OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.11.2007 - OVG 5 A 1.06
Fundstelle
openJur 2012, 7498
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller begehrt im Wege des Normenkontrollverfahrens die Feststellung der Verfassungswidrigkeit und Ungültigkeit von Vorschriften der „Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Halten und Führen von Hunden“ (Hundehalterverordnung - HundehV) vom 16. Juni 2004, die im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil II 2004 S. 458 veröffentlicht ist. Die Verordnung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Auf Grund des § 25a Abs. 4 und 5 des Ordnungsbehördengesetzes, der durch Gesetz vom 20. April 2004 (GVBl. I S. 153) eingefügt worden ist, verordnet der Minister des Innern:

§ 1      Halten von Hunden        (1) Ein befriedetes Besitztum, auf dem ein Hund gehalten wird, muss gegen ein unbeabsichtigtes Entweichen des Hundes angemessen gesichert sein.        (2) Gefährliche Hunde sind so zu halten, dass sie das befriedete Besitztum nicht gegen den Willen des Hundehalters verlassen können (ausbruchsichere Einfriedung). Alle Zugänge zu dem ausbruchsicher eingefriedeten Besitztum sind durch deutlich sichtbare Warnschilder mit der Aufschrift „Vorsicht gefährlicher Hund!“ oder „Vorsicht bissiger Hund!" kenntlich zu machen. Die Haltung von Hunden im Sinne des § 8 Abs. 2 ist verboten.        (3) Gefährliche Hunde dürfen nicht in Mehrfamilienhäusern gehalten werden. Von dem Verbot nach Satz 1 kann im Rahmen der Erlaubnis nach § 10 befreit werden, wenn unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse sichergestellt ist, dass Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden.        (4) ...§ 2      Führen von Hunden        …          § 3      Leinenpflicht und Maulkorbzwang        (1) Hunde sind1. bei öffentlichen Versammlungen, Umzügen, Aufzügen, Volksfesten und sonstigen Veranstaltungen mit Menschenansammlungen,2. auf Sport- oder Campingplätzen,3. in umfriedeten oder anderweitig begrenzten der Allgemeinheit zugänglichen Park-, Garten- und Grünanlagen,4. in Einkaufszentren, Fußgängerzonen, Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln und5. bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern oder sonstigen von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen        so an der Leine zu führen, dass Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden. Die Leine muss reißfest sein und darf ein Höchstmaß von zwei Metern nicht überschreiten. Darüber hinaus ist ein Hund, der als gefährlich gilt, auch außerhalb des befriedeten Besitztums ständig an einer höchstens zwei Meter langen und reißfesten Leine zu führen.        (2) Die Leinenpflicht nach Absatz 1 gilt nicht in den als Hundeauslaufgebiet gekennzeichneten Gebieten. Für gefährliche Hunde gilt Satz 1 nur, wenn der Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb trägt.        (3) In Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln hat jeder Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb zu tragen. Darüber hinaus ist einem Hund, der als gefährlich gilt, außerhalb des befriedeten Besitztums ein das Beißen verhindernder Maulkorb anzulegen.        (4) …§ 4      Mitnahmeverbot        …          § 5      Untersagung des Haltens und Tötung von Hunden        (1) Die örtliche Ordnungsbehörde hat das Halten eines Hundes schriftlich zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Erlaubnisvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 4 oder des § 10 Abs. 2 nicht erfüllt werden oder durch das Halten eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Hund von einer Person gehalten wird, die nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für den Umgang mit Hunden besitzt.        (2) …§ 6      Anzeige- und Kennzeichnungspflicht        (1) Der Halter eines Hundes mit einer Widerristhöhe von mindestens 40 Zentimetern oder einem Gewicht von mindestens 20 Kilogramm hat der örtlichen Ordnungsbehörde unverzüglich die Hundehaltung anzuzeigen und den Nachweis der Zuverlässigkeit im Sinne des § 12 vorzulegen.        (2) Ein Hund im Sinne des Absatzes 1 ist dauerhaft auf Kosten des Halters mit Hilfe eines Mikrochip-Transponders gemäß ISO-Standard zu kennzeichnen. Die Identität des Hundes (Rasse, Gewicht, Größe, Alter, Farbe und Chipnummer) ist der örtlichen Ordnungsbehörde zusammen mit der Anzeige nach Absatz 1 mitzuteilen.§ 7      Zucht, Ausbildung und Abrichten        (1) Bei der Zucht von Hunden ist eine größtmögliche Vielfalt genetischer Verhaltensmerkmale anstelle einer selektiven Steigerung genetischer Aggressionsmerkmale sicherzustellen. Die Zucht von und mit gefährlichen Hunden ist verboten. Der Halter eines gefährlichen Hundes hat sicherzustellen, dass eine Verpaarung des Hundes mit anderen Hunden nicht erfolgt. Die Zucht der in § 8 Abs. 3 genannten Hunderassen bedarf der schriftlichen Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen von Satz 1 und § 10 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 vorliegen. § 10 Abs. 3 Satz 1, 3 bis 5 sowie § 10 Abs. 6 gelten entsprechend.        (2) Hunde dürfen nicht durch Ausbildung, Abrichten oder Halten zu gefährlichen Hunden im Sinne des § 8 Abs. 1 herangebildet werden.        (3) Bei der Ausbildung, dem Abrichten und der Aufzucht eines Hundes ist insbesondere auf die Heranbildung eines für Mensch und Tier sozialverträglichen, dem Halter jederzeit Folge leistenden Hundes hinzuwirken.§ 8      Gefährliche Hunde        (1) Als gefährliche Hunde im Sinne dieser Verordnung gelten:1. Hunde, bei denen auf Grund rassespezifischer Merkmale, Zucht, Ausbildung oder Abrichten von einer über das natürliche Maß hinausgehenden Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder einer anderen in ihrer Wirkung vergleichbaren, Mensch oder Tier gefährdenden Eigenschaft auszugehen ist,2. Hunde, die als bissig gelten, weil sie einen Menschen oder ein Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein, oder weil sie einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben,3. Hunde, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert Wild oder andere Tiere hetzen oder reißen, oder4. Hunde, die ohne selbst angegriffen oder provoziert worden zu sein, wiederholt Menschen gefährdet haben oder wiederholt Menschen in gefahrdrohender Weise angesprungen haben.        (2) Hunde folgender Rassen oder Gruppen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden gelten auf Grund rassespezifischer Merkmale oder Zucht als gefährliche Hunde im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1:1. American Pitbull Terrier, 2. American Staffordshire Terrier, 3. Bullterrier, 4. Staffordshire Bullterrier und 5. Tosa Inu.        (3) Insbesondere bei Hunden folgender Rassen oder Gruppen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden ist von der Eigenschaft eines gefährlichen Hundes auf Grund rassespezifischer Merkmale oder Zucht im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 auszugehen, solange der Hundehalter nicht im Einzelfall der örtlichen Ordnungsbehörde nachgewiesen hat, dass der Hund keine gesteigerte Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft gegenüber Mensch oder Tier aufweist:1. Alano, 2. Bullmastiff, 3. Cane Corso, 4. Dobermann, 5. Dogo Argentino, 6. Dogue de Bordeaux, 7. Fila Brasileiro, 8. Mastiff, 9. Mastin Español, 10. Mastino Napoletano, 11. Perro de Presa Canario, 12. Perro de Presa Mallorquin und 13. Rottweiler.Der Nachweis nach Satz 1 ist nur bei Hunden zulässig, die das erste Lebensjahr vollendet haben. Über den Nachweis nach Satz 1 erteilt die örtliche Ordnungsbehörde eine Bescheinigung (Negativzeugnis). Zuvor hat der Halter den Hund dauerhaft mit Hilfe eines Mikrochip-Transponders gemäß ISO-Standard kennzeichnen zu lassen und dies und seine Zuverlässigkeit nach § 12 der örtlichen Ordnungsbehörde nachzuweisen. Mit dem Negativzeugnis erhält der Hundehalter eine Plakette nach § 2 Abs. 3 Satz 5. Das Negativzeugnis verliert mit dem Wechsel des Hundehalters sowie nach der Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes seine Gültigkeit.§ 9      Handelsverbot        Das gewerbliche Inverkehrbringen von gefährlichen Hunden ist verboten. Personen, die über eine Erlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 4 verfügen, sind von dem Verbot nach Satz 1 ausgenommen.§ 10    Erlaubnispflicht        (1) Wer einen gefährlichen Hund ausbilden, abrichten oder mit Ausnahme der Hunde im Sinne des § 8 Abs. 2 halten will, bedarf der Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde.        (2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn1. die antragstellende Person das 18. Lebensjahr vollendet hat,2. sie die erforderliche Sachkunde nach § 11 besitzt,3. keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 12 nicht besitzt,4. die dem Halten, der Ausbildung und dem Abrichten dienenden Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen eine verhaltensgerechte und ausbruchsichere Unterbringung ermöglichen,5. die körperliche Unversehrtheit von Menschen und Tieren nicht gefährdet wird,6. die antragstellende Person, soweit diese das Halten eines gefährlichen Hundes beantragt hat, ein berechtigtes Interesse daran nachweist; ein berechtigtes Interesse an dem Halten eines gefährlichen Hundes kann insbesondere vorliegen, wenn das Halten der Bewachung eines besonders gefährdeten Besitztums dient, und7. die antragstellende Person den Nachweis des Bestehens einer Haftpflichtversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erbringt.        (3) Die Erlaubnis kann befristet und unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Die Erlaubnis zum Halten ist mit der Auflage zu versehen, den Hund dauerhaft mit Hilfe eines Mikrochip-Transponders gemäß ISO-Standard zu kennzeichnen; darüber hinaus soll die Auflage erteilt werden, den Hund zu kastrieren oder zu sterilisieren. Auflagen können auch nachträglich aufgenommen, geändert oder ergänzt werden. Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass eine der Voraussetzungen des Absatzes 2 bei der Erteilung nicht vorgelegen hat oder eine Voraussetzung nach der Erteilung der Erlaubnis entfallen ist. …        (4) Für die Haltung eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 8 Abs. 3, der das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, darf eine befristete Erlaubnis abweichend von Absatz 2 auch ohne den Nachweis eines berechtigten Interesses und ohne die Auflagen der Kastration oder Sterilisation erteilt werden.        (5) … Das Haltungsverbot nach § 1 Abs. 2 Satz 3 gilt nicht für Hunde in Tierheimen.        (6) Die Erlaubnis wird von der örtlichen Ordnungsbehörde im Benehmen mit dem zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt erteilt.§ 11    Sachkunde        Die erforderliche Sachkunde im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 2 besitzt eine Person, die über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen gefährlichen Hund jederzeit so zu halten und zu führen, dass von diesem keine Gefahr für Menschen, Tiere oder Sachen ausgeht. Der schriftliche Nachweis der erforderlichen Sachkunde ist auf Grund einer Sachkundeprüfung gegenüber der örtlichen Ordnungsbehörde zu erbringen. Eine Ausbildung zum Diensthundeführer von Bundes- oder Landesbehörden gilt als Nachweis der erforderlichen Sachkunde.§ 12    Zuverlässigkeit        …          § 13    Übergabe und Erwerb gefährlicher Hunde        (1) Die Übergabe eines gefährlichen Hundes mit dem Ziel der Aufgabe der Hundehaltung ist nur an Personen zulässig, die über eine Erlaubnis nach § 10 zum Halten dieses Hundes verfügen. Der ehemalige Hundehalter hat die Aufgabe der Hundehaltung sowie den Namen und die Anschrift des Erwerbers unverzüglich der für ihn zuständigen Ordnungsbehörde mitzuteilen. Der Erwerber hat der für ihn zuständigen Ordnungsbehörde den Erwerb des gefährlichen Hundes unverzüglich anzuzeigen.        (2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend bei der Übergabe und dem Erwerb eines Hundes, für den ein Negativzeugnis ausgestellt wurde.        (3) Soll der Hund außerhalb des Landes Brandenburg gehalten werden, darf der Hund abweichend von Absatz 1 Satz 1 übergeben werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.§ 14    Ordnungswidrigkeiten        ...      § 15    Ausnahmeregelungen        (1) Die Verordnung gilt nicht für Diensthunde des Bundesgrenzschutzes, des Zolls, der Bundeswehr, des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes und der Polizei.        (2) Die Verordnung gilt nicht für Jagd- und Herdengebrauchshunde, soweit diese im Rahmen ihrer jeweiligen Zweckbestimmung eingesetzt werden.        (3) Blindenführ- und Behindertenbegleithunde sind mit Ausnahme der Anzeigepflicht des § 6 Abs. 1 von den Regelungen dieser Verordnung befreit, wenn der örtlichen Ordnungsbehörde der Verwendungszweck des Hundes nachgewiesen wird.§ 16    Übergangsregelungen        (1) Soweit die Haltung des Hundes am 1. Juli 2004 nicht untersagt war und die Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 1 nicht vorliegen, findet für den Halter eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 8 Abs. 2 das Verbot des § 1 Abs. 2 Satz 3 keine Anwendung; es gilt für diese ab dem 1. Oktober 2004 die Erlaubnispflicht des § 10 Abs. 2 mit der Maßgabe, dass der Nachweis eines berechtigten Interesses zum Halten dieses gefährlichen Hundes entfällt.        (2) Soweit die Haltung des Hundes am 1. Juli 2004 nicht untersagt war und die Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 1 nicht vorliegen, gilt für den Halter eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 8 Abs. 3, für den ein Negativzeugnis nicht erteilt wird, ab dem 1. Oktober 2004 § 10 Abs. 2 mit der Maßgabe, dass der Nachweis eines berechtigten Interesses zum Halten dieses gefährlichen Hundes entfällt....“

Das Halten von Hunden im Sinne des § 8 Abs. 2 entgegen § 1 Abs. 2 Satz 3 HundehV ist gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 HundehV eine Ordnungswidrigkeit. Vorsätzliche und fahrlässige Begehung können mit einer Geldbuße bis zu 50 000 € geahndet werden; außerdem kann die Einziehung des Hundes angeordnet werden (§ 14 Abs. 2 HundehV). Die Verletzung der Maulkorbpflicht des § 3 Abs. 2 und 3 HundehV ist mit einer Geldbuße bis zu 10 000 € und ebenfalls mit der Einziehung des Hundes bedroht (§ 14 Abs. 1 Nr. 12, 13 und Abs. 2 HundehV).

