Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.03.2001 - 1 L 593/00
Fundstelle
openJur 2012, 36765
  • Rkr:

1. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist auch für den isolierten Antrag zuständig, nach Abschluss eines Asylverfahrens erneut über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG 1990 zu entscheiden; einen Asylfolgeantrag muss der Ausländer dazu nicht gestellt haben. Die Bescheidung dieses Antrages setzt nicht voraus, dass sich die Rechtslage in einer § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG genügenden Weise geändert hat.

2. Angehörige der Gruppe der Bakongo sind in Angola derzeit nicht gezielten Diskriminierungen oder Maßnahmen im Sinne des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG 1990 ausgesetzt.

3. Ein erwachsener männlicher Angolaner hat derzeit nicht zu befürchten, bei Rückführung nach Angola wegen des dort herrschenden Bürgerkrieges und/oder der dort gegebenen Versorgung - insbesondere mit Lebensmitteln und medizinischen Gütern - gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schweren Verletzungen ausgesetzt zu werden.

4. Zum "realistischen Rückkehrszenario".

Tatbestand

Der Kläger wurde am ... 19.. in K. geboren und ist nach seinen Eltern angolanischer Staatsbürger. Im Juni 1990 reiste er über die damalige Tschechoslowakei in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte seinen ersten Asylantrag. Die nach Ablehnung des Antrages erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Dezember 1992 -- 3 A 300/92 -- als offensichtlich unbegründet ab.

Am 22. März 1993 stellte der Kläger einen Folgeantrag. Mit rechtskräftigem Urteil vom 6. November 1996 -- 3 A 2300/94 -- wies das Verwaltungsgericht auch diese Klage ab.

Unter Vorgabe zairisch/kongolesischer Staatsangehörigkeit stellte der Kläger in C. einen weiteren Asylantrag. Dieses Verfahren stellte das Bundesamt mit Bescheid vom 1. März 1994 ein, weil der Antrag gemäß § 33 AsylVfG als zurückgenommen galt.

Am 9. März 1999 stellte der Kläger den hier interessierenden Antrag festzustellen, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 53 AuslG vorliegen. Er machte u.a. geltend, die Lage in Angola habe sich nach Aufkündigung des 1994 abgeschlossenen Abkommens von Lusaka geändert. In Angola herrsche wieder Bürgerkrieg. Beide Bürgerkriegsparteien verübten schwere Menschenrechtsverletzungen. Ein Ende des Bürgerkriegs sei nicht abzusehen. Die Versorgungs- und Ernährungslage sei prekär. Banden marodierten in Luanda.

Durch Bescheid vom 8. April 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den als solchen aufgefassten Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte es ihm die Abschiebung nach Angola an; der Antragsteller könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, welche allein die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens rechtfertigten, lägen nicht vor.

Am 25. April 1999 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung seine Ausführungen aus dem Antrag vom 9. März 1999 wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er geltend gemacht, seine im Februar 1999 geehelichte Frau werde im Dezember 1999 niederkommen. Die Gesundheitsfürsorge für Schwangere und Säuglinge in Angola sei katastrophal.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 8. April 1999 zu verpflichten festzustellen, dass der Abschiebung des Klägers Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG entgegenstehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und ihren Bescheid verteidigt.

Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger werde im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein. Insgesamt bestünden drei Gefährdungen -- unsichere Ernährung, nicht ausreichende medizinische Versorgung, mangelhafte Sicherheitslage in einem total verminten Land --. Die Lage habe sich zwischenzeitlich so verschlechtert, dass von einer sicheren Rückkehr nicht gesprochen werden könne. Es könne kein Gebiet bezeichnet werden, in dem keine dieser drei Gefährdungen konkret vorliege.

Dagegen richtet sich die vom Senat durch Beschluss vom 18. Februar 2000 -- 1 L 4384/99 -- zugelassene Berufung. Zu deren Begründung macht der Beteiligte geltend, jedenfalls landesweit bestünden die vom Verwaltungsgericht erblickten Gefährdungen nicht. Zumindest im Küstenbereich sowie in der Landeshauptstadt Luanda gelte das vom Kläger aufgezeichnete Szenario nicht. Der Kläger sei aufgrund seines Alters auch nicht gesteigert gefährdet. Er sei weder als Kind noch als alt zu bezeichnen.

