OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.07.2022 - 6 A 2599/20
Fundstelle
openJur 2022, 15088
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger steht als Polizeioberkommissar im Dienst des beklagten Landes und ist bei der Polizeiwache M. im Wechselschichtdienst tätig. Ferner war und ist er Ratsherr im Rat der Stadt C. .

Am 15.12.2015 beantragte der Kläger bei dem beklagten Land eine Stundengutschrift für seine Tätigkeit als Ratsherr im Rat der Stadt C. nach dem Gesetz zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes, von welchem er erst kürzlich Kenntnis erlangt habe. Seine langjährige Ratstätigkeit sei bei der Kreispolizeibehörde M1. bekannt. Wie in dem Schreiben angekündigt, reichte er im Juni 2016 eine Auflistung der für das Ratsmandat in den Jahren 2013 bis 2015 aufgewendeten Zeiten von insgesamt 71,45 Stunden nach. Bei dieser Auflistung habe er nur Mandatstätigkeiten bis maximal 20.00 Uhr berücksichtigt.

Im September 2016 und im August 2018 erkundigte sich der Kläger nach dem Stand des Verfahrens. Gleichzeitig legte er eine Auflistung der Stunden vor, die er in den Jahren 2016 und 2017 für sein Ehrenamt jeweils bis 20.00 Uhr aufgewendet habe. Für das Jahr 2016 gab er 38,00 Stunden und für 2017 47,55 Stunden an.

Mit Bescheid vom 20.11.2018 lehnte das beklagte Land den Antrag des Klägers auf Stundengutschrift ab. Zur Begründung führte es aus, dass das Gesetz zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes vom 18.9.2012 unter anderem den § 44 GO NRW geändert habe, sodass den Mandatsträgern, die innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden könnten, die Zeit der Ausübung des Mandats innerhalb dieses Arbeitszeitrahmens zur Hälfte auf die Arbeitszeit anzurechnen sei. Mit Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales (MIK) vom 29.1.2013 sei darauf hingewiesen worden, dass Mandatstätigkeiten, soweit diese im Rahmen der flexiblen, individuell bestimmbaren Arbeitszeit innerhalb des entsprechend § 14 Abs. 2 AZVO jeweils festgelegten Arbeitszeitrahmens ausgeübt würden, zur Hälfte auf die Arbeitszeit durch Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto anzurechnen seien. Das MIK habe auf Nachfrage ergänzend ausgeführt: "Schichtarbeit ist Festarbeitszeit, keine Gleitzeit. Im Unterschied zur normalen Festarbeitszeit wechseln die Arbeitszeiten im Wochenrhythmus. Fallen Ratssitzungen in die Schicht, gibt es einen Freistellungsanspruch. Führt dies dazu, dass zwangsläufig und objektiv unvermeidbar die gesamte Schicht versäumt wird, erfasst der Verdienstausfall auch diese Zeiten. Insofern gibt es keinen Unterschied zu anderen Arbeitnehmern mit festen Arbeitszeiten." In der Drucksache 16/48 des Landtages NRW zu dem Gesetz zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes vom 13.6.2012 werde ausgeführt, dass der Gesetzentwurf eine abschließende Ausgleichsregelung für alle Formen von Arbeitsverhältnissen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten wie z. B. Schichtdienst nicht enthalte. Zudem habe der Petitionsausschuss entschieden, dass die Gewährung eines Stundenausgleichs für die Wahrnehmung eines kommunalen Ehrenamtes für Bedienstete, die im Schichtdienst tätig seien, rechtswidrig sei. Ausnahmen gebe es nur für sehr kurzfristige Mandatstermine, die innerhalb der bereits verbindlich geplanten Schicht anfielen. Im Übrigen gelte nach wie vor der Erlass zum dezentralen Schichtdienstmanagement (DSM) des Innenministeriums NRW vom 25.6.2002 (41.2 - 3025). Hiernach hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wachdienstes der Polizei, die zugleich politische Mandate inne hätten, die Möglichkeit, ihre persönliche Dienstzeit den Erfordernissen des Mandats entsprechend vorzuplanen. Die beantragte Stundengutschrift werde daher abgelehnt.

