Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 11.08.2021 - 1 U 69/20
Fundstelle
openJur 2022, 11163
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 3. September 2020 – 1 O 241/18 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil des der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 3. September 2020 – 1 O 241/18 – ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 45.000 € festgesetzt.

Gründe

Die Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege beruht auf § 522 Abs. 2 ZPO.

Die Berufung hat aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 21.6.2021, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 21.7.2021 führen nicht zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung.

Dass ein Entschädigungsanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO das Vorliegen eines Schadens voraussetzt, den die anspruchstellende Partei im Rechtsstreit darzulegen hat, wird in der Rechtsprechung nicht mehr nur vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 25.2.2021, 17 Sa 37/20, zitiert nach juris) vertreten, sondern hat auch in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (OLG Bremen, Beschluss vom 16.7.2021,1 W 18/21, zitiert nach Juris) Eingang gefunden. Der Senat verbleibt bei seiner diesbezüglichen Auffassung mit der Folge für den vorliegenden Fall, dass das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht schlüssig dargetan ist, da der Beklagte auch im Schriftsatz vom 21.7.2021 lediglich substanzlos zu Beeinträchtigungen durch die streitgegenständliche Verwendung seines Fotos und seines Namens auf der Internetseite der Klägerin vorträgt.

Dem Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass aus Art. 82 Abs. 3 DSGVO in Verbindung mit dem Erwägungsgrund Nr. 146 Satz 2 zur DSGVO eine Beweislastumkehr für das Vorliegen eines Schadens folge. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut sowohl des Art. 82 Abs. 3 DSGVO als auch der Ausführungen im Erwägungsgrund Nr. 146 zur DSGVO bezieht sich die darin niedergelegte Nachweisobliegenheit des Verantwortlichen allein auf seine Verantwortlichkeit für die Umstände, die den Schaden herbeigeführt haben, nicht aber – auch – auf den Schaden selbst.

Entgegen der Ansicht des Beklagten bedarf es im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Art. 82 Abs. 1, 3 DSGVO keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV. Das gilt auch im Lichte der vom Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 14.1.2021, 1 BvR 2853/19, zitiert nach juris) zum Bestehen einer diesbezüglichen Vorlagepflicht. Denn anders als in der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (a. a. O.) zugrunde liegenden Fallgestaltung scheitert die Berufung hier nicht an der Annahme einer Erheblichkeitsschwelle für den Schadensbegriff des Art. 82 Abs. 1 DSGVO, sondern bereits daran, dass es an jeglichem Vorbringen zu einem dem Beklagten durch die geltend gemachte Rechtsverletzung entstandenen Schaden fehlt (vgl. OLG Bremen a. a. O.). Zudem gilt die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nur für Verfahren, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Eine solche liegt hier nicht vor, da dem Beklagten, dessen Beschwer den Betrag in Höhe von 20.000 € nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteigt, die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO offensteht, bei der es sich um ein innerstaatliches Rechtsmittel im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV handelt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 4.2.2019, 6 U 88/18, zitiert nach juris; vgl. auch: Henssler/Willemsen/Kalb/Tillmanns, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl., Art. 267 AEUV, Rn. 12, m. w. N.).

Zur Zulässigkeit der Aufrechnung und Widerklage nach § 533 ZPO verkennt der Beklagte den Inhalt der von ihm herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 6.12.2004, II ZR 394/02, zitiert nach juris). Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung (a. a. O.) keineswegs eine auf unstreitigem Sachverhalt beruhende Widerklage als stets zulässig erachtet. Er hat vielmehr, wie es dem Wortlaut des § 533 ZPO entspricht, zwischen den Regelungen in § 522 Nr. 1 ZPO und § 533 Nr. 2 ZPO differenziert und ausgeführt, die Widerklage sei nach § 533 Nr. 1 ZPO zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht die Sachdienlichkeit bejaht als zweite Voraussetzung nach § 533 Nr. 2 ZPO dürfe die Widerklage nur auf Tatsachen gestützt sein, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Danach reicht, wie im Gesetz angeordnet, allein die Berücksichtigungsfähigkeit des zur Begründung der Widerklage erbrachten Sachvortrags für die Zulässigkeit der Widerklage nicht aus. Aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 21.6.2021 fehlt es hier – ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO – an der Sachdienlichkeit der Widerklage nach § 533 Nr. 1 ZPO. Dem steht der vom Beklagten hervorgehobene Umstand, dass der erstinstanzliche Schriftsatz der Klägerin vom 23.12.2019, in dem zur E-Mail vom 4.5.2018 vorgetragen worden ist, ihm erst nach der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz übermittelt worden sei, nicht entgegen. Denn dies ändert nichts daran, dass der Beklagte erstmals in der zweiten Instanz den Erhalt der E-Mail bestritten hat und sich die Zulassungsfähigkeit des Bestreitens mithin nach §§ 529, 531 ZPO bemisst. Entgegen der Darstellung des Beklagten sind zur Prüfung des Bestehens eines ihm zustehenden Unterprovisionsanspruchs gegen die Klägerin auch nicht lediglich Rechtsfragen zu prüfen; wie bereits im Senatsbeschluss vom 21.6.2021 ausgeführt, kommt es dafür auch darauf an, ob die Regelung über das Bestehen einer Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen in § 14 des Vertrags der Parteien vom 30.4.2018 eine – unzulässige – allgemeine Geschäftsbedingung der Klägerin darstellt, wozu der Rechtsstreit auch in tatsächlicher Hinsicht nicht ausgeschrieben ist. Ebenso kann dem Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass mit der Geltendmachung des Unterprovisionsanspruchs nicht ein neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingebracht worden sei. Dass zum Bestehen des Anspruchs bereits in der ersten Instanz vorgetragen worden ist und das Landgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils dazu ausgeführt hat, hat den Unterprovisionsanspruch noch nicht zum Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens erhoben. Das folgt schon aus der – zutreffenden – Bemerkung des Beklagten, dass die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil unter Zugrundelegung eines anderen Sachverhalts erfolgt seien (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., Einl. 63). Daneben und vor allem aber hat der Beklagte in der Berufungsbegründung (Bl. 391 d. A.) ausdrücklich ausgeführt und klargestellt, dass von einer Aufrechnungserklärung im Hinblick auf die Unterprovisionsforderung in der ersten Instanz bewusst abgesehen worden sei. Ist aber die Unterprovisionsforderung in der ersten Instanz solchermaßen nicht geltend gemacht worden, so ist sie auch nicht zu einem Teil des Streitgegenstands geworden mit der Folge, dass sie in der Berufung als neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt worden ist. Auch dies steht, wie im Senatsbeschluss vom 21.6.2021 ausgeführt, der Sachdienlichkeit nach § 533 Nr. 1 ZPO – ungeachtet der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit des Tatsachenvorbringens nach §§ 529 ff., 533 Nr. 2 ZPO – entgegen.

Die Entscheidung über die Kosten der Berufung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts ist nach Maßgabe des Vortrags des Beklagten zur Erhebung von Haupt- und Hilfsaufrechnungen in der Berufung (Bl. 393 d. A.) erfolgt, wobei ein Teilbetrag in Höhe von 23.382,47 € auf die Widerklage entfällt.

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