LG Hagen, Urteil vom 18.11.2021 - 46 KLs 8/21
Fundstelle
openJur 2022, 4216
  • Rkr:
Tenor

Die Angeklagte ist der Rechtsbeugung in 10 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in 6 Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung schuldig.

Sie wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.

Angewandte Vorschriften: §§ 133 Abs. 1, Abs. 3, 267 Abs. 1, Abs. 3 Nr 4, 274, 339, 52, 53 StGB.

Gründe

I.

Die Angeklagte wurde am xx.xx.xxxx in T1 geboren und wuchs dort bei ihren Eltern auf. Ihre Geburt war problematisch, da ihre Mutter lange in den Wehen lag, die Geburt letztlich unter Einsatz einer Saugglocke erfolgte und hierbei eine Nabelschnurumschlingung bestand. Eine Beeinträchtigung, insbesondere eine Sauerstoffminderversorgung, war zwar befürchtet worden, tatsächlich aber nicht eingetreten, so dass die frühkindliche Entwicklung ohne größere Schwierigkeiten verlief.

Ihr Vater ist als technischer Zeichner beschäftigt, während ihre Mutter als PTA tätig war, sich mittlerweile aber in Rente befindet. Sie hat eine dreieinhalb Jahre jüngere Schwester, die Sozialpädagogik studiert hat und in E1 an einer Grundschule tätig ist.

Die Angeklagte besuchte als Kind einen Kindergarten in H1 und wurde dort im Alter von sechs Jahren auf einer Grundschule eingeschult. Sie war eine äußerlich unordentliche Schülerin, was sich durch einen unordentlichen Schulranzen und ein schlechtes Schriftbild niederschlug, war aber gleichwohl zu einem strukturierten Arbeiten fähig. Auch zu Hause war der Schreibtisch der Angeklagten häufig unordentlich. Bis zum Ende der Grundschulzeit erlebte sie ein harmonisches Elternhaus, wenngleich sich die Eltern zeitweise stritten, weil der Vater häufiger nicht zu Hause war.

Nach der Grundschulzeit wurde sie auf dem Gymnasium eingeschult, was ihre Eltern mit Stolz erfüllte. Dort war sie eine ruhige Schülerin, die sehr regelkonform auftrat und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn entwickelte. Die Schulzeit auf dem Gymnasium absolvierte sie ohne nennenswerte Schwierigkeiten und legte im Jahr xxxx das Abitur mit einer Durchschnittsnote von 2,1 ab. Sie arbeitete zu dieser Zeit in gewisser Weise ergebnisorientiert und meldete sich im Unterricht zu Wort, um sodann für eine gewisse Zeit wieder Ruhe vor einer erneuten Befragung durch den Lehrer zu haben. Sie bezeichnete sich selbst als eher wenig strebsame, durchschnittliche Schülerin. Allerdings fehlte ihr während der gesamten Schulzeit der Anschluss an die Klassenkameraden. Sie lief eher mit, war nicht die Beliebteste und hat sich häufiger gefragt, welches Verhalten die anderen von ihr erwarten würden.

Als die Angeklagte 20 Jahre alt war, trennten sich die Eltern, was sich bereits vorher angedeutet hatte, nachdem sich der Vater immer mehr aus dem familiären Leben zurückgezogen hatte. Ihre Mutter war bereits im Vorfeld der Trennung sehr unzufrieden mit der Situation, besprach Probleme aber nicht mit dem Vater, sondern diskutierte diese mit der Angeklagten, die sie als Vertrauensperson ansah. Die Angeklagte gab ihrer Mutter schließlich den Rat, sich zu trennen, weil ein Weiterbestehen der Ehe für niemanden gut sei. Zur Trennung kam es letztlich, als die Mutter auf Wohnungssuche ging und die jüngere Schwester dies dem Vater erzählte.

Offenen Streit mit ihrer Mutter hatte die Angeklagte nicht, allerdings reagierte diese bei einem missliebigen Verhalten der Angeklagten damit, dass sie dieser die kalte Schulter zeigte und sie so dazu brachte, sich zu entschuldigen, ehe sie wieder mit ihr sprach. Auch neigte die Mutter immer wieder dazu, der Angeklagten unangenehme Aufgaben aufzuerlegen.

Nach der Trennung verbesserte sich das Verhalten der Angeklagten zu ihrem Vater erheblich. Sie sah ihn über Jahre an einem festen Termin in der Woche und die zuvor eher oberflächliche Beziehung wurde deutlich enger und besteht bis heute intensiv und vertrauensvoll. Die Mutter, die für sie - bei all den Problemen - auch heute noch ein großer Stützpfeiler ist, ging eine neue Beziehung ein und zog xxxx mit ihrem Lebenspartner sowie der jüngeren Schwester zusammen, als die Angeklagte ihre erste eigene Wohnung bezog. Die Angeklagte schätzte den Lebenspartner ihrer Mutter, der für ihre jüngere Schwester zudem eine Art Vaterersatz bildete. Der neue Lebensgefährte litt jedoch an einer Parkinson-Erkrankung sowie Asthma und verstarb im Jahr xxxx plötzlich und unerwartet nachts in der Wohnung.

Die Mutter war nach dem Tod ihres Lebensgefährten überfordert und spannte die Angeklagte in den gesamten Tagesablauf ein, was sie - da sie zu dieser Zeit bereits als Richterin tätig war - stark belastete. Auch heute noch kauft die Angeklagte, die noch als einzige in der Familie ein Auto besitzt, regelmäßig einmal im Monat für die Mutter ein, wobei sie sich einerseits in der Pflicht sieht, ihre Mutter zu unterstützen, andererseits aber davon überzeugt ist, dass es nicht ihre Aufgabe ist, das Wochenendprogramm der Mutter zu strukturieren.

Nach ihrem Abitur beabsichtigte die Angeklagte zunächst, Psychologie zu studieren und jobbte in einer Buchhandlung, um die Wartezeit auf den Studienplatz zu überbrücken. Schlussendlich entschloss sie sich jedoch, ein Studium der Rechtswissenschaften in C1 aufzunehmen, weil sie das logische Denken sowie die juristische Herangehensweise an Probleme faszinierte. Während der Studienzeit lebte sie weiterhin bei ihrer Mutter, hatte kein typisches Studentenleben und arbeitete an den freien Tagen weiterhin in der Buchhandlung, wobei sie das Studentenleben weder vermisste noch heute bedauert, ein solches im engeren Sinn nicht gehabt zu haben.

Das Studium verlief ohne Komplikationen und fiel ihr nicht besonders schwer. Klausuren bestand sie meist, jedoch nie mit überragendem Ergebnis, benötigte im Vergleich aber auch weniger Vorbereitungszeit als Kommilitonen. Sie lernte meist auf Klausuren hin, jedoch nicht konstant studienbegleitend, sondern mit steigender Intensität "auf den letzten Drücker" vor den jeweiligen Klausuren. Im Jahr xxxx legte sie das erste juristische Staatsexamen nach Ablauf von acht Semestern ab, unternahm danach jedoch den sogenannten Verbesserungsversuch, da sie mit ihrer Note und insbesondere mit ihrer mündlichen Prüfung nicht zufrieden war. Durch den Verbesserungsversuch gelang es ihr, ihre Examensnote um eine Notenstufe zu verbessern.

Im Zuge ihres Rechtsreferendariats empfand sie größeres Interesse für das Strafrecht und überlegte zeitweise, später den Beruf der Staatsanwältin anzustreben, während sie zugleich den Beruf der Strafverteidigerin nicht als reizvoll empfand. Während der Station bei der Staatsanwaltschaft C1 war sie im Dezernat für Kapitalverbrechen eingesetzt, erachtete die Tätigkeit dort aber als langweilig und gleichförmig. Sie war während dieser Station zudem mit einzelnen richterlichen Entscheidungen nicht zufrieden und glaubte teilweise, eine bessere Entscheidung hätte treffen zu können.

Während der Zeit des Rechtsreferendariats besprach sie mit ihrer Mutter, dass diese ihr für jede Arbeit, die mit der Note vollbefriedigend bewertet wurde, ein Taschenbuch schenkte. Hierdurch entwickelte sie - allerdings abhängig von der jeweiligen Station im Rechtsreferendariat - die Motivation, stets eine gute Note zu erzielen. Die weiteren Tätigkeiten und Aufgaben während des Rechtsreferendariats, insbesondere die ihr zugewiesenen Aufgaben der Einzelausbilder, erledigte sie stets fristgemäß, allerdings meist eher zum Ende der ihr gesetzten Frist, wobei sie damals immer jeweils nur eine Akte gleichzeitig zu bearbeiten hatte.

Noch während des Referendariats entschloss sie sich, nach dem zweiten juristischen Staatsexamen in den richterlichen Dienst eintreten zu wollen und bereitete sich über mehrere Wochen intensiv auf die Prüfungen vor. Nach bestandenem zweiten juristischen Staatsexamen bewarb sie sich im Frühjahr xxxx für den richterlichen Dienst des Landes O1 und wurde eingestellt (wird unter "II." weiter ausgeführt).

Die Angeklagte ist nicht vorbestraft.

II.

1. Werdegang im richterlichen Dienst / Tätigkeit am Amtsgericht M1 und Arbeitsbelastung der Angeklagten

Nachdem die Angeklagte im Jahr xxxx in den richterlichen Dienst eingetreten war, erfolgte zunächst eine ca. einjährige Verwendung in einer erstinstanzlichen Zivilkammer am Landgericht I1. Im Anschluss war sie etwa neun Monate am Amtsgericht P1 tätig, wo sie vornehmlich Bußgeldsachen bearbeitete, ehe sie dienstlich zwischen dem Amtsgericht Q1 und dem Amtsgericht M1 geteilt war und nach einem Jahr vollständig an das Amtsgericht M1 wechselte. Ende des Jahres xxxx wurde sie dort zur Richterin auf Lebenszeit ernannt und bearbeitete seitdem mit der Hälfte ihres Arbeitskraftanteils Familiensachen und darüber hinaus insbesondere Straf- und Bußgeldsachen sowie einmal in der Woche Ermittlungsrichtersachen. Der Anteil der Verfahren betreffend ihrer Tätigkeit als Strafrichterin, machte dabei etwa ein Viertel ihres Arbeitskraftanteils aus.

Die Angeklagte war innerhalb des Amtsgerichts, aber auch in der Anwaltschaft sowie bei der Staatsanwaltschaft eine angesehene Richterin. Sie war geschätzt und wurde aufgrund ihrer fachlichen Qualität in materiellrechtlicher Hinsicht, aber vor allem aber auch in prozessrechtlicher Hinsicht, von dienstälteren Kollegen um Rat gebeten, sofern schwierigere Rechtsprobleme eine Beratung erforderten. Insbesondere wenn komplizierte rechtliche Probleme in familienrechtlichen Verfahren zu lösen waren, wurde die Angeklagte häufig angesprochen. Hierbei wurde die Angeklagte teilweise auch von Kollegen von anderen Amtsgerichten des Landgerichtsbezirks telefonisch kontaktiert, um gemeinsam rechtliche Probleme zu diskutieren. Daneben hat die Angeklagte gemeinsam mit Richter am Amtsgericht M2, mit dem die Angeklagte persönlich befreundet war, geholfen, ein stark belastetes Dezernat einer Proberichterin, die kurzfristig nach M1 abgeordnet worden war, mit zu bearbeiten, und hat damit auch gegenüber anderen Kollegen überobligatorisch Hilfe geleistet. Auch im Verhältnis zu den Mitarbeitern des nichtrichterlichen Dienstes war die Angeklagte sehr beliebt und duzte sich mit den ihr zugeteilten Mitarbeitern der Geschäftsstelle.

Auf der anderen Seite traten nach ihrer Ernennung auf Lebenszeit bereits ab dem Jahr xxxx erste Unregelmäßigkeiten in der Aktenführung auf. So begann die Angeklagte, einzelne familienrechtliche Verfahren über längere Zeiträume unbearbeitet zu lassen, während sie im selben Zeitraum andere Verfahren ohne jede Beanstandung führte. Dies führte dazu, dass die im Jahr xxxx verstorbene frühere Direktorin des Amtsgerichts E2 immer wieder auf der Geschäftsstelle der Familienabteilung gezielt danach erkundigte, inwiefern die Angeklagte die ihr zugewiesenen Verfahren förderte. Diese Nachfragen erfolgten zuletzt nahezu wöchentlich. Mit dem Tod der damaligen Direktorin blieb dies für die Angeklagte aber ohne Konsequenzen und die Angelegenheit geriet zunächst in Vergessenheit.

Jedenfalls ab dem Jahr xxxx bemerkte Justizamtsinspektor F1, der die von der Angeklagten geführten Strafverfahren auf der Geschäftsstelle der Strafabteilung bearbeitete, dass es auch dort zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. So war ihm aufgefallen, dass in ca. 12 bis 13 Verfahren die Urteilsabsetzungsfristen teilweise um mehrere Tage, teilweise um mehrere Wochen und teilweise über ein Jahr hinaus versäumt worden waren. Herr F1 notierte sich aufgrund dessen die betreffenden Aktenzeichen und sprach die Angeklagte mehrmals im Jahr xxxx auf die Verfahren an. Diese wiegelte indes jeweils die Ansprachen ab und bearbeitete die Verfahren auch weiterhin nicht. Aufgrund dessen begab sich Herr F1 im November xxxx zunächst zu Richter am Amtsgericht M2 und berichtete diesem von seinen Beobachtungen und der Reaktion der Angeklagten.

Richter am Amtsgericht M2 wartete zunächst ein paar Tage ab und sprach die Angeklagte sodann auf beobachtete Unregelmäßigkeiten in der Strafabteilung - von Problemen im familienrechtlichen Dezernat war ihm nichts bekannt - an und konfrontierte diese mit den Beobachtungen des Justizamtsinspektors F1. Die Angeklagte reagierte hierauf überrascht und entgegnete lediglich: "Ach? Ja, weiß ich auch nicht. Ich muss da mal nachgucken." Herr M2 bot der Angeklagten sodann seine Hilfe an, da er aufgrund eigener Recherchen wusste, dass es sich bei den betreffenden Strafverfahren zum Teil um rechtskräftige Urteile handelte, die abgekürzt zu den Akten gebracht werden konnten. Ferner riet er der Angeklagten, die Urteile am kommenden Wochenende abzusetzen und später im Vermerkwege auszuführen, weswegen die Urteile zu spät zu den Akten gelangt seien. Nur wenige Minuten nach diesem für den Herrn M2 unangenehmen Gespräch, kam die Angeklagte zu Herrn M2 in dessen Büro und berichtete über eine andere Akte, als hätte es das vorangegangene Gespräch nicht gegeben.

Nach dem besagten Wochenende kam es am Anfang der neuen Woche zunächst nicht erneut zu einem Gespräch zwischen der Angeklagten und Richter am Amtsgericht M2. Nachdem Herr M2 die Angeklagte am folgenden Donnerstag auf die ausstehenden Urteile angesprochen hatte, berichtete diese davon, dass sie es noch nicht geschafft habe, die Urteile abzusetzen. Herr M2 insistierte gegenüber der Angeklagten sodann erneut eindringlich, die Urteile endlich abzusetzen und begab sich sodann in einen mehrwöchigen Erholungsurlaub. Allerdings waren die Urteile auch bis Anfang xxxx nicht abgesetzt worden, so dass sich Herr M2 an seinen Kollegen, Herrn Richter am Amtsgericht L1, wandte und diesem berichtete, dass er nicht zur Angeklagten vordringe. Dieser entgegnete, dass auch er die Angeklagte nicht erreiche.