Der Kläger hat am 17.12.2018 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, er habe einen Anspruch auf Anrechnung der Zeit der Ausübung des Mandats zur Hälfte auf seine Arbeitszeit gemäß § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW. Das Gesetz verlange nicht, dass die begünstigten Beamten der Arbeitszeitregelung des § 14 Abs. 2 AZVO unterfielen. Vielmehr sei nur erforderlich, dass die Mandatsträger innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden könnten. Das sei bei ihm der Fall. Er plane seine Dienste im dezentralen Schichtdienstmanagement. Das bedeute, er könne selbst planen, ob er an einem gewissen Tag Früh-, Spät- oder Nachtschicht versehe. Der vorgegebene Arbeitszeitrahmen, innerhalb dessen er seine Arbeitszeit flexibel einteilen könne, sei der ganze Tag, von 0:00 bis 24:00 Uhr, weil die drei Schichten zusammen genommen den gesamten Tag abdeckten. Ihm seien nur die Dauer der Früh-, Spät- und Nachtschicht vorgegeben. Auch nach Sinn und Zweck der Regelung sei seine Tätigkeit von § 44 GO NRW erfasst. Grundsätzlich seien Ratsmitglieder von der Arbeit freizustellen, soweit es die Ausübung des Mandates erfordere. Dieser Freistellungsanspruch laufe aber bei Tätigkeiten mit flexiblen Arbeitszeiten ins Leere, weil der Beamte seine Arbeitszeit so wählen müsse, dass die Ratstätigkeit nicht in die Arbeitszeit falle. In diesem Fall habe der Beamte keine Möglichkeit, einen Freistellungsanspruch geltend zu machen. Er müsse vielmehr seine Arbeitsverpflichtung im Voraus erbringen oder sie nachholen. § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW sei gerade geschaffen worden, um diese Benachteiligung auszugleichen. Er, der Kläger, befinde sich in einer solchen von der Norm in den Blick genommenen Situation. Er könne und müsse seine Dienste in Kenntnis der Ratstermine planen. Daher könne er nur sehr eingeschränkt von dem Freistellungsanspruch profitieren. Dies sei nur möglich, wenn ein Ratstermin erst nach verbindlicher Planung der Schicht bekannt werde. Seiner Klagebegründung hat der Kläger eine um 81,23 Stunden ergänzte Auflistung von Zeiten seiner Mandatsausübung im Zeitraum 2013 bis 2017 beigefügt, die nunmehr auch solche Zeiten der Mandatstätigkeiten nach 20.00 Uhr umfasse.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landrats als Kreispolizeibehörde M1. vom 20.11.2018 zu verpflichten, seinem Arbeitszeitkonto für Zeiten, die er für die Ausübung seines Mandats als Ratsmitglied der Stadt C. in den Jahren 2013 bis 2017 aufgewandt habe, 119,5 Stunden gutzuschreiben.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es die Gründe des ablehnenden Bescheides wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Vorschrift des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW sei im Fall des Klägers nicht anwendbar. Dieser arbeite nicht innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens, sondern in einem Schichtmodell mit grundsätzlich festgelegten Schichtzeiten. Im Übrigen sei eine pauschale Anrechnung der Zeiten der Mandatsausübung auf die Arbeitszeit auch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.

Durch Urteil vom 13.8.2020 hat das Verwaltungsgericht das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids vom 20.11.2018 verpflichtet, von der Zeit, die der Kläger in den Jahren 2013 bis 2017 für die Ausübung seines Mandats aufgewandt hat, 119,5 Stunden auf seine Arbeitszeit anzurechnen. Der Anspruch des Klägers auf hälftige Anrechnung der Zeit der Ausübung des Mandates auf seine Arbeitszeit ergebe sich aus § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW. Der Kläger sei Mandatsträger und könne sich auch als Beamter auf die Vorschrift berufen. Dem stehe insbesondere nicht § 72 Abs. 3 LBG NRW entgegen, weil es sich insoweit um keine abschließende vorrangige Spezialregelung handele. § 72 Abs. 3 LBG NRW und § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW regelten unterschiedliche Sachverhalte, sodass die Normen nebeneinander anwendbar seien. Ebenso seien die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen der Anrechnungsnorm erfüllt. Der Kläger könne, wie in § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW vorgesehen, innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden. Der Kläger sei im Schichtdienst im Sinne des § 2 Nr. 5 AZVOPol tätig. Danach seien über einen Zeitraum von vier Monaten unter Beachtung der Vorgaben aus § 19 der Verordnung Schichtdienste so zu leisten, dass sich im Durchschnitt eine wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden ergebe. Der Arbeitszeitrahmen ergebe sich aus diesem Viermonatsturnus. Bei der Gestaltung der Schichtpläne werde offensichtlich Rücksicht auf die Wünsche der Beamten genommen, sodass auch ein Mitentscheidungsrecht über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit zu bejahen sei. Soweit das beklagte Land unter Bezugnahme auf den Erlass des MIK vom 29.1.2013 ausgeführt habe, dass sich der in § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW genannte Arbeitszeitrahmen aus § 14 Abs. 2 AZVO ergebe und zwischen 6.30 Uhr und 20.00 Uhr liege, finde sich eine entsprechende Einschränkung im Wortlaut der Norm nicht wieder. Lediglich in dem Erlass, der den Anwendungsbereich des Parlamentsgesetzes nicht einschränken könne, werde Bezug auf die AZVO genommen, die überdies für den Kläger keine Anwendung finde. Im Übrigen sprächen auch Sinn und Zweck der Vorschrift für eine großzügige Auslegung des Tatbestandsmerkmals. Ziel der im Jahr 2012 erfolgten Gesetzesänderung sei die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung kommunaler Ehrenämter gewesen. Auch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber alle Arbeitnehmer mit regelmäßiger Arbeitszeit in den Genuss der hälftigen Anrechnung der für das Mandat aufgewendeten Zeit habe kommen lassen wollen. Zu diesen Arbeitnehmern gehörten auch Polizeivollzugsbeamte, die im Schichtdienst tätig seien. Dem Anspruch stünden auch keine Einwendungen entgegen.

