LG Chemnitz, Urteil vom 23.06.2009 - 7 O 359/09
Fundstelle
openJur 2009, 1226
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an den Kläger 25.113,- € Zu um Zug gegen Übertragung von 14 Zertifikaten TREAS.CO.B.V.BON.BARR.ZT.06 (22.11.13) NIKKEI225 (WKN A0LHVD) und 10 Zertifikaten TREAS.CO.B.V.EXPR.BONUS III ZT.07(07.03.11)SX5E (WKN A0MHVV) sowie 1.376,83 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 17.03.09, zu bezahlen.

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Es wird festgestellt, dass dem Kläger keine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Beklagten zu 2.) im Zusammenhang mit dem Kauf von 14 Stück Bonus Barriere Zertifikaten 06 (22.11.13) Nikkei 225, WKN: AOLHVD gemäß Kaufauftrag vom 04.01.07 sowie dem Kauf von 10 Stück Bonus Express Zertifikaten 07 (07.03.11) SX5E, WKN: AOMHVV gemäß Kaufauftrag vom 02.02.07 zustehen.

IV. Im übrigen wird die Zwischenfeststellungswiderklage abgewiesen.

V. Die Drittwiderklage wird abgewiesen.

VI. Die Kosten tragen die Parteien wie folgt:

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagte zu 1.) zu 1/2 und im übrigen der Kläger selbst.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) trägt diese selbst.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.) trägt der Kläger zu 1/2 und im übrigen dieser selbst.

Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten tragen die Beklagten zu 1.) und 2.) als Gesamtschuldner.

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 1/4 und die Beklagten 3/4.

VII. Das Urteil ist vorläufig Vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung, die 1/5 höher ist als der jeweils vollstreckte Betrag.

Beschluss:

I. Der Streitwert wird auf 26.850,83 € festgesetzt.

II. Das Verfahren wird hinsichtlich des Beklagten zu 3.) abgetrennt.

Tatbestand

Der Kläger unterhielt zusammen mit der Drittwiderbeklagten bei der ... als Rechtsvorgängerin und ursprünglichen Beklagten zu 1.) seit mehreren Jahren ein Wertpapierdepot als Oder-Konto. Weil er mit dem Kursverlauf der erworbenen Papiere unzufrieden war, führte er am 02.01.07 nach telefonischer Vereinbarung zusammen mit der Widerbeklagten, seiner Ehefrau, ein Gespräch mit den Mitarbeitern der Beklagten zu 1.), den Beklagten zu 2.) und 3.). Um Verluste auszugleichen, sollte er die über die »D... Vermögensverwaltung«erworbenen Papiere und Anteile an einem »Pazfik-Fonds« verkaufen und durch bessere Anlagen ersetzen. Der Kläger war zum damaligen Zeitpunkt 59 Jahre alt und wollte eine Altersvorsorge treffen. Risiken sollten bei Neuanlagen vermieden werden. Die Beklagte zu 1.) führte einen elektronischen Kontaktmanager, in den der Beklagte zu 2.) u. a. eintrug: »Kunde ... möchte zukünftig Anlagestrategie ändern in Richtung 60 % konservativ – 40 % Aktien.«

Die Beklagten zu 2.) und 3.) empfahlen dem Kläger den Erwerb des Bonus Barriere Zertifikats auf den Nikkei 225 (TREAS.CO.B.V.BON.BARR.ZT.06 (22.11.13)NIKKEI225) der inzwischen insolventen Investmentbank .... Das Produkt war ein aktienindexbezogenes Anlagezertifikats. Über eine siebenjährige Laufzeit des Zertifikats sollte geprüft werden, ob der aktuelle Stand des Referenzindex Nikkei 225 eine Barriere von 70 % des Ausgangswertes erreicht oder unterschreitet. War dies nicht der Fall, sollten am Laufzeitende mindestens 160 % des Ausgangswertes zurückgezahlt werden. Überstieg der Nikkei 225 am Laufzeitende das Niveau der Bonuszahlung, was 25.635,984 Punkten entsprach, folgte die Auszahlung dem höheren Indexstand unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses. Sank der Nikkei 225 während der Laufzeit auf ein Niveau unterhalb des Barrierewerts von 70 % des Ausgangswertes, erlosch das Recht auf den Bonusbetrag. Das Zertifikat sollte dann bei Laufzeitende im Verhältnis der Wertentwicklung des Nikkei 225 zurückgezahlt werden und entsprach damit einem Indexzertifikat mit fester Laufzeit. Solange die Barriere nicht unterschritten wurde, führte die Ausstattung des Zertifikats somit neben einer möglichen Bonuszahlung zu einer Risikoabsicherung bei einem Absinken des Index von nicht mehr als 29,99 %.