Der Beteiligte beantragt,

unter Änderung der angegriffenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend: Die Existenzbedingungen in Angola hätten sich u.a. in medizinischer und hygienischer Hinsicht aufgrund des Wiederaufflammens des zweiten Bürgerkrieges in einer Weise verschlechtert, dass er im Falle seiner Abschiebung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgeliefert würde. Der Bürgerkrieg habe mittlerweile von fast allen Landesteilen Besitz ergriffen. Das habe die ohnedies mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln und medizinische Betreuung auf ein menschenunwürdig geringes Maß verschlechtert. Die UN habe ihr Engagement im Jahre 1999 beendet. Der Friedensprozess sei zum Erliegen gekommen. Die Regierung habe den offenen Bürgerkrieg mit den UNITA-Rebellen wiederaufgenommen. Beide Bürgerkriegsparteien schreckten nicht davor zurück, Kinder und Erwachsene zwangszurekrutieren. Lokale Behörden begingen an Personen Menschenrechtsverletzungen, welche sie für Regimegegner oder Rebellen hielten. Private Hilfsorganisationen könnten die Versorgung nicht ausreichend sicherstellen, weil sie an Geldmangel litten und keine ausreichenden Transportmöglichkeit hätten. Deshalb empfehle auch der UNHCR, keine Personen nach Angola abzuschieben. Ganze Landstriche seien dort vermint. Luanda sei auch keine inländische Fluchtalternative. Täglich stürben rund 200 Personen allein an Unterernährung. Luanda sei hoffnungslos überfüllt. Banditen fielen über die Ärmsten der Armen her. Arbeitsmöglichkeiten bestünden nicht. Medizinische Versorgung könne nur gegen schweres Geld erlangt werden.

Die Beklagte stellt keinen Antrag. Sie unterstützt den Standpunkt des Beteiligten.

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, welche in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Berufung hat Erfolg.

Formelle Bedenken gegen ihre Statthaftigkeit und Zulässigkeit bestehen nicht. Die Berufung ist bereits in der Zulassungsantragsschrift hinreichend begründet worden.

Sie ist auch begründet. Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Kläger sein Begehren nicht an die Beklagte hätte richten können. Deren Zuständigkeit ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass der Kläger einen Asylfolgeantrag gestellt hätte. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar die von den Obergerichten kontrovers beantwortete Frage, ob das Bundesamt bei unbeachtlichen Asylfolgeanträgen auch über Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG Feststellungen zu treffen hat (bejahend: OVG Münster, Urt. v. 14.6.1995 -- 21 A 3520/94.A --; HessVGH, Beschluß v. 15.7.1997 -- 3 UZ 4074/95 --, Leitsatz in ESVGH 48, 155 = DVBl 1997, 1399; Volltexte jeweils in JURIS; so im Übrigen auch Hailbronner, Ausländergesetz, Kommentar, § 53 Rdnr. 9; verneinend OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 17.3.1993 -- 4 M 18/93 --, InfAuslR 1993, 279; BayVGH, Beschl. v. 3.5.1995 -- 11 AE 95.32300 --, EZAR 224 Nr. 26 = BayVBl 1995, 696 = ZAR 1995, 135 (L)), bejaht (Urt. v. 21.3.2000 -- 9 C 41.99 --, NVwZ 2000, 940 = InfAuslR 2000, 410). Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht u.a. auf Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, das Bundesamt wegen seiner besonderen Sachkunde bei auslandsbezogenen Sachverhalten zur Beschleunigung des Asylverfahrens sowie zur Vermeidung von Doppelzuständigkeiten für entscheidungskompetent zu halten (so z.B. schon Urt. v. 21.9.1999 -- 9 C 12.99 --, B VerwGE 109, 305 = DVBl 2000, 93 = EZAR 043 Nr. 41) sowie den Wortlaut des § 24 Abs. 2 AsylVfG verwiesen; dieser unterscheide nicht zwischen beachtlichen und solchen Asylfolgeanträgen, welche die Voraussetzungen des § 51 Absätze 1 bis 3 VwVfG nicht erfüllten und daher unbeachtlich seien.

