FG Münster, Urteil vom 09.02.2022 - 10 K 1309/19 Kfz
Fundstelle
openJur 2023, 2504
  • Rkr:
Tenor

Die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 19.05.2017, 24.11.2017 und vom 18.09.2018 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY A 1000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.04.2019 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Zugmaschine des Klägers von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist.

Der Kläger ist Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XY A 1000. Es handelt sich um eine Zugmaschine (sog. Ackerschlepper) des Herstellers Renault, Typ R 7732-A-S. Der Kläger beantragte im Mai 2017 für das Fahrzeug die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG). In seinem Antrag gab er an, die Zugmaschine für seinen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zu verwenden. Sein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sei 8,0139 ha groß. Seinem Antrag fügte er einen Flächennachweis des Finanzamtes G vom 08.05.1996, einen Grundbuchauszug des Amtsgerichts G, seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom 17.06.2016 und einen Beitragsbescheid der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 22.08.2016 bei, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19.05.2017 setzte der Beklagte für das Fahrzeug des Klägers für die Zeit ab 20.04.2017 Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von jährlich X € fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, woraufhin der Beklagte mit Bescheid vom 24.11.2017 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 20.04.2017 auf jährlich 0,00 € festsetzte. Dieser Änderungsbescheid erging erstmals unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 29.11.2017. Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 18.09.2018 setzte der Beklagte für das streitgegenständliche Fahrzeug Kraftfahrzeugsteuer erneut für die Zeit vom 20.04.2017 bis zum 19.04.2018 in Höhe von X € und für die Zeit ab 20.04.2018 in Höhe von jährlich X € fest. Der Bescheid erging nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 25.09.2018 und rügte, dass das Verfahren zum "Vorjahr" noch nicht abgeschlossen sei. Der Beklagte wertete das Schreiben des Klägers vom 25.09.2018 als Einspruch gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 18.09.2018 und wies mit Einspruchsentscheidung vom 15.04.2019 den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Der Kläger habe nicht dargelegt und nachgewiesen, dass er mit seinem Betrieb am Markt teilnehme. Er - der Beklagte - gehe davon aus, dass der Kläger keine Holzverkäufe getätigt habe. Auch Tauschvorgänge mit Dritten hätten nicht stattgefunden. Die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer könne daher nicht gewährt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, dass er einen Forstbetrieb unterhalte. Laut seiner Aufstellung umfassen die dem Forst zugeordneten Flächen insgesamt 21.032 qm. Davon seien ca. 1.174 qm Quellgebiet, das im Schutzgebiet des WTV belegen sei und besonders gepflegt werden müsse. Die übrigen Waldparzellen seien mit Laubholz und mit Fichte bestockt. Diese könnten nicht als Nutzholz verwertet werden, da sie durch Kriegseinwirkung als "Splitterholz" klassifiziert worden seien. Das Holz werde als Zaunpfähle verwertet. Der Kläger tausche Brennholz, das er aus eigenem Holz gewinne, gegen weitere Zaunpfähle, die er für die Einzäunung der Waldgrundstücke verwende. Die Umzäunung der Quellgebiete sei notwendig, um Wildtiere davon abzuhalten, die Quellen als Tränke zu nutzen und das Gebiet zu verschmutzen. Die Umzäunung der übrigen Waldgrundstücke sei notwendig, um diese von den angrenzenden Grünlandflächen, auf denen Tiere weideten, abzutrennen und vor den Weidetieren zu schützen. Das Laubholz werde durch die sog. Naturverjüngung aufgeforstet. Er grabe die aus wilden Sämlingen entstandenen Sprösslinge aus und pflanze diese an den kahlen Stellen, an denen Schadholz entfernt werde, wieder ein. An Arbeiten führe der Kläger regelmäßig durch: Durchforstung, Pflegearbeiten, Schadholz räumen, Naturverjüngung, Schadholz zu Zaunpfählen verarbeiten und Zaunpfähle zum Schutz der Bäume setzen. Hierzu nutze er den Ackerschlepper mit einem Frontlader, eine Seilwinde und einen Holzspalter. Für den Transport verwende er einen Heckcontainer und einen Transportkarren. Der Zustand des Waldes habe sich durch Sturm, Schnee, Käferbefall und Trockenheit in den letzten Jahren verschlechtert. Der Zustand solle durch kontinuierliche Kultur und Pflegearbeiten wieder verbessert werden. Zudem biete der Kläger allgemein vom Lagerplatz aus Brennholz an. Der wesentliche Teil werde gegenüber Nachbarn gegen Stammholz getauscht, welches der Kläger zu Zaunpfählen verarbeite. Eine Überlassung des streitgegenständlichen Traktors an Dritte - sei es entgeltlich oder unentgeltlich - erfolge nicht.

Der Kläger beantragt,

die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 19.05.2017, 24.11.2017 und vom 18.09.2018 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY A 1000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.04.2019 aufzuheben und das Fahrzeug von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verbleibt bei seiner Auffassung, dass die Steuerbefreiung vorliegend nicht zu gewähren sei. Er bezweifelt, dass es sich bei den vom Kläger angegebenen Tätigkeiten um Tätigkeiten im Sinne einer planmäßigen Bewirtschaftung handele. Er gehe daher von einem reinen Eigenbedarf aus. Nachweise über vorgenommene Tauschvorgänge seien nicht vorgelegt worden. Das Laubholz würde nach Angaben des Klägers durch die sogenannte Naturverjüngung aufgeforstet, indem dieser die aus Sämlingen gewachsenen Sprösslinge ausgrabe und an den kahlen Stellen, an denen das Splitterholz entfernt werde, wieder einpflanze. Dies deute eher auf eine unregelmäßige und nicht auf eine planmäßige Aufforstung hin, da Zaunpfähle vermutlich nicht in regelmäßigen Abständen, sondern nur im Schadensfall, z.B. bei Verwitterung, Bruch o.ä., ersetzt werden müssten. Nach Ansicht des Beklagten sei eine nachhaltige Nutzung des Forsts nach dem Vortrag des Klägers nicht eindeutig erkennbar. Die vom Kläger geschilderten Tätigkeiten erweckten eher den Anschein, dass die durchgeführten Arbeiten lediglich zur Erhaltung des Waldes im Sinne einer privaten Vermögensverwaltung dienten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 02.02.2022 ist der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen worden. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Gründe

A. Die Richterin entscheidet als Einzelrichterin gemäß § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 FGO).

B. Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage richtet sich gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19.05.2017, geändert durch die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 24.11.2017 und vom 18.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.04.2019. Die Änderungsbescheide vom 24.11.2017 und vom 18.09.2018 sind gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO Gegenstand des erst mit der Einspruchsentscheidung vom 15.04.2019 abgeschlossenen Einspruchsverfahrens geworden.

Die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 19.05.2017, 24.11.2017 und vom 18.09.2018 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY A 1000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.04.2019 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Kläger kann für den streitgegenständlichen Ackerschlepper die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG beanspruchen.

I. Gemäß § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG ist das Halten u.a. von Zugmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzen der Wortlaut des § 3 Nr. 7 KraftStG und der im Gesetzgebungsverfahren deutlich gewordene Wille des Gesetzgebers, land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu begünstigen, dem Anwendungsbereich der Vorschrift enge Grenzen (BFH-Urteile vom 16.07.2014 II R 39/12, BFHE 246, 380, BFH/NV 2014, 1863; vom 02.12.2003 VII R 26/02, BFHE 204, 320, BStBl II 2004, 525; vom 22.06.2004 VII R 42/03, BFHE 206, 383, BStBl II 2004, 903, und BFH-Beschluss vom 16.06.2008 II B 83/07, BFH/NV 2008, 1706). Dies folgt aus dem Wort "ausschließlich". Danach führt jede Verwendung des Fahrzeugs außerhalb des gesetzlichen Zweckes dazu, dass die Steuerbefreiung entfällt.

1. Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb i.S. des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG ist eine Wirtschaftseinheit, in der die Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit zusammengefasst sind und, aufeinander abgestimmt, planmäßig eingesetzt werden, um Güter zu erzeugen und zu verwerten oder Dienstleistungen bereitzustellen (z.B. BFH-Urteil vom 06.03.2013 II R 55/11, BFHE 240, 418, BStBl II 2013, 518, m.w.N.). Da keine Anhaltspunkte für eine spezifisch kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bestimmung des Begriffs "landwirtschaftlicher Betrieb" bestehen, können insoweit die Vorschriften des Bewertungsrechts herangezogen werden. Die bewertungsrechtlichen Festlegungen sind kraftfahrzeugsteuerrechtlich zwar nicht bindend; es können aber auch für die Auslegung des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung des bewertungsrechtlichen Begriffs eines Betriebes der Landwirtschaft zugrunde gelegt werden (BFH in BFHE 240, 418, BStBl II 2013, 518). Diese Rechtsgrundsätze sind auf forstwirtschaftliche Betriebe übertragbar.

2. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) gehören zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Dieser setzt bewertungsrechtlich weder eine Mindestgröße noch ein Betreiben mit Gewinnabsicht voraus, weshalb auch Liebhabereibetriebe als land- oder forstwirtschaftliche Betriebe in Betracht kommen. Der Betrieb braucht auch keinen Mindestrohertrag abzuwerfen (vgl. BFH-Urteile vom 04.03.1987 II R 8/86, BFHE 149, 71, BStBl II 1987, 370; und vom 22.09.1992 VII R 45/92, BFHE 169, 478, BStBl II 1993, 200). Zwischen dem Ertragsteuerrecht und dem Bewertungsrecht besteht insofern ein Unterschied, als das Ertragsteuerrecht an Einkünfte anknüpft (§ 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes) und die Frage beantwortet, ob (negative) Einkünfte erzielt werden, anhand der objektivierten Absicht, Einkünfte zu erzielen. Das Bewertungsrecht dagegen hat (ertragbringendes oder ertragsloses) Vermögen einer der gesetzlich vorgegebenen Vermögensarten zuzuordnen und stellt deshalb nur auf die Art der tatsächlichen Nutzung oder die Beschaffenheit des Vermögens ab. Ob das Vermögen in der Absicht der Mehrung durch wirtschaftliche Betätigung genutzt wird, ist unbeachtlich (BFH in BFHE 149, 71, BStBl II 1987, 370; Urteil des Finanzgerichts -FG- Baden-Württemberg vom 24.06.2020 2 K 705/20, veröffentlicht in juris).

3. Erforderlich ist eine tatsächliche nachhaltige Nutzung von Grundstücksflächen und deren Zweckbestimmung durch den Eigentümer. Handelt es sich um einen Nebenerwerbsbetrieb, ist eine nachhaltige Nutzung von Grundstücksflächen zu bejahen, wenn die Flächen hinsichtlich Arbeitseinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit sowie erzielbarem Ertrag einem Vergleich mit einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb der gleichen Nutzungsart standhalten (BFH in BFHE 169, 478, BStBl II 1993, 200). Die Abgrenzung eines Nebenerwerbsforstwirts von einem privaten Waldbesitzer hat im Rahmen einer Gesamtschau zu erfolgen. Abgrenzungsmerkmale können neben dem Vorhandensein von Holzverkäufen bzw. -angeboten die Größe der Waldfläche, die Planmäßigkeit der Aufforstung, die Struktur des Bestands (Baumbestand; Holzarten welcher Altersklassen und Umtriebszeiten) und die Art der Bewirtschaftung darstellen (vgl. BFH-Urteile vom 18.03.1976 IV R 52/72, BStBl II 1976, 482; vom 26.06.1985 IV R 149/83, BStBl II 1985, 549; und vom 05.05.2011 IV R 48/08, BStBl II 2011, 792; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24.06.2020 2 K 705/20, juris).

4. Zu berücksichtigen ist weiter, dass insbesondere bei Waldungen, deren Bestände nur eine oder nur wenige Altersklassen aufweisen und die man daher im Gegensatz zu den Nachhaltsbetrieben als aussetzende Betriebe bezeichnet, je nach der Umtriebszeit der betreffenden Holzarten zwei, drei oder viele Jahrzehnte zwischen der Aufforstung einer Waldfläche und der Holzernte liegen. Die planmäßige Nutzung des Grund und Bodens durch Fruchtziehung ist beim aussetzenden Forstbetrieb kein Geschehensablauf, der sich auf ein Jahr erstreckt und alljährlich wiederholt; bei ihm erstreckt sich der Bogen von der Anpflanzung bis zur Ernte auf die gesamte Umtriebszeit der wenigen Altersklassen der aufgeforsteten Holzarten. Da sich infolge des natürlichen Wachstums ein ständiger jährlicher Wertzuwachs vollzieht, erfüllen auch derartige Waldungen den Begriff des Forstbetriebs (vgl. Urteile des FG Baden-Württemberg vom 24.06.2020 2 K 705/20, juris; und des FG Nürnberg vom 21.02.2019 6 K 130/18, juris; Wiegand in Rössler/Troll, BewG, Stand 05/2020, § 34 Rz. 6).

5. Zutreffend geht der Beklagte davon aus, dass die Betätigung eines Steuerpflichtigen, die wie bei einem privaten Waldbesitzer nur auf die Erzielung von Erträgen zu Eigenbedarfszwecken gerichtet ist, nicht kraftfahrzeugsteuerbegünstigt ist. Das Kriterium der Marktteilnahme, das zur Abgrenzung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs von einer rein privaten Vermögensverwaltung herangezogen wird, ist jedoch bei einem (Nebenerwerbs-)Forstwirt dahingehend zu modifizieren, dass es für die Annahme einer Marktteilnahme ausreicht, wenn nach Würdigung der Umstände im Rahmen einer Gesamtschau auf eine zukünftige, derzeit noch nicht realisierte Holzernte geschlossen werden kann (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24.06.2020 2 K 705/20, juris). Insbesondere muss die Betriebsfläche von der Größe her das Aufstehen eines Baumbestandes für eine spätere, ins Gewicht fallende Holzernte ermöglichen (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 21.02.2019 6 K 130/18, juris).

II. Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies, dass nach Würdigung und Abwägung der Umstände im Streitfall die Voraussetzungen für eine Befreiung des Ackerschleppers des Klägers nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG erfüllt sind. Das Fahrzeug wird nach Überzeugung der Richterin ausschließlich in einem forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers verwendet.

1. Der Kläger hat zur Überzeugung der Richterin hinreichend dargelegt, dass er den Traktor zur planmäßigen Aufforstung der Waldflächen nutzt. An Hilfsmitteln stehen dem Kläger ein Frontladeraufsatz, eine Seilwinde, ein Holzspalter sowie weitere Transportmittel zur Verfügung. Zur planmäßigen Aufforstung gehören insbesondere die Tätigkeiten, die der Kläger als "Naturverjüngung" bezeichnet. Naturgemäß werden diese Maßnahmen nur innerhalb bestimmter Zeitspannen eines Jahres durchgeführt, nämlich zu Zeiten, in denen das Anwachsen der Pflanzen nach ihrer Umsetzung auch Erfolg verspricht. Aber auch in der übrigen Zeit des Jahres ist der Kläger nicht untätig, sondern unternimmt Pflegearbeiten, um den Wald von Schäden zu befreien. Darüber hinaus dient das Setzen der Zaunpfähle nach dem schlüssigen Vortrag des Klägers dazu, den Baumbestand vor Einwirkungen von Wald- und Weidetieren zu schützen. Hierin ist ein planmäßiges Arbeiten zu sehen, da diese Maßnahmen in der Regel nicht willkürlich vorgenommen werden, sondern immer dann und dort, wo das Setzen der Zaunpfähle notwendig erscheint. Die Wettereinwirkungen führen naturgemäß dazu, dass das Material (Holz) laufend verwittert und daher auch "laufend" erneuert werden muss. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger die insoweit erforderlichen Maßnahmen fachgerecht durchführt.

2. Ein gewichtiger Umstand ist vorliegend die Größe der bewaldeten Flächen, die im Streitfall - selbst nach Abzug der Quellflächen - noch eine Fläche von rund 2 ha betragen. Im Fall, über den das Finanzgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen 2 K 705/20) zu entscheiden hatte, betrieb der Kläger einen Forst mit einer ähnlichen Größe von 1,92 ha. Im Fall, über den das Finanzgericht Nürnberg (Aktenzeichen 6 K 130/18) zu entscheiden hatte, war die Waldfläche mit 1,3 ha sogar kleiner. Eine Fläche von rund 2 ha ermöglicht unzweifelhaft von der Größe her das Aufstehen eines Baumbestandes für eine spätere, ins Gewicht fallende Holzernte. Auch hält eine solche Fläche hinsichtlich Arbeitseinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit sowie erzielbarem Ertrag einem Vergleich mit einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb der gleichen Nutzungsart stand. Nicht entscheidend ist für den Streitzeitraum, dass der Kläger kein werthaltiges Holz an Dritte verkaufen konnte. Denn auch ein sog. aussetzender Forstbetrieb erfüllt den Tatbestand eines forstwirtschaftlichen Betriebs im kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Sinne, wenn sich dieser Forstbetrieb hinsichtlich des Baumbestandes in Entwicklung befindet und planmäßig bewirtschaftet wird.

3. Selbst wenn es auf eine fortwährende Marktteilnahme ankäme, wie vom Beklagten gefordert, wäre diese Voraussetzung im Streitfall hinreichend erfüllt. Denn der Kläger hat Brennholz aus dem Holz seines Forsts gewonnen und bietet dieses gegenüber Dritten erkennbar an (zur Marktteilnahme vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 21.02.2019 6 K 130/18, Juris). Der Kläger hat nach seinem Vortrag auch einen wesentlichen Teil seines Brennholzes gegen Zaunpfähle eingetauscht und somit seine Produkte am Markt verwertet. Denn auch Tauschvorgänge sind eine Form der Marktteilnahme (vgl. auch Urteil des FG Münster vom 18.01.2018 6 K 389/17, EFG 2018, 555). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger dem Gericht gegenüber unzutreffende Angaben bezüglich der Tauschvorgänge gemacht hat, haben sich nicht ergeben. Vielmehr ist der Vortrag des Klägers, er habe aufgrund des hohen Bedarfs an Zaunpfählen, den er durch seine eigene Produktion nicht vollständig habe abdecken können, weiteres Holz von Dritten gegen Brennholz durch Tauschgeschäfte erwerben müssen, für das Gericht nachvollziehbar.

Die vom Kläger substantiiert vorgetragenen Arbeiten sind auch nicht von untergeordneter Bedeutung. Vielmehr nehmen diese in zeitlicher und qualitativer Hinsicht einen Umfang ein, der über eine rein private Vermögensverwaltung, die nur auf die Erzielung von Erträgen zu Eigenbedarfszwecken gerichtet ist, hinausgeht.

4. Schließlich ist nicht schädlich, dass der Kläger die beschädigten Bäume für den Eigenverbrauch für sich nutzt. Denn eine Eigennutzung wirkt sich nicht per se negativ auf das Vorhandensein eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aus, wenn sich dessen Bewirtschaftung nicht nur auf Eigennutzungszwecke beschränkt (Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24.06.2020 2 K 705/20, juris).

5. Da bereits die Größe des Forsts des Klägers, der Umfang sowie die Art und Weise der Bewirtschaftung des Waldes für das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG sprechen, kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob auch die Meldung des Klägers bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und die grundbuchrechtliche Zuordnung der Grundstücksflächen als weitere Indizien für das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs zu werten sind.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Vorschrift des § 137 FGO ist nicht zu Lasten des Klägers anzuwenden, da der Beklagte dem Klagebegehren auch noch Vorlage der angeforderten Unterlagen im Klageverfahren und Beantwortung der Fragen zum Sachverhalt durch den Kläger nicht entsprochen hat. Das Verhalten des Klägers im Vorverfahren kann daher nicht als ursächlich für das Klageverfahren angesehen werden (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, § 137 Rz 5).

D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

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