OLG Oldenburg, Beschluss vom 30.04.2012 - 4 UF 14/12
Fundstelle
openJur 2012, 68151
  • Rkr:

1. Zum Verfahrensgegenstand eines Sorgerechtsverfahrens bei Inzidentprüfung einer ausländischen Sorgerechtsentscheidung. 2. Einer ausländischen Sorgerechtsentscheidung ist nicht wegen Verstoßes gegen den ordre public die Anerkennung zu versagen, nur weil die Kindesanhörung nicht durch das Gericht persönlich, sondern durch eine Gutachterin erfolgt ist.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Oldenburg vom 03. Januar 2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die unverheirateten Eltern der Kinder J…und A…. J… und A… sind in Südafrika geboren, wo ihre Eltern bis Mitte 2011 gelebt haben. Nachdem sich die Eltern in 2006 getrennt hatten, betreuten sie bis Ende 2007 die Kinder im wöchentlichen Wechsel. Von 2008 bis 2009 betreuten sie die Kinder gemeinsam, indem sie beim Vater übernachteten, von diesem zur Schule gebracht, von der Mutter abgeholt und nachmittags betreut wurden, die sie dann abends wieder zum Vater brachte. Ab Anfang 2009 bis zur Rückkehr nach Deutschland lebten die Kinder sodann unter der Obhut des Vaters, weil die Mutter wegen einer Arbeitsstelle in einem anderen Ort die Kinder nachmittags nicht mehr betreuen konnte. Die Mutter hatte an den Wochenenden Umgang.

Nachdem die Mutter Klage wegen Kindesunterhalts gegen den Vater vor dem Maintenance Court of Pretoria erhoben hatte, haben die Beteiligten zu 3) und 4) am 26. Juni 2009 eine anwaltlich beglaubigte Vereinbarung über die gemeinsame Sorge für die Kinder geschlossen, die am 31. August 2009 gerichtlich durch den High Court auf South Africa (North Gauteng High Court, Pretoria) anerkannt worden ist.

In der Folgezeit kam es zum Streit zwischen den Eltern, über die Frage, ob der Vater, der zwischenzeitlich eine neue Lebenspartnerin in Deutschland hatte und Mitte 2010 Vater eines Kindes dieser neuen Partnerin geworden war, mit A… und J… nach Deutschland übersiedeln durfte. Die Antragstellerin war dagegen. Eine Ende 2010 durchgeführte Mediation, in deren Rahmen ein erstes psychologisches Gutachten zu der Frage eingeholt wurde, bei welchem Elternteil die Kinder zukünftig leben sollten, führte zu keinem Erfolg. Die Mutter war trotz der Empfehlung der Gutachterin H…, die Kinder sollten beim Vater bleiben und mit diesem nach Deutschland ziehen, nicht mit dem Wegzug einverstanden.

Am 16. Februar 2011 beantragte der Vater daraufhin beim High Court Pretoria die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf sich allein.  In mündlicher Verhandlung am 16 März 2011 verhandelte das Gericht und ordnete die Abschlussverhandlung für Anfang April 2011 an, um der Mutter die Möglichkeit zu geben, zur Frage des Kindeswohls ein weiteres Gutachten einholen zu lassen. Die Antragsgegnerin war in dieser Verhandlung anwaltlich vertreten. Auf Veranlassung des Gerichts haben die Eltern dann im März 2011 ein weiteres Gutachten zu der Frage eingeholt, was im Interesse der Kinder das Beste sei unter Berücksichtigung des väterlichen Wunsches mit den Kindern nach Deutschland zu ziehen. Die Gutachterin S… hat dann unter dem 28. März Einzelgespräche mit beiden Eltern und den Kindern geführt, unter dem 30. März 2011 die Eltern im erzieherischen Umgang mit den Kindern beobachtet und am 06.04.2011 ihr Gutachten erstattet, in welchem sie die Empfehlung aussprach, dass die Kinder bei regelmäßigem Umgang mit der Mutter in der Obhut des Vaters verblieben.

