Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.03.2005 - 11 ME 369/03
Fundstelle
openJur 2012, 42694
  • Rkr:

1. Die Vermittlung von Sportwetten in Form der Oddset-Wette ohne die nach § 3 Abs. 1 NLottG erforderliche Konzession verstößt gegen Vorschriften des Strafrechts und damit gegen die öffentliche Sicherheit iSd Nds. SOG.

2. Weder eine nach dem Gewerberecht der DDR noch eine von einer österreichischen Behörde erteilte Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten besitzt in Niedersachsen Gültigkeit.

3. Der Ausschluss Privater von der Veranstaltung von Sportwetten in Niedersachsen begegnet keinen durchgreifenden verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlichen Bedenken.

Gründe

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2) gegen den angefochtenen Beschluss bleiben ohne Erfolg.

Die Antragstellerin betreibt in Hannover zwei Wettannahmestellen. Sie vermittelt dort hauptsächlich Sportwetten in Form der Oddset-Wette, d. h. Wetten auf das Ergebnis von Fußballspielen oder von anderen sportlichen Ereignissen zu festen Gewinnquoten, an die Beigeladenen. Der Beigeladene zu 1) verfügt über eine Erlaubnis zum Abschluss von Sportwetten nach dem Gewerberecht der DDR, die ihm am 20. August 1990 vom Gewerbeamt Berlin-Mitte erteilt worden ist. Die Beigeladene zu 2) ist aufgrund des Bescheides der Polizeiabteilung des Landes Oberösterreichs vom 3. Juni 2002 berechtigt, durch den gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten die Tätigkeit als Buchmacher auszuüben.

Mit Bescheid vom 30. April 2003 untersagte die Bezirksregierung Hannover der Antragstellerin unter Anordnung des Sofortvollzuges, Sportwetten der Beigeladenen zu bewerben und anzunehmen. Zugleich drohte sie für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- Euro an. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Bezirksregierung Hannover mit Beschluss vom 3. November 2003 ab. Dagegen richten sich die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2). Die von ihnen dargelegten Gründe rechtfertigen jedoch keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung zutreffend dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Untersagungsverfügung den Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin eingeräumt, von der Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand spricht nämlich Überwiegendes dafür, dass die Bezirksregierung Hannover der Antragstellerin zu Recht die Vermittlung von Sportwetten für die Beigeladenen untersagt hat, weil die hierfür nach § 284 Abs. 1 StGB und § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über das Lotterie- und Wettwesen - NLottG - vom 21. Juni 1997 (Nds. GVBl. S. 289), zuletzt geändert durch Art. 10 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 vom 17. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 664, 665 f.), erforderliche Konzession fehlt. Dieser Einschätzung stehen durchgreifende verfassungsrechtliche oder gemeinschaftsrechtliche Bedenken nicht entgegen. Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen die angefochtene Untersagungsverfügung voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Vollziehung der Untersagungsverfügung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder zu einer unzumutbaren Härte führt.

51. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war die Bezirksregierung Hannover für den Erlass der auf § 11 NGefAG (seit dem 19. 12. 2003 § 11 Nds. SOG) gestützten Untersagungsverfügung zuständig.

Nach § 101 Abs. 4 Satz 1 NGefAG, der im Zusammenhang mit der Auflösung der Bezirksregierungen zum 31. Dezember 2004 durch Gesetz vom 16. September 2004 (Nds. GVBl. S. 362, 363) gestrichen worden ist, war für Aufgaben aufgrund des NGefAG wegen der Nichtbeachtung von Gebots- und Verbotsschriften des Bundes- und Landesrechts die Behörde zuständig, der die Ausführung dieser Vorschriften oblag, sofern - wie hier - keine andere Zuständigkeitsregelung bestand. § 15 Abs. 2 NLottG sah in seiner im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung geltenden Fassung vom 20. November 2002 (Nds. GVBl. S. 702) insoweit eine Zuständigkeit des Niedersächsischen Innenministeriums vor, da diesem die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach dem NLottG einschließlich der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten für Wettunternehmen und deren Veranstaltung oblag. Gemäß § 101 Abs. 4 Satz 2 NGefAG trat jedoch an die Stelle des Innenministeriums die Bezirksregierung, d. h. hier die Bezirksregierung Hannover. In der Zwischenzeit hat sich ein Zuständigkeitswechsel vollzogen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen vom 5. November 2004 (Nds. GVBl. S. 394) am 1. Januar 2005 wurden die Bezirksregierungen aufgelöst. Im Zuge dieser Neuordnung wurde auch § 15 NLottG geändert. Nach § 15 Abs. 2 NLottG n. F. werden seit dem 1. Januar 2005 die behördlichen Aufgaben gegenüber Wettunternehmen bei der Untersagung der Vermittlung unerlaubter Sportwetten und deren Veranstaltungen von dem zuständigen Ministerium (hier Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport) wahrgenommen. Zu diesem Zeitpunkt ging auch die Zuständigkeit für anhängige Verfahren aus dem Lotterie- und Wettwesen von den Bezirksregierungen auf das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport als Nachfolgebehörde über (§ 8 b des Nds. AG VwGO, Nds. GVBl. 2004, 394, 395). Es bestehen deshalb auch keine Bedenken gegen den im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetretenen Zuständigkeitswechsel.

7Die Antragstellerin verstößt mit dem Vermitteln von Sportwetten gegen Vorschriften des Strafrechts und damit gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 i. V. m. §§ 1 Abs. 1 und 2 Nr. 1 a Nds. SOG.