Das beklagte Land hat am 21.9.2020 gegen das ihm am 25.8.2020 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese am 26.10.2020 - einem Montag - und 3.8.2021 begründet. Es wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Zeitgutschrift nach § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW. Die Norm diene dazu, Beschäftigten, die in einem Gleitzeitrahmen arbeiteten, einen gewissen Ausgleich für die verlorene Flexibilität zukommen zu lassen. Ein Beschäftigter, der, wie der Kläger, im Schichtdienst arbeite, möge im Rahmen der Dienstplanaufstellung gewisse Mitentscheidungsbefugnisse haben, sodass der Eindruck von flexibler Arbeitszeit entstehen könnte. Faktisch seien die konkreten täglichen Arbeitszeiten jedoch vorgegeben. Es stehe fest, wann der Früh-, Spät- und Nachtdienst beginne und ende. Einen Gleitzeitrahmen gebe es nicht. Bei dem in § 2 Nr. 6 AZVOPol definierten Wechselschichtdienst handele es sich um einen Schichtdienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in wechselnden Arbeitsschichten vorsehe, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet werde. Beamte im Wechselschichtdienst müssten nach den Vorgaben des Landes ihren Dienst in drei zeitlich festgelegten Schichten versehen, die Teil einer 24-stündigen Einsatzbereitschaft seien. Die planmäßige Dauer der jeweiligen Schicht betrage für den Spät- und Nachtdienst 8,5 Stunden und für den Frühdienst ca. 6 Stunden. Die jeweiligen Beamten würden zu jeder Schicht herangezogen. In Abgrenzung dazu nenne § 2 Nr. 12 AZVOPol als weitere Form der möglichen Arbeitsleistung die flexible Arbeitszeit, bei der die Polizeivollzugsbeamten innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen täglichen Arbeitszeit selbst entscheiden könnten. Bereits aus der Systematik der Verordnung sei erkennbar, dass flexible Arbeitszeit etwas anderes sei als Schichtdienst. Dies werde durch § 16 Abs. 1 AZVOPol bestätigt, wonach § 23 AZVOPol, welcher auf die Normen der AZVO zur flexiblen Arbeitszeit verweise, auf diejenigen Polizeivollzugsbeamten nicht anwendbar sei, die im Schichtdienst ihren Dienst verrichteten. Dementsprechend gebe es entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch eine § 14 Abs. 1 und 2 AZVO entsprechende Regelung in der AZVOPol. Darüber hinaus sei es keineswegs so, dass die von den Polizeivollzugsbeamten geäußerten Wünsche über die individuelle Lage der zu leistenden Arbeitsschichten vollumfänglich umgesetzt würden. Vielmehr könne dies nur einzelne Schichten im Ausnahmefall betreffen, da der Dienstbetrieb als solcher aufrechterhalten werden müsse.

Das beklagte Land beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt zur Begründung aus, entgegen der Darstellung des beklagten Landes könne er nicht nur in Bezug auf einzelne Schichten, sondern in aller Regel frei bestimmen, in welcher Schicht er den Dienst versehen wolle. Zwar müsse der Dienstbetrieb aufrechterhalten werden. Allerdings gelinge dies im Regelfall dadurch, dass die Beamten einer Dienstgruppe sich für unterschiedliche Dienste eintrügen. Gerade dann, wenn ein Beamter wegen der Ausübung eines Ratsmandates eine bestimmte Schicht besetzen oder an einem Tag dienstfrei haben wolle, werde den entsprechenden Wünschen stets entsprochen. Dazu dürfte der Dienstherr bereits aufgrund des Fürsorgeprinzips verpflichtet sein. Zudem würde es dem Dienstherrn nichts bringen, ihn bei Unterbesetzung einer Schicht zu verpflichten, die Schicht wahrzunehmen, weil er aufgrund seiner Ratstätigkeit einen Freistellungsanspruch hätte. Würde es ausreichen, dass alleine die Möglichkeit bestehe, Einschränkungen bei der Arbeitszeitgestaltung vorzunehmen, so hätte § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW keinen Anwendungsbereich, weil eine entsprechende Möglichkeit bei zwingenden dienstlichen/arbeitstechnischen Gründen grundsätzlich für den Arbeitgeber/Dienstherrn bestehe. Entscheidend sei daher, wie sich die Arbeitszeit/Dienstzeit im Regelfall gestalte. Im Regelfall könne er, wie dargestellt, über die Lage seiner Schichten frei verfügen. Da die Schichten eine unterschiedliche Dauer aufwiesen, könne er durch die Wahl der Schicht auch über die Dauer seiner Arbeitszeit entscheiden. Damit sei sein Fall sowohl vom Wortlaut der Norm, der entgegen der Ausführungen des beklagten Landes nicht zwischen Schichtdienst und flexibler Arbeitszeit unterscheide, als auch dessen Zweck, die Mandatsübernahme durch die Möglichkeit entsprechender Zeitgutschriften attraktiver zu machen, umfasst. In gleicher Weise, wie es für einen in Gleitzeit beschäftigten Mitarbeiter einen - durch § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW auszugleichenden - Nachteil darstelle, seine Arbeitszeit im Rahmen der Gleitzeit aufgrund der Mandatstätigkeit nicht mehr völlig frei festlegen zu können, stelle es für ihn - den Kläger - einen Nachteil dar, dass er aufgrund seiner Mandatstätigkeit die Wahl seiner dienstfreien Tage und die Wahl der Schichten, in denen er arbeite, nicht mehr frei vornehmen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung des beklagten Landes, ihm 119,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto für Zeiten gutzuschreiben, die er für die Ausübung seines Mandats als Ratsmitglied der Stadt C. in den Jahren 2013 bis 2017 aufgewandt hat.

I. Ein Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Zeitgutschrift ergibt sich nicht aus § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW.

Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 GO NRW sind unter anderem Ratsmitglieder für die Zeit der Ausübung des Mandats von ihrer Tätigkeit freizustellen. Nach Satz 4 der Norm ist bei Mandatsträgern, die innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden können, die Zeit der Ausübung des Mandats innerhalb dieses Arbeitszeitrahmens zur Hälfte auf ihre Arbeitszeit anzurechnen.

Der Anwendung des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW steht zwar nicht bereits entgegen, dass der Kläger Beamter des beklagten Landes ist (1). Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm liegen jedoch nicht vor (2).

