OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.04.2022 - 11 Verg 11/21
Fundstelle
openJur 2022, 9688
  • Rkr:

Auch Unterkriterien und ihre Gewichtung sind aus Transparenzgründen bekanntzugeben. Eine Veröffentlichung der Bewertungsmethode ist dagegen, soforn die vom EuGH (Urteil vom 14.7.2016 - C-6/15 - Dimarso) aufgezeigten Grenzen eingehalten werden, unabhängig vom Vorliegen einer funktionalen Ausschreibung nicht erforderlich.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 18.11.2021 (69d-VK-13/2021) teilweise aufgehoben und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird die Antragsgegnerin verpflichtet, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Vergabeabsicht hinsichtlich Los 1 in den Stand vor Angebotswertung zurückzuversetzen.

Der weitergehende Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 60% und der Antragsgegner 40% zu tragen. Die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen ihre Kosten insoweit selbst.

Von Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Beigeladenen zu 2) haben die Antragstellerin 60% und die Antragsgegnerin 40% zu tragen.

Die Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigung im Verfahren vor der Vergabekammer wird für die Beigeladene zu 2) für notwendig erklärt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 296.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom XX.XX.2021 Unterhaltsreinigungsleistungen an der Hochschule Stadt1 in drei Losen im offenen Verfahren aus: Los 1 betreffend den Campus Stadt1, Gebäude ..., ... und ..., Los 2 den Campus Stadt1, Gebäude ..., ... und ... und Los 3 den B Stadt2, Gebäude ...

Die Antragstellerin ist Bestandsunternehmerin für den Leistungsbereich der jetzigen Lose 1 und 2.

Das wirtschaftlichste Angebot sollte gemäß Z. 10 der Vergabeunterlagen, Teil A, Rahmenbedingungen (IV/13) in Verbindung mit Teil C, Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) ermittelt werden. Die Bieter sollten dabei gem. den Vergabeunterlagen, dort Anlage 7, Fragen zur Reinigung für die drei Wirtschaftlichkeitskriterien L1 bis L 3 ausfüllen. Die Fragen betrafen zum einen die Reinigungstechnik, L 1, Anlage 7a, untergliedert in "Obenarbeiten" und "Untenarbeiten". Zum anderen bezogen sie sich auf die "Objektorganisation", L 2, Anlage 7b, untergliedert in "Einarbeitungsplan" und "Objektbetreuung" und schließlich auf "Qualitätssicherung", L 3, Anlage 7 c, untergliedert in "Qualitätscheck" und "Schulungen".

Für die Kriterien L1 bis L3 konnten die Bieter gemäß den Angaben unter Ziff. 10.3 Teil A: Rahmenbedingungen jeweils 300 Punkte erhalten; angegeben worden war auch die Verteilung dieser Punkte auf die bezeichneten Untergliederungspunkte. Die Punktevergabe richtete sich dabei gem. Ziff. 2-4 Teil C: Kriterienkatalog nach den dort im Einzelnen aufgeführten Wertungsstufen, die sich hinsichtlich L1 in vier Stufen auf das Risiko für die Hygiene/Qualität und für L2 und L3 in jeweils sieben Stufen auf die Sicherheit für die jeweils benannte Aufgabenerfüllung bezogen. Die für die Leistungskriterien vergebenen Punkte wurden von der Antragsgegnerin anhand der Angaben der Bieter in den Fragebögen ermittelt. Bei der Bewertung verwendete die Antragsgegnerin dafür ein Punkteschema gemäß den Wertungsunterlagen (Ordner VIII, Bl. 26 ff., 47ff, 74 ff.). Dieses war den Bietern nicht als Teil der Vergabeunterlagen zuvor bekannt gegeben worden.

Die Antragstellerin gab ein Angebot für alle drei Lose ab und erzielte einen Platz schlechter als 6. Sie erreichte bei allen drei Losen für das Leistungskriterium L1 insgesamt jeweils die volle Punktezahl, beim Leistungskriterium L2 für das Unterkriterium Objektbetreuung die volle Punktzahl, für die Einarbeitung dagegen nur 20 von maximal möglichen 100 Punkten; nach der Wertungsmatrix lagen insoweit "Angaben mit mangelhafter Sicherheit für eine reibungslose Einarbeitung" vor. Beim Leistungskriterium Qualitätssicherung L3 erzielte die Antragstellerin für das Unterkriterium Qualitätschecks 80 von maximal möglichen 200 Punkten; nach der Wertungsmatrix lagen "Angaben mit ausreichende Sicherheit" vor und für das Unterkriterium der Schulungen wiederum die volle Punktzahl.

Mit Schreiben vom 11.03.2021 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie den Zuschlag hinsichtlich Los 1 auf das Angebot der Beigeladenen zu 1) und den Zuschlag hinsichtlich der Lose 2 und 3 auf das Angebot der Beigeladenen zu 2) erteilen möchte.

Am selben Tag bat die Antragstellerin um nähere Informationen und Zusendung der Angebotswertung. Hierauf reagierte die Antragsgegnerin nicht. Am 18.03.2021 rügte die Antragstellerin die Wertung ihres Angebots. Auch hierauf reagierte die Antragsgegnerin nicht. Am 19.03.2029 stellte die Antragstellerin daraufhin den Nachprüfungsantrag.

Im Rahmen des Nachprüfungsantrags verwies die Antragstellerin darauf, dass die Antragsgegnerin trotz Aufforderung keine Angaben zur Wertung ihres Angebots gemacht habe. Sie, die Antragstellerin, habe mit den identischen Angaben im vorausgegangenen Vergabeverfahren jeweils die volle Punktzahl erzielen können. Zur Wahrung ihrer Rechte habe sie deshalb vorsorglich den Nachprüfungsantrag eingereicht.

Im Einzelnen rüge sie, dass die Vorabinformation unzureichend sei, da aus ihr nicht hervorgehe, aus welchen Gründen sie nicht den Zuschlag erhalte. Sie habe weder eine für die einzelnen Lose differenzierende Information erhalten noch seien die Kriterien genannt worden, in denen sie, die Antragstellerin, schlechter abgeschnitten habe als die Beizuladenden.

Die Angebotswertung sei zudem erkennbar fehlerhaft durchgeführt worden. Beim Kriterium "Reinigungstechnik" sei es schlicht ausgeschlossen, dass sie nicht die volle Punktzahl erreicht habe.

Bei dem Kriterium "Objektorganisation" habe sie Angaben für die größtmögliche Sicherheit gemacht. Im Übrigen sei eine Einarbeitung des Personals infolge ihrer Tätigkeit im Objekt seit 2018 entbehrlich. Im Bereich der Vorarbeiterstunden habe sie die bei der ersten Ausschreibung angesetzten Stunden übernommen, die damit die größtmögliche Sicherheit für eine reibungslose Objektbetreuung gewährleisten dürften.

Die Eignungsbekanntmachungen seien zudem fehlerhaft, da Eignungsanforderungen in der Bekanntmachung nicht genannt worden seien. Dies verstoße gegen den Transparenzgrundsatz.

Nach Akteneinsicht hat sie mit Schriftsatz vom 25.05.2021 darüber hinaus gerügt, dass Unterkriterien verwendet worden seien, die vorher nicht bekannt gegeben wurden. Die Angebotswertung sei intransparent, da die Bieter maximal große Freiheiten bei der Beantwortung qualitativer Kriterien gehabt hätten, was jedoch bei der Bewertung zu einer Verpflichtung der sorgfältigen Begründung führe. Die Bewertung ihres eigenen Angebots sei mehrfach fehlerhaft.

Bei der Wertung im Bereich "Reinigungstechnik" habe sie nach Akteneinsicht die volle Punktzahl erreicht, dennoch sei ihr im Rahmen der Vorabinformation mitgeteilt worden, dass wirtschaftlichere Angebote vorlägen.

Die Wertung im Bereich der "Objektorganisation", dort Einarbeitung, als "mangelhaft" trotz ihrer Stellung als Bestandsunternehmerin bei Erbringung sehr guter Leistungen sei ermessensfehlerhaft.

Die Wertung im Bereich "Qualitätscheck" als "ausreichend" sei nicht nachvollziehbar. Gemäß dem von ihr durchlaufenen und nach DIN 13549 zertifizierten Qualitätscheck erbringe sie nachweisbar sehr gute Qualität.

Darüber hinaus sei die Dokumentation nicht ausreichend.

Die Vergabekammer hat die Antragsgegnerin verpflichtet, bei fortbestehender Vergabeabsicht das Verfahren in den Stand vor dessen Bekanntmachung zurückzuversetzen und dies wie folgt begründet:

Präkludiert sei die Rüge der fehlerhaften Eignungsbekanntmachung. Dieser vermeintliche Verstoß sei bereits aus der Bekanntmachung erkennbar gewesen und nicht vor Einlegung des Nachprüfungsantrags gerügt worden.

Nicht präkludiert sei dagegen die Rüge der fehlerhaften Bekanntmachung von Bewertungskriterien. Die Antragstellerin habe insoweit keine positive Kenntnis im Sinne von § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB gehabt. Auch nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB sei die Rüge nicht präkludiert. Eine potentielle Erkennbarkeit für die nicht bekannt gemachten Bewertungskriterien sei nicht gegeben. Weder aus der Bekanntmachung noch den Vergabeunterlagen hätten die Bieter darauf schließen können, nach welchen Kriterien die Antragsgegnerin ihre Angebote im Hinblick auf die drei Leistungskriterien bewerten würde. Hinsichtlich des Kriteriums "Reinigungstechnik" sei für die Bieter noch nicht einmal erkennbar gewesen, dass ihre Angaben überhaupt verschiedene Bewertungen nach sich ziehen könnten. Die dort aufgeführten Auswahlmöglichkeiten hätten sich vielmehr bei objektiver Betrachtung als gleichwertig dargestellt. Für die Bieter sei offen gewesen, ob unterschiedliche Angaben unterschiedliche Punkte nach sich ziehen würden oder gleichwertig seien. Es sei zudem nicht erkennbar gewesen, welche Angaben besser oder schlechter bewertet würden.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die Antragsgegnerin habe den Bietern im Voraus aufgestellte Wertungsgrundlagen vorenthalten. Dies beziehe sich auf die Bewertungsmatrix, anhand derer erkennbar sei, mit welchen Punkten, welche Angaben der Bieter versehen werden sollten. Selbst wenn es einen Stand der Forschung hinsichtlich der Reinigungsmethoden geben sollte, nach welcher für jeden Bieter klar wäre, welche Reinigungsmethode einen besseren Reinigungserfolg verspreche, wäre in diesem Fall für die Bieter trotzdem nicht erkennbar, mit welchen Punkten die Angaben jeweils bewertet würden. Offen sei zudem, ob es überhaupt einen solchen Forschungsstand gebe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die sie wie folgt begründet:

Die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in drei Leistungskennzahlen seien im Kriterienkatalog, Teil C der Ausschreibung aufgeführt worden. Die Arbeitsblätter 7 a bis c hätten dem digitalen Ausfüllen der geforderten Angaben zur Angebotsabgabe gedient. Im Kriterienkatalog würden unter Nr. 2 die Leistungskennzahlen L1 - ebenso wie für L2 und L3 unter Nr. 3 und Nr. 4 - und ihre Bewertung erläutert. Gemäß der Erläuterung, wonach unter dem Risiko in Bezug auf Hygiene und Reinigungsqualität die Dosier- und Anwendersicherheit verstanden werde, sei klar gewesen, dass die Methode mit dem niedrigsten Risiko für Hygiene und Qualität die meisten Punkte erhalte. Genau hieran habe die Antragstellerin auch ihr Angebot erfolgreich ausgerichtet. Das Ranking der Reinigungs- und Dosiermethoden im Hinblick auf ein möglichst geringes Risiko für Hygiene und Qualität sei der aktuellen Lehrmeinung im Reinigungshandwerk geschuldet. Es habe auch kein Bieter die Genauigkeit der Wertungsmethode bezweifelt.

Bei der Leistungskennzahl L2 sei es einerseits um den Einarbeitungsplan und zum anderen um die Objektbetreuung gegangen. Die Herabsetzung der Wertung beruhe auf den mangelhaften Angaben zur Erstschulung. Die Antragstellerin setze gegenwärtig Nachunternehmer ein; dies plane sie ausweislich ihres Angebots zukünftig nicht mehr. Damit bestehe ein Erstschulungsaufwand unabhängig von ihrer Stellung als Bestandsunternehmerin für die Leistungsbereiche der Lose 1 und 2.

Beim Qualitätscheck führten die Angaben, die zu einer größtmöglichen Sicherheit für qualitätssichernde Qualitätscheck führen, zur Höchstpunktzahl. Fachkundigen Bietern, die an Zertifizierungen nach ISO 9001 ff teilnehmen, sei erkennbar gewesen, was anzugeben gewesen sei. Die Angaben der Antragstellerin zu der Menge der jeweils untersuchten Flächen seien schlechter gewesen als die Angaben der meisten anderen Bieter.

Die Antragstellerin habe schließlich die nicht hinreichende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien weder gerügt noch im Verfahren vorgetragen. Prüfungen von Amts wegen seien auf schwerwiegende Vergabefehler zu beschränken.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer des Landes Hessen vom 18.11.2021 -

69 d-VK-13/2021 aufzuheben, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und der Antragstellerin die notwendigen Kosten beider Instanzen, einschließlich der der Beigeladenen, aufzuerlegen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen;

hilfsweise, festzustellen, dass die Antragstellerin im vorliegenden Vergabeverfahren in ihren Rechten verletzt worden ist und das Vergabeverfahren zur Beseitigung der Rechtsverletzung in den Stand vor der Angebotswertung zurückzuversetzen ist,

der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen.

Zur Begründung führt sie wie folgt aus:

Es bestünden bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde, da der Beschwerdeschrift nicht entnommen werden könne, ob die Unterzeichnerin Volljuristin sei gem. § 172 Abs. 3 S. 2 GWB.

Der Nachprüfungsantrag sei entgegen den Angaben der Antragsgegnerin zulässig; sämtliche Vergabeverstöße seien gerügt worden; naturgemäß hinsichtlich der Wertungsfehler erst nach erfolgter Akteneinsicht mit Schriftsätzen vom 19.3. und 25.5.2021.

Die Antragsgegnerin habe gegen § 127 Abs. 5 GWB verstoßen, wonach die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden müssten. Sie habe qualitative Zuschlagskriterien verwendet, da sie in einer Art Fragebogen Antworten durch Ankreuzen von Alternativen bzw. Zahlenwerte abfragte. Sie habe aber nicht angegeben, dass und wie sie diese Fakten qualitativ unterschiedlich einschätze. Stattdessen habe sie es den Bietern überlassen, zu erraten, welche Variante besser oder schlechter abschneiden werde. Die Schulnotenrechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Weder liege eine funktionale Ausschreibung vor noch sei ein erwartungsoffenes Konzept abgefragt worden. Die Bieter hätten vielmehr konkrete Alternativen ankreuzen müssen. Es habe gerade kein Know-how-Vorsprung der Bieter bestanden.

Für das Kriterium "Objektorganisation" habe es Umrechnungsformeln gegeben, nach denen die Angaben in die Wertung überführt worden seien. Diese Formeln hätten bekannt gemacht werden müssen.

Für das Kriterium "Qualitätssicherung" habe es offenbar unterschiedliche Multiplikatoren und verschiedene Faktoren gegeben, mit denen die Angaben multipliziert worden seien. Damit lägen auch hier Unterkriterien vor, die zwingend hätten bekannt gegeben werden müssen.

Sofern die Beschwerde erfolgreich wäre, wäre jedenfalls auf ihre Anschlussbeschwerde hin die vorgenommene Wertung selbst zu überprüfen.

Zu prüfen sei auch der zwingende Ausschluss anderer Angebote. Unter Berücksichtigung des minimalen Stundenverrechnungssatz von 20,78 € pro Stunde multipliziert mit den Flächen ergäben sich niedrigste mögliche Bruttopreise, die hier über den niedrigsten abgegebenen Preisen lägen. Unterhalb dieser Mindestpreise liegende Angebote seien zwingend auszuschließen und dürften nicht bezuschlagt werden.

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Anschlussbeschwerde, die ihrer Ansicht nach bereits nicht wirksam eingelegt worden sei. Jedenfalls habe sie inhaltlich keinen Erfolg. Die Maße und Anforderungen der zu reinigenden Objekte und ihre Besonderheiten seien ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Teil C enthalte eine Bekanntmachung der Wertungskriterien "Preis" und der "Leistungskennzahlen" L1 bis L3. Hinsichtlich L1 seien die Unterkriterien nach Oberflächen und Fußböden sowie im Weiteren nach Wischtechnik und Dosiermethode unterschieden worden; hinsichtlich L2 seien die Unterkriterien Einarbeitungsplan und Objektbetreuung unterschieden worden und hinsichtlich L3 die Unterkriterien Qualitätscheck sowie Schulungen. Die Angabe von Antworten und die Bekanntgabe von Punkten für jeweilige Antworten sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich.

Zudem hat sie ihre Zulassung als Rechtsanwältin nachgereicht.

Die Antragstellerin betont, sie habe innerhalb der gesetzten Erwiderungsfrist eine unselbstständige Anschlussbeschwerde eingelegt. Die Schulnoten-Rechtsprechung des BGH sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da keine ergebnisoffenen Konzepte abgefragt worden seien, sondern binäre Angaben. Hierfür habe es eine festgelegte Auswertung gegeben. In einem solchen Fall müsse eine derartige Wertung auch transparent bekannt gemacht werden.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet (unter 1.); die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet (unter 2.).

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig (unter a.) und begründet (unter b.).

a. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die den Beschwerdeschriftsatz Unterzeichnende ist auch postulationsfähig gem. § 172 Abs. 3 S. 1 GWB ausweislich ihrer nunmehr vorgelegten Zulassung als Rechtsanwältin.

b. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das Vergabeverfahren leidet nicht an einem Transparenzmangel.

Die Rüge der Antragstellerin ist zulässig (unter aa.), aber unbegründet (unter bb.). Der Verpflichtung, Zuschlagskriterien nebst Unterkriterien und ihrer Gewichtung bekanntzumachen, ist die Antragsgegnerin nachzugekommen (unter (1)). Eine weitergehende Verpflichtung, die verwendete Bewertungsmatrix bekanntzumachen, besteht dagegen im hiesigen Fall nicht (unter (2)).

aa. Zu Recht ist die Vergabekammer davon ausgegangen, dass die erhobene Rüge der Verletzung des Transparenzgrundsatzes im Hinblick auf die Bekanntmachung der angewandten Bewertungsmaßstäbe und ihrer Methode zulässig ist.

(1) Die Antragstellerin ist mit dieser Rüge nicht präkludiert i.S.d. § 160 Abs. 3 GWB.

Die Bewertungsmatrix selbst ist der Antragstellerin erst durch die im Verfahren vor der Vergabekammer erfolgte Akteneinsicht bekannt geworden. Damit bestand kein Ansatzpunkt für eine Rügeobliegenheit bereits im Vorfeld des Nachprüfungsverfahrens nach § 160 Abs. 3 GWB.

Soweit die Antragstellerin zudem die fehlende Angabe tatsächlich verwendeter Unterkriterien und ihrer Gewichtung rügt, ist sie auch mit dieser Rüge nicht gem. § 160 Abs. 3 GWB präkludiert. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin den nunmehr geltend gemachten Verstoß gegen Transparenzvorschriften vor Einreichung des Nachprüfungsantrags positiv erkannt hatte im Sinne von § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB.

Auch eine Erkennbarkeit des gerügten Verstoßes gegen Transparenzvorschriften i.S.d. § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB lässt sich hier nicht bejahen. Die Frage der Erkennbarkeit ist objektiv zu beurteilen und muss sich sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (vergleiche OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 - VII Verg 39/16 zitiert nach beck-online Rn. 23). Ein sorgfältig handelndes Unternehmen muss demnach den Vergabeverstoß erkennen können, ohne besonderen Rechtsrat einholen zu müssen. Ob im Falle einer anwaltlichen Beratung ein höherer individueller Sorgfaltsmaßstab Anwendung findet, kann vorliegend offenbleiben. Es ist nicht feststellbar, dass die nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin bereits bei Übersendung der Vergabeunterlagen für sie tätig waren.

Von einem durchschnittlichen Bieter konnte der von der Vergabekammer bejahte Transparenzverstoß ohne anwaltlichen Rat bei Anwendung üblicher Sorgfalt und bei üblichen Vergaberechtskenntnissen nicht erkannt werden. Die Unterkriterien selbst sind zwar bereits den Vergabeunterlagen gem. Teil A i.V.m. Anlage 7 und ihre Gewichtung den Vergabeunterlagen Teil C zu entnehmen gewesen. Eine Zusammenschau dieser umfangreichen Unterlagen führte aber allein zur Tatsachenkenntnis. Damit war vorliegend nicht die Kenntnis der gerügten Vergabewidrigkeit verbunden. Die Transparenzanforderungen - insbesondere auch bei Verwendung von Bewertungssystemen - können vielmehr dem Gesetz selbst nicht entnommen werden. Sie werden allein durch die Rechtsprechung unter Rückgriff auf den allgemeinen Transparenzgrundsatz in § 97 Abs. 1 GWB ausgeformt, die überdies im Fluss ist. Von einem durchschnittlich erfahrenen Bieter kann nach Einschätzung des Senats keine Kenntnis der sich noch entwickelnden Rechtsprechung zur Transparenz von Bewertungsmaßstäben verlangt werden (vergleiche auch Senat, Beschluss vom 26.6. 2016 - 11 Verg 4/16; OLG Düsseldorf a.a.O.).

(2) Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gemäß § 160 Abs. 2 GWB. Sie hat dargelegt, dass der gerügte Vergabeverstoß ihre Zuschlagschancen verschlechtert hat. Dies gilt auch, soweit sie für das Leistungskriterium "Reinigungstechnik" die volle Punktzahl erhalten hat. Die Antragstellerin hat überzeugend ausgeführt, dass sie bei Kenntnis der Unter- bzw. Unterunterkriterien und ihrer Gewichtung sowie der Bewertungsmatrix ggf. schlechter bepunktete Alternativen angekreuzt hätte, um dann insgesamt ein preislich günstigeres Angebot abgeben zu können. Damit hätte sie ihre Wertung insgesamt verbessern und damit ihre Zuschlagschancen erhöhen können.

bb. Der Nachprüfungsantrag ist hinsichtlich der erhobenen Transparenzrüge indes unbegründet.

(1) Die Antragsgegnerin hat die verwendeten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung ordnungsgemäß bekannt gemacht.

Gemäß § 127 Abs. 5 GWB sind die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufzuführen. Neben diesen Bekanntmachungsverpflichtungen in § 127 Abs. 5 GWB wird dem Transparenzgrundsatz aus § 97 Absatz 1 S. 1 GWB nach ganz herrschender Meinung auch die Verpflichtung zur Veröffentlichung von bei der Bekanntmachung bereits aufgestellten Unterkriterien und deren Gewichtung entnommen (EuGH, Urteil vom 14.7.2016 - C-6/15 - Dimarso; BGH, Beschluss vom 4.4.2017 - X ZB 3/17 - Postdienstleistungen; OLG Celle, Beschluss vom 2.2.2021 - 13 Verg 8/20; Opitz in: Beckscher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 127 Rn. 148 mit zahlreichen Nachweisen; Steck in: Ziekow/Völlink, 4. Aufl., Vergaberecht, § 58 Rn. 32; Lausen in: Beckscher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 58 Rn. 10). Unterkriterien sind dabei solche Kriterien, die der Ausfüllung und näheren Bestimmung eines Hauptkriteriums dienen und präziser darstellen, worauf es dem Auftraggeber ankommt (vgl. Senat, Beschluss vom 22.9.2020 - 11 Verg 7/20).

Diesen Anforderungen genügt die Ausschreibung:

Die Zuschlagskriterien der hiesigen Ausschreibung in Form von "Preis" und "Leistung" können den Vergabeunterlagen, Teil A, Ziff. 10.3 transparent entnommen werden. Dies gilt auch für die paritätische Gewichtung von jeweils 50 %. Darüber hinaus wird in Ziff. 10.3 auch deutlich ausgeführt, dass für das Zuschlagskriterium "Leistung" wiederum Unterkriterien in Form von "Reinigungstechnik", "Objektorganisation" und "Qualitätssicherung" bestehen, die jeweils mit max. 300 Punkten gleichgewichtet das Leistungskriterium abbilden.

Hinsichtlich dieser Unterkriterien können Ziff. 10.3 zudem die bestehenden Unterunterkriterien und ihre Gewichtung entnommen werden. Demnach untergliedert sich das Unterkriterium "Reinigungstechnik" wiederum in die Unterunterkriterien "Oberflächen" und "Fußböden", die jeweils mit 150 Punkten in die Wertung einfließen. Das Unterkriterium "Objektorganisation" gliedert sich wiederum in die Unterunterkriterien "Einarbeitung" und "Objektbetreuung", wobei auf die Einarbeitung 100 Punkte maximal entfallen können und auf die Objektbetreuung 200 Punkte. Schließlich lässt sich Ziff. 10. 3 auch entnehmen, dass das Unterkriterium "Qualitätssicherung" in die Unterunterkriterien "Qualitätschecks" und "Schulungen" aufgegliedert wurde, wobei auf die Qualitätschecks max. 200 Punkte und die Schulungen max. 100 Punkte entfallen.

Schließlich enthielt der Teil C der Vergabeunterlagen unter Ziffer 2. bis 4. die Erläuterung zur Vergabe der Leistungspunkte hinsichtlich der einzelnen Unterunterkriterien. Demnach untergliederten sich die möglichen Leistungspunkte für das Unterkriterium "Reinigungstechnik" und die dortigen Unterunterkriterien in vier mögliche Punktestufen. Für die Unterkriterien "Objektorganisation" und "Qualitätssicherung" untergliederten sich die Leistungspunkte für die jeweiligen Unterunterkriterien in sieben Punktestufen.

Die verwendeten Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Unterunterkriterien sowie ihre Gewichtung waren damit Teil A i.V.m. Teil C der Vergabeunterlagen zu entnehmen und hinreichend transparent bekannt gemacht worden.

Ausweislich der Fragebögen in Anlage 7 der Vergabeunterlagen erfolgten darüber hinaus weitere Untergliederungen der soeben aufgeführten Unterunterkriterien. So wurde etwa im Bereich des Unterkriteriums "Reinigungstechnik", dort Unterunterkriterium "Obenarbeiten" eine weitere Untergliederung in "Reinigungsmethode" einerseits und "Dosiermethode" andererseits vorgenommen; bei der "Reinigungsmethode" im Bereich der "Obenarbeiten" erfolgte etwa eine Untergliederung in die Methode selbst (3-4 Farben Methode mit jeweils einem Tuch und Wechseltuchmethode) und das verwendete Material (Mikrofaser und Mischgewebe).

Ob diese Untergliederungen überhaupt selbständige Unterunterunterkriterien darstellen, kann im Ergebnis offenbleiben. Sie ließen sich jedenfalls ebenfalls deutlich den Vergabeunterlagen, zu denen der Fragebogen zählte, entnehmen. Auch wenn die jeweiligen Untergliederungen nicht optisch hervorgehoben worden waren, haben die mit dem ausgeschriebenen Leistungsgegenstand vertrauten Bieter unstreitig die jeweiligen Untergliederungen im Sinne des Auftraggebers verstanden und korrekt ausgefüllt. Nachfragen oder Rügen wurden nicht erhoben; Unsicherheiten hinsichtlich der Bewertung im Einzelfall hat auch die Antragstellerin nicht dargetan. Ihr in der mündlichen Verhandlung beispielhaft herangezogener Verweis auf die Wertigkeit "Mikrofasertuch" einerseits und "Tuch aus Mischgewebe" andererseits spricht vielmehr für das in den durchschnittlich erfahrenen Bieterkreisen insoweit vorhandene Verständnis.

Damit liegt eine hinreichende Transparenz vor. Dies gilt auch für die Wertung dieser Angaben, die sich nach dem oben dargestellten System zur Vergabe der Leistungspunkte gem. Teil C der Vergabeunterlagen, dort Ziff. 2. bis 4. richtete. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die Antragstellerin ihren eigenen Angaben nach im Bereich der vorausgegangenen Ausschreibung 2017 im Bereich der Reinigungstechnik - der dem Kriterium L1 vorliegend entspricht - die volle Punktzahl erzielt hatte. Sie habe - so ihr Vortrag - die identischen Angaben erneut eingetragen; angesichts ihrer Vorerfahrung hatte sie damit zudem einen eigenen Referenzmaßstab, der vorliegend auch nicht abweichend angewandt worden war. Entgegen der Mitteilung im Rahmen der Vorabinformation hat die Antragstellerin erneut die volle Punktzahl für den Bereich Reinigungstechnik erzielt.

Infolge fehlender Transparenz ausgelöste Unklarheiten im Bereich der Wertung der Kriterien L2 und L3 trägt die Antragstellerin nicht vor.

(2) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass auch die angewandte Bewertungsmethode hätte bekannt gegeben werden müssen.

Gemäß § 127 Abs. 5 GWB bezieht sich die gesetzliche Transparenzpflicht auf die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung. Soweit - wie ausgeführt - auch Unter- bzw. Unterunterkriterien zur Verdeutlichung des Beschaffungsbedarfs des Auftraggebers bekannt zu machen sind, erstreckt sich dies nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur jedoch nicht gleichermaßen auch auf die jeweils angewandte Bewertungsmethode (EuGH a.a.O. - Dimarso; BGH a.a.O. - Postdienstleistungen; OLG Celle a.a.O; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8.3.2017 - VII Verg 39/16; Wiedemann in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 128 Rn. 98; Ziekow in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 127 Rn. 44):

So betonte der EuGH (Urteil vom 14.07.2016 - C-6/15 - Dimarso) ausdrücklich, dass zwar auch die Unterkriterien zwingend bekanntzumachen sind, sofern sie bei der Bewertung berücksichtigt werden sollen. Dies gilt auch für das Gewicht der Zuschlagskriterien - und damit auch Unterkriterien. Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) dagegen umfasst diese Verpflichtung nicht; sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist (a.a.O. Rn. 26). Entsprechend hat auch der BGH nachfolgend ausgeführt, dass eine Bewertungsmatrix selbst nicht bekannt gemacht werden muss (BGH, Beschluss vom 4. 4. 2017-X ZB 3/17 - Postdienstleistungen).

Soweit das OLG Düsseldorf früher gefordert hatte, dass aufgestellte Bewertungsmaßstäbe etwa in Form eines Wertungsschemas den Bietern mit den Vergabeunterlagen zugänglich zu machen sind, damit diese den geforderten Erfüllungsgrad erkennen und ihr Angebot darauf ausrichten können (Beschluss vom 19.06.2013 - Verg 8/13), hält es daran im Hinblick auf die genannte Entscheidung des EuGH nicht mehr fest (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 - VII Verg 39/16 zitiert nach beck-online Rn. 29ff). In Übereinstimmung mit dem EuGH - und BGH - vertritt auch das OLG Düsseldorf nunmehr ebenfalls die Ansicht, dass die Bewertungsmethode selbst den Bietern nicht zur Kenntnis gebracht werden muss, sofern sie an den bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung keine Veränderung bewirkt.

Diese Grundsätze gelten entgegen der Ansicht der Antragstellerin unabhängig davon, ob eine funktionale Ausschreibung zu beurteilen ist oder nicht. Weder der Rechtsprechung noch der Kommentarliteratur ist eine derartige Differenzierung zu entnehmen (vgl. EuGH a.a.O. - Dimarso; BGH a.a.O. - Postdienstleistungen; OLG Celle a.a.O; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8.3.2017 - VII Verg 39/16; Wiedemann in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 128 Rn. 98; Ziekow in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 127 Rn. 44). Die Antragstellerin führt insoweit auch keine eigenen Nachweise ein.

Der Senat sieht auch inhaltlich keinen Grund für eine derartige Differenzierung:

Der geforderte Detaillierungsgrad der Bekanntgabe richtet sich nach seiner Funktion, dies ist im konkreten Einzelfall zu beurteilen (Wiedemann a.a.O. Rn. 100). Der Transparenzgrundsatz soll es dem Bieter ermöglichen, zu erkennen, auf welche Gesichtspunkte es dem Auftraggeber in welchem Maße ankommt, so dass er sein Angebot nach den Bedürfnissen des Auftraggebers optimal gestalten kann. Erforderlich bleibt damit weiterhin, Zuschlagskriterien einschließlich gegebenenfalls notwendiger Unterkriterien und ihrer Gewichtung sorgfältig zu formulieren und nicht durch ein reines Schulnotensystem zu ersetzen (OLG Düsseldorf ebenda). Grundsätzlich muss aber der Bieter nicht im vornherein erkennen können, welchen bestimmten Erfüllungsgrad sein Angebot auf der Grundlage der Zuschlagskriterien erreichen muss, um mit einer bestimmten Notenstufe bzw. Punktzahl eines Notensystems bewertet zu werden. Die Grenze, ab der das Offenlassen von Bewertungsmaßstäben vergaberechtlich unzulässig ist, ist erreicht, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass sich der Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informieren kann, anhand derer das wirtschaftlichste Angebot ermittelt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.7.2009 - VII Verg 10/09).

Ausgehend hiervon war die Antragsgegnerin angesichts der vorhandenen Informationen über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung nicht verpflichtet, auch das von ihm verwendete Bewertungsschema für die Bewertung der Fragebögen gemäß Anlage 7 der Vergabeunterlagen im Vorwege bekannt zu machen. Die dort vorgenommene Bewertung beruht auf der bekannt gemachten Vorgabe für die Verteilung der Leistungspunkte gem. Teil C der Vergabeunterlagen, dort Ziff. 2. bis 4, die wiederum in das System der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung gem. Ziff. 10.3 Teil A der Vergabeunterlagen eingebettet war. Berücksichtigt wurden ausschließlich Angaben der Bieter, deren Maßgeblichkeit sich aus den bereits oben zitierten Angaben zu den Zuschlagskriterien, Unter- und Unterunterkriterien sowie des Fragebogens für einen durchschnittlich informierten Bieter ergaben. Schließlich führten sie - und dies behauptet auch die Antragstellerin nicht - auch nicht zu einer Abänderung der veröffentlichten Gewichtung der Zuschlagskriterien und der jeweiligen Unterkriterien.

Soweit in Einzelfällen bei komplexen Auftragsgegenständen und vielschichtigen Wertungskriterien gegebenenfalls der Auftraggeber aus Transparenzgründen verpflichtet sein könnte, seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren Zielerreichungsgrad zu erläutern und bekannt zu geben und damit Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung vorzugeben (vergleiche BGH, Beschluss vom 04.04.2017 - X ZB 3/17 - Postdienstleistungen -), liegt hier keine vergleichbare Situation vor. Die Antragstellerin verweist selbst darauf, dass es sich im Wesentlichen um ein binär durch ja/nein Fragen abgefragtes Leistungsspektrum handelt. Als zertifiziertes Unternehmen verfügte die Antragstellerin auch über Kenntnisse hinsichtlich des Stands der Reinigungstechnik.

1. Die zulässige (unter a.) Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet (unter b.).

a. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist zulässig.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 17.12.2021 wirksam eine unselbständige Anschlussbeschwerde eingelegt.

Entsprechend den Vorschriften der ZPO ist auch ohne gesetzliche Normierung im Beschwerdeverfahren vor dem Vergabesenat eine Anschlussbeschwerde statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 4.4.2017 - X ZB 3/17 - Postdienstleistungen; Ziekow in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 171 Rn. 9). Sie kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bis zum Ablauf der Beschwerdeerwiderungsfrist eingelegt werden analog §§ 524 Abs. 2, 511 ZPO (BGH, a.a.O.). Diese Frist wurde hier gewahrt.

Soweit die Antragsgegnerin rügt, dass die Einlegung hier nicht - wie für ein Rechtsmittel erforderlich - "unbedingt" erfolgt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die Antragstellerin hat mit ihrem Klammerzusatz "unselbständige Anschlussbeschwerde" (Bl. 65 Vergabeakte) hinreichend deutlich gemacht, dass sie eine unselbständige Anschlussbeschwerde einlegt. Die gewählte Formulierung, dass die Angebotswertung dann (im Fall der Stattgabe der sofortigen Beschwerde) selbst zu prüfen "wäre", ist ersichtlich auf die prozessuale Situation zugeschnitten, wonach nur im Erfolgsfall der sofortigen Beschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anschlussbeschwerde besteht. Aus ihr folgt nicht, dass die Antragstellerin insgesamt die Anschlussbeschwerde unter eine irgendwie geartete Bedingung stellen wollte. Es wäre auch nicht ersichtlich, welcher Art eine solche Bedingung sein sollte. Denknotwendig kommt die Anschlussbeschwerde nur dann zum Tragen, wenn auf die sofortige Beschwerde hin der die Antragstellerin begünstigende Beschluss der Vergabekammer abgeändert wird.

a. Die Anschlussbeschwerde hat teilweise Erfolg.

aa. Hinsichtlich der mit der Anschlussbeschwerde weiterverfolgten Rügen des fehlenden Ausschlusses von Angeboten unterhalb des Mindestpreises und der fehlerhaften Wertung bzw. Dokumentation war der Nachprüfungsantrag teilweise zulässig.

Die Vergabekammer hat zu Recht ausgeführt, dass diese genannten Rügen rechtzeitig erhoben wurden und damit keine Präklusion nach § 160 Abs. 3 GWB vorliegt.

Für die Rüge der fehlerhaften Wertung bzw. Dokumentation fehlt es allerdings hinsichtlich Los 3 an der Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB. Für die Darlegung eines entstandenen oder drohenden Schadens durch die gerügte Vergabepflichtverletzung bedarf es jedenfalls Vortrags dazu, dass und aufgrund welcher Umstände im Fall einer anderen Wertung das Angebot eine aussichtsreiche Rangstelle erreichen kann (vgl. Diecks in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 160 Rn. 34). Daran fehlt es hier: Die Antragstellerin hat nicht darlegen können, dass die gerügte vergabewidrige Wertung ihres Angebots zu Los 3 ihre Zuschlagschancen kausal verschlechtert hat. Selbst bei potentieller Vergabe der vollen Punktzahl für die von der Antragstellerin aufgegriffenen fehlerhaft gewerteten Leistungskriterien L2 und L3, würde die Antragstellerin mit ihrem Angebot noch deutlich hinter dem der Bestplatzierten liegen. Der Antragstellerin fehlten insgesamt 200 Leistungspunkte gegenüber der Bestpunktzahl, wovon 80 Punkte auf das Leistungskriterium L2 (Einarbeitung) und 120 Punkte auf das Leistungskriterium L3 (Qualitätscheck) entfallen. Auch bei voller Punktzahl hinsichtlich der beiden Leistungskriterien würde die Antragstellerin insgesamt nicht das derzeit beste Preis-Leistungs-Verhältnis der Beigeladenen zu 2) in Frage stellen können; sie würde weiterhin deutlich weniger Leistungspunkte erzielen und liegt zudem preislich über dem Angebot der Beigeladenen zu 2).

Hinsichtlich Los 1 und 2 ist dagegen von einer Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB auszugehen. Nicht erforderlich ist insoweit, dass die Antragstellerin bei Erfolg der Rüge sicher auf den ersten Platz rücken würde (Dicks ebenda § 160 Rn. 34). Das Angebot muss jedoch auf einen aussichtsreichen Platz gelangen - dies ist vorliegend der Fall: Die Antragstellerin würde bei voller Punktzahl für die Kriterien L2 und L3 sowohl bei Los 1 als auch bei Los 2 knapp über den Leistungspunkten der derzeitigen Bestbieterin liegen und hat zudem ein preislich günstigeres Angebot abgegeben.

bb. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er hinsichtlich der Rüge, dass die Antragsgegnerin gegen die von ihr aufgestellten Mindestpreisanforderungen verstoßen habe, unbegründet (unter (1)), hinsichtlich der Rüge der rechtswidrigen Angebotswertung dagegen teilweise begründet (unter (2)).

(1) Gemäß den Vergabeunterlagen betrug der Mindeststundensatz 20,78 €/h. Gem. Ziff. 4.3. Teil B der Vergabeunterlagen (VI 23) sollten Angebote von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn der Stundenverrechnungssatz unterschritten wird. Außerdem hatte der Antragsgegner vorgegeben, welche Fläche maximal in einer Stunde zu reinigen war. Gem. Ziff. 4.4 Teil B der Vergabeunterlagen sollten damit qualitätsgefährdende Leistungswerte vermieden werden. Auch hier war ein Ausschluss bei Verstoß angedroht worden. Die von der Antragstellerin aus diesen beiden Parametern ermittelten Mindestwerte hat die Antragsgegnerin nicht bestritten. Unstreitig hat die Antragsgegnerin auf dieser Basis einen Bieter vom Vergabeverfahren ausgeschlossen.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin liegen die für die Bezuschlagung vorgesehene Angebote der Beigeladenen zu 1) und 2) jedoch bei keinen Los unterhalb der von ihr ermittelten Bruttopreise, sondern jeweils nicht unwesentlich darüber.

(2) Teilweise Erfolg hat aber die Rüge der Antragstellerin, dass die Wertung ihres Angebots fehlerhaft bzw. nicht nachvollziehbar erfolgt sei.

Die Wertung der Angebote spiegelt wider, ob und wieweit die Bieter die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen. Dabei dürfen nur die veröffentlichten Zuschlagskriterien bzw. Unterkriterien nebst der angegebenen Gewichtung Berücksichtigung finden. Für sachwidrige Erwägungen ist kein Raum (OLG Saarbrücken Beschluss vom 13.11.2002 - 5 Verg 1/02). Die Basis der Wertungsentscheidung muss auf einem vollständigen und richtigen Sachverhalt beruhen.

Der dem Auftraggeber insoweit eingeräumte Wertungsspielraum muss sich zudem in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden (BGH, Beschluss vom 4.4.2017 - X ZB 3/17 - Postdienstleistungen; Müller-Wrede in: Müller-Wrede, GWB, § 128 Rn. 15). Die Wertung muss nachvollziehbar sein. Grundsätzlich sind bei der Bewertung die einzelnen Bewertungsschritte so zu begründen und zu dokumentieren, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. Die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels müssen für die Bieter erkennbar werden. Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt - wie hier -, sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten (BGH, Beschluss vom 4.4.2017 - X ZB 3/17 - Postdienstleistungen).

Ausgehend hiervon ergibt sich Folgendes:

(a) Das Wertungsergebnis hinsichtlich des Kriteriums L 1 Reinigungstechnik ist nach Klarstellung seitens des Antragsgegners, dass es die höchstmögliche Punktzahl erhalten hat, nicht mehr Rügegegenstand.

(b) Teilweise mit Erfolg wendet sich die Antragstellerin allerdings hinsichtlich Los 1 und Los 2 gegen die Wertung des Kriteriums L2 "Objektorganisation". Gemäß Wertungsblatt wurden ihre Angaben für die Erstschulung bei allen drei Losen mit "mangelhaft" gewertet. Dies ist hinsichtlich Los 1 anhand der Angaben der Antragstellerin und der dokumentierten Wertungsschritte nicht nachvollziehbar und beruht - soweit im Vergabeverfahren Ausführungen hierzu gemacht wurden - auf einer unrichtigen Sachverhaltsannahme:

Die Bieter hatten im Rahmen der Anlage 7 die Möglichkeit, jeweils in mit "Weiteres" gekennzeichneten Feldern freien Text einzufügen. Der Antragsgegner hatte dabei auf Folgendes hingewiesen: "In den Anlagen wird die Gelegenheit gegeben "weiteres" einzutragen. Zur Vergleichbarkeit und gerechten Wertung bitte das "weiteres" kurz, leicht verständliche und nur bei Abweichung zu den Themen ausfüllen. Bei sehr langen Texten können gegebenenfalls nicht alle Informationen gewertet werden. Verweise auf Anlagen werden nicht gewertet."

Die Antragstellerin hatte die vorgesehenen Rubriken "Weiteres" sowohl beim Leistungskriterium L2 als auch L3 ausgefüllt. Beim Kriterium L2 hatte sie unter anderem ausgeführt: "Wir gehen bei unseren Angaben von einer Einarbeitungszeit von 6 Wochen aus. Da die Lose 1 und 2 Bestandsobjekte sind, haben wir bereits umfangreiche Kenntnisse über die Objekte. Im Auftragsfall werden wir auch hier alle Abläufe kritisch prüfen und anpassen. In der Implementierungsphase werden die Reinigungsarbeiten vor Ort täglich durch die für die Betreuung zuständigen Objektleiter überwacht. Nachschulung/Korrekturen finden bei Abweichung direkt vor Ort statt. Auch die Reviereinteilung wird in dieser Phase von Ihnen kritisch geprüft. Die erfahrenen Reinigungskräfte fungieren in der Einarbeitungsphase als Coaches für das Reinigungsteam und konzentrieren sich bei ihrer Tätigkeit vor Ort um die Einhaltung und Korrektur der Reinigungstechnik/Arbeitsweise der Reinigungskräfte. Auch hier wird im Bedarfsfall unverzüglich nachgebessert..."

Wie dieser Text in das Wertungsergebnis Eingang gefunden hat, lässt sich der dokumentierten Wertung nicht entnehmen. Dass er grundsätzlich im Rahmen der Wertung zu berücksichtigen ist, ergibt sich nicht nur aus dem Umstand, dass den Bietern Gelegenheit gegeben worden war, individuelle Erläuterungen in das Angebot zu integrieren, sondern auch - dem folgend - aus den eigenen Angaben der Antragsgegnerin zur oben zitierten Bedeutung der Rubrik "Weiteres".

Tatsächlich finden sich im Rahmen der dokumentierten Wertung jedoch keinerlei Ausführungen, die auf die Textangaben der Antragstellerin unter der Rubrik "Weiteres" bezogen sind. Dem Wertungsordner kann zwar eine tabellarische Zusammenstellung aller Kommentare unter "weiteres" der Bieter, auch der der Antragstellerin, entnommen werden. Welchen Einfluss diese Kommentare auf die Wertung hatten, lässt sich jedoch nicht ersehen; jedenfalls nicht in nachvollziehbarer Weise. Soweit sich tabellarisch hinter der Auflistung der Kommentare ein Blatt mit der Überschrift "Kommentare zur Vorwertung" findet, verhält sich dieses bereits an keiner Stelle zu den Angaben der Antragstellerin; inhaltlich erscheinen sie ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Dieser Dokumentationsmangel wurde nur teilweise im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens geheilt:

Die Antragsgegnerin hatte dort das Wertungsergebnis damit begründet, dass die Antragstellerin übersehen habe, dass sie derzeit mit einer Nachunternehmerin tätig sei, so dass sie nunmehr im Rahmen der Neuausschreibung, die ohne Nachunternehmernennung erfolgte, ihre eigenen Mitarbeiter von Grund auf neu einarbeiten müsse.

Diese Begründung beruht hinsichtlich des Leistungsspektrums von Los 1 auf einer unrichtigen Sachverhaltsannahme hinsichtlich der Tätigkeit der Antragstellerin. Die Antragstellerin hatte bereits im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ausgeführt, dass sie für den Leistungsbereich dieses Loses gegenwärtig die Arbeiten selbst ausführe und dies auch weiterhin so plane. Unstreitig enthält das Angebot der Antragstellerin auch keine Hinweise auf den geplanten Einsatz von Nachunternehmern. Die Antragsgegnerin hat auch nicht bestritten, dass gegenwärtig das Leistungsspektrum des Loses 1 mit eigenen Kräften der Antragstellerin erfüllt wird.

Damit ist die Wertung auf einer unrichtigen, für das Wertungsergebnis nicht irrelevanten Sachverhaltsannahme erfolgt. Es erscheint nachvollziehbar, dass die mit der Tätigkeit als Bestandsunternehmerin verbundenen umfangreichen Kenntnisse über das Objekt und dessen Anforderungen Auswirkungen auf die Einarbeitungskomplexität haben können. Damit wäre es erforderlich gewesen, im Rahmen der Wertungsdokumentation auf diesen Umstand und seine Berücksichtigung bei der Punktevergabe einzugehen.

Soweit die Antragsgegnerin ausführt, dass sie aus Gründen der Bietergleichheit etwaige Vorkenntnisse, die nicht Gegenstand von ihr aufgeführter Zuschlagskriterien waren, nicht berücksichtigen dürfe, überzeugt dies hier nicht. Der Gleichheitsgrundsatz in § 97 Abs. 2 GWB zielt auf die Gleichbehandlung sachlich vergleichbarer Fälle. Aus der Sphäre des Auftraggebers folgende Wissensvorsprünge gegenüber anderen Unternehmen sollen vermieden werden; dies ist etwa der Fall, wenn Unternehmen bereits im Vorfeld der Ausschreibung in der Markterkundungsphase einbezogen wurden (vgl. Lux in: Müller-Wrede, GWB, § 97 Rn. 45). Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen. Dies ist etwa der Fall, wenn im Softwarebereich eine Neuausschreibung auf der Vorgabe der Fortsetzung der Verwendung der Software des Bestandsunternehmers beruht, so dass für den Bestandsunternehmer kein Migrationsaufwand entsteht. Ebenso kann dem Bestandsunternehmer Orts- und Fachkenntnis hinsichtlich eines Objekts bei etwaig erforderlichen Schulungen zugutekommen, ohne dass damit der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird. Im Rahmen der erforderlichen Einarbeitung kann es demnach zu unterschiedlichen Aufwänden führen, je nachdem, ob Mitarbeiter eingewiesen werden müssen, die das Objekt bereits kennen oder eine vollständige Neueinweisung erfolgen muss.

Für das Los 2 lässt sich dagegen aus der fehlenden Dokumentation, wie die Angaben unter "Weiteres" in die Bewertung eingeflossen sind und der nachgetragenen Begründung des Antragsgegners nicht auf einen Wertungsfehler schließen.

Den eigenen Angaben der Antragstellerin nach erbringt gegenwärtig ein Tochterunternehmen von ihr, die A GmbH, die Leistungen. In der streitgegenständlichen Ausschreibung hat sie dagegen keinen Nachunternehmereinsatz angegeben. Damit wäre eine vollständige neue Einarbeitung der eigenen Kräfte erforderlich.

Sofern sie zwar angibt, dass auch weiterhin ihr Tochterunternehmen bei entsprechenden Zustimmung der Antragsgegnerin die Leistungen erbringen könnte, ist dies nicht Gegenstand der formellen Angebote. Diese beruhen vielmehr auf einer personellen Diskontinuität, so dass die Antragstellerin die vorgenommene Wertung nicht wegen des Gesichtspunktes der übersehenen Bestandsunternehmereigenschaft erfolgreich angreifen kann.

(c) Im Bereich des Leistungskriteriums L3 kann die Wertung im Bereich "Qualitätscheck" ebenfalls anhand der dokumentierten Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Die Antragstellerin hatte hier insgesamt nur eine ausreichende Bewertung erhalten. Hinsichtlich der Häufigkeit der Checks wurde die Antragstellerin zwar bestbewertet, nicht aber hinsichtlich der Menge der untersuchten Räume. Dort erhielt sie vielmehr ein "mangelhaft", was insgesamt zu einer Bewertung als "ausreichend" führte.

Auch hier hatte die Antragstellerin das Textfeld "Weiteres" genutzt und u.a. wie folgt ausgeführt: "... Besonders wichtig sind daher Auswahl, Umfang und Ablauf der Qualitätskontrollen. Die elektronische Unterstützung in allen Prozessen ist aus unserer Sicht daher nicht nur hilfreich, sondern unumgänglich, um repräsentative unabhängige Qualitätsnachweise zu erhalten. Die Qualitätssicherung wird daher mehrstufig und ab der Vorarbeiterebene elektronisch mit Software1 (B & B) durchgeführt. Das Leistungsverzeichnis wird in Software1 eingepflegt. Die einzelnen Reinigungskomponenten werden von B & B mit Sollpunkten gewichtet. Aus der Punktebewertung wird später bei der Prüfung das Qualitätsergebnis abgeleitet. ..." Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Auswahl der Räume per Zufallsgenerator erfolge. Der Wert der Qualitätsprüfungen habe 2020 bei 94,41 % gelegen.

Eine Berücksichtigung dieser Angaben lässt sich den Unterlagen im Wertungsordner jedoch nicht entnehmen. Es findet sich zwar wiederum eine tabellarische Auflistung der Kommentare der Bieter innerhalb der Rubrik "Weiteres". Ebenfalls vorhanden ist ein Blatt, welches - wohl - eine Vorwertung der Kommentare enthält. Für die Antragstellerin enthält dieses Blatt keine Angaben zum Angebot der Antragstellerin; inhaltlich verständlich ist es ebenfalls nicht.

Diese Dokumentationsmängel hat die Antragsgegnerin auch nicht während des Nachprüfungsverfahrens heilen können. Sie hat dort zwar grundsätzlich die Bedeutung von Zertifizierungsprozessen betont. Nachfolgend hat sie jedoch darauf hingewiesen, dass nur vorhandene Angaben herangezogen werden. Eine Auseinandersetzung mit dem zitierten Kommentar unter "Weiteres" findet sich nicht. Dies deutet eher darauf hin, dass der Zertifizierungshinweis unter "Weiteres" entweder gar nicht zur Kenntnis genommen worden war oder jedenfalls nicht in die Wertung eingegangen ist.

Dieser Mangel betrifft sowohl die Wertung des Angebots Los 1 als auch Los 2. Da die Antragstellerin hinsichtlich Los 2 indes beim Leistungskriterium L2 - wie oben ausgeführt - keinen Wertungsfehler geltend machen kann, würde allein eine Neubewertung des Kriteriums L3 ihre Zuschlagschancen nicht verbessern. Ihr würden im Bereich der Leistungskriterien jedenfalls 80 Wertungspunkte weiterhin fehlen, so dass sie die Punktzahl der derzeit bestbewerteten Beigeladenen zu 2) nicht ansatzweise erreichen könnte. Im Ergebnis führt daher die berechtigte Rüge der Antragstellerin nur in Bezug auf das Los 1 zu einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor der Angebotswertung.

III.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren vor der Vergabekammer folgt aus § 182 Abs. 3 S. 1 GWB unter Berücksichtigung des anteiligen Unterliegens und Obsiegens. Dies umfasst auch die notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu 2), hinsichtlich derer die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten angesichts der Komplexität der streitgegenständlichen Fragestellungen notwendig war. Die streitgegenständlichen Fragen insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an die Transparenz der Zuschlagskriterien, ihrer Gewichtung und ggf. der Methode sowie die Wertung selbst sind komplex und bedürfen vertiefter vergaberechtlicher Kenntnisse.

Da sich die Beigeladene zu 2) im Verfahren vor der Vergabekammer aktiv beteiligt und eigene Anträge gestellt hatte, sind ihre Kosten anteilig von der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu erstatten. Dabei ist ihr auf die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags gerichteter Antrag dahingehend auszulegen, dass im Hinblick auf ihre eigene Betroffenheit allein hinsichtlich Los 2 und 3 auch eine entsprechende Begrenzung des Antrags konkludent auf diese beiden Lose hin erfolgte.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens orientiert sich gem. §§ 175 Abs. 2, 71 GWB am Verfahrensausgang. Die Beigeladene zu 2) - ebenso wie die Beigeladene zu 1) - haben sich an diesem Verfahren nicht aktiv beteiligt, so dass insoweit kein Kostenausspruch veranlasst ist.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 50 Abs. 2 GKG und beträgt 5 % der Bruttoauftragssumme. Grundlage der Wertbestimmung ist dabei der konkrete Preis des Angebots der Antragstellerin.

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