Nachdem Herr F1 zwischenzeitlich bemerkt hatte, dass die Urteile weiterhin nicht zu den Akten gebracht worden waren, berichtete er Ende Februar xxxx der stellvertretenden Direktorin des Amtsgerichts, Frau Richterin am Amtsgericht C2, von seinen Beobachtungen. Auslöser hierfür war maßgeblich, dass Herr F1 die Akte betreffend der festgestellten Tat zu Ziffer 3 verfächert auf der Geschäftsstelle aufgefunden hatte und bei ihm der Eindruck entstanden war, dass ihm ein Fehler seitens der Angeklagten in die Schuhe geschoben werden sollte (wird unten näher ausgeführt). In diesem Gespräch schilderte Herr F1 die vorgenannten Auffälligkeiten bei der Absetzung von Strafurteilen der Angeklagten und benannte anhand der von ihm geführten Liste sämtliche Verfahren, in der die Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 StPO nicht eingehalten worden war.

Frau C2 bat, nachdem Herr F1 ihr hiervon berichtete, sodann die Direktorin des Amtsgerichts L2 zu dem Gespräch hinzu. Dadurch, dass sich die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt im Urlaub befand, betrat die Direktorin des Amtsgerichts L2 nach Abschluss des Gesprächs aufgrund der ihr nunmehr bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten das Dienstzimmer der Angeklagten. Das Dienstzimmer der Angeklagten, welches über einen Garderobenschrank, einen Beistelltisch, einen Schreibtisch mit Computer, mehrere Aktenböcke sowie einem größeren Regal ausgestattet war, befand sich in einem äußerst unaufgeräumten Zustand. Akten lagen nahezu auf jeder verfügbaren Fläche und lagerten auch im Garderobenschrank. Insbesondere befanden sich im Büro verschiedene Sachstandsanfragen, nachdem ein Termin in einer Familiensache mit der Anordnung "weiteres von Amts wegen" geendet hatte, ebenso wurde unter anderem eine Akte gefunden, in der Termin zur Bekanntgabe einer Entscheidung bestimmt worden war, aber weder eine Entscheidung getroffen wurde noch ein Terminprotokoll vorlag.

Angesichts dieser Beobachtungen und der Schilderungen von Richterin am Amtsgericht C2 bzw. Justizamtsinspektor F1, beschloss die Direktorin des Amtsgerichts L2 umgehend den Präsidenten des Landgerichts I1 zu informieren. Dieser ordnete an, dass sämtliche Verfahrensakten aus dem Büro entfernt und die Akten für eine außerordentliche Geschäftsprüfung bereitgelegt werden sollten, die sodann am folgenden Montag, dem Tag der Rückkehr der Angeklagten aus dem Urlaub, durchgeführt wurde. Obgleich die Angeklagte bereits im Vorfeld durch Richter am Amtsgericht M2 von der bevorstehenden Geschäftsprüfung erfahren hatte, reagierte sie hierauf in keiner Weise bestürzt, sondern erschien am Tag der Geschäftsprüfung wie gewohnt zum Dienst und nahm die Vorgänge gleichgültig hin.

In den darauffolgenden Monaten befand sich die Angeklagte zunächst weiter im Dienst, wobei allerdings angesichts der beginnenden Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen, der Sitzungsbetrieb bzw. der Dienstbetrieb insgesamt deutlich reduziert war. Angesichts einer Präsidiumssitzung im Juni oder Juli xxxx wurde entschieden, dass die Angeklagte das von ihr geführte Familiendezernat abgeben und stattdessen das bis zu diesem Zeitpunkt von Direktorin des Amtsgerichts L2 geführte Ordnungswidrigkeitendezernat übernehmen solle. Das bisher von der Angeklagten geführte Familiendezernat wurde von der Direktorin des Amtsgerichts L2 übernommen. Etwa zu dieser Zeit berichtete die Angeklagte gegenüber der Direktorin des Amtsgerichts L2, dass sie sich auf die Warteliste für eine ärztliche Behandlung habe setzen lassen. Die Angeklagte arbeitete anschließend noch einige Wochen weiter und ist seit dem xx.xx.xxxx bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.

Die Wohnung der Angeklagten - einschließlich der Kellerräume - wurde am Morgen des xx.xx.xxxx von der Polizei sowie unter Beteiligung von Oberstaatsanwalt Dr. H2 durchsucht. Nachdem die Angeklagte die Wohnungstür selbstständig geöffnet hatte, betraten zunächst auf Bitten der Angeklagten für einen kurzen Moment nur Oberstaatsanwalt Dr. H2 und KHK N1 die Wohnung, die der Angeklagten sodann den Anlass der Durchsuchung erläuterten und die Angeklagte belehrten. Anschließend betraten auch die weiteren Beamten die Wohnung und begannen mit der Durchsuchung. Während ein Teil der Wohnung, insbesondere das Gäste-WC sowie der Flur, aufgeräumt wirkten, war. das Wohnzimmer vollgestellt und unaufgeräumt. Sowohl das Sofa, als auch ein dazugehöriger Beistelltisch waren übersäht mit zahllosen Gegenständen. Dasselbe galt auch für alle andere Ablageflächen und Teile des Fußbodens. Auch in dem von der Angeklagten als Arbeitszimmer bezeichneten Raum, der aber als solches kaum zu erkennen war, türmten sich zahllose Gegenstände, lose Unterlagen, Ordner und Bücher auf einem Regal oder lagen in Transportkisten, Kartons oder verstreut auf dem Bodenherum. Auch die Küche und das Schlafzimmer der Angeklagten befanden sich in einem vollgestellten und unaufgeräumten Zustand. Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder Nr. 5 - 19 (Blatt 99 - 106 d. A.) verwiesen.

Nachdem sich die Polizeibeamten sich den zur Wohnung der Angeklagten gehörenden Kellerraum durch diese hatten aufschließen lassen, wurden dort auf dessen rechten Seite zwei übereinander gestapelte Umzugskartons aufgefunden. Im oberen Umzugskarton befand sich oben aufliegend ein blauer Beutel mit der Aufschrift "Klein", in dem sich mehrere gerichtliche Verfahrensakten befanden. Nachdem der untere Umzugskarton geöffnet wurde, fanden sich auch dort mehrere Verfahrensakten oben aufliegend in dem Karton. Wegen der weiteren Einzelheiten der Auffindesituation wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder Nr. 22 - 25 (Blatt 107-109 d. A.) verwiesen. In den Umzugskartons wurden dabei unter anderem die Akten zu den unten festgestellten Taten zu Ziffer 6, 7, 8, 11, 13 und 14 aufgefunden. Daneben konnten noch drei familienrechtliche Verfahrensakten sowie eine zivilrechtliche Verfahrensakte aufgefunden und sichergestellt werden, die allerdings nicht Gegenstand der Anklage sind.

Neben den Verfahrensakten wurden im Rahmen der Durchsuchung in einem Umzugskarton diverse lose, nicht zu den Akten genommene Blätter, die Schriftverkehr von verschiedenen Verfahrensakten betrafen. Eine Vielzahl dieser Blätter betraf hierbei das familienrechtliche Verfahren 5 F 950/17, wobei der jüngste aufgefundene Schriftsatz in dieser Sache vom 30.01.2020 datierte.

2. Festgestellte Taten

Im Zuge der dienstlichen Tätigkeit der Angeklagten kam es konkret zu den nachfolgenden Taten:

a) Tat zu Ziffer 1 (Az. 54 Cs - 469 Js 1036/17 - 95/17)

Am xx.xx.xxxx erließ die Angeklagte auf Antrag der Staatsanwaltschaft I1 vom xx.xx.xxxx gegen S1 K1 einen Strafbefehl wegen Körperverletzung, durch den eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen á je 10,00 Euro festgesetzt wurde. Gegen den Strafbefehl legte S1 K1 am xx.xx.xxxx fristgerecht Einspruch ein. Die Angeklagte beraumte daraufhin für den xx.xx.xxxx einen ersten Hauptverhandlungstermin an, zu dem S1 K1 und dessen Verteidiger erschienen waren. Am Ende des Termins wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und ein Fortsetzungstermin für den xx.xx.xxxx bestimmt. Unter dem xx.xx.xxxx stellte der Verteidiger des S1 K1 unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen Terminverlegungsantrag, weil letzterer verhandlungsunfähig erkrankt sei. Zum Termin am xx.xx.xxxx erschienen weder S1 K1 noch dessen Verteidiger.

Die Angeklagte diskutierte sodann zunächst mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, Herrn Oberamtsanwalt i.R. M3, ob das Verfahren ohne S1 K1 fortgeführt werden könne. Man kam zunächst überein, dass eine Verwerfung des Einspruchs angesichts des Fortsetzungstermins nicht möglich war. Nachdem Oberamtsanwalt i.R. M3 sodann danach fragte, ob S1 K1 ordnungsgemäß zum Fortsetzungstermin geladen worden war, war sich die Angeklagte mit Oberamtsanwalt i.R. M3 zunächst einig, dass nicht verhandelt werden könne und ein neuer Termin bestimmt werden müsse. Nach einiger rechtlicher Diskussion wurde sodann doch die Verhandlung in Abwesenheit für möglich erachtet und durchgeführt.

In der Sache wurde sodann zunächst die vorbereitend geladene Zeugin H3 vernommen. Nach Abschluss der Beweisaufnahme beantragte Oberamtsanwalt i.R. M3, den S1 K1 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen a 30,00 Euro zu verurteilen. Die Angeklagte entsprach diesem Antrag und verurteilte S1 K1 in dessen Abwesenheit zu der vorgenannten Geldstrafe. Das Protokoll dieser Sitzung unterzeichnete der Protokollführer O2 auf der ersten Seite und auf der dritten Seite. Die Angeklagte unterzeichnete das Protokoll auf der dritten Seite und auf einer Anlage zum Protokoll, in der der Urteiltenor aufgeführt war, wobei auch die Anlage in der oberen rechten Ecke durch den Protokollführer, Herrn Justizamtsinspektor O2, abgezeichnet wurde. Seite drei des Protokolls, vor der Anlage mit dem Urteilstenor, lautete hierbei:

"Das Urteil wurde *)

durch Verlesung der Urteilsformel und durch mündliche Mittelung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe wie Anlage verkündet:

Im Namen des Volkes

Rechtsmittelbelehrung ist erfolgt.

Das Protokoll wurde fertiggestellt am 27.10.2017"

Es folgen die Unterschriften der Angeklagten und des Protokollführers.

In der Folgezeit brachte die Angeklagte allerdings innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO kein Urteil zu den Akten. Nachdem bei der Staatsanwaltschaft I1 bis zum xx.xx.xxxx noch kein Urteil eingegangen war, fragte der zuständige Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft I1, Herr Oberamtsanwalt E3, telefonisch nach dem Stand des Verfahrens. In diesem Telefonat teilte die Angeklagte wahrheitswidrig mit, dass am xx.xx.xxxx ein Urteil ergangen sei, sie eine entsprechende Zustellverfügung aber erst heute, also am xx.xx.xxxx, gefertigt habe. Spätestens aufgrund dieses Gesprächs mit Oberamtsanwalt E3 bemerkte die Angeklagte, dass sie in der Sache das Urteil mit Gründen weder gefertigt noch zur Geschäftsstelle gebracht hatte.

Die Angeklagte beabsichtigte spätestens zu diesem Zeitpunkt, die fehlende Absetzung des mit schriftlichen Gründen versehenen Urteils zu verschleiern. Hierzu entnahm sie zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach Beendigung des Telefonats mit Oberamtsanwalt E3 das von ihr selbst und dem Protokollführer unterzeichneten Hauptverhandlungsprotokoll sowie die Anlage mit dem von ihr handschriftlich verfassten Urteilstenor aus der Akte. Anschließend ersetzte sie die Seiten eins und zwei des Protokolls durch zwei neue, von ihr nachträglich am Computer erstellte Seiten. Der Zweck dieser Abänderung lag darin, vorzuspiegeln, dass der Fortsetzungstermin am xx.xx.xxxx anders abgelaufen war, als dies tatsächlich der Fall war, und auf diese Weise den Umstand zu verschleiern, dass sie vergessen hatte, in dieser Sache das Urteil zu schreiben. Nach dem von ihr erstellten "Hauptverhandlungsprotokoll" soll die Hauptverhandlung am xx.xx.xxxx mit der Begründung ausgesetzt worden sein, dass eine Verwerfung des Einspruchs angesichts des Umstandes, dass es sich um einen Fortsetzungstermin handele, nicht in Betracht komme. Zudem ist wahrheitswidrig ausgeführt, dass die Zeugin in den Sitzungssaal gerufen und wieder entlassen worden sei, ohne sie zu vernehmen. Das Protokoll endet schließlich der Wahrheit zuwider mit dem Beschluss "Ein neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt".

Die von ihr neu erstellten Seiten eins und zwei des Hauptverhandlungsprotokolls heftete sie mit der Seite drei des ursprünglichen Hauptverhandlungsprotokolls, die wie ausgeführt sowohl ihre eigene als auch die Unterschrift des Protokollführers trug, wieder in die Akte. Die Originalprotokollblätter der Seite eins und zwei sowie die Anlage mit dem Urteilstenor legte sie an einem nicht näher aufklärbaren Ort innerhalb ihres Dienstzimmers ab.

Nachdem auch in den folgenden Wochen die Akte mit Urteil nicht zur Staatsanwaltschaft I1 gelangt war, fragte Oberamtsanwalt E3 am xx.xx.xxxx gegenüber der Angeklagten erneut telefonisch nach dem Sachstand. In diesem Gespräch behauptete die Angeklagte der Wahrheit zuwider, dass am xx.xx.xxxx doch kein Urteil gesprochen worden sei; sie habe sich beim letzten Telefonat offenbar versprochen. Es sei am xx.xx.xxxx lediglich beabsichtigt gewesen, ein Urteil zu sprechen. "Demnächst" solle die Sache erneut terminiert werden. Oberamtsanwalt E3 nahm diese Ausführungen zwar etwas verwundert zur Kenntnis. Dadurch, dass die Angeklagte ihm bis zu diesem Tage jedoch nicht negativ aufgefallen war, sondern als fleißige und entscheidungsfreudige Richterin galt, und der damalige Sitzungsvertreter Oberamtsanwalt i.R. M3 nur wenige Wochen nach der Sitzung vom xx.xx.xxxx in den Ruhestand getreten und nicht mehr ohne weiteres zu erreichen war, ging Oberamtsanwalt E3 allerdings den widersprüchlichen Angaben der Angeklagten nicht weiter nach und notierte aufgrund der angekündigten Förderung des Verfahrens lediglich eine weitere Wiedervorlagefrist in der Handakte der Staatsanwaltschaft.

Die Angeklagte beraumte schließlich einen Hauptverhandlungstermin für den xx.xx.xxxx an. In diesem Termin wurde S1 K1 zur Person sowie zur Sache vernommen. In diesem Termin wurde das Verfahren nach Vernehmung eines Zeugen ausgesetzt, um mit Beschluss vom xx.xx.xxxx ein anthropologisches Sachverständigengutachten einzuholen. Anschließend beraumte sie einen weiteren Hauptverhandlungstermin an und verlegte diesen zweifach, zuletzt auf den xx.xx.xxxx.