Der Senat hält in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 28. 3. 2001, BVerwGE 114, 92 = GewArch 2001, 334; BGH, Urt. v. 28. 11. 2002, GewArch 2003, 332 = DVBl. 2003, 669; BayVGH, Urt. v. 29. 9. 2004, GewArch 2005, 78; Hess. VGH, Beschl. v. 27. 10. 2004 = GewArch 2005, 17 = NVwZ 2005, 99; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12. 1. 2005 - 6 S 1288/04 -; BayOLG, Beschl. v. 26. 11. 2003, NJW 2004, 1057) an seiner Auffassung fest, dass die in Rede stehenden Sportwetten Glücksspiele im Sinne von § 284 StGB sind, wie er in seinem Beschluss vom 4. März 2003 (Nds. VBl. 2003, 158 = NordÖR 2003, 203 = GewArch 2003, 247) näher ausgeführt hat. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Antragstellerin rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Die Antragstellerin macht zum einen geltend, bei den von ihr vermittelten Oddset-Wetten handele es sich vorrangig um ein Geschicklichkeitsspiel. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 4. März 2003 (a. a. O.) dargelegt hat, überwiegen bei der Oddset-Wette deutlich die Zufallselemente gegenüber den auch von umfassend informierten und erfahrenen Teilnehmern zu beeinflussenden bzw. im Voraus berechenbaren Umständen, wobei selbstverständlich etwaige Spielmanipulationen außer Betracht zu bleiben haben. Das Konzept der Oddset-Wetten basiert gerade auf der Unkalkulierbarkeit der Sportergebnisse und begründet nur dadurch die Gewinnerwartung des Veranstalters. Damit können diese Art von Wetten nicht als Geschicklichkeitsspiel eingestuft werden, bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. 8. 1994, BVerwGE 96, 293, 295).

10Ebenso wenig kann sich die Antragstellerin mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den von ihr vermittelten Sportwetten um nicht dem § 284 StGB unterfallende Unterhaltungsspiele handele. Auch wenn die Antragstellerin ihren Angaben zufolge inzwischen für jeden Wettkunden die Einsatzhöhe auf 20,-- Euro täglich und den maximalen Jahresverlust auf 2.000,-- Euro begrenzt hat, kann daraus nicht gefolgert werden, dass kein Glücksspiel mehr vorliegt. Eine derartige Geringfügigkeitsschwelle hat der Gesetzgeber in § 284 StGB nicht vorgesehen. Außerdem kann ein Verlust von 2.000,-- Euro jährlich nicht mehr als geringfügig betrachtet werden (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12. 1. 2005, a. a. O.), ganz abgesehen davon, ob wirklich eine effektive Kontrolle durch die Antragstellerin gewährleistet ist. Schließlich lässt sich auch der Zweck der Strafandrohung des § 284 StGB nicht darauf reduzieren, dass der Wettkunde vor ruinösen wirtschaftlichen Folgen geschützt werden soll. Nach der Begründung des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) sollte die Verschärfung des § 284 StGB dem Ziel dienen, eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten, eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern und einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen (mindestens 25 %) zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke heranzuziehen (vgl. BT-Drs. 13/8587, S. 67). Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische und wirtschaftliche Situation der Spieler und seiner Eignung, Kriminalität vornehmlich im Bereich der Geldwäsche zu fördern, unerwünscht und schädlich ist (vgl. Hahn, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab 1999, GewArch 2002, 41, 49). Andererseits ist dem Gesetzgeber bewusst, dass der dem Menschen innewohnende Spieltrieb nicht gänzlich unterbunden werden kann. Die nach § 284 Abs. 1 StGB strafausschließende behördliche Erlaubnis stellt deshalb ein Instrument zur Kanalisierung des Spieltriebs in geordnete Bahnen dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O.).

Der Senat lässt offen, ob die Antragstellerin als (mittäterschaftliche) Veranstalterin im Sinne des § 284 Abs. 1 1. Altern. StGB anzusehen ist oder ob sie zumindest den Tatbestand des Bereitstellens von Einrichtungen für das Glücksspiel iSd § 284 Abs. 1 3. Altern. StGB erfüllt (vgl. zum Meinungsstand etwa Hess. VGH, Beschl. v. 27. 10. 2004, a. a. O.). Denn sie leistet jedenfalls eine nach § 27 StGB strafbare Beihilfe zum Veranstalten eines Glücksspiels. Den daran vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht in einem vergleichbaren Fall geäußerten Zweifeln (Beschl. v. 18. 1. 2005 - 3 MB 80/04 -) vermag der Senat nicht zu folgen. Außerdem verstößt sie mit ihrer Tätigkeit gegen § 16 NLottG. Danach macht sich strafbar, wer ohne behördliche Genehmigung gewerbsmäßig für eine in Niedersachsen nicht zugelassene Lotterie, Wette oder Ausspielung zum Abschluss oder zur Vermittlung von Spielverträgen auffordert oder sich erbietet (Nr. 1) oder Angebote zum Abschluss oder zur Vermittlung von Spielverträgen entgegennimmt (Nr. 2). Es ist unstreitig, dass die Antragstellerin selbst über eine derartige Genehmigung nicht verfügt. Sie kann sich aber auch nicht auf die den Beigeladenen erteilten Konzessionen berufen. Denn maßgeblich sind die rechtlichen Verhältnisse in Niedersachsen, da das Recht der Sportwetten in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fällt. Weder der Beigeladene zu 1) noch die Beigeladene zu 2) ist im Besitz einer Genehmigung nach dem NLottG. Sie können eine solche Konzession aber auch nicht erhalten, weil gemäß § 3 Abs. 2 NLottG Träger des Wettunternehmens nur eine Gesellschaft sein darf, an der das Land unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist und deren andere Beteiligte entweder juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Zusammenschlüsse oder Gesellschaften solcher Personen sind oder die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes 1996 erfüllen. Auch der am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (Nds. GVBl. 2004 S. 165) schließt die Erteilung einer Erlaubnis für private Sportwetten aus (vgl. § 5 Abs. 4 LottStV).

12Die der Beigeladenen zu 2) erteilte Erlaubnis des Gewerbeamtes Berlin-Mitte vom 20. August 1990 gilt nicht in Niedersachsen. Der erkennende Senat hat im Beschluss vom 4. März 2003 (a. a. O.) im Einzelnen dargelegt, dass eine nach dem Gewerberecht der DDR erteilte Sportwettenerlaubnis nach dem Wirksamwerden des Beitritts nicht für das gesamte Bundesgebiet, sondern nur für die betreffenden neuen Bundesländer Geltung beanspruchen kann (so auch OVG NRW, Beschl. v. 14. 5. 2004 - 4 B 2096/03 -; BayVGH, Urt. v. 29. 9. 2004, a. a. O.; Hess. VGH, Beschl. v. 27. 10. 2004, a. a. O.). An dieser Auffassung hält der Senat auch nach nochmaliger Prüfung fest. Die dagegen erhobenen Einwände (vgl. etwa Rixen, Das öffentliche Sportwettenrecht der Länder und das DDR-Gewerberecht: Bricht Landesrecht Bundesrecht ?, NVwZ 2004, 1410) vermögen nicht zu überzeugen.