1. Der Anwendungsbereich des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW erfasst auch Beamte. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Arbeitnehmer in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis lässt sich weder dem Wortlaut der Norm, dessen Sinn und Zweck noch den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzessystematik entnehmen.

Der Wortlaut selbst nimmt in personeller Hinsicht keine Einschränkungen vor, sondern erfasst alle kommunalen Mandatsträger, die in einem vorgegebenen Arbeitszeitrahmen über ihre Arbeitszeit flexibel entscheiden können, unabhängig davon, ob dies in einem privatrechtlichen Arbeits- oder öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis erfolgt.

Der sich aus den Gesetzesmaterialien ergebende Sinn und Zweck der Norm spricht ebenfalls für deren Anwendbarkeit auf beamtete Mandatsträger. Sinn und Zweck der Norm ist es, die Benachteiligung von Mandatsträgern mit flexiblen Arbeitszeiten in einem Gleitzeitrahmen auszugleichen, die sich anders als Mandatsträger mit festen Arbeitszeiten auf den Freistellungsanspruch nach § 44 Abs. 2 Satz 1 GO NRW bei Mandatstätigkeiten außerhalb der Kernarbeitszeiten nicht berufen können. Hintergrund für das Regelungsbedürfnis waren nach der Gesetzesbegründung insbesondere gerichtliche Entscheidungen, die einen Freistellungsanspruch für die in die Gleitzeit fallende Mandatstätigkeit sowohl bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen als auch im Bereich des öffentlichen Dienstes verneint haben, weil während der Gleitzeit keine Arbeitsverpflichtung bestehe, von der der Mandatsträger freigestellt werden könne. Die Rechtsprechung ging zudem davon aus, dass bei flexiblen Arbeitszeiten die Verpflichtung bestehe, das Mandat außerhalb der Kernarbeitszeit zu erledigen, weil es sich bei der Mandatstätigkeit um eine ehrenamtliche Tätigkeit handele, der grundsätzlich in der Freizeit nachzugehen sei.

Vgl. LT-Drs. 16/48, S. 30 unter Verweis auf BAG, Urteil vom 16.12.1993 - 6 A ZR 236/93 -, NZA 1994, 854 f., beckonline, und OVG NRW, Beschluss vom 5.10.2010 - 15 A 79/10 -, NVwZ-RR 2011, 245 = juris; weitere Nachweise bei Bender in: Kleerbaum/Palmen, Gemeindeordnung NRW, 3. Aufl. 2018, § 44 S. 14.

Dies hatte zur Folge, dass Mandatsträger mit flexiblen Arbeitszeiten ihre beruflichen Arbeitsverpflichtungen im Voraus erbringen oder aber nachholen mussten. Die bei gleitender Arbeitszeit eröffnete Möglichkeit, flexibel auf den jeweiligen Arbeitsanfall oder persönliche und familiäre Umstände reagieren zu können und auch durch Mehrarbeit ein Überstundenkonto aufzubauen, seien - so die Gesetzesbegründung - dem/der Mandatsträger/in

- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -

durch die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit während der Gleitzeit genommen. Dies habe zur Benachteiligung derjenigen geführt, die gerne ein Ehrenamt ausüben würden, jedoch auf die Flexibilität gleitender Arbeitszeit angewiesen seien. Diese Benachteiligung, die durch die Norm ausgeglichen werden soll, kann Arbeitnehmer und Beamte gleichermaßen betreffen.

Der Gesetzesbegründung lässt sich zudem der gesetzgeberische Wille entnehmen, dass Arbeitnehmer und Beamte von der Norm gleichrangig erfasst werden sollten. Denn diese verweist darauf, dass, soweit durch die Regelung Beamtenrecht berührt werde, die erforderliche Gesetzgebungskompetenz vorliege. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers beansprucht mithin § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW auch Geltung für Beamte.

Vgl. LT-Drs. 16/48, S. 32.

Dementsprechend bestätigt der Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW vom 29.1.2013 (24-42.01.14-02.1) die Anwendbarkeit der Norm auf Beamte des Landes NRW und gibt Hinweise zur Umsetzung der Regelung im Beamtenbereich.

Die Anwendung des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW ist für Beamte des Landes NRW auch nicht aufgrund der Regelung des § 72 Abs. 3 LBG NRW in der Fassung vom 14.6.2016 (GV. NRW 2016, S. 310) bzw. zuvor des § 74 Abs. 3 LBG NRW (GV. NRW 2009, S. 224) versperrt (nachfolgend nur § 72 Abs. 3 LBG NRW). Nach § 72 Abs. 3 LBG NRW ist der Beamtin oder dem Beamten zur Ausübung eines Mandats in der Vertretung einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder einer Bezirksvertretung sowie für die Tätigkeit als Mitglied eines nach Kommunalverfassungsrecht gebildeten Ausschusses der erforderliche Urlaub unter Belassung der Leistungen des Dienstherrn zu gewähren.

Danach haben § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW und § 72 Abs. 3 LBG NRW einen eigenständigen Anwendungsbereich und normieren bei Vorliegen ihrer jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen unterschiedliche Rechtsfolgen, so dass sie nebeneinander bestehen können. Während § 72 Abs. 3 LBG NRW - vergleichbar mit § 44 Abs. 2 Satz 1 GO NRW - auf eine Regelung bei einer Kollision der Pflicht zur Ausübung des Mandats und einer konkreten Dienstverpflichtung beschränkt ist und für diesen Fall einen Urlaubsanspruch gewährt, bestimmt § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW die (hälftige) Anrechnung der Zeiten der Mandatsausübung beim Gleitzeitanteil im Rahmen flexibler Arbeitszeit.