Der Antragsteller betreibt das Heizungs-, Sanitär- und Bauklempnerhandwerk und ist Ausbilder und Prüfer im Auftrag des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e.V. Er ist Halter zweier Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier. Dabei handelt es sich um den 1995 angeschafften Rüden „C.“ und die 1997 angeschaffte Hündin „A.“. Das Amt B. stellte ihm die Bescheinigungen vom 27. September 1999 aus, dass beide Hunde nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Brandenburgischen Hundehalter-Verordnung vom 12. Juni 1998 erlaubnispflichtige gefährliche Hunde seien.

Der Antragsteller hat am 29. Januar 2005 beim Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg eine Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 VwGO beantragt. Hierzu trägt er vor:

1. Für nichtig zu erklären seien die das Halteverbot und den Maulkorbzwang für American Staffordshire Terrier (künftig: AST) regelnden Normen des § 1 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 HundehV sowie § 3 Abs. 1 letzter Satz i.V.m. § 3 Abs. 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 und § 16 Abs. 1 HundehV. Wegen des Halteverbots dürfe er keine weiteren AST anschaffen. Aufgrund des Maulkorbzwanges müsse er die Hunde außerhalb des befriedeten Besitztums mit Maulkorb versehen. Das verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 14 GG. Darüber hinaus würde der Maulkorb- und Leinenzwang den Tieren Qualen zufügen, was gegen §§ 1, 2 Tierschutzgesetz verstoße. Ein Maulkorb- und Leinenzwang sei unangemessen für Hunde, die nicht individuell gefährlich seien. Darin liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es an einem sachlichen Grund der Unterscheidung zu den nicht gelisteten Hunden fehle. Da er die Hunde ohne Maulkorb ausführen wolle, sei er in Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.

2. Die Annahme des Verordnungsgebers, die Hunde der gelisteten Rassen böten eine gesteigerte Gefahr für Menschen und Tiere, sei unzutreffend schon deshalb, weil es keine gefährlichen Hunderassen, sondern nur gefährliche Hundeindividuen gebe. Die Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutzkunde am Institut für Haustierkunde der Universität Kiel Frau Dr. Dorit Feddersen-Petersen habe in ihrem Schreiben vom 2. Januar 2001 ausgeführt, im abstrakten Sinne sei jeder Hund gleichermaßen gefährlich; Hund und Mensch würden stets ein Beziehungsgespann bilden, jedes Hundeverhalten werde vom Menschen entscheidend beeinflusst. Auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2002 - 6 CN 5.01 - sei die Rassezugehörigkeit kein taugliches Differenzierungskriterium im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 GG; es sei wissenschaftlich unhaltbar, alle Individuen einer Rasse verallgemeinernd als gefährlich einzustufen. Dafür, dass sich die Rassen bezüglich der Aggressivität nicht signifikant unterschieden, werde Beweis angeboten durch Prof. Dr. Hackbarth von der Tierärztlichen Hochschule Hannover als Zeuge.

Neuere fachwissenschaftliche Erkenntnisse würden belegen, dass die gelisteten Hunderassen keine gesteigerte abstrakte Gefahr aufwiesen. Dies sei den Arbeiten von Andrea Böttjer, Tina Johann und Struwe/Kuhne zu entnehmen. Die Rechtsprechung habe ausdrücklich dazu aufgefordert, neuere Erkenntnisse zu berücksichtigen. Der Antragsgegner habe nicht belegt, dass die gelisteten Hunde eine außergewöhnlich starke Beißkraft hätten. Die gelisteten Hunde seien entgegen der Darstellung des Antragsgegners auch nicht überdurchschnittlich groß, vielmehr sei der hier betroffene Hund AST mit ca. 43 bis 48 cm kleiner als ein Bernhardiner, eine Deutsche Dogge und ein Neufundländer. Wendigkeit und Beißkraft seien auch keine wissenschaftlich definierten Begriffe. Die gelisteten Hunderassen seien nicht für Hundekämpfe gezüchtet worden.

Dass von den gelisteten Hunderassen eine im Vergleich mit anderen Rassen höhere abstrakte Gefährlichkeit ausgehe, habe das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - NVwZ 2004, 597) nicht belegt.

Die Tierärztliche Hochschule Hannover habe nicht nur - wie allerdings die Dissertation von Andrea Böttjer - das innerartliche Verhalten gefährlicher Hunderassen untersucht. Sandra Bruns habe im Jahr 2003 fünf Hunderassen und einen Hundetypus im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung untersucht. Danach würden Hunde im Wesenstest mit einer Vielzahl von Reizen konfrontiert, wobei Alltagssituationen simuliert würden, z.B. die Begegnung mit Personen unterschiedlichen Alters, mit fremden Hunden und mit Kindern auf unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln. Diese Situationen seien klassifiziert nach dem Grad des Anreizens von Aggression. Zur Kategorie 1 gehöre ein hoher Anreizgrad (Bedrohung, Anschreien, Anstarren); zur Kategorie 2 ein mittlerer Anreizgrad (Klatschen, abruptes Aufstehen, Mann mit Mantel und Hut); zur Kategorie 3 gehöre ein geringer Anreizgrad (Fahrradfahrer, Stolpern, freundliche Ansprache). Beiße ein Hund schon bei geringem Anreizgrad, so bestehe er den Wesenstest nicht. Bei diesen Tests habe sich gezeigt, dass die Hunde der Rasse Golden Retriever vergleichsweise schlechter abschnitten als die Hunde der angeblich abstrakt gefährlichen Rassen. Die Untersuchungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover hätten Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth zufolge den wissenschaftlichen Nachweis erbracht, dass es zwischen den geprüften sechs Rassen keinen Unterschied hinsichtlich aggressiven Verhaltens gebe.

Die vom Antragsgegner vorgelegten Brandenburger Statistiken seien unvollständig und nicht aussagekräftig. Die Herkunft der Zahlen sei unklar, weil Hundegesamtpopulation, Ordnungsämter, Tierarztpraxen und Schätzungen nicht gesondert benannt seien. Auch fehlten Angaben über den Grad der beigefügten Bissverletzungen, über die Art der Ausgangssituation (angeleinte oder unangeleinte Hunde, unsachgemäße Trennungsversuche der Halter usw.) und ob Vorfälle doppelt gewertet worden seien. Ebenso unklar sei der Ort der Vorfälle (Haushalt, eigene Familie usw.).

3. Auch die weitere Annahme des Verordnungsgebers, von Hunden der Rasse AST gehe eine nochmals gesteigerte Gefahr („unwiderlegbar“) für Menschen und Tiere aus, sei unzutreffend. Deshalb sei auch die Einstufung der Hunde des Antragstellers nicht verhältnismäßig, insbesondere nicht angemessen. Dem Antragsgegner sei durchaus zuzubilligen, bestimmte Hunderassen als gefährlich aufzulisten bis zu einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung. Er dürfe aber nicht willkürlich eine Zuordnung zu widerlegbar oder unwiderlegbar gefährlich vornehmen und für unwiderlegbar gefährliche Rassen einen ständigen Maulkorbzwang und ein grundsätzliches Haltungsverbot anordnen. Dass von den als unwiderlegbar gefährlich gelisteten Rassen eine höhere abstrakte Gefahr ausgehe als von den als widerlegbar gefährlich gelisteten Rassen, ergebe sich nicht aus dem wissenschaftlich gefestigten Stand zurzeit des Erlasses der Verordnung (Hinweis auf die Auswertungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Universität Kiel). Die verfügbaren Populationszahlen seien nicht verlässlich. Insbesondere die Zahlen der Hunde der als unwiderlegbar gefährlich gelisteten Rassen seien viel zu niedrig, weil betroffene Halter sehr häufig ihre Hunde entweder gar nicht oder mit anderer Rassebezeichnung zur Steuer anmelden würden. Dementsprechend sei die Liste unwiderlegbar gefährlicher Rassen schon im Ansatz willkürlich zusammengestellt.

Auch bezogen auf konkrete Vorfälle erweise sich die Unterscheidung von widerlegbar und unwiderlegbar gefährlichen Rassen als willkürlich. Im Jahr 2003 habe ein Rottweiler einen Menschen getötet, gleichwohl sei diese Rasse nicht als unwiderlegbar gefährlich eingestuft worden. Als unwiderlegbar gefährlich sei dagegen der Tosa Inu eingestuft worden, obgleich für ihn keine Beißvorfälle verzeichnet seien. Ebenfalls keine Beißvorfälle seien in 2003 und 2004 für den Mastiff und die Bordeaux Dogge verzeichnet, sie seien jedoch als widerlegbar gefährlich gelistet.

Selbst unter Zugrundelegung der verfügbaren Populationszahlen erweise sich die Zuordnung der AST zu den unwiderlegbar gefährlichen Rassen als nicht gerechtfertigt. Für das Jahr 1999 seien für AST 11 Bisse von 954 Hunden verzeichnet (1,2 %), für Cocker Spaniel 12 Bisse von 544 Hunden (2,2 %), für den Spitz 35 Bisse von 612 Hunden (5,7 %), für den Kaukasischen Owtscharka (Schäferhund) 11 Bisse von 262 Hunden (4,2 %). Die Verhältnisse betrügen für 2001 bei den AST 31 Bisse von 954 Hunden (3,2 %) und für den Cane Corso 5 Bisse von 64 Hunden (7, 8 %). Die Verhältnisse betrügen für 2004 bei den AST 19 Bisse von 954 Hunden (2,0 %), für den nicht gelisteten Akbash 2 Bisse von 4 Hunden (50,0 %), für den widerlegbar gefährlichen Cane Corso 4 Bisse von 64 Hunden (6,3 %), für den widerlegbar gefährlichen Perro de Presa Canario 3 Bisse von 76 Hunden (3,9 %).

Solche Unterscheidungen könnten mit dem Vorrang der Schutzgüter Leben und körperliche Unversehrtheit nicht gerechtfertigt werden, denn es lägen keine triftigen Gründe für die Einstufung als unwiderlegbar gefährlich vor. Diese Einstufung sei weder erforderlich noch angemessen und somit rechtswidrig. Der Verordnungsgeber habe versäumt, den Nachweis der Ungefährlichkeit von Hunden der Liste zu § 8 Abs. 2 HundehV vorzusehen. Für ungefährliche Hunde müsse die Verordnung zumindest eine Befreiung von Auflagen vorsehen, insbesondere von der Auflage eines ständigen Maulkorbzwanges.

In anderen Bundesländern sei vorgesehen, Hunde gelisteter Rassen nach bestandenem Wesenstest als ungefährlich einzustufen. Dort lägen auch keine negativen Erfahrungen bei Maulkorbbefreiungen vor. Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Sachsen könne die Kampfhundeigenschaft durch eine Wesensprüfung widerlegt werden. In Nordrhein-Westfalen gelte das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Landeshundegesetz, das sich an den Empfehlungen der Innenministerkonferenz vom 7. - 8. November 2001 orientiere und eine Befreiungsmöglichkeit vorsehe; die Mehrzahl der Hunde bestehe die Verhaltensprüfung und erhalte die Befreiung von Leine und Maulkorb, nur innerörtlich verbleibe es bei der Anleinpflicht. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es ebenfalls die Möglichkeit der Befreiung von Maulkorb und Leine, sobald der Wesenstest bestanden sei. Die Rechtsprechung habe inzwischen bereits erkannt, dass die unwiderlegbare Gefährlichkeitsvermutung unverhältnismäßig sei und entsprechende Vorschriften nichtig seien (Hinweis auf VGH Kassel, Urteil vom 29. August 2001 - 11 N 2497/00 -, NVwZ-RR 2002, 650; OVG Lüneburg, Urteil vom 30. Mai 2001 - 11 K 2877/00 -; VGH Mannheim, Urteil vom 26. April 1999 - 1 S 2214/98 -). Auch das Bundesverwaltungsgericht vertrete in dem Urteil vom 3. Juli 2002 - 6 CN 8.01 - die Auffassung, dass der Gefahrenverdacht ausgeräumt sei, wenn der Hund die Wesensprüfung bestehe, und dass dann keine weiteren Anforderungen an die Hundehaltung gestellt werden könnten. Es sei unverhältnismäßig, dass ein Hund trotz Nachweises der Ungefährlichkeit ständig einen Maulkorb tragen müsse. Andere Bundesländer hätten keinerlei negative Erfahrungen mit der Befreiung vom Maulkorbzwang nach bestandenem Wesenstest gemacht, und dort erscheine der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden nicht weniger wichtig als in Brandenburg. Der Wesenstest sei ursprünglich zur Zuchtselektion entwickelt worden und nicht dazu, um über die Tötung oder Nichttötung eines Hundes zu entscheiden. Weshalb der Antragsgegner einen so unzulänglichen Test dazu benutze, um Hunde widerlegbar gefährlicher Rassen zu prüfen und sie im Falle des Bestehens von Auflagen zu befreien, sei fraglich. Die in der HundehV geregelte unwiderlegbare Gefährlichkeitsvermutung mit der Folge eines generellen Haltungsverbots und ständigen Maulkorbzwangs für AST sei nach alledem unverhältnismäßig und nichtig.

4. Schließlich sei es inkonsequent und verletze den Gleichheitssatz, andere Hunderassen mit gleichen Eigenschaften nicht als unwiderlegbar gefährlich einzustufen. So fänden sich als Rassestandards für die Rassen Weimaraner, Rhodesian Ridgeback, Deutsche Bracke, Bernhardiner und Deutscher Boxer Attribute wie stark bemuskelt, mannscharf, kräftig gebaut, äußerst kräftige Kiefer und Zähne. In Deck-Rüden-Anzeigen würden Schäferhundbesitzer mit Eigenschaften werben wie enorm triebstark, dominant mit derbem, vollem Griff, ausgeprägtem Aggressionsverhalten, Dominanz und Führerhärte. Der Deutsche Schäferhund sei nicht als unwiderlegbar gefährlich eingestuft worden, obgleich er im Jahre 2003 mit 332 Vorfällen, entsprechend 36,01 %, Spitzenreiter gewesen sei. Die Gefahr, in Brandenburg von einem Schäferhund gebissen zu werden, sei mehr als 10 % höher als durch einen Hund der als unwiderlegbar gefährlich geltenden Rassen.