Diese Gesichtspunkte begründen die Zuständigkeit der Beklagten noch nicht. Denn der Kläger hatte am 9. März 1999 keinen Asylfolgeantrag gestellt. Dazu hätte gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG gehört, erneut das Begehren an das Bundesamt heranzutragen, in der Bundesrepublik Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung oder zumindest den Schutz zu erlangen, den § 51 Abs. 1 AuslG als sog. kleines Asyl gewährt (§ 13 AsylVfG). Das hat der Kläger nicht getan. Sein Antrag war von vornherein, d.h. schon gegenüber dem Bundesamt, erst recht dann gegenüber dem Verwaltungsgericht darauf beschränkt, das Bundesamt möge feststellen, nunmehr seien in seiner Person die Voraussetzungen des § 53 AuslG erfüllt.

Gleichwohl ist das Begehren zulässigerweise an das Bundesamt herangetragen worden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dem Umstand, dass die Befugnis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse mit Bindungswirkung für die Ausländerbehörden festzustellen, in der Hand des Bundesamtes monopolisiert ist (vgl. auch den Gegenschluss aus § 42 Satz 2 AsylVfG), im Interesse des Ausländers Rechnung getragen werden können, wenn sich die Verhältnisse im Zielstaat nach seiner Behauptung in einer die Abschiebung ausschließenden Weise geändert haben. In einem solchen Fall hat das Bundesamt nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden ob die bestandskräftige Entscheidung über (das Fehlen der) Abschiebungshindernisse für die Zukunft Bestand haben kann. Dem Ausländer steht ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung dieses Ermessens zu. Die Ermächtigung zu einer neuen Entscheidung über die Abschiebungshindernisse ergibt sich aus § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Diese Entscheidung ist -- gerade weil kein Asylfolgeantrag gestellt wird -- nicht an die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gebunden. Diese Begünstigung rechtfertigt sich daraus, dass hier "nur" die Feststellung von Abschiebungshindernissen in Rede steht, welche die Vollziehbarkeit der Ausreiseaufforderung unangetastet lassen und nach der Rechts- (unter Umständen anders als nach der Tatsachen-)lage lediglich einen zeitlich begrenzten Aufschub gewähren (vgl. zum Vorstehenden Urt. v. 21.3.2000 -- 9 C 41.99 --, a.a.O. am Ende der Entscheidung; Einstellungsbeschluß v. 23.11.1999 -- 9 C 3.99 --, NVwZ 2000, 941 = Buchholz 402.25 § 71AsylVfG Nr. 5 unter Hinweis auf Urteil v. 7.9.1999 -- 1 C 6.99 --, NVwZ 2000, 204 = DVBl 2417 = EZAR 043 Nr. 39; zustimmend BVerfG -- 1. Kammer des 2. Senats --, Beschl. v. 21.6.2000 -- 2 BvR 1989/97 --, NVwZ 2000, 907 = DVBl 2000, 1279).

Die Eingabe des Klägers vom 9. März 1999 ist als ein solcher Antrag anzusehen, nach Ermessen in eine erneute Prüfung der Frage einzutreten, ob jedenfalls nach nunmehr gegebenem Stand der Dinge im Zielstaat Angola Abschiebungshindernisse i.S. des § 53 bestehen. Das hat das Bundesamt im Ergebnis zutreffend verneint.

Eine Anwendung des § 53 Abs. 1 bis 5 AuslG kommt nicht in Betracht. Das gilt namentlich im Hinblick auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geäußerte Sorge, er werde als Angehöriger des Volks der Bakongo im Falle der Rückkehr erhebliche Nachteile i.S. des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG zu gewärtigen haben. Dafür bestehen nach der vorhandenen Auskunftslage keine ausreichenden Anhaltspunkte. Das Institut für Afrikakunde hat in seiner Auskunft vom 15. Oktober 1998 an das Verwaltungsgericht München zwar ausgeführt, für Angehörige dieser Volksgruppe bestehe eine überdurchschnittliche Verfolgungsgefährdung, weil sich diese seit langem gesellschaftlich-politisch verankert habe im militärischen Kampf gegen die Zentralgewalt in Luanda. Schon diese Ausführungen belegen nicht, dass mit dem für die Anwendung des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG erforderlichen Grad an beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, jeder Angehörige dieser Volksgruppe werde im Falle seiner Rückkehr aufgrund der Volkszugehörigkeit mit einer der in § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG genannten Maßnahmen und Verfolgungen zu rechnen haben. Besondere Gründe, weshalb sich staatliche Verfolgung gerade auf die Person des Klägers konzentrieren sollte, hat dieser nicht geltend zu machen vermocht.