Ebenso wenig befreit die der Beigeladenen zu 2) von der Polizeiabteilung des Landes Oberösterreich erteilte Buchmachererlaubnis vom 3. Juni 2002 von der entsprechenden Genehmigungspflicht in Deutschland. Der Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB stellt auf das Fehlen einer inländischen Erlaubnis ab (vgl. BGH, Urt. v. 1. 4. 2004, NJW 2004, 2158 = GewArch 2004, 336), für deren Erteilung - wie bereits erwähnt - die Bundesländer zuständig sind. Eine Bindung an die österreichische Erlaubnis lässt sich auch nicht aus europarechtlichen Vorgaben herleiten. Es fehlen entsprechende Harmonisierungsrechtsakte der EG. Sekundäres Gemeinschaftsrecht im Sinne des Art. 55 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 EG ist bislang dazu nicht ergangen. Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 8. Juni 2000 (ABl. Nr. L 178, S. 6) und die Richtlinie 1999/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennungsmöglichkeiten von Zulassungen aus anderen Mitgliedstaaten vom 16. Februar 1999 (ABl. Nr. L 201, S. 77) nehmen die Regulierung des Glücksspielsektors ausdrücklich vom jeweiligen Anwendungsbereich aus (vgl. BGH, Urt. v. 1. 4. 2004, a. a. O.; Korte, Das Gambelli-Urteil des EuGH, NVwZ 2004, 1449, 1452). Allerdings laufen Bestrebungen seitens der Europäischen Kommission, im Rahmen einer Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt auch den Glücksspielbereich in den gemeinsamen Markt zu überführen und dabei auf das Herkunftsland-Prinzip abzustellen (vgl. Tettinger, Grenzüberschreitende Glücksspiel-Internetangebote und europäischer Binnenmarkt, GewArch 2005, 49, 55; Hübsch, Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis - ein Glücksspiel ?, GewArch 2004, 313, 316 f.). Solange aber eine derartige Richtlinie, die umstritten ist und zur Zeit im Europaparlament beraten wird (vgl. SZ. v. 15. 3. 2005, S. 21), nicht erlassen ist, bleibt es nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. etwa Urt. v. 21. 9. 1999 - C-124/97 -, „Zenatti“, GewArch 1999, 476) mit Rücksicht auf die jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten Sache der Mitgliedstaaten, das Glücksspielwesen im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens zu regeln. Auch die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 6. November 2003 (C-243/01 - „Gambelli“ - NJW 2004, 139 = DVBl. 2004, 306), auf das der Senat später noch vertiefend eingehen wird, setzen gerade die Möglichkeit voraus, dass einzelne Mitgliedstaaten der EU die in anderen Mitgliedstaaten erteilten Sportwettenerlaubnisse nicht anerkennen (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12. 1. 2005. a a. O.). Darüber hinaus wäre im Falle einer allgemeinen Anerkennung EG-ausländischer Zulassungen zu befürchten, dass sich Glücksspielunternehmen in dem Mitgliedstaat mit den niedrigsten Kontrollanforderungen ansiedeln (vgl. Korte, NVwZ 2004, 1452).

14Dieses Ergebnis verletzt die Antragstellerin weder in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG noch widerspricht es der Rechtsprechung des EuGH zum Sportwettenrecht.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt (vgl. etwa Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O.), dass die gewerbliche Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unterfällt. Es liegt deshalb ein Eingriff in das Grundrecht auf freie Ausübung des Berufs eines privaten Sportwettenunternehmers vor, wenn Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten verboten sind und auch nicht erlaubt werden können. Diese Einschränkung ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a. a. O.) gerechtfertigt, weil der Ausschluss Privater von diesen Betätigungen dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter, nämlich dem Schutz der Gesundheit der Spieler und des Vermögens des Einzelnen und der öffentlichen Hände dient. Das strafbewehrte Verbot des unerlaubten öffentlichen Veranstaltens von Glücksspielen in § 284 Abs. 1 StGB selbst vermag die Antragstellerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG zu verletzen. Denn diese Strafvorschrift enthält keine Festlegungen dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen einem Antrag auf Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zu entsprechen ist oder nicht. Dies bestimmt sich nach Landesrecht. Das hier maßgebliche Niedersächsische Lotteriegesetz schließt - wie bereits erwähnt - in seinem § 3 Abs. 2 ebenso wie § 5 Abs. 4 LottStV die Konzessionserteilung an private Veranstalter von Sportwetten aus. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O.) hat zur vergleichbaren Rechtslage in Bayern ausgeführt, dass der Landesgesetzgeber in Anbetracht des ihm zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums insbesondere die alleinige Veranstaltung von Oddset-Wetten durch die staatliche Lotterieverwaltung unter strafbewehrter Fernhaltung privater Anbieter als zur Abwehr der von ihm angenommenen Gefahren des Glücksspiels geeignet und erforderlich ansehen durfte. Die Einschätzung des bayerischen Landesgesetzgebers, dass das Fehlen eines eigenen Gewinnstrebens der staatlichen Lotterieverwaltung zur Eindämmung des Spieltriebs beitragen könne, lag auch dem Niedersächsischen Lotteriegesetz zugrunde. Danach ist es Ziel der Gefahrenabwehr im Bereich des Lotterie- und Wettwesens, „die Neigung vieler Menschen zu leichtfertigem Umfang mit Geld einerseits zu begrenzen, ihr andererseits gerade in dem Maße zu entsprechen, dass niemand auf illegale Angebote angewiesen ist und dadurch zu Schaden kommt. Daher scheint es geboten, neben den bewährten Möglichkeiten der Einflussnahme und Kontrolle, die der Lotterieaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufsichtsfunktion zustehen, durch die Beschränkung des Kreises der Beteiligten an einem Wettunternehmen zu ergänzen.“ Deswegen könnten nach § 3 Abs. 2 NLottG nur Gesellschaften (hier: Toto-Lotto Niedersachsen GmbH) Träger der Konzession sein, an denen das Land zumindest mittelbar beteiligt sei (LT-Drs. 13/2730, S. 13). Ist die Einschätzung des Gefahrenpotentials von Sportwetten durch den Gesetzgeber aber nicht erschüttert und erweist sich die Zugangssperre für private Veranstalter oder Vermittler auch nicht als unverhältnismäßig, besteht - so das Bundesverwaltungsgericht (a. a. O.) weiter - keine verfassungsrechtliche Pflicht, eine die private Veranstaltung oder Vermittlung von Oddset-Wetten ermöglichende Rechtsvorschrift zu erlassen. Wenn das Glücksspiel an sich unerwünscht und gefährlich sei, brauche dafür kein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnet zu werden.

16Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht bei dieser Gelegenheit abschließend an den Gesetzgeber appelliert, nach einer gewissen Zeitspanne, in der weitere Erfahrungen mit Oddset-Wetten, auch hinsichtlich ihrer privaten Veranstaltung im Ausland, gewonnen werden könnten und müssten, seine Einschätzung zu überprüfen. Dazu gehöre auch, ob die Veranstaltung von Sportwetten in staatlicher Monopolregie wirklich geeignet sei, die mit der Veranstaltung von Glücksspielen verbundenen Gefahren einzudämmen. Davon werde bei mit aggressiver Werbung einhergehender extremer Ausweitung des Spielangebots keine Rede mehr sein können. Namentlich werde darauf Bedacht zu nehmen sein, dass die in § 284 StGB vorausgesetzte Unerwünschtheit des Glücksspiels nicht in unauflösbarem Widerspruch gerate zum staatlichen Veranstalterverhalten. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28. März 2001 (a. a. O.) angesprochene „gewisse Zeitspanne“ für eine gesetzgeberische Überprüfung schon abgelaufen ist. Der an der Entscheidung beteiligte Richter Dr. Hahn hat diesen Zeitraum in seinem Bericht „Das Wirtschaftsverwaltungsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab 1999“ (GewArch 2002, 41, 50) „realistischerweise mit etwa 10 Jahren“ veranschlagt, der bei weitem noch nicht erreicht ist (so auch BayVGH, Beschl. v. 11. 1. 2005 - 24 CS 04.1965 -). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch der von den Ministerpräsidenten der Länder am 18. Dezember 2003/13. Februar 2004 unterzeichnete und am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland, mit dem einheitliche Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen geschaffen worden sind, an der gesetzgeberischen Zielsetzung festhält, das Glücksspielwesen aus ordnungsrechtlichen Gründen restriktiv auszugestalten (vgl. § 1), wozu auch gehört, ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern (Nr. 1) und die Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Spielzwecken auszuschließen (Nr. 3). Den Materialien ist zu entnehmen, dass bereits beim Entwurf des Staatsvertrages eine Beteiligung betroffener Organisationen (u. a. gewerbliche Spielvermittler, Verbraucherschutzeinrichtungen, Spielsuchtverbände) stattgefunden hat (Amtl. Begr. zum niedersächsischen Entwurf eines Gesetzes zum LottStV, LT-Drs. 15/935, S. 18) und auch etwaige Möglichkeiten einer gewissen Öffnung des Glücksspielmarktes für private Anbieter diskutiert worden sind (ebd., S. 21, 23, 25 f.). Letztlich entschied man sich aber dafür, lediglich die Veranstaltung von Lotterien und Ausspielungen durch „andere Veranstalter“ als den in § 5 Abs. 2 LottStV Genannten unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen (vgl. §§ 6 ff. LottStV), während der übrige Bereich - und darunter fallen auch die Sportwetten - weiterhin der staatlichen Monopolregie vorbehalten bleibt. Aus den Erläuterungen zum LottStV geht außerdem hervor, dass die Bundesländer ihre Einschätzung spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages überprüfen werden (vgl. Hübsch, Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis - ein Glücksspiel ?, GewArch 2004, 314, 316 Rdnr. 51).

Die Notwendigkeit einer gesetzgeberischen Überprüfung ergibt sich derzeit auch nicht im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung auf dem deutschen Wettmarkt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass neben den im Deutschen Toto- und Lottoblock zusammengeschlossenen Veranstaltern verstärkt inländische Unternehmen, die ihre Lizenz noch nach dem Gewerberecht der DDR erhalten haben, und ausländische Unternehmen über inländische Betriebsstätten und/oder über das Internet grenzüberschreitend Sportwetten anbieten (vgl. dazu etwa Tettinger, a. a. O.). Nach Medienberichten wird der jährliche Umsatz, den die vom Deutschen Toto- und Lottoblock veranstalteten Oddset-Sportwetten erzielen, auf ca. 480 Millionen Euro geschätzt, während er sich bei den privaten Veranstaltern allein an deutschen Internetanschlüssen sogar auf mehr als eine Milliarde Euro belaufen soll (FAZ v. 11. 3. 2005, S. 2; Der Spiegel 8/2005, S. 76). Gerade der erhebliche Anstieg des illegalen Glücksspielangebots im Internet und die damit verbundenen gewaltigen Umsätze dürften die Pflicht des Staates verstärken, die sich hieraus ergebenden Suchtgefahren mit all ihren sozialschädlichen Folgen durch eine Kanalisierung und Eindämmung des Spielgeschehens zu bekämpfen. Auch der gegenwärtige Skandal um manipulierte Fußballspiele dürfte eher gegen eine Liberalisierung des Wettmarktes sprechen. Jedenfalls liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die bisherige gesetzgeberische Einschätzung der Gefahren auch von Sportwetten und der Notwendigkeit ihrer Bekämpfung (vgl. dazu etwa Diegmann/Hoffmann, Las Vegas in Deutschland ?, DÖV 2005, 45, 48 f.) durch die Lebenswirklichkeit überholt bzw. offensichtlich fehlsam geworden sein könnte (ähnlich auch Hess. VGH, Beschl. v. 27. 10. 2004, a. a. O.).

