LG Köln, Urteil vom 20.11.2019 - 28 O 110/19
Fundstelle
openJur 2022, 9823
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger erlangte durch die Teilnahme an der bei dem Sender S ausgestrahlten Sendung "U" öffentliche Bekanntheit, ist PR-Manager und betreut diverse Künstler. Am 08.04.2014 eröffnete das Amtsgericht Köln - 75 IN 14/14 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Das Amtsgericht Köln - 121 C 381/16 - verurteilte den Kläger am 29.11.2016 zur Zahlung von 4150,- € an Frau M. Die Beklagte zu 2 ist verantwortlich für die Printausgabe der C-Zeitung sowie die Internetseite www.c.de. Der Beklagte zu 1 ist Redakteur bei der Beklagten zu 2. Am 10.02.2019 und am 11.02.2019 veröffentlichte die Beklagte zu 2 zwei Artikel mit den Überschriften "Betrugsanklage gegen T" (Online) bzw. "Betrugs-Anklage gegen den S1" (Print), hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anl. K2 Bezug genommen wird und im Rahmen derer der Beklagte zu 1 als Verfasser genannt wird. Zuvor hatte sich der Autor des Artikels, Herr T1 am 08.02.2019 um 10:44 Uhr per E-Mail an den Kläger gewandt und um eine Stellungnahme hinsichtlich der am 20.02.2019 vor dem Kölner Amtsgericht stattfindenden Hauptverhandlung und des gegen den Kläger erhobenen Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betrugs bis 15:00 Uhr gebeten. Der Kläger bat durch seine Prozessbevollmächtigten erfolglos um eine Fristverlängerung bis zum 12.02.2019, 16:00 Uhr, um sich mit seinem Strafverteidiger besprechen zu können. Der Kläger forderte die Beklagte zu 2 mit anwaltlichem Schreiben vom 11.02.2019 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung, zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2251,48 € bis zum 20.02.2019 und zur Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. 20.000,- € bis zum 22.02.2019 auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.02.2019 forderte der Kläger den Beklagten zu 1 erfolgreich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung und erfolglos zur Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. 10.000,- € bis zum 01.03.2019 auf. Am 05.03.2019 gab die Beklagte zu 2 hinsichtlich der seitens des Klägers erwirkten einstweiligen Verfügung der Kammer - 28 O 53/19 - eine Abschlusserklärung ab.

Das Amtsgericht Köln stellte das Strafverfahren gegen den Kläger mittlerweile gemäß § 153 Abs. 2 StPO ein.