Nachdem die Angeklagte im Sommer xxxx längerfristig erkrankt war, beabsichtigte Justizamtsinspektor F1 das Büro der Angeklagten aufzusuchen, um zu prüfen, ob sich dort Akten bzw. Aktenbestandteile befinden, die dem Vertreter der Angeklagten vorgelegt werden müssen. Nachdem Herr F1 gemeinsam mit einer Kollegin das auch zu diesem Zeitpunkt äußerst unordentliche sowie mit einer Vielzahl von Akten und Aktenbestandteilen versehene Büro betreten hatte und selbst in einer offenen Schreibtischschublade Dienstpost zu sehen war, beschlossen Herr F1 und die Kollegin das Büro wieder zu verlassen und die Verwaltung des Amtsgerichts M1 vom Zustand des Büros zu unterrichten. Der Grund hierfür lag darin, dass sie - aus Gründen des Eigenschutzes - keine Akten oder Aktenbestandteile aus dem Dienstzimmer der Angeklagten entnehmen wollten.

Um zu prüfen, ob die von der Angeklagten in ihrem Dienstzimmer gelagerten Akten ihrem Vertreter vorzulegen waren und um die dort befindlichen Aktenbestandteile wieder dem Geschäftsgang zuzuführen, beschlossen die Direktorin des Amtsgerichts L2 sowie die stellvertretende Direktorin, Richterin am Amtsgericht C2, das Dienstzimmer der Angeklagten zu betreten. Beide teilten sich aufgrund der großen Unordnung auf und trugen aus verschiedenen Bereichen des Dienstzimmers, unter anderem vom Beistelltisch, dem Schreibtisch, dem Garderobenschrank sowie den unverschlossenen Schreibtischschubladen familienrechtliche und strafrechtlich Verfahrensbestandteile zusammen und legten diese zur besseren Ordnung auf separate Stapel. Im Zuge dessen fielen der Direktorin des Amtsgerichts L2 in einem nicht mehr näher feststellbaren Bereich des Dienstzimmers die ersten beiden Protokollblätter des Originalprotokolls vom xx.xx.xxxx in die Hände, ohne dass dies zunächst größere Aufmerksamkeit erweckte. Die Verfahrensbestandteile wurden sodann zu den jeweiligen Geschäftsstellen verbracht, um diese wieder dem Geschäftsgang zuzuführen.

Nachdem Justizamtsinspektor F1 die beiden Originalprotokollblätter zur Akte nehmen wollte, stellte dieser fest, dass sich in der Akte bereits ein vollständiges Protokoll der Sitzung vom xx.xx.xxxx befand. Herr F1 informierte daraufhin die Direktorin des Amtsgerichts L2, die ihrerseits den Protokollführer vom xx.xx.xxxx, Justizamtsinspektor O2, unterrichtete. Dieser teilte der Direktorin des Amtsgerichts nach Sichtung der beiden Protokollfassungen ohne zu Zögern mit, dass das Protokoll aus dem Dienstzimmer der Angeklagten angesichts der durch ihn angepassten Formulierungen aus den üblicherweise im Protokoll befindlichen Textbausteine das Originalprotokoll sei, während das in der Akte befindliche Protokoll gefälscht sein müsse.

Die Direktorin des Amtsgerichts L2 sperrte sodann umgehend die elektronische Zugangsberechtigung der Angeklagten, um weitere Manipulationen auszuschließen. Anschließend teilte sie der Angeklagten mit, dass sie ein gefälschtes Protokoll gefunden habe und ihr Zugang zum Amtsgericht gesperrt worden sei. Die Angeklagte erklärte gegenüber der Direktorin, dass sie sich das nicht erklären könne.

Am xx.xx.xxxx wurde das Urteil vom xx.xx.xxxx ohne Gründe dem Verteidiger des S1 K1 zugestellt, der gegen dieses Urteil noch am selben Tag Berufung einlegte. Nach Vorlage der Akten bei der Staatsanwaltschaft I1, erlangte diese von dem am xx.xx.xxxx gesprochenen Urteil und der Protokollfälschung Kenntnis und beantragte am xx.xx.xxxx gegenüber der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts I1 die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO. Nachdem die Vorsitzende der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts I1 am xx.xx.xxxx die Verteidigung um Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung ersucht hat, wurde das Verfahren sodann am xx.xx.xxxx gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.

b) Tat zu Ziffer 2 (Az. 54 Ds - 409 Js 233/17 - 96/17)

Unter dem xx.xx.xxxx wurde I2 L3 vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich wegen sexueller Belästigung, angeklagt.

Die Angeklagte führte am xx.xx.xxxx im vorgenannten Verfahren eine Hauptverhandlung durch, in der I2 L3 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt wurde. Am xx.xx.xxxx legte der Verteidiger des I2 L3 gegen das Urteil ein nicht näher bezeichnetes Rechtsmittel ein. Die Angeklagte brachte innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO, die mit Ablauf des xx.xx.xxxx endete, kein schriftliches Urteil zu den Akten. Stattdessen fertigte die Angeklagte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem xx.xx.xxxx und dem xx.xx.xxxx das Urteil und legte dieses um den xx.xx.xxxx auf ihren Aktenbock zum Abtragen. Zudem erstellte die Angeklagte eine Verfügung, mit der sie die Zustellung des Urteils verfügte, wobei die Verfügung von ihr wahrheitswidrig auf den xx.xx.xxxx rückdatiert wurde. Die Angeklagte tat dies, um vorzuspiegeln, dass sie das Urteil rechtzeitig zu den Akten gebracht habe. Das Urteil gelangte erst am xx.xx.xxxx auf die Geschäftsstelle der Strafabteilung, auf der der Eingang des Urteils für den xx.xx.xxxx vermerkt wurde.

Am xx.xx.xxxx benannte der Verteidiger des I2 L3 das eingelegte Rechtsmittel als Sprungrevision und beantragte die Aufhebung und Zurückverweisung des Urteils vom xx.xx.xxxx. Er rügte die Verletzung formellen und materiellen Rechts sowie einen Verstoß gegen § 338 Nr. 7 StPO.

Unter dem xx.xx.xxxx gab die Angeklagte aufgrund der Ausführungen des Angeklagten in der Revisionsbegründung eine dienstliche Stellungnahme ab. Diese lautete:

"Der Eingangsvermerk der Geschäftsstelle wird richtig sein. Ich fertige meine Urteile selber. An Besonderheiten beim Abfassen des vorliegenden Urteils kann ich mich nicht erinnern. Die Verfügung bezüglich des Rechtsmittels datiert vom 09.03.2018. Am gleichen Tag wurde laut Computer-System auch die Datei mit dem Urteil erstellt. Warum die Akte gleichwohl erst am xx.xx.xxxx auf der Geschäftsstelle eingegangen ist, kann nicht mehr nachvollzogen werden."

In einer dienstlichen Stellungnahme vom xx.xx.xxxx erklärte Justizamtsinspektor F1, dass die Ausführungen des Verteidigers in dessen Revisionsbegründung zutreffend und der Eingang des Urteils mit Datum xx.xx.xxxx zutreffend bescheinigt worden sei.

Unter dem xx.xx.xxxx gab die Angeklagte eine ergänzende dienstliche Stellungnahme ab. Diese hatte folgenden Inhalt:

"Die von mir gefertigten Urteile nebst Verfügung werden üblicherweise unmittelbar nach Fertigstellung von mir unterschrieben und in den Geschäftsgang gegeben, indem ich die Akten auf den Aktenbock zum Abtragen lege. Vorliegend sind mir keine Umstände erinnerlich, die zu einer Abweichung von der dargestellten üblichen Vorgehensweise geführt haben."

Beide dienstlichen Stellungnahmen entsprachen nicht der Wahrheit. Die entsprechenden Handlungen der Angeklagten erfolgten, um die Überschreitung der § 275 Abs. 1 StPO genannten Frist zu verschleiern und um der Revision die Tatsachengrundlage zu nehmen.

Die Generalstaatsanwaltschaft in I3 beantragte daraufhin unter dem xx.xx.xxxx die Revision des I2 L3 als unbegründet zu verwerfen, weil diese den dienstlichen Stellungnahmen der Angeklagten Glauben schenkte und davon ausging, dass das Urteil tatsächlich von der Angeklagten am xx.xx.xxxx auf den Abtrag im Dienstzimmer gelegt und somit rechtzeitig zu den Akten gebracht worden war. Nach dieser Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft erörterte I2 L3 mit seinem Verteidiger die Chancen und Risiken der Weiterverfolgung der Revision. Auf Anraten seines Verteidigers nahm I2 L3 die Revision am xx.xx.xxxx zurück, obgleich der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO objektiv vorlag.

c) Tat zu Ziffer 3 (Az. 54 Ds - 408 Js 221/17 - 79/17)

Am xx.xx.xxxx erging gegen U1 I4 Haftbefehl. Nachdem er einige Tage Untersuchungshaft verbüßt hatte, wurde der Haftbefehl zunächst am xx.xx.xxxx außer Vollzug gesetzt.

Unter dem xx.xx.xxxx wurde U1 I4 durch die Staatsanwaltschaft I1 wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 angeklagt. Zudem wurde er am xx.xx.xxxx durch die Staatsanwaltschaft I1 vor dem Amtsgericht - Strafrichter - in M1 wegen sexuellen Übergriffs angeklagt. Zu einem ersten von der Angeklagten anberaumten Hauptverhandlungstermin am xx.xx.xxxx war U1 I4 nicht erschienen. Es wurde sodann für den xx.xx.xxxx ein neuer Hauptverhandlungstermin anberaumt, der damit endete, dass U1 I4 zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde und der Haftbefehl vom xx.xx.xxxx wieder in Vollzug gesetzt wurde.

Gegen dieses Urteil legte der Verteidiger von U1 I4 am xx.xx.xxxx Berufung ein. Trotz des Umstands, dass die Frist des § 275 Abs. 1 StPO mit Ablauf des xx.xx.xxxx endete, fertigte die Angeklagte zunächst kein schriftliches Urteil. Obgleich U1 I4 weiterhin Untersuchungshaft verbüßte und die Staatsanwaltschaft I1 unter dem xx.xx.xxxx, unter dem xx.xx.xxxx sowie dem xx.xx.xxxx den Sachstand erfragte und angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogenen viermonatigen Untersuchungshaft um beschleunigte Bearbeitung bat, verfasste die Angeklagte erst zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt nach der ersten Sachstandsanfrage ein schriftliches Urteil, welches erst am xx.xx.xxxx zu den Akten gelangte, wobei die Angeklagte unter den schriftlichen Urteilsgründen verfügte:

"II.

Anzufertigen für die Akte

Abschrift des Urteils zu Ziffer I.

M1, xx.xx.xxxx

Amtsgericht

U2

Richterin am Amtsgericht"

Die Verfügung hatte die Angeklagte indes absichtlich zurückdatiert. Durch diese Maßnahme wollte die Angeklagte den Eindruck erwecken, dass sie das Urteil rechtzeitig, nämlich am xx.xx.xxxx, zu den Akten gebracht hatte und ihr kein Fehler unterlaufen war. Flankiert wurde dies durch die wahrheitswidrige Verfügung der Angeklagten vom xx.xx.xxxx, in der die Angeklagte auf der Rückseite des am xx.xx.xxxx zur Akte gelangten Urteils wahrheitswidrig verfügte, dass das Urteil rechtzeitig abgefasst und lediglich versäumt worden sei, die Zustellung des Urteils zu verfügen. Tatsächlich wurde am xx.xx.xxxx der Eingang der Akte durch die Geschäftsstelle vermerkt. Nachdem die Akte kurz darauf dem Landgericht I1 vorgelegt und ein Termin für den xx.xx.xxxx anberaumt worden war, wurde die Berufung am xx.xx.xxxx aufgrund von weiteren anhängigen Verfahren am Amtsgericht C3 zurückgenommen.

d) Tat zu Ziffer 4 (Az. 54 Ds - 512 Js 35/19 - 61/19 AG M1)

Unter dem xx.xx.xxxx wurde N2 N3 vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, durch drei selbstständige Handlungen, zum einen eine vorsätzliche Körperverletzung, zum anderen eine versuchte gefährliche Körperverletzung sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen zu haben.

Die Angeklagte beraumte für den xx.xx.xxxx eine Hauptverhandlung an und verurteilte N2 N3 an deren Ende wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,00 Euro. Am xx.xx.xxxx legte der Verteidiger gegen dieses Urteil Berufung ein. Die Angeklagte brachte das schriftliche Urteil innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO, die mit Ablauf des xx.xx.xxxx endete, nicht zu den Akten. Nachdem der Verteidiger des N2 N3 unter dem xx.xx.xxxx nach dem Sachstand fragte und mitteilte, dass in der Sache insbesondere kein Urteil vorliegen würde, bemerkte die Angeklagte ihren Fehler. Um diesen zu verschleiern, fertigte sie das Urteil nunmehr an und fügte am Schluss des Urteils eine Verfügung mit folgendem Inhalt bei:

"II.

Anzufertigen für die Akte

Abschrift des Urteils zu Ziffer I.

M1, xx.xx.xxxx

U2

Richterin am Amtsgericht"

Ferner datierte die Angeklagte eine Zustellungsverfügung in der Akte auf den xx.xx.xxxx zurück und legte die Akte anschließend zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls aber bis zum xx.xx.xxxx, auf der Strafabteilung des Amtsgerichts bewusst in ein falsches Fach der Registratur, nämlich das Terminfach für Jugendsachen (Abteilung 55) welche ebenfalls durch Justizamtsinspektor F1 bearbeitet wurden. Dadurch beabsichtigte die Angeklagte, von ihrem einem eigenen Fehlverhalten abzulenken und eine Fehlleistung des Justizamtsinspektors F1 zu vorzutäuschen. Dieser fand die von der Angeklagten bewusst "verfächerte" Akte am xx.xx.xxxx bei einer routinemäßigen Durchsicht und notierte im Rubrum den Eingang auf der Geschäftsstelle am xx.xx.xxxx.

Nachdem die Strafakte sodann unter dem xx.xx.xxxx durch die Staatsanwaltschaft I1 an das Landgericht I1 unter Hinweis auf die eingelegte Berufung übersandt worden war, wurde das Verfahren unter dem xx.xx.xxxx durch Beschluss des Vorsitzenden der 7. Kleinen Strafkammer gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 700,00 Euro vorläufig eingestellt. Die endgültige Einstellung gemäß § 153a StPO erfolgte sodann am xx.xx.xxxx nach vollständiger Zahlung der vorgenannten Geldauflage.

e) Tat zu Ziffer 6 (Az. 54 Ds - 674 Js 1210/15 - 85/15)

Unter dem xx.xx.xxxx wurde B1 Q2 vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 wegen Diebstahls angeklagt. Es folgte sodann unter dem xx.xx.xxxx eine weitere Anklage gegen ihn vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 wegen fünffachen Erschleichens von Leistungen und eine dritte Anklage vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 vom xx.xx.xxxx wegen Diebstahls in fünf Fällen. Am xx.xx.xxxx wurde er erneut wegen Erschleichens von Leistungen vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 angeklagt, ehe er unter dem xx.xx.xxxx wegen siebenfachen Erschleichens von Leistungen vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1, angeklagt wurde. Schließlich wurde unter dem xx.xx.xxxx ein Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren gegen B1 Q2 gestellt, mit dem ihm ein weiterer Diebstahl vorgeworfen wurde.

Die Angeklagte erließ in den fünf vorgenannten Anklageschriften am xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx bzw. xx.xx.xxxx jeweils Eröffnungsbeschlüsse und beraumte für den xx.xx.xxxx Hauptverhandlungstermin an, in dem die einzelnen Verfahren verbunden wurden. Am Schluss der mündlichen Verhandlung wurde B1 Q2 wegen Diebstahls und Erschleichens von Leistungen in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und wegen Diebstahls in zwei Fällen und Erschleichens von Leistungen in sechs Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Gegen das Urteil legte die Verteidigerin des B1 Q2 am xx.xx.xxxx Berufung ein.

Gleichwohl fasste die Angeklagte kein schriftliches Urteil ab. Stattdessen nahm sie die Akte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt mit zu sich nach Hause. Dort verbrachte Sie die Akte zu einem ebenfalls nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt in einen Umzugskarton, den sie schließlich in dem zu ihrer Wohnung gehörenden Kellerraum deponierte, um die Akte nicht mehr bearbeiten zu müssen. Die Akte wurde im Zuge der oben beschriebenen Durchsuchung der Wohnung und des Kellerraums der Angeklagten am xx.xx.xxxx aufgefunden.

Unter dem xx.xx.xxxx fragte die Staatsanwaltschaft I1 - nach fünf vorangegangenen Sachstandsanfragen - eindringlich nach dem Sachstand und zeigte sich offenkundig erbost darüber, dass nach über einem Jahr kein Urteil zur Akte gelangt war. Die Angeklagte fertigte sodann am xx.xx.xxxx einen Vermerk, in dem sie wahrheitswidrig behauptete, dass sie die Akte zuletzt mit dem Urteil in Händen gehalten und die Zustellung des Urteils aufgrund der Rechtsmitteleinlegung verfügt habe. Zudem habe sie noch einen Verfügungsvordruck für die Verfügung bei Rechtsmitteln in Strafsachen ausgefüllt und unterschrieben. Die Akte sei seitdem aber verschwunden und der Verbleib lasse sich nicht mehr klären. Eine digitale Kopie des Urteils sei ebenfalls nicht (mehr) vorhanden.

Dadurch, dass sich die Akte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Geschäftsgang befand, zeigte Justizamtsinspektor F1 am xx.xx.xxxx den Verlust der Akte gegenüber der Verwaltung des Amtsgerichts M1 an. Die Akte wurde sodann bis zum xx.xx.xxxx rekonstruiert und anschließend dem Landgericht I1 aufgrund des von der Verteidigerin des B1 Q2 eingelegten Rechtsmittels zugeleitet. Der Vorsitzende der 8. kleinen Strafkammer vermerkte daraufhin, dass das Urteil des Amtsgerichts noch nicht zugestellt worden sei und die Verteidigerin noch die Wahl des Rechtsmittels habe. Sodann verfügte er die Rücksendung der Akte zur Zustellung des Urteils bzw. Tenors. Mit Eingangsstempel vom xx.xx.xxxx reichte die Angeklagte ein Urteil ohne Gründe zu den Akten, dass schließlich unter dem xx.xx.xxxx von der Staatsanwaltschaft I1 dem Landgericht I1 vorlegt wurde.

Das Verfahren wurde sodann auf Antrag der Staatsanwaltschaft I1 mit Beschluss der 8. Kleinen Strafkammer des Landgerichts I1 vom xx.xx.xxxx gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Zur Begründung führte die Kammer u.a. aus:

"Das Verfahren wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft vorläufig eingestellt, weil angesichts des Zeitablaufs, des der Justiz anzulastenden Verfahrensgangs und der zumindest teilweise gesamtstrafenfähigen Verurteilung durch das AG M1 vom xx.xx.xxxx zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten die in diesem Verfahren zu erwartende Strafe nicht mehr beträchtlich ins Gewicht fallen würde. (...)"

f) Tat zu Ziffer 7 (Az. 54 Ds - 600 Js 953/17 - 1/18)

Unter dem xx.xx.xxxx wurden T2 T3 T3 und G1 L4 vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 wegen versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls angeklagt. Nachdem die Angeklagte die Anklage unter dem xx.xx.xxxx zur Hauptverhandlung zugelassen hatte, wurde am xx.xx.xxxx ein Hauptverhandlungstermin gegen T2 T3 T3 und G1 L4 durchgeführt, an deren Ende T2 T3 T3 wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 20,00 Euro und G1 L4 wegen Beihilfe zum versuchten Diebstahl zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,00 Euro verurteilt wurde.

Gegen dieses Urteil legte G1 L4 am xx.xx.xxxx Berufung ein.

Ein schriftliches Urteil fertigte die Angeklagte indes nicht an, sondern nahm die Akte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt mit zu sich nach Hause. Dort verbrachte Sie die Akte zu einem ebenfalls nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt in einen Umzugskarton, den sie schließlich in ihrem zur Wohnung gehörenden Kellerraum deponierte, um die Akte nicht mehr bearbeiten zu müssen und sie dem Geschäftsgang zu entziehen. Die Akte wurde im Zuge der oben beschriebenen Durchsuchung der Wohnung und des Kellerraums der Angeklagten am xx.xx.xxxx aufgefunden.

Eine Vielzahl von Anfragen der Staatsanwaltschaften I1 (vom xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx), E1 (xx.xx.xxxx) wurden der Angeklagten zwar noch im Dienstzimmer ohne Akten vorgelegt, von dieser allerdings ebenfalls mit nach Hause genommen und dort in ihrem Keller gemeinsam mit anderen Bestandteilen von verschiedenen Verfahrensakten lose in einen Umzugskarton gelegt.

Nachdem die Akten und Aktenbestandteile anlässlich der am xx.xx.xxxx durchgeführten Durchsuchung bei der Angeklagten aufgefunden und sichergestellt worden waren, gelangten diese wieder in den Geschäftsgang. Die Staatsanwaltschaft I1 beantragte sodann unter dem xx.xx.xxxx die Berufung gemäß § 357 StPO analog auf den Mitangeklagten T2 T3 T3 zu erstrecken. Das Berufungsverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen.

g) Tat zu Ziffer 8 (Az. 54 Ds - 514 Js 56/17 - 44/18)

Am xx.xx.xxxx wurde H4 Q3 geb. Q4 durch die Staatsanwaltschaft I1 vor dem Amtsgericht - Strafrichter - M1 wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Nachdem die Anklage unter dem xx.xx.xxxx durch die Angeklagte zur Hauptverhandlung zugelassen worden war, wurde am xx.xx.xxxx ein erster Hauptverhandlungstermin und am xx.xx.xxxx ein Fortsetzungstermin gegen H4 Q3 durchgeführt, an deren Ende der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil legte der Verteidiger des H4 Q3 am xx.xx.xxxx Berufung ein.

Die Angeklagte bearbeitete die Akte allerdings anschließend nicht mehr und fertigte insbesondere kein schriftliches Urteil an, obgleich die Staatsanwaltschaft I1 unter dem xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx mehrmals nach dem Sachstand fragte. Vielmehr nahm sie die Akte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt mit zu sich nach Hause. Dort verbrachte Sie die Akte zu einem ebenfalls nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt in einen Umzugskarton, den sie schließlich in ihrem zur Wohnung gehörenden Kellerraum deponierte, um die Akte nicht mehr bearbeiten zu müssen und sie dem Geschäftsgang zu entziehen. Die Sachstandsanfragen der Staatsanwaltschaft I1 vom xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx, xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx legte die Angeklagte als lose Blätter separat ebenfalls in einen der beiden Umzugskartons in ihren Keller, wo sie im Zuge der oben beschriebenen Durchsuchung der Wohnung und des Kellerraums der Angeklagten am xx.xx.xxxx zusammen mit der Akte aufgefunden wurden.

Nachdem die Akte im Zuge der Wohnungsdurchsuchung im Keller der Angeklagten aufgefunden und sichergestellt werden konnte, gelangten die Akten wieder in den Geschäftsgang. Die Staatsanwaltschaft I1 legte die Akte sodann aufgrund des gesprochenen Urteils unter dem xx.xx.xxxx dem Landgericht I1 zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde anschließend bezüglich einer noch in der Akte vorhandenen Nebenklage zunächst der Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme zugleitet, die Nebenklage schließlich unter dem xx.xx.xxxx zugelassen und ein Hauptverhandlungstermin für den xx.xx.xxxx anberaumt.

h) Tat zu Ziffer 11 (Az. 5 F 950/17)

Unter dem xx.xx.xxxx stellte W1 S2 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - M1 einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gegen seine minderjährigen Kinder B2 S2, M4 S2 und B3 S2, die jeweils durch ihre Mutter, D1 S2, gesetzlich vertreten wurden. Inhalt des Antrages war ein geltend gemachter Anspruch auf Anpassung / Herabsetzung des an seine Kinder zu leistenden Unterhalts.

Die Angeklagte leitete den Antrag unter dem xx.xx.xxxx den Antragsgegnern zur Stellungnahme zu, die unter dem xx.xx.xxxx beantragten, den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurückzuweisen. Nachdem der Antragsteller hierauf unter dem xx.xx.xxxx erwiderte, erließ die Angeklagte am xx.xx.xxxx einen Hinweisbeschluss, mit dem der Antragsteller darauf hingewiesen wurde, dass er seine fehlende Leistungsfähigkeit näher darzulegen habe und sein bisheriges Vorbringen zu unsubstantiiert ausfalle.

Nachdem die Beteiligten unter dem xx.xx.xxxx , xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx noch zur Akte schrieben, meldete sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner und teilte mit, dass er von der Antragstellerseite insgesamt sechs Schriftsätze erhalten habe, die sämtlich nicht weitergeleitet worden seien. Obgleich der Verfahrensbevollmächtigte eine Äußerungsfrist gesetzt hatte, geschah auch in den kommenden Wochen nichts mehr. Vielmehr leitete die Mutter der vorbenannten Kinder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller wegen unterbliebener Unterhaltszahlungen ein. Auch in den darauffolgenden Wochen erfolgte keine Sachentscheidung durch die Angeklagte, so dass der Antragsteller unter dem xx.xx.xxxx eine Untätigkeitsbeschwerde einlegte. Nachdem das Oberlandesgericht I3 unter dem xx.xx.xxxx mitteilte, dass eine derartige Beschwerde nicht statthaft sei, nahm der Antragsteller seinen Antrag unter dem xx.xx.xxxx zurück.

Am xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx erbat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner zum einen um Rückruf und fragte zum anderen nach dem Sachstand, ehe die

Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der Familienabteilung unter dem xx.xx.xxxx vermerkte, dass die Akte nicht aufzufinden und seit dem xx.xx.xxxx auf die Angeklagte ausgetragen sei.

Nachdem anschließend mit der Rekonstruktion der Akte begonnen worden war, stellte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner am xx.xx.xxxx erneut eine Sachstandsanfrage.

Zwischenzeitlich hatte die Direktorin des Amtsgerichts L2 das Dezernat der Angeklagten übernommen. Die Direktorin des Amtsgerichts teilte den Verfahrensbevollmächtigten mit undatierter Verfügung mit, dass verschiedene Aktenbestandteile in Verlust geraten seien und die Angeklagte das Verfahren nicht bearbeitet habe. Schließlich wurde für den xx.xx.xxxx ein Verhandlungstermin anberaumt, der indes nicht mehr erforderlich war, weil sich die Beteiligten zwischenzeitlich auf einen Vergleich geeinigt hatten, der unter dem xx.xx.xxxx gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 278 Abs. 6 ZPO protokolliert wurde.

Tatsächlich hat die Angeklagte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt die Akte mit zu sich nach Hause genommen. Dort verbrachte Sie die Akte zu einem ebenfalls nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt in einen Umzugskarton, den sie schließlich in ihrem zur Wohnung gehörenden Kellerraum deponierte, um die Akte nicht mehr bearbeiten zu müssen und sie dem Geschäftsgang zu entziehen. Die Akte wurde im Zuge der oben beschriebenen Durchsuchung am xx.xx.xxxx zusammen mit den übrigen Akten im Keller der Angeklagten aufgefunden. Auch die weiteren verfahrensgegenständliche Schriftsätze der Beteiligten, zwei Schriftsätze vom xx.xx.xxxx sowie jeweils ein Schriftsatz xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx nahm die Angeklagte aus dem Geschäftsgang und verbrachte die jeweiligen Schriftstücke zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt nach Eingang der Schriftsätze beim Amtsgericht M1 zu sich nach Hause und legte diese sodann im Keller in einen der Umzugskartons.

i) Tat zu Ziffer 13 (Az. 5 F 90/18)

Mit Schriftsatz vom xx.xx.xxxx stellte C4 I5 einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gegen Dr. P2 I5, der in der Sache einen Stufenantrag betraf, mit dem der Antragsteller auf der ersten Stufe einen Auskunftsanspruch und auf der zweiten Stufe einen Ausgleichsanspruch nach Maßgabe der Auskunft ab dem xx.xx.xxxx begehrte. Die Angeklagte leitete den Antrag unter am xx.xx.xxxx zunächst zur Stellungnahme an die Antragsgegnerin weiter, die am xx.xx.xxxx auf den Antrag erwiderte. Nachdem der Antragsteller unter dem xx.xx.xxxx die Replik zur Akte reichte, bewilligte die Angeklagte - nachdem der Antragsteller unter dem xx.xx.xxxx eine Sachstandsanfrage an das Gericht gerichtet hatte - am xx.xx.xxxx Verfahrenskostenhilfe und leitete das schriftliche Vorverfahren ein.

Unter dem xx.xx.xxxx erließ die Angeklagte einen Hinweisbeschluss und regte insbesondere an, den Auskunftsanspruch anzuerkennen. Nachdem die Antragsgegnerin unter dem xx.xx.xxxx auf den Hinweis erwidert und auch der Antragsteller unter dem xx.xx.xxxx Ausführungen gemacht hatte, beraumte die Angeklagte unter dem xx.xx.xxxx einen Güte- und Verhandlungstermin am xx.xx.xxxx an.

Hiernach bearbeitete sie die Sache allerdings nicht mehr, sondern nahm die Akte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt mit zu sich nach Hause. Dort verbrachte Sie die Akte zu einem ebenfalls nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt in einen Umzugskarton, den sie schließlich in ihrem zur Wohnung gehörenden Kellerraum deponierte, um die Akte nicht mehr bearbeiten zu müssen und sie dem Geschäftsgang zu entziehen. Verschiedene Sachstandsanfragen der Antragsgegnerin beantwortete die Angeklagte ebenso wenig wie die Schriftsätze vom xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx, mit denen um Übersendung des Protokolls der Verhandlung bzw. um Festsetzung des Verfahrenswert ersucht wurde, sondern nahm die Anfragen als lose Blätter mit nach Hause und legte sie ebenfalls in einen der Umzugskartons.

Nachdem die Akte im Zuge der Durchsuchung der Wohnung bzw. des Kellerraumes der Angeklagten aufgefunden wurde, gelangte diese wieder in den Geschäftsgang und am xx.xx.xxxx wurde ein Güte- und Verhandlungstermin durch die Direktorin des Amtsgerichts L2 abgehalten. Diese teilte im Rahmen der Sitzung mit, dass der Termin am xx.xx.xxxx wohl noch durchgeführt worden sei, wobei weder das Protokoll des Termins zu den Akten gelangt noch dem Verfahren im Anschluss an den Termin Fortgang gegeben worden sei. Da der Antragsteller zu diesem Termin ohne seinen Rechtsanwalt erschienen war, wurde sein Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Auskunft über ihr Einkommen zu erteilen, am Schluss der Sitzung durch Teil-Versäumnisbeschluss zurückgewiesen. Hiergegen legte der Antragsteller form- und fristgerecht Einspruch ein. Das Verfahren endete am xx.xx.xxxx mit einem Schlussbeschluss, mit dem der Teil-Versäumnisbeschluss aufrechterhalten wurde.

j) Tat zu Ziffer 14 (Az. 51 F 600/18 SO AG C5)

Unter dem xx.xx.xxxx übersandte das Amtsgericht C5 unter dem Aktenzeichen 51 F 600/18 SO einen Sorgerechtsantrag an das Amtsgericht M1, für den die Angeklagte zuständig war. Obwohl sie zunächst nur über die Übernahme des Verfahrens hätte entscheiden müssen, bearbeitete sie das Verfahren nicht.

Vielmehr nahm die Angeklagte die Akte zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt mit zu sich nach Hause. Dort verbrachte Sie die Akte zu einem ebenfalls nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt in einen Umzugskarton, den sie schließlich in ihrem zur Wohnung gehörenden Kellerraum deponierte, um die Akte nicht mehr bearbeiten zu müssen und sie dem Geschäftsgang zu entziehen. Dort wurden sie zusammen mit den übrigen Akten bei der Durchsuchung am xx.xx.xxxx aufgefunden. Ob und wie das Verfahren geendet hat, konnte nicht festgestellt werden.

k)

Nachdem im Zusammenhang mit der außerordentlichen Geschäftsprüfung bemerkt worden war, dass Akten fehlten, wurde sie von der stellvertretenden Direktorin des Amtsgerichts, Richterin am Amtsgericht C2 auf den Verbleib der Akten angesprochen. Die Angeklagte händigte daraufhin weitere Akten aus, die sich noch bei ihr zu Hause befunden hatten. Auf die ausdrückliche Frage von Frau C2, ob sie noch weitere Akten bei sich zu Hause habe, erklärte die Angeklagte im Wissen darum, dass sich die unter II. 2 e) - j) aufgeführten Akten in ihrem Keller befanden, wahrheitswidrig, dass sich bei sich zu Hause keine weiteren Akten mehr habe.

3. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit

Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Angeklagten war bei keiner der Taten weder aufgehoben noch auch nur erheblich eingeschränkt.

III.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme.

1. Feststellungen zur Person

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen zum einen auf der Einlassung der Angeklagten sowie zum anderen auf den zeugenschaftlichen Angaben des Sachverständigen Dr. med. H5 in seinem in der mündlichen Verhandlung erstatteten Sachverständigengutachten, der den Werdegang der Angeklagten anhand ihrer Angaben im Rahmen der Explorationen, wie festgestellt, geschildert hat. Die Angeklagte hat die Richtigkeit der Angaben des Sachverständigen ausdrücklich bestätigt.

Dass die Angeklagte bislang nicht vorbestraft ist, folgt aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen, die Angeklagte betreffenden Auszug aus dem Bundeszentralregister.

2. Feststellungen zur Sache

Die unter "II." zur Sache getroffenen Feststellungen zur Sache beruhen zum einen auf der geständigen Einlassung der Angeklagten, soweit dieser gefolgt werden konnte, und im Übrigen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, deren Umfang und Förmlichkeiten sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben.

Die Angeklagte hat sich wie folgt eingelassen:

a)

Sie könne bezüglich der Taten zu Ziffer 3 bis 14 sagen, dass die objektiven Vorwürfe stimmen würden. Sie wolle allerdings hervorheben, dass sie niemals "Larifari" entschieden habe, sondern stets einen hohen Anspruch an sich gehabt habe. Sie habe bei der Aktenführung stets kurze Fristen gesetzt und zügig gearbeitet, wenngleich ihr Schreibtisch sicherlich unordentlich gewirkt habe. Irgendwann habe sie allerdings bezüglich der betreffenden Akten eine gewisse Blockade entwickelt und sich selbst immer wieder gesagt, dass sie die betreffenden Akten später bearbeite. Irgendwann sei aus "später" allerdings "viel, viel später" geworden, wobei sie sich insbesondere nicht erklären könne, weshalb insbesondere die vorliegend festgestellten Verfahren betroffen waren. Sie habe sich nach ihrer Krankschreibung über einen Zeitraum von mittlerweile mehr als einem Jahr in wöchentlichen Therapiesitzungen versucht, gemeinsam mit ihrem Therapeuten ein Muster bzw. Gemeinsamkeiten der Akten zu entdecken, habe aber keine gefunden. Es sei jedenfalls so gewesen, dass sie mit der Zeit die Akten regelrecht ausgeblendet habe. Sie habe zwar noch irgendwie gesehen, dass die Akten zur Bearbeitung vorliegen würden, habe diese aber nicht mehr angehen können, selbst wenn sie kurz darüber nachgedacht habe. Auch nachdem sie auf einzelne Akten angesprochen worden sei, habe sie danach die Akten nicht bearbeitet.

Soweit ihr allerdings vorgeworfen werde, dass sie eine Akte bewusst "verfächert" habe, um davon abzulenken, dass sie die Akte nicht bearbeitet habe, sei dies unrichtig. So etwas habe sie nie getan. Allerdings sei es zutreffend, dass sie bezüglich der Tat zu Ziffer 3 und 4 bewusst abweichende Daten auf die Verfügung geschrieben habe, um eine rechtzeitige Bearbeitung zu suggerieren.

Auch der Vorwurf bezüglich der in ihrem Keller aufgefundenen Verfahrensakten sei zwar hinsichtlich des Umstandes, dass diese im Keller gelagert hätten, zutreffend, habe sich im Übrigen aber abweichend dargestellt:

Sie habe die betreffenden Akten einzeln zunächst am Wochenende in einer Tasche mit nach Hause genommen, weil sie sich selbst gesagt habe, dass sie diese dann am Wochenende ansehen und bearbeiten könne. Indes habe sie die Akten dann zuhause lediglich abgelegt und in der Woche darauf dann wieder unbearbeitet mit ins Gericht genommen. Dieses Verhalten habe sich bezüglich der einzelnen Akten mehrfach wiederholt, ehe sie sich gedacht habe, dass sie die Akten abends innerhalb der Arbeitswoche bearbeiten könne. Allerdings habe sie die Akten dann abends nicht angerührt und irgendwann in der Wohnung stehen gelassen. Eines Tages habe sie die Tasche mit mehreren Akten zuhause dann weggeräumt und später in die Kartons verbracht, die dann später im Keller gefunden worden seien. Als sie seitens der Verwaltung des Amtsgerichts Anfang des Jahres xxxx dazu aufgefordert worden sei, sämtliche Akten wieder zurückzugeben, habe sie dieser Anweisung umgehend Folge geleistet und andere bei ihr in der Wohnung befindliche Akten zurückgegeben. Sie habe lediglich nicht mehr an die Akten im Keller gedacht und sei sich diesen nicht mehr bewusst gewesen, weil sie die Akten möglicherweise im Zuge eines Umzuges, der zweieinhalb Jahre zurückliege, dort vergessen habe. Deshalb sei sie im Rahmen der Durchsuchung auch entspannt gewesen. Erst als der Keller geöffnet worden sei, seien ihr die Akten wieder eingefallen.

Sie habe aber letztlich niemandem schaden wollen. Ihr gesamtes Handeln sei Ausfluss der Arbeitsblockade gewesen. Dennoch hätten die Taten niemals geschehen dürfen.

b)

Bezüglich der Tat zu Ziffer 1 hat sich die Angeklagte dahingehend eingelassen, dass sie sich an den Vorgang nicht mehr erinnern könne. Sie wisse über den Vorgang einfach nichts mehr, dieser sei "wie gelöscht". Ob es daher so wie in der Anklageschrift beschrieben abgelaufen sei und was sie dazu gedacht habe, könne sie nicht sagen. Es sei ihr aber klar, dass es so, wie es in der Anklageschrift aufgeführt worden sei, selbstverständlich in keiner Weise ablaufen dürfe. Sie könne sich lediglich daran erinnern, dass die damals angeklagte Person die Fahrereigenschaft wohl bestritten habe. Sie habe damals auch ein Verwerfungsurteil erlassen können, was ebenfalls prozessual falsch gewesen wäre, allerdings könne sie den Vorfall schlicht nicht mehr erinnern.

Auf Nachfrage, wie sich erkläre, dass zwei Protokollseiten in ihrem Dienstzimmer aufgefunden worden seien, erklärte die Angeklagte, dass sie sich dies nicht erklären könne und sich keine Geschichte ausdenken wolle. Sie könne es weder verstehen noch nachvollziehen. Obgleich sie über die Sache lange mit ihrem Therapeuten gesprochen habe, sei ihr eine Erklärung mangels Erinnerung nicht möglich.

Es gebe bezüglich der verfahrensgegenständlichen Akte keinen roten Faden. Ihr Therapeut sei aber davon ausgegangen, dass es eine Blockade gegeben habe. Ihr "Überich" habe die Erwartung geschürt, allem gerecht werden zu müssen. Diesbezüglich habe ihr Unterbewusstsein dem entgegengesteuert und dadurch die Blockade geschaffen.

Auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft, dass eine vorgeworfene Manipulation der Akten schwerlich mit einer Blockade erklärt werden könne, ließ sich die Angeklagte lediglich dahingehend ein, dass sie sich aufgrund der Blockade nicht mit der Akte habe auseinandersetzen wollen.

c)

Hinsichtlich der angeklagten Tat zu Ziffer 2 hat sich die Angeklagte dahingehend eingelassen, dass sie an die Tat keine genaue Erinnerung mehr habe. Sie könne sich lediglich daran erinnern, dass ein Kollege der Service-Einheit - sie meine, dies sei der Zeuge Justizamtsinspektor F1 gewesen - an sie herangetreten sei und gemeint habe, dass sie laut TSJ das Urteil am xx.xx.xxxx erstellt habe, er das Urteil aber erst jetzt erhalten habe. Sie habe dem Kollegen dann gesagt, dass er dann entsprechend auf dem heutigen Tag stempeln müsse. Sofern sie ein Urteil geschrieben habe, habe sie dieses immer erst in Word vorgeschrieben, dieses dann in das Textverarbeitungsprogramm TSJ hineinkopiert und dann freigegeben. Sie könne sich nicht vorstellen, dass sie das Urteil einen Monat habe herumliegen lassen, zumal das Rubrum am xx.xx. erstellt worden sei. Sie könne sich die zeitliche Diskrepanz zwischen Erstellung des Urteils und Eingang auf der Service-Einheit daher nicht erklären.

d)

Es habe sicherlich auch unangenehme Akten gegeben und es sei auch vorgekommen, dass einzelne Akten einmal zwei bis drei Wochen gelegen hätten, dann habe sie diese aber bearbeitet. Es sei diesbezüglich auf die Gesamtumstände angekommen: So habe sie nach anstrengenden Sitzungstagen keine komplizierten Verfahren, beispielsweise aufwändige Unterhaltssachen im Familienrecht, mehr bearbeitet.

Auch im Übrigen sei ihre Arbeitsbelastung - und die ihrer richterlichen Kollegen - konstant geblieben und im Rahmen der Jahresgeschäftsverteilung immer wieder überprüft worden. Die Belastung sei bei allen Kollegen in etwa gleich gewesen, eine Überforderung oder Überlastung habe sie weder verspürt noch angezeigt, zumal der Terminvorlauf gering gewesen sei.

Erste Nachfragen habe es gegeben, als in etwa das Disziplinarverfahren gegen sie im Jahr xxxx begonnen habe. Damals sei ein Kollege, der Zeuge Richter am Amtsgericht M2, auf sie zugekommen und habe nachgefragt, ob es sein könne, dass sie Urteile nicht bearbeitet habe. Sie habe dann nur nett gelächelt und gesagt, dass sie mal gucken müsse. Der Kollege habe sich dann Gedanken gemacht und gesagt, dass er sie so nicht kennen würde. Er habe ihre Reaktion auf seine Nachfrage als erschreckend empfunden. Er habe dann wohl auch einen befreundeten Arzt diesbezüglich gefragt und ihr dann geschildert, dass mit ihr etwas nicht stimmen würde.

Auch wenn sie einmal durch Kollegen aus dem nichtrichterlichen Dienst nach dem Verbleib einzelner Akten gefragt worden sei, sofern Akteneingänge vorgelegen hätten, habe sie nur erwidert, dass sie einmal nachsehen müsse. Irgendwann habe es dann aber keine Nachfragen mehr gegeben.

e)

Neben der geständigen Einlassung der Angeklagten, die die objektiven Feststellungen der Taten zu II. c) bis j) zu einem größeren Teil eingeräumt hat, beruhen die Feststellungen zu sämtlichen der unter Ziffer II. festgestellten Taten auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden, die jeweils im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt wurden und die einerseits den festgestellten Verfahrensgang der jeweiligen Verfahren in ihren wesentlichen Punkten wiedergeben und andererseits die festgestellten dienstlichen Handlungen der Angeklagten belegen.

f)

Im Übrigen ist die Kammer den Ausführungen der Angeklagten nur gefolgt, soweit diese sich nicht im Widerspruch zu den unter Ziffer II. gestellten Feststellungen gesetzt haben.

Die Kammer ist nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich die einzelnen Taten, so wie sie festgestellt wurden, zugetragen haben. Im Einzelnen:

3. Tat zu Ziffer 1 (Az. 54 Cs - 469 Js 1036/17 - 95/17)

a)

Die Feststellungen zum äußeren Geschehensablauf der Tat zu Ziffer 1, insbesondere hinsichtlich der Tatsache, dass das in der Akte befindliche Protokoll gefälscht war, während die im Büro der Angeklagten aufgefundenen Protokollblätter den tatsächlichen Verfahrensgang der Verhandlung vom xx.xx.xxxx wiedergeben, beruhen auf der Aussage des Zeugen Justizamtsinspektor O2.

Der Zeuge schilderte, dass er zum einen Mitarbeiter der Verwaltung sei, aber auch alle zwei bis drei Wochen als Protokollführer in Strafverhandlungen eingesetzt werde. Eine ganz konkrete Erinnerung an die Sitzung vom xx.xx.xxxx habe er nicht mehr, weil diese dafür zu lange zurückliege, allerdings könne er zu den im Büro der Angeklagten aufgefundenen Aktenbestandteile Ausführungen machen.

So sei die Direktorin des Amtsgerichts, die Zeugin L2, ca. im Juli xxxx im Dienstzimmer der Angeklagten gewesen und habe dort unter anderem einen Teil eines Protokolls einer mündlichen Verhandlung aufgefunden. Konkret sei unter anderem ein Urteilsvordruck sowie die Seite 2 des Protokolls aufgefunden worden, wobei dann - als die Geschäftsstelle dieses habe in der Akte einheften wollen - aufgefallen sei, dass in der Akte bereits ein vollständiges Protokoll vorhanden gewesen sei. Aus dem in der Akte befindlichen Protokoll habe sich ergeben, dass am Schluss der mündlichen Verhandlung vom xx.xx.xxxx beschlossen worden sei, einen neuen Termin von Amts wegen zu bestimmen, während sich aus den Protokollblättern vom xx.xx.xxxx, die im Dienstzimmer aufgefunden worden seien, ergeben habe, dass eine Zeugenvernehmung stattgefunden habe und dann am Schluss der Sitzung ein Urteil ergangen sei.

Der Zeuge bekundete unter Vorhalt der beiden Hauptverhandlungsprotokolle in der Hauptverhandlung weiter, dass er sich sicher sei, dass die im Büro der Angeklagten aufgefundenen Protokollblätter den wahren Verlauf der mündlichen Verhandlung wiedergäben, während das Protokoll, welches sich in der Akte befunden habe, gefälscht sei. Er erkenne dies daran, dass in dem Protokoll, welches bereits in der Akte gewesen sei, Seite 1 des Protokolls, anders als üblich, nicht von ihm unterschrieben sei. Hinzu trete, dass er den aus dem Textverarbeitungsprogramm der Justiz NRW vorgegebenen Protokolltext auf Seite 3 des Protokolls immer manuell abändere, sobald die Plädoyers gehalten werden. Dies sei bei dem von ihm unterzeichneten Protokoll aus dem Dienstzimmer der Angeklagten geschehen, so dass er sich sicher sei, dass in der Sache ein Urteil gesprochen worden sei. Ferner sei der Passus mit der Rechtsmittelbelehrung abweichend von der Standardformulierung formuliert worden, was er ebenfalls nur dann entsprechend so protokolliere, wenn tatsächlich ein Urteil gesprochen worden sei. Der Zeuge bestätigte schließlich, dass sich seine Unterschrift auf dem Protokoll aus dem Dienstzimmer der Angeklagten befinde.

Der Zeuge schilderte zudem, dass die jeweiligen Schriftstücke eines Verfahrens, und damit auch die Protokolle, im gerichtinternen System der Justiz NRW, "Judica", gespeichert seien. Dort könne grundsätzlich jeder gerichtsinterne Mitarbeiter Zugriff auf die einzelnen hinterlegten Dokumente des Verfahrens nehmen. Änderungen könne hierbei jeder - und damit auch die Angeklagte - vornehmen, zumal das System nicht dokumentiere, wer im Einzelnen auf die Dokumente zugreife.

Die Ausführungen des Zeugen O2 waren glaubhaft. Der Zeuge schilderte detailliert, wann das im Dienstzimmer der Angeklagten gefundene Protokoll aufgefunden wurde und welchen Inhalt die beiden Protokollfassungen aufwiesen. Hierbei konnte der Zeuge plausibel und fundiert begründen, warum das Protokoll im Dienstzimmer der Angeklagten das Originalprotokoll war, während das bereits in der Akte befindliche Protokoll eine Fälschung war. Die Kammer ist hierbei auch deshalb von der Richtigkeit der Ausführungen des Zeugen überzeugt, weil dieser von sich aus zugegeben hat, dass er sich an den konkreten Sitzungsablauf vom xx.xx.xxxx heute nicht mehr erinnern könne und damit von sich aus Erinnerungslücken preisgab. Dass der Zeuge das Datum des Betretens des Dienstzimmers der Direktorin des Amtsgerichts fälschlich auf den Juli xxxx verortete, spricht ebenfalls nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Ausführungen, da der genaue Zeitpunkt ein Randdetail betraf, welches angesichts des Zeitablaufs leicht in Vergessenheit geraten konnte. Schließlich spricht für die Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Zeugen O2, dessen fehlende überschießende Belastungstendenz. So beschränkt sich seine Aussage auf die Schilderung, seiner eigenen Wahrnehmungen, ohne das Verhalten der Angeklagten zu bewerten. Im Gegenteil machte der Zeuge deutlich, dass er die die Angeklagten als Richterin schätzte. So der Zeuge bekundete auf Nachfrage, dass er oft mit der Angeklagten in mündlichen Verhandlungen zusammengesessen habe. Er habe sie dort stets gut strukturiert und vorbereitet erlebt und es habe - anders als dies bei unerfahreneren Kollegen schon einmal vorkomme - keine Schwierigkeiten im Sitzungsverlauf gegeben.

b)

Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bezüglich der mündlichen Verhandlung vom xx.xx.xxxx und dem Umstand, dass in diesem Termin tatsächlich ein Urteil gesprochen wurde, folgen ferner aus den Schilderungen des Zeugen M3.

Zwar hat dieser in seiner Vernehmung vom xx.xx.xxxx zunächst bekundet, dass er sich an den Verfahrensablauf als damaliger Sitzungsvertreter nicht mehr erinnern könne, zumal angesichts der schieren Masse an Verfahren eine konkrete Erinnerung bei ihm nur vorliege, wenn etwas sehr außergewöhnliches passiert wäre. Dadurch, dass er im Ruhestand sei, habe er zwar intensiv versucht, sich an das in Rede stehende Verfahren zu erinnern, was ihm aber nicht gelungen sei. Er könne lediglich sagen, dass er - wenn in Abwesenheit hätte verhandeln werden sollen - die Voraussetzungen hierfür mit der Angeklagten besprochen hätte. Allerdings hätte er, wenn im Verfahren ein Urteil gesprochen worden wäre, das Terminergebnis umgehend in seiner Handakte vermerkt. Die Handakte habe er aber aufgrund des Ruhestandes nicht mehr einsehen können.

Nachdem die Kammer die Handakte des Verfahrens seitens der Staatsanwaltschaft I1 angefordert hatte, wurde der Zeuge M3 in der mündlichen Verhandlung vom xx.xx.xxxx ergänzend vernommen und erhielt zur Vorbereitung seiner Aussage auf eigenen Wunsch die Handakte ausgehändigt.

Nach Durchsicht der Handakte schilderte der Zeuge sodann, dass er damals in der mündlichen Verhandlung 60 Tagessätze á 30,00 Euro beantragt und in der Handakte vermerkt habe, dass das Gericht nach Antrag entschieden habe. Er habe dies zwar nicht auf einem Sitzungszettel der Staatsanwaltschaft I1 notiert, sondern direkt in der Handakte vermerkt. Zudem habe sich bei Durchsicht der Handakte auch wieder an Details der damaligen Sitzung erinnern können. So sei der Angeklagte im damaligen Verfahren unentschuldigt nicht erschienen, so dass er mit der heutigen Angeklagten überlegt habe, wie prozessual mit der Situation umgegangen werden könne. Eine Verwerfung des Einspruchs sei nicht in Betracht gekommen, weil ein Fortsetzungstermin vorgelegen habe. Er habe gefragt, ob eine Ladung mit entsprechendem Hinweis der Möglichkeit der Verhandlung in Abwesenheit vorgelegen habe. Dies sei - so meine er - verneint worden. Man habe dann an sich überlegt, dass die Sache vertagt werden solle, ehe man sich dann doch für die Fortsetzung entschieden habe, vermutlich weil § 231 StPO in der damaligen Fassung noch andere Voraussetzungen gehabt habe.

Die Ausführungen des Zeugen M3 sind glaubhaft. Dieser hat letztlich dezidiert beschreiben können, wie er das Terminergebnis damals notiert habe und dass ein Irrtum diesbezüglich ausgeschlossen sei. Dies erachtet die Kammer auch deshalb für plausibel, weil ein Fehler bezüglich der Tagessatzhöhe beim Notieren des Ergebnisses vorkommen mag. Dass aber fälschlicherweise als Terminergebnis ein Urteil notiert wird, obgleich tatsächlich keines gesprochen wurde, ist angesichts des diametralen Unterschiedes zwischen Urteil einerseits und der Aussetzung des Verfahrens bzw. Bestimmen eines neuen Termins andererseits, undenkbar. Für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen M3 spricht zudem, dass dieser von sich aus im Termin vom xx.xx.xxxx zugegeben hat, dass er das Verfahren ohne Einsicht in die Handakte nicht mehr erinnern könne, so dass mithin jeglicher einseitiger Belastungseifer fehlte. Dass der Zeuge erst nach Einsicht in die Handakte nähere Angaben machen konnte und sich erst dann an Details des Verfahrens erinnern konnte, erachtet die Kammer zudem für plausibel und nachvollziehbar, weil durch die Einsicht in die Handakte und die darin enthaltenen Einzelheiten vergangene Erinnerungen reaktiviert und erneut präsent werden können. Der der Zeuge hat auch nicht lediglich den Akteninhalt der Handakte wiedergegeben hat, sondern er vielmehr Details aus dem Verhandlungsverlauf konkret erinnern können, wie die Erörterungen mit der Angeklagten, wie das Ausbleiben des S1 K1 sowie dessen Verteidiger prozessual zu behandeln sei.

c)

Die Feststellungen bezüglich des Umstandes, dass am xx.xx.xxxx tatsächlich ein Urteil gesprochen wurde, und zum weiteren Gang des Verfahrens folgen schließlich aus den Ausführungen des Zeugen Oberamtsanwalts E3.

Dieser hat geschildert, dass er als Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft I1 das Verfahren in seinem Dezernat geführt habe. Er schilderte ferner, dass er im vorliegenden Verfahren nach einigen Monaten festgestellt habe, dass die Akte noch nicht vom Amtsgericht M1 zurückgesandt worden war. Normalerweise erhalte er nach der Sitzung erst die Handakte zurück und warte dann auf die Rückkehr der Akte, je nach Stand des Verfahrens. Nachdem er vorliegend Sachstandsanfragen gestellt habe, die unbeantwortet geblieben seien, habe er Anfang des Jahres xxxx mit der Angeklagten telefoniert, die ihm geschildert habe, das ein Urteil gesprochen worden sei und sie versäumt habe, die Zustellung zu verfügen, was sie nun nachholen werde.

Nachdem dann aber nach einiger Zeit immer noch kein Urteil vorgelegen habe, habe er erneut den Sachstand erfragt und die Angeklagte ein zweites Mal, Monate nach dem ersten Anruf, angerufen. Sie habe dann erklärt, dass tatsächlich kein Urteil gesprochen worden sei. Ein solches sei lediglich beabsichtigt gewesen, aber tatsächlich nicht ergangen. Dadurch, dass ihm die Angeklagte zuvor nicht negativ aufgefallen sei und diese während der Telefonate auch nicht fahrig oder verdächtig gewirkt habe, habe er die Sache für sich innerlich erledigt, da er davon ausgegangen sei, dass das Verfahren nun weiter gefördert werde. Ein Gespräch mit dem Zeugen M3 als Sitzungsvertreter habe er deshalb nicht geführt, weil dieser nur wenige Wochen nach der Sitzung vom xx.xx.xxxx in den Ruhestand getreten sei und er es nicht für notwendig erachtet habe, den Zeugen M3 - dessen Kontaktdaten er nicht gehabt habe - telefonisch zu befragen. Das Verfahren sei schließlich auch tatsächlich seitens der Angeklagten weitergeführt worden und ein weiterer Hauptverhandlungstermin abgehalten worden.

Aus der detaillierten Schilderung des Zeugen E3 folgt, dass sich die Angeklagte nach Absetzen der Urteilsfrist bewusst war, dass am xx.xx.xxxx tatsächlich ein Urteil gesprochen worden und dieses nicht zu den Akten gebracht worden war. Gleichwohl entschied sie sich zwischen den Telefonaten, den Erlass des Urteils zu verschleiern. Der Zeuge hat ruhig und sachlich von den beiden Telefonaten im Rahmen seiner Sachbearbeitung berichtet. Hierbei waren die Ausführungen stringent und widerspruchsfrei, wobei der Zeuge von sich aus Erinnerungslücken, wie den genauen Monat der Telefonate, von sich aus zugegeben hat. Dass derartige Details angesichts des Zeitablaufs und der Vielzahl der Diensthandlungen, denen der Zeuge E3 ausgesetzt ist, in Vergessenheit geraten konnte, war für die Kammer vollkommen plausibel und ein zusätzliches Wahrheitskriterium, da eine genaue Erinnerung an diese Daten ohne nähere Erklärung wenig nachvollziehbar gewesen wäre.

d)

Die Feststellungen zur Auffindesituation der Protokollblätter im Dienstzimmer der Angeklagten werden durch die Bekundungen der Zeugin L2 bestätigt, auf deren Aussage zudem die Feststellungen zu den Hintergründen der außerordentliche Prüfung der von der Angeklagten geführten Dezernate im Februar xxxx sowie zu den Aufgabenbereichen der Angeklagten bis zur Erkrankung der Angeklagten am xx.xx.xxxx beruhen.

aa)

Die Zeugin L2 hat geschildert, dass sie im August xxxx gemeinsam mit der Zeugin Richterin am Amtsgericht C2 das Dienstzimmer der Angeklagten betreten und durchgesehen habe. Zuvor seien Mitarbeiter des nichtrichterlichen Dienstes auf sie zugegangen, weil das Büro der Angeklagten - die längerfristig erkrankt gewesen sei - derart unordentlich und mit einer Vielzahl von dienstlichen Unterlagen versehen gewesen seien, dass diese selbst das Büro nicht hätten betreten wollen. Um die dienstlichen Unterlagen dem ordentlichen Geschäftsgang zuführen zu können und zu klären, welche Unterlagen dem jeweiligen Vertreter der Angeklagten vorgelegt werden mussten, habe man sich daher nach dem Betreten des Büros aufgeteilt und die einzelnen Dokumente, getrennt nach familienrechtlichen und strafrechtlichen Verfahren, gestapelt.

Hierbei sei ihr auch ein Teil eines Protokolls in die Hände gefallen, dem sie erst keine nähere Bedeutung zugemessen habe, wobei sie nicht sagen könne, wo genau dieses von ihr gefunden worden sein. Nachdem sie das Protokoll mit weiteren Unterlagen der Geschäftsstelle überreicht habe, sei der dort tätige Zeuge F1 auf sie zugekommen und habe erklärt, dass es ein Problem gebe, weil sich in der Akte bereits ein Protokoll vom selben Tage befinde.

Sie habe daraufhin den damaligen Protokollführer, den Zeugen O2, auf das Protokoll angesprochen. Dieser habe ihr erläutert, dass die Protokolle inhaltlich nicht identisch seien, weil eines der Protokolle mit einem Urteil ende, während das andere Protokoll damit geendet habe, dass Weiteres von Amts wegen habe bestimmt werden sollen. Es sei damit deutlich geworden, dass eines der Protokolle gefälscht sei, wobei der Zeuge O2 ihr umgehend habe erklären können, dass das im Dienstzimmer der Angeklagten gefundene Protokoll das Originalprotokoll sei, während das in der Akte befindliche Protokoll gefälscht sei. Dies habe der Zeuge O2 an von ihm generell in Hauptverhandlungen angepassten Textbausteinen des Protokolls erkennen können, die er nur angepasst habe, sofern ein Urteil in der Sache ergangen sei, was daher nicht mit dem in der Akte bereits befindlichen Protokoll in Einklang zu bringen war.

Sie habe daraufhin umgehend die elektronische Zugangsberechtigung der Angeklagten sperren lassen und die Angeklagte - jedenfalls per WhatsApp - über den Verdacht der Protokollfälschung und der Sperrung des Zugangs informiert. Die Angeklagte habe ihr gegenüber damals nur erklärt, dass sie sich das alles nicht erklären könne.

bb)

Die Zeugin L2 hat daneben auch Angaben zu den Hintergründen der außerordentlichen Geschäftsprüfung im Februar xxxx sowie zu den einzelnen Aufgabenbereichen der Angeklagten bis zur Erkrankung der Angeklagten am xx.xx.xxxx gemacht:

So schilderte die Zeugin L2, dass es bereits vor August xxxx weitere dienstliche Unregelmäßigkeiten die Angeklagte betreffend gegeben habe. So sei ihr durch die Zeugin Richterin am Amtsgericht C2 Ende Februar xxxx bekannt geworden, dass der Zeuge F1 der Zeugin C2 im vorgenannten Zeitraum unter Tränen erklärt habe, dass er ein "verfächertes" Urteil der Angeklagten auf der Geschäftsstelle entdeckt habe, welches er nach seinem Bekunden selbst dort definitiv nicht abgelegt habe. Er habe ferner von weiteren Unregelmäßigkeiten betreffend Urteilsabsetzungsfristen berichtet. Daraufhin sei sie in das Büro der Angeklagten gegangen, die damals im Urlaub gewesen sei. Sie habe ein vollständig chaotisches Dienstzimmer vorgefunden. So sei das Büro übersäht mit Akten und Aktenbestandteilen gewesen, die teilweise im Garderobenschrank gelagert worden seien. Daneben habe sie eine Vielzahl von Verfahrensakten gefunden, in denen unbearbeitete Sachstandsanfragen gelegen hätten. Auch habe sie eine Akte gesehen, in der ein Termin zur Bekanntgabe einer Entscheidung bestimmt worden sei, dann aber keine Entscheidung getroffen worden sei. Auch in den Schubladen ihres unverschlossenen Schreibtisches hätten eine Vielzahl unterschiedlichster Unterlagen gelegen.

Sie habe daraufhin angesichts des bevorstehenden Wochenendes beschlossen, dem Präsidenten des Landgerichts I1 umgehend zu berichten. Dieser habe noch am Freitagnachmittag angeordnet, alle Akten der von der Angeklagten geführten Dezernate umgehend für eine Sondergeschäftsprüfung bereitzulegen. Die Geschäftsführung sei dann am folgenden Montagvormittag durchgeführt worden.

Die Angeklagte habe im Anschluss an die Geschäftsprüfung zunächst weiterhin ihren Dienst versehen und auch auf Nachfrage habe die Angeklagte stets versichert, dass die Geschäftsverteilung der richterlichen Aufgaben nicht angepasst werden müsse. Sie, die Zeugin, habe sich aber - insbesondere aufgrund der Familiensachen, die häufig eilig zu entscheiden seien - dafür eingesetzt, ihr eigenes Dezernat, welches Ordnungswidrigkeiten beinhaltete, mit dem familienrechtlichen Dezernat der Angeklagten zu tauschen, was sodann im Juni oder Juli xxxx im Präsidium entsprechend umgesetzt worden sei.

Die Kammer ist der Aussage der Zeugin L2 uneingeschränkt gefolgt und hat sie zur Grundlage der hier getroffenen Feststellungen gemacht. Denn die Aussage der Zeugin war glaubhaft. Ihre Schilderungen waren von großer Detailgenauigkeit und Sachlichkeit geprägt. Zudem erwähnte die Zeugin, die erst relativ kurze Zeit vor den hier in Rede stehenden Umständen, die letztlich zur Anklageerhebung geführt haben, zur Direktorin des Amtsgerichts M1 ernannt wurde und daher eine objektivere Sichtweise einnehmen konnte, als langjährig am Amtsgericht M1 tätige und mit der Angeklagten persönlich verbundene Mitarbeiter in ihrer Aussage neben den von ihr festgestellten Unregelmäßigkeiten auch solche Aspekte, die der Angeklagten günstig waren. So beschrieb sie die Angeklagte - in Übereinstimmung mit den Zeugen M2 und den Zeuginnen C6 und X1 - als stets ausgeglichen und freundlich, die im Amtsgericht M1 integriert und mit vielen Kollegen befreundet gewesen sei. Auch sei ihr die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt überfordert vorgekommen, wobei sie, die Zeugin, in ihrer Dienstzeit bereits einige durchaus überforderte Kollegen in der Richterschaft erlebt habe. Sie habe der Angeklagten im Jahr xxxx bei einem zufällig mit dem Zeugen M2 in der Kantine geführten Gespräch allerdings noch ihre Hilfe angeboten. Damals habe die Angeklagte nicht davon gesprochen, dass es ihr schlecht gehe, allerdings habe damals schon erwähnt, dass sie sich in Behandlung begeben wolle.

e)

Die Schilderungen der Zeugin L2 wurden ferner bestätigt durch die Ausführungen der Zeugin C2.

Diese hat bekundet, dass sie Ende xxxx als stellvertretende Direktorin an das Amtsgericht M1 gekommen sei. Die Angeklagte habe zu diesem Zeitpunkt ein Mischdezernat von Familien- und Strafsachen bearbeitet. Im Februar xxxx sei der Zeuge F1 auf sie zugekommen sei und habe von Unregelmäßigkeiten im Dezernat der Angeklagten berichtet. Er sei sehr aufgewühlt gewesen und habe ihr davon berichtet, dass er eine Liste angefertigt habe, in der Strafverfahren aufgeführt seien, in denen bereits seit mehreren Monaten die schriftlichen Urteilsgründe ausstehen würden. Er habe die Angeklagte bereits mehrfach darauf angesprochen, wobei diese dann nur abgewiegelt habe und nichts weiter geschehen sei.

Sie habe daraufhin die Direktorin des Amtsgerichts, die Zeugin L2 zu dem Gespräch hinzugeholt und anschließend gemeinsam mit ihr dem Präsidenten des Landgerichts I1 berichtet. Dieser habe darum gebeten, sämtliche Akten der Angeklagten für eine in der kommenden Woche angesetzte außerordentliche Geschäftsprüfung herauszusuchen.

Die Zeugin bestätigte ferner die Angaben der Zeugin L2, wonach anlässlich einer Präsidiumssitzung Mitte des Jahres xxxx das familienrechtliche Dezernat der Angeklagten mit dem Ordnungswidrigkeitendezernat der Zeugin L2 getauscht worden sei. Hierzu sei es auch gekommen, weil immer mal wieder Akten seitens des Landgerichts zurückgeschickt worden seien, in denen ein an die Angeklagte gerichteter verschlossener Umschlag beigefügt gewesen sei, deren Inhalt man zwar nicht gekannt habe. Allerdings habe man die Angeklagte aufgrund der in den Schreiben vermuteten dienstlichen Anordnungen entlasten wollen. Nach diesem Tausch der Dezernate habe die Angeklagte auf sie gelöst gewirkt.

Einige Wochen später, im August xxxx, sei die Angeklagte erkrankt gewesen, wobei absehbar gewesen sei, dass es sich um keine kurzfristige Erkrankung handeln würde. Sie habe sodann am xx.xx.xxxx mit der Zeugin L2 im Büro der Angeklagten betreten. Der Grund hierfür sei gewesen, dass kurz zuvor Mitarbeiter der Geschäftsstelle das Dienstzimmer hätten betreten wollen, um nachzusehen, ob Akten dem Vertreter der Angeklagten vorzulegen seien bzw. um die dort abgelegten Akten wieder dem Geschäftsgang zuzuführen. Angesichts der Vielzahl an Akten und Aktenbestandteilen hätten sich die Mitarbeiter der Serviceeinheit jedoch nicht getraut, selbst die Akten und Aktenbestandteile aus dem Dienstzimmer zu entnehmen. Um diese Aufgabe zu übernehmen, habe sie daher gemeinsam mit der Zeugin L2 das Dienstzimmer der Angeklagten betreten.

Die Zeugin beschrieb sodann in Übereinstimmung mit der Zeugin L2, dass das Dienstzimmer sehr unordentlich gewesen sei und sie sich mit der Direktorin des Amtsgerichts aufgeteilt habe und jeweils Stapel - deren Umfang die Zeugin allerdings nicht mehr erinnerte - mit Aktenbestandteilen gebildet habe, getrennt nach familienrechtlichen Verfahren, die trotz des Dezernatswechsels nach wie vor im Dienstzimmer lagen, sowie strafrechtlichen Verfahren. Hierbei seien unter den Verfahrensbestandteilen einige Sachstandsanfragen gewesen. Man habe aber nichts dokumentieren wollen, weil es lediglich darum gegangen sei, die Aktenbestandteile wieder den Akten zuzuordnen und in den Geschäftsgang zu geben. Irgendwann habe die Zeugin L2 erwähnt, dass sie ein Protokoll gefunden habe, habe diesem aber zunächst keine gesteigerte Bedeutung beigemessen. Nachdem sie die Akten bzw. Aktenbestandteile zu den jeweiligen Geschäftsstellen gebracht hätten, damit diese wieder dem Geschäftsgang haben zugeführt werden können, sei nach einiger Zeit der Zeuge F1 mit einer Akte zu ihr gekommen und habe berichtet, dass sich in der Akte bereits ein Protokoll vom selben Tag befunden habe und sich die Protokollblätter teilweise voneinander unterscheiden würden. Nachdem der Zeuge F1 dann dem Protokollführer O2 hiervon berichtet habe, sei die Verwaltung hierüber in Kenntnis gesetzt worden und habe sodann erneut dem Präsidenten des Landgerichts I1 Bericht erstattet. Hiernach habe man dann auch die elektronische Zugangsberechtigung der Angeklagten gesperrt.

Die Bekundungen der Zeugin C2 waren glaubhaft. Diese hat ausführlich und detailliert aus dem Zusammenhang die Abläufe rund um die außerordentliche Geschäftsprüfung aus dem Februar xxxx geschildert und konnte ebenfalls dezidiert darüber berichten, wann es zur Umstrukturierung der Dezernate der Angeklagten sowie zum Betreten des Dienstzimmers der Angeklagten im August xxxx kam und was sich in der Folge daraus ergab. Hierbei sprach für die Glaubhaftigkeit der Aussage zum einen, dass die Zeugin ruhig und sachlich auf alle ihr von Seiten der Verfahrensbeteiligten gestellten Fragen geantwortet hat und dabei ihre vorangegangene Aussage immer wieder um weitere Details ergänzt hat, die sich widerspruchsfrei in ihre vorherige Aussage einfügten. Zudem gab die Zeugin von sich aus Erinnerungslücken, wie z.B. zum genauen Umfang der am xx.xx.xxxx aufgefundenen Aktenbestandteile, preis. Die Ausführungen deckten sich zudem mit den Angaben der Zeugin L2. Für die Glaubhaftigkeit der Ausführungen spricht insbesondere, dass die Zeugin die Angeklagte in keiner Weise kritisierte, sondern deutlich machte, dass es ihr unangenehm sei, über die von ihr festgestellten Umstände berichten zu müssen. Dies begründete die Zeugin nachvollziehbar damit, dass die Angeklagte eine sehr beliebte und eingebundene Kollegin sei, die einen festen Platz im Gerichtsgefüge habe. Zudem kenne sie die Angeklagte bereits seit ihrem (der Angeklagten) ersten Diensttag damals am Landgericht I1, da sie, die Zeugin, damals in der Verwaltung des Landgerichts gearbeitet habe und die Angeklagte damals durch das Gebäude geführt habe. Hinzu komme, dass sie die Angeklagte dienstlich aufgrund ihrer Fachkompetenz in Familiensachen - die Zeugin ist selbst seit vielen Jahren Familienrichterin - sehr schätze.

f)

Der Zeuge F1 hat schließlich geschildert, dass er gemeinsam mit einer Kollegin nach der Erkrankung der Angeklagten im August xxxx dessen Büro betreten habe. Nachdem sie das Büro betreten hätten, sei aufgefallen, dass nicht nur der Schreibtisch voll gewesen sei, sondern in einer offenen Schreibtischschublade ein Schriftsatz eines Rechtsanwaltes zu sehen gewesen sei. Man habe dann entschieden, dass man im Büro nichts anfasse und habe der Verwaltung Bescheid gegeben.

Einige Tage später sei die Direktorin des Amtsgerichts auf ihn zugegangen und habe ihm einen Stapel an Schriftstücken überreicht, um diese wieder in die Akten zu sortieren. Die Schriftstücke seien zunächst unproblematisch den Akten zuzuordnen gewesen. Allerdings habe er dann irgendwann ein Protokoll verakten müssen und festgestellt, dass sich in der Akte bereits ein Protokoll befunden habe. Er habe sich dann gesagt, dass da etwas nicht stimme und habe dies in der Verwaltung gemeldet.

4. Tat zu Ziffer 2 der Anklageschrift (Az. 54 Ds - 409 Js 233/17 - 96/17)

Auch die Tat zu Ziffer 2 hat sich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nach Überzeugung der Kammer so zugetragen, wie festgestellt.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich allein aus den im Computersystem "Judica/TSJ" hinterlegten Dateien nicht mehr rekonstruieren lässt, wann die Angeklagte das Urteil tatsächlich verfasst hat, weil dort lediglich das Erstellungsdatum, nicht aber das Datum einer nachträglichen Änderung erfasst wird. Allerdings hat die Beweisaufnahme gleich eine ganze Reihe von Umständen zu Tage gefördert, die aus Sicht der Kammer nur den Schluss zulassen, dass die Angeklagte das Urteil tatsächlich verspätet abgesetzt und diesen Umstand nachträglich zu verschleiern versucht hat.

Im Einzelnen:

a)

So ist bereits die Einlassung, sie habe das Urteil ihrer Erinnerung nach fristgerecht abgesetzt, nicht glaubhaft. Denn ihre Einlassung steht im Widerspruch dazu, dass sie in dem gegen Sie parallel zu diesem Strafverfahren geführten Disziplinarverfahren eingeräumt hat, die Urteilsabsetzungsfrist im vorliegenden Fall überschritten zu haben. Sofern sie dies nach entsprechendem Vorhalt nunmehr in Abrede stellt und auf ein Versehen zurückführt, das dem damals noch nicht vollständig gewonnenen Überblick über alle in Rede stehenden Verfahren zuzuschreiben sei, ist dies nach Ansicht der Kammer bereits angesichts der von ihrem damaligen Rechtsanwalt in einem Schriftsatz vorgenommenen äußerst sorgfältigen Einteilung der Fälle in unterschiedliche Fallgruppen und der Einordnung des hier in Rede stehenden Strafverfahrens in die dort gebildete Gruppe der zu spät abgesetzten Urteile wenig glaubhaft. Hinzu kommt, dass sie in den übrigen Fällen, die auch schon in dem vorgenannten Schriftsatz ebenfalls in die Gruppe der zu spät abgesetzten Urteile eingeordnet worden waren, hier eingeräumt hat, die Urteilsabsetzungsfrist überschritten zu haben. Warum dies ausgerechnet in diesem Fall nun doch anders sein soll, erschließt sich nicht.

b)

Dafür, dass die Angeklagte das Urteil verspätet abgesetzt hat, spricht zunächst der Umstand, dass es erst am xx.xx.xxxx auf der zuständigen Geschäftsstelle eingegangen ist. Dies ergibt sich neben dem in Augenschein genommenen und verlesenen Eingangsvermerk aus der Aussage des Zeugen F1. Dieser hat bekundet, dass er als Mitarbeiter der Geschäftsstelle am Amtsgericht M1 im konkreten Verfahren den Eingang der Akte auf der Geschäftsstelle - wie üblich - auf dem oberen Teil des Rubrums vermerkt und schließlich mit seiner Dienstbezeichnung unterschrieben habe. Bezüglich dieser Akte sei ihm allerdings aufgefallen, dass zwischen der eigentlichen Urteilsabsetzungsfrist und dem Eingang der Akte auf der Geschäftsstelle ein Monat vergangen sei.

Dass im vorliegenden Fall die Akte für einen Zeitraum von mehreren Wochen verschwunden sein soll, ist nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall auszuschließen. Einer solchen Annahme steht nämlich die Aussage des Zeugen F1 entgegen. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass sich am Ende des Urteils zwar eine Verfügung der Angeklagten befinde, mit der eine Abschrift des Urteils verfügt worden sei und die das Datum xx.xx.xxxx trage. Ein solches Verfügungsdatum sei aber mit dem Eingangsdatum auf der Geschäftsstelle nicht zu vereinbaren. Denn das Büro der Angeklagten befinde zwar in einer anderen Etage als die Geschäftsstelle. Allerdings würden die Akten an jedem Wochentag entweder von den Wachtmeistern oder, wenn die Wachtmeisterei einmal unterbesetzt sei, von Mitarbeiter der Geschäftsstellen selbst aus den Dienstzimmern der Richter geholt und auf die zuständigen Geschäftsstellen verbracht. Die Akten würden daher auf jeden Fall innerhalb von 48 Stunden auf der Geschäftsstelle eingehen. Ihm seien im damaligen Zeit auch keine Besonderheiten oder ungewöhnlichen Vorkommnisse erinnerlich, die eine Verzögerung im oder Störung dieses eingespielten Ablaufs hätten zur Folge haben können. Zwar komme es immer wieder einmal vor, dass eine Akte versehentlich dem falschen Kollegen auf der Geschäftsstelle zugetragen werde. Allerdings lägen die sechs Geschäftsstellen in der Strafabteilung des Amtsgerichts M1 alle nur wenige Meter voneinander entfernt auf einem Flur, so dass in diesem Fall die Akten binnen kürzester Zeit von Hand zu Hand zum richtigen Kollegen weitergereicht würden.

Die Kammer ist der Aussage des Zeugen F1 auch insoweit gefolgt und hat sie zur Grundlage ihrer Feststellungen gemacht. Denn seine Aussage war glaubhaft. Dafür spricht neben der sachlichen und detaillierten Schilderung des Zeugen insbesondere der Umstand, dass es sich bei dem Zeuge F1 um einen erfahrenen Geschäftsstellenbeamten handelt, der nach eigenem Bekunden bereits seit mehreren Jahren im Strafbereich eingesetzt werde, seit ca. fünf Jahren mit der Angeklagte dienstlich zusammenarbeite, mit dieser ein freundschaftliches Verhältnis gepflegte und im Rahmen seiner Aussage eingeräumt hat, bereits zuvor Unregelmäßigkeit bei der Absetzung von Urteilen bemerkt, dies aber in der Annahme, die Angeklagte leide möglicherweise - wie er - an Depressionen gegenüber der Behördenleitung nicht offengelegt zu haben, um sie zu schützen.

c)

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Zeuge F1 auch bekundet hat, dass er es nicht ausschließen könne, dass eine Akte vorübergehend im Geschäftsgang in Verlust gerate und später wieder auftauche, und auch der Zeuge RAG M2 geäußert hat, dass dies durchaus einmal vorkommen könne. Allerdings hat die durchgeführte Beweisaufnahme über diese auf die Frage des Verteidigers, ob es denn vorkomme, dass Akten auch mal "weg kämen" mit erkennbarer Entlastungstendenz gemachten vagen Andeutungen hinaus, keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Akte 54 Ds 96/17 tatsächlich vorübergehend in Verlust geraten sein könnte. Gegen eine solche Annahme spricht insbesondere der Umstand, dass der Zeuge F1 auf Befragen weiter bekundet hat, dass ihm in dem damaligen Zeitraum diesbezüglich keine Auffälligkeiten bekannt geworden seien.

d)

Daneben spricht auch der Umstand, dass die Angeklagte im vorliegenden Fall von der von ihr selbst geschilderten Arbeitsroutine abgewichen ist, dafür, dass sie das Urteil tatsächlich zu spät abgesetzt hat. Denn anderes als in den übrigen Fällen findet sich hier bei den auf ihrem privaten Laufwerk "H" des Servers des Amtsgerichts M1 keine MS-Word-Datei mit den Urteilsgründen, obwohl sich diese dort nach der von der Angeklagten selbst beschriebenen Vorgehensweise hätte finden lassen müssen. Auch auf dem Gruppenlaufwerk "G" findet sich keine Datei mit den Urteilsgründen. Dass die Angeklagte auch in anderen Fällen von ihrer üblichen Vorgehensweise abgewichen ist, konnte die Kammer nicht feststellen und wird auch von der Angeklagten selbst nicht behauptet.

e)

Auch der Umstand, dass die Akte hier über den allgemeinen Zutrag auf die Geschäftsstelle gelangt ist, spricht dafür, dass die Angeklagte das Urteil nachträglich angefertigt hat. Denn auch insoweit ist die Angeklagte von ihrem üblichen Vorgehen abgewichen. So haben die Zeugen F1 und Zeuge M2 übereinstimmend geschildert, dass die Angeklagte durchaus Urteile direkt bei der Geschäftsstelle eingereicht hat - insbesondere dann, wenn die Urteilsabsetzungsfrist zeitnah ablief. Auch ist es in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb die Angeklagte im vorliegenden Fall angesichts des nach dem Datum der Verfügung unmittelbar bevorstehenden Fristablaufs hätte abweichend vorgehen sollen. Denn das von der Angeklagten angeblich gewählte Vorgehen birgt ein erhebliches Risiko in sich, weil durch eine auch nur geringfügige Unaufmerksamkeit der Geschäftsstelle auf diese Art und Weise fälschlich ein um einen Tag zu spätes Eingangsdatum auf dem Urteil hätte vermerkt werden können.

f)

Aber auch der Inhalt der dienstlichen Erklärungen der Angeklagten selbst spricht hier dafür, dass die Angeklagte das fragliche Urteil tatsächlich zu spät abgesetzt hat. Denn die von ihr seinerzeit im Revisionsverfahren abgegebenen Erklärungen entsprechen der von ihr auch in anderen Fällen, in denen sie Akten manipuliert hat, verwendeten Vorgehensweise. So schiebt sie in den beiden dienstlichen Stellungnahmen die Verantwortung für den späten Eingang des Urteils auf der Geschäftsstelle auf ihr nicht bekannte Umstände. Das identische Vorgehen, mit dem die Angeklagte eigene Fehler leugnet und die Verantwortlichkeit auf andere oder in einen nicht näher greifbaren, ihrer Kontrolle entzogenen Bereich verortet, findet sich auch in den Fällen 4 und 6, in denen die Angeklagte eingeräumt hat, das Urteil nicht (Fall 6) oder nicht rechtzeitig abgesetzt (Fall 4) zu haben.

g)

Dass die von der Angeklagten unter das Urteil gesetzte Verfügung das Datum xx.xx.xxxx trägt, steht der Feststellung, dass die Angeklagte das Urteil verspätet abgesetzt hat, nicht entgegen. Denn zum einen ist es aus der mehrjährigen Erfahrung der erkennenden Berufsrichter gerichtsbekannt, dass bei den Verfügungsvorlagen der seitens der Justiz NRW genutzten Textverarbeitungssoftware "TSJ" ohne Weiteres das Datum manuell auf ein beliebiges Datum abgeändert werden kann, was der Vorsitzende der Kammer in der Hauptverhandlung unter Verwendung einer Verfügungsvorlage zur Urteilserstellung (23-GZ-0004) an einem im Sitzungssaal aufgestellten Computer selbst vorgeführt hat. Zum anderen ist augenfällig, dass die Verfügung unterhalb des Urteils das Datum xx.xx.xxxx trägt - exakt dasselbe Datum, das bei der Tat zu Ziffer 3, bei der die Angeklagte eingeräumt hat, die Urteilsfrist überschritten zu haben, von ihr unter die unter das Urteil gesetzte Verfügung gesetzt wurde.

h)

Auch der Umstand, dass die in Judica gespeicherte Rubrums-Datei nach Aussage der Zeugin L2 das Datum xx.xx.xxxx trägt, steht der hier getroffenen Feststellung, die Angeklagte habe das Urteil erst verspätet abgesetzt, nicht entgegen. Denn auch wenn dies auf den ersten Blick darauf hindeutet, dass die Angeklagte das Urteil am xx.xx.xxxx abgesetzt hat, sagt dies letztlich nur aus, dass die Angeklagte an diesem Tag die entsprechende Vorlage in dem Programm TSJ geöffnet hat. Denn in diesen Moment wird - wie den Berufsrichtern der Kammer aus zahllosen Urteils- und Beschlussentwürfen bekannt ist - automatisch das Rubrum generiert und bei einem "Klick" auf die Schaltfläche "Ok" separat in Judica abgespeichert, damit es auch für weitere Entscheidungsentwürfe zur Verfügung steht und nicht jeweils neu erstellt werden muss.

i)

Ausgehend davon ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die Tat wie festgestellt zugetragen hat.

5. Tat zu Ziffer 3 der Anklageschrift (Az. 54 Ds - 408 Js 221/17 - 79/17)

Die Angeklagte hat den objektiv festgestellten Tatverlauf eingeräumt. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit des Geständnisses der Angeklagten zu zweifeln. Das Geständnis ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und deckt sich insbesondere mit dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme. Im Einzelnen:

a)

Die Schilderung der Angeklagten werden zum einen durch die im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Urkunden die Tat betreffend bestätigt.

b)

Zudem bestätigte der Zeuge F1 überzeugend, dass er am xx.xx.xxxx den Eingang der Akte auf dem Rubrum des Urteils handschriftlich vermerkt habe. Es sei ihm bei Vorhalt der Akte aufgefallen, dass die in der Akte handschriftlich angebrachte Verfügung, wonach die in der Akte befindliche, auf den 11.06.2018 datierte Zustellverfügung hiermit nicht zu vereinbaren sei, weil die Akte keine 10 Tage von Dienstzimmer bis zur Geschäftsstelle gebraucht haben könne. Insofern schilderte F1 zudem, dass er den Eingang eines Urteils umgehend vermerke, sobald diese auf der Geschäftsstelle eintreffe.

6. Tat zu Ziffer 4 (Az. 54 Ds - 512 Js 35/19 - 61/19 AG M1)

Die Angeklagte hat - wie bereits ausgeführt - die objektiven Tatumstände der Tat eingeräumt und insbesondere geschildert, dass sie das Verfügungsdatum unterhalb des Urteils auf den xx.xx.xxxx zurückdatiert habe, um zu suggerieren, das Urteil rechtzeitig abgefasst und zu den Akten gebracht zu haben. Sie habe allerdings die Akte nicht verfächert, um davon abzulenken, dass sie das Urteil nicht rechtzeitig abgesetzt habe.

a)

Soweit die geständige Einlassung mit den unter "II." getroffenen Feststellungen übereinstimmt, hat die Kammer keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit des Geständnisses zu zweifeln. Das Geständnis ist schlüssig, widerspruchsfrei und deckt sich mit dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme. Soweit die Angeklagte allerdings behauptet hat, sie habe das vorgenannte Urteil nicht verfächert, ist dies durch die durchgeführte Beweisaufnahme widerlegt.

b)

Die Umstände des Auffindens der vorgenannten Akte und der Umstand, dass es die Angeklagte gewesen ist, die die Akte bewusst ins falsche Fach gelegt hat, folgen aus den Schilderungen des Zeugen F1.

Der Zeuge hat bekundet, dass ihm die vorgenannte Akte in besonderer in Erinnerung geblieben sei, weil ihm diese Akte am xx.xx.xxxx - auf dieses Datum laute schließlich auch der Eingangsstempel - in die Hände gefallen sei und er aufgrund dieser Akte die Verwaltung des Amtsgerichts in Kenntnis gesetzt habe. Der Zeuge F1 bekundete diesbezüglich, dass sich hinter ihm auf der Geschäftsstelle der Strafabteilung der Geschäftsstelle ein großes Regal mit verschiedenen Fächern befinde. Da er mit Erwachsenensachen und Jugendsachen betraut sei, seien die jeweiligen Fächer getrennt. An diesem Regal nehme er am Anfang einer jeden Woche gewisse Routinearbeiten vor, indes er beispielsweise Fristen ziehe. Hierbei sei ihm bei Durchsicht der Fächer der Jugendsachen eine Akte aufgefallen, die vom Aktenzeichen her nicht zu den anderen gepasst habe. Er habe die Akte - hierbei handelte es sich um das vorliegende Verfahren - aufgeschlagen und bemerkt, dass es sich um eines der Verfahren handelte, die er auf seiner Liste geführt. Das in der Akte befindliche Verfügungsdatum unterhalb des Urteils habe zudem in keiner Weise stimmen können, weil dadurch habe suggeriert werden sollen, dass das Urteil bereits vor mehreren Monaten zur Akte gelangt sei.

Dadurch, dass er die Aktenfächer wöchentlich durchsehe, sei es absolut ausgeschlossen, dass er die Akte, die zudem noch abweichend gekennzeichnet gewesen sei, über einen Zeitraum von mehreren Monaten habe übersehen können, auch wenn er zu dieser Zeit durchaus viel zu tun gehabt habe. Auch im Falle einer urlaubsbedingten Abwesenheit in diesen Monaten, wäre einer Urlaubsvertretung das Verfahren zügig aufgefallen.

Der Zeuge F1 brach auf weiteres Befragen in Tränen aus und bekundete, dass er seit langen Jahren, was die Angeklagte ebenfalls wisse, unter Depressionen leide und es ihm Leid tue, dass er nun emotional reagiere. Er schilderte, dass er damals auch schon nach dem Auffinden der Akte bei seiner Vorstellung in der Verwaltung des Amtsgerichts in Tränen ausgebrochen sei, weil er das Gefühl gehabt habe, dass ihm, der sich mit der Angeklagten gut verstanden habe, von dieser ein Fehler in die Schuhe geschoben werden sollte. Er habe sich immer als loyaler Kollege verstanden und habe gegenüber der Angeklagten jedenfalls ab Herbst xxxx immer wieder die Abfassung der verschiedenen Urteile angemahnt und auch gegenüber Kollegen geschildert, dass das mit der Angeklagten irgendwann nicht mehr so weitergehe, eine derartige Handlung der Angeklagten habe er jedoch nicht erwartet. Ergänzend schilderte der Zeuge, dass er zwar nicht gesehen habe, wie die Angeklagte die Akte in das falsche Fach gelegt habe, davon aber aufgrund der Umstände mit der Urteilsfrist und dem Verfügungsdatum davon ausgehe.

Die Schilderungen des Zeugen F1 waren hinsichtlich sämtlicher gemachter Angaben glaubhaft. Der Zeuge hat nicht nur sehr detailliert allgemein von seiner Tätigkeit beim Amtsgericht M1 und seiner Zusammenarbeit mit der Angeklagten berichten können, sondern hat präzise schildern können, wann ihm - auch bezogen auf andere Verfahren - Unregelmäßigkeiten aufgefallen sind, wann ihm konkret die vorgenannte Akte in die Hand gefallen ist und weswegen ein eigenes Verfächern absolut