5. Ebenso wie das Verbot der Hundehaltung sei die Leinen- und Maulkorbpflicht nicht gerechtfertigt. Nach Prof. Dr. Irene Stur von der Universität Wien erhöhe der Leinenzwang nur die Aggressivität eines Hundes. Frau Dr. Feddersen-Petersen zufolge verringere der Leinen- und Maulkorbzwang die erfahrbare Reizvielfalt für den Hund und erschwere seine Kontakte zu Artgenossen; selbst wenn der Hund bereits gebissen habe, sei die Rechtfertigung solcher Maßnahmen zweifelhaft, sie stellten möglicherweise sogar ein erhöhtes Unfallrisiko dar. Wechselnde Umweltreize, Sozialkontakte und artgemäße Bewegung könnten im eigenen umfriedeten Grundstück ohne Leine und Maulkorb nicht erreicht werden. Auch in Hundeauslaufgebieten könne dies nicht geschehen, weil Hunde der Liste des § 8 Abs. 2 HundehV auch hier zum Tragen des Maulkorbs verpflichtet seien. Der Verordnungsgeber brauche zwar die Hundeauslaufflächen in den Kommunen nicht selbst zu schaffen, müsse aber dafür sorgen, dass geschaffene Hundeauslaufflächen artgerecht, nämlich maulkorbfrei genutzt werden könnten. Daran fehle es, und dies könne auch nicht durch Spielstunden in flächenmäßig kleinen Hundeschulen ersetzt werden. Hiernach seien tierschutzwidrige Auflagen wie Maulkorb- und Leinenzwang nicht gerechtfertigt.

Der Antragsteller beantragt,

§ 1 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 Hundehalterverordnung Brandenburg vom 16. Juni 2004 (GVBl. II/04 S. 458) sowie

§ 3 Abs. 1 letzter Satz i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 und § 16 Abs. 1 der genannten Verordnung für nichtig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er führt aus:

Der Verordnungsgeber habe von der in § 25 a Abs. 4 OBG eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, nicht nur zur Gefahrenabwehr, sondern bereits zur Gefahrenvorsorge tätig zu werden. Sowohl das Haltungsverbot, die Leinenpflicht als auch der Maulkorbzwang seien rechtmäßig. Die hier streitige HundehV vom 16. Juni 2004 sei drei Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 erlassen worden. Sie habe sich in übereinstimmender Wertung inhaltlich an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts angelehnt und den gleichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse verarbeitet. Der Verordnungsgeber habe mit seiner Regelung zur Gefahrenabwehr nicht abwarten müssen, bis wissenschaftliche Erkenntnisse erschöpfend vorhanden seien, zumal er wegen des hohen Gewichts des Schutzes von Menschen und Menschenleben einen großen Gestaltungs- und Ermessensspielraum habe.

Von den Hunden der gelisteten Rassen gehe eine gesteigerte Gefahr für Menschen und Tiere aus. Hierzu habe bereits das OVG Frankfurt (Oder) in dem Urteil vom 20. Juni 2002 dementsprechende zeitgemäße fachwissenschaftliche Erkenntnisse ausgewertet. Die Fachwissenschaft könne die genetische Gefahrursache nicht ausschließen, wenngleich das aggressive Verhalten nicht allein genetisch bedingt sei. Die Dissertation Böttjer widerlege nicht die rassebedingte Gefährlichkeit, weil sie nur das Verhalten unter Hunden untersuche, nicht dagegen gegenüber Menschen, was für die HundehV wesentlich sei. Die Dissertation Johann widerlege ebenfalls nicht die rassebedingte Gefährlichkeit, weil sie sich nur auf Golden Retriever beziehe. Das Zahlenmaterial der FU-Untersuchung (Struwe/Kuhne) sei zweifelhaft, da ihm nur eine Umfrage des Deutschen Städtetags aus dem Jahre 1996 zu Grunde liege. Damit würden alle Berechnungen auf den gleich bleibenden Zahlen einer Schätzung der Gesamtpopulation aus dem Jahr 1996 beruhen. Allerdings würde auch die Zahl der im Jahr 2004 von den Ordnungsbehörden an das Brandenburgische Ministerium des Innern gemeldeten Hunde Unsicherheiten enthalten, denn die Kenntnis der Ordnungsbehörden hänge von den Steuerbehörden ab, die sich verschiedentlich auf das Steuergeheimnis berufen würden. Außerdem würden Hunde, die illegal gehalten würden, steuerlich nicht erfasst sein. - Der Antragsgegner hat in sieben beigefügten Anlagen die Statistiken über Hundebisse in den Jahren 1999 bis 2004 beigefügt.

Der Antragsgegner führt weiter aus, Art. 3 Abs. 1 GG sei durch die Rasselisten in § 8 Abs. 2 und 3 HundehV nicht verletzt. Der Normgeber - auch der Verordnungsgeber - habe einen weiten Gestaltungsspielraum, wie er ordnungsrechtlichen Gefahren begegnen wolle. Die (abstrakte) Gefährlichkeit der Listenhunde resultiere aus Körpergröße, Wendigkeit und Beißkraft. Damit lägen hinreichende sachliche Anhaltspunkte für die Aufnahme in die Liste vor. Eine Umfrage des Deutschen Städtetags habe ergeben, dass Bullterrier erheblich öfter bissen als andere Hunderassen. Das reiche für das Eingreifen der staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit von Menschen aus, auch wenn es noch keine vollständig gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die genetisch bedingte Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen gebe.

Von den Hunden der Rasse AST gehe eine nochmals gesteigerte Gefahr („unwiderlegbar“) für Menschen und Tiere aus. Die Brandenburger Statistik über Bissvorfälle belege, dass der AST - gemessen an der Gesamtpopulation - häufiger an Bissvorfällen beteiligt sei als etwa der Deutsche Schäferhund, der Husky und der Golden Retriever. Die Vorfälle mit AST hätten von 11 im Jahr 2003 auf 19 im Jahr 2004 zugenommen. Zwar habe der AST keine überdurchschnittliche Größe, dies sei jedoch nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Gefährlichkeit. Für die Gefährlichkeit spreche die Beschreibung in der Fachliteratur, die ihn mit den Worten kennzeichne: „Stämmiger und muskulöser Körperbau, kräftiger Kiefer sowie starkes Gebiss, hohe Sprungkraft, im Verhalten dominant und ungestüm“. Rund 16 % der Bissvorfälle bei den AST seien für einen anderen Hund tödlich.

Das Verbot der Hundehaltung sei mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar, insbesondere verhältnismäßig. Es sei erforderlich, weil Wesenstests zur Feststellung von Gefährlichkeit keine genügend sichere Prognose ergäben. Wesenstests stellten nur eine Momentaufnahme dar und würden möglicherweise durch Eingabe von Präparaten verfälscht. Der Wesenstest sei ursprünglich entwickelt worden, um Zuchtselektionsmerkmale herauszufinden. Gegen seine Verwendung für alle Hunde hätten sich die Wissenschaftler gewandt. Selbst wenn er weiterentwickelt worden sei, sei der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht gefestigt. Das Haltungsverbot sei auch im engeren Sinne angemessen. Das allgemeine Interesse überwiege und potentielle Halter könnten sich auch Hunde anderer Rassen anschaffen.

Auch die Leinen- und Maulkorbpflicht sei nicht zu beanstanden. Der Maulkorbzwang für Hunde der in § 8 Abs. 2 HundehV gelisteten Rassen sei zum Schutz vor gesteigert aggressiven Hunden geeignet. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. In die allgemeine Handlungsfreiheit werde nur geringfügig eingegriffen. Der Maulkorbzwang sei auch tierschutzrechtlich zulässig, weil Schmerzen, Leiden oder Schäden im Sinne von § 1 Tierschutzgesetz nicht ohne vernünftigen Grund zugefügt würden. Die Behauptung, der Maulkorb nehme dem Hund die Möglichkeit des Temperaturausgleichs, sei nicht belegt, insbesondere nicht durch verursachte Todesfälle. Überdies sei das Tragen des Maulkorbs nicht ständig geboten, sondern nach § 3 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 HundehV nur außerhalb des befriedeten Besitztums.

Der Maulkorbzwang für gefährliche Hunde nach § 8 Abs. 2 HundehV sei auch in Hundeauslaufgebieten erforderlich und angemessen, weil auch dort eine abstrakte Gefahr - insbesondere für andere Hundehalter und ihre Tiere - bestehe. Die Hunde könnten sich dort gesteigert aggressiv verhalten. Demgegenüber wiege der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit weniger schwer. Die Schaffung von Hundeauslaufgebieten falle in den Aufgabenbereich der kommunalen Selbstverwaltung. Überdies sei dem Antragsteller zuzumuten, von maulkorbfreien Hundeauslaufgebieten in Hundeschulen Gebrauch zu machen.

Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

Gründe

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

I. 1. Das Oberverwaltungsgericht ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BbgVwGG für die Entscheidung über Anträge betreffend die Gültigkeit von Rechtsvorschriften im Range unter dem Landesgesetz, mithin auch für die Überprüfung von Regelungen der Hundehalterverordnung, sachlich zuständig.

2. Der Antrag ist hinsichtlich des Gegenstandes und der einzuhaltenden Zweijahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig, denn der Antragsteller greift Vorschriften der Hundehalterverordnung - HundehV - an und hat den Normenkontrollantrag innerhalb von zwei Jahren nach der am 30. Juni 2004 erfolgten Bekanntmachung der Hundehalterverordnung, nämlich am 29. Januar 2005, gestellt.

3. Der Antragsteller ist i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Vorschrift kann eine Person einen Normenkontrollantrag dann stellen, wenn sie geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwGE 107, 215, 217 f.; 117, 209, 211). Gegenstand des Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 BbgVwGG ist hierbei grundsätzlich die einzelne Rechtsvorschrift. Davon ausgehend ist die Antragsbefugnis des Antragstellers gegeben, denn die angefochtenen Regelungen der Verordnung wirken sich unmittelbar belastend auf ihn aus, indem sie seinen Umgang mit den von ihm gehaltenen Hunden der Rasse AST beschränken und ihm die Möglichkeit versperren, weitere Hunde dieser Rasse anzuschaffen. Die angefochtenen Regelungen schränken zumindest die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers ein, so dass sich schon hieraus die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ergibt (vgl. OVG Frankfurt (Oder), NVwZ 2001, 223 f.). Dies gilt auch hinsichtlich der vom Antragsteller bereits gehaltenen Hunde mit Negativattesten des Amtes Biesenthal-Barnim, da deren Haltung gemäß der Übergangsregelung des § 16 Abs. 1 HundehV zwar nicht verboten ist, aber den übrigen Vorschriften für gefährliche Hunde unterliegt.

II. Der Antrag ist unbegründet.

1. Die Rechtssetzungszuständigkeit des Landes Brandenburg für den Erlass der streitgegenständlichen Verordnung ist gegeben. Der Regelungsgegenstand der Hundehalterverordnung betrifft das Recht der allgemeinen Gefahrenabwehr und -vorsorge, das gemäß Art. 70 Abs. 1 GG in die Rechtssetzungskompetenz der Länder fällt. Wesentlich geprägt ist die Verordnung von Regelungen, die dem Schutz von Menschen und Tieren vor denjenigen Gefahren dienen, welche unmittelbar von Hunden und mittelbar von ihren Haltern und Hundeführern ausgehen (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 3 HundehV). Damit unterscheidet sich die Hundehalterverordnung von Regelungen des Tierschutzes, für die der Bund nach Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Nr. 20 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz innehat (vgl. schon OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20. Juni 2002 - 4 D 89/00.NE -, juris; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742, 743).

2. Die im Land Brandenburg für den Erlass der Verordnung geltenden Kompetenz- und Formvorschriften sind gewahrt. Die Befugnis des Ministers des Innern zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung beruht auf § 25a Abs. 4 und 5 des Ordnungsbehördengesetzes - OBG - in der durch Gesetz vom 20. April 2004 (GVBl I S. 153) geänderten Fassung. Danach kann der Minister des Innern durch Rechtsverordnung die erforderlichen Bestimmungen zur Vorsorge und zur Abwehr der von gefährlichen und anderen Hunden ausgehenden Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum treffen. Die Formvorschrift des § 29 OBG ist eingehalten, denn die Verordnung trägt eine ihren Inhalt kennzeichnende Überschrift mit dem Textteil "Ordnungsbehördliche Verordnung" (§ 29 Nr. 1 und 2 OBG), benennt unter Beachtung von § 29 Nr. 3 OBG und Art. 80 Satz 3 der Verfassung des Landes Brandenburg (Landesverfassung - LV -) die Ermächtigungsgrundlage und gibt den örtlichen Geltungsbereich gemäß § 29 Nr. 5 OBG dadurch an, dass sie uneingeschränkt gilt, also für das ganze Gebiet des Landes Brandenburg. Ferner enthält sie nach § 29 Nr. 6 OBG den Tag, unter dem sie erlassen worden ist (Datum der Unterschrift des Ministers des Innern), und bezeichnet gemäß § 29 Nr. 7 OBG die Behörde, die die Verordnung erlassen hat. Die nach § 32 Abs. 1 OBG erforderliche Verkündung fand im Gesetz- und Verordnungsblatt Teil II, 2004 Nr. 17, S. 458 am 30. Juni 2004 statt. Das in § 17 HundehV bestimmte Datum des Inkrafttretens - am 1. Juli 2004 - hält sich im Rahmen des § 33 OBG. Für die Befristung der Geltungsdauer, die die Verordnung nicht eigens regelt, gilt § 31 Abs. 1 Satz 3 OBG, wonach im Falle des Fehlens einer Befristung die Verordnung zwanzig Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt.

3. Die streitbefangene Verordnung hat eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 25a OBG. Die Anforderungen von Art. 80 Satz 2 LV, welcher in Übereinstimmung mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG regelt, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung im Gesetz bestimmt sein müssen, sind erfüllt.

Die ausdrücklich für die Ermächtigung zum Erlass einer Hundehalterverordnung geschaffene Gesetzesvorschrift gibt insoweit keinen Anlass zu Zweifeln. Sie bezieht erklärtermaßen nicht nur die Gefahrenabwehr, sondern auch die Vorsorge gegen mögliche Gefahren ein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 - 6 CN 8.01 - E 116, 347, 353). Die Definition für gefährliche Hunde findet sich im Gesetz selbst, das hierfür in § 25 a Abs. 3 Nr. 1 bis 4 OBG die maßgeblichen Kriterien nennt. Die Verordnung hat diese Kriterien in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 wörtlich übernommen. Für die hier im Einzelnen angegriffenen Regelungen finden sich ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungen, nämlich für die Hundehaltung, die Leinenpflicht und für den Maulkorbzwang in § 25 a Abs. 4 Nr. 1 OBG und für die Bestimmung von Rassen, für welche die Eigenschaft als gefährliche Hunde vermutet wird und für welche wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit eine Halteerlaubnis nicht erteilt werden darf, in § 25 a Abs. 4 Nr. 5 OBG. Zwar ist die grundlegende Entscheidung für eine Rasseliste dem Gesetzgeber vorbehalten, die einzelnen in der Liste enthaltenen Hunderassen müssen aber nicht in der gesetzlichen Verordnungsermächtigung festgelegt sein (BVerwG, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 79 S. 81 mwN). Dem Verordnungsgeber verbleibt vielmehr im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage ein Spielraum zur Aufnahme von Hunderassen in die Liste (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2007 - 6 B 81.06 - juris, Rn. 22). Dass in der Verordnung überhaupt eine Rasseliste enthalten ist, hat der Antragsteller zuletzt auch nicht mehr angegriffen.

4. Die Aufnahme der AST in die Rasseliste des § 8 Abs. 2 HundehV, die die unwiderlegbar als gefährlich geltenden Hunde benennt, verletzt nicht das der Verordnung übergeordnete Recht. Das Verbot der sachwidrigen Differenzierung, das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt, und die Vorgabe des § 25 a Abs. 4 Nr. 5 OBG, an die besondere Gefährlichkeit der Rasse oder Gruppe anzuknüpfen, hat der Verordnungsgeber beachtet. Denn die Gefahr für Menschen und Tiere, die von der Hundehaltung allgemein ausgeht (hierzu 4.1), findet sich in gesteigertem Maße bei den Hunden, die zu den in den Listen des § 8 Abs. 2 und 3 HundehV aufgeführten Rassen gehören (4.2). Hiervon ausgehend durfte der Verordnungsgeber Sonderregelungen für die Hunde der in § 8 Abs. 2 HundehV genannten Rassen schaffen und die AST in die Liste der unwiderlegbar als gefährlich geltenden Hunde einordnen (4.3).

4.1 Spontan aggressives Verhalten liegt im Bereich artgemäßen Hundeverhaltens und kann auch bei guter Haltung situationsbezogen schon mit Blick auf den artgemäßen Verteidigungs- und Beutetrieb nicht ausgeschlossen werden (vgl. Schöning, "Gefährliche“ Hunde, Deutsches Tierärzteblatt 1999, 674, 680; Stur, "Kampfhunde" – gibt’s die?, Wien 2000, S. 2; Bundestierärztekammer, Pressemitteilung vom 5. Juli 2000, Deutsches Tierärzteblatt 2000, 803). Deshalb ist bei generell-abstrakter Betrachtungsweise davon auszugehen, dass von Hunden art spezifische Gefahren ausgehen, die im Einzelfall Schäden an Leib und Leben von Menschen und Tieren nach sich ziehen können (ebenso VGH Mannheim, NVwZ 1999, 1016, 1017; VBlBW 2002, 292, 293; RhPfVerfGH, NVwZ 2001, 1273, 1274; OVG Schleswig, NVwZ 2001, 1300, 1301 f.). Die Haftpflichtversicherungen geben für Deutschland eine Zahl von etwa 30.000 Hundebissverletzungen pro Jahr an (Reuhl u.a., Tod durch "Kampfhund"-Bisse, Archiv für Kriminologie, 1998, S. 140, 141). Insoweit ist eine Ordnungsregelung für alle Hunde aufgrund der von ihnen ausgehenden Gefahren grundsätzlich nicht zu beanstanden.

4.2 Darüber hinaus geht von den in den Rassekatalogen des § 8 Abs. 2 und 3 HundehV erwähnten Hunderassen im Unterschied zur Gesamtheit der übrigen Hunderassen ein erhöhtes Gefahrenpotenzial aus, welches den Erlass weiterer die Haltung und Führung solcher Hunderassen regulierender Vorschriften rechtfertigt (vgl. auch OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20. Juni 2002 - 4 D 89/00.NE -, juris).

4.2.1 Die Anknüpfung an eine Hunderassezugehörigkeit ist kein sachfremdes, sondern ein das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG wahrendes Kriterium zur Bestimmung von gefährlichen Hunden. Der Einwand, es gäbe keine gefährlichen Hunde kraft ihrer Rassezugehörigkeit, sondern nur individuell und rasseunabhängig feststellbar aggressive Hunde (vgl. Feddersen-Petersen, Redebeitrag zur Anhörung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. August. 2000, S. 1; dies., Brief an den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Januar 2001; Hamann, NVwZ 2000, 894 f.; Redlich, "Gefährliche Hunderassen"?, Tierärztliche Umschau 2000, 175, 177; Stur, "Kampfhunde" - gibt’s die?, a.a.O., S. 1; OVG Schleswig, NVwZ 2001, 1300, 1303), kann dahinstehen. Denn Anknüpfungspunkt ist nicht eine festgestellte oder vermutete individuelle Gefährlichkeit des einzelnen Hundes, sondern sind das genetische Potenzial und körperliche Merkmale der aufgelisteten Hunderassen, die jedenfalls bei Hinzutreten weiterer Umstände eine Gefahr ergeben können (vgl. BVerfG, NVwZ 2004, 597, 600; BVerwG, NVwZ-RR 2002, 140, 141). Zwar ist es gesicherte Erkenntnis, dass die genetische Disposition nicht alleinige Ursache für Aggressionen und damit einhergehende Gefahren darstellt (so schon BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 - 6 CN 8.01 - E 116, 347 [354]; der Antragsteller, der sich auf diese und die Parallelentscheidung zu BVerwG 6 CN 5.01 vom gleichen Tage beruft, verkennt, dass die Eingriffsmöglichkeiten des Verordnungsgebers bei der Gefahrenvorsorge über diejenigen bei der Gefahrenabwehr, wie sie in diesen Entscheidungen behandelt sind, hinausgehen). Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass mehrere Faktoren, insbesondere Umwelteinflüsse und darunter vor allem diejenigen, die dem Hundehalter zuzurechnen sind, Hunde gefährlich machen können. Allerdings ist es ebenso unzweifelhaft, dass die Rassezugehörigkeit, die zugrunde liegende Zucht und nicht zuletzt die körperliche Konstitution schon für sich nicht unbeträchtliche Gefahrenpotenziale enthalten können. So gibt Eichelberg an, dass bestimmte Hunderassen aufgrund ihrer morphologischen Eigenschaften und ihrer angeborenen Talente für spezielle Aufgaben geeigneter seien als andere (in: Verband für das Deutsche Hundewesen e.V.- VDH - Hrsg., "Kampfhunde"? Gefährliche Hunde - Neue wissenschaftliche Gutachten, S. 5; ebenso Loeffler/Eichelberg, Das Wesen des Hundes - zugleich ein Beitrag zur Haltung und Zucht sog. Kampfhunde, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1991, S. 235, 236). Feddersen-Petersen räumt ein, dass es bestimmte Zuchtlinien gewisser Rassen gibt, bei denen durch einseitige Zuchtziele Extremformen hervorgebracht worden sind, deren Reizschwelle zur Auslösung aggressiven Verhaltens so weit gesenkt wurde, dass diese Tiere immer als latent gefährlich bezeichnet werden müssen (Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, 1986, S. 72, ferner S. 78). Ebenso wie körperliche Schäden vererbt werden könnten, gebe es auch Verhaltensstörungen, die genetisch fixiert seien (Feddersen-Petersen, wie vor, S. 84). Jedes individuelle Hundeverhalten entwickle sich unter dem kombinierten Einfluss von genetischer Disposition und diversen Umwelterfahrungen (Feddersen-Petersen in VDH, Hrsg.: "Kampfhunde"?, S. 14). Unshelm und Wegner meinen ebenfalls, dass die Aggressivität eines Hundes teilweise von der genetischen Disposition, teilweise von Umweltfaktoren, vor allem aber von Wechselbeziehungen zwischen beiden Ursachengruppen abhängt (Unshelm in VDH, Hrsg., "Kampfhunde"?, S. 20; Wegner, Kleine Kynologie, 1987, S. 120 f.; vgl. auch Rehage, Der praktische Tierarzt, 1992, 412 f. und Brunner, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1978, 346, 347). Stur hat dies in ihrem Gutachten "Zur Frage der besonderen Gefährlichkeit von Hunden auf Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen" (o.J.) gleichfalls eingeräumt (S. 1 und 2). Schöning klassifiziert ebenfalls Aggressionsverhalten von Hunden als multifaktorielles Geschehen (Deutsches Tierärzteblatt 2000, 904, 906) und führt aus, dass Gene zwar keine Verhaltensmuster kodieren, aber der Genotyp die Disposition eines Individuums, in bestimmten Situationen bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen, beeinflusse. Dem Beweisangebot des Antragstellers, Prof. Dr. Hackbarth als „Zeugen“ (gemeint: Sachverständigen) dafür zu hören, dass sich die Rassen bezüglich der Aggressivität nicht signifikant unterscheiden, brauchte der Senat nicht nachzugehen, weil er aus den aufgeführten hundekundlichen Äußerungen hinreichend eigene Sachkunde bezieht und weil der Antragsteller in keiner Weise substanziiert hat, der Sachverständige verfüge über bessere Erkenntnismittel.

Der Umstand, dass die Sachverständigen Stur und Feddersen-Petersen ebenso wie die Hauptversammlung des 22. Deutschen Tierärztetages vom 24. März 2000 eine rasseunabhängige Beurteilung von Hunden für vorzugswürdig halten, stellt die genetisch-züchterische Kausalitätskomponente für das Gefährlichkeitspotenzial eines Hundes nicht in Frage. Sie wird auch nicht durch die Angaben des Antragstellers in Frage gestellt, Kampfhunde seien niemals für den Kampf gegen Menschen gezüchtet worden und ein Kampfhund, der einen Menschen gebissen habe, sei umgehend getötet worden. Denn auch die Züchtung für den Kampf untereinander hat offenbar zur Zunahme von Aggressivität, Kampfstärke und Beißkraft geführt, auch wenn - wie der Antragsteller unter Berufung auf Frau Dr. Feddersen-Petersen von der Universität Kiel betont - in früherer Zeit ein Stammbaum für Rassen im zoologischen Sinne nicht geführt wurde und es Zuchtbücher erst seit rund 100 Jahren gibt. Nach Auffassung der Bundestierärztekammer kann abnorm gesteigertes aggressives Verhalten auch durch gezielte Auswahl besonders aggressiver Tiere zur Zucht erreicht werden (Pressemitteilung vom 5. Juli 2000, Deutsches Tierärzteblatt 2000, 803). Schließlich geht jeder, der Hunde züchtet, davon aus, dass sich durch die zweckgerichtete Selektion bei der Züchtung bestimmte Eigenschaften des Tieres herausbilden lassen (vgl. Fleig, Kynos großer Hundeführer, 1995, S. 14 ff.; bestätigend Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, S. 78 und 80, wonach sich durch Zuchtwahl ein negatives Sozialverhalten entwickeln kann, insbesondere verstärktes Aggressionsverhalten durch Senkung der Aggressionsschwelle). Dies gilt auch für solche Eigenschaften, welche im ordnungsrechtlichen Sinne gefahrbildend sind, mag auch der Anteil dieser Eigenschaften an der Gefahrverursachung im Vergleich mit Umweltfaktoren in der fachwissenschaftlichen Literatur unterschiedlich bemessen werden. Auch wenn der Einfluss genetischer bzw. morphologischer Faktoren nicht einheitlich beurteilt wird, steht doch fest, dass diese Faktoren sich neben weiteren Ursachen auf die Gefährlichkeit eines Hundes auswirken und deshalb ein zulässiger Anknüpfungspunkt für die Gefahrenvorsorge und Gefahrenbekämpfung sein können. Dies gilt erst recht, wenn imponierend oder sogar furchteinflößend aussehende große Hunde von Haltern sozusagen als „geladene Waffe“ mit sich geführt werden (hierzu z.B. Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, S. 82; VGH Kassel, NVwZ-RR 2002, 650, 656).

An diesem Kenntnisstand haben auch die vom Antragsteller eingereichten Arbeiten von Andrea Böttjer, Tina Johann, Sandra Bruns und Struwe/Kuhne nichts geändert. Böttjer, Johann und Bruns haben Aggressivitätstests und sog. Wesenstests mit Hunden verschiedener Rassen durchgeführt, wobei sich die Rassen nicht wesentlich voneinander unterschieden hätten. In den Testanordnungen ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass es gelungen sein sollte, den Faktor „Rasse“ isoliert zu prüfen. Es fehlt jeglicher Ausschluss der Einwirkung anderer Faktoren, die einen Einfluss auf die je aktuelle Aggressionsneigung haben können (etwa Eigenschaften und Praktiken des Halters, Maß der Sättigung bzw. des Hungers zur Testzeit, unterschiedliche Tageszeiten, vorausgegangene reizarme oder reizstarke Situationen usw). Folglich haben bei allen getesteten Hunden weitere Faktoren in einem nicht feststellbaren Ausmaß mitgewirkt und kann ein Schluss auf die unterschiedslose Gleichartigkeit des Rassefaktors nicht gezogen werden.

Auch die statistische Untersuchung von Struwe/Kuhne erbringt keine zuverlässige Erkenntnis über die Wirkweise des Rassefaktors. Zwar konnten die Verfasser aus den verfügbaren Statistiken entnehmen, dass Hunde der als unwiderlegbar gefährlich gelisteten Rassen nicht durchgehend die höchsten Zahlen an Bissvorfällen aufweisen, vielmehr darin von Deutschen Schäferhunden und Sibirian Huskies übertroffen werden. Über ein Indiz der Gefährlichkeit der letztgenannten Rassen geht dies jedoch nicht hinaus. Entsprechende Indizien für die AST erbringt die statistische Untersuchung übrigens, indem sie die Zahlen der Zwischenfälle mit Hunden dieser Rasse in Berlin nennt: Sie beläuft sich auf 32 bis 96 in den Jahren 1998 bis 2003. Angesichts der - auch von den Beteiligten eingeräumten - Unsicherheiten der hundebezogenen Statistiken konnte der Antragsgegner im Wesentlichen auf die die Gefahr indizierenden realen Bissvorfälle als solche zurückgreifen, so dass es keines Eingehens auf Relationen zu Populationszahlen bedarf.

Hängt es von einer Vielzahl von Faktoren ab, ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden kann, so darf der Gesetzgeber zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit gesetzliche Vorkehrungen treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Hunde bestimmter Rassen - und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren wie Erziehung, Ausbildung, situativen Einflüssen, vor allem aber mit der Zuverlässigkeit und Sachkunde seines Halters - für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden können (vgl. BVerfG, NVwZ 2004, 597, 600). Das trifft hier für den Gesetzgeber und aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung auf den Verordnungsgeber zu.

Anhaltspunkte für das erhöhte Gefahrenpotenzial der in § 8 Abs. 2 und 3 HundehV genannten Rassen einschließlich der Kreuzungen ergeben sich aus Bissvorfällen, aus der zuchtspezifischen Erscheinungsform, der überdurchschnittlichen Körpergröße oder Wendigkeit, der Kopfform und einer damit einhergehenden hohen Beißkraft sowie aus ihrer bekannten Zuchtgeschichte, welche Rückschlüsse auf eine reduzierte Hemmschwelle und eingeschränktes Sozialverhalten zulassen (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20. Juni 2002, - 4 D 89/00.NE - juris). Die Rassezugehörigkeit in Verbindung mit weiteren Umständen, deren Eintritt ihrerseits nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlich ist, begründen erhebliche Gefahren für Leib und Leben von Menschen und anderen Tieren (ebenso OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742, 745 mwN). Dabei finden sich Unterschiede zwischen den in § 8 Abs. 3 HundehV (hierzu 4.2.2) und in § 8 Abs. 2 HundehV (nachfolgend 4.2.3) genannten Hunderassen. Der Senat gibt hierzu im Wesentlichen die Schilderung der Hunderassen wieder, wie sie sich bereits im Urteil des OVG Frankfurt (Oder) vom 20. Juni 2002 (- 4 D 89/00.NE - juris) zur insoweit gleichlautenden Hundehalterverordnung vom 25. Juli 2000 findet und vom Antragsteller nicht substanziiert angegriffen worden ist:

4.2.2 Die Hunderasse des Alano ( § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HundehV) ist eine aus Spanien stammende, jahrhundertelang zu Jagdzwecken verwendete kurzhaarige Doggenart. Er wird als Wach-, Schutz- und Hofhund gehalten. Der Alano misst zwischen 57 bis 65 cm Schulterhöhe mit einem Gewicht bis etwa 50 kg und fällt durch einen eher kurzen, sehr muskulösen Körper mit breitem wuchtigem Schädel mit tiefer Stirnfurche auf. Die unter Weitergabe des Erbgutes des alten Alanos entstandenen Hunderassen sind der Perro de Presa Canario, Perro de Presa Mallorquin, Cane Corso, Mastino Napolitano, die Bordeaux-Dogge, der Dogo Argentino, Fila Brasileiro (Alano Club e.V. Moers; Gondrexon, Hunderassen der Welt, 5. Aufl. 1990, S. 174; Räber, Enzyklopädie der Rassehunde Bd. 1, S. 445). Diese neueren Hunderassen finden sich gleichermaßen auf der Liste des § 8 Abs. 3 HundehV, so dass es im Einzelfall entbehrlich sein kann, den Alano sicher zu bestimmen, wenn der Hund jedenfalls nur einer der vorgenannten Hunderassen oder ihren Kreuzungen zugeordnet werden kann, um die daran anknüpfenden Rechtsfolgen auszulösen.

Anhaltspunkte für eine erhöhte Gefährlichkeit ergeben sich aus der Zucht als stämmiger Treib- und Packhund für die Jagd, der auch für die Rinderzucht und zum Kriegsdienst eingesetzt worden ist. Er ist sehr muskulös, für einen Molosser erstaunlich flink und hat ein starkes Gebiss, so dass er unter falschen Haltungsbedingungen zu einer erheblichen Gefahr für die Allgemeinheit werden kann. Aus diesem Grund ist er von der Arbeitsgruppe für Tierschutz der für das Veterinärwesen zuständigen obersten Landesbehörden als widerlegbar gefährlich eingeschätzt worden (Protokoll vom 5. September 2001).

Der Bullmastiff (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2) ist als Wach- und Schutzhund gezüchtet worden und aufgrund seiner Größe und Schmerzunempfindlichkeit gefährlich. Allerdings handelt es sich seinem Wesen und Körperbau nach um einen Gebrauchshund, der bis zum 2. Weltkrieg beinahe auf jeder englischen Polizeiwache anzutreffen gewesen sein soll. Die Rasse ist unter den Molossern vergleichsweise naturbelassen und gesund (vgl. Fleig, Hunderassen der Welt, 2. Aufl. 1991, S. 118). Neben Furchtlosigkeit wird ihm ein ernstes Wesen und Gelassenheit nachgesagt. In den deutschen Beißstatistiken erscheint er nicht.

Der Cane Corso (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HundehV) wird auch der italienische Mastiff genannt. Bei dieser Rasse handelt es sich um einen großen und starken Hund (Schulterhöhe 66-72 cm, Gewicht 60 bis 75 kg), der als Schutz- und Wachhund seit 1987 in den Vereinigten Staaten verbreitet ist. Beißvorfälle mit ihm sind für das Land Brandenburg bislang nicht bekannt geworden, wahrscheinlich auch deshalb, weil es sich hierbei um eine neue, nicht verbreitete Rasse handelt, die den Ordnungsbehörden unbekannt ist. Im Freistaat Bayern wird sie seit Juni 2001 ebenfalls auf der Liste der widerlegbar gefährlichen Hunde geführt (vgl. Pressemitteilung des Bay. Staatsministeriums des Innern vom 29. 6. 2001 - Nr. 289/01).

Der Dobermann (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4) zählt zu den Pinschern und wird als großer Schutzhund (68 - 72 cm Schulterhöhe) beschrieben, der 1860 von einem gleichnamigen Züchter aus Apolda als scharfer mannfester Haus- und Hofhund gezüchtet worden ist (Schneider-Leyer, Welcher Hund ist das?, S. 34). Er kann zwar ohne weiteres scharf und gefährlich sein (v.d.Leyen, Charakterhunde, 2. Aufl. 1999) und wird teilweise auch als Vollblut unter den Gebrauchshunderassen beschrieben. Kritisch wird er von Wegner als bis heute scharfer, misstrauischer Wach- und Diensthund charakterisiert, der halt auch mal zubeiße und sich schlecht unterordne (Wegner, Kleine Kynologie, 3. Aufl. 1999, S. 237). Andererseits wird er in Deutschland seit langem gezüchtet und gehalten, ohne dass er zu Zwecken des Hundekampfes in besonderer Weise auffällig geworden wäre.

Der Dogo argentino (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5) ist ein weißer Jagd- und Wachhund aus Argentinien und ist dort eigens zur Arbeit auf großen Rinderfarmen als Hirten- und Packhund gezüchtet worden. Er gilt als schmerzunempfindlich und widerstandsfähig bis zur Selbstaufopferung (Stur, Zur Frage der besonderen Gefährlichkeit von Hunden auf Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen [o.J.], S. 9). Er ist ein großer robuster Wachhund (Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 220; Schneider-Leyer, Welcher Hund ist das?, S. 55), dessen massiger, muskulöser Kopf furchteinflößend wirkt. In Argentinien soll er in neuerer Zeit auch als Gebrauchshund bei der Polizei, der Armee und dem Grenzschutz mit Erfolg eingesetzt worden sein (Räber, Enzyklopädie der Rassehunde, Stuttgart 1993, Bd. 1, S. 456). Beißvorfälle sind hierzulande weder statistisch noch konkret bekannt.

Die Dogue de Bordeaux (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6) ist eine schwere und große Doggenart aus Frankreich, die unter Einkreuzung des englischen Mastiff entstanden ist (vgl. Räber, a.a.O. Bd. 1, S. 433). Zwar wurde sie im Mittelalter als Packhund zur Bären- und Saujagd sowie als Metzgerhund zur Bewachung des Viehs gebraucht, später auch zu Tierkämpfen verwandt (Räber, a.a.O. Bd. 1, S. 434 f.), so dass sie im Ernstfall wegen ihres athletischen und muskulösen Körpers gefährlich werden kann (Schneider-Leyer, a.a.O., S. 29), sie findet aber heutzutage in Frankreich verbreitet als Wach- und Haushund Verwendung. Konkrete Beißvorfälle sind nicht bekannt.

Der Fila Brasileiro (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7) ist eine aus Brasilien stammende Doggenrasse, die vergleichbar mit dem Dogo Argentino als Farmerhund zu Wach- und Hütedienst verwendet und entsprechend gezüchtet worden ist (Stur, Gefährlichkeit, S. 6; Gondrexon, S. 88). Die Schulterhöhe ist mit 65 - 75 cm für den Rüden und 60 cm für die Hündin beträchtlich. Er wirkt dank seiner starken Bemuskelung, seines elastischen Ganges und eckigen, massiven Schädels mit breitem Maul furchteinflößend und gilt als angriffslustig (Schneider-Leyer, a.a.O., S. 59). Allerdings sind konkret auf ihn bezogene Beißvorfälle in Deutschland nicht bekannt.

Der Mastiff ( § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 HundehV) ist ein ursprünglich englischer traditioneller Schutz- und Jagdhund, der schon im Mittelalter darüber hinaus zum Bull und Bear-Baiting [to bait = quälen] zur Belustigung des Adels verwandt wurde (Räber, a.a.O., Bd. 1, S. 390; Fleig, Kampfhunde I, 3. Aufl. 1995, S. 49 ff.). Er hat eine erhebliche Schulterhöhe (nach Schneider-Leyer, a.a.O. - 76 cm Rüde, 69 cm Hündin) und wiegt bis zu 90 kg (von der Leyen, a.a.O.). Wegen seiner eindrucksvollen Größe und Gestalt wirkt er ebenfalls furchteinflößend (Eichelberg in VDH, Hrsg.: "Kampfhunde"? S. 6) und reagiert auf Fremde angriffslustig. Er hat aber nicht die Wendigkeit der in § 8 Abs. 2 HundehV aufgeführten Hunderassen, ist leicht zu erziehen, freundlich und ernst (vgl. Fleig, Kynos-Atlas, Hunderassen der Welt, S. 306). Als ehemaliger Saupacker (Wegner, a.a.O., S. 226) und Bullenbeißer schlummert in ihm jedoch eine leicht nicht mehr zu kontrollierende Kraft, so dass bei der Erziehung nicht einmal Ansätze von Wutausbrüchen gestattet werden sollten (Fleig, a.a.O., S. 306; vgl. auch von der Leyen, Charakterhunde, a.a.O.). Die Rasse ist mehrfach in andere, heute als gefährlich geltende Hunderassen eingekreuzt worden. Sie wird in der Mehrzahl der Bundesländer als widerlegbar gefährlicher Hund geführt. Beißvorfälle sind in Deutschland nicht bekannt.

Auch für den Mastin Espanol (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9), einer ebenfalls großen und schweren Molosserrasse, sind konkrete Beißvorfälle im Bundesgebiet nicht bekannt.

Der Mastino Napoletano (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10) ist eine enorm wuchtige und starkknochige Doggenart, welche als Schutz- und Wachhund in Italien gezüchtet worden ist. Er ist rassetypisch robust und mutig (Stur, Zur Frage der Gefährlichkeit, S. 6), allerdings fehlt auch ihm die für Terrier spezifische Wendigkeit.

Gleiches gilt für den Perro de Presa Canario (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 11), der als Schutz- und Wachhund aus Spanien vermutlich auf den Kanarischen Inseln aus der Kreuzung einheimischer Hunde mit Bulldoggen und Mastiffs hervorgegangen ist. Zwar wurde seine Züchtung später planmäßig zum Zwecke des Hundekampfs vorgenommen (Räber a.a.O. Bd. 1, 449 f.), aber auch er vermag nicht wie die in § 8 Abs. 2 aufgeführten Hunderassen in gleicher Weise schnell und unberechenbar anzugreifen.

Der Perro de Presa Mallorquin (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 12) ist ebenfalls ein Schutz- und Wachhund aus Spanien, der aus Mallorca stammt und ursprünglich zum Hundekampf gezüchtet worden ist (Räber, a.a.O., Bd. 1, 449; Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 346). Er scheint selbst in Spanien relativ selten zu sein. Fleig berichtet, dass es Meinungsverschiedenheiten darüber gebe, ob er überhaupt noch existiert (Fleig, a.a.O.). Er gilt als unerschrocken (Gondrexon, a.a.O., S. 107). Auch er ist in mehreren Bundesländern als widerlegbar gefährlich qualifiziert, taucht aber nicht in Beißstatistiken auf.

Der Rottweiler (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 13 HundehV) ist in Deutschland vergleichsweise weit verbreitet. Er ist ein mittelgroßer bis großer, stämmiger Hund (Schulter 61 bis 68 cm - Rüde; 56 - 63 cm - Hündin), dessen kräftige Gestalt auf große Kraft, Wendigkeit und Ausdauer schließen lässt. Er stammt von den sog. Rottweiler Metzgerhunden ab, welche zum Viehtrieb eingesetzt wurden. Im Zuge der Mechanisierung und Industrialisierung entfiel diese Aufgabe, so dass die Rasse um 1882 nahezu ausgestorben war (Fleig, a.a.O., S. 382). Für den Einsatz als Schutz- und Gebrauchshund, auch als Diensthund für die Polizei, nahm die Zucht aber wieder einen weltweiten Aufschwung. Mit Rücksicht auf den Verwendungszweck wurden Angriffslust und Kampftrieb als Vorteil angesehen. Inzwischen stellt heute ein Übermaß an diesen Eigenschaften ein ernstes Hindernis für die Brauchbarkeit dieses Hundes als Diensthund dar (Wegner, a.a.O. S. 235).