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auch die „mit aggressiver Werbung einhergehende extreme Ausweitung des Spielangebots“ angeführt hat, besteht eine Verbindung zur neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat im Urteil vom 6. November 2003 (a. a. O.) aus Anlass eines Sportwettenfalles aus Italien festgestellt: „Soweit nun aber die Behörden eines Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu verhindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu rechtfertigen“ (Tz. 69). Ob diese Aussage des EuGH geeignet ist, das in Deutschland bestehende staatliche Sportwettenmonopol in Frage zu stellen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

So vertritt der Hess. VGH in seinem Beschluss vom 9. Februar 2004 (GewArch 2004, 153 = DÖV 2004, 445) die Ansicht, dass das staatliche Sportwettenmonopol eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG) und des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 49 EG) darstelle. Er begründet dies unter Hinweis auf die Gambelli-Entscheidung des EuGH (a. a. O.) mit der breit angelegten Werbung der staatlichen Lotteriegesellschaften für Oddset-Wetten, die dazu dienen solle, „mit den Einnahmen kostenintensive öffentliche Vorhaben und Veranstaltungen, u. a. die Fußballweltmeisterschaft 2006, zu finanzieren oder zu unterstützen und Haushaltsdefizite auszugleichen“. Auch wenn der Hess. VGH diesen Beschluss inzwischen gemäß § 80 Abs. 7 VwGO korrigiert hat (Beschl. v. 27. 10. 2004, a. a. O.), weil sich das auf der Isle of Man ansässige Wettunternehmen nicht auf die Vorschriften des EG-Vertrages berufen könne, ist nichts dafür erkennbar, dass er damit seine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken aufgegeben hat. Auch das Sächsische OVG (Beschl. v. 22. 12. 2004 - 3 BS 28/04 -) geht davon aus, dass von einer beabsichtigten Eindämmung der durch die Oddset-Wetten bestehenden Gefahren für die Bürger durch die staatliche Monopolisierung jedenfalls dann keine Rede mehr sein kann, wenn diese - was der Fall sei - von den staatlichen Lotteriegesellschaften in den Medien beworben würden, so dass im Ergebnis ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vorliegen könnte.

Das OVG NRW (Beschlüsse v. 14. 5. 2004, GewArch 2004, 338 = NVwZ-RR 2004, 653, u. v. 30. 9. 2004 - 4 B 1961/04 -) hält die aufgrund der Gambelli-Entscheidung gebotene Prüfung des Werbeverhaltens der staatlichen oder zumindest durch öffentlich-rechtliche Körperschaften beherrschten Wettanbieter im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens wegen der notwendigen umfänglichen Aufklärung und komplexen Bewertung nicht für möglich, räumt aber dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung der betreffenden Untersagungsverfügung den Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse des Betreibers einer Wettannahmestelle für Sportwetten ein. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Beschlüsse jedoch aufgehoben und die Sache an das OVG NW zurückverwiesen (Beschl. v. 26. 8. 2004 - 1 BvR 1446/04 - u. v. 15. 12. 2004 - 1 BvR 2495/04 -). Das Oberverwaltungsgericht habe nicht überzeugend begründet, weshalb ihm eine Bewertung des Verhaltens der staatlichen Wettanbieter nach mehr als einjähriger Prüfung anhand der vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien nicht möglich sei. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem angekündigt, im Laufe dieses Jahres eine umfassende Klärung der Frage der Zulässigkeit privaten Vermittlung von Sportwetten herbeizuführen.

Demgegenüber sehen der BayVGH (Beschl. v. 11. 1. 2005, a. a. O., u. Urt. v. 29. 9. 2004, a. a. O.) und der VGH Bad.-Württ. (Beschl. v. 12. 1. 2005, a. a. O.) die durch das Verbot privat veranstalteter und vermittelter Sportwetten gegebene Beschränkung der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit auch unter Berücksichtigung der Gambelli-Entscheidung des EuGH aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls als gerechtfertigt an.

Auch die Meinungen im Schrifttum zu dieser Frage sind geteilt. Während die Einen eine Öffnung des Sportwettenmarktes zugunsten privater Anbieter fordern (vgl. z. B. Horn, Zum Recht der gewerblichen Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten, NJW 2004, 2047; Hoeller/Bodemann, Das „Gambelli“-Urteil des EuGH und seine Auswirkungen auf Deutschland, NJW 2004, S. 122; Ossenbühl, Der Entwurf eines Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland - Verfassungs- und europarechtliche Fragen, DVBl. 2003, 881; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 13. Aufl., S. 61 ff.; Jahndorf, Veranstaltung von Glücksspielen durch Private, VerwArch 2004, 359), verteidigen andere Autoren die bestehende restriktive ordnungsrechtlich geprägte Ausrichtung des Glückswesens (vgl. etwa Diegmann/Hoffmann, DÖV 2005, 45, u. „Der Tanz um’s goldene Lotto-Kalb“ - Zur Forderung einer Liberalisierung des öffentlichen Glücksspiels, NJW 2004, 2642; Tettinger, a. a. O.; Hübsch, a. a. O.; Dietlein, Anm. zur Entscheidung des Hess. VGH v. 9. 2. 2004, CR 2004, 374).

23Nach Auffassung des erkennenden Senats halten die Vorschriften des § 3 Abs. 2 NLottG und des § 5 Abs. 4 LottStV einer gemeinschaftsrechtlichen Überprüfung auch anhand der neueren Rechtsprechung des EuGH stand. Zwar ist es richtig, dass das dort enthaltene Verbot der privaten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten zu einer Beeinträchtigung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG) führt (vgl. EuGH, Urt. v. 6. 11. 2003, a. a. O.), doch sind diese Beschränkungen zulässig, da sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten (vgl. Art. 45 und 46 EG).