Es kommt selbständig tragend hinzu, dass die Angehörigen der Volksgruppe der Bakongo nicht gezielten Diskriminierungen oder gar Maßnahmen i.S. des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG ausgesetzt sind. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Ausführungen in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 8. Dezember 1999 und vom 15. November 2000 (jeweils S. 6). Danach tritt im Ausland zwar eine angebliche Unabhängigkeitsbewegung der Bakongo (Mukongo-Volk) auf. Diese Bewegung finde indes in Angola kein nennenswertes Echo. Die -- u.a. vom Kläger sowie anderen -- behaupteten Repressionen gegenüber den Bakongo seien nicht erwiesen, könnten aber auch nicht ausgeschlossen werden. Auch dies belegt, dass jedenfalls nicht mit dem zu fordernden Grade an Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, der Kläger werde wegen Zugehörigkeit zu den Bakongo im Falle seiner Rückkehr Maßnahmen i.S. des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG ausgesetzt sein.

Dem Kläger kann auch nicht Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG gewährt werden. Besondere, konkrete Gefahren, welche -- nur -- in Bezug auf seine Person bestehen (sollen), hat der Kläger mit Ausnahme der oben behandelten Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Bakongo nicht geltend gemacht. Solche sind auch nicht ersichtlich. Abschiebungsschutz kann (und will) der Kläger daher nur aufgrund der allgemeinen Gefahren beanspruchen, welche in Angola u.a. wegen der Bürgerkriegssituation bestehen. Haben die obersten Landesbehörden (mit dem unter Umständen erforderlichen Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern) nicht angeordnet, dass Abschiebungen gemäß § 54 AuslG auszusetzen sind, kommt die Gewährung von Abschiebungsschutz aufgrund allgemeiner im Zielstaat bestehender Gefahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt, nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht (vgl. zum Folgenden: Urt. v. 17.10.1995 -- 9 C 9.95 --, BVerwGE 99, 324 = DVBl 1996, 203 = EZAR 046 Nr. 6; v. 19.11.1996 -- 1 C 6.95 --, BVerwGE 102, 249 = DVBl 1997, 902 = EZAR 033 Nr. 10). Diese Voraussetzungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Aufgrund allgemeiner im Zielstaat bestehender Gefahren kann der Ausländer Abschiebungsschutz nur dann verlangen, wenn er im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dieser von Verfassungs wegen gebotene Schutz ist bei Bürgerkriegsgefahren dann zu gewähren, wenn dieser Krieg gewissermaßen für jeden Betroffenen mit so erheblichen Gefährdungen verbunden ist, dass dem einzelnen Ausländer eine Abschiebung in dieses Land nicht zugemutet werden kann. Dazu muss eine extreme Gefahrenlage bestehen, die praktisch für jeden, der in diesen Staat abgeschoben werden soll, Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit in so erhöhtem Maße mit sich bringt, dass sich bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist gegenüber dem im Asylrecht entwickelten Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im vorliegenden Zusammenhang von einem erhöhten Maßstab auszugehen. Nur dann rechtfertigt sich die Annahme eines aus den Grundrechten folgenden zwingenden Abschiebungshindernisses über die gesetzliche Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG hinaus. Zumutbar ist die Abschiebung daher dann, wenn die extreme allgemeine Gefahrenlage nicht landesweit besteht und der Ausländer bei seiner Abschiebung die vergleichsweise sicheren Landesteile erreichen und sich dort aufhalten kann.

Bei der Einschätzung, welche zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse bestehen (nur für diese ist die Beklagte zuständig; inlandsbezogene Hindernisse hat allein die Ausländerbehörde zu beurteilen), hat die Beklagte und damit auch der Senat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 12.9.1999 -- 9 C 12.99 --, BVerwGE 109, 305 = InfAuslR 2000, 93 = EZAR 043 Nr. 41) eine möglichst realitätsnahe, wenngleich notwendigerweise hypothetische Rückkehrsituation zugrunde zu legen. Diese rechtfertigt jedenfalls hier nicht die Annahme, der Kläger werde zusammen mit seiner Familie, d.h. mit seiner Ehefrau und dem im Jahre 1999 hier geborenen Kind nach Angola zurückkehren (müssen). Es ist vielmehr damit zu rechnen, dass die Ausländerbehörden den Schutz, den Art. 6 Abs. 1 GG für die familiäre Begegnungsgemeinschaft garantiert, beachten und die Mutter mit dem Kind jedenfalls vorerst im Inland belassen wird. Denn dieses Kind hat -- nunmehr unter Angabe der angolanischen Staatsangehörigkeit -- einen (weiteren) Asylantrag gestellt. Dieser ist mit der Folge, dass der Aufenthalt des Kindes gestattet ist, noch nicht rechtskräftig beschieden. Diese Gestattung wird die Ausländerbehörde angesichts des geringen Alters des Kindes und des Einflusses von Art. 6 Abs. 1 GG bewegen, der Mutter einen Aufenthalt im Inland zu ermöglichen. "Realistisches Szenario" für die Beurteilung von Abschiebungshindernissen kann daher nur sein, dass der Kläger allein nach Angola zurückkehrt. Ob dies in Einklang mit Art. 8 EMRK steht, ist in diesem Verfahren nicht zu klären, sondern von den Ausländerbehörden eigenständig zu entscheiden.

Die so vorgenommene Prüfung ergibt, dass der Kläger keinen Abschiebungsschutz gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufgrund der allgemein in Angola herrschenden Verhältnisse beanspruchen kann. Mit dem OVG Münster (Urt. v. 28.6.2000 -- 1 A 1462/96.A und 1 A 5488/97.A --; Urt. v. 16.8.2000 -- 1 A 2793/98.A und 1 A 2835/98.A -- sowie Urt. v. 21.9.2000 -- 1 A 5615/96.A --; BayVGH, Beschl. v. 2.9.1999 -- 25 B 99.30815 -- sowie Urt. v. 30.3.1999 -- 25 B 96.35630 -- und dem OVG Magdeburg, Urt. v. 20.5.1998 -- 2 L 28/94 --) bieten die vorhandenen Erkenntnismittel keine ausreichende Grundlage für die Annahme, für den Kläger werde im Falle seiner Abschiebung nach Angola eine so extreme Gefahrenlage bestehen, dass er gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod überantwortet würde.

Richtig ist zwar, dass seit 1998 der Bürgerkrieg mit voller Wucht wieder ausgebrochen ist und das Abkommen von Lusaka aus dem Jahre 1994 offenbar keine Aussicht auf Umsetzung hat. Dieser Bürgerkrieg bringt zum einen in unmittelbarer Hinsicht Gefährdungen der Gestalt mit sich, durch Kampfhandlungen oder die zahllosen in seinem Verlauf vergrabenen Minen körperlich geschädigt zu werden. Zum anderen hat er -- u.a. wegen der Verminung landwirtschaftlich bedeutsamer Flächen und von Wegen -- zu erheblicher Nahrungsmittelknappheit geführt. Ernten werden selbst dann nicht eingebracht, wenn gesät worden war und sie reif geworden waren. Zudem stellen die Minen Hindernisse dar, Lebensmittel über Land zu transportieren. Aus den nachstehenden Gründen hat dies indes noch nicht zu Verhältnissen geführt, welche es jedenfalls dem Personenkreis, dem der Kläger angehört, als unzumutbar erscheinen lassen könnte, in sein Heimatland zurückzukehren. Das ergibt sich aus den nachstehenden Ausführungen:

Die Zahl der Binnen-Flüchtlinge in Angola hat sich auf etwa 3,8 (AA, Lagebericht v. 15.11.2000) bzw. etwa 4 Mio. (UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24) erhöht bei einer Gesamtbevölkerung von 12,6 Mio. Personen. Ursache dafür sind die sich ausweitenden Bürgerkriegshandlungen. Die UNITA hatte den Waffenstillstand dazu genutzt, ihre Waffenarsenale aufzufüllen. Dementsprechend erzielte sie zu Beginn des offen ausgebrochenen "zweiten" Bürgerkrieges erhebliche Erfolge, musste dann aber auch erhebliche Rückschläge hinnehmen. Diese Kampfhandlungen haben eine erhebliche Binnenmigration zur Folge, welche sich vor allem konzentriert auf den Küstenstreifen, auf die Hauptstadt Luanda sowie einige Städte im Hochland wie insbesondere die Provinzstädte Kuito, Bengoela, Malanje, Sumbe, Uige, Huanbo, Luena und Cuito, Cuanavale (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe v. Juli 1999 sowie AA, Lagebericht v. 15.11.2000). Diese Bürgerkriegshandlungen haben die Versorgungslage namentlich in den von der UNITA kontrollierten Gebieten erheblich angespannt; die UNITA führt die soziale Verelendung der Bevölkerung zur Zeit bewusst herbei, um damit die Regierung unter Druck zu setzen. Das hat indes keine für den Kläger "positiven" Auswirkungen. Denn nach der Auskunftslage (vgl. ai v. 25.3.1994 an den BayVGH; AA, Lagebericht v. 8.12.1999) besteht praktisch keine Möglichkeit, von UNITA kontrollierten Gebieten in die von der Regierung kontrollierten Bereiche und umgekehrt zu gelangen. Da der Kläger nach Luanda, d.h. in das Gebiet der MPLA abgeschoben werden würde, sind bei der Betrachtung all die Schwierigkeiten nicht in Blick zu nehmen, welche sich für die Gebiete ergeben, welche die UNITA kontrolliert.

Die oben bereits beschriebenen Schwierigkeiten in der Herstellung und Verteilung von Lebensmitteln hat dazu geführt, dass Angola nicht annähernd fähig und imstande ist, die für die Versorgung seiner Bevölkerung erforderlichen Lebensmittelmengen auf eigenen Flächen zu produzieren. Die Lebensmittelversorgung geschieht im Wesentlichen durch Importe internationaler Hilfsorganisationen. Beispielsweise in Luanda arbeiten bis zu 150 Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen an der Lebensmittelversorgung (vgl. Außenministerium der Niederlande v.6.12.1999). Von den UN-Agenturen sind es u.a. die folgenden: UNDP, UNHCR, OCHA, WFP (Welternährungsprogramm), UNICEF, WHO (Weltgesundheitsorganisation), UNESCO, UNPFA, FAO, UNOA. Ferner sind dort 150 internationale und örtliche Nichtregierungsorganisationen tätig, zu denen u.a. die Deutsche Welthungerhilfe unter dem Vorsitz von Frau Schäuble gehört (vgl. FAZ v. 8.12.1999). Die Zahl der dort tätigen Organisationen darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Versorgungslage keineswegs gesichert, sondern "prekär" ist. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. z.B. Lageberichte v. 15.11.2000 und 8.12.1999 sowie ergänzenden Bericht v. 8.11.1999 und Lagebericht v. 22.12.1998) hat die Bürgerkriegssituation eine allgemeine Nahrungsmittelknappheit hervorgerufen. In den vom Bürgerkrieg nicht betroffenen Landesteilen (nur dorthin würde der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen gelangen können) ist nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes noch eine Grundversorgung der Bevölkerung auf niedrigem Niveau gewährleistet. Die Situation hat sich u.a. dadurch zum Nachteil der Hungernden verstärkt, dass die angolanischen Flüchtlingsbewegungen (s.o.) zur Überfüllung des Küstenstreifens, insbesondere der Hauptstadt Luanda geführt haben. Dementsprechend ist die Versorgungslage bedenklich und mit einem substantiellen Nahrungsmittelmangel zu rechnen (vgl. auch UNHCR vom 28. August 1996 -- Anlage --; Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997). Die internationalen Hilfswerke haben zunehmende Mühe, bei der internationalen Gemeinschaft die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom Juli 1999; siehe auch FAZ v. 8.12.1999). Es kommt hinzu, dass angolanische Behörden zum Teil erhebliche Schwierigkeiten bereiten, importierte Güter an Bedürftige verteilen zu lassen. So musste zum Teil mehrere Wochen auf eine Fluggenehmigung gewartet werden. Es ist nicht mehr möglich, die breite Masse der Bevölkerung vollständig zu versorgen. Die Hilfsorganisationen sind vielmehr gehalten, die knappen Ressourcen selektiv zu verteilen dergestalt, dass diese nur an besonders Bedürftige, Schwache, Alte und Kranke verteilt werden. Zuweilen hängt das Überleben offenbar sehr von der Durchsetzungskraft des Einzelnen sowie der Improvisationskraft der handelnden Personen ab (vgl. Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München). Die Überlebenschancen steigen in dem Umfang, in dem jemand in einen Familienclan eingebunden ist. Insgesamt ergibt sich für die breite Masse der Bevölkerung ein erhebliches Defizit, das Kalorienerfordernis zu decken. Das gelingt nur zu etwa 82 % (Institut für Afrikakunde, a.a.O.). Die schwere Krise bei den Nahrungsmittelversorgungen hat gesundheitliche Anfälligkeit und damit u.a. die Ausbreitung von Malaria und sonstigen Infektionskrankheiten zur Folge (vgl. Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998; Außenministerium der Niederlande vom 6.12.1999). Diese können deshalb eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung darstellen, weil die medizinische Versorgung nach allen Auskünften kaum noch richtig funktioniert (vgl. UNHCR Positionspapier v. September 1999; ai v. 30.7.1997 an das OVG Magdeburg; Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 15.11.2000: Medizinische Versorgung ist sehr angespannt). Häufig fehlen Medikamente, Instrumente und Energie. Das ergibt sich zum Teil daraus, dass das Personal diese Gegenstände aus eigener Not verkauft und damit die Möglichkeit der medizinischen Versorgung zusätzlich anspannt. Da nicht alle Personen gleichmäßig gut versorgt werden können, führt dies zu "einer Art darwinschem Ausleseprozess" (Institut für Afrikakunde v. 26.2.1996 an das VG Schleswig). Für eine wirksame flächendeckende Hilfe durch Hilfsorganisationen und -einrichtungen sind die Betroffenen, d.h. die Zahl der Flüchtlinge zu groß und zu zahlreich. Kriminalität und Improvisationsvermögen bestimmen den täglichen Kampf ums Überleben. Die Starken überleben, Schwache, wie namentlich Frauen, Schwangere und Kinder sowie Säuglinge kommen häufig unter die Räder (Institut für Afrikakunde, a.a.O.).

Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass die Lage, was die Lebensmittelversorgung sowie die medizinische Versorgung anbetrifft, in Angola als "prekär" angesehen werden muss. Damit ist indes noch nicht gesagt, dass die hohen Anforderungen, welche allein eine dem Kläger günstige Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG rechtfertigen, bereits damit erfüllt wären. Vielmehr hat die vorstehende Auflistung der Gefahren in Angola gezeigt, dass es -- wie das Auswärtige Amt in seinen letzten Lageberichten vom 15. November 2000 und 8. Dezember 1999 immer wieder ausgeführt hat -- nicht allgemein gesagt werden kann, ob jemand in Angola sicheren Auges dem Tode überantwortet wird oder Überlebenschancen hat, sondern dass hierzu eine besonders sorgfältige Prüfung des Einzelfalles angezeigt ist (vgl. auch Einzelauskunft v. 5.7.1999 an das VG Aachen; v. 16.11.1998 an das VG Sigmaringen). Diese einzelfallbezogene Betrachtung ergibt, dass im Fall des Klägers noch nicht mit der allein ausreichenden hohen Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, er werde im Falle der Abschiebung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein. Der Kläger ist zur Zeit etwa 37 Jahre alt. Besondere körperliche Defizite, welche im Falle seiner Rückkehr die Überlebenschancen in einer ins Gewicht fallenden Weise verminderten, hat er nicht geltend zu machen vermocht. In der mündlichen Verhandlung hat er allein Rückenschmerzen angeführt, welche wohl auf seine Tätigkeiten als Erntehelfer (Spargelstechen) zurückzuführen sein mögen. Diese haben ihn eigener Darstellung zufolge nur einmal veranlasst, den Hausarzt aufzusuchen. Als körperliches Defizit, welches ein Fortkommen in Angola ernstlich verhindern und ihn der Gefahr schwerster Verletzungen aussetzen würde, ist dies nicht anzusehen.