Fleig zufolge hat er einen ausgeprägten Sinn, seinen Herrn und seine Familie zu verteidigen, wird ohne Aufgaben unausgeglichen, angespannt und ist dann nicht ungefährlich. Fleig empfiehlt eine Haltung, bei der es zu keinen Missverständnissen kommen dürfe. Es sei unachtsam, den Hund mit kleinen Kindern spielen zu lassen. Bei zwei Rüden solle man nie darauf vertrauen, dass es keine ernsthaften Auseinandersetzungen gebe (Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 384). Der Rottweiler kann schon wegen seiner Körpermasse, Muskel- und Beißkraft und seiner niedrigen Reizschwelle eine besondere Gefahr für Mensch und Tier darstellen (Bayerisches Staatsministeriums des Innern, Pressemitteilung vom 29.6. 2001 - Nr. 289/01, anlässlich der Einfügung des Rottweilers in die Bayerische Kampfhundeverordnung).

In statistischen und anderen Untersuchungen fällt er mehrfach auf : So wurde in der Umfrage bei 93 befragten Städten für den Zeitraum 1990 bis 1995 der Rottweiler mit 542 Beißvorfällen an dritter Stelle hinter Schäferhunden und Mischlingen benannt (Deutscher Städtetag, Beiträge zur Kommunalpolitik, Reihe A, Heft 24, Köln 1997, S. 47). Ebenfalls jeweils auf den dritten Platz kam er bei den lokalen Untersuchungen der Staatsanwaltschaft 1988 - 1990 in Dortmund (siehe Unshelm/Rehm/Heidenberger, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1993, S. 383, 384) sowie in Berlin für das Jahr 1998 (Bündnis 90/Die Grünen Berlin, "Der tut nix - der will nur spielen", S. 5, nach einer Kleinen Anfrage im Abgeordnetenhaus Berlin). In der Statistik des Landes Brandenburg zu Beißvorfällen im Jahr 2003, welche vom Antragsgegner vorgelegt worden ist, erscheint er nach absoluten Zahlen an zweiter Stelle hinter dem Schäferhund.

4.2.3 Die in § 8 Absatz 2 HundehV genannten Hunderassen gehören bis auf den Tosa Inu durchweg zur Gruppe der bullartigen Terrier, die zuchtgeschichtlich gesehen als Kampfhunderassen (vgl. Fleig, Kampfhunde I, 3. Aufl. 1995, S. 100) entstanden sind und auch heute noch dafür missbraucht werden. Ferner ist durch § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 (BGBl. I S. 530) die Einfuhr und Verbringung dieser Hunderassen in das Bundesgebiet verboten worden; nach § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl. I S. 838) wurde für diese Hunderassen zugleich das Vorliegen eines übersteigerten Angriffs- und Kampfverhaltens festgestellt und eine Züchtung von und mit ihnen verboten. Diese Rassen verfügen über ein erhöhtes Aggressionspotenzial, geringe Hemmschwellen und physisch hervorragende Kämpfereigenschaften. Sie erscheinen in Beißstatistiken und haben häufig zu Beißvorfällen geführt. Im Einzelnen (s. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20. Juni 2002, - 4 D 89/00.NE - juris):

Der American Pitbull Terrier (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 HundehV) wird von Züchtern in den Vereinigten Staaten als unvermischte Weiterzucht der ursprünglichen „Bull and Terriers“ betrachtet (vgl. Räber, Enzyklopädie der Rassehunde, Bd. 2, S. 259; Fleig, Kampfhunde I, S. 88) und als außerordentlich mutig beschrieben (Gondrexon, Hunderassen der Welt, 5. Aufl. 1990, S. 127). Er soll in erster Linie auf "gameness" [Mut, Schneid] gezüchtet werden. Darunter wird "der anhaltende Kampfwille bis zur Erschöpfung auch bei schwerer körperlicher Verletzung" verstanden (Räber, a.a.O.). Sie werden als starke Hunde beschrieben, die, wenn man sie auf die Probe stellt, angreifen und einen knochenzermalmenden, verstümmelnden Biss haben (Fleig, Hunderassen der Welt, 2. Aufl. 1991, S. 118). Es wird dringend empfohlen, Pitbull-Terriern eine intensive Unterordnungserziehung angedeihen zu lassen (Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 82). Von Feddersen-Petersen wird überdies von einem grotesk übersteigerten Aggressionsverhalten in bestimmten Schlägen berichtet, welches ein Zusammenleben der Welpen untereinander und mit der Mutterhündin unmöglich macht (in VDH, Hrsg.: "Kampfhunde"? S. 12). In der Studie des Deutschen Städtetages (Der Stadthund, S. 47) und im Berliner Tierschutzbericht 2000 (abgedr. in: Bündnis 90/Die Grünen, Hrsg., "Der tut nix - der will nur spielen", S. 5) stand der Pitbull nach Beißvorfällen in absoluten Zahlen an der vierten Stelle. Wenngleich diesen wie auch anderen Beißstatistiken nur ein begrenzter Aussagewert zukommt (hierzu schon unter 4.2.1 und noch zu 4.3.2), können sie als Indiz für die Gefährlichkeit mit herangezogen werden.

Hunde dieser Rasse haben die Wesensprüfung in Hessen in den Jahren 2000 bis 2001 in über 10% der Fälle und Hunde mit Einkreuzung dieser Hunderasse in immerhin noch über 6% der Fälle nicht bestanden. Diese Durchfallquote ist im Vergleich zu den Prüfungsergebnissen für andere Hunderassen erheblich und gibt für die Gefährlichkeit dieser Hunderasse einen zusätzlichen Anhaltspunkt. In der Statistik des Landes Brandenburg zu Beißvorfällen im Jahr 2004, welche vom Antragsgegner vorgelegt worden ist, erscheint auch diese Hunderasse mit Beißvorfällen. Die Rasse ist seit 1991 in England durch das Dangerous Dogs Act verboten worden (Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 82).

Der - hier in Rede stehende - American Staffordshire Terrier (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 HundehV) soll auf Hunde zurückgehen, die zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs für den Hundekampf nach Amerika importiert worden sind (Räber, a.a.O., Bd. 2, S. 256; Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 83). Er soll den Staffordshire Bull Terrier zum Vorfahren haben (Fleig, Hunderassen der Welt, S. 119). Das Zuchtziel ist weniger auf einen bestimmten Typ, als in erster Linie auf eine "großartige Kampfmaschine" ausgerichtet gewesen (vgl. Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 83). Er soll daher ein gewaltiges Stehvermögen, legendären Mut, Anpassungsfähigkeit und Intelligenz haben. Der Kampfhundeursprung habe der Rasse Mut und Schutztrieb gebracht (Fleig, a.a.O., vgl. auch Stur, Zur Frage der besonderen Gefährlichkeit, S. 9). Er wird noch heute als Kampfhund in den Vereinigten Staaten illegal verwendet (Räber, a.a.O., S. 256). Von seinem Äußeren fällt der kraftvolle Kiefer und die gute Bemuskelung des Halses auf; ein starker Unterkiefer und Beißkraft wird unter Zuchtaspekten gefordert. Allein die körperliche Anwesenheit eines solchen Hundes kann abschrecken und Angstzustände auslösen (Peper, Staffordshire Bull Terrier und American Staffordshire Terrier, S. 33 und 36). Entsprechend der angezüchteten Beißkraft sind die Verletzungen, die er zufügt, lebensgefährlich und bisweilen tödlich, insbesondere dann, wenn er sich so in den Gegner oder das Opfer verbeißt, dass der Kiefer nur noch mit Gewalt geöffnet oder aufgebrochen werden kann (vgl. Reuhl u.a., Tod durch "Kampfhund"-Bisse, Archiv für Kriminologie, 1998, S. 140, 142, 147). Auch für diese Hunderasse ist für bestimmte Zuchtlinien eine einseitige Selektion auf Angriffs- und Kampfverhalten, eine gestörte Jugendentwicklung und Aggressionsdressur festgestellt worden (so Reuhl u.a., a.a.O. S. 147, 148). Der American Staffordshire Terrier braucht seiner Natur nach immer eine feste Hand des Halters (v. d. Leyen, Charakterhunde, 2. Aufl., 1999; Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 83). Eine Spezialerziehung zur Vermeidung von Aggressivität wird empfohlen (Fleig, a.a.O., S. 83). Allerdings sind auch positive Darstellungen von ihm als gutmütigem Familienhund oder Therapiehund bekannt (Peper, a.a.O., S. 32, 36 und 40; ebenso Fraser, American Staffordshire Terrier, S. 27, 30, 31). Jedoch wird zugleich auch auf die starke menschenbezogene Gefallsucht und Anpassungsfähigkeit hingewiesen, welche ihn leicht führbar und instrumentalisierbar macht (Peper, a.a.O., S. 32, 38, 40; Fraser, a.a.O., S. 27).

Der Bullterrier (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 HundehV) wird als "Gladiator unter den Hunden" beschrieben (Räber, a.a.O., Bd. 2, S. 226), der in England Ende des neunzehnten Jahrhunderts aus einer Kreuzung von Bulldoggen mit Terriern hervorgegangen ist. Ausdrückliches Zuchtziel war auch hier der Hundekampf (Wegner, Kleine Kynologie, S. 248; Fleig, Kynos-Atlas, Hunderassen der Welt, S. 251). Hierzu war es unter Zuchtgesichtspunkten erstrebenswert, "einen Hund zu bekommen, dessen Schnauze besser zum Beißen geeignet ist als die der Vollblut-Bulldogge" (so Räber, a.a.O., S. 227). Der Unterschied zwischen Bildern von Hunden seinerzeit und von heute belegt den Zuchterfolg, denn der Kopf ist heutzutage vergleichsweise massiger, muskulöser, langgestreckter und häufig durch das sog. Downface bzw. "roman finish" charakterisiert (Räber, a.a.O., S. 235). Der züchterische Selektionsdruck ergab sich aus dem Umstand, dass nur die überlebenden Exemplare zur Zucht kamen (Stur, Zur Frage der besonderen Gefährlichkeit von Hunden auf Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, S. 5). Der Bullterrier wird von seinem Erscheinungsbild insgesamt als kräftig, muskulös und beweglich beschrieben (Stur, a.a.O., S. 6, Schneider-Leyer, Welcher Hund ist das?, S. 33; Gondrexon, Hunderassen der Welt, S. 112); er gilt als kampffreudig und entschlossen (Schneider-Leyer, a.a.O., S. 32). Er soll vor keinem Gegner Respekt haben (Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 160). Dem Halter wird daher eine feste Hand nahegelegt (Fleig, a.a.O.; ders., Kynos-Atlas, Hunderassen der Welt, S. 251; Schneider-Leyer, a.a.O., S. 33; von der Leyen, Charakterhunde, S. 46). Als Dienstgebrauchshund wird er nur selten eingesetzt (Wegner, a.a.O., S. 248). Von bestimmten Zuchtlinien wird referiert, dass Hündinnen ihre Welpen tot beißen (Wegner, a.a.O., S. 249). An anderer Stelle wird das Sozialverhalten von Bullterrierwelpen als frühzeitig agonistisch (aggressiv) interpretiert und das Verhalten von Bullterrierweibchen als "grobes Hantieren" bis hin zur Empfindungslosigkeit für Schmerzlaute der Welpen beschrieben (E.C.George, Beitrag zur frühen Verhaltensontogenese von Bullterriern, Hannover 1995, S. 122 f., 158, 177). Nach einer von Feddersen-Petersen referierten Arbeit von Schleger (Wien, 1983) soll es während einer Zucht- und Verhaltensuntersuchung zu extrem aggressivem Verhalten der Paarungspartner gegeneinander und der Mütter zu ihren Welpen gekommen (s. Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, S. 78/79). Dieses Verhalten wird auch als genetisch bedingte Hypertrophie des Sozialverhaltens bezeichnet (Feddersen-Petersen, wie vor, S. 78). Der Bullterrier steht in der o.g. Statistik des Deutschen Städtetages mit 169 Beißvorfällen auf dem 6. Platz (Der Stadthund, S. 47).

Der Staffordshire Bullterrier (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 HundehV) wird als Vetter des Bullterriers bezeichnet (Räber, a.a.O., Bd. 2, S. 233). Auch er wurde für illegale Hunde- und auch Bärenkämpfe gezüchtet (v.d.Leyen, Charakterhunde; Räber, a.a.O, Bd. 2, S. 248). Es wird betont, dass jedes Auftreten von Aggressionsverhalten gegenüber anderen Hunden unterbunden werden muss (Fleig, Kynos großer Hundeführer, S. 457). Im Verhältnis zu dem American Staffordshire und American Pit Bull Terrier ist er etwas kleiner, stellt sich jedoch gleichfalls als durch und durch muskulöser Terrier dar, dessen vergleichsweiser kurzer Kopf über ein beeindruckendes Scherengebiss verfügt. Er gilt als mutig, intelligent und zäh (Gondrexon, a.a.O., S. 124). In der Statistik der Beißvorfälle des Deutschen Städtetages liegt er von den Fallzahlen mit dem Bullterrier gleichauf (a.a.O., S. 47). Ähnlich wie beim American Staffordshire Terrier ist allerdings auch von dem Staffordshire bekannt, dass er als Familienhund insbesondere im angelsächsischen Raum große Verbreitung findet (Peper, a.a.O., S. 32, 36 und 40).

Vergleichbar dürften sich die Umstände für den Tosa Inu nach Nr. 5 der Vorschrift des § 8 Abs. 2 HundehV darstellen. Selbst wenn dies mangels hinreichender Information nicht festgestellt werden könnte, würde dies an der Vertretbarkeit des Konzepts des § 8 Abs. 2 HundehV nichts ändern.

4.3 Die geschilderten Merkmale der genannten Rassen durfte der Verordnungsgeber zum Anlass für Sonderregelungen nehmen (4.3.1), dementsprechend unterschiedliche Regelungen zur Gefahrenvorsorge treffen (4.3.2), aber auch von der Aufnahme weiterer Rassen in die Listen absehen (4.3.3).

4.3.1 In dem betroffenen Regelungsbereich hatte der Verordnungsgeber die Belange der Gefahrenabwehr und -vorsorge mit den Belangen der Hundehalter und des Tierschutzes abzuwägen. Beim Erlass von Vorschriften, die das Führen, Halten und Züchten von Hunden regeln, also nicht an personenbezogene oder unveräußerliche Merkmale der Adressaten anknüpfen, sondern deren Verhalten bestimmen, verfügt der Normgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum, der nicht an den strengen Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu messen ist (BVerfGE 88, 87, 96 f.; 93, 99, 111; 95, 267, 316 f.; 99, 367, 388-390; vgl. auch BerlVerfGH, NVwZ 2001, 1266, 1268; RhPfVerfGH, NVwZ 2001, 1273, 1275). Daher kann der Verordnungsgeber im Rahmen seines Gestaltungs- und Ermessensspielraums grundsätzlich frei entscheiden, ob und welchen Gefahren er mittels einer Verordnung zur Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge begegnen will und ob er sich hierfür auch unbestimmter Rechtsbegriffe oder typisierender Kriterien bedient, so dass der Verwaltungsvollzug im Bereich der Hundehaltung und -züchtung als Massenerscheinung ermöglicht wird. Zwar darf er nicht willkürlich handeln, aber seine Gestaltungsfreiheit ist umso größer, je bedeutsamer der Schutzzweck der Regelung ist und je weniger empfindlich in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird (BVerfGE 88, 87, 96 f.). Sein Gestaltungsspielraum entspricht derjenigen Einschätzungs- und Entscheidungsprärogative, die dem Gesetzgeber zugestanden wird, soweit er Gefahren, die der Allgemeinheit drohen, prognostisch beurteilt und legislativ bewältigt (BVerfGE 77, 84, 106; BVerwGE 62, 36, 39).

Soweit die in die Verordnung aufgenommenen Rasselisten in Verbindung mit den weiteren Vorschriften belastende Wirkungen für die Halter der dort aufgezählten Hunderassen haben, ist eine Tatsachengrundlage erforderlich, die diese Rechtsfolgen nach Art und Gewicht rechtfertigt; auch insoweit verbleibt dem Verordnungsgeber ein normativer Prognosespielraum hinsichtlich der von den einzelnen Hunderassen ausgehenden Gefahren (vgl. BVerfGE 77, 84, 106). Werden Gefährdungspotenziale nach Rassen unterschiedlich bewertet, wie dies der Verordnungsgeber durch die Unterscheidungen von widerlegbar oder unwiderlegbar gefährlichen Hunden sowie nach deren Größe und Gewicht vornimmt, dann müssen die Typisierungen auch hinsichtlich der Abstufungen nach Gefahrenpotenzialen tatsächlich belegbar sein.

4.3.2 Für die Hunde der nicht gelisteten Rassen hat der Verordnungsgeber weniger einschneidende Regelungen getroffen. Für sie gilt, dass nur im Einzelfall eine Gefährlichkeit nach § 8 Abs. 1 HundehV festgestellt werden kann und nur von einer bestimmten Größe und einem bestimmten Körpergewicht an gemäß § 6 Abs. 1 und 2 HundehV Pflichten zur Anzeige und Kennzeichnung sowie zum Nachweis der Zuverlässigkeit des Halters bestehen. Halter solcher Hunde unterliegen der Sicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 HundehV, und sie haben ihren Hund durch Halsband nach § 2 Abs. 3 Satz 1 HundehV zu kennzeichnen und nach § 2 Abs. 6 HundehV zu beaufsichtigen. Auch besteht der Leinenzwang für eine Reihe öffentlicher und halböffentlicher Örtlichkeiten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 HundehV) sowie der Maulkorbzwang nach § 3 Abs. 3 Satz 1 HundehV für alle Verwaltungsgebäude und öffentlichen Verkehrsmittel unabhängig von Rasse oder Größe eines Hundes.

Demgegenüber ist die Last der Pflichten für Halter von Hunden der in § 8 Abs. 2 und 3 HundehV aufgeführten Hunderassen schwerer und korrespondiert mit der erhöhten abstrakten Gefährlichkeit, wie sie sich aus den bereits beschriebenen Beobachtungen und fachkundlichen Einschätzungen ergibt, die eine hinreichend verlässliche Tatsachengrundlage für die Beurteilung der Gefährlichkeit darstellen. Von den anderen unterscheiden sich die in § 8 Abs. 2 und 3 HundehV aufgeführten Hunderassen, wie bereits ausgeführt, in der zuchtspezifischen Erscheinungsform, der überdurchschnittlichen Körpergröße oder Wendigkeit, der Kopfform und einer damit einhergehenden hohen Beißkraft, die nicht zuletzt aus der Zuchtgeschichte resultieren. Diese Eigenschaften heben die gelisteten Hunderassen grundsätzlich nicht nur von der Gesamtheit anderer Hunderassen, sondern auch voneinander ab.

Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ist der Verordnungsgeber bei der Feststellung einer gesteigerten Gefährlichkeit gewisser Hunderassen nicht auf bestimmte Methoden, Auswahlkriterien oder Erkenntnisquellen festgelegt. Die von ihm vorzunehmende Gefahrenabschätzung kann auf empirischen Tatsachen wie etwa der Beißhäufigkeit, aber auch auf Art und Schwere der durch Vertreter der jeweiligen Rassen hervorgerufenen Verletzungen sowie auf kynologischen Erkenntnissen über das Ausmaß der rassespezifischen Gefährlichkeit beruhen (vgl. BerlVerfGH, NVwZ 2001, 1266, 1269). Die sog. Beißstatistiken geben einen Anhalt für die Gefährlichkeit, haben aber insofern einen begrenzten Aussagewert, als die Beißvorfälle den Rassen zugeordnet werden, ohne den Anlass der Vorfälle sowie Art und Ausmaß der Verletzungen genau zu erfassen. Hinzu kommt, dass die absoluten Zahlen der Vorfälle nicht zuverlässig in ein Verhältnis zur Gesamtzahl der Population der jeweiligen Rassen gesetzt werden können, weil die Dunkel-Nr. der nicht amtlich gemeldeten Vorfälle mit Hunden sehr hoch zu veranschlagen ist und eine korrekte Zuordnung der Hunde zu einer Rasse, insbesondere zu selteneren Rassen nicht immer vorausgesetzt werden kann (vgl. Deutscher Städtetag, Der Stadthund, S. 41 und 48; Redlich, a.a.O., S. 177, 178). Im Ergebnis stellen die Beißstatistiken zwar auch Anhaltspunkte dar, die der Verordnungsgeber heranziehen konnte, aber angesichts anderer rasse- und zuchtspezifischer Merkmale dieser Hunderassen war er nicht verpflichtet, allein danach die abstrakte Gefährlichkeit zu bestimmen.

Die nochmals gesteigerte Gefährlichkeit der unter § 8 Abs. 2 HundehV gelisteten Rassen beruht auf den geschilderten körperlichen Merkmalen, ihrem Verhalten und sonstigen Eigenschaften. Sie sind überdies in besonderem Maße geeignet, durch Züchtung, Haltung oder Ausbildung kurzfristig die Eigenschaft als Kampfhund zu erwerben. Insbesondere von den Rassen Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Pit Bull-Terrier gehen im Vergleich zu den in § 8 Abs. 3 aufgeführten Hunderassen aufgrund ihrer genetischen Disposition und züchterischen Auslese nochmals gesteigerte abstrakte Gefahren aus. Wie dargestellt weisen hundekundliche Stellungnahmen eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit für bestimmte Zuchtlinien der Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier aus, welche von Kynologen als hypertroph (übergroß) und unbiologisch bezeichnet worden sind.

Damit sind sachliche Gründe dafür gegeben, die Halter von Hunden der Rassen nach § 8 Absatz 2 gegenüber den Haltern von Hunden der Rassen nach § 8 Abs. 3 HundehV von der Nachweismöglichkeit der Ungefährlichkeit auszunehmen und insoweit schlechter zu stellen.

Für die geringere Gefährlichkeit der in § 8 Abs. 3 HundehV genannten Hunderassen sprechen ihre körperlichen Merkmale und ihr ruhigeres und ausgeglicheneres Wesen. Sie werden demgemäß häufig auch zu Gebrauchszwecken eingesetzt. Ehemals einseitige Kampfhundeigenschaften sind entweder nicht mehr in gleicher Weise eindeutig dominant oder sind jedenfalls nicht aktuell zu gewärtigen. Durch dieses geringere Maß der Gefährlichkeit ist es sachlich gerechtfertigt, dass der Verordnungsgeber den Haltern von Hunden der in § 8 Abs. 3 HundehV genannten Rassen die Möglichkeit eröffnet, die Gefahrenprognose durch einen Wesenstest zu widerlegen. Das Risiko, das trotz eines bestandenen Wesenstests verbleibt, der Hund werde zu einem späteren Zeitpunkt zur Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne, konnte der Verordnungsgeber bei Hunden dieser Rassen hinnehmen, bei Hunden der Rassen nach § 8 Abs. 2 HundehV und deren Kreuzungen aber wegen des höheren Gefahrenpotenzials und daher mit sachlichen Gründen im Rahmen seines normativen Ermessens ablehnen. Im Übrigen bleibt der Verordnungsgeber gehalten, die Gefährlichkeit der gelisteten Hunderassen im Auge zu behalten, um auf entsprechende neuere Erkenntnisse zu dem möglicherweise nicht mehr erkennbaren, herabgeminderten oder aber gesteigerten Gefahrenpotenzial durch eine Aktualisierung der Rasselisten zu reagieren (vgl. BVerfG, NVwZ 2004, 597, 601).

Aus dem Vorstehenden folgt weiter, dass der Verordnungsgeber die Rasse der AST ohne Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit den unwiderlegbar als gefährlich geltenden Hunden in § 8 Abs. 2 HundehV zugeordnet hat. Auch der Bundesgesetzgeber hat die Rasse der AST im Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 (BGBl. I S. 530) als übersteigert aggressiv eingeschätzt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Annahme, dass Hunde dieser Rasse so gefährlich sind, dass ihre Einfuhr und ihr Verbringen in das Inland unterbunden werden müssen, als vertretbar und nicht offensichtlich unrichtig und damit als verfassungsgemäß beurteilt (BVerfG, NVwZ 2004, 597, 600).

4.3.3 Der Verordnungsgeber hat ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz von der Aufnahme weiterer Hunde in die Rasselisten nach § 8 Abs. 2 und 3 HundehV abgesehen. Er war nicht gehalten, aus Gründen der Gleichbehandlung auch andere gefahrenträchtige Hunderassen in die Rasselisten aufzunehmen (vgl. bereits OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20. Juni 2002, - 4 D 89/00.NE - juris). Es fällt allerdings auf, dass dort weder die Deutsche Dogge noch der Deutsche Schäferhund aufgenommen worden sind, obwohl diese Rassen in den bekannten Beißstatistiken auffallen (vgl. Deutscher Städtetag, Beiträge zur Kommunalpolitik Reihe A, Heft 24, Köln 1997, S. 47; Unshelm/Rehm/Heidenberger, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1993, 383, 384f). Von der Aufnahme weiterer Rassen in die Listen des § 8 Abs. 2 und 3 HundehV konnte der Verordnungsgeber aber mit der sachlichen Begründung absehen, dass die nicht aufgenommenen Hunderassen wie der Deutsche Schäferhund seit langem in Deutschland weit verbreitet sind, in der Allgemeinheit eine höhere Akzeptanz genießen und als Schutz- und Gebrauchshunde für vielerlei Zwecke, besonders bei Polizei, Grenzschutz, Schutzdiensten und traditionell als Wach-, Such- und Blindenhunde verwendet werden (ebenso BerlVerfGH, NVwZ 2001, 1266, 1270; vgl. auch BVerwG, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 79 S. 75 [82]; a.A. VGH Mannheim, NVwZ 1999, 1016, 1018). Zu den sachlichen Differenzierungsgründen gehört auch, dass bei Züchtern und Haltern dieser Hunderassen sich ein größerer Erfahrungsschatz bezüglich des Charakters und des möglichen Verhaltens des Hundes findet als bei Hunden anderer in Deutschland erst seit jüngerer Zeit beheimateter Rassen (BayVerfGH, BayVBl. 1995, 76, 82). Schließlich durfte der Verordnungsgeber zur Frage der Aufnahme von Hunderassen in die Listen auch Gründe der Praktikabilität und des Verwaltungsaufwandes berücksichtigen. Wenn nämlich der Verwaltungsvollzug zu viele Kräfte bindet, weil zu stark vertretene Hunderassen - allein die Zahl der Schäferhunde wird für Deutschland auf 220.000 bis 600.000 geschätzt (nach Unshelm/Rehm/Heidenberger, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1993, 383, 386) - einbezogen worden wären, wäre der Vollzug und die mit ihm beabsichtigte generalpräventive Wirkung nachhaltig gefährdet (ebenso BayVerfGH, BayVBl. 1995, 76, 82; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2001, 752, 754). Auch das Bundesverwaltungsgericht spricht diesen Gesichtspunkt an, ohne Bedenken anzudeuten (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2007 – 6 B 81.06 – juris Rn. 68). Die Unmöglichkeit, an allen Stellen gleichzeitig agieren zu können, wo die öffentliche Sicherheit bedroht wird, ist nicht atypisch für das Recht der Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge und belässt den Ordnungsbehörden nach dem Opportunitätsprinzip regelmäßig ein Entschließungs- und Auswahlermessen (ebenso BerlVerfGH 2001, 1266, 1268 mwN; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2001, 752, 754; VGH Kassel, NVwZ-RR 2002, 650, 655). Auch der Verordnungsgeber ist deshalb nicht verpflichtet, die Haltung sämtlicher in Erscheinung getretener Hunderassen unterschiedslos zu regeln. Für die Nichtaufnahme anderer vergleichbarer Hunderassen liegen nach alledem triftige Gründe vor, die den Vorwurf des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ausschließen.

5. Das an die Rasseliste nach § 8 Abs. 2 HundehV anknüpfende Haltungsverbot nach § 1 Abs. 2 Satz 3 HundehV ist nicht zu beanstanden.

Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit, das vom Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG mitumfasst wird (vgl. BVerfGE 6, 32, 36), ist durch die verfassungsmäßige Ordnung, die Rechte Dritter und die Sittengesetze eingeschränkt, wobei die Einschränkungen ihrerseits verhältnismäßig sein müssen (BVerfGE 80, 137, 153 mwN; im vorliegenden Zusammenhang: BVerfG, NVwZ 2004, 597, 602 i.V.m. 599, m.w.N.). Bei der Einschätzung von Gefahren, die der Allgemeinheit drohen, und bei der Beurteilung der Maßnahmen, die der Verhütung und Bewältigung dieser Gefahren dienen sollen, steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, der erst überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftiger Weise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 30, 292, 317; 77, 84, 106). Diese Grenzen hat der Brandenburgische Gesetzgeber bei der Regelung in § 25 a OBG gewahrt, und die von der darin enthaltenen Ermächtigung ausgehenden Vorgaben sind in der HundehV eingehalten.

Das Haltungsverbot ist - mit Ausnahme der von § 16 HundehV erfassten Altfälle - als Verbot ohne Erlaubnismöglichkeit ausgestaltet. Es schließt die Haltung bestimmter Hunderassen im Land Brandenburg von vornherein für jedermann aus. Diese Einschränkung dient dem berechtigten Interesse der Allgemeinheit, die von diesen Hunden ausgehenden Gefahren - zumindest den Gefahrenverdacht - für Menschen und Tiere zu senken und nach Möglichkeit gänzlich auszuschließen. Die Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, denn ohne Haltung solcher Hunde können auch keine Gefahren von ihnen ausgehen.

Sie ist entgegen der Ansicht des Antragstellers auch erforderlich. Die Durchführung eines Wesenstests oder eines Erlaubnisverfahrens nach § 10 Abs. 2 HundehV wäre gegenüber einem Haltungsverbot zwar weniger einschneidend (darauf stellen VGH Kassel, NVwZ-RR 2002, 650, 652 und OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742, 746 ab), jedoch nicht in gleicher Weise geeignet (vgl. BVerfG, NVwZ 2004, 597, 601). Ein Wesenstest stellt nur eine zeitlich betrachtet punktuelle Einschätzung der Gefährlichkeit eines Hundes dar und vermag dessen weitere Entwicklung und seine Gefährlichkeit nur bedingt vorauszusehen. Bezeichnenderweise erlaubte die Niedersächsische Gefahrtier-Verordnung bei negativem Ausgang des Tests eine zeitnahe Wiederholung (OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742, 744). Die begrenzte Tauglichkeit eines solchen Tests folgt nicht nur aus der Veränderlichkeit des Hundeverhaltens, sondern auch aus der Schwierigkeit, die Testaufgaben so zu stellen, dass alle denkbaren Gefahrsituationen erfasst und die Einflussnahme der Halter auf ihren Hund vor der Prüfung durch entsprechende Konditionierung ausgeschlossen werden (ebenso Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, S. 84). Da eine Reihe von Beißvorfällen in der Vergangenheit gänzlich unerwartet eintraten (vgl. Reuhl u.a., a.a.O., S. 146; nach Unshelm/Rehm/Heidenberger, a.a.O., S. 384, gehen 45,9 % der in der Kreisverwaltung München erfassten Beißvorfälle auf unerwartete Angriffe zurück) und tierspezifisch nie ausgeschlossen werden können (vgl. Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, S. 72 bis 75), bietet ein Wesenstest - selbst wenn er mit einem Sachkunde-Nachweis des Halters kombiniert ist - nicht in gleicher Weise wie ein ausnahmsloses Haltungsverbot Gewähr dafür, dass die Allgemeinheit vor diesen hundespezifischen Gefahren geschützt wird. Der Verordnungsgeber ist im Rahmen der Gefahrenvorsorge nicht verpflichtet, dieses Restrisiko hinzunehmen. Zudem geht ein Erlaubnisverfahren ins Leere, wenn sich Hundehalter nicht gesetzeskonform verhalten, also die sonst für gefährliche Hunde geltenden Pflichten gemäß § 1 Abs. 2 bis 4, § 2 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2, § 3 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2, § 7 Abs. 1 S. 2 und 3 und § 9 S. 1 HundehV nicht einhalten. Demgegenüber lässt sich die Missachtung eines Haltungsverbotes aufgrund der charakteristischen Morphologie der Hunde leichter feststellen und hat damit eine präventiv-abschreckende Wirkung auf nicht gesetzestreue Halter. Auch dieser Aspekt durfte vom Verordnungsgeber als sachlich gerechtfertigt berücksichtigt werden.

Das Haltungsverbot ist auch angemessen, denn die davon ausgehende Einschränkung grundrechtlich verbürgter Freiheit wird durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 100, 313, 375 f.). Wie schon ausgeführt dient das Haltungsverbot den hochrangigen Rechtsgütern der Unversehrtheit von Leib und Leben, die zu schützen aller staatlichen Gewalt nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 3 GG aufgegeben ist (BVerfGE 56, 54, 73). Dem entspricht auf der landesverfassungsrechtlichen Ebene das Gebot des Art. 8 Abs. 1 LV. Demgegenüber ist die mit dem Haltungsverbot verbundene Einschränkung von geringerem Gewicht, und zwar sowohl für die Anschaffungsinteressenten, die einen Hund i.S.d. § 8 Abs. 2 halten wollen (hierzu a), als auch für Personen, die bereits bei Inkrafttreten der angefochtenen Verordnung einen Hund nach § 8 Abs. 2 gehalten haben (hierzu b).

a) Dem potenziellen Halter wird durch § 1 Abs. 2 Satz 3 HundehV die Möglichkeit genommen, eine der in § 8 Abs. 2 genannten fünf Hunderassen im Land Brandenburg anzuschaffen und zu halten. Diese Einschränkung der Erwerbs- und Handlungsfreiheit ist in Abwägung mit dem Zugewinn an Sicherheit für Nachbarn und andere Personen, die sonst durch die Haltung der Hunde gefährdet wären, jedoch angemessen, zumal das Interesse an der Hundehaltung durch Erwerb und Haltung anderer Hunderassen erfüllt werden kann.

b) Sofern die Hunde nach § 8 Abs. 2 HundehV bereits bei Inkrafttreten der Hundehalterverordnung gehalten worden sind, erweist sich das Haltungsverbot nach § 1 Abs. 2 Satz 3 HundehV unter Berücksichtigung der durch § 16 Abs. 1 HundehV ermöglichten Fortsetzung der Haltung ebenfalls als angemessen im engeren Sinne. Die hier betroffenen Rechtsgüter der Handlungsfreiheit und des Eigentums an den Hunden hat der Verordnungsgeber mit der Übergangsregelung des § 16 Abs. 1 HundehV angemessen gewahrt. Nach dieser Übergangsregelung darf der Halter eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 8 Abs. 2 HundehV einen im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung rechtmäßig gehaltenen Hund weiterhin halten und muss dafür lediglich - wie schon gemäß der zuvor bestehenden Rechtslage - Inhaber der Erlaubnis des § 10 Abs. 2 HundehV sein, wobei der Nachweis eines berechtigten Interesses entfällt. Hierzu ist für den Antragsteller anzumerken, dass er sich für seine Hunde auf die Negativzeugnisse vom 27. September 1999 berufen kann; allerdings ist ihm in dem Negativzeugnis für die Hündin A. aufgegeben, den Hund außerhalb befriedeten Besitztums stets mit Maulkorb an reißfester Leine zu führen.

Damit ist das Bestandsinteresse der Hundehalter angemessen gewahrt. Die Erwägung des Verordnungsgebers, dass das Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage nur schützenswert sei, soweit die Hundehaltung in Übereinstimmung mit der zuvor geltenden Rechtslage stattgefunden hat, ist sachgerecht, also willkürfrei und führt zu einem angemessenen Ausgleich der beteiligten Interessen, denn eine nicht den Rechtsvorschriften entsprechende Haltung dieser Hunde begründete schon nach alter Rechtslage berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Halters, vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 1 HundehV 1998 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 HundehV 2000. Der Einwand, § 16 HundehV sei lückenhaft, da er für die nunmehr als unwiderlegbar gefährlich qualifizierten Hunde nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Erlaubniserteilung eröffne, greift nicht, denn insofern durfte der Verordnungsgeber das Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor den Gefahren, die von diesen Hunden ausgehen, gegenüber dem Interesse des Hundehalters, das bis zum In-Kraft-Treten der Verordnung rechtswidrige Haltungsverhältnis auch in Zukunft fortzusetzen, höher bewerten.

Dem Haltungsverbot kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es in Verbindung mit der nach § 5 Abs. 2 HundehV möglichen Sicherstellung und Tötung eines Hundes zwangsläufig zu einer Verletzung tierschutzrechtlicher Vorschriften, insbesondere des § 1 Satz 2 und des § 17 Nr. 1 TierSchG, führen würde. Nach § 1 Satz 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Nach § 17 Nr. 1 TierSchG wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer ohne vernünftigen Grund ein Wirbeltier tötet. Zu einer Verletzung dieser Vorschriften durch das Haltungsverbot kann es jedoch nicht kommen, weil § 5 Abs. 2 HundehV schon für die Sicherstellung des Hundes Tatsachen voraussetzt, die die Annahme rechtfertigen, dass der Hund auch in Zukunft eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt. Liegen solche Tatsachen vor, so bilden sie zugleich den tierschutzrechtlich erforderlichen vernünftigen Grund. Darüber hinaus wäre für eine Tötungsanordnung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 14 OBG) zu beachten.

6. Auch Leinenzwang und Maulkorbpflicht verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, die allgemeine Handlungsfreiheit, das Tierschutzgesetz oder die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen. Der Verordnungsgeber hat in § 3 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 HundehV angeordnet, dass gefährliche Hunde außerhalb des befriedeten Besitztums ständig an einer höchstens zwei Meter langen und reißfesten Leine und mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb geführt werden müssen. Will der Verordnungsgeber - wie hier - die Bevölkerung vor gesteigert aggressiven Hunden schützen, so ist es ein geeignetes Mittel, Hundehalter zu verpflichten, ihre Tiere außerhalb des befriedeten Besitztums nur mittels einer zwei Meter langen Leine und mit Maulkorb zu führen. Dies bestätigt die Auswertung von Unshelm/Rehm/Heidenberger (a.a.O., S. 384), wonach in 68,1 % der in München registrierten Vorfälle die Hunde nicht angeleint waren. Ein milderes Mittel zur Beseitigung von Gefahren beim Ausführen von Hunden in der Öffentlichkeit ist nicht ersichtlich. Die vom OVG Lüneburg (NVwZ-RR 2001, 742, 747) genannte Möglichkeit, auf den Maulkorbzwang zu verzichten, wenn der Hund den Wesenstest bestanden habe und an der Leine geführt werde, passt nicht zur brandenburgischen Rechtslage, wonach für Hunde der Liste des § 8 Abs. 2 HundehV ein Wesenstest nicht vorgesehen ist und für Hunde der Liste des § 8 Abs. 3 HundehV nach Bestehen des Wesenstests und Vorlage eines Negativzeugnisses die Eigenschaft als gefährlicher Hund entfällt und damit gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 HundehV auch der ausnahmslose Leinen- und Maulkorbzwang bis auf spezifische Situationen des öffentlichen Lebens nicht mehr gilt. Angesichts des geringfügigen Eingriffs in die Handlungsfreiheit besteht kein Zweifel an der Angemessenheit der Regelungen.

Auch ein Verstoß gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes liegt nicht vor. Es spricht zwar einiges dafür, dass durch die Leinenpflicht dem artgerechten Bewegungs- und Spieldrang von Hunden nicht der nötige Raum gelassen wird, so dass Hunde nervös, aggressiv oder auch ängstlich werden können, und durch den Maulkorbzwang die Mimik, das Schnüffeln und die Thermoregulation behindert werden (Redlich, a.a.O., S. 180, 183; Stur, Stellungnahme für den Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e.V. vom 19. Oktober 2000, S. 10; Bohnet, Tierärztliche Hochschule Hannover, vom 25. September 2000, Stellungnahme zum Maulkorb- und Leinenzwang nach Nds. GefTVO, S. 2, 4; s.a. OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742, 747). Jedoch ist die darin liegende Einschränkung artgerechten Sozialverhaltens durch das Rechtsgut von Leib und Leben von Menschen gerechtfertigt (ebenso VGH Kassel, NVwZ-RR 2002, 650, 656; zum eindeutigen Vorrang des Schutzguts der menschlichen Gesundheit vor dem Tierschutz BVerwG, Buchholz 418.9 TierSchG Nr. 10).

Die Regelung verstößt auch deshalb nicht gegen § 2 Nr. 2 TierSchG, weil Adressat dieser bundesgesetzlichen Verpflichtung vor allem derjenige ist, in dessen Obhut sich das Tier befindet (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 5. Aufl. 1999, § 2 Rn. 6; ebenso VGH Mannheim, VBlBW 2002, 292, 296). Deshalb ist der Normgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, den öffentlich zugänglichen, allgemeinen Lebensraum der Bevölkerung für eine artgerechte Haltung von Tieren freizugeben. Vielmehr steht es in seinem Ermessen, öffentlichen Raum nach Maßgabe der verschiedenen individuellen Nutzungsansprüche in gemeinverträglicher Form vorzuhalten und bisweilen auch in zuteilender Weise zu beschränken. Es obliegt zunächst und vor allen Dingen dem Halter, seinem Hund den nötigen Auslauf zu verschaffen, oder - wenn er hierzu nicht in der Lage ist - Entscheidungen über Hundehaltung und Wohnort zu überdenken. Die Ansicht, der Maulkorbzwang ohne Befreiungsmöglichkeit nehme den Tieren die Möglichkeit eines Temperaturausgleichs, so dass der Tod friedfertiger Tiere in Kauf genommen werde, vermag keine entsprechenden Todesfälle nachzuweisen. Im Übrigen hängt es im Wesentlichen von dem verwendeten Beißkorb ab, ob und inwieweit ein Wärmeaustausch durch Hecheln noch möglich ist. Die Fachliteratur sieht im Tragen des Maulkorbs lediglich eine Einschränkung der Körpertemperaturregulation und des mimischen Ausdrucksverhaltens (Bohnet, Tierärztliche Hochschule Hannover, a.a.O., S. 2). Indiz für eine hinnehmbare Einschränkung ist auch eine Erklärung der Bundestierärztekammer, die den Leinen- und Maulkorbzwang für alle Hunde gefordert hat, die durch gesteigerte Aggressivität auffällig geworden sind (Bundestierärztekammer, Pressemitteilung vom 5. Juli 2000, Deutsches Tierärzteblatt 2000, 803).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe gegeben ist.

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