VG Karlsruhe, Urteil vom 04.08.2009 - 5 K 2165/08
Fundstelle
openJur 2012, 61833
  • Rkr:

1. Einen Eingriff in eigene naturschutzrechtliche Planungen kann eine Gemeinde bei einer Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses nur geltend machen, soweit sie für eine solche Planung zuständig ist und sie eine solche Planung mit dem ihr insoweit zustehenden planungsrechtlichen Instrumentarium hinreichend konkretisiert hat.

2. Eine Gemeinde kann bei der Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses als Verletzung eigener Rechte nicht geltend machen, dass abwägungsfehlerhaft eine aus ihrer Sicht vorzugswürdige naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme nicht planfestgestellt worden sei.

3. Eine Klagebefugnis einer Gemeinde ist nicht deshalb ohne weiteres gegeben, weil die Planfeststellung Grundstücke der Gemeinde erfasst.

4. Es obliegt einer Gemeinde, etwaige Einwendungen gegen den Plan im Rahmen der sogenannten Betroffenenbeteiligung fristgerecht vorzubringen; dies gilt auch dann, wenn sie entsprechende Anregungen und Bedenken schon vor der öffentlichen Auslegung des Plans im Rahmen der Behördenbeteiligung oder auf sonstige Weise vorgetragen hatte.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau eines Rheinhochwasserdamms.

Zwischen den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind bestimmte Höhen für die Rheindämme vereinbart, die über weite Strecken nicht erreicht werden. Auch entspricht der vorhandene Dammaufbau nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen hinsichtlich Standsicherheit und Schutzgrad. Die Böschungen sind zu steil. Es fehlt ein ausreichender Freibord. Die landseitige Kontrollgefälllinie (I-krit-Linie) ist durchgängig nicht überdeckt. Dammverteidigungswege fehlen oder sind nicht ausreichend. Aus diesen Gründen soll auch der Rheinhochwasserdamm Nr. ..., der im Verzeichnis der Hauptdämme (Anlage zu § 71 Abs. 2 WG) aufgeführt ist und eine Gesamtlänge von 21 km hat, ausgebaut und saniert und dabei auf ein 200-jähriges Hochwasser ausgelegt werden. Ein Teilabschnitt wurde bereits im Jahr 2002 fertiggestellt.

Der Ausbau und die Sanierung im Abschnitt km 0 + 00 bis km 16 + 580 ist Gegenstand der hier streitigen Planfeststellung. Der Abschnitt beginnt am Absturzbauwerk des Pfinzentlastungskanals in Eggenstein und verläuft über die Gemarkungen der Beklagten und von Dettenheim bis zur Brücke der L 602 über den Saalbachkanal in Rußheim, etwa entsprechend der Flussstrecke Rhein-km 371 bis 381. Der Planbereich ist in drei Baulose mit jeweils eigener Kilometrierung eingeteilt. Über weite Strecken wird der Dammkörper unter Beibehaltung der Trasse zur Landseite hin verbreitert, auf einzelnen Teilstrecken (km 9 + 230 bis km 10 + 233 und km 11 + 230 bis km 16 + 500) wird er landeinwärts verschwenkt. Die Aufstandsbreite des Damms wird 30 bis 45 m betragen. Mit der Überdeckung der sogenannten I-krit-Linie wird die gesamte in Anspruch genommene Fläche zwischen 40 bis 50 m, stellenweise bis 70 m, tief sein.