Der Presserat missbilligte am 12.09.2019 die streitgegenständliche Berichterstattung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K16 Bezug genommen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass es sich bei der streitgegenständlichen Berichterstattung um eine unzulässige Verdachtsberichterstattung handele, da es keinen Mindestbestand an Beweistatsachen für den Vorwurf gegeben habe, er habe sich wegen gewerbsmäßigen Betrugs strafbar gemacht. Denn die Behauptung der Frau M, die ihm mit ihrem Ehemann - unstreitig - ein Darlehen gewährte und die mittlerweile hinsichtlich der Behauptung - unstreitig - eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung abgab, er schulde ihr noch 1300,- €, sei unzutreffend gewesen, da dieser Betrag vor der Berichterstattung - unstreitig - durch eine seinerseits erklärte Aufrechnung erloschen war. Ferner hätten die Beklagten ihn vor der Veröffentlichung zu diesem Vorwurf nicht ordnungsgemäß angehört. Sofern sie ihn angehört hätten, hätte er ihnen mitgeteilt, dass die Behauptung der Frau M , er schulde ihr noch 1300,- €, unzutreffend sei. Eingedenk dessen sei die streitgegenständliche Berichterstattung, die keinen Vorgang von gravierenden Gewicht zum Gegenstand habe, einseitig, unausgeglichen und enthalte eine Vorverurteilung. Schließlich behauptet er, dass der Beklagte zu 1, der - unstreitig - auf seiner Facebook-Seite für diesen Artikel warb und diesen - ebenfalls unstreitig - an zwei ehemalige Geschäftspartner des Klägers weiterleitete, diesen Artikel aus persönlichen Motiven bzw. als "Racheakt" verfasst habe. Er behauptet zuletzt, dass die Berichterstattung verheerende wirtschaftliche Konsequenzen für ihn gehabt habe, da er von zahlreichen Personen sowie sämtliche Klienten von ihren Geschäftspartnern auf diesen Artikel angesprochen worden sei(en). Des Weiteren habe einer seiner Klienten wegen der streitgegenständlichen Berichterstattung, die - unstreitig - von weiteren Medien aufgegriffen wurde, die Zusammenarbeit mit ihm gekündigt. Vor diesem Hintergrund sowie aufgrund der groben Missachtung der journalistischen Sorgfalt und der persönlichen Motive des Beklagten zu 1 ist er in Anbetracht des seines Erachtens vorliegenden schweren Verschuldens der Beklagten der Auffassung, dass die Beklagten ihm aus Gründen der Prävention und der Genugtuung eine Geldentschädigung i.H.v. mindestens 20.000,- € zu zahlen hätten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 20.000 € liegen soll, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.02.2019 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass es sich bei der streitgegenständlichen Berichterstattung um eine zulässige Verdachtsberichterstattung handele. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger prominent sei, dass er im Fernsehen und über seinen Instagram-Account bereitwillig Auskunft zu Vorgängen aus seinem Privatleben erteilt habe und erteile und dass er nach eigenen Angaben mit Presseanfragen umzugehen wisse. Ferner sei zu beachten, dass das Amtsgericht Köln das Hauptverfahren gegen ihn - unstreitig - im Zeitpunkt der Berichterstattung bereits eröffnet hatte. Es hätten auch objektive Beweistatsachen für einen strafbaren gewerbsmäßigen Betrug zum Nachteil der Eheleute M vorgelegen, da der Kläger, der sich zwischen Juli 2014 bis Mai 2015 insgesamt 4590,- € von dem Ehepaar M geliehen habe, diese trotz der einmaligen Erwähnung der Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens an Ostern 2014 über seine finanzielle Leistungsfähigkeit und seine Rückzahlungsbereitschaft getäuscht habe, da er gewusst habe, dass er das Darlehen insbesondere aufgrund seiner Verpflichtungen aus dem Insolvenzverfahren nicht zurückzahlen könne. Überdies hätten die Reporter der Beklagten zu 2 sorgfältig recherchiert, von der erklärten Aufrechnung keine Kenntnis gehabt und dem Kläger insbesondere auch eine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, da die vom Kläger erbetene Fristverlängerung von vier Tagen unangemessen gewesen sei, dies den Lauf einer angemessenen Frist in Gang gesetzt habe, die spätestens am Samstag, dem 09.02.2019, 16:00 Uhr abgelaufen sei. Selbst wenn jedoch die Verdachtsberichterstattung rechtswidrig wäre, läge jedenfalls keine derart schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, die eine Geldentschädigung rechtfertige, da sie insbesondere kein schweres Verschulden treffe und dem Kläger anderweitige Ausgleichsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Insbesondere habe die Beklagte zu 2 den Zeitpunkt des Ablaufs einer angemessenen Frist zur Stellungnahme allenfalls fahrlässig verkannt. Überdies sei der Beklagte zu 1 schon nicht passivlegitimiert, da er für die Veröffentlichung des Artikels nicht verantwortlich sei und den Artikel nicht verfasst habe. Er habe lediglich Hinweise gegeben und Material für den Artikel geliefert. Im Zeitpunkt der Anhörung des Klägers und der Veröffentlichung des Artikels sei er im Urlaub gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 20.000,- € gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Eine schuldhafte Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet einen auf den grundgesetzlichen Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG fußenden (vgl. BVerfG, NJW 2004, 591) Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann und deswegen eine Geldentschädigung erforderlich ist. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. BGH, NJW 2015, 2500; NJW 2014, 2029).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die streitgegenständliche Verdachtsberichterstattung war zwar rechtswidrig, da dem Kläger keine ausreichende Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben wurde. Es fehlt jedoch an einem unabwendbaren Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung, insbesondere da der Beklagte zu 1 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung und die Beklagte zu 2 eine Abschlusserklärung abgaben, sodass eine Wiederholung der Berichterstattungen ausgeschlossen erscheint.

