OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2022 - 16 U 130/21
Fundstelle
openJur 2022, 14874
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 48/21
Tenor

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Gründe

I.

Der Senat weist gemäß § 139 ZPO darauf hin, dass beabsichtigt ist, den Streitwert für die erste und zweite Instanz abweichend von der Streitwertfestsetzung des Landgerichts und der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 15.10.2021 gemäß §§ 39, 43, 47, 48 Abs. 2, 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG, 3 ZPO auf lediglich € 5.000,- festzusetzen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger hinsichtlich der Anträge auf Widerruf und Unterlassung jeweils ein höheres Interesse als € 2.500,- hat. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass zum einen der streitgegenständliche Negativeintrag nur für einen Zeitraum von weniger als einem Jahr bei der A.-AG eingetragen war, bis seine Erledigung eingetragen wurde und die Bonität des Klägers während dieses Zeitraums wegen des laufenden und gleichfalls aus der A.-Auskunft ersichtlichen Restschuldbefreiungsverfahrens ohnehin schon sehr herabgesetzt war.

II.

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass nach derzeitigem Sach- und Streitstand die Berufung aus den nachfolgenden Gründen keinen Erfolg verspricht.

1. Entgegen der Meinung des Klägers steht ihm für sein mit dem Berufungsantrag zu 1) geltend gemachten Begehren, die Beklagte zu einem Widerruf zu verurteilen, kein aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleiteter und auf §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG gestützter äußerungsrechtlicher Anspruch auf Widerruf zu. Wie das BVerfG mit Beschluss vom 06.11.2019 - 1 BvR 16/13, Rz. 90 - Recht auf Vergessen I - klargestellt hat, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine eigenständige Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die neben der ungewollten Preisgabe von Daten auch im Rahmen privater Rechtsbeziehungen vor deren intransparenten Verarbeitung und Nutzung durch Private schützt. Davon zu unterscheiden ist der Schutz vor der sichtbaren Verbreitung bestimmter, auch personenbezogener Informationen im öffentlichen Raum als Ergebnis eines Kommunikationsprozesses, der unabhängig von dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistet wird (BVerfG, a.a.O., Rz. 91). Gemessen daran macht der Kläger mit seinem Antrag zu 1) einen Anspruch aus dem Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geltend, weil er sich, wie sich aus der Begründung ergibt, gerade dagegen wendet, dass die Beklagte die für seine Bonität relevanten Kreditdaten gegen seinen Willen gegenüber der A.-AG preisgegeben hat. Für den Bereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist wiederum zu beachten, dass spätestens mit dem Inkrafttreten der vollständig harmonisierten DSGVO am 25.05.2018 das Datenschutzrecht dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts einschließlich der EuGrCh unterliegt und den Grundrechten des Grundgesetzes nur noch eine Reservefunktion zukommt (BVerfG, Beschluss vom 09.11.2019 - 1 BvR 276/17, Rz. 40 ff. - Recht auf Vergessen II). Ausgehend hiervon ist im Bereich des Datenschutzrechts ein Rückgriff auf die Vorschriften des nationalen deutschen Rechts jedenfalls solange nicht möglich, wie im Rahmen des Anspruchssystems der DSGVO eine umfassende Grundrechtsabwägung der beteiligten Schutzinteressen vorgenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.2021 - VI ZR 488/19, Rz. 69). Zwar findet sich in der DSGVO keine Anspruchsgrundlage, die wörtlich einen Anspruch darauf gibt, eine Datenübermittlung gegenüber dem Empfänger zu "widerrufen", wie er vor der Geltung der DSGVO auch im Bereich des Datenschutzrechts als Folgenbeseitigungsanspruch einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus § 1004 Abs. 1 BGB abgeleitet wurde (BGH, Urteil vom 07.07.1983 - III ZR 159/82, Rz. 14; Senat, Urteil vom 12.09.2014 - I-16 U 7/14, Rz. 5). Allerdings sieht Art. 19 DSGVO als objektive Rechtsfolge eines von dem Betroffenen gemäß Artt. 16, 17 oder 18 geltend gemachten Rechts auf Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder auf Einschränkung der Datenverarbeitung vor, dass der Datenverantwortliche allen Empfängern, denen gegenüber er die Daten offengelegt hat, von der Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung unterrichten muss (vgl. Kamamm/Braun in Ehmann/Selmayr , DSGVO, 2. Auflage, Art. 19 Rz. 5, der dementsprechend die Mitteilungspflicht als Folgebetroffenenrecht beschreibt). Mit Blick auf Artt. 18 Abs. 1 b), 19 DSGVO könnte daher der Kläger möglicherweise von der Beklagten verlangen, die A.-AG als Empfängerin davon zu unterrichten, dass sie, die Beklagte, wegen einer von dem Kläger beantragten Einschränkung der Datenverarbeitung die streitgegenständlichen Daten nicht an die A.-AG übermitteln durfte. Es kann dahinstehen, ob sich ein solches Begehren noch unter den gemäß § 308 ZPO maßgeblichen Berufungsantrag zu 1) fassen ließe oder, ob der Kläger, wegen der gemäß § 139 ZPO im jeden Fall veranlassten Hinweiserteilung des Senats, erst eine entsprechende, dann allerdings gemäß § 533 ZPO als sachdienlich zu erachtende Klageänderung vornehmen müsste. Denn auch dies würde nicht zum Erfolg der Berufung führen. Wie sich aus Art. 18 Abs. 1 b) DSGVO ergibt, setzte eine solche aus der Einschränkung der Verarbeitung folgende Mitteilungspflicht der Beklagten voraus, dass ihre Datenverarbeitung vom 20.07.2019, mit der sie der A.-AG den Schuldsaldo des Klägers vom 18.07.2019 übermittelte, unrechtmäßig gewesen ist, weil ihr ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des Art. 6 DSGVO gefehlt hat. Von den dort aufgeführten Rechtfertigungsgründen kommt, davon gehen auch die Parteien aus, nur Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO in Betracht:

Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 f) DSGVO ist die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Im Falle der Datenübermittlung sind demnach einerseits die berechtigten Interessen des für die Datenübermittlung "Verantwortlichen" und desjenigen, der als "Dritter" die Daten empfängt (Heberlein in Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, Art. 6 Rz. 25) sowie andererseits die Schutzinteressen des Betroffenen zu berücksichtigen. Die Grundrechte der Charta können einzelfallbezogen in privatrechtliche Streitigkeiten hineinwirken (BVerfG, Beschluss vom 06.11.2019 - 1 BvR 276/17, Rz. 96 f.). Demnach sind zugunsten der Beklagten zum einen ihre eigene, durch Art. 16 EuGrCh geschützte unternehmerische Freiheit und zum anderen auch die gleichfalls durch Art. 16 EuGrCh geschützte unternehmerische Freiheit der A.-AG einzustellen, weil diese als Dritte die Empfängerin der Datenübermittlung gewesen ist. Stellt der Unternehmer Informationen seinen Nutzern zur Verfügung, sind zwar die individuellen Rechte der Nutzer aus Art. 11 EuGrCh auf freien Zugang zu einer Information nicht zu berücksichtigen; die Informationsfreiheit ist allerdings ein Prinzip, dass bei der Einschränkung des Art. 16 EuGrCh in Rechnung gestellt werden muss (BVerfG, Beschluss vom 06.11.2019 - 1 BvR 276/17, Rz. 110). Auf Seiten des Klägers sind das durch Art. 8 Abs. 1 EuGrCh geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ebenso wie das durch Art. 7 geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung sowie der Kommunikation einzustellen. Artt. 7 und 8 EuGrCh bilden, soweit es um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht, einen einheitlichen Schutz für die selbstbestimmte Persönlichkeitsentfaltung gegenüber der Datenverarbeitung Dritter, der sich auch auf geschäftliche oder berufliche Sachverhalte erstreckt (BVerfG, Beschluss vom 06.11.2019 - 1 BvR 276/17, Rz. 99 ff.). Die Abwägung dieser beteiligten Grundrechtspositionen ergibt, dass hinsichtlich der hier in Rede stehenden Datenübermittlung die geschützten Interessen der Beklagten und der A.-AG die geschützten Interessen des Klägers überwiegen:

a) Die auf die Person des Klägers bezogene Meldung des aktuellen Schuldsaldos in Höhe von € 769,- lag im berechtigten Interesse der Beklagten und der Empfängerin der Datenübermittlung, der A.-AG. Diese hat die Aufgabe, ihren Vertragspartnern Informationen zu übermitteln, um sie vor Verlusten im Kreditgeschäft mit Konsumenten zu schützen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, ihre Kunden durch Beratung vor einer übermäßigen Verschuldung zu bewahren (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.10.2005 - 8 UH 323/05, Rz. 31). Das Informationssystem der A.-AG dient insoweit nicht nur den Interessen der daran angeschlossenen Kreditinstitute, sondern auch dem Interesse des einzelnen Kreditnehmers, als aufgrund der erteilten Auskünfte Kredite ohne Formalitäten schnell und reibungslos abgewickelt und dem Kreditnehmer infolge des geringeren Kreditrisikos kostengünstig und häufig sogar ohne Sicherheiten gewährt werden können (BGH, Urteil vom 20.06.1978 - VI ZR 66/77, Rz. 17). Die rechtsgeschäftliche Gestaltung einer Wirtschaftsauskunftei wie der A.-AG dient damit dazu, der Kreditwirtschaft es zu ermöglichen, das Risiko einer zukünftigen Kreditvergabe realistisch einzuschätzen (BGH, Beschluss vom 12.04.2016 - VI ZR 75/14, Rz. 9). Allerdings besteht kein berechtigtes Interesse an der Übermittlung unrichtiger Informationen (vgl. zu alten Rechtslage: OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2005 - I-15 196/04, Rz. 41). Wie sich aus Art. 5 Abs. 1 d) DSGVO ergibt, müssen die verarbeiteten Daten vielmehr richtig und auf dem aktuellen Stand sein. Beides ist der Fall. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die durch den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 22.07.2003 - 03-7472905-D-6 titulierte Forderung am 18.07.2019 inklusive Zinsen und Kosten € 769,- betrug. Wie sich aus § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ergibt, ist der Vollstreckungsbescheid einer der Titel, die nach der Vorstellung des deutschen Gesetzgebers zur Grundlage für Bonitätsauskünfte und damit auch zum Gegenstand entsprechender Einmeldungen gemacht werden dürfen.

b) Überwiegende Interessen des Klägers sind demgegenüber nicht ersichtlich. Der vorerwähnte Gesichtspunkt, dass die an die A.-AG angeschlossenen Kreditinstitute über eine durch die titulierte Forderung der Beklagten eingeschränkte Kreditwürdigkeit des Klägers informiert werden, beleuchtet zugleich das entgegenstehende Interesse des Klägers, diese Forderung der Beklagten gegenüber ihren Geschäftspartnern geheim zu halten, damit diese nicht aus Sorge vor der schwindenden Zahlungsfähigkeit oder -bereitschaft des Klägers davon Abstand nehmen, ihnen anderweitigen Kredit zu gewähren oder dies nur zu ungünstigeren Kondition. Allerdings ist das Interesse der A.-AG, die Kreditwirtschaft über die eingeschränkte Kreditwürdigkeit der Kläger zu informieren, höher zu bewerten, nicht zuletzt weil diese Information, wie bereits im Allgemeinen dargetan, den Kläger auch davor bewahrt, Kredite einzugehen, zu deren Erfüllung er nicht dauerhaft in der Lage ist. Entgegen der Berufung fehlt der Datenübermittlung auch nicht die gemäß Art. 5 Abs. 1 a) DSGVO gebotene Transparenz, und zwar weder unter dem Aspekt, dass die Titulierung der Forderung im Zeitpunkt der Einmeldung 16 Jahre zurücklag noch unter dem Gesichtspunkt, dass die A.-AG die vorherigen Einmeldungen der Beklagten zu dieser Forderung bereits gelöscht hatte.