Unter dem 08.04.2011 fand eine Anhörung vor dem Gericht statt, an welcher die Mutter persönlich teilnahm, nachdem ihre Anwälte das Mandat beendet hatten. Mit Beschluss vom gleichen Tage hat der High Court sodann das Sorgerecht dem Vater zugesprochen, der mit den Kindern kurze Zeit später nach Deutschland ausgereist ist und Wohnsitz in Oldenburg genommen hat. Er arbeitet als promovierter Physiker an der Universität Oldenburg.

Die Mutter ist zwischenzeitlich auch nach Deutschland zurückgekehrt. Sie ist zur Zeit arbeitslos.

Sie hat beantragt, dass festgestellt würde, dass ihr das alleinige Sorgerecht zustehe, hilfsweise, dass ihr dieses zugewiesen würde.

Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hat hilfsweise beantragt, ihm das alleinige Personensorgerecht für seine Söhne zuzuweisen.

Das Familiengericht hat mit dem in Bezug genommenen Beschluss festgestellt, dass das Sorgerecht dem Vater alleine zustehe und die Anträge der Mutter zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Sie macht geltend, die südafrikanische Sorgerechtsentscheidung vom 08.04.2011 sei nicht anerkennungsfähig.

Dazu trägt sie vor, der verfahrenseinleitende Schriftsatz sei ihr nicht vom Gericht zugestellt worden. Sie habe über ihre Anwältin lediglich den einseitigen Antrag, den sie als Anl. 2 mit ihrem Antragsschriftsatz überreicht habe, erhalten. Die Entscheidung des High Courts habe sie „jedenfalls“ nicht über das Gericht erhalten. Sie wisse nicht, ob das Gericht überhaupt eine Entscheidung getroffen habe, sie bestreite dies. Über das Gericht habe sie diese Entscheidung jedenfalls nicht erhalten.

Die notwendigen Einlassungsfristen seien im Verfahren in Südafrika nicht gewahrt worden.

Auch verstoße die Entscheidung gegen den ordre public, weil die Kinder nicht durch das Gericht angehört worden seien. Die südafrikanische Entscheidung sei daher klar verfassungswidrig.

Inhaltliche Gründe, warum es trotz des entgegenstehenden Willens der Kinder deren Wohl entsprechen sollte, zukünftig bei der Mutter Aufenthalt zu nehmen und warum zukünftig im Übrigen eine Kooperation zwischen den Eltern möglich sein soll, obgleich sie vorliegend geltend macht, der Vater wolle sich mit einer unechten südafrikanischen Sorgerechtsentscheidung eine Entscheidung deutscher Gerichte erschleichen, nennt die Antragstellerin nicht.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Oldenburg vom 30.1.2012 (5 F 1248/11) wird festgestellt, dass die Antragstellerin Inhaberin des alleinigen, hilfsweise des mit dem Antragsgegner gemeinsamen Sorgerechts für die Kinder J… B…, geb. am …1999, und A… B…, geb. am …2002, ist, hilfsweise wird die Entscheidung des High Court of South Africa in Pretoria vom 11.4.2011 (Case No: 10907/2011) nicht anerkannt,

äußerst hilfsweise wird das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des Familiengerichts Oldenburg (5 F 1034/(12 RI) über den Antrag der Antragstellerin vom 10.2.2012 auf Nichtanerkennung der Entscheidung des High Court of South Africa in Pretoria vom 31.08.2009 (Case No: 40362/2009) ausgesetzt.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 15. März 2012, ergänzt durch Schreiben vom 23. April 2012, darauf hingewiesen, dass er beabsichtige die Beschwerde im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen. Auf den Beschluss und das Anschreiben wird Bezug genommen.

Mit Schriftsätzen vom 22. März und 24. April 2012 hat die Antragstellerin sinngemäß wie folgt Stellung genommen:

Die Ausführungen des Senates dazu, dass der Antragstellerin nach § 1696 BGB die Personensorge nicht zur alleinigen Ausübung zu übertragen sei, seien zwar möglicherweise inhaltlich zutreffend ; es komme aber darauf nicht an, weil die Antragstellerin eine etwaige Zuweisung nach § 1696 BGB nicht begehre, sondern nur Feststellung begehre, weil sie meine, die südafrikanische Entscheidung sei nicht anerkennungsfähig.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Entscheidung des High Court of South Africa (North Gauteng High Court, Pretoria) vom 08. April 2011 ist wirksam und für die deutschen Gerichte bindend. Abänderungsgründe im Sinne des § 1696 BGB, wonach der Mutter nach dem nunmehr anwendbaren deutschen Sorgerecht die gemeinsame Sorge mit dem Vater zu übertragen sein könnte, liegen nicht vor.

Im Übrigen wäre dem Vater nach § 1696 BGB jedenfalls nunmehr die Alleinsorge zu übertragen, wäre der Entscheidung die Anerkennung zu versagen.

1. Der Senat ist überzeugt, dass die Entscheidung des High Court of South Africa vom 08. April 2011 tatsächlich so ergangen ist, wie vom Antragsgegner vorgetragen. Er teilt die Zweifel der Antragstellerin nicht, hält sie im Gegenteil für abwegig. Der High Court hatte im Verhandlungstermin im März 2011 der Antragstellerin Gelegenheit gegeben, noch einmal die Kinder begutachten zu lassen und für Anfang April die Abschlussentscheidung angekündigt. Es lagen zwei Gutachten vor, die sich dafür aussprachen, dass der Vater mit den Kindern nach Deutschland zieht. Danach ist nicht erklärlich, warum sich der Antragsgegner in dieser Situation zu einer Fälschung der Entscheidung entschließen sollte, völlig unklar bliebe, warum das Gericht entgegen seiner Ankündigung nicht entschieden haben sollte und letztlich die Antragstellerin davon keine Kenntnis erhalten haben sollte bzw. von einer tatsächlich abweichenden Entscheidung des High Court nichts gehört haben sollte. Zumal in letzterem Fall anzunehmen gewesen wäre, dass die Antragstellerin alles getan hätte, die Ausreise zu verhindern. Insofern fügt es sich auch ins Bild, dass die Antragstellerin erstmals 1 Jahr nach der Verhandlung in Südafrika in der Beschwerdeinstanz nach dem Wechsel ihres Verfahrensbevollmächtigten auf die Idee verfallen ist, die Existenz der Sorgerechtsentscheidung des High Court in Zweifel zu ziehen, nachdem sie noch am 18.10. 2011 gegenüber der Ergänzungspflegerin erklärt hat, sie (Bericht der Ergänzungspflegerin vom 25.10.2011) habe das südafrikanische Urteil aus Geldmangel nicht anfechten können; zudem hätte ein Rechtsmittel zu viel Zeit erfordert (Ziff.5 des Berichts, Bl. 167 / I d.A,). Der Senat hatte auf diesen Umstand hingewiesen. Die Antragstellerin hat sich zu diesem Widerspruch nicht erklärt.

Die e-mail einer Frau S…., die erfolglos beim High Court um eine Ausfertigung der Entscheidung nachgesucht haben will, beweist insoweit nichts.

Der südafrikanischen Entscheidung ist auch nicht nach § 109 Abs.1 Nr.2 FamFG die Anerkennung zu versagen, weil der Antragstellerin das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht zugestellt worden wäre, denn die Antragstellerin hat sich zur Hauptsache im Verfahren hinreichend äußern können. Am 18. März 2011 im ersten Termin war sie durch ihre Anwälte vertreten, im Abschlußtermin am 08. April 2011 hat sie ihre Rechte nach eigenem Vortrag selbst wahrgenommen. In der Zwischenzeit hatte sie sich zudem mehrfach gegenüber der Gutachterin äußern können.  In diesem Fall kommt es auf die Frage, ob ihr der verfahrenseinleitende Schriftsatz zugestellt ist, im Ergebnis nicht an. Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin zudem eingeräumt hat, den Schriftsatz jedenfalls in der Form erhalten zu haben, wie sie ihn als Anlage 2 zur Akte gereicht hat. Danach war sie im Bilde, dass der Antragsgegner mit den Kindern Aufenthalt in Deutschland nehmen wollte und sie insoweit Umgang haben sollte.

Im Ergebnis hält es der Senat auch nicht für geboten, der Entscheidung die Anerkennung zu versagen, weil der verfahrenseinleitende Antrag des Vaters nur auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bei im Übrigen gemeinsamer Sorge gerichtet war und das Gericht dann am 08.04.2011 die „primary responsibilities and rights“ im Ganzen auf den Kindesvater übertragen hat. Wenn, wie hier, ein Elternteil mit den Kindern das Land verlassen will und sich der andere Elternteil dem widersetzt und im Lande bleiben will, muss allen Verfahrensbeteiligten klar sein, dass auch immer eine Übertragung des Sorgerechts im Ganzen im Raum steht. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin kann der Senat darin nicht erblicken, jedenfalls nicht in einem solchen Maße, dass es geboten wäre, der Entscheidung des High Court die Anerkennung zu versagen, zumal die Antragstellerin nicht dargetan hat, dass über diesen Gesichtspunkt nicht verhandelt worden wäre und inwieweit sie sich durch diesen Umstand in ihren Rechten verletzt gesehen hat, also inwieweit sie anderes vorgetragen oder geltend gemacht hätte.

Die Entscheidung des High Court of South Africa verstößt nicht gegen den ordre public (§ 109 Abs. 1 Nr.4 FamFG), weil die Kinder nicht angehört worden wären.

Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass die Anhörung der Kinder, um ihren Willen zu erforschen und eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen, ein fundamentales Prinzip des deutschen Sorgerechtsverfahrens  darstellt. Dem entspricht, dass in den wesentlichen supra- und internationalen Regelungen sinngemäß vorgesehen ist, dass bei unterbliebener Anhörung des Kindes der ausländischen Sorgerechtsentscheidung die Anerkennung zu versagen ist, wenn die Anhörung ein wesentliches Verfahrensprinzip des Anerkennungsstaates darstellt (vgl. Art 23 lit b der VO Brüssel IIa,  EG Nr. 2201/2003 vom 27.11. 2003, vgl. Art 23 Abs.2 lit b KSÜ) . Dementsprechend versagen deutsche Gerichte zutreffend unter Hinweis auf den ordre public die Anerkennung, wenn eine Anhörung unterblieben ist (vgl. z.B. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.03.2011, OVG 3 B 8/08 1.b.cc) der Urteilsgründe – Juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.01.2006 – 1UF 40/04 NJOZ 2006, 2652, 2654 a.E. f.; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.05.2008, 12 UF 203/07 – Juris Rn.37 ff; vgl. im Übrigen in diesem Sinne MünchKomm-Rauscher, FamFG, 3. Aufl., § 109 Rn.39).

Hier hat indessen eine Anhörung der Kinder stattgefunden und zwar durch die Gutachterin, und zwar eine Woche vor der Entscheidung des High Court. Wie dem vorliegenden Gutachten der Sachverständigen S… zu entnehmen ist, hat sie den Kindeswillen erforscht und diesen dem Gericht in dem Gutachten ausführlich mitgeteilt (vgl.  Ziff 4 des Gutachtens vom 06.April 2011, S.4 - 11). Im Gutachten ist explizit das Gespräch mit den Kindern wiedergegeben, die sich dafür ausgesprochen haben, mit dem Vater nach Deutschland zu gehen. Der High Court hat seine Entscheidung damit entgegen der Annahme der Antragstellerin unter Berücksichtigung des Kindeswillens getroffen.

Sofern die Antragstellerin meinen sollte, der Entscheidung sei deshalb die Anerkennung zu versagen, weil die Anhörung nicht durch den Richter persönlich durchgeführt  worden ist, wie dies das deutsche Recht vorsieht bzw. durch die höchstrichterliche Rechtsprechung für den gesamten Spruchkörper postuliert wird, ist diese Sichtweise nicht zutreffend. Vorrangiger Sinn des § 159 FamFG ist es, verfahrensrechtlich sicherzustellen, dass der Kindeswille zuverlässig festgestellt und im Verfahren berücksichtigt wird. Dieses Ziel wird auch erreicht, wenn der Kindeswille in der Weise festgestellt wird, dass das Kind durch andere sachkundige Stellen angehört wird und diese dem Gericht das Ergebnis der Anhörung hinreichend detailliert mitteilen, so dass das Gericht in den Stand gesetzt wird, die Anhörung in ihrem Verlauf nachzuvollziehen. Nach Ansicht des Senates handelt es sich auch insoweit um den Mindeststandard, der gewahrt sein muss, damit eine ausländische Entscheidung die inländische Anerkennung erfahren kann. Dem entspricht Art 12 Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention, der festlegt, dass der Kindeswille nicht nur durch unmittelbare Anhörung sondern auch durch Anhörung eines Vertreters oder durch Anhörung vor geeigneten staatliche Stellen, ermittelt werden kann.

Soweit das deutsche Verfahrensrecht darüber hinaus, die persönliche Anhörung durch das Gericht verlangt und demgemäß die Äußerung gegenüber einem Sachverständigen regelmäßig nicht ausreichen lässt (§ 159 FamFG bzw. § 50 b FGG a.F.), wird der Zweck gemeinhin darin gesehen, dass das Gericht in den Stand gesetzt wird, das Gutachten aus eigener Anschauung kritisch würdigen zu können, und darin sicherzustellen, dass das Kind als Betroffener im Verfahren zu Wort kommt (BayObLG Beschluss vom 11.06.1997 1Z BR 74/97 –Juris Rn.11). Diese Erwägungen des deutschen Gesetzgebers erscheinen dem Senat indessen nicht als so bedeutsam in ihren Auswirkungen für die Rechte der Verfahrensbeteiligten, als dass es geboten wäre, die persönliche Anhörung durch das erkennende Gericht zum absoluten Mindeststandard der internationalen Urteilsanerkennung in Sorgerechtssachen zu machen, solange die Kindesanhörung zeitnah durch kompetente Stellen für das Gericht durchgeführt und diesem das Ergebnis der Anhörung hinreichend detailliert mitgeteilt wird, so dass das Gericht in den Stand gesetzt wird, die Anhörung in ihrem Verlauf nachzuvollziehen.

Damit ist die Beschwerde schon deshalb zurückzuweisen, weil die Entscheidung des High Court, mit welcher dem Antragsgegner das Sorgerecht zugewiesen worden ist, für die inländischen Gerichte bindend ist und – wie das Familiengericht zutreffend ausgeführt hat- Gründe nach dem nunmehr anwendbaren deutschen Recht für eine Abänderung zu Gunsten der Antragstellerin nicht bestehen (§ 1696 BGB).

Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin meint, auf die letztgenannte Frage komme es nicht an (die Hinweise des Senates seien „völlig überflüssig“),  beruht dies auf einer Verkennung des Verfahrensgegenstandes.

