 1 EGVVG ein Neuvertrag vor. Für die entsprechende Geltung der kraftfahrzeugversicherungsrechtlichen Regelung bei mietvertraglich vereinbarter Haftungsfreistellung ist deshalb auf das Bild der Fahrzeugversicherung auf der Grundlage des VVG 2008 und der AKB 2008 abzustellen. Bei der Überprüfung, ob die streitgegenständlichen Vertragsbedingungen dieser aktuellen Rechtslage entsprechen, ist zwischen der Normierung des Tatbestandes der Obliegenheit und den normierten Rechtsfolgen der Verletzung einer solchen Obliegenheit zu unterscheiden (vgl. Felsch in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 28 VVG Rn. 224).

bb) Gegen die Tatbestände der Obliegenheiten der Nr. 10 c) MV bestehen insoweit keine Bedenken. Der Tatbestand der Unfallflucht findet sich so auch (etwas weiter formuliert) in E 1.3. AKB 2008. Im Übrigen ist auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung davon auszugehen, dass eine vertragliche Aufklärungsobliegenheit die in § 142 StGB strafrechtlich sanktionierte Rechtspflicht zum Verbleib an der Unfallstelle mit umfasst (BGH VersR 2000, 222). Ebenso normiert die Klausel, die die gewährte Haftungsfreistellung davon abhängig macht, dass der Mieter bei Unfällen die Polizei hinzuzieht, eine wirksame Obliegenheit (BGH NJW 2009, 3229).

cc) Die Klägerin kann sich gleichwohl nicht auf den Wegfall der vertraglichen Haftungsfreistellung berufen, da die von ihr mietvertraglich an die Verletzung von Mietvertrags-"obliegenheiten" geknüpften Rechtsfolgen nicht mit der maßgeblichen Rechtslage, hier § 28 VVG 2008, konform gehen. Auch hinsichtlich der Rechtsfolge der Obliegenheitsverletzung hat sich die Freistellungszusage nämlich am Leitbild der Kaskoversicherung zu orientieren (BGH NJW 2009, 3229).

(1) Die Sanktionen für Obliegenheitsverletzungen in Nr. 10 c S. 3, 4 MV stehen nicht mit dem maßgeblichen § 28 VVG 2008 in Einklang. Sie sind insoweit in ihrer Formulierung noch ganz deutlich der Relevanzrechtsprechung des BGH verhaftet. In der Rechtsfolgenformulierung fehlt jeglicher Bezug auf die neuen Regeln des § 28 VVG bzw. E 6.1. und 6.2 AKB 2008. Insbesondere findet sich kein Hinweis auf eine Quotierung bei grober Fahrlässigkeit, sondern es wird eine Obliegenheitsverletzung ungeachtet des ihr zugrunde liegenden Verschuldensgrades pauschal mit einer vollen Haftung sanktioniert. Auch der mögliche Kausalitätsgegenbeweis bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung (§ 28 Abs. 3 S. 1 VVG 2008) dürfte nicht ausreichend dargelegt sein, da dieser nicht nur hinsichtlich der Feststellung des Versicherungsfalls, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers greift.

42(2) Die Folge dieser Abweichung von der maßgeblichen "neuen" Gesetzes- bzw. Bedingungslage kann aber nur sein, dass die Klausel hinsichtlich der vereinbarten Sanktion den Mieter i.S.d. §307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen benachteiligt und deshalb (vollständig) unwirksam ist (von Fürstenwerth r+s 2009, 221, 223 f. m.w.N.; vgl. auch Felsch in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 28 VVG Rn. 224).

43Eine geltungserhaltende Reduktion der in Nr. 10 c) MV "falschen" Rechtsfolge dahingehend, dass (zumindest) - gleichsam subsidiär - die Rechtsfolgen des § 28 VVG 2008 gelten würden, ist nicht zulässig. In diesem Zusammenhang kann nicht darauf abgestellt werden, dass es an einer für eine evtl. Leistungsfreiheit erforderlichen, inhaltlich richtigen Belehrung fehlt (§ 28 Abs. 4 VVG 2008). Der Verbleib an der Unfallstelle ist eine vom Versicherungsnehmer bzw. Mieter "spontan" zu erfüllende Obliegenheit, für die das Belehrungserfordernis schon seinem Wesen nach nicht gilt (h.M.: Heiss in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 28 Rn. 174; Felsch in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 28 VVG Rn. 196; Schwintowski in Brömmelmeyer/Schwintowski, VVG § 28 Rn. 106).