Nach weit überwiegender Meinung stellt das Urteil des EuGH vom 6. November 2003 (a. a. O.) keine Abkehr, sondern lediglich eine Bestätigung und Fortschreibung der bisherigen Rechtsprechung dar (vgl. Dietlein, a. a. O.; Tettinger, a. a. O.; Korte, a. a. O.). Bereits in der sog. Schindler-Entscheidung vom 20. März 1994 (C-275/92, NJW 1995, 2013) wurde die Befugnis der Mitgliedstaaten anerkannt, einem Ausufern des als sozial gefährlich angesehenen Glücksspiels mit den Mitteln des Ordnungsrechts entgegenzuwirken. In jener Entscheidung hielt der EuGH auch andere Gesetzeszwecke neben dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr für zulässig. So sei es legitim, wenn die Mitgliedstaaten verhindern wollten, dass die Veranstaltung zu Glücksspielen zu einer Quelle persönlicher Bereicherung würden, und wenn Lotterien in erheblichem Maße zur Finanzierung uneigennütziger oder im allgemeinen Interesse liegender Tätigkeit wie sozialer oder karitativer Werke, des Sports und der Kultur beitragen könnten (Tz. 60). Selbst ein vollständiges Verbot bestimmter Glücksspiele oder ein Ausschluss privater Veranstalter könnte im zwingenden Allgemeininteresse liegen und verhältnismäßig sein (Tz. 47 f. und 61). Der EuGH fügte aber später zur Klarstellung hinzu, dass die staatliche Regulierung in erster Linie wirklich dem Ziel dienen müsse, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und die Finanzierung sozialer und gemeinnütziger Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein dürfe (Urt. v. 21. 10. 1999 - „Zenatti“ - a. a. O., Tz. 36). Diese gefestigte Rechtsprechung ist im Urteil vom 6. November 2003 (a. a. O.) einerseits fortgeführt, aber zugleich auch präzisiert und ergänzt worden. So hat der EuGH in dieser Entscheidung zunächst unter Hinweis auf frühere Urteile ausgeführt, sittliche, religiöse oder kulturelle Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spiel und Wetten einhergingen, könnten es rechtfertigen, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügten, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergäben (Tz. 63); Beschränkungen der Spieltätigkeiten könnten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie dem Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (Tz. 67). Weiter hat der EuGH erneut betont, dass derartige Beschränkungen wirklich dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern (Tz. 62), und dass sie auch geeignet sein müssten, die Verwirklichung ihrer Ziele „in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen“ (Tz. 67); Einnahmen dürften nur eine „erfreuliche Nebenfolge“ sein (Tz. 61 und 62). Diese Feststellungen halten sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung. Einen neuen Akzent setzt dagegen die Aussage, dass sich die Behörden eines Mitgliedstaates nicht auf die öffentliche Sozialordnung berufen könnten, um Beschränkungsmaßnahmen der vorliegenden Art zu rechtfertigen, wenn sie „die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen“ (Tz. 69). Die Einschätzung, ob das mitgliedstaatliche Glücksspielrecht diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben genüge, komme allerdings allein den nationalen Gerichten zu (Tz. 66 und 75). An den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des EuGH wird deutlich, dass er sich im Wesentlichen auf die gleichen Erwägungen stützt, die auch in der verfassungsrechtlichen Diskussion in Deutschland eine Rolle spielen. Letztlich fordert er eine strikte Orientierung der für das Glücksspielrecht zuständigen Gesetzgebungskörperschaften und Behörden an rechtsstaatlichen Grundsätzen (so zutreffend Tettinger, a. a. O., S. 54).

25Die Antragstellerin nimmt zu Unrecht an, dass es dem Land Niedersachsen - ebenso wie den anderen Bundesländern - mit der Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols nicht vorrangig um eine Eindämmung der Spielleidenschaft und den Verbraucherschutz, sondern in Wahrheit um die Erzielung von Einnahmen und damit um fiskalische Zwecke gehe. Für die Berechtigung dieser Behauptung fehlen tragfähige Grundlagen. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, stellen Bundes- und Landesgesetzgeber bis in die Gegenwart hinein die Ziele der Gefahrenabwehr in den Vordergrund. Den einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien lassen sich aussagekräftige Hinweise auf eine rein fiskalische Motivation des Ausschlusses privater Anbieter vom Sportwettenmarkt nicht entnehmen. Dass die primär ordnungsrechtliche Zielsetzung des NLottG und des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland nicht durch die Mitverfolgung finanzieller Abschöpfungszwecke als „erfreuliche Nebenfolge“ im Interesse der Förderung sozialer und gemeinnütziger Aktivitäten in Frage gestellt wird, hat der Senat bereits an anderer Stelle unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. zuletzt Urt. v. 6. 11. 2003, a. a. O., Tz. 62) ausgeführt. Im Hinblick auf die Bedenken des Hess. VGH (Beschl. v. 9. 2. 2004, a. a. O.) ist darauf hinzuweisen, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 1 des Staatsvertrags über die Bereitstellung von Mitteln aus den Oddset-Sportwetten vom 13. Juni 2002 (Nds. GVBl. S. 703) die von den Ländern abgeführten Beträge nur für gemeinnützige Zwecke in Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland verwendet werden dürfen, insbesondere für Talentförderung, Familiensporttage, kulturelle Rahmenprogramme, völkerverbindende Projekte und Vorhaben im Bereich des Breiten-, Jugend- und Behindertensports. Möglicherweise könnten die deutschen Bundesländer ihre fiskalischen Interessen sogar besser über eine Liberalisierung des Glücksspielmarktes mit entsprechend höheren Steuereinnahmen wahren (vgl. Tettinger, a. a. O., S. 54; Dietlein, a. a. O., S. 374). Der gelegentlich - auch von einzelnen Gerichten - erhobene Vorwurf, der deutsche Staat schiebe ordnungspolitische Motive lediglich vor, um die unliebsame private Konkurrenz aus dem lukrativen Sportwettenmarkt zu verdrängen (vgl. Der Spiegel 8/2005, S. 76), lässt sich jedenfalls nicht durch konkrete Fakten belegen.

26Im übrigen können bei der Interpretation der Gambelli-Entscheidung des EuGH die Besonderheiten der dortigen Sachverhaltskonstellation nicht außer acht gelassen werden. Zwar ging es ebenfalls um das Verbot der Vermittlung von im Inland (Italien) nicht genehmigten Sportwetten eines ausländischen Buchmachers, doch wurde die italienische Rechtslage geprägt durch eine in den Gesetzesmaterialien deutlich werdende fiskalische Motivation des staatlichen Sportwettenmonopols (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12. 1. 2005, a. a. O.; Dietlein, a. a. O., S. 374). Derartige rein wirtschaftsprotektionistische Züge lassen sich aber in Deutschland - wie bereits erwähnt - nicht feststellen (vgl. dazu auch Korte, a. a. O., S. 1451 f.).

