OLG Dresden, Beschluss vom 14.07.2022 - 4 U 1090/22
Fundstelle
openJur 2022, 17897
  • Rkr:

1. Die Veröffentlichung des Bildnisses eines Beamten des gemeindlichen Vollzugsdienstes ist nicht allein deswegen unzulässig, weil dieser bei einer Routinetätigkeit abgebildet wird (hier: Abschleppvorgang).

2. Vielmehr kann sie im Rahmen der Gesamtabwägung auch dann gerechtfertigt sein, wenn ein Ereignis der Zeitschichte bebildert werden soll und das Bildnis den Vorgang an sich erfasst, ohne den Beamten gezielt in den Vordergrund zu rücken.

Rubrum

Oberlandesgericht Dresden

Zivilsenat

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

N... K..., ...

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte ...

gegen

XXX, ...

vertreten durch die Vorstände ...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt ...

wegen Unterlassung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S......,

Richterin am Oberlandesgericht P...... und

Richterin am Oberlandesgericht R......

ohne mündliche Verhandlung am 14.07.2022

beschlossen:

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Verhandlungstermin vom 13.9.2022 wird aufgehoben.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren soll auf 8000,- € festgesetzt werden.

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer am 19.8.2020 in der "xxx-Zeitung" L... sowie auf deren Y......-Seite erschienenen Veröffentlichung seines Bildnisses in Anspruch, das ihn im Hintergrund eines Abschleppvorgangs in Uniform als gemeindlicher Vollzugsbediensteter zeigt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Abschlepppraxis der Stadt L... sei seit geraumer Zeit Gegenstand des medialen Interesses, der Kläger sei nur im Hintergrund zu sehen und werde nicht als Gesicht des Abschleppvorgangs wahrgenommen. Weder werde er namentlich benannt noch bestehe die Gefahr, dass er aufgrund des Fotos einer größeren Öffentlichkeit bekannt werde. Mit der Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, ebenso wie bei Polizeibeamten dürfe sein Bildnis, das bei einem Routineeinsatz entstanden sei, nicht veröffentlicht werden. Einerseits bestehe an seinem Bildnis nur ein geringer Informationswert, andererseits bestehe die Gefahr, dass er durch die Veröffentlichung als Verantwortlicher für die Abschlepppraxis der Stadt L... bekannt werde. Ein Interesse der Öffentlichkeit an seiner identifizierbaren Abbildung sei nicht erkennbar. Überdies habe das Landgericht in die Abwägung fehlerhaft Gesichtspunkte einbezogen, die allein bei der Frage, ob er erkennbar abgebildet sei, hätten berücksichtigt werden dürfen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Wiedergabe des Bildes im Kontext der Berichterstattung vom 19.8.2020.

1. Der Anwendbarkeit der §§ 22, 23 KUG steht im hier betroffenen journalistischen Bereich die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung/DS-GVO, ABl. L 119 S. 1, ber. ABl. L 314 S. 72 und ABl. 2018 L 127 S. 2) nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - VI ZR 246/19, juris Rn. 11).

2. Im Rahmen einer Presseberichterstattung beurteilt sich die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung vielmehr allein nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG, das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang steht (vgl. BVerfGE 120, 180, 211 ff., juris Rn. 78 ff.; EGMR, NJW 2012, 1053 Rn. 114 ff; BGH, Urteil vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820 Rn 10). Bildnisse einer Person dürfen danach grundsätzlich nur mit deren - hier nicht vorliegender - Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon bestehen allerdings gemäß § 23 Abs. 1 KUG Ausnahmen. Diese Ausnahmen gelten aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Die Veröffentlichung des Bildes einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

a) Bei den von der Beklagten verwendeten Fotografien des Klägers handelt es sich um Bildnisse im Sinne von § 22 Satz 1 KUG.

aa) Der Begriff des Bildnisses setzt die Erkennbarkeit der abgebildeten Person voraus. Dazu genügt es, wenn der Abgebildete durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist. Das Recht am eigenen Bild wird schon dann beeinträchtigt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, anzunehmen, er könne als abgebildet identifiziert werden. Ebenso wenig wird verlangt, dass schon der nur flüchtige Betrachter den Abgebildeten auf dem Bild erkennen kann; es genügt die Erkennbarkeit durch einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis. Entscheidend ist der Zweck des § 22 KUG, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Gestalt der Abbildung für andere verfügbar zu werden. Der besondere Rang des Anspruchs darauf, dass die Öffentlichkeit die Eigensphäre der Persönlichkeit und ihr Bedürfnis nach Anonymität respektiert, verlangt eine Einbeziehung auch solcher Fallgestaltungen in den Schutz dieser Vorschrift (BGH, Urteil vom 29. September 2020 – VI ZR 449/19 –, Rn. 15 - 19, juris; Senat, Urteil vom 25. Januar 2022 – 4 U 2052/21 –, juris).

bb) Vorliegend befindet sich der Kläger zwar im Hintergrund des Bildnisses angelehnt an einen Stromkasten, seine Gesichtszüge sind jedoch deutlich auszumachen, auch wenn sein Kinn durch die in Denkerpose angelegte linke Hand teilweise verdeckt wird. Deutlich erkennbar ist überdies der markante Kurzhaarschnitt. Der Senat hat aufgrund dessen keine Zweifel, dass der Kläger zumindest in seinem Bekanntenkreis aufgrund dieses Bildnisses problemlos zu erkennen ist, zumal diesem bekannt sein dürfte, dass der – in Uniform abgebildete Kläger – im gemeindlichen Vollzugsdienst tätig ist. Die Veröffentlichung dieser Abbildung des Klägers bedurfte daher mangels einer Einwilligung nach § 22 KUG einer Rechtfertigung gem. § 23 KUG.

b) Diese liegt hier entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon darin, dass der Kläger auf dem streitgegenständlichen Foto als "Beiwerk" einer Landschaft oder Örtlichkeit im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG abgebildet wäre. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist hiernach, ob die Landschaft bzw. sonstige Örtlichkeit im Zentrum steht, das heißt den eigentlichen Abbildungsgegenstand darstellt und abgebildete Personen nur "bei Gelegenheit" bzw. "zufällig" - in untergeordneter Position - "auf der Bildfläche erscheinen" (OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Mai 2021 – 13 U 318/19 –, Rn. 26, juris). Dies ist hier nicht der Fall. Die Abbildung zeigt eine typische "Abschleppsituation" auf Veranlassung der Ordnungsbehörde, bei der die abgebildeten Beamten den hoheitlichen Charakter dieser Zwangsmaßnahme für den Durchschnittsbetrachter deutlich werden lassen und symbolisch für den Rechtsträger stehen, auf den diese Maßnahme zurückzuführen ist. Diese Wirkung wird hier erst durch das Zusammenspiel von Abschleppfahrzeug und beteiligten Personen erzielt; ihr kommt daher ein eigenständiger Aussagegehalt zu, bei dem nicht die Örtlichkeit, sondern die Amtshandlung im Vordergrund steht, deren Bestandteil der Kläger ist.

c) Mit dem Landgericht ist allerdings davon auszugehen, dass dessen identifizierbare Abbildung im hier vorliegenden Kontext nach § 23 Abs. 1 Nr. 1, 2 KUG gerechtfertigt ist. Es ist dabei von der einhelligen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen, wonach der Begriff des Zeitgeschehens, auf den § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG Bezug nimmt, nicht zu eng verstanden werden darf. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse. Es gehört zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt (vgl. BGH aaO; Urteile vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 249/18 - juris.; vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 504/18, NJW 2020, 2032 Rn. 12, 20; vom 18. Juni 2019 - VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 31; vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820 Rn. 10, 12 ff.; jeweils mwN). Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen. Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (vgl.BGH, Urteile vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 249/18, AfP 2020, 143 Rn. 42; vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 504/18, NJW 2020, 2032 Rn. 13; vom 18. Juni 2019 - VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 32; vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820 Rn. 15 ff.; jeweils mwN). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 504/18, NJW 2020, 2032 Rn. 14; vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820 Rn. 17; vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213 Rn. 18; jeweils mwN). Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Berichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820 Rn. 18 mwN).

d) Schon dieser umfassende Abwägungsvorbehalt steht der pauschalen Annahme der Berufung entgegen, Beamte dürften bei dienstlichen Routineeinsätzen niemals erkennbar dargestellt werden. Vielmehr kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles an, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist. Dabei hat es zutreffend angenommen, dass die Frage, in welchem Ausmaß Fahrzeuge aus Gründen der Parkraumbewirtschaftung in L... allein wegen einer Parkzeitüberschreitung abgeschleppt werden dürfen, ein Ereignis der Zeitgeschichte darstellt. Indiziell ergibt sich dies bereits aus der Vielzahl lokaler Presseberichte auch von Zeitungen, die nicht von der Beklagten verlegt werden (vgl. Anlage B1). Die zugrundeliegende Problematik ist zudem in die Frage eingebettet, wie angesichts der nicht zuletzt durch den Klimawandel notwendig werdenden Verkehrswende generell die Parkflächen in den Innenstädten genutzt werden können, wer hierauf ggf. einen Anspruch hat und welche Kosten hierfür aufzuwenden sind. Diese Fragen werden – gerichtsbekannt – in der Lokalöffentlichkeit in zahlreichen Städten kontrovers diskutiert. Es gehört auch insofern zu den Aufgaben der Presse, hierüber nicht nur abstrakt zu berichten, sondern die sich hieraus ergebenden Nutzungskonflikte an konkreten Beispielen zu veranschaulichen und in diesem Rahmen auch über eine Bebilderung zu entscheiden. Bei der konkreten Berichterstattung und dem streitgegenständlichen Bildnis handelt es sich auch um eine ernsthafte und sachbezogene Erörterung im Sinne der o.a. Rechtsprechung, was auch die Berufung nicht in Zweifel zieht.

e) Der Senat teilt allerdings im Ausgangspunkt die Auffassung des Klägers, dass Beamte des gemeindlichen Vollzugsdienstes jedenfalls nicht in weitergehendem Ausmaß die Veröffentlichung ihrer bei der Dienstausübung angefertigten Bildnisse zu dulden haben, als dies bei Polizeibeamten der Fall wäre. Insofern ist einerseits von Bedeutung, ob der Polizist an besonderen Handlungen oder Ereignissen teilnimmt, insbesondere, wenn er sich dabei pflichtwidrig verhält (vgl. Engels in: BeckOK UrhR, KUG § 23 Rn. 17; OLG Celle, Urteil vom 23. September 2021 – 13 U 55/20 –, Rn. 28, juris; Urteil vom 25. August 2010 - 31 Ss 30/10, juris Rn. 21; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 2. Oktober 1979 - 4 Ss 200/79, juris). Derartige Situationen rechtfertigen in der Regel auch gezielte Aufnahmen der beteiligten Polizeibeamten. Darüber hinaus bietet die Abgrenzung zwischen alltäglichen und besonderen Einsätzen aber kein taugliches Abwägungskriterium. Wie die vorliegende Fallgestaltung verdeutlicht, kann nämlich durchaus auch ein Routineeinsatz wie die Beteiligung an einem Abschleppvorgang Teil einer Berichterstattung über ein Ereignis der Zeitgeschichte sein. In einer solchen Situation die Verbreitung von identifizierbaren Abbildungen der beteiligten Beamten generell für unzulässig zu halten, würde die erforderliche Einzelfallabwägung jedoch unzulässig verkürzen und wäre auch mit dem grundrechtlichen Anspruch der Presse, selbst über die Bebilderung ihrer Berichterstattung zu entscheiden, nicht zu vereinbaren, weil polizeiliche oder ordnungsbehördliche Einsatzsituationen oftmals ohne Einbeziehung der beteiligten Amtsträger gar nicht abgebildet werden können, etwa bei einem Polizeieinsatz gegen randalierende Fußballfans und weil auch eine Verpixelung nicht immer die Erkennbarkeit des Abgebildeten ausschließt. Wird der Beamte bei einem alltäglichen Einsatz aufgenommen, kommt es für die Zulässigkeit der Veröffentlichung mithin entscheidend darauf an, ob die Aufnahme lediglich den Vorgang an sich erfasst oder ob hierbei die abgebildete Person gezielt in den Vordergrund gerückt wird (in diesem Sinne auch Soehring, Presserecht, 6. Aufl. § 21 Rn 47). Herstellung und Verbreitung von Portraitaufnahmen der an einem solchen Einsatz beteiligten Beamten sind danach grundsätzlich unzulässig, was auch Gegenstand der mit der Berufungsbegründung zitierten Rechtsprechung war.

Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine solche Portraitaufnahme. Im Vordergrund des Bildnisses steht vielmehr ein ordnungswidrig abgestelltes Fahrzeug, das im Moment der Aufnahme auf ein Abschleppfahrzeug gehoben wird. Der Kläger und seine in Rückansicht abgebildete Kollegin befinden sich demgegenüber am Rand der Fotografie. Durch die Bildunterschrift "Die Stadt lässt Dauerparker auf Kurzzeit-Stellplätzen rigoros abschleppen" wird weiter verdeutlicht, dass die Berichterstattung allein die zugrundeliegende Entscheidung der Stadt, rigoroser gegen Dauerparker vorzugehen, nicht jedoch das konkrete Verhalten der Beamten aufgreifen will. Von einer gezielten Aufnahme oder Einzelabbildung des Klägers bei einem alltäglichen Einsatz kann angesichts dessen keine Rede sein. Der Durchschnittsleser wird aufgrund dieser Aufnahme auch nicht annehmen, dass der Kläger für das in dem Artikel angesprochene "rigorose Abschleppen" die Verantwortung trägt. Wie das Landgericht ebenfalls zu Recht ausführt, geht von der Abbildung auch im Übrigen keine Prangerwirkung aus. Eine solche scheidet auch deswegen aus, weil das Bild nicht geeignet ist, den Kläger einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. September 2020 – VI ZR 449/19 –, Rn. 34, juris), auch wenn er dort – wie ausgeführt – erkennbar abgebildet ist. In der schon auf der Ebene des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gebotenen Abwägung kommt demgegenüber dem Symbolcharakter des in Uniform abgebildeten Klägers für die Gesamtaussage des Bildes und der begleitenden Berichterstattung erhebliche Bedeutung zu, die dem Abschleppvorgang erst den Charakter einer Amtshandlung verleiht.

3) Durch die Verbreitung des Bildnisses wird schließlich auch kein berechtigtes Interesse des Klägers verletzt (§ 23 Abs. 2 KUG). Dieser ist lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen und wird im Rahmen seines Einsatzes seiner Funktion entsprechend lediglich als Hoheitsträger abgebildet. Dass er aufgrund des streitgegenständlichen Bildnisses in seinem Umfeld auf die Berichterstattung angesprochen wurde, stellt für sich genommen keine gravierende Beeinträchtigung dar.

Der Senat rät nach alledem zu einer Berufungsrücknahme, die zwei Gerichtsgebühren spart.

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