Als Argument für eine ausnahmsweise zu bejahende geltungserhaltende Reduktion wird angeführt, dass deren Zweck, nämlich dem Versicherer eine risikolose Verwendung unwirksamer AGBs zu ermöglichen hier nicht greife, da die bisherigen Formulierungen ja in jeder Hinsicht der bisherigen Rechtslage entsprochen hätten. Es sei nicht gerechtfertigt, das wesensverschiedene Risiko einer Gesetzesänderung voll dem Versicherer aufzubürden (so z.B. Funck VersR 2008, 163, 168; Hövelmann VersR 2008, 612, 616). Dieser Argumentation schließt sich die Kammer nicht an, da sie dem deutlichen gesetzgeberischen Willen widerspricht. Der Gesetzgeber hatte das vorgenannte Dilemma der Versicherer erkannt und ihnen mit der Anpassungsmöglichkeit des Art. 1 Abs. 3 EGVVG eine Grundlage zur Vermeidung eines Auseinanderfallens von Tatbestand und Rechtsfolge von Obliegenheiten an die Hand gegeben (von Fürstenwerth r+s 2009, 221, 224). Hinzu kommt, dass der Gang des Gesetzgebungsverfahrens eindeutig gegen ein Abrücken vom Grundsatz des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion (z.B. BGH r+s 1994, 363) spricht. Der Gesetzgeber hat die Anregung des Bundesrates, für "eine Regelung, die bestehende Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung des fiktiven Willens der Vertragsparteien für den Fall der Kenntnis der neuen Rechtslage auslegt" (BR-Drucks. 707/06 (Beschluss) vom 24.11.2006 S. 10) gerade nicht aufgenommen. Diese gesetzgeberische Entscheidung darf nicht über den Weg einer geltungserhaltenden Reduktion unterlaufen werden (von Fürstenwerth r+s 2009, 221, 223 f.).

(3) Mit der vollständigen Unwirksamkeit der Sanktionsregelung in Nr. 10 c) MV fehlt es an der in § 28 Abs. 2 S. 1 VVG 2008 geforderten Vereinbarung von Leistungsfreiheit (Felsch in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 28 VVG Rn. 141).

46In § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG 2008 ist formuliert: " Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer Obliegenheit ...nicht zur Leistung verpflichtet ist, ...". Die Verletzung einer Obliegenheit, an deren Verletzung der Versicherungsvertrag bestimmte Rechtsfolgen nicht knüpft, bleibt damit regelmäßig sanktionslos (Heiss in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 28 Rn. 11 ff.; OLG Brandenburg VersR 2005, 820 m.w.N.; Felsch Felsch in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 28 VVG Rn. 141). Konsequenz ist, dass die "Obliegenheitsverletzung" durch den Beklagten ohne Rechtsfolge bleibt, die Klägerin sich also nicht erfolgreich auf Leistungsfreiheit - bzw. in der Terminologie des Mietvertrages auf den Wegfall der Haftungsfreistellung - berufen kann.

III.

Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass in entsprechender Anwendung des § 81 VVG 2008 eine (quotale) Haftung des Beklagten deshalb bestehe, da er den Versicherungs- bzw. Schadensfall grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt habe (vgl. hierzu BGH VersR 1981, 349; BGH VersR 1978, 467 und insbes. BGHZ 22, 109, 116 f.).

1. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass für eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadensfalls - und nur auf diesen stellt § 81 VVG ab - nichts ersichtlich ist. Soweit die Klägerin auf ein vorsätzliches Verhalten im Rahmen der Unfallflucht abstellt, ist dieses für die Anwendbarkeit des § 81 VVG nicht relevant, sondern lediglich für die Einordnung bzw. Bewertung einer "Obliegenheitsverletzung" nach Nr. 8 MV. Im Übrigen gilt auch hier, dass eine Zurechnung des Verhaltens des Beklagten gegenüber dem Mieter ausscheidet (s.o.). Desgleichen ist aus anderen Rechtsgründen eine Haftung ausgeschlossen:

2. Die Regelung in Ziffer 10 c Satz 4 MV, wonach der Mieter bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung des Schadens voll hafte, hält einer Inhaltskontrolle nicht stand.

Auszugehen ist zwar davon, dass § 81 VVG 2008 nach § 87 VVG 2008 grundsätzlich abdingbar ist (vgl. Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 87 VVG vor Rn. 1). Allerdings verstößt eine Klausel, die bei grober Fahrlässigkeit völlige, statt quotierte Leistungsfreiheit normiert, gegen das gesetzliche Leitbild des § 81 Abs. 2 VVG 2008 (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB; Schimikowski in Schimikowski/Höra, Das neue Versicherungsvertragsrecht S. 151; Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 81 VVG Rn. 114; a.A. wohl Günther/Spielmann r+s 2008, 133, 143). Nach dem klaren gesetzgeberischen Willen sollte auch für § 81 VVG 2008 das Alles-oder-nichts-Prinzip des VVG 1908 durch eine Quotelung ersetzt werden (BT-Drucks. 16/3945 S. 80). Die Aufgabe des Alles-oder-nichts-Prinzips ist einer der zentralen Punkte der Reformgesetzgebung, so dass dessen "Wiedereinführung" durch abweichende Vereinbarung nicht als dem gesetzlichen Leitbild entsprechend verstanden werden kann. So ergibt sich aus der Gesetzesbegründung auch ausdrücklich, dass abweichende Vereinbarungen wie z. B. die Regelung einer pauschalierten Quotenregelung, zwar zulässig sind, sich Einschränkungen für solche Bestimmungen in den AVB aber aus § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB ergeben.

3. Da die entsprechende Bestimmung im Mietvertrag somit unwirksam ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), richtet sich der Inhalt des Vertrages im Übrigen nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die Regelung in Nr. 10 e) MV, wonach es " im Übrigen" bei der gesetzlichen Regelung bleibt , auch den Fall einer unwirksamen Vertragsregelung erfassen will oder lediglich eine bei wirksamer Geltung der vertraglichen Regelungen subsidiäre Geltung der gesetzlichen Regelungen statuiert. Die Klägerin konnte den ihr obliegenden Beweis eines grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten zur Überzeugung der Kammer jedenfalls nicht führen.

a) Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (BGH VersR 1997, 351). Diese Begriffsbestimmung berücksichtigt den Grundgedanken des § 82 Abs. 2 VVG. Danach soll der Versicherungsnehmer, der sich in Bezug auf das versicherte Interesse völlig sorglos oder sogar unlauter verhält, keine unverdiente Vergünstigung erhalten. So hat § 82 VVG ähnlich wie § 162 BGB den Gedanken von Treu und Glauben übernommen (BGH VersR 2003, 364 m.w.N. zu § 61 VVG a.F.). Im Rahmen des § 82 VVG muss der Versicherer sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit darlegen und beweisen (BGH VersR 2003, 1561 m.w.N. zu§61 VVG a.F.).

b) In diesem Zusammenhang kann grundsätzlich auch das kurzfristige Einschlafen am Steuer den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen (BGH VersR 1977, 619; KG VRS 116, 172).

Nach der Rechtsprechung des BGH begründet das "Einnicken" am Steuer aber nur dann den Vorwurf (subjektiver) grober Fahrlässigkeit gegen den Fahrer, wenn er sich nachweislich über von ihm erkannte deutliche Vorzeichen der Ermüdung bewusst hinweggesetzt hat (BGH VersR 1974, 593 und VersR 1977, 619; OLG Koblenz VersR 2007, 57). In diesem Zusammenhang schließt sich die Kammer der Rechtsprechung des OLG Koblenz (aaO) an, wonach einem Einnicken am Steuer nicht immer unübersehbare Anzeichen vorausgehen (ebenso OLG Oldenburg VersR 1999, 1105; a.A. OLG Hamm VersR 1998, 1276; OLG Frankfurt NZV 1993, 32). Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass der Beklagte seine Übermüdung bemerkt haben muss, war deshalb nicht einzuholen (vgl. OLG Koblenz VersR 2007, 57; OLG Oldenburg VersR 1999, 1105).

c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sieht die Kammer hier keinen Raum für die Annahme einer groben Fahrlässigkeit, die zu einer (quotalen) Haftung des Beklagten führen könnte.

Die schriftliche Vernehmung des Polizisten, der den Beklagten nach dem Unfall angetroffen hat, ergab, dass Feststellungen zu einer Übermüdung tatsächlich nicht getroffen worden waren. Der entsprechende Vermerk in der Ermittlungsakte (dort S. 3) war lediglich eine Schlussfolgerung des Polizeibeamten aus dem Spurenbild an der Unfallstelle.