27Die Antragstellerin macht ferner geltend, das Land Niedersachsen unternehme keine ernsthaften Anstrengungen, der aggressiven Werbepraxis der Toto-Lotto-Niedersachsen GmbH für Oddset-Sportwetten wirksam entgegen zu treten. Es trage deshalb mittelbar zur Erschließung eines neuen Kundenkreises und zur Ausweitung der Spielgelegenheiten bei, was der Forderung des EuGH nach wirksamer Eindämmung des Glücksspiels zuwider laufe. Der Senat verkennt nicht und dies wird auch durch die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen mit vielen Beispielen bestätigt, dass die im Deutschen Toto- und Lottoblock zusammengeschlossenen Veranstalter eine massive und breit angelegte Werbung für die Beteiligung der Bevölkerung an Oddset-Sportwetten betreiben. Dies führt aber nicht dazu, durchgreifende verfassungs- bzw. europarechtliche Zweifel an der Zulässigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung, privaten Veranstaltern den Zugang zum Sportwettenmarkt nicht zu ermöglichen, aufkommen zu lassen. Abgesehen davon, dass nicht ohne weiteres erkennbar ist, warum sich ein etwaiges Fehlverhalten der rechtlich selbständigen Toto- und Lottogesellschaften auf das legislativ abgesicherte staatliche Sportwettenmonopol auswirken soll (vgl. Korte, a. a. O., S. 1452), sieht § 4 Abs. 3 Satz 1 LottStV ausdrücklich vor, dass Art und Umfang der Werbemaßnahmen für Glücksspiele angemessen sein müssen und nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 stehen dürfen. Zum anderen ist die Überlegung nicht von der Hand zu weisen, dass der Staat seine Aufgabe, die natürliche Neigung des Menschen zum Spiel in einem ordnungspolitisch vertretbaren Rahmen zu befriedigen und zu kanalisieren, wegen der privaten Konkurrenz nur dann effektiv erfüllen kann, wenn für das staatliche Wettangebot offensiv und in größerem Umfang geworben wird, um auf diese Weise zu versuchen, ein Abwandern von Spielern in illegales bzw. ausländisches Glücksspiel zu verhindern (so VGH Bad.-Wprtt., Beschl. v. 12. 1. 2005, a. a. O.; OVG NRW, Beschl. v. 30. 9. 2004, a. a. O.; VG Stade, Beschl. v. 27. 11. 2003, GewArch 2004, 206). Dies gilt um so mehr, als die Erträge aus Oddset-Sportwetten sich in einer rückläufigen Entwicklung befinden sollen, was auf andere - teilweise nicht legalisierte - Glücksspielangebote, die insbesondere über das Internet vermarktet werden, zurückgeführt wird (vgl. Diegmann/Hoffmann, a. a. O., DÖV 2005, S. 51 f.; die Zeitungsberichte in FAZ v. 11. 3. 2005, S. 1 f. sowie in SZ v. 5./6. 2. 2005, S. 12 und v. 2. 2. 2005, S. 14).

Die Antragstellerin rügt ferner, die Materialien zum Niedersächsischen Lotteriegesetz ließen auch die vom EuGH im Urteil vom 13. November 2003 (C-42/02 - „Lindman“ -, Tz. 25 f.) geforderte begleitende Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen vermissen, so dass auch aus diesem Grund das staatliche Sportwettenmonopol in Niedersachsen gemeinschaftsrechtswidrig sei. Dem vermag der Senat jedoch ebenfalls nicht zu folgen.

29Der VGH Bad.-Württ. hat im Beschluss vom 12. Januar 2005 (a. a. O., S. 16 f.) zu der vergleichbaren Situation in Baden-Württemberg Folgendes ausgeführt:

„Die Wendung in Randnr. 25 dieses Urteils, die Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedsstaat geltend gemacht werden könnten, müssten von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen begleitet werden, enthält bei Würdigung des Gesamtzusammenhangs dieser Entscheidung ganz offensichtlich keine Handlungsanweisung an die gesetzgebenden Instanzen der Mitgliedsstaaten, sondern eine Umschreibung des Prüfungsmaßstabs des EuGH; bei Berücksichtigung des bereits mehrfach erwähnten Gestaltungsspielraums der Mitgliedsstaaten besagt Randnr. 25 letztlich nur, dass das Fehlen derartiger Untersuchungen zu Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit je nach Fallgestaltung dazu führen kann, dass der EuGH Rechtfertigungsgründe nicht anerkennt. Ob dies der Fall ist, bedarf der Prüfung in jedem Einzelfall, wobei es ganz wesentlich auf eine Gesamtbetrachtung der vom jeweiligen Mitgliedsstaat erlassenen einschlägigen Regelungen - hier auf dem Gebiet des Glücksspiels - ankommt. Konkrete Untersuchungen zu Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit sind auf dieser Grundlage um so mehr erforderlich, je mehr das jeweilige mitgliedsstaatliche Verhalten in Richtung der oben unter Hinweis auf BVerwGE 114, 92, 102, erwähnten unauflöslichen Widersprüchlichkeiten weist, und umgekehrt wird sie um so entbehrlicher sein, je offener zutage liegt, dass die jeweilige mitgliedsstaatliche Regelung schon aus sich heraus „kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten“ beiträgt (EuGH, Urteil vom 06.11. 2003, a. a. O., Randnr. 67). Dass dies hier der Fall ist, bedarf nach den bisherigen Überlegungen keiner näheren Erörterung. Bei dieser Sachlage bedeutete isoliertes Abstellen auf das Fehlen äußerer Hinweise auf derartige begleitende Untersuchungen letztlich eine leere Förmelei, die vom EuGH erkennbar nicht gewollt sein kann.“

Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat auch für die Rechtslage in Niedersachsen an. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass - wie bereits erwähnt - zum Entwurf des Lotteriestaatsvertrages eine Anhörung stattgefunden hat, an der u. a. sowohl gewerbliche Spielvermittler als auch Spielsuchtverbände teilgenommen haben. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die zuständigen Gremien auch deren naturgemäß gegenläufigen Vorstellungen in ihre Überlegungen einbezogen haben. Hinzu kommt, dass es zu dem Gefahrenpotential von Glücksspielen (einschließlich Sportwetten) zahlreiche Studien und Untersuchungen auch neueren Datums gibt (vgl. Diegmann/Hoffmann, DÖV 2005, 48 f. und Tettinger, a. a. O., S. 51 und 56, jeweils mit Nachw.). Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen, da sie - wie nachstehend dargelegt wird - nicht entscheidungserheblich ist.