Die auf der Gemarkung der Klägerin in Anspruch genommenen Flächen stehen zu einem großen Teil (12,9522 ha) im Eigentum der Klägerin. Die Ausgleichsflächen auf der Gemarkung der Klägerin umfassen insgesamt etwa 17 ha, die überwiegend als Grünland genutzt werden und teilweise auch mit Gehölzen und anderen Biotopen bestanden sind. Zur Biotopentwicklung ist im Landschaftspflegerischen Begleitplan auf großen Flächen des Damms mageres Grünland im Bereich der I-krit-Überdeckung vorgesehen. Unter C 9 wird im Planfeststellungsbeschluss bestimmt: Die Sanierung des Rheinhochwasserdamms hat abschnittsweise zu erfolgen. Besonders wertvolle Dammabschnitte dürfen erst dann ausgebaut werden, wenn die anderen Dammabschnitte für die Besiedelung von seltenen Arten gesichert sind. Mit der Baumaßnahme soll dort begonnen werden, wo es Abschnitte ohne Vorkommen schutzwürdiger Arten gibt. Der Planfeststellungsbeschluss regelt auch, dass im Baulos 2 bei Damm-km 1 + 450 die sog. Metz-Doppelschleuse (Metz-Schleuse und Melde-Schleuse) mit sämtlichen dazu gehörenden baulichen Anlagen, dazu zählt ein im Eigentum der Klägerin stehender ehemaliger Pumpenturm, zurückgebaut wird.

Mit Schreiben vom 21.05.2003 leitete die ehemalige Gewässerdirektion Nördlicher Oberrhein Bereich Karlsruhe (deren Aufgaben seit der letzten Verwaltungsreform vom Regierungspräsidium Karlsruhe wahrgenommen werden) ein Vorverfahren zum Planfeststellungsverfahren ein. In der Folge wurde der voraussichtliche Untersuchungsrahmen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung festgelegt (Scoping). Am 17.12.2004 ging der Antrag auf Planfeststellung beim Landratsamt Karlsruhe ein.

Die Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 14.01.2005 angehört. Hierauf regte die Beklagte unter dem 31.03.2005 u.a. an: Der Dammkörper solle kontinuierlich hergestellt werden. Ein Bau in Abschnitten, wie geplant, sei gänzlich unpraktikabel und bei Abwägung der Schutzgüter unangemessen. Die Flächenbilanz für die Ausgleichsflächen sei nicht nachvollziehbar und nicht hinreichend begründet. Der vorgeschlagene ökologische Waldumbau bedürfe noch der Abstimmung mit ihr und der Forstverwaltung. Er konterkariere die bisher getätigten Investitionen zum Aufbau eines Waldbestands. Die Ausdehnung der I-krit-Fläche sei fragwürdig. Es sei vertretbar, Flächen unberührt zu lassen, bei denen sich eine Überdeckung von weniger als 20 cm ergebe. Von einer radikalen Entfernung des Baumbestands auf dieser Fläche solle abgesehen werden. Eine eingeschränkte Mahd werde nicht befürwortet. Langfristig sei eine Bestockung mit Sträuchern und Gebüschen anzustreben. Die Eingriffe sollten statt durch Sekundärbiotope durch die Aufwertung von bereits bestehenden, sanierungsbedürftigen Lebensräumen kompensiert werden. Sie seien deshalb allein am Linkenheimer Altrhein (Toter Rhein, Wörth-Altrhein) durchzuführen.

Die Planunterlagen lagen nach öffentlicher Bekanntmachung vom 26.09.2005 bis zum 28.10.2005 beim Bürgermeisteramt der Beklagten öffentlich aus. Die Beklagte erhob daraufhin keine Einwendungen.

Im weiteren Verfahren wurde die vom Vorhabenträger beantragte Ausgleichsmaßnahme Vorlandanbindung Mittelgrund auf der Gemarkung Eggenstein-Leopoldshafen aus der Planung herausgenommen, die Ausgleichsplanung entsprechend geändert und insoweit die betroffenen Träger öffentlicher Belange nochmals beteiligt.

Der Erörterungstermin fand am 17. und 18.05.2006 statt. Die Klägerin erhielt dabei verschiedene Zusagen. Den Waldumbaumaßnahmen stimmte sie zu.