Chancen und Risiken des Zertifikats wurden im Prospekt wie folgt beschrieben:

• Einfache und transparente Produktstruktur
• Breite Diversifikation durch Bezug auf den Nikkei 225 Index
• Bonuszahlung am Laufzeitende, falls die festgelegte Barriere während der Laufzeit nicht unterschritten wird d.h. bei Indexständen bis 11.215,743 Punkten erfolgt eine Auszahlung von 1.600,- EUR je Zertifikat bzw. in Höhe des aktuellen Indexstandes falls höher unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnis
• Attraktive Mindestrendite durch Bonuszahlung bei stagnierender oder auch begrenzt rückläufiger Wertentwicklung des Index
• Einfacher und kostengünstiger Zugang zum japanischen Aktienmarkt
• Das Zertifikat ist währungsgesichert d.h. die Euro/Yen-Entwicklung ist für Wertentwicklung des Zertifikates am Laufzeitende irrelevant
• Die Gewinnchancen sind nach oben unbegrenzt
• Selbst bei Erreichen oder Unterschreiten der Barriere entsprechen die Chancen und Risiken denen eines normalen Indexzertifikates
• Überschaubarer Anlagehorizont durch begrenzte Laufzeit
• Rückgabemöglichkeit durch Börseneinführung am 16.04.2007
• Fallende Kurse des Index können zu Kursverlusten der Zertifikate führen
• Da sich die Höhe des Rückzahlungsbetrages am Indexstand am Fälligkeitstag orientiert, ist ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals -wie beim Index selbst- nicht ausgeschlossen
• Der Anleger partizipiert nicht an den Dividenden, die von der dem Index zugrunde liegenden Aktiengesellschaften während der Laufzeit ausgeschüttet werden
• Aufgrund der Struktur des Zertifikates kann es während der Laufzeit zu negativen Abweichungen der Wertentwicklung des Zertifikates im Vergleich zu Wertentwicklung des Index kommen
• Sofern der Stand des Index die festgelegte Barriere während der Laufzeit des Zertifikats unterschreitet oder erreicht, entfällt der Anspruch auf Zahlung des Bonusbetrags
• Der Anleger trägt das Bonitätsrisiko des Emittenten ( )

Hervorgehoben wird ferner die Möglichkeit stärkerer Kursschwankungen vor allem bei Annäherung des Aktienkurses an die Barriere.

Der Kläger erwarb am 04.01.07 aufgrund der Empfehlung der Beklagten zu 2.) und 3.) 14 Zertifikate im Gesamtwert von 15.113,- €.

Weiter erwarb der Kläger aufgrund der gegebenen Empfehlung für 10.000,- € ...-Zertifikate »TREAS.CO.B.V.EXPR.BONUS III ZT.07(07.03.11)SX5E«. Bei diesem Zertifikat sollte über die vierjährige Laufzeit an insgesamt drei feststehenden Stichtagen geprüft werden, ob der aktuelle Stand des Referenzindex Dow Jones Euro STOXX 50 über dem Ausgangswert von 4.228,39 Punkten, dem Indexstand vom 02.02.07, lag oder diesem entsprach. War dies der Fall, wurde das Zertifikat vorzeitig zu seinem Nominalwert von 1.000,- € zurückgezahlt. Zusätzlich erhielt der Anleger bei Rückzahlung nach einem Jahr 88,- €, nach zwei Jahren 176,- € und nach drei Jahren 264,- € (= 8,8% des Nominalwerts pro Jahr). Wenn der DJ EuroSTOXX 50-Index während der gesamten Laufzeit des Zertifikats um bis zu 39% unter das Ausgangsniveau sank, erzielte der Erwerber des Zertifikats nach vier Jahren aus einer Anlage von 1.000,- € einen Ertrag von 352,- €, verglichen mit einem Verlust von 399,- € bei einer Aktienanlage. Bei einem Absinken von 40 % oder mehr entfielen Bonus und Risikobegrenzung, so dass der Auszahlungswert am Ende der Laufzeit vollständig der Wertentwicklung des Index entsprach, begrenzt auf einen Auszahlungsbetrag von 1.352,- €.

Chancen und Risiken des Zertifikats wurden im Prospekt wie folgt beschrieben:

• Das Zertifikat gewährt die Chance auf eine überdurchschnittlich hohe jährliche Rendite
• Absicherung inklusive: Rückzahlung zum Bonuslevel (135,2% des Emissionspreis) am Laufzeitende, sofern der Index seine Barriere von 60% des Ausgangswert während der Laufzeit nicht berührt oder unterschritten hat und keine vorzeitige Rückzahlung erfolgt ist
• Chance auf kurze Kapitalbindung bei unverändertem oder höherem Indexstand an den Beobachtungstagen
• Überschaubarer Anlagehorizont aufgrund der Maximallaufzeit von 4 Jahren und 1 Monat
• Veräußerungsmöglichkeit im Freiverkehr an der Börse Frankfurt ab dem 01.08.2007
• Bei Kursanstieg des Index ist die Rendite auf den festgelegten Zusatzbetrag beschränkt
• Kursverluste des dem Zertifikat zugrunde liegenden Index kann zu Kursverlusten des Zertifikats führen
• Während der Laufzeit anfallende Dividenden werden nicht an den Anleger ausgeschüttet
• Das Zertifikat ist während der Laufzeit Markteinflüssen (z.B. Volatilität, Basiswertentwicklung, Zinsen, Dividendenerwartung) unterworfen, Kursverluste sind somit möglich. Es besteht das Risiko des Totalverlustes am Ende der Laufzeit
• Der Anleger trägt das Bonitätsrisiko des Emittenten

Der Kläger erwarb am 02.02.07 aufgrund der Empfehlung der Beklagten zu 2.) und 3.) 10 Zertifikate im

Gesamtwert von 10.000,- €.

Emittentin beider Zertifikate war die ..., garantiert wurden die Verpflichtungen der Emittentin von der .... Diese war noch 2007 mit einer Bilanzsumme von 691 Mrd. US-$ die viertgrößte Investmentbank der USA, beschäftigte weltweit etwa 28.600 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 59 Mrd. US-$. Die Bank wurde zum Zeitpunkt des Erwerbs der streitgegenständlichen Zertifikate allgemein als bonitätsmäßig einwandfrei beurteilt. Erst im Zusammenhang mit der Insolvenz im September 2008 senkten die Rating-Agenturen ihre Bewertung auf nicht investitionswürdig.

Die Beklagte zu 1.) schloss Wertpapiergeschäfte über Zertifikate als Festpreisgeschäfte ab und verkauft diese weiter an den Erwerber zum vereinbarten Kaufpreis. Vorliegend erhielt sie hierauf eine einmalige Vergütung von 3,5 %.

Auf Vergütungen und Provisionen für den Verkauf der Zertifikate wurde der Kläger nicht hingewiesen.

Im September 2008 teilte die Beklagte zu 1.) Dem Kläger mit, dass die Bank ... Gläubigerschutz nach US-Insolvenzrecht beantragt hat. Die erworbenen Zertifikate sind wertlos. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte außergerichtlich vergeblich auf, Schadenersatz und eine 5 %-ige Verzinsung für das Anlagekapital zu leisten.

Der Kläger behauptet, ein Prospekt oder schriftliche Unterlagen seien ihm vor Erwerb der Zertifikate nicht ausgehändigt worden. Auch habe er erklärt, dass wegen seines bevorstehenden Eintritts in das Rentenalter nur Anlagen ohne Verlustrisiko in Betracht kämen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 25.113,- € Zu um Zug gegen Übertragung von 14 Zertifikaten TREAS.CO.B.V.BON.BARR.ZT.06 (22.11.13)NIKKEI225 (WKN A0LHVD) und 10 Zertifikaten TREAS.CO.B.V.EXPR.BONUS III ZT.07(07.03.11)SX5E (WKN A0MHVV) sowie 1.376,83 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen

sowie widerklagend

festzustellen, dass dem Kläger keine Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) im Zusammenhang mit dem Kauf von 14 Stück ... Bonus Barriere Zertifikaten 06 (22.11.13) Nikkei 225, WKN: AOLHVD gemäß Kaufauftrag vom 04.01.07 sowie dem Kauf von 10 Stück ... Bonus Express Zertifikaten 07 (07.03.11) SX5E, WKN: AOMHVV gemäß Kaufauftrag vom 02.02.07 zustehen

und weiter im Wege der Drittwiderklage,

festzustellen, dass der Drittwiderbeklagten keine Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) im Zusammenhang mit dem Kauf von 14 Stück ... Bonus Barriere Zertifikaten 06 (22.11.13) Nikkei 225, WKN: AOLHVD gemäß Kaufauftrag vom 04.01.07 sowie dem Kauf von 10 Stück ... Bonus Express Zertifikaten 07 (07.03.11) SX5E, WKN: AOMHVV gemäß Kaufauftrag vom 02.02.07 zustehen.

Kläger und Drittwiderbeklagte beantragen,

die Widerklagen abzuweisen.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.05.09 Bezug genommen.

Der Rechtsstreit wurde durch Beschluss der Kammer vom 27.05.09 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Gründe

Die zulässige Klage ist gegen die Beklagte zu 1.) begründet und im übrigen unbegründet, die Zwischenfeststellungswiderklage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Die Drittwiderklage ist unzulässig.

Das Gericht entscheidet gem. § 348 a I ZPO durch den Einzelrichter.

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Chemnitz ist sachlich und örtlich zuständig, §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG, 13 ZPO.

Die Zwischenfeststellungswiderklage ist gem. § 256 II ZPO ebenfalls zulässig.

Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wird nicht schon durch die mit der Klage verfolgten Anträge vollständig geklärt (vgl. Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, Bearb.: Greger, § 256 ZPO, Rn. 26). Die umfassende Feststellung einer Pflicht der Beklagten zum Ersatz weiterer Schäden ist nicht streitgegenständlich.

Bei einer negativen Feststellungsklage ergibt sich das Interesse an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung regelmäßig daraus, dass mit der richterlichen Feststellung die Führung eines neuerlichen Rechtsstreits über einen Anspruch ausgeschlossen wird, der nur teilweise eingeklagt worden ist oder dessen sich der Gegner jedenfalls außergerichtlich berühmt hat. Die Beklagte kann sich hier nur dann sicher sein, dass es nicht zu einem Rechtsstreit zwischen dem Widerbeklagten und ihr kommen wird, wenn das Nichtbestehen der schon mit der Klage verfolgten Ansprüche in diesem Rechtsstreit mit Rechtskraft auch gegenüber dem Widerbeklagten festgestellt wird. Der erklärte Verzicht des Klägers über die außergerichtlich zusätzlich geltend gemachten Ansprüche ist deshalb nicht ausreichend und i. ü. auch nicht umfassend. Nur die Entscheidung über die beantragte umfassende negative Feststellung führt zur Klärung des gesamten Rechtsverhältnisses.

II.

Unzulässig ist die Drittwiderklage. Das besondere Feststellungsinteresse gem. § 256 I ZPO besteht nicht. Die Beklagten tragen keinen Sachverhalt vor, aus der sich ein solches ergibt. Sie beziehen sich lediglich auf die Verfügungsberechtigung aus dem Oder-Depot-Vertrag. Pflichtverletzungen hieraus sind aber nicht Gegenstand der Klage. Vielmehr ist Klagegegenstand die behauptete Verletzung einer Anlageberatung.

Bei einem Oder-Depot ist zwischen den Rechten aus dem Depotverwahrungsvertrag und der Eigentumslage an den Wertpapieren selbst zu unterscheiden. Zwar gilt grundsätzlich die Vermutung gem. § 1006 BGB, nicht aber, wenn sich aus dem Parteiwillen etwas anderes ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.97, XI ZR 321/95; OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.08.07, 1 U 63/07).

Weder sind die Beklagten dem Vortrag, der Kläger allein habe die Wertpapiere erworben und sich im Vorfeld beraten lassen, entgegengetreten, noch haben sie selbst Umstände vorgetragen, aus denen eine Einbeziehung der Drittwiderbeklagten in die den Erwerb der Papiere betreffenden Verträge ersichtlich ist.

Die Drittwiderbeklagte hat sich Ansprüche wegen Pflichtverletzungen hieraus auch nicht berühmt.

III.

Die gegen die Beklagte zu 1.) gerichtete Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch, im Wege des Schadenersatzes gem. §§ 280 I, 249 BGB so gestellt zu werden, als habe er die streitgegenständlichen Zertifikate nicht erworben.

Die Beklagte zu 1.) hat fehlerhaft beraten. Das Handeln der Beklagten zu 2.) und 3.) ist der Beklagten zu 1.) gem. § 278 BGB zuzurechnen.

1. Der Abschluss eines Beratungsvertrags ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Parteien haben ausdrücklich einen Beratungstermin vereinbart. Besprochen werden sollte die Wertentwicklung des Depots und die sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Im übrigen wird ein Beratungsvertrag auch stillschweigend abgeschlossen, wenn -gleichgültig auf wessen Initiative- im Zusammenhang mit einer Geldanlage eine Beratung oder Auskunft tatsächlich stattfindet. Insofern reicht es aus, wenn der Berater oder Vermittler erkennt, dass der Kunde die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen und das Ergebnis der Beratung bzw. der Auskunft zur Grundlage seiner Anlagenentscheidung machen will (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.00, III ZR 62/99; Urteil vom 09.07.93, XI ZR 12/93; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.07.06, 2 U 129/04). Unerheblich ist, ob die Beratung gesondert vergütet wird. Die Vereinbarung eines Honorars ist für die Annahme eines Beratungsvertrags nicht zwingen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 04.03.87, IVa ZR 122/85).

Von einem Anlageberater, den der Kapitalanleger im allgemeinen hinzuziehen wird, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat, erwartet er dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitergehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weit reichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (BGH,Urteil vom 25.11.81, IVa ZR 286/80; Oberlandesgericht des Landes Sachsen, Urteil vom 27.07.06, 2 U 129/04).

2. Die Beratung muss anlage- und anlegergerecht sein. Ein Anlageberater schuldet richtige und vollständige Informationen über die für den Anlageentschluss wesentlichen tatsächlichen Umstände (anlagegerechte Information). Darüber hinaus schuldet er deren fachkundige Bewertung und Beurteilung unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, Anlageziele und Risikobereitschaft des Anlegers (anlegergerechte Beratung) (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.09.01, 9 U 1725/00).

a. Ihre Beratungspflichten hat die Beklagte zu 1.) noch nicht dadurch verletzt, dass sie den Kläger bei Abschluss des streitgegenständlichen Geschäfts über die ihr zugeflossenen Provisionen nicht aufgeklärt hat.

Ein Anlageberater, der ein Produkt empfiehlt, ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich verpflichtet, den Kunden unabhängig von deren Höhe über etwaige Rückvergütungen aufzuklären. Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, hat ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Gleiches gilt, wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an dem empfohlenen Produkt durch Rückvergütungen verdient. Auch dann sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.06, XI ZR 56/05 zu § 31 I Nr. 2 WpHG). Dieser für den Anwendungsbereich des WpHG aufsichtsrechtlich normierte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten ist nicht hierauf beschränkt. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden grundsätzlich über etwaige Rückvergütungen aufzuklären (BGH, Beschluss vom 20.01.09, XI ZR 510/07). Dem Umsatzinteresse der Bank steht die dem Kunden geschuldete Vertragspflicht gegenüber, unabhängig unter den auf dem Markt angebotenen Produkten das geeignetste zu empfehlen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 18.03.09, 301 O 26/08). Lässt sich die Bank von der Fondsgesellschaft oder einem Emittenten für die Vermittlung von Beteiligungen eine Vergütung versprechen, besteht ein Interessenkonflikt und daher eine potenzielle Gefährdungssituation für den Anleger. Nur die Aufklärung des Kunden darüber versetzt ihn in die Lage, selbst zu entscheiden, ob er auf die Beratung vertraut oder nicht. Sie gibt ihm möglicherweise Veranlassung, kritisch nachzufragen und andere Informationsquellen zu nutzen. Anlageberater nehmen in besonders großem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch. Es ist geboten, dass der Anlageberater den Interessenten über diesen Interessenkonflikt informiert, um diesen in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Ein Anlageberater genügt seinen Hinweispflichten zwar, wenn die ihm versprochene Rückvergütung in dem Prospekt offengelegt wird. Eine Aufklärung durch Angaben in einem Prospekt erfolgt aber nur dann pflichtgemäß, wenn dieser so rechtzeitig übergeben wurde, dass sich die Anleger mit seinem Inhalt vertraut machen konnten (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2007, XI ZR 320/06).

Grundsätzlich folgt das Gericht der Ansicht, die Anteile an Investmentfonds betreffende BGH- Entscheidung, bestätigt durch Urteil vom 12.05.09, XI ZR 586/07, sei auf andere Produktarten anzuwenden, die über Banken vertrieben werden. Entscheidend ist, dass der Kunde das Eigeninteresse seines Beraters einschätzen kann. Unerheblich ist prinzipiell die Höhe und somit auch, ob diese unter- oder oberhalb der 15 %-Grenze für Innenprovisionen liegen. Während die Aufklärung über Innenprovisionen und Weichkosten zu fordern ist, damit der Kunde den Wert des Anlageprodukts beurteilen kann, geht es vorliegend um die Offenlegung eines möglichen Interessenkonflikts (vgl. hierzu: jurisPR-BKR 3/2009 Anm. 1, Buck-Heeb). Zwar muss jedem Kunden bewusst sein, dass eine Beratung nicht aus altruistischen Motiven erfolgt; zur Bewertung des Umsatzinteresses der Bank ist er aber ohne entsprechende Aufklärung nicht in der Lage.

Fraglich ist hier aber, ob die vorliegende Vergütung eine Rückvergütung i. S. der Rechtsprechung des BGH ist. Die Beklagte zu 1.) erhält von der Emittentin einen Abschlag auf den Kaufpreis für den Erwerb und verkauft weiter an den Anleger zum festgelegten Ausgabepreis. In der Spanne liegt ihr Gewinn. Werden Anteile an Investmentfonds veräußert, erwirbt der Kunde mit einem an die Fondsgesellschaft zu bezahlenden Ausgabeaufschlag. Bezahlt diese einen Teil hieraus zurück an die Bank, besteht die Gefahr, dass sie nicht unbeeinflusst von dieser Aussicht auf Rückzahlung berät. Insbesondere im Vergleich zu Alternativ-Fonds von Gesellschaften, die keine Rückvergütung gewähren, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Empfehlungen unbeeinflusst ausgesprochen werden. Werden aber Papiere von der Emittentin mit einem Preisabschlag, sei es auch in jedem Einzelfall für den Kunden, zunächst erworben, um sie dann weiterzuveräußern, handelt es sich um eine übliche Handelsspanne, mit der der Kunde rechnet. Billigerweise kann er nicht erwarten, ohne Vergütung beraten zu werden. Nach Auffassung des Gerichts ist bei dieser Sachlage eine Provision nur dann offenbarungspflichtig, wenn diese außergewöhnlich hoch ist. Hiervon kann bei einmalig 3,5 % insbesondere im Vergleich zu Investmentfonds, bei denen Ausgabeaufschläge von 5 % und mehr sowie Bestandsprovisionen üblich sind, nicht gesprochen werden. Der Preisabschlag ist der angemessene Handelsgewinn zu Lasten der Emittentin für den Vertrieb sowie die Beratung des Kunden, nicht eine Rückvergütung rein zur Verkaufsförderung.

Ferner kann vorliegen nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei Kenntnis der von den Beklagten unwidersprochen vorgetragenem Vergütung von 3,5 % von den streitgegenständlichen Geschäften Abstand genommen hätte. Nach dem Sachvortrag der Parteien deutet nichts darauf hin, dass der Kläger bei entsprechender Kenntnis auf eine Geldanlage verzichtet hätte. Seine diesbezügliche Behauptung ist nicht nachvollziehbar. Er hatte Erfahrungen mit Anlagegeschäften und wusste daher, dass üblicherweise Vergütungen zu zahlen sind. Diese liegen insbesondere bei Investmentfonds i. d. R. über 3,5 %. Eine Anlagemöglichkeit suchte er nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien, um Verluste aus vorangegangenen Geschäften auszugleichen und Erträge für seinen bevorstehenden Ruhestand zu erwirtschaften. Die streitgegenständlichen Anlagen versprachen eine Rendite bezogen auf einen mittelfristigen Anlagehorizont, bei der die gezahlte Provision vernachlässigbar ist. Anders als Aktienfonds oder Indexzertifikate, bei denen Kurssteigerungen erst bei Überschreiten der Aufschläge dem Anleger zugute kommen, sollten die streitgegenständlichen Zertifikate auch ohne Anstieg der zugrundeliegenden Indizes Gewinn erwirtschaften. Bei dieser Interessen- und Kenntnislage des Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass er auf die Geldanlage verzichtet oder eine weniger lukrative gewählt hätte. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens besteht hier nicht darin, dass er von dem Geschäft Abstand genommen hätte. Die Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzungen setzt voraus, dass es nur eine bestimmte Möglichkeit »aufklärungsrichtigen« Verhaltens gibt. Hingegen ist diese Vermutung nicht begründet, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.04, XI ZR 178/03).

b. Unerheblich ist hingegen ein zum Beratungs- und Erwerbszeitpunkt unterbliebener Hinweis auf das Emittentenrisiko.

Das Bonitätsrisiko der Emittentin und der Garantiegeberin, der US-amerikanischen Investmentbank ... und ihres Tochterunternehmens, war zu Beginn des Jahres 2007 vernachlässigbarer, theoretischer Natur (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 28.11.08, 2-19 O 62/08).

Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Hinweis gegeben werden muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei der Hinweis umso deutlicher und unmissverständlicher sein muss, desto realer die Gefahr eines tatsächlich eintretenden Totalverlustes ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 15.10.08, 23 U 348/05). Dies war aber vor der sogenannten »Subprime«- Krise, eine ausgesprochen fernliegende Möglichkeit.

Die 2007 entstandene Krise im »Subprime«-Segment des US-Hypothekenmarktes, löste weltweit Turbulenzen an den Finanzmärkten aus; vor dem Hintergrund einer starken Ausweitung von Kreditangeboten vieler Kredit- und Hypothekenbanken an Kunden mit schwacher oder sehr schwacher Bonität (»Subprime«-Markt), brach der US-Immobilienmarkt ein, als viele Kreditnehmer nach anfänglich niedrigen Tilgungsraten die dann ansteigenden Tilgungsraten nicht mehr tragen konnten und eine große Zahl der Immobilien mit Wertverlust verkauft oder versteigert wurde. Dies führte bei US-Banken und seit 2008 auch bei europäischen und asiatischen Banken zu Abschreibungen und Wertberichtigungen in Milliardenhöhe und zu heftigen Kursverlusten an den internationalen Börsen. Das Ausmaß der Krise zeichnete sich allerdings frühestens ab Frühjahr 2007 ab. Noch im I. Quartal des Jahres bewegte sich der Dow-Jones-Index zwischen 12.000 und 13.000 (Tiefststand: 05.03.07 - 12.050,41) Punkten. Die Aktie von ... notierte bei mehr als 70 US-$ (Tiefststand: 28.03.07 - 70,02 US-$). Der gemeldete Gewinn für das I. Quartal von 1,96 Dollar je Aktie traf die durchschnittliche Analystenprognose. Erst im Zuge der »Subprime«-Krise musste die Bank zunächst 3,3 Mrd. US-$ abschreiben. Im April 2008 hatte das Institut eine Kapitalerhöhung von 4 Milliarden US-Dollar durchgeführt, eine weitere in der Höhe von 5 Mrd. US-$ folgte im Juni 2008. Die Bank hatte am 10.09.08 verlauten lassen, dass sie Verluste in Höhe von 3,9 Mrd. US-$ für das dritte Quartal 2008 erwarte. Es wurde der Verkauf eines Mehrheitsanteils an der Investmentsparte, die Ausgliederung von Gewerbeimmobilien und weiteren illiquiden Vermögenswerten angekündigt. Als weitere Maßnahme sollte die Dividende auf 0,05 US-$ pro Aktie verringert werden. Am 15.09.08 meldete ... Insolvenz gemäß Chapter 11 an (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Lehman_Brothers; http://www.sueddeutsche.de/finanzen/195/310126/text/).

Soweit der Beklagte zu 2.), wie vom Kläger behauptet, sinngemäß geäußert hat, das Geld sei so sicher, wie bei der Bank, war das, wie der historische Rückblick zeigt, eine durchaus realistische Einschätzung.

c. Soweit der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2.) habe darauf hingewiesen, dass das eingesetzte Kapital auf jeden Fall zurückgezahlt werde, entsprach dies nicht der Ausstattung der streitgegenständlichen Zertifikate. Vielmehr folgte der Auszahlungsbetrag bei Unterschreiten der Barriere dem Stand des zugrundeliegenden Aktienindex. Eine entsprechende Zusicherung wäre falsch. Kursverluste waren nicht ausgeschlossen.

3. Allerdings kommt es auf die Klärung der streitigen Frage, ob eine Kapitalgarantie zugesagt wurde, nicht an. Die Beklagte hat nicht anlegergerecht beraten. Die verkauften Zertifikate entsprachen nicht dem Risikoprofil des Klägers.

Unstreitig wollte der Kläger den Aktienanteil in seinem Wertpapierdepot auf 40 % reduzieren. Dies hat die Beklagte zu 1.) im Kontaktmanager vermerkt. Sie wusste auch, dass aufgrund seines Alters und des bevorstehenden Ruhestands die Risikobereitschaft gesunken war.

Danach durfte die Beklagte zu 1.) die streitgegenständlichen Zertifikate nicht empfehlen.

Diese waren Aktienderivate und entsprachen schon deshalb nicht dem zugrunde gelegten Risikoprofil. Soweit die Beklagten meinen, das Risiko sei geringer als bei einer Direktanlage in Aktien, ist diese Bewertung nur eingeschränkt richtig. Sie gilt nur bis zu den als Barriere definierten Indexständen. Im Fall des Unterschreitens der Barriere unterschieden sich die Zertifikate nachfolgend nicht mehr von solchen, die den jeweiligen Index 1:1 abbilden. Den Beklagten ist zuzugeben, dass sich aus der Konstruktion ein gewisser Risikopuffer ergab; keinesfalls aber war die Möglichkeit des Unterschreitens der Barriere zu vernachlässigen. Die Votalität der Aktienmärkte ist seit dem Platzen der Internetblase im März 2000 erheblich gestiegen. Politische Ereignisse und Anschläge wie vom 11.09.01 führten zu erheblichen Kursausschlägen. Im Zuge der Globalisierung ist die Auswirkung von Ereignissen außerhalb der Kapitalmärkte auch nicht regional beschränkt. Der Indexstand des Nikkei hatte sich seit seinen Tiefstständen von 2003 bis zum Erwerbszeitpunkt der Zertifikate zeitweilig mehr als verdoppelt (Tiefststand: 24.04.03 - 7.699,50). Aufgrund dessen kann die Zielrichtung der streitgegenständlichen Zertifikate auch nicht darin gesehen werden, dem Anleger erhöhte Sicherheit zu bieten. Vielmehr sollte der Einschätzung Rechnung getragen werden, dass aufgrund der bis 2007 weitgehend erholten Märkte eine Seitwärtsbewegung eintreten würde. Keinesfalls konnten die Papiere als risikoreduzierte Anlagealternative zu Aktien angeboten werden. Dies bestätigt letztlich auch die Beklagte selbst, die in ihren Depotübersichten sämtliche Positionen dem Aktienanteil zurechnet. Im übrigen waren die Zertifikate auch mit einem zusätzlichen Risiko ausgestattet. Der Ausgabepreis war durch die Emittentin festgelegt. Eine Börseneinführung sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen mit der Folge, dass erst dann ein Marktpreis entstehen konnte. Während der Laufzeit bildete der Kurs nicht 1:1 den Indexstand ab. Eine ins Verhältnis gesetzte Rückzahlung war erst zum Laufzeitende garantiert. Daher bestand das Risiko zusätzlicher Kursverluste, wenn der Zertifikateinhaber die Papiere zwischenzeitlich veräußern wollte, insbesondere bei Annäherung des zugrundeliegenden Index an die definierte Barriere.

Es mag sein, dass die Empfehlung der Beklagten für einen Anleger mit längerfristigem Anlagehorizont sachgerecht sein konnte. Immerhin war, vom Insolvenzrisiko des Emittenten abgesehen, die Gefahr von Kursverlusten zum Ende der Laufzeit nicht höher, als bei einer Direktanlage in Aktien, noch dazu weit gestreut durch die Bezugnahme auf den Index. Den Nachteilen einer intransparenten Kursbildung und fehlenden Dividendenzahlung standen die zugesagten Bonuszahlungen gegenüber; dem langfristig orientierten Anleger verbleibt aber auch die Möglichkeit, selbst Kursverluste zum Laufzeitende durch Anschlussgeschäfte auszugleichen. Da die streitgegenständlichen Zertifikate nach Unterschreiten der Barriere einem Indexzertifikat entsprachen, könnte der Anleger im Anschluss ein solches erwerben, und auf wieder steigende Kurs setzen. Für den Kläger war dies aufgrund seines Alters, des bevorstehenden Ruhestands und der Änderung seines Risikoprofils keine Alternative.

Dahingestellt bleiben kann, welche Erfahrungen der Kläger tatsächlich im Wertpapierhandel, insbesondere mit Aktien und Derivaten hatte. Für die Beklagte als Bank war erkennbar, dass ihm jedenfalls der Charakter der streitgegenständlichen Papiere nicht bewusst war. Sonst ist nicht zu erklären, dass er diese erwarb, obwohl der doch den Aktienanteil seines Depots erheblich reduzieren wollte. Die Beklagte selbst hat eine zutreffende Einordnung vorgenommen. Sie musste ihn zumindest darauf hinweisen, dass dies nicht der Änderung seines Risikoprofils entsprach. Empfehlen durfte sie die Papiere in keinem Fall.

4. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger nachträglich zu einer zutreffenden Einschätzung gelangt ist, so dass ein Mitverschulden wegen Unterlassens eines zwischenzeitlichen Verkaufs ausscheidet.

Dahingestellt bleiben kann aus diesem Grund auch, ob der Kläger, wie von den Beklagten behauptet, bekundet hat, bei Vorhandensein weiterer Liquidität würde er erneut Zertifikate erwerben; es ist nicht ersichtlich, dass er dies auch bei Kenntnis des Risikos getan hätte. Die schon die Fortsetzung einer Spekulation trotz eingetretener Verluste lässt nicht darauf schließen, dass der Anleger das Erstgeschäft auch nach gehöriger Aufklärung abgeschlossen hätte, sondern ist eher darauf zurückzuführen, dass er sich trotz der Verluste über die Geschäftsrisiken nicht im klaren ist. Selbst ein nach dem Erstgeschäft erteilter warnender Hinweis rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil der Anleger diesem Hinweis unter dem Eindruck des Erstgeschäfts nicht mehr unvoreingenommen gegenübersteht (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.04, XI ZR 178/03, mwNw.).

5. Die Beklagte zu 1.) schuldet die Erstattung des Kaufpreises für die erworbenen Papiere Zug um Zug gegen deren Übertragung. Grundlage des Zug-um-Zug-Vorbehalts ist das dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnende Prinzip der Vorteilsausgleichung, das bewirkt, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten nur gegen Herausgabe der Vorteile erfüllt zu werden braucht, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen. Dies ist bereits in der Schadensberechnung zu berücksichtigen. Der Anspruch des Klägers ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile, die ihm aus dem aufgrund der fehlerhaften Beratung geschlossenen Kaufvertrag erwachsen sind, herausgegeben werden; dazu bedarf es keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schuldners (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.09, III ZR 28/08).

IV.

Ansprüche gegen den Beklagten zu 2.) bestehen nicht. Dieser ist ersichtlich für die Beklagte zu 1.) aufgetreten.

Anhaltspunkte für die Inanspruchnahme eines persönlichen Vertrauens bestehen ebenso wenig wie für vorsätzliches deliktisches Handeln.

1. Eine solche vertragliche Haftung des Vertreters erfordert, dass er ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Geschäft gehabt oder für sich persönlich besonderes Vertrauen in Anspruch genommen und damit die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat. Für die Annahme einer solchen Eigenhaftung des Vertreters genügt nicht ein nur mittelbares Interesse. Erforderlich ist vielmehr eine so enge Beziehung zum Vertragsgegenstand, dass der Verhandelnde gleichsam in eigener Sache tätig wird. Ein bloßes Provisionsinteresse genügt nicht. Die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens wäre anzunehmen gewesen, wenn der Beklagte zu 2.) zu erkennen gegeben hätte, er werde persönlich mit seiner Sachkunde neben der von ihr vertretenen Beklagten zu 1.) die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts gewährleisten (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.05, III ZR 71/05, mwNw.). Für keine der Alternativen hat der Kläger etwas vorgetragen. Nur das Berufen auf die eigene Sachkunde oder Vertrauenswürdigkeit reicht nicht aus. Vielmehr müsste ein eigenes Einstehen für das Geschäft unmissverständlich erklärt worden sein.

2. Eine Eigenhaftung gem. § 823 II BGB i. V. mit § 32 I Nr. WpHG kommt nicht in Betracht. § 32 II Nr. 1 WpHG ist kein Schutzgesetz. Vielmehr handelt es sich bei den Vorschriften des WpHG in erster Linie um aufsichtsrechtliche Regelungen, denen keine eigenständige schadenersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.08, XI ZR 170/07, mwNw.).

Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ist die Eigenhaftung des Vertreters im Rahmen vertraglicher Sonderverbindungen auf Ausnahmefälle beschränkt und an sehr hohe Voraussetzungen geknüpft. Die strikte Beschränkung der Eigenhaftung des Vertreters im Bürgerlichen Recht würde im Anwendungsbereich des § 32 II Nr. 1 WpHG ausgehebelt, wenn jede fahrlässige Verletzung einer Beratungspflicht über § 823 II BGB zu einer Haftung des Organs oder des Angestellten eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens führen würde. Die Haftungsvoraussetzungen für den Vertreter und den Vertragspartner als Vertretenen wären anders als bei allen Beratungspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs des WpHG identisch. Auch der nur leicht fahrlässig handelnde Angestellte eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens würde bei einer Pflichtverletzung gemäß § 32 II Nr. 1 WpHG ohne weiteres stets neben dem Unternehmen als Gesamtschuldner haften. Es würde also eine eigene, über die vorhandenen zivilrechtlichen Haftungstatbestände hinausgehende schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlage geschaffen. Nichts spricht dafür, dass der Gesetzgeber dies zu Lasten von einfachen Angestellten gewollt hat. Den in erster Linie aufsichtsrechtlichen Regeln des WpHG kommt keine eigenständige schadensersatzrechtliche Bedeutung zu.

3. Auch für eine vorsätzlich fehlerhafte Beratung ist nichts vorgetragen. Nur ein Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger- und objektwidrige Empfehlung abgibt und die Schädigung des um Rat fragenden Anlegers zumindest billigend in Kauf nimmt, ist dem Anleger wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet. Wird die Empfehlung aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens leichtfertig in unrichtiger Weise abgegeben, ist sie dann als sittenwidrig zu werten, wenn sie erkennbar für die Entschließung des Anlegers von Bedeutung ist und in Verfolgung eigener Interessen in dem Bewusstsein einer möglichen Schädigung des Anlegers abgegeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.08, XI ZR 170/07, mwNw.).

V.

Die erhobene Zwischenfeststellungswiderklage ist aus den genannten Gründen bezüglich der Beklagten zu 1.) unbegründet, bezüglich des Beklagten zu 2.) begründet.

VI.

Außergerichtliche Anwaltskosten kann der Kläger ebenfalls gem. § 249 BGB als auf die Falschberatung zurückzuführenden Schaden verlangen. Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war erforderlich und zweckmäßig (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl. 2009, Bearb.: Heinrichs, § 249 BGB, Rn. 39 mwNw.). Die Feststellung von Pflichtverletzungen aus fehlerhafter Anlageberatung ist rechtlich schwierig.

VII.

Zinsen kann der Kläger aufgrund Verzugs (§§ 286, 288 BGB) der Beklagten zu 1.) verlangen.

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung berücksichtigt die Feststellungsanträge, soweit diese über die Klageanträge hinausgehen, mit einem Abschlag von 20 % auf den außergerichtlich geforderten Mehrbetrag.

VIII.

Das Verfahren gegen den Beklagten zu 3.) war abzutrennen. Die Klage ist insoweit mangels Zustellung nicht rechtshängig.