32Selbst wenn § 3 Abs. 2 NLottG und § 5 Abs. 4 LottStV verfassungs- und/oder gemeinschaftsrechtswidrig sein sollten, wäre die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten gleichwohl ohne behördliche Erlaubnis nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschl. v. 11. 1. 2005, a. a. O.; Hess. VGH, Beschl. v. 27. 10. 2004, a. a. O.; BGH, Urt. v. 1. 4. 2004, a. a. O.). Das in § 284 StGB normierte Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, soll gerade sicherstellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Erlaubnis vor Beginn des Glücksspiels geprüft werden können (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29. 6. 2000, DVBl. 2000, 1625 = GewArch 2000, 386). Selbst ein rechtswidriges Vorenthalten der erforderlichen Erlaubnis würde deshalb der Antragstellerin nicht weiter helfen. Etwas anderes könnte allenfalls unter dem Blickwinkel des Art. 12 Abs. 1 GG dann gelten, wenn dadurch eine verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Situation eintreten würde (vgl. zu diesem Gedanken VG Würzburg, Urt. v. 20. 1. 2005 - W 5 K 04.1026 -). Eine derartige Situation liegt hier jedoch nach dem oben Gesagten nicht vor. Ob, wann und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen mit einer (begrenzten) Öffnung des Sportwettenmarktes zugunsten privater Anbieter durch die zuständigen Gesetzgebungsorgane zu rechnen ist (vgl. zum gegenwärtigen Diskussionsstand FAZ v. 11. 3. 2005, S. 1 f.), kann derzeit nicht abgesehen werden, weil dies u. a. von der bevorstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Problematik und von dem Inhalt der geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie abhängen wird.

33Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin durch ihre Vermittlungstätigkeit zumindest objektiv eine nach §§ 284 Abs. 1, 27 StGB und § 16 NLottG strafbare Beihilfe zum Veranstalten eines Glücksspiels geleistet und damit gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des Nds. SOG verstoßen hat. Im Hinblick darauf, dass es grundsätzlich im öffentlichen Interesse liegt, die Verwirklichung von Straftatbeständen zu verhindern und ein milderes Mittel als die Untersagung nicht in Betracht kommen dürfte, spricht Überwiegendes dafür, dass das der zuständigen Behörde durch § 11 Nds. SOG eingeräumte Ermessen zu Lasten der Antragstellerin auf Null reduziert ist. Aber selbst wenn man hier Ermessenserwägungen für erforderlich halten sollte, sind keine nach §114 VwGO beachtlichen Fehler zu erkennen. Zwar hat die Bezirksregierung Hannover im angefochtenen Bescheid selbst keine ausdrücklichen Ermessenserwägungen angestellt, doch hat sie diese im Laufe des gerichtlichen Verfahrens in zureichender Weise nachgeholt (vgl. etwa die Schriftsätze vom 21. Mai und 21. August 2003 sowie vom 7. Januar 2004). Insbesondere hat sie im Einzelnen begründet, weshalb den im öffentlichen Interesse liegenden Zielen ein größeres Gewicht als den wirtschaftlichen Belangen der Antragstellerin zukomme. Da die von der Antragstellerin ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis aufgenommene Vermittlungstätigkeit von vornherein rechtswidrig war, kommt es bei der Prüfung einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung auch nicht auf die von der Antragstellerin zu ihren Gunsten angeführten Gesichtspunkte wie Begrenzung der Einsatz- und Verlusthöhe, die besondere Zuverlässigkeit, Seriosität und langjährige Erfahrung der Beigeladenen als konzessionierte Wettveranstalter und die existenzgefährdenden Folgen einer Untersagung für den Betrieb die Antragstellerin an.

Das öffentliche Interesse an der möglichst umgehenden Durchsetzung eines voraussichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts tritt im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise hinter das Interesse der Antragstellerin, einstweilen vom Vollzug der Untersagungsverfügung verschont zu bleiben, zurück. Zwar verkennt der Senat nicht, dass das Verbot des Bewerbens und Annehmens von Sportwetten der Beigeladenen, die nach Angaben der Antragstellerin ca. 75 % ihres Umsatzes ausmachen, wahrscheinlich zu einer Schließung der beiden Wettannahmestellen der Antragstellerin führen wird. Der Betrieb eines Gewerbes ist jedoch anerkanntermaßen nur schutzwürdig, soweit er im Einklang mit der Rechtsordnung steht. Die Antragstellerin muss sich entgegenhalten lassen, dass sie ein erhebliches Risiko eingegangen ist, als sie ihre Vermittlungstätigkeit ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis aufgenommen hat. Da ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, dass - auch vorübergehend - Verhaltensweisen unterbunden werden, die strafbar sind, ist es auch nicht unverhältnismäßig, die Fortsetzung der von der Antragstellerin rechtswidrig begonnenen Vermittlungstätigkeit unter Anordnung des Sofortvollzuges zu unterbinden (ebenso VGH Bad-Württ., Beschl. v. 12. 1. 2005, a. a. O. und BayVGH, Beschl. v. 11. 1. 2005, a. a. O. in ähnlichen Fällen). Darüber hinaus sprechen auch generalpräventive Gründe gegen ein Abwarten bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, da anderenfalls ein Anreiz zur Nachahmung für andere an Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten interessierte Personen und Unternehmen geschaffen werden würde (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 27. 10. 2004, a. a. O.).

Es besteht auch kein Anlass zur Aussetzung des Verfahrens, um - wie von der Antragstellerin angeregt - eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F. Dabei orientiert sich der Senat an dem Streitwertkatalog 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525). Der danach für ein Hauptsacheverfahren über eine Gewerbeuntersagung anzunehmende Mindestwert von 15.000,-- Euro (Nr. 54.2.1) ist für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Hälfte zu reduzieren (vgl. Nr. 1.5). Die unselbständige Zwangsgeldandrohung von 10.000,-- Euro wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus.