OLG Hamburg, Urteil vom 12.11.2008 - 5 U 106/07
Fundstelle
openJur 2009, 168
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 416 O 336/06
  • nachfolgend: Az. I ZR 200/08
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 29. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 60.000.- Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger produziert Flaschenöffner, die in Form eines Fingerrings gestaltet sind. Er ist Inhaber der dreidimensionalen deutschen Marke Nr. 302 191 19, die unter anderem in Klasse 21 für Flaschenöffner eingetragen ist (Anlage K 1).

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Die Beklagte importiert Geschenk- und Scherzartikeln und vertreibt diese ausschließlich an Geschäftskunden (Anlage K 2). Sie bietet über ihre Internet-Domain www.ootb.de (Anlage K 3) Flaschenöffner an, die der Klagemarke ähnlich sind (Anlage K 4).

Hierin sieht der Kläger eine Verletzung seiner Markenrechte. Er mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 30.1.2006 ab (Anlage K 6). Die Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben vom 31.1.2006 zurück (Anlage K 7). Auch die von dem Kläger mit Schreiben vom 6.2.2006 geforderte Abgabe einer Unterlassungserklärung (Anlage K 8) wies die Beklagte mit Schreiben vom 13.2.2006 zurück und forderte den Kläger zugleich erfolglos zum Verzicht auf seine Markenrechte auf (Anlage K 10).

In dem daraufhin vor dem Landgericht Hamburg zu dem Aktenzeichen 416 O 130/06 eingeleiteten Verfügungsverfahren erließ das Landgericht am 23.2.2006 eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung gegen die Beklagte (Anlage K 11 und Anlage K 12). Den Verfügungsantrag nahm der Kläger auf den Widerspruch der Beklagten (Anlage K 13) in der Folgezeit mangels Vollziehung wieder zurück (Anlage K 14). Er verfolgt seine Ansprüche nunmehr im vorliegenden Hauptsacheverfahren.

Die Klägerin hat (soweit im Rahmen der Berufung noch von Bedeutung) in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Flaschenöffner wie nachstehend wiedergegeben:

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anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen oder die Abbildung solcher Flaschenöffner im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Flaschenöffner zu benutzen;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger in Form einer geordneten Aufstellung Auskunft zu erteilen für die Zeit ab dem 11.01.2006 über den Umfang der Handlungen gemäß vorstehend Ziff. 1., nämlich,

a. Menge der erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten Ware,
b. die jeweiligen Einkaufspreise und Größen,
c. die jeweiligen Abgabepreise und - bei Abgabe an gewerbliche Abnehmer - Name und Anschrift der Abnehmer,
d. Name und Anschrift des bzw. der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
e. die Vertriebswege, z. B. Internet oder Ladenverkauf,
f. Menge der noch vorhandenen Ware.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entstanden ist und/oder noch entstehen wird, dass die Beklagte Flaschenöffner gemäß vorstehender Ziff. 1. seit dem 11.01.2006 angeboten oder in den Verkehr gebracht hat,

4. die Beklagte zu verurteilen, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Flaschenöffner gemäß vorstehender Ziff. 1. zum Zwecke der Vernichtung an einen von dem Kläger zu bestellenden Gerichtsvollzieher herauszugeben und die Kosten der Vernichtung zu tragen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 699,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, die Idee eines Fingerrings mit der Zusatzfunktion eines Flaschenöffners sei uralt und bereits vor vielen Jahrzehnten Gegenstand patentrechtlichen Schutzes gewesen (Anlage B 1). Der Klagemarke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft. Das markenrechtlich geschützte Produkt werde nicht markenmäßig benutzt und deshalb nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen.

Das Landgericht Hamburg hat die Beklagte mit dem angegriffenen Urteil vom 29.5.2007 (mit Ausnahme einer geringfügigen Eingrenzung bei dem Auskunfts-, Schadensersatz- und Zinsanspruch) antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagte verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29.05.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, Abs. 6, 18, 19 MarkenG, 256 ZPO, 12 Abs. 2 UWG analog bzw. §§ 677, 670, 683 BGB zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung, zur Vernichtung und zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Schadensersatzleistung festgestellt. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die Marke des Klägers steht in Kraft und ist von dem Senat zu beachten.

a. Der Verletzungsrichter ist an die Eintragung einer Marke in dem Sinne gebunden, dass ihm versagt ist, der Marke jeglichen Schutz zu versagen (BGH WRP 07, 1090, 192 – Pralinenform; BGH GRUR 03, 436, 439 – Feldenkrais; BGH WRP 02, 987, 990 – Festspielhaus; BGH GRUR 02, 626, 627 – IMS; BGH GRUR 98, 412, 413 – Analgin). Diese Bindung bezieht sich nur auf die Tatsache der Eintragung und die zu Grunde liegenden Feststellung zu den Eintragungsvoraussetzungen und -hindernissen, die bei der Eintragung eines Zeichens als Marke Prüfungsgegenstand sind (BGH GRUR 05, 427, 428 – Lila-Schokolade; BGH GRUR 00, 888, 889 – MAG-LITE). Es ist ihm folglich verwehrt, der Marke in der eingetragenen Form jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (BGH GRUR 05, 414, 416 – Russisches Schaumgebäck). Dies besagt allerdings nicht, dass er gehindert ist, einen Schutz aus Einzelelementen einer Marke, die als solche mangels Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) oder wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) nicht schutzfähig sind, zu versagen (BGH WRP 02, 987, 990 – Festspielhaus; BGH WRP 00, 529 – ARD-1; BGH WRP 00, 631 – MAG-LITE).

b. Die u.a. von der Beklagten anhängig gemachten Löschungsanträge sind (bislang) nicht erfolgreich gewesen. Das DPMA hat die Löschungsanträge mit Beschluss vom 23. 4.2008 die Löschungsanträge zurückgewiesen (Anlage K 29).

2. Das von der Beklagten vertriebene Verletzungsmuster fällt auch grundsätzlich in den Schutzbereich der Klagemarke. Die Erwägungen der Beklagten zu der konkreten Warenart der sich gegenüberstehenden Produkte sind für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne entscheidende Bedeutung. Den Produkten ist gemein, dass sie die Funktion eines „Flaschenöffners“ mit der Gestaltung eines „Fingerrings“ in der Weise verbinden, dass der "Flaschenöffner als Fingerring" getragen werden kann, und zwar auch dann, wenn ein funktionaler Einsatz (zurzeit) nicht beabsichtigt ist. Keines der Produkte ist in erster Linie "Flaschenöffner" oder "Fingerring", sondern zugleich beides. Insbesondere unterscheiden sich die Produkte weder in ihrer Gestaltung noch in ihrer Zweckbestimmung in irgendeiner Weise voneinander, sodass sie einheitlich zu betrachten sind. Die Beklagte bemüht sich ohne Erfolg, den sich gegenüberstehenden - praktisch identischen - Produkten der Parteien künstlich unterschiedliche Zweckbestimmungen bzw. Einsatzformen beizulegen, um hieraus abweichende Warenkategorien begründen zu können. Die Überlegungen der Beklagten dazu, ob "Fingerringe" unter den warenrechtlichen Oberbegriff "Flaschenöffner" fallen, gehen deshalb - wie der Beklagten unmittelbar bewusst sein dürfte - an dem Kern des Problems vorbei. Die von ihr konstruierte Widersprüchlichkeit zwischen "Schmuck" und "Küchengeräten" im Hinblick auf die Warenklassen 14 (Ringe) bzw. 21 (Flaschenöffner) stellt sich deshalb als Scheinproblem dar. Die Klagemarke ist eingetragen unter anderem für "Flaschenöffner" und damit in der Warenkategorisierung zutreffend erfasst. Sie wird von dem Kläger auch ausdrücklich als "Flaschenöffner-Ring" beworben (Anlage K 20 bis K 22).

3. Auf die Frage, ob insoweit ein absolutes Eintragungshindernis bestünde oder es der Produktform an "Neuheit" fehlt, kommt es im Verletzungsverfahren nicht an, da die Marke in Kraft steht. Es mag durchaus so sein, dass es nahe gelegen hätte, ein Produkt wie die Klagemarke im Wege des Sonderrechtschutzes als Geschmacksmuster einzutragen. Der Senat hat indes zu respektieren, dass dies nicht geschehen, sondern Markenrechtsschutz gewährt worden ist. Eine derartige Schutzgewährung setzt notwendigerweise voraus, dass die dreidimensionale Marke in der eingetragenen Form auch markenmäßig benutzt werden kann. Diese Entscheidung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass nunmehr im Verletzungsprozess Einwände geltend gemacht werden, die den Markenrechtsschutz letztlich leer laufen lassen würden. Ob die von dem Beklagten vorgebrachten Argumente in einem etwaigen Löschungsverfahren gegen die Klagemarke erfolgreich sein könnten, hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu entscheiden.

4. Mit der angegriffenen Gestaltung greift die Beklagte entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in rechtswidriger Weise in die Markenrechte des Klägers ein. Die Frage, ob die Verwendung des einer Formmarke ähnlichen Gegenstandes Markenrechte verletzt, erfordert eine umfassende Abwägung aller maßgeblichen Umstände.

a. Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt insbesondere voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH WRP 07, 1090, 192 – Pralinenform; BGH GRUR 05, 414, 415 – Russisches Schaumgebäck).

aa. Die Ausübung des Markenrechts ist damit auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Gewährleistung der Herkunft der Waren gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigen kann (BGH WRP 07, 1090, 192 – Pralinenform; BGH GRUR 05, 427, 428 – Lila-Schokolade). Auch bei einer dreidimensionalen Marke richtet sich der Schutz des Markenrechts vor allem gegen die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke, nicht gegen die Übernahme technischer Lösungen, von Gebrauchseigenschaften oder ästhetischer Gestaltungsgedanken durch Mitbewerber für deren Waren (BGH WRP 07, 1090, 1092 – Pralinenform; EuGH GRUR 2002, 804 - Philips; BGH GRUR 2003, 332 - Abschlussstück). Die Gerichte sind selbst dann, wenn eine mit der geschützten Marke identische Bezeichnung oder Gestaltung benutzt wird, nicht aus Rechtsgründen gehindert anzunehmen, die beanstandete konkrete Verwendungsform werde vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden (BGH GRUR 2005, 1044 - Dentale Abformmasse; BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck). Die Eintragung eines Zeichens als Marke hat nicht zur Voraussetzung, dass das Zeichen in jedweder Verwendungsform Herkunftshinweisfunktion hat. Es ist daher im Kollisionsfall Aufgabe der Verletzungsgerichte zu prüfen, ob gerade die beanstandete Verwendungsform herkunftshinweisend ist. Dies gilt auch für eine dreidimensionale Marke, deren Gestaltung einer Warenform entspricht (BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck).

bb. Bei der Beurteilung, ob das beanstandete Produkt markenmäßig benutzt, ist auch zu berücksichtigen, welche Kennzeichnungskraft die Klagemarke erreicht hat. Denn der Grad der Kennzeichnungskraft einer dreidimensionalen Marke hat Auswirkungen darauf, ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis entnimmt, wenn er ihr als Form einer Ware begegnet (BGH WRP 07, 1090, 1094 – Pralinenform; BGH GRUR 2004, 151 - Farbmarkenverletzung I; BGH GRUR 2005, 427, [428 f.- Lila-Schokolade). Im Rahmen des Verletzungsverfahren ist in diesem Zusammenhang allein die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der zu Gunsten des Klägers eingetragenen Formmarke von Bedeutung.

b. Die Klagemarke verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft als Formmarke.

aa. Für die Frage der Kennzeichnungskraft (und die markenmäßige Benutzung) ist darauf abzustellen, ob die angesprochenen Verkehrskreisen in der Gestaltung nicht lediglich eine Produktform erkennen, sondern diese Warenform zugleich als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Hersteller verstehen. Soweit die Beklagte einwendet, die Idee eines Fingerrings mit der Zusatzfunktion eines Flaschenöffners sei uralt (Anlage B 1), ist dieser Einwand ebenso unerheblich wie ihr Hinweis darauf, es gebe eine Anzahl weiterer Ausführungsformen eines Fingerrings mit Zusatzfunktion als Flaschenöffner (Anlage B 2). Denn diese Umstände ändern nichts daran, dass die Klagemarke eingetragen und von dem Senat als Verletzungsgericht als Marke, der kraft Definition ein Herkunftshinweis innewohnt, zu beachten ist.

bb. Für die erforderliche Beurteilung, ob eine Formmarke markenmäßig benutzt wird, ist auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (BGH WRP 07, 1090, 192 – Pralinenform; BGH GRUR 2003, 332 - Abschlussstück; BGH GRUR 2004, 947, 948- Gazoz). Allerdings fasst der Verkehr nach der Lebenserfahrung die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auf, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht. Deshalb ist regelmäßig zu prüfen, ob die Form einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert oder ob sie aus sonstigen Gründen nur als solche und nicht als Herkunftshinweis verstanden wird (BGH GRUR 05, 158. 159 – Stabtaschenlampe „MAGLITE“; BGH GRUR 04, 329, 330 – Käse in Blütenform). Hierfür sind in der Rechtsprechung zu unterschiedlichen Beurteilungsgegenständen Kriterien entwickelt worden. Auch eine besondere Gestaltung der Ware selbst wird danach eher diesem Umstand zugeschrieben werden als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (BGH WRP 03, 889, 891 – Goldbarren; BGH GRUR 2003, 332 - Abschlussstück; BGH GRUR 2004, 329, 330 - Käse in Blütenform). Soweit die Elemente eines Bildzeichens lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendungen gewöhnt hat, wird einem Zeichen im allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden (BGH WRP 02, 1040, 1042 – Farbige Arzneimittelkapsel; BGH GRUR 01, 734, 735 - Jeanshosentasche). Erschöpft sich das Zeichen dagegen nicht in der Darstellung von Merkmalen, die für die Ware typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern weist es darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden (BGH GRUR 02, 239, 240 – Zahnpastastrang; BGH WRP 02, 1040, 1042 – Farbige Arzneimittelkapsel), wenn der Verkehr in ihnen nicht nur bloße Gestaltungsmerkmale seht, sondern sie als Herkunftshinweis versteht (BGH GRUR 2006, 679, 681 - Porsche Boxter). Bei eingetragenen Marken ist dabei indes stets zu berücksichtigen, dass durch die Eintragung nicht nur die Markenfähigkeit, sondern auch die generelle Unterscheidungskraft dem Verletzungsrichter vorgegeben ist. Dieser Umstand wirkt sich auf die Frage aus, inwieweit bei Marken, die – wie hier – letztliche vollständig der Produktform entsprechen, der Verkehr hierin nicht nur das Produkt selbst, sondern auch die Marke als Herkunftshinweis erkennt.

cc. Bei der Feststellung der Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, ist dabei grundsätzlich kein strengerer Maßstab als bei anderen Markenformen anzulegen. Voraussetzung für die Bejahung der Unterscheidungskraft ist bei Warenformen allein die Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise, dass die konkrete Warenform aus welchen Gründen auch immer etwas über die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aussagt (BGH GRUR 05, 158. 159 – Stabtaschenlampe „MAGLITE“; BGH GRUR 04, 329, 330 – Käse in Blütenform). In diesem Zusammenhang kann es auch von Bedeutung sein, dass sich in einem bestimmten Warenbereich eine dem Verkehr bekannte Gewohnheit entwickelt habe, die Form der Waren herkunftshinweisend zu gestalten (BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck; BGH GRUR 2006, 679 - Porsche Boxter). Deshalb können die Gewohnheiten auf dem jeweiligen Warengebiet eine Rolle dafür spielen, ob der Verkehr in einer bestimmten Gestaltung der Ware einen Herkunftshinweis sieht oder nicht (BGH WRP 02, 1040, 1042 – Farbige Arzneimittelkapsel; BGH GRUR 04, 329, 339 – Käse in Blütenform). Bei vielen Waren - etwa bei einem Kleidungsstück - hat der Verkehr häufig keine Veranlassung, in einer bestimmten Formgebung etwas anderes als eine allein funktionell oder ästhetisch bedingte Gestaltung zu sehen (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform). Bei technischen Geräten wird der Verkehr ein konkretes Gestaltungsmerkmal - selbst wenn es in Wirklichkeit nicht technisch bedingt ist - eher für funktionsbedingt halten und ihm keinen Herkunftshinweis entnehmen, weil er zunächst davon ausgeht, dass sich die Form bei solchen Waren in erster Linie an der technischen Funktion orientiert (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH). Bei einer dritten Kategorie von Waren, zu denen etwa Lebensmittel zählen, liegt für den Verkehr, dem die Ware in einer bestimmten Form begegnet, ein Herkunftshinweis nach der Lebenserfahrung eher nahe, auch wenn eine entsprechende Gewöhnung nicht festgestellt werden kann (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform). Wenn beispielsweise Käse stets in herkömmlichen Formen - etwa in der üblichen Torten-, Rollen- oder Radform - vertrieben würde, würde eine sich von der funktionsbezogenen Gestaltung lösende Form vom Verbraucher ohne weiteres einem bestimmten Hersteller zugeordnet, weil der Verkehr bei solchen Waren keine um ihrer selbst willen geschaffenen Phantasiegestaltungen erwartet (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform; vgl. zu der entsprechenden Frage bei Verpackungen BGH GRUR 2001, 56, 57 - Likörflasche). Aber auch wenn bereits eine Vielfalt an Gestaltungen üblich ist, wird der Verkehr bei solchen Waren häufig ebenfalls dazu neigen, die jeweilige Gestaltung mit einer bestimmten betrieblichen Herkunft zu verbinden, wenn es sich erkennbar um eine willkürliche Formgebung handelt, die sich von anderen Gestaltungen durch wiederkehrende charakteristische, also identitätsstiftende Merkmale unterscheidet (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform; BGH,GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge). Denn aus tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen kann geschlossen werden, ob der Verkehr einem Zeichen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beilegt (BGH WRP 02, 1040, 1041 – Farbige Arzneimittelkapsel).

c. Unter Anwendung dieser Grundsätze steht nach Auffassung des Senats fest, dass eine markenmäßige Benutzung sowohl der Klagemarke als auch des Verletzungszeichens vorliegt. Einziges Kennzeichnungsmittel der Klagemarke ist das Produkt selbst. Denn bei einem Produkt der vorliegenden Art kann die Kennzeichnungskraft letztlich allein durch die Formgebung erzielt werden. Eine von der zweckentsprechenden Verwendung abweichende (besondere) markenmäßige Benutzung kommt nicht in Betracht, so dass letztlich die Produktgestaltung als Ganzes Beurteilungsgegenstand für die Frage ist, ob diese als Herkunftshinweis geeignet ist. Der Kläger hat durch Vorlage der Anlagen K 20 des K 22 dargelegt, dass er die Klagemarke in der Vergangenheit umfassend markenmäßig als Flaschenöffner-Ring beworben hat. Eine insoweit abweichende - nicht markenmäßige - Verwendungsform für die eingetragene Warenart "Flaschenöffner" (nur diese ist vorliegend streitrelevant) vermag auch die Beklagte nicht darzulegen. Deshalb ist die Frage nach der markenmäßigen Benutzung nach Auffassung des Senats zu bejahen. Die Klagemarke ist fantasievoll gestaltet. Die Formgebung ihrer funktionellen Anteile - das Flaschenöffners - ist technisch in dieser Form nicht vorgegeben. Vielmehr bestehen vielfältige Möglichkeiten, die Aussparungen so zu gestalten, dass in gleicher Weise ein Kronkorken vom Flaschenhals angehoben werden kann. Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass die Formgebung der Marke an einen Katzenkopf erinnert und deshalb von den angesprochenen Verkehrskreisen als originelle Gestaltung wahrgenommen wird. Die hierin verwirklichten Gestaltungsmerkmale sind nicht durch die Funktion als Flaschenöffner bedingt. Insoweit besteht ein erheblicher Gestaltungsspielraum. Dies hat der Kläger durch die Vorlage von Beispielen belegt (Anlage K 16). Dies gilt auch für Flaschenöffner, die - wie die Klagemarke - in einen Fingerring integriert sind (Anlage K 17), wie der Kläger durch zahlreiche eigene Gestaltungsentwürfe (Anlage K 18 und K 19) belegt hat. Der Kläger hat insbesondere durch die Anlagen K 20 bis K 26 dargelegt, dass er die Klagemarke nicht nur im Internet mit erheblichem Verbreitungsgrad beworben hat, sondern dass dies insbesondere auch in der (unverpackten und damit) eingetragenen Warenform geschehen ist. Auch aus diesem Grund können Zweifel daran, dass die Klagemarke von dem Kläger markenmäßig verwendet worden ist, nicht entstehen, wenn im Hinblick auf die Eintragungsentscheidung des DPMA zu unterstellen ist, dass eine markenmäßige Verwendung in der eingetragenen Art der Gestaltung grundsätzlich stattfinden kann. Für die Verwendung durch die Beklagte gilt nichts anderes, wie sich aus den Anlagen K 3 bis K 5 ergibt. Da im vorliegenden Fall markenrechtlicher Schutzgegenstand die Produktform insgesamt ist, stellen sich die in anderen Rechtsstreitigkeiten aufgeworfenen Rechtsfragen zu der markenmäßigen Verwendung des Teils eines Gesamtprodukts (z. B. des Abschlussstücks eines Schreibgeräts) hier nicht.