Gegenstand dieses Verfahrens ist nicht die isolierte Frage, ob die Entscheidung des südafrikanischen High Courts anerkennungsfähig ist, sondern die Frage, wem heutigentags auf der Grundlage deutschen Rechts das Sorgerecht zusteht. Denn beide Eltern haben sich an das Familiengericht gewandt, um die Alleinsorge für die Kinder zu erhalten. Weil die Frage strittig war, welche Wirkung die südafrikanische Sorgerechtsentscheidung hat, haben die Parteien mit Feststellungsanträgen operiert, durch ihre Hilfsanträge, mit denen sie für den Fall der Erfolglosigkeit ihrer Hauptanträge die jeweilige Übertragung von Sorgerechten auf sich allein beantragt haben, aber zum Ausdruck gebracht, dass sie die jeweils alleinige Inhaberschaft der Personensorge erstreben, entweder durch deklaratorische Feststellung oder aber, sofern ihr jeweiliges Regelungsziel so nicht zu erreichen ist, durch gestaltende Zuweisung des Sorgerechts durch das Familiengericht. Andernfalls hätte beispielsweise eine Anhörung der Kinder auch gar keinen Sinn ergeben.

Damit war das Familiengericht, weil eine Sorgerechtsentscheidung deutschen Rechts zum aktuellen Zeitpunkt erstrebt war, gehalten, auf der Grundlage deutschen Rechts zudem zu prüfen, ob nach § 1696 BGB das Sorgerecht gemäß dem Hilfsantrag auf die Antragstellerin zu übertragen war, was es zu Recht verneint hat.

Diese Entscheidung des Familiengerichts, also die gegenwärtige Zuweisung der Alleinsorge an den Antragsgegner auf der Grundlage deutschen Rechts unter Berücksichtigung der südafrikanischen Entscheidung, bildet den Verfahrensgegenstand des Beschwerdeverfahrens; die Frage der Anerkennungsfähigkeit ist demgegenüber eine rechtliche Vorfrage, die im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht isoliert zum Verfahrensgegenstand gemacht werden kann. Einer solchermaßen beschränkte Beschwerde wäre unzulässig, weil Rechtsschutzinteresse und Beschwer fehlten; die Antragstellerin mag sich zudem vor Augen halten, dass, ließe man eine derartige Teilanfechtung zu, die Entscheidung des Familiengerichts im Übrigen, die sich nicht in der Prüfung der Anerkennungsfähigkeit erschöpft, in Rechtskraft erwüchse. Auch dies zeigt, dass die intendierte isolierte Prüfung nicht nur verfahrensrechtlich nicht möglich, sondern überdies sinnlos wäre.

Indessen hat die Antragstellerin durch ihren weitgefassten Feststellungsantrag den gesamten Verfahrensgegenstand erster Instanz zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht, weswegen sich der Senat mit dieser Frage inhaltlich auseinander zu setzen hatte, wobei die Anerkennungsfähigkeit der südafrikanischen Entscheidung nur eine Rechtsfrage darstellt, aber eben nicht den Verfahrensgegenstand erschöpft, weil die von der Antragstellerin begehrte Feststellung nur auf der Grundlage deutschen  Rechts und der konkreten aktuellen Situation auszusprechen war.

2. Letztlich könnte die Frage der Anerkennungsfähigkeit auf sich beruhen, weil zudem, wenn die Entscheidung nicht anerkennungsfähig wäre, dem Antragsgegner jedenfalls nunmehr gemäß § 1696 BGB die Personensorge zur alleinigen Ausübung zuzuweisen wäre.

Eine Ausübung der Personensorge durch die Antragstellerin allein verkehrte angesichts der faktischen Verhältnisse in der Vergangenheit die von § 1696 BGB intendierte Kontinuität in ihr Gegenteil, denn in den vergangenen Jahren haben die Kinder beim Antragsgegner gelebt.

Eine solche Entscheidung widerspräche weiterhin dem wiederholt geäußerten Kindeswillen. In jeder Anhörung haben sich die beiden Jungen dafür ausgesprochen beim Vater zu leben. Gründe, warum der Kindeswille unbeachtlich sein sollte, bleibt die Antragstellerin schuldig.