Es mag sein, dass der Kläger in Angola keine Familie vorfinden wird, in deren Solidarschutz er sich wird begeben können. Das schließt indes nicht aus anzunehmen, er werde in dem vom Institut für Afrikakunde (26.2.1996 an das VG Schleswig) beschriebenen "darwinschen Ausleseprozess" bestehen können. Dabei darf zwar nicht verkannt werden, dass das UNHCR in seinen Stellungnahmen (u.a. Positionspapier vom September 1999) stets dringend davon abrät, angolanische Staatsangehörige nach Angola abzuschieben. Der Maßstab, den der UNHCR anlegt, ist indes ein anderer als derjenige, welcher allein für § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ausreichen kann. Denn der UNHCR lässt sich von der Erwägung leiten, Abschiebungen sollten erst dann vorgenommen werden dürfen, wenn die Rückkehr als sicher anzusehen sei. Das ist ein anderer rechtlicher Maßstab als er für § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach den oben stehenden, vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen gilt. Insgesamt sind damit keine ausreichenden Gesichtspunkte für die Annahme ersichtlich, dem Kläger werde es zumindest aus einer Kombination aus eigenen gelegentlichen Dienstleistungen (vgl. Auskunft d. AA v. 26.6.1998 an das VG Schleswig) mit der Inanspruchnahme von Hilfen karitativer Vereinigungen nicht möglich sein, in Angola zu überleben. Rückkehrende Asylbewerber mögen zwar Schwierigkeiten haben, dort (wieder) Fuß zu fassen (vgl. Institut für Afrikakunde v. 31.8.1995 an das VG Neustadt/Weinstraße; Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München). Dies sowie die bislang fehlenden Kenntnisse der portugiesischen Sprache sind indes noch nicht als so unüberwindbare Hürden anzusehen, dass der Kläger im täglichen Kampf ums Überleben in Angola/Luanda mit so hoher Wahrscheinlichkeit scheitern müsste, dass er sehenden Auges gleichsam dem sicheren Tode überantwortet würde, müsste er mit diesen "Handicaps" dort zu leben versuchen.

Für diese Annahme sind auch keine sonstigen Gesichtspunkte ersichtlich. Das gilt auch angesichts der erheblichen Kriminalität, welche namentlich in Luanda zu verzeichnen ist. In dieser hoffnungslos überfüllten Stadt nimmt die allgemeine Kriminalität zwar zuweilen beängstigende Ausmaße an. Raubüberfälle und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung (AA v. 26.6.1998 an das VG Schleswig, Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997 zur Situation in Angola Ende August 1997). Gleichwohl lässt sich nicht sagen, nachgerade jeder müsse mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in Luanda Opfer eines solchen Raubüberfalles mit Folgen zu werden, welche dem Tod oder schwersten Verletzungen gleich zu achten sind.

Dasselbe gilt im Hinblick auf die vom Kläger beschworene Gefahr der Zwangsrekrutierung. Solche sind zwar sowohl von Regierungsseite als auch von Seiten der UNITA vorgenommen worden (vgl. z.B. Lagebericht des AA v. 22.12.1998; Einzelauskunft AA v. 5.7.1999 an das VG Aachen; Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999 an die Einwanderungsdirektion Den Haag). Indes ist zu beobachten, dass solche Zwangsrekrutierungsmaßnahmen offensichtlich abgenommen haben. Das Auswärtige Amt führt in seiner Einzelauskunft vom 5. Juli 1999 an das VG Aachen aus, Zwangsrekrutierungen fänden zwar auch jetzt noch statt, allerdings wahrscheinlich in geringerem Ausmaß als zu Beginn des Krieges. Das Außenministerium der Niederlande führt (a.a.O.) aus, solche Rekrutierungsmaßnahmen würden jedenfalls derzeit nicht mehr vorgenommen; sie hätten zum Teil dazu gedient, das Einkommen von Polizeibeamten aufzubessern. Das ist noch nicht die Erwartung, der Kläger werde sehenden Auges Opfer einer solchen Zwangsrekrutierungsmaßnahme werden.

Es ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch nicht möglich, aus einer "Gesamtschau mehrerer für sich nicht ausreichender Gründe" doch zur Annahme zu gelangen, § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG greife zum Vorteil des Klägers ein. Denn hier ist -- wie oben unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 1996 (-- 1 C 6.95 --, BVerwGE 102, 249) ausgeführt -- ein gesteigerter Maßstab anzulegen. Diesen Anforderungen wird man nicht gerecht, wenn man je für sich nicht ausreichende Gesichtspunkte schlicht addiert und meint, aus verschiedenen nicht tragfähigen Gesichtspunkten könne dann doch abgeleitet werden, der Ausländer werde im Heimatland sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert sein (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 27.6.1989 -- 9 C 1.89 --).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.