Mit Beschluss vom 05.06.2008 stellte das Landratsamt Karlsruhe den Plan fest. In der Begründung wird zu den Anregungen und Bedenken der Klägerin u.a. ausgeführt: Die abschnittsweise Bauausführung diene der leichteren Umsiedlung und Wiederansiedlung seltener Tier- und Pflanzenarten. So sei auch der Hochwasserschutz während der Bauausführung leichter zu gewährleisten. Insoweit spiele ferner die Flächenverfügbarkeit eine wichtige Rolle. Dem Wunsch der Klägerin nach Erhalt der Schleusen könne aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht zugestimmt werden. Zu einer Überkompensation von Eingriffen komme es auf der Gemarkung der Klägerin nicht. Dem Wunsch der Klägerin nach einer Ausgleichsmaßnahme am Toten Rhein werde nicht entsprochen. Akuter Handlungsbedarf bestehe dort nicht. Die im Ausgleichskonzept enthaltenen Waldumbaumaßnahmen dienten auch dem forstrechtlichen Ausgleich und könnten deshalb nicht entfallen.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde nach öffentlicher Bekanntmachung vom 08. bis zum 21.07.2008 im Rathaus der Beklagten öffentlich ausgelegt.

Die Klägerin hat am 28.07.2008 Klage erhoben. Sie trägt vor: Sie sei klagebefugt. Die Planung greife in ihr gemeindliches Selbstverwaltungsrecht ein. Die von dem Damm überdeckte Fläche stehe im Wesentlichen in ihrem Eigentum. Sie halte diese Flächen bewusst im Interesse einer örtlichen Planung des Landschafts- und Naturschutzes. Ihre Konzeption und Planung insoweit würden durch das Vorhaben nachhaltig beeinträchtigt, ohne dass dafür ein angemessener Ausgleich geschaffen werde. Das Vorhaben stoße auf ihre verfestigte Fachplanung im Rahmen des EU-LIFE-Projekts Lebendige Rheinauen bei Karlsruhe, an dem sie sich auf der Grundlage einer Planungs- und Projekt-Partnerschaft mit dem Regierungspräsidium mit hohem Aufwand beteilige. Vorgesehen sei, die Metz-Doppelschleuse wieder durchgängig zu machen und Verlandungen im Anschlussgraben des Rheinvorlandes zu entfernen. Hierfür gebe es bereits eine Projektplanung. Das Vorhaben stehe dazu im Widerspruch, weil bei ihm die anschließende Schlute auf einer Fläche von 0,2 ha verfüllt werden solle. Sie sei Eigentümerin des Pumpwerks an der Metz-Doppelschleuse, welches ursprünglich vom nun aufgelösten Pumpenzweckverband Linkenheim-Hochstetten betrieben worden sei. Sie habe schon 1986 eine Patenschaft für das Pumpwerk übernommen und es mit freiwilligen Helfern als Lebensstätte für Schleiereulen und Fledermäuse ausgebaut. Zuletzt hätten dort Waldkäuze gehaust. Es handele sich um eine wichtige Maßnahme des Vogelschutzes. Betroffen sei sie auch in ihren forstlichen Planungen. Der Landschaftspflegerische Begleitplan sehe einen umfangreichen Waldumbau vor. Das EU-LIFE-Projekt sehe außerdem vor, den Toten Rhein zu sanieren. Es sei abwägungsfehlerhaft, dass dies nicht als Ausgleichsmaßnahme des Vorhabens planfestgestellt werde. Es verstoße auch gegen den Gleichheitssatz, wenn an anderer Stelle im Plangebiet eine Entschlammung (des Altkanals Eggenstein-Leopoldshafen) als Kompensationsmaßnahme geregelt sei. Im Planfeststellungsbeschluss werde nicht darauf eingegangen, dass Grundeigentum der Klägerin in Anspruch genommen werde. In eigenen Rechten verletzt werde sie auch deshalb, weil das Vorhaben Abstriche bei der Standsicherheit des neuen Damms mache. Dies betreffe sie, weil sie gemäß § 70 Abs. 4 WG Trägerin der Unterhaltungslast sei. Eine geringere Standsicherheit des neuen Damms ergebe sich daraus, dass er im Bereich der Dammverstärkung und der Überdeckung der I-krit-Linie mit Magerwiesen bewachsen sein solle; erforderlich seien starkwüchsige Pflanzenarten, damit die zusätzlich aufgetragene Erdschicht gut durchwachsen werde. Schließlich sei in die Abwägung nicht mit eingestellt worden, dass sich aus der mehrjährigen Bautätigkeit Nachteile ergeben würden. Es sei nicht untersucht worden, ob hierdurch Wildtiere möglicherweise dauerhaft vergrämt würden.

Die Klage sei auch begründet: Das öffentliche Bedürfnis, den Hochwasserschutz zu verbessern, sei unstreitig. Das planfestgestellte Vorhaben verletze sie aber in den oben bezeichneten Rechten. Das Ausgleichskonzept sei fehlerhaft, soweit auf dem Damm und auf der I-krit-Überdeckung große Flächen von Magerwiesen entstehen sollten. Solche Magerwiesen seien für das Plangebiet nicht typisch. Es sei auch zu erwarten, dass bei nicht rechtzeitiger Mahd Fettwiesen entstünden. Durch diese Art des Bewuchses sei die Standsicherheit des Damms betroffen. Dringlicher als die Entwicklung von Magerwiesen sei die Sanierung des Toten Rheins. Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtige abwägungsfehlerhaft nicht ihren Wunsch nach Erhalt der Metz-Doppelschleuse. Inwiefern Gründe der Hochwassersicherheit dem entgegenstünden, sei nicht ersichtlich. Die Schleuse sei zu keinem Zeitpunkt Schwachstelle bei der Hochwassersicherheit gewesen. Durch die Verfüllung der Anschlussschluten auf einer Fläche von 0,2 ha gehe ein wertvolles Biotop verloren. Es treffe nicht zu, dass die Eulenstation im Schleusenturm zuletzt verwaist gewesen sei. Auch in diesem Zusammenhang setze sich der Planfeststellungsbeschluss nicht damit auseinander, dass über ihr Eigentum verfügt werde, für das sie eine konkretisierte Planung erstellt habe. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft. Es seien nicht die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt worden. Schließlich verkenne der Planfeststellungsbeschluss, dass sich das Vorhaben wesentlich auf das Landschaftsbild auswirke. Der Damm erlange durch seine schiere Größe eine neue Qualität, weil er eine breite Schneise in der Landschaft darstelle.

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Karlsruhe vom 05.06.2008 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, die Ausgleichsmaßnahmen im Planfeststellungsbeschluss um eine ökologische Sanierung des Toten Rheins sowie um die Auflage zu ergänzen, dass die Auswirkungen der Bautätigkeit hinsichtlich Verkehr, Lärm, Abgase und Staub zu untersuchen und zu minimieren sind.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt vor: Die Klägerin sei nur sehr eingeschränkt klagebefugt. Eine Verletzung ihres gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts komme nicht in Betracht. Dieses sei durch den Planfeststellungsbeschluss nicht berührt, weil keine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung konkret gestört werde. Es würden weder wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzogen noch kommunale Einrichtungen erheblich beeinträchtigt. An den von der Klägerin angesprochenen Planungen zur Sanierung des Toten Rheins und an der Planung der Metz-Schleuse sei die Klägerin nicht als Planungsträger beteiligt. Selbst wenn dies anders wäre, würde die Planungshoheit der Klägerin nicht nachhaltig gestört. Der Sache nach verlange sie lediglich eine zusätzliche Ausgleichsmaßnahme am Toten Rhein. Die EU-LIFE-Planung hinsichtlich der Metz-Schleuse werde nicht nachhaltig gestört. Auf den grundrechtlichen Schutz des Eigentums könne sich die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht berufen. Klagebefugt sei sie nur, soweit sie auf ihre in der Abwägung zu berücksichtigenden Rechte als private Eigentümerin aus §§ 903 ff. BGB verweise.

Die Klage sei insgesamt unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtige das Grundeigentum der Klägerin rechtsfehlerfrei. Ein Recht der Klägerin, die Einhaltung der Vorschriften des Umwelt- und Naturschutzes gerichtlich überprüfen zu lassen, bestehe nicht. Die umfangreichen Rügen der Klägerin insoweit würden aber auch in der Sache nicht durchgreifen. Dass Eigentumsflächen der Klägerin in großem Umfang in Anspruch genommen würden, sei im Planfeststellungsbeschluss erkannt und berücksichtigt worden.