Hinzu kommt noch, dass der Beklagte nach der Angabe des Polizeibeamten und auch des Zeugen B jedenfalls weniger als eine Stunde am Steuer des Wagens saß, bevor es gegen 5.30 Uhr zum Unfall kam (vgl. OLG Koblenz VersR 2007, 57 und KG VRS 116, 172). Diese Zeitspanne ist nicht dazu angetan, den Schluss von einer - natürlich vorliegenden -(einfachen) Fahrlässigkeit auf grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Wahrnehmung der Übermüdung zuzulassen. Dass der Beklagte zuvor ca. 15 km zu seiner Arbeitsstelle gefahren sein muss, um dort das Unfallfahrzeug zu übernehmen, bedeutet angesichts der Kürze dieser Fahrt und deren Unterbrechung zum Wechsel in das streitgegenständliche Fahrzeug keinen zusätzlichen Zeitfaktor, der eine Übermüdung wegen eines überlangen Lenkens des Fahrzeugs nahelegen könnte. Damit fehlt es an der erforderlichen groben Fahrlässigkeit.

4. Der Beklagte haftet auch nicht im Wege des Regresses über § 86 Abs. 1 VVG 2008.

Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG ist natürlich nicht unmittelbar anwendbar, da streitgegenständlich kein Versicherungsvertrag, sondern ein Mietvertrag ist, für dessen Inhalt lediglich die wesentlichen Gedanken der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen der Fahrzeugversicherung Geltung haben müssen. Für eine hierauf gegründete entsprechende Anwendbarkeit des Forderungsübergangs besteht indes kein Bedürfnis: Der Vermieter bedarf in der streitgegenständlichen Fallkonstellation keines übergeleiteten Schadensersatzanspruchs gegen den Fahrer, da er - weil er als "Versicherer" hier ja zugleich Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs ist - bereits einen unmittelbaren deliktischen Schadensersatzanspruch gegen den Fahrer als Schädiger hat (OLG Düsseldorf VersR 2007, 982).

Dass der Mieter in entsprechender Anwendung des § 255 BGB dazu verpflichtet sein mag, seine Ansprüche gegen den Beklagten als seinen Arbeitnehmer an die Klägerin abzutreten (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2007, 982), ändert nichts. Zum einen steht dem Mieter als "Versicherungsnehmer" gegenüber dem Beklagten schon kein Ersatzanspruch zu, da nur das Eigentum der Klägerin am Fahrzeug verletzt wurde. In Betracht käme als Ersatzanspruch lediglich der Anspruch des Mieters als Arbeitgeber gegenüber dem Beklagten als seinem Arbeitnehmer auf Freistellung von der jenen belastenden mietvertraglichen Selbstbeteiligung (vgl. BAG VersR 1968, 266; Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 86 Rn. 11). Jedenfalls eine volle Haftung des Beklagten gegenüber seinem Arbeitgeber schiede nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung (vgl. BAG NJW 1998, 1810) aber aus, da der Beklagte nicht grob fahrlässig gehandelt hat (s.o.). Nach den Grundsätzen über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung hat bei grober Fahrlässigkeit der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht, während bei normaler Fahrlässigkeit der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer quotal zu verteilen ist. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Arbeitnehmer an den Schadensfolgen zu beteiligen ist, richtet sich im Rahmen einer Abwägung der Gesamtumstände, insbesondere von Schadensanlass und Schadensfolgen, nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten (BAG aaO). Dies kann indes dahinstehen, da die entsprechende Anwendung des § 255 BGB zu keinem unmittelbaren Forderungsübergang führte, sondern lediglich zu einem Anspruch auf Abtretung (BGH VersR 1989, 855). Dass aber zum einen der Beklagte im Innenverhältnis zum Mieter überhaupt zu einer (anteiligen) Tragung der Selbstbeteiligung verpflichtet ist und zum anderen ein entsprechender Anspruch bereits abgetreten sei, ist nicht vorgetragen.

IV.

Der Beklagte kann sich also auf die zu seinen Gunsten wirkende Haftungsfreistellung berufen. Darüber hinaus haftet er auch nicht für die mietvertraglich vereinbarten "Selbstbeteiligung" in Höhe von 650,00 Euro. Schuldner dieses Eigenanteils am Schaden ist lediglich der Mieter als Vertragspartner des Mietvertrags. Andere Anspruchsgrundlagen als vertragliche für die Haftung auf den Eigenanteil sind nicht ersichtlich. Da der Beklagte aber eben nicht Vertragspartner ist, käme seine Verpflichtung aus dem Mietvertrag, der ohne seine Beteiligung geschlossen wurde, einem unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter gleich (vgl. BGH VersR 2004, 1189).

V.

Mangels berechtigter Hauptforderung hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Verzugszinsen.

B)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.