LG Stralsund, Beschluss vom 29.12.2009 - 23 Qs 50/09
Fundstelle
openJur 2012, 55161
  • Rkr:
Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Ribnitz-Damgarten vom 08.12.2009 (Az.: 10 Ls 227/05) in der Fassung des Beschlusses vom 10.12.2009 wird aufgehoben.

Dem Verurteilten, ... wird vorübergehender Strafvollstreckungsaufschub bis zum Abschluss des Schulhalbjahres Winter 2009/2010, längstens bis zum 05.02.2010 gewährt.

Der Verurteilte ist sofort zu entlassen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Am 27.09.2005 verurteilte das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten den ... wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Nachdem der Verurteilte wegen einer im Jahre 2008 begangenen Beleidigung erneut verurteilt worden war, widerrief das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten die Strafaussetzung mit Beschluss vom 10.09.2009; das gegen diesen Beschluss erhobene Rechtsmittel des Verurteilten wies die Kammer mit Beschluss vom 20.10.2009 zurück.

Den Antrag des Verurteilten vom 07.12.2009, ihm gem. § 456 StPO Strafaufschub zu gewähren, wies das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten mit Beschluss vom 08.12.2009 zurück. Es ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen der Norm nicht vorlägen. Die Absicht des Verurteilten, seine Ausbildung zur Fachkraft für Hafenlogistik, die er seit dem 1.10.2008 betreibe, könnte nach einer Haftentlassung deutlich besser bei einer Beendigung des dritten Ausbildungshalbjahres fortgesetzt, möglicherweise während eines offenen Vollzugs von der JVA Waldeck aus sogar unmittelbar fortgesetzt werden, reichte dazu nicht hin.

Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 09.12.2009 hielt das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten mit Beschluss vom 10.12.2009 die ursprüngliche Entscheidung aufrecht. Gegen diesen, am 14.12.2009 zugestellten Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde, die am 17.12.2009 beim LG Stralsund eingegangen ist.

II.

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig gem. § 462 Abs. 3 StPO, sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt gem. § 311 Abs. 2 StPO.

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Dem Verurteilten war gem. § 456 StPO der beantragte Vollstreckungsaufschub vorläufig zu gewähren. Die Voraussetzungen für einen vorläufigen Vollstreckungsaufschub liegen formal vor: Der begehrte Aufschub überschreitet nicht den viermonatigen Rahmen des § 456 Abs. 2 StPO.

Die Voraussetzungen liegen auch im Übrigen vor. Danach ist dem Verurteilten - nach pflichtgemäß ausgeübten Ermessen - der begehrte Vollstreckungsaufschub zu bewilligen. Die sofortige Vollstreckung zeitigte für den Verurteilten erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile. Dem vom Jugendgerichtsgesetz beabsichtigten Erziehungsgedanken liefe es nachgerade zuwider, würde es dem Verurteilten erschwert werden, seine bereits über ein Jahr laufende Fachkraftausbildung nicht zumindest zu einem Zwischenabschluss zu bringen, der ihm eine Wiederaufnahme der Ausbildung nach der Vollstreckung jedenfalls erheblich erleichterte. Zudem besteht nur im Wege des Strafaufschubs auch eine realistische Chance, dass der Verurteilte im Wege des offenen Vollzugs - so er sich dazu nach Maßgabe der dann zuständigen JVA Waldeck eignete - seine Ausbildung ohne zeitliche Verzögerung fortsetzen kann. Dagegen ist das Strafinteresse der Allgemeinheit nicht höher zu bewerten; Anhaltspunkte dafür, dass der Vollzugszweck durch den kurzfristigen Aufschub anderweitig nicht erreicht oder erschwert werden könnte, sind nicht zu erkennen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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