Schließlich kann es insoweit auch keine maßgebliche Rolle spielen, dass die Antragstellerin meint, die Fremdbetreuung, die den Kindern nachmittags zuteil werde, schade ihnen, sie könne demgegenüber die persönliche Betreuung sicherstellen. Zum einen sind schon keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kinder über das bislang geleistete Maß einer persönlichen Betreuung durch die leiblichen Eltern bedürften; zum anderen übersieht die Antragstellerin, dass sie nach § 1615 l Abs.2 S.3 BGB keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt hätte, dass sie also, wie der Antragsgegner ihren Unterhalt durch vollschichtige Arbeit wird bestreiten müssen.

Die Verfahrensführung der Antragstellerin hat auch in keiner Weise erkennen lassen, dass sie bei ihrem Handeln die Interessen der Kinder hinreichend im Blick hätte; im Gegenteil spricht die Verfahrensführung stark dafür, dass die Antragstellerin vorrangig ihre eigenen Interessen verfolgt. So fehlt jede Auseinandersetzung mit dem entgegenstehenden Willen der Kinder, den die Antragstellerin schlicht ignoriert.  In dieses Bild fügt sich der Eindruck der Kinder, die sich in ihren Anhörungen sowohl in Südafrika als auch in Deutschland sich gegenüber Gutachterin bzw. Richterin darüber beschwert haben, dass die Antragstellerin bei den Umgangswochenenden zu wenig Rücksicht auf die Kindesinteressen nehme und vorrangig ihre Ziele verfolge, ob dies nun Aufräumen und Hausputzen oder aber die Schwimmstunden der Antragstellerin betrifft. Für bedenklich erachtet es der Senat auch in diesem Zusammenhang, dass die Antragstellerin meint, ihr Umgangsrecht sei ein taugliches Argument gegen den (kinder-) ärztlich verordneten Kuraufenthalt des Antragsgegners mit den Kindern, sich jedenfalls mit keinem Wort zur Gesundheit der Kinder verhält.

Ebenso wenig hat die Antragstellerin dargelegt, wie sie sich die weitere Lebensführung der Kinder bei ihr vorstellt. Die Antragstellerin verfügt über nahezu keine Berufserfahrung aus Südafrika, die sie in Deutschland fruchtbar machen könnte; die Idee, wie gegenüber der Ergänzungspflegerin geäußert, sie könne ihren Lebensunterhalt mit einer Import- / Exportfirma bestreiten, erscheint dem Senat sehr abstrakt; insoweit hat die Antragsgegnerin anders als der Antragsteller den Kindern auch keine materiell abgesicherten Verhältnisse oder wenigstens eine Perspektive  auf solche zu bieten.

Der Senat ist zudem der Ansicht, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nur eine Alleinsorge gemäß § 1696 BGB in Betracht kommt, denn dem Antragsgegner ist eine Zusammenarbeit mit der Antragstellerin zur Zeit nicht zuzumuten, nachdem sich die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren in der Beschwerdeinstanz dazu verstiegen hat, die Existenz der südafrikanischen Sorgerechtsentscheidung in Zweifel ziehen, obgleich ihr, wovon der Senat überzeugt ist, die Entscheidung bekannt war. Dies ergibt sich schon aus der an anderer Stelle zitierten Einlassung gegenüber der Ergänzungspflegerin. Dass die Antragstellerin sich zu dem Vorhalt des Senats im Hinweisbeschluss zu diesem widersprüchlichen Vortrag nicht geäußert hat, sieht der Senat als Bestätigung seiner Einschätzung.

Dieses Verhalten erweist sich, was die Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil angeht, als in höchstem Maße illoyal. Dem Antragsgegner ist bei diesem Sachstand nicht zuzumuten, sich mit Antragstellerin über Fragen der Personensorge auseinanderzusetzen.

Den Hilfsanträgen war nicht zu entsprechen. Ihnen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.