aa) Ersteres folgt daraus, dass die eingemeldete Forderung der Beklagten noch nicht verjährt war. Gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjähren rechtskräftig festgestellte Ansprüche erst in dreißig Jahren. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld, der gemäß § 700 Abs. 1 ZPO einem Versäumnisurteil gleichsteht, ist rechtskräftig, da der Kläger dagegen keinen Einspruch eingelegt hat.

bb) Letzteres ergibt sich daraus, dass die streitgegenständliche Einmeldung, anders als die Parteien meinen, ihren Sinn bereits aus sich selbst heraus ergibt und zu ihrer Richtigkeit und Rechtfertigung weder der vorherigen Einmeldungen noch der Beauskunftung durch die A.-AG bedarf. Inhalt der im Berufungsantrag wiedergegebenen Einmeldung ist, wenn man von der für den Kläger ohnehin nur günstigen, unter dem 10.06.2020 erfolgten Meldung der Erledigung absieht, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger aus einem Abwicklungskonto eine offene Forderung hat, die per 16.07.2019 € 769,- beträgt. Für die Richtigkeit und auch für die nach der oben dargestellten Zwecksetzung der Wirtschaftsauskunftei zu bemessenden Wichtigkeit dieser Einmeldung ist ohne Belang, ob diese Forderung schon früher Gegenstand von Einmeldungen gewesen ist, weil sie ungeachtet dessen der Löschung dieser vorangegangenen Einmeldungen immer noch besteht und der Kläger sie dennoch - trotz der verhältnismäßig niedrigen Forderungshöhe - nicht bedient hat.

c) Der Eingriff in das Recht der Kläger auf selbstbestimmte Persönlichkeitsentfaltung gegenüber der Datenverarbeitung Dritter genügt - trotz der dagegen erhobenen Berufungsangriffe - auch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Für eine Datenübermittlung außerhalb der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses ist in jedem Einzelfall, eine Abwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwischen den berechtigten Interessen, denen die Datenübermittlung dient, und den schützwürdigen Belangen des Betroffenen vorzunehmen (vgl. zur alten Rechtslage: BGH, Urteil vom 07.07.1983 - III ZR 159/82, Rz 20). Gemäß Art. 5 Abs. 1 c) DSGVO muss demnach die Datenverarbeitung für den Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Entgegen der Berufung widerspricht es nicht dem Grundsatz der Datenminimierung, dass das zur Zeit der streitgegenständlichen Einmeldung noch nicht abgeschlossene Verfahren der Restschuldbefreiung, dem der Kläger unterworfen war, gleichfalls in dem Schufa-Datenbestand hinterlegt war. Daraus ergibt sich entgegen der Meinung des Klägers keine doppelte Berücksichtigung der streitgegenständlichen Daten, da sich aus der Information über ein anhängiges Restschuldbefreiungsverfahren noch nicht die Information ergibt, welche Forderungen von diesem Restschuldbefreiungsverfahren betroffen sind. Letzteres ist für die Beurteilung der Bonität des Schuldners, solange das Restschuldbefreiungsverfahren noch nicht erfolgreich abgeschlossen ist, von erheblichem Interesse, weil nur so das Ausmaß der Schulden abgeschätzt werden kann, denen der Schuldner nach einem eventuellen Scheitern der Restschuldbefreiung ausgesetzt sein würde. Schließlich ist die streitgegenständliche Einmeldung im Hinblick auf ihren Zweck auch angemessen. Da der Zweck der Einmeldung, wie oben ausgeführt, darin liegt, dass die Kreditwirtschaft die Risiken der Kreditvergabe realistisch einschätzen kann und hingegen nicht darauf zielt, gegenüber dem Schuldner den wirtschaftlichen Druck aufzubauen, zur Vermeidung von Nachteilen am Kreditmarkt die Forderung zu begleichen (BGH, Beschluss vom 12.04.2016 - VI ZR 75/14, Rz. 9), spielt es für die Angemessenheit der Anmeldung keine Rolle, dass der Beklagten während des laufenden Restschuldbefreiungsverfahrens gemäß § 294 Abs. 1 InsO die Einzelvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 22.07.2003 untersagt war.

2. Mit dem Berufungsantrag zu 2) wird ein Folgeanspruch zu dem Widerruf geltend gemacht. Da der Kläger von der Beklagten aus den vorgenannten Gründen keinen Widerruf oder eine vergleichbare Mitteilung gegenüber der A.-AG verlangen kann, ist der Berufungsantrag zu 2) schon deshalb unbegründet. Hinzu kommt, dass bei verständiger Würdigung der Berufungsantrag zu 1) der Sache nach bereits das mit dem Berufungsantrag zu 2) ausdrücklich formulierte Ersuchen enthält und dem Berufungsantrag zu 2) keine eigene Bedeutung zukommt (vgl. zu einem ähnlichen Antrag Urteil des Senats vom 12.09.2014 - I-16 U 7/14, Rz. 21).

3. Unbegründet ist ebenfalls der vom Kläger mit dem Berufungsantrag zu 3) verfolgte Unterlassungsanspruch. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass sich aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO nicht nur ein Löschungs-, sondern auch ein Unterlassungsanspruch ergibt. Der Löschungsanspruch umfasst - was in der Sache nahe liegt - danach auch den Anspruch gegen den Verantwortlichen, eine Speicherung zu unterlassen (BGH, Urteile vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 488/19, Rz. 10, und VI ZR 489/19, Rz. 10). Gleiches wird für den hier nur in Betracht kommenden Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung gemäß Art. 18 DSGVO gelten. Da dieser Anspruch allerdings nach den vorstehenden Ausführungen unbegründet ist, hat auch der Berufungsantrag zu 4) keinen Erfolg.

4. Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Aus den unter Nr. 1. ausgeführten Gründen beurteilt sich diese Forderung ebenfalls nach der DSGVO. Nach Art. 82 Abs. 1 und 2 DSGVO setzt die Schadensersatzhaftung des Verantwortlichen allerdings voraus, dass der Schaden infolge eines dem Verantwortlichen zurechenbaren Verstoß gegen die DSGVO entstanden ist (Frenzel in Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 3. Auflage, § 81, Rz. 6). Wie sich aus Art. 82 Abs. 2 DSGVO und Erwägungsgrund 146 (Satz 1) zur DSGVO ergibt, knüpft diese Haftung an eine Verarbeitung des Verantwortlichen an (Nemitz in Ehmann/Selmar, DSGVO, 2. Auflage, Rz. 8 f.). Gemessen daran scheidet eine Schadensersatzhaftung der Beklagten schon deshalb aus, weil nach den vorstehenden Ausführungen ein von der Beklagten zu verantwortender Verstoß gegen die DSGVO durch die streitgegenständliche Einmeldung vom 20.07.2020 nicht festzustellen ist.

Angesichts dessen wird dem Kläger anheimgestellt, aus Kostengründen die Berufung zurückzunehmen. Dadurch würde gemäß KV Nr. 1222 für die Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren nur der 2-fache statt des 4-fachen Satzes anfallen. Hinzu kommt eventuell eine noch größere Kostenersparnis, wenn keine Terminsgebühren gemäß VV Nr. 3202 RVG anfallen würden. Sollte die Berufungsrücknahme vor dem Termin erklärt werden, kann der Verhandlungstermin aufgehoben werden.

Düsseldorf, den 11. Januar 2022Oberlandesgericht, 16. Zivilsenat

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