Der Kammer liegen sieben Ordner Planunterlagen und 14 Hefte Planakten vor.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig. Sie wäre im Übrigen auch unbegründet.

Die Klage ist unzulässig. Sie ist zwar als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Der Klägerin fehlt aber die Klagebefugnis. Sie macht nicht im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO geltend, in ihren Rechten verletzt zu sein.

Rechtsgrundlage für die Planfeststellung der Sanierung und des Ausbaus des Rheinhochwasserdamms sind § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG i.V.m. § 64 Abs. 1, 3 und 4 WG sowie §§ 72 ff. LVwVfG. Dabei hat die Planfeststellungsbehörde alle öffentlichen und privaten Belange, solange sie nicht durch zwingendes Recht geschützt sind, abwägend zu berücksichtigen (vgl. Czychowski/Rheinhardt, WHG, 9. Aufl., § 31 Rdnr. 93, 94.).

Insoweit hat auch eine Gemeinde Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Belange. Sie kann sich im Klagverfahren aber nicht zur Sachwalterin jeglicher öffentlicher, nicht speziell dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht zugeordneter Interessen oder von privaten Interessen ihrer Bürger machen. Insbesondere kann sie einen Planfeststellungsbeschluss nicht erfolgreich mit der Begründung angreifen, Belange des Natur- und Umweltschutzes seien nicht gewahrt (st. Rspr., zuletzt BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5.07 - NuR 2008, 502 m.w.N.). In einem Klageverfahren geltend machen kann eine Gemeinde allein eigene Rechtspositionen, dies sind vor allem solche, die sich aus ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) ergeben. Dazu gehört die gemeindliche Planungshoheit. Abwehransprüche der Gemeinde kommen insbesondere in Betracht, wenn das Vorhaben eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung nachhaltig stört, wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzieht oder kommunale Einrichtungen erheblich beeinträchtigt (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388). Eine abwägungsrelevante Position steht einer Gemeinde ferner - unabhängig von einer Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit (im engeren Sinn) - unter dem Blickwinkel des ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG fallenden gemeindlichen Selbstgestaltungsrechts zu (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.2004 - 5 S 386/03 - m.w.N.). Dies gestattet es einer Gemeinde, insbesondere die eigene Infrastruktur und das Gepräge des Orts selbst zu gestalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1987 - 7 C 31.85 - BVerwGE 77, 134 und Beschl. v. 05.12.1996 - 11 VR 8.96 - NVwZ-RR 1997, 339). Daneben gehören zum Abwägungsmaterial auch andere gemeindliche Belange, wenn sie schutzwürdig, objektiv nicht geringwertig und für die planende Behörde erkennbar sind (BVerwG, Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215). In diesem Sinne gewährt auch ein von einer Planung erfasstes Grundstück der Gemeinde eine wehrfähige Rechtsposition, auch wenn dieses nur einfachgesetzlich durch §§ 903 ff. BGB gewährleistet ist (BVerwG, Beschl. v. 13.03.1995 - 11 VR 2.95 - NVwZ 1995, 905 = UPR 1995, 268). Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass für öffentliche Planungen vorrangig Grundstücke der öffentlichen Hand in Anspruch zu nehmen sind. Mit einem erhöhten Gewicht ist das Eigentum einer Gemeinde nur dann in die Abwägung einzustellen, wenn sie auf dem betroffenen Grundstück kommunale Einrichtungen, etwa einen Bauhof oder einen Kindergarten, betreibt. Rügen kann die Gemeinde insoweit eine Beeinträchtigung dieser Einrichtung, die so erheblich ist, dass sie deren Funktionsfähigkeit in Mitleidenschaft zieht (BVerwG, Urt. v. 27.03.1992 - 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96; Urt. v. 07.06.2001 - 4 CN 1.01 - BVerwGE 114, 301 = NVwZ 2001, 1280), etwa, dass der Schutz vor unzumutbaren Immissionen nicht gewährleistet sei oder dass die Einrichtung von ihrer bisherigen Verbindung zur Straße abgeschnitten werde (BVerwG, Urt. v. 18.11.2002 - 9 C 1.02 - BVerwGE 117, 209 = NVwZ 2003, 613; vgl. ferner zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5.07 - NuR 2008, 502; Beschl. v. 04.08.2008 - 9 VR 12.08 - NVwZ 2008, 1237; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.07.2004 - 5 S 1706/03 - NuR 2006, 298; OVG Rhld.-Pfalz, Urt. v. 12.02.2009 - 1 A 10722/08 - juris; Vallendar, Rechtsschutz der Gemeinden gegen Fachplanungen, UPR 2003, 41 m.w.N.).

In diesem Sinne berührt das Vorhaben eigene Planungen der Klägerin nicht. Denn einen Eingriff in eigene naturschutzrechtliche Planungen kann eine Gemeinde bei einer Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses nur geltend machen, sofern sie für eine solche Planung zuständig ist und sie eine solche Planung mit dem ihr insoweit zustehenden planungsrechtlichen Instrumentarium hinreichend konkretisiert hat. Dies kann etwa bei der Planung von Maßnahmen der Fall sein, mit denen naturschutzrechtliche Eingriffe in der Bauleitplanung kompensiert werden (vgl. § 1a Abs. 3, § 9 Abs. 1a BauGB) oder auch bei Landschafts- und Grünordnungsplänen (§ 18 NatSchG), möglicherweise auch bei Maßnahmen, mit denen eine Gemeinde Ausgleichsflächen aufwertet, um sie in einem Ökokonto zu führen (§ 22 NatSchG). Eine solche Planung wird durch das hier planfestgestellte Vorhaben aber nicht gestört.

Insoweit genügt es jedenfalls nicht, dass sich die Klägerin an dem EU-LIFE-Projekt Lebendige Rheinauen bei Karlsruhe beteiligt. Bei dem EU-LIFE-Programm handelt es sich um ein Finanzierungsinstrument der Europäischen Union. Die in diesem Zusammenhang vom Regierungspräsidium Karlsruhe vorgesehenen und von der Klägerin gewünschten Maßnahmen sind noch nicht in förmliche Verfahren eingegangen. Als Planungsträger dafür ist auch nicht die Klägerin, sondern das beklagte Land, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, zuständig, solange entsprechende Maßnahmen nicht Gegenstand der Bauleitplanung oder einer der oben genannten naturschutzrechtlichen Planungen geworden sind. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin angestrebte Anbindung von landeinwärts gelegenen Schluten an den Rhein im Bereich der Metz-Doppelschleuse durch das Vorhaben beeinträchtigt würde. Der von der Klägerin nunmehr vorgelegte Erläuterungsbericht für eine Entwurfs- und Genehmigungsplanung des Regierungspräsidiums Karlsruhe verdeutlicht gerade, dass dieses Projekt auf der Grundlage der planfestgestellten Vorhabenplanung möglich ist.

Erst recht greift der Planfeststellungsbeschluss nicht in die Planungshoheit der Klägerin ein, soweit er eine Einsaat der Dammflächen mit Magerrasen statt mit Fettweiden vorsieht. Denn die anderslautenden Vorstellungen der Klägerin insoweit erreichen nicht den Stand einer Planung. Gleiches gilt für die Verwendung des sogenannten Pumpenturms an der Metz-Doppelschleuse. Dass die Klägerin hier im Zusammenwirken mit Naturschutzgruppen hier Niststätten für Fledermäuse und Eulen angelegt hat, reicht nicht aus, um von einer Planung im Rechtssinn zu sprechen. Soweit sie in diesem Zusammenhang auch denkmalschützerische Belange ins Feld führt, sind diese von der Planungshoheit nicht umfasst. Zuständig insoweit ist allein die Denkmalschutzbehörde der Beklagten. Auch hinsichtlich der Nebenbestimmung zum Planfeststellungsbeschluss, dass die Dammsanierung aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes abschnittsweise erfolgen muss, kann die Klägerin nicht auf eigene, von der Planungshoheit umfasste Planungen verweisen.

Ebenso wenig kann die Klägerin als Verletzung eigener Rechte geltend machen, dass abwägungsfehlerhaft eine aus ihrer Sicht vorzugswürdige naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme, die Sanierung des Linkenheimer Altrheins (Toter Rhein), nicht planfestgestellt worden sei. Denn auch mit der Unterlassung einer solchen Sanierung des Toten Rheins im Zuge des hier zur Beurteilung stehenden Vorhabens greift das beklagte Land nicht in die Planungshoheit der Klägerin ein. Dies wäre nicht einmal dann der Fall, wenn die Klägerin über eine entsprechende, über Absichten hinausgehende Planung bereits verfügte. Denn auch dann wäre es ihr, gesetzt den Fall, es handelte sich nicht um einen Gewässerausbau, der der wasserrechtlichen Planfeststellung unterliegt, unbenommen, diese Sanierung - auf eigene Kosten - in die Wege zu leiten. Der Klägerin kommt es jedenfalls nicht zu, dem beklagten Land eine aus ihrer Sicht dringlichere Ausgleichsmaßnahme aufzudrängen.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten folgt eine Klagebefugnis der Klägerin auch nicht aus dem Umstand, dass sie Eigentümerin großer Flächen ist, auf denen der alte Damm steht oder die vom Dammausbau und der Überdeckung der I-krit-Linie erfasst werden. Dies kommt zwar grundsätzlich nach den oben gemachten Ausführungen in Betracht. Nach dem Vorbringen der Klägerin insoweit erscheint es aber als ausgeschlossen, dass das beklagte Land insoweit den Planfeststellungsbeschluss abwägungsfehlerhaft erlassen haben könnte. Denn die Klägerin macht nicht etwa geltend, dass sie durch die Inanspruchnahme der Flächen gehindert oder wesentlich beeinträchtigt wäre, ihr obliegende Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen. Es geht ihr im Kern nicht darum, den Verlust der Flächen zur Wahrung eigener Nutzungsinteressen abzuwehren. Vielmehr will sie mit dem Hinweis auf ihr zivilrechtliches Eigentum im Wesentlichen nur ein Mitspracherecht bei den im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen naturschutzrechtlichen Maßnahmen erhalten. Dies gilt insbesondere auch für die Nutzung des Pumpenturms an der Metz-Doppelschleuse. Dort geht es der Klägerin in erster Linie um denkmalschützerische Erwägungen sowie um den Erhalt einer Niststätte für Eulen und Fledermäuse. Dies sind Nutzungen, die keine eigentlich gemeindlichen Belange betreffen. Es handelt sich, nachdem der Pumpenturm seine ursprüngliche Funktion verloren hat, auch sonst nicht (mehr) um eine Einrichtung der Gemeinde, deren Funktion wesentlich gestört würde. Die Beurteilung, dass die Gemeinde ihr Eigentum letztlich nur deshalb geltend macht, um eine Klagebefugnis zu erhalten, wird im Übrigen auch dadurch belegt, dass sie auf ihr Eigentum und eigene, im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts bestehende Nutzungsinteressen im gesamten Planfeststellungsverfahren bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nie abgehoben hat.

Soweit die Klägerin hinsichtlich der Anlage von Magerwiesen auf dem Damm geltend macht, diese bewirke eine geringere Festigkeit und dadurch könne ihre subsidiäre Unterhaltspflicht aktiviert werden, trifft dies schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu; denn eine solche subsidiäre Unterhaltungslast trifft die Klägerin nicht (§ 70 Abs. 4 i.V.m. § 53 WG; Bulling u.a., Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., § 70 Rdnr. 18).

Eine Klagebefugnis könnte die Klägerin schließlich auch schon deshalb nicht aus dem Umweltrechtsbehelfsgesetz herleiten, weil das Planfeststellungsverfahren vor dem 25.06.2005 eingeleitet worden ist (§ 5 UmwRG, vgl. OVG Rhld.-Pfalz, Urt. v. 12.02.2009 - a.a.O.).

Die Klage wäre aber auch unbegründet.

Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG mit allen ihren Einwendungen ausgeschlossen ist; denn sie hat eine solche trotz entsprechender Belehrung in der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung des Plans nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 73 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG erhoben. Insoweit kann sie nicht etwa auf ihre Anregungen verweisen, die sie zuvor mit Schreiben vom 31.03.2005 als Trägerin öffentlicher Belange im Rahmen der Behördenbeteiligung vorgetragen hatte.

Für einen Teil ihres Vorbringens ergibt sich dies schon daraus, dass die Klägerin in der Stellungnahme vom 31.03.2005 keine entsprechende Betroffenheit angeführt hat. Das gilt insbesondere für die Nutzung des Pumpenturms an der Metz-Doppelschleuse. Ihr Vorbringen zur Beeinträchtigung ihrer forstlichen Planung, die in jenem Schreiben noch erwähnt wird, hat sie im Erörterungstermin als erledigt betrachtet; darauf kann sie nun nicht mehr zurückkommen (BVerwG, Urt. v. 18.04.2007 - 9 A 34.06 - Juris).

Im Übrigen obliegt es einer Gemeinde - wie einem Privaten - im Rahmen ihrer Mitwirkungslast, etwaige Einwendungen gegen den Plan im Rahmen der sogenannten Betroffenenbeteiligung fristgerecht vorzubringen (BVerwG, Gerichtsbescheid vom 27.12.1995 - 11 A 24.95 - NVwZ 1996, 895; zu einem Sonderfall vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.07.2004 - 5 S 1706/03 - a.a.O.). Dies gilt auch dann, wenn sie entsprechende Anregungen und Bedenken schon vor der öffentlichen Auslegung des Plans im Rahmen der Behördenbeteiligung oder auf sonstige Weise vorgetragen hat (offen gelassen in BVerwG, Beschl. v. 09.02.1996 - 11 VR 45.95 - NVwZ 1996, 1021). Denn eine Gemeinde kann insoweit nicht besser stehen als ein Bürger, der schon vor der öffentlichen Auslegung des Plans Einwände gegen die Planung formuliert und bei der Anhörungsbehörde vorgetragen hat (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 6.05 - Juris m.w.N.).

Ferner würde die Klägerin durch den Planfeststellungsbeschluss auch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO). Insoweit kann auf die Ausführungen zur Klagebefugnis Bezug genommen werden. Sofern diese - wegen des geltend gemachten Nutzungsinteresses der Klägerin am Pumpenturm bei der Metz-Doppelschleuse - doch gegeben wäre, wäre es jedenfalls nicht abwägungsfehlerhaft, dass das Landratsamt dieses Eigentümerinteresse, welches es als solches nicht verkannt hat (vgl. Grunderwerbsverzeichnis, Ordner 7 Anlage 13, S. 4 und 5), gering gewichtet und hinter das Interesse an einem bestmöglichen Hochwasserschutz zurückgestellt hat. Insoweit erscheint es der Kammer nicht als zweifelhaft, dass der Aufbau des Damms und damit dessen Dichtigkeit und Festigkeit durch das Belassen von alten Hochbauten in einem gewissen Maß beeinträchtigt würde. Einen im gerichtlichen Verfahren noch geltend gemachten Anspruch auf Bewahrung des Landschaftsbildes (mit dem Pumpenturm) vermittelt der Klägerin ihr Eigentum nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung sieht die Kammer gemäß § 167 Abs. 2 VwGO ab. Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).

Beschluss vom 19.08.2009

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG, § 39 Abs. 1 GKG abweichend von der vorläufigen Streitwertfestsetzung (Beschl. v. 29.07.2008) und dem dabei zugrunde gelegten Regelwert von 60.000 EUR (Nr. 34.3 des Streitwertkatalogs 2004, VBlBW 2004, 467) auf 15.000 EUR festgesetzt.

Insoweit berücksichtigt die Kammer, dass die Bedeutung der Sache für die Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht - wie sonst typisch für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses durch eine Gemeinde - darin liegt, die Inanspruchnahme großer Eigentumsflächen zu vermeiden oder ihre Bauleitplanung zu sichern.

Hinsichtlich der Möglichkeit, gegen die Streitwertfestsetzung Beschwerde einzulegen, wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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