d. Zwischen der Klagemarke und dem Verletzungsgegenstand besteht Warenidentität sowie hochgradige, der Identität nahekommende Zeichenähnlichkeit. Der Verletzungsgegenstand ist der Klagemarke vollständig nachempfunden. Er unterscheidet sich von dieser letztlich allein durch das offensichtlich geringerwertige Material. Angesichts dieser – insoweit abweichenden - Umstände führen auch die Erwägungen des OLG Köln in der von der Beklagten angeführten Entscheidung (OLG Köln GRUR-RR 06, 9 – Wurst in Kleeblattform) nicht weiter, die deutlich unterschiedlich geformte bzw. gestaltete Produkte zum Gegenstand hatte.

e. Der Verletzungsgegenstand ist in markenrechtlicher Hinsicht verwechslungsfähig mit der Klagemarke. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu erfolgen hat, besteht eine Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren, insbesondere der Ähnlichkeit/Identität der Marken und der Ähnlichkeit/Identität der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke dergestalt, dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH WRP 05, 744, 745 – MEY/Ella May; EuGH GRUR 98, 387, 389 – Sabèl/Puma; EuGH GRUR 98, 922, 923 – Canon; BGH GRUR 02, 1067, 1068 – DKV/OKV; BGH WRP 02, 987, 990 – Festspielhaus; BGH WRP 01, 1320, 1323 – Bit/Bud; BGH GRUR 00, 605, 606 – comtes/ComTel; BGH WRP 00, 535 – ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 01, 159 f – Drei-Streifen-Kennzeichnung; BGH WRP 01, 694, 695 – EVIAN/REVIAN). Bei Anwendung dieser Grundsätze besteht insbesondere im Hinblick auf die Warenidentität und die an eine Identität grenzende Zeichenähnlichkeit selbst dann ohne Weiteres markenrechtliche Verwechslungsgefahr, wenn man – anders als der Senat – nicht von einer durchschnittlichen, sondern nur von einer unterdurchschnittlichen oder gar geringen Kennzeichnungskraft ausgehen wollte.

5. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf eine zulässige beschreibende Verwendung im Sinne von § 23 Nr. 2 MarkenG bzw. Art. 6 Abs. 1 der Markenrechtsrichtlinie berufen. Angesichts der Identität der sich gegenüber stehenden Produkte und der letztlich ausschließlich gleichartig (markenmäßig) möglichen Verwendung beider Produkt als Fingerring-Flaschenöffner stellt sich die Nutzung des Verletzungsgegenstands jedenfalls als Verstoß gegen die guten Sitten bzw. anständigen Gepflogenheiten im Sinne dieser Vorschriften dar. Die berechtigten markenrechtlichen Interessen des Klägers werden dadurch verletzt, dass die Beklagte ein praktisch identisches Produkt für dieselbe Zweckbestimmung anbietet. Die Befürchtung der Beklagten, durch die Eintragung von Gestaltungen wie der vorliegenden als Formmarke werde einer Monopolisierung von Warenformen zu Lasten der Mitbewerber Vorschub geleistet, ist auch aus Sicht des Senats nicht von der Hand zu weisen. Sie ist indes zwangsläufige Folge der markenrechtlichen Eintragungsfähigkeit derartiger Produkte, denen nur im Eintragungsverfahren begegnet werden kann und deren Folgen im Verletzungsverfahren hingenommen werden müssen.

6. Die Nebenansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht rechtfertigen sich aus § 19 MarkenG und §§ 14 Abs. 6 MarkenG, 256 ZPO. Das erforderliche Verschulden in Form von Fahrlässigkeit liegt im Hinblick auf die Markeneintragungen vor. Weiterhin ist die Beklagte verpflichtet, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin für die Abmahnung in Höhe des geltend gemachten Betrages von € 699,90 zu tragen. Zu diesen (begründeten) Ansprüchen hat sich die Beklagte nicht weiter erklärt, so dass auch der Senat keine Veranlassung hat, hierzu nähere Ausführungen zu machen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.