Die ursprüngliche Verdachtsberichterstattung war rechtswidrig.

Die streitgegenständlichen Artikel stellen einen Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers dar. Denn die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2016 - VI ZR 367/15).

Eine Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, a.a.O.).

Im Rahmen der Abwägung ist von erheblicher Bedeutung, ob die die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung erfüllt sind.

Eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, darf demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt (vgl. BGH, a.a.O.).

Diese Grundsätze gelten auch für die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten. In diesem Verfahrensstadium steht lediglich fest, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, in der Regel ist aber nicht geklärt, ob der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Straftat begangen hat. Zwar gehört es zu den legitimen Aufgaben der Medien, Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen. Dies gilt auch für die Berichterstattung über eine Straftat, da diese zum Zeitgeschehen gehört und die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter begründen kann. Besteht allerdings - wie im Ermittlungsverfahren - erst der Verdacht einer Straftat, so sind die Medien bei besonderer Schwere des Vorwurfs angesichts des damit verbundenen schwerwiegenden Eingriffs in die persönliche Ehre in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet. Dabei ist im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung die Gefahr in den Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf "etwas hängenbleibt" (vgl. BGH, a.a.O.).

Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. BGH, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen lagen nicht vor.

Aufgrund der Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht Köln, aufgrund der Verurteilung des Klägers zur Rückzahlung des Darlehens durch das Amtsgericht Köln - 121 C 381/16 - im November 2016, der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers durch das Amtsgericht Köln - 75 IN 14/14 - im Jahre 2014 und die Aussage der Zeugen M lag zwar ein Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Ferner sind die Artikel entgegen der Aufsaugung des Klägers nicht vorverurteilend, da dem Leser nicht suggeriert wird, der Kläger sei der angeklagten Straftat bereits überführt. Auch ist ein öffentliches Informationsinteresse an einer Berichterstattung über das Strafverfahren des prominenten Klägers nicht von Hand zu weisen, welches das Anonymitätsinteresse des Klägers überwiegt, der sich und sein Privatleben gegenüber der Öffentlichkeit über diverse Kanäle präsentiert und sich selbst als Geschäftsmann geriert.

Es fehlte jedoch an einer ausreichenden Gelegenheit zur Stellungnahme durch die Beklagten. Denn die Setzung einer Stellungnahmefrist von weniger als fünf Stunden am 08.02.2019 war vor dem Hintergrund, dass die Hauptverhandlung erst am 20.02.2019 terminiert war und dem Kläger weder in der E-Mail um 10:44 Uhr noch nach seiner Bitte um Fristverlängerung mitgeteilt wurde, dass die Berichterstattung bereits für den Sonntagabend bzw. Montag geplant war, nicht ausreichend. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde durch die zu kurze Stellungnahmefrist auch keine angemessene Frist bis zum 09.02.2019, 16 Uhr in Gang gesetzt, da dem Kläger - wie bereits erwähnt - nicht bewusst war, dass die Berichterstattung bereits für den Sonntagabend bzw. Montag geplant war. Mangels Reaktion der Beklagten auf seine E-Mail vom 08.02.2019 konnte der Kläger folglich davon ausgehen, dass die Beklagten vor dem Hintergrund der Terminierung der Hauptverhandlung (erst) auf den 20.02.2019 bis zu seiner angekündigten Stellungnahme am 12.02.2019 zuwarten würden.

Die Beklagten können auch nicht mit dem Argument gehört werden, dass die hypothetische Stellungnahme des Klägers, dass die Äußerung der Frau M , er schulde ihr 1300,- € unzutreffend sei, nicht von Bedeutung gewesen sei, da der noch offene Betrag bei einem angeklagten Eingehungsbetrug nicht von Relevanz sei. Denn dies mag zwar juristisch zutreffend sein. Den Beklagten steht es jedoch nicht zu, die erfolgte Stellungnahme eines Betroffenen allein aufgrund der - unterstellt - fehlenden Überzeugungskraft nicht zu berücksichtigen.

Sofern der Beklagte zu 1 vorträgt, er sie nicht passivlegitimiert, erscheint dies vor dem Hintergrund seiner Nennung als Autor und seinem Elan, den Artikel auch aus dem - unterstellten - Urlaub heraus zu verbreiten, nicht überzeugend, zumal es seine "Story" war und er durch die Beschaffung des Materials etc. an der Erstellung des Artikels mitwirkte. Wenn er dann an exponierter Stelle genannt wird, könnte dies zur Begründung der Passivlegitimation ausreichen.

Dies kann jedoch dahinstehen.

Denn es fehlt nach Auffassung der Kammer an dem unabweislichen Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung.

Insofern ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Zulässigkeit der Verdachtsberichterstattung - wie zuvor dargestellt - "nur" an der fehlenden Stellungnahmemöglichkeit scheitert, mithin die übrigen Voraussetzungen derselben seitens der Beklagten eingehalten wurden. Andererseits ist jedoch zu konstatieren, dass die Beklagten die Stellungnahmemöglicheit des Klägers sicherlich vorsätzlich torpedierten, indem sie die Artikel vor dem Zeitpunkt der angekündigten Stellungnahme am 12.02.2019 lancierten. Wiederum andererseits - und schließlich maßgeblich - ist jedoch zu beachten, dass die Artikel der Beklagten mit der seitens des Klägers in diesem Rechtsstreit mitgeteilten Stellungnahme veröffentlicht hätten werden dürfen und diese jenen in den Augen des Rezipienten - wie die Reaktion eines ehemaligen Klienten des Klägers auf seine Erklärungsversuche zeigt - kein wesentlich anderes Gepräge gegeben hätte, da die Artikel mit der - unterstellten - Stellungnahme des Klägers nicht wesentlich anders ausgesehen hätten, die Intensität der Beeinträchtigung des guten Rufs des Klägers mithin nur unwesentlich geringer gewesen wäre. Hinzu kommt, dass der Vortrag des Klägers dahingehend, dass Dritte ihn und seine Klienten auf den Artikel angesprochen hätten, unsubstantiiert ist, da er lediglich einen Vorfall konkret benennen kann. Schließlich vermag auch sein - bestrittener - Vortrag, ein Klient habe aufgrund des Artikels gekündigt, nicht gänzlich zu überzeugen, da nicht vorgetragen wird, dass dieser Kunde bei einer Darstellung der Stellungnahme des Klägers in dem - dann rechtmäßigen - Artikel nicht gekündigt hätte. Sofern der Kläger ferner zu bedenken gibt, dass der Beklagte zu 1 die Artikel aus persönlichen (Rache-)Motiven veröffentlichte, so sind diese - unterstellten - Motive des Beklagten zu 1 in den Artikeln für den Rezipienten nicht erkennbar und intensivieren folglich die Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht. Zuletzt ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1 bereits im März 2019 eine Unterlassungsverpflichtungs- und die Beklagte zu 2 eine Abschlusserklärung abgaben. Eingedenk all dieser Umstände und vor dem Hintergrund, das lediglich die Sozialsphäre des Klägers betroffen ist, ist die Zuerkennung einer Geldentschädigung weder aus Gründen der Prävention noch zur Befriedigung des Genugtuungsinteresses des Klägers geboten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 20.000,- €

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.