Vgl. auch Schütte, NWVBl. 2014, 245 (248).

Ob § 72 Abs. 3 LBG NRW bei einem beamteten Mandatsträger den Freistellungsanspruch nach § 44 Abs. 2 Satz 1 GO NRW verdrängt, bedarf hier keiner Klärung, da der Kläger einen solchen Anspruch nicht geltend macht.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass es sich bei § 72 Abs. 3 LBG NRW um eine abschließende, spezialgesetzliche Regelung im Hinblick auf Mandatstätigkeiten von Beamten handelt und damit die in der Norm nicht geregelte Anrechnung von Zeiten der Mandatsausübung auf flexible Dienstzeiten ausschließt. Hiergegen spricht insbesondere, dass sich der Landesgesetzgeber nach dem Vorstehenden über die möglichen Auswirkungen des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW auf das Beamtenrecht bewusst war und eine entsprechende Regelungskompetenz auch für Beamte angenommen hat. Daraus ergibt sich ferner, dass für den Gesetzgeber aufgrund der dem § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW in personeller Hinsicht beigemessenen Reichweite keine Veranlassung für eine Anpassung des § 72 Abs. 3 LBG NRW bestand. Mithin kann aus dem Umstand, dass dieser unverändert geblieben ist, nicht der Schluss gezogen werden, für Beamte bestehe weiterhin ausschließlich der in § 72 Abs. 3 LBG NRW geregelte Beurlaubungsanspruch.

Vgl. eine Anwendbarkeit von § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW auf Beamte des Landes NRW bejahend: Frenzen in: BeckOK, Kommunalrecht NRW, 20. Ed. 1.6.2022, § 44 Rn. 8; Schütte, NWVBl. 2014, 245 (248); für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ArbG Solingen, Urteil vom 4.10.2018 - 3 Ca 935/18 lev -, juris Rn. 19 ff.; die Frage offen lassend: Bender in: Kleerbaum/ Palmen, Gemeindeordnung NRW, 3. Aufl. 2018, § 44 S. 11; verneinend: Rehn/Cronauge/ von Lennep/Knirsch, Gemeindeordnung NRW, 52. Erg. 01/2021, § 44 Rn. 20; jedenfalls kritisch: Wansleben in: Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, 12/2014, § 44 S. 3.

Die Frage, ob Bundesbeamte von § 44 Abs. 2 GO NRW erfasst werden, stellt sich im Streitfall nicht.

2. Einem Anspruch auf Zeitgutschrift steht allerdings entgegen, dass der im Wechselschichtdienst tätige Kläger nicht, wie in § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW gefordert, in einem vorgegebenen Arbeitszeitrahmen (a) über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden kann (b).

Der Kläger ist im Wechselschichtdienst im Sinne des § 2 Nr. 6 AZVOPol tätig. Nach dieser Vorschrift ist Wechselschichtdienst ein Schichtdienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in wechselnden Arbeitsschichten vorsieht, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Die Polizeivollzugsbeamten im Wechselschichtdienst versehen ihren Dienst in drei zeitlich festgelegten Schichten, die Teil einer 24-stündigen Einsatzbereitschaft sein sollen. Zum Ausgleich der mit der Dienstleistung im Wechselschichtdienst verbundenen Belastungen wird gemäß § 20 Erschwerniszulagenverordnung eine Zulage gewährt. Ein solches Arbeitszeitmodell unterfällt dem Anrechnungstatbestand des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW nicht.

a) Es fehlt bereits an dem vom Wortlaut des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW vorausgesetzten Arbeitszeitrahmen, der bei flexibler Arbeitszeit, nicht aber beim (Wechsel-)Schichtdienst besteht. Hierfür muss bereits begriffsnotwendig eine Begrenzung des frühestmöglichen Beginns und des spätestmöglichen Endes der täglichen Arbeitszeit vorliegen. Werden feste Arbeitszeiten vorgegeben oder ist die tägliche Arbeitszeit gänzlich freigegeben, gibt es keinen "vorgegebenen Arbeitszeitrahmen" i. S. v. § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW. Die Regelung erfasst damit nicht alle bestehenden Arbeitszeitmodelle, insbesondere nicht den Schicht- bzw. Wechselschichtdienst.

Ebenso Bender in: Kleerbaum/Palmen, Gemeindeordnung NRW, 3. Aufl. 2018, § 44 S. 8; Frenzen in: BeckOK, Kommunalrecht NRW, 20. Ed. 1.6.2022, § 44 Rn. 14; LT-Drs. 16/48, S. 30.

Dies bestätigen systematische Überlegungen sowie die Gesetzesbegründung. Der Wortlaut des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW lehnt sich an die Begriffsbestimmungen flexibler Arbeitszeit an, wie sie sich etwa in § 14 Abs. 1 AZVO oder § 2 Nr. 12 AZVOPol finden. Die genannten Vorschriften definieren flexible Arbeitszeit übereinstimmend als diejenige Arbeitszeit, bei der die Beamten innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen täglichen Arbeitszeit selbst entscheiden. Dabei darf der vorgegebene Arbeitszeitraum den 24-Stunden-Tag nicht vollständig abdecken, da das Tatbestandsmerkmal sonst überflüssig wäre. Schon die - offensichtliche - Übernahme der Begrifflichkeit legt nahe, dass der Gesetzgeber auch mit § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW nur die Mandatsträger mit einer flexiblen Arbeitszeit in diesem Sinne erfassen wollte. Der Wechselschichtdienst - das Arbeitszeitmodell des Klägers - wird hingegen - wie erwähnt - in § 2 Nr. 6 AZVOPol beschrieben; darüber hinaus verdeutlicht auch § 16 Abs. 1, 3 AVZOPol, dass sich flexible Arbeitszeit (mit Arbeitszeitrahmen) und Schichtdienst im Polizeivollzugsdienst unterscheiden.

Dem entspricht es, dass in der Gesetzesbegründung für die Anrechnungsmöglichkeit lediglich die nicht zur Kernarbeitszeit gehörende Gleitzeit im Rahmen flexibler Arbeitszeiten in den Blick genommen ist,

vgl. LT-Drs. 16/48, S. 2, 30,

und der Schichtdienst demgegenüber ausdrücklich als ein Arbeitszeitmodell genannt wird, welches von der Regelung des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW nicht umfasst wird. Es heißt dort: "Eine abschließende Ausgleichsregelung für alle Formen von Arbeitsverhältnissen mit ‚unregelmäßigen Arbeitszeiten‘, wie z.B. Schichtarbeit oder Arbeit auf Abruf enthält der Gesetzentwurf nicht. "

Vgl. LT-Drs. 16/48, S. 30.

Der Kläger macht demnach erfolglos geltend, in seinem Fall sei ein den ganzen Tag von 0:00 bis 24:00 Uhr umfassender Arbeitszeitrahmen gegeben, weil die drei Schichten des Wechselschichtdienstes zusammen genommen den gesamten Tag abdeckten. Steht ihm der ganze Tag zur Ableistung seines Dienstes zur Verfügung, unterliegt er gerade keinem vorgegebenen Arbeitszeitrahmen im Sinne der für ihn geltenden Verordnung nach § 23 AZVOPol i. V. m. § 14 AZVO. Nach § 14 Abs. 2 AZVO kann der Arbeitszeitrahmen innerhalb eines Zeitrahmens von 06.30 Uhr bis 20.00 Uhr festgelegt werden. Danach und wegen des Bezugsrahmens des Tages kann der "vorgegebene Arbeitszeitrahmen" im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW erst recht nicht, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, in dem in §§ 3 Abs. 2 Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 22 Abs. 1 AZVOPol geregelten vier- oder sechsmonatigen Bezugszeitraum zur Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Höchstarbeitszeit gesehen werden.

b) Der Kläger kann auch nicht über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden.

Der Kläger macht hierfür geltend, er könne in aller Regel frei darüber entscheiden, welche Schicht er wahrnehme. Den diesbezüglichen Wünschen werde regelmäßig entsprochen. Damit bezieht sich seine Entscheidungsfreiheit schon von vornherein nicht auf die Dauer der täglichen Arbeitszeit, die ihm - ebenso wie der Beginn und das Ende der jeweiligen Schicht - auch nach eigenem Vorbringen vorgegeben ist. Insoweit kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, er könne durch die Wahl der Schicht über die Dauer seiner Arbeitszeit entscheiden, da die Frühschicht nur ca. 6 Stunden umfasse, die Spät- und Nachschicht dagegen 8,5 Stunden. Unabhängig davon, dass dem Kläger - wie nachfolgend noch darzustellen ist - schon keine Entscheidungshoheit über die konkret zu verrichtende Schicht zukommt, kommt ihm nicht deshalb die Entscheidungsbefugnis über die Dauer der individuellen täglichen Arbeitszeit zu, weil die vom Dienstherrn bestimmte Länge der Schichten differiert. Denn dies ändert nichts daran, dass die Dauer der Schichten dem Kläger mit etwa 6 bzw. 8,5 Stunden ebenso wie deren Beginn und Ende - wie vorstehend ausgeführt und von dem Kläger nicht in Abrede gestellt - stets vorgegeben ist, sodass es an der von § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW vorausgesetzten Flexibilität und Dispositionsmöglichkeit über die tägliche Arbeitszeit gerade fehlt.

Der Kläger kann auch nicht über die Lage seiner täglichen Arbeitszeit entscheiden. Insoweit reicht es nicht aus, dass der Beamte Wünsche äußern kann, denen - wenn auch in aller Regel - entsprochen wird. Maßgeblich ist, dass dem Dienstherrn die Letztentscheidung der Schichtplanung obliegt.

Auch aus dem zwischenzeitlich aufgehobenen Erlass vom 29.2.2000 (IV C 2 - 3025) und dem seit dem 5.3.2019 geltenden Erlass (403-42.02.07) zum dezentralen Schichtdienstmanagement des Innenministeriums bzw. Ministeriums des Innern des Landes NRW ergibt sich nicht, dass der Kläger, vergleichbar mit einem in Gleitzeit tätigen Mandatsträger, über Lage und Dauer seiner Arbeitszeit verfügen könnte. Den Erlassen ist zwar zu entnehmen, dass die Arbeitszeit flexibilisiert werde; dazu soll nach Ziffer 2.1 des Erlasses vom 29.2.2000 den Mitarbeitern sowie den Polizeibehörden weitgehende Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit ermöglicht werden. Allerdings führt dies auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht dazu, dass er seine Schichten selbst verbindlich festlegen kann. Vielmehr trägt er selbst vor, lediglich seine Wünsche in das Schichtdienstsystem einzutragen, denen in der Regel entsprochen werde. Es bleibt damit dabei, dass die Entscheidung über die Lage und Dauer seiner Arbeitszeit nicht der Kläger trifft.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass für einen Ausschluss des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW nicht allein die Möglichkeit des Arbeitgebers bzw. des Dienstherrn ausreichen könne, Einschränkungen bei der Arbeitszeitgestaltung vorzunehmen, weil eine entsprechende Möglichkeit bei zwingenden Gründen dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn grundsätzlich eröffnet sei. Insoweit verkennt er, dass in seinem Arbeitszeitmodell dem Dienstherrn stets das Letztbestimmungsrecht über die Verteilung der Schichten zukommt. Damit ist ein struktureller Unterscheid zum Modell der flexiblen Arbeitszeit gegeben, in dem dem Beamten bzw. Arbeitsnehmer - in einem gewissen Rahmen - die Entscheidung über Lage und Dauer seiner täglichen Arbeitszeit - normativ abgesichert - überlassen und eine Einschränkung der Arbeitszeitgestaltung nur ausnahmsweise aufgrund zwingender Gründe zugelassen ist.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers und des Verwaltungsgerichts ist angesichts des eindeutigen Wortlauts, der Gesetzesbegründung und der Systematik auch kein Raum für eine "großzügige Auslegung" des Freistellungs- und Anrechnungstatbestands. Hiergegen spricht vielmehr zusätzlich, dass es sich um - eng aufzufassende - Ausnahmen von dem Grundsatz handelt, wonach ehrenamtliche Tätigkeiten, zu der die Mandatswahrnehmung gehört, in der Freizeit zu erfolgen haben.

Vgl. Schrapper/Günther, Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 2021, § 72 Rn. 4; Frenzen in: BeckOK, Kommunalrecht NRW, 20. Ed. 1.6.2022, § 44 Rn. 13.1; Tiedemann in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, 464/196. AL 03/2021, Urlaub zur Ausübung eines Mandats (Abs. 3), Rn. 85; Gutachten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienst des Landtags NRW zu: Zur Anwendung der Freistellungsverpflichtung aus § 44 Abs. 2 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen auf Anfahrtszeiten, 31.5.2017, S. 13.

Es besteht angesichts des oben Ausgeführten kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber diesen Grundsatz mit der Neufassung des § 44 GO NRW durch das Gesetz zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes vom 18.9.2012 (GV. NRW 2012, 421) vollständig aufgegeben hat. Ohnehin ist mit § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW eine im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits weitreichende Anrechnungsregelung vorgesehen.

Der Anwendungsbereich des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW kann dementsprechend auch nicht im Wege einer Analogie auf den Wechselschichtdienst erstreckt werden. Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine vergleichbare Interessenlage sowie eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.1.2016 - 2 B 17.15 -, ZTR 2016, 230 = juris Rn. 8, und Urteil vom 28.6.2012 - 2 C 13.11 -, BVerwGE 143, 230 = juris Rn. 24.

Dies ist nicht der Fall. Insoweit verkennt der Senat nicht, dass die von dem Kläger dargelegte Interessenlage eines im Wechselschichtdienst tätigen Mandatsträgers und eines solchen mit flexiblen Arbeitszeiten im Sinne des § 2 Nr. 12 AZVOPol durchaus insoweit vergleichbar ist, als beiden nur sehr eingeschränkt der Freistellungsanspruch nach § 44 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GO NRW bzw. der Beurlaubungsanspruch nach § 72 Abs. 3 LBG NRW zugutekommt. Dabei unterliegt der Kläger ebenfalls Flexibilitätseinschränkungen, weil er - unter anderem nach dem Erlass des Innenministeriums des Landes NRW vom 25.6.2002 zum dezentralen Schichtdienstmanagement bei der Polizei NRW - gehalten ist, seine Schichten so zu planen, dass sie nicht mit der Mandatstätigkeit kollidieren. Gegen eine vergleichbare Interessenlage spricht indessen, dass der Kläger, folgte man seiner Ansicht, bessergestellt wäre als die in flexibler Arbeitszeit tätigen Mandatsträger, deren vorgegebener Arbeitszeitrahmen (etwa auf 20.00 Uhr) begrenzt ist. Denn da der Kläger als Arbeitszeitrahmen den ganzen Tag begreift, würde er - anders als diese - seine Mandatstätigkeit nie in seiner Freizeit ausüben; die Tätigkeit würde daher immer einen (hälftigen) Anrechnungsanspruch auslösen. Dem entspricht es, dass er mit der Klage seine Forderung auf die Zeiten nach 20.00 Uhr hinaus ausgedehnt und gegenüber derjenigen im Verwaltungsverfahren um mehr als 81 Stunden und damit um zwei Drittel erhöht hat. Eine solche den ehrenamtlichen Charakter der Mandatsausübung unterlaufende Regelung hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt und die Fallgruppe des Schichtdienstes - wie erwähnt - ausdrücklich ungeregelt gelassen.

Vor diesem Hintergrund liegt - erst recht - keine planwidrige Regelungslücke vor. Dass ein im Wechselschichtdienst tätiger Beamter - wie der Kläger - verpflichtet ist, das Ehrenamt in der Regel in seiner Freizeit auszuüben, hat der Gesetzgeber gerade als zumutbar hingenommen.

Vgl. LT-Drs. 16/48, S. 30; Bender in: Kleerbaum/Palmen, Gemeindeordnung NRW, 3. Aufl. 2018, § 44 S. 8.

Dem kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Gesetzgeber habe bei der Regelung nicht die Form des dezentralen Schichtdienstmanagements im Blick gehabt, sondern den Schichtbetrieb, wie er vor Einführung des DSM üblich gewesen sei. Seinerzeit seien die Beamten in Dienstgruppen organisiert gewesen und jede Dienstgruppe habe einen festen Schichtplan gehabt, sodass keine Einflussnahme der Beamten auf die zu verrichtende Schicht möglich gewesen sei. Der Tragfähigkeit dieser - in keiner Weise belegten - Behauptung steht bereits entgegen, dass der Grunderlass zur Einführung des dezentralen Schichtdienstmanagement aus dem Jahr 2000 datiert, mithin zwölf Jahre vor der streitgegenständlichen Norm in Kraft getreten ist. Darüber hinaus hat er bis 2012 mehrfach (nämlich in den Jahren 2001, 2003, 2005 und 2011) Änderungen zur weiteren Ausdifferenzierung der Regelungen zur bereits im Grunderlass vorgesehenen Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung der Beamten erfahren. Auch der Umstand, dass sich das Innenministerium bereits 2002 in einem Erlass mit den Auswirkungen des dezentralen Schichtdienstmanagements auf Mandatstätigkeiten von Beamten beschäftigt hat, spricht gegen die Annahme, bei dem im dezentralen System organisierten Schichtdienst habe es sich um eine derart neue Erscheinungsform der Arbeitsorganisation gehandelt, dass dem Gesetzgeber diese bei Erlass der streitgegenständlichen Norm im Jahr 2012 nicht bekannt und daher mit dem in der Gesetzesbegründung genannten - von der Regelung ausgeschlossenen - Schichtdienst nicht gemeint gewesen sei.

II. Einen Anspruch auf Zeitgutschrift kann der Kläger auch nicht aus dem allgemeinen, in § 44 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO NRW verankerten Behinderungs- und Benachteiligungsverbot herleiten. Danach darf niemand gehindert werden, sich um ein Mandat als Ratsmitglied zu bewerben, es anzunehmen oder auszuüben. Ebenso sind Benachteiligungen am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit der Bewerbung, der Annahme oder der Ausübung eines Mandats unzulässig.

Abgesehen von dem systematischen Bedenken, das in einer Heranziehung des allgemeinen Behinderungs- und Benachteiligungsverbots anstelle der speziellen Anrechnungsregelung des § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW läge, greift § 44 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO NRW nicht ein. Das allgemeine Behinderungsverbot untersagt jede Maßnahme oder Handlung, mit der das Ziel verfolgt wird, jemanden an der Bewerbung, der Annahme oder Ausübung eines kommunalen Mandats zu hindern. § 44 Abs. 1 Satz 1 GO NRW verbietet jedes Androhen oder Inaussichtstellen von wirtschaftlichen, beruflichen, gesellschaftlichen, persönlichen oder sonstigen Nachteilen. Die Vorschrift untersagt hingegen nicht alles, was der Ausübung des Mandats hinderlich ist. Verboten ist lediglich die zielgerichtete beabsichtigte Erschwernis. Nicht ausreichend ist, dass die Erschwernis nur mittelbare Folge einer Maßnahme ist.

Vgl. Bender in: Kleerbaum/Palmen, Gemeindeordnung NRW, 3. Aufl. 2018, § 44 S. 4; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, Gemeindeordnung NRW, 52. Erg. 01/2021, § 44 Rn. 2, jeweils m. w. N.

Eine solche zielgerichtete Behinderung oder Benachteiligung stellt bereits die im Fall des Klägers bestehende Obliegenheit, sein Ehrenamt dem Grundsatz entsprechend in der Freizeit auszuüben und seine beruflichen Verpflichtungen daran angepasst zu planen, nicht dar. Noch weniger liegt eine solche in dem Fehlen einer Stundengutschrift für Mandatstätigkeit bei flexibler Arbeit.

Etwas anderes folgt schließlich nicht aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.7.2011 - 2 C 45.09 -. In dieser hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, einem ehrenamtlichen Richter müssten Zeiten der Tätigkeit, die während der Gleitzeit angefallen sind, dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, wenn sie mehr als drei Stunden pro Kalenderwoche betragen, da § 45 Abs. 1a Satz 1 Alt. 2 DRiG eine Schlechterstellung aufgrund des Ehrenamtes ohne sachlichen Grund untersage. Die in dieser Entscheidung angestellten Erwägungen zur Herleitung eines Anrechnungsanspruchs aus dem für ehrenamtliche Richter ebenfalls normierten - allerdings mit § 44 Abs. 1 Satz 1 GO NRW nicht wortgleichen - Benachteiligungsverbot sind auf den Streitfall nicht übertragbar. Bereits das unterschiedliche Schutzbedürfnis eines ehrenamtlichen Richters und eines Ratsmitglieds steht einer Übertragbarkeit der Erwägungen entgegen. Denn bei der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter handelt es sich um eine staatsbürgerliche Pflicht, das heißt, der Bürger ist grundsätzlich zur Übernahme und Ausübung der damit einhergehenden Aufgaben verpflichtet. Dies hebt das Amt des ehrenamtlichen Richters von anderen öffentlichen und privaten Ehrenämtern und damit auch der freiwilligen Übernahme einer Ratstätigkeit ab mit der Folge, dass der Gesetzgeber - so das Bundesverwaltungsgericht - nachteiligen Konsequenzen aus einem solchen verpflichtenden Ehrenamt mit einem weitreichenden Schutzgebot begegne, das insbesondere berufliche Nachteile verhindern und zugleich das Ansehen der ehrenamtlichen Richter in der Öffentlichkeit stärken soll. Aus diesem weitreichenden Schutzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht abgeleitet, dass jedenfalls die begrenzte Möglichkeit einer Anrechnung von Zeiten der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter, die während der Gleitzeit anfallen, bestehen müsse.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - 2 C 45.09 -, BVerwGE 140, 178 = juris Rn. 21 f.

Eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit des freiwillig ehrenamtlich Tätigen ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 132 VwGO, 127 BRRG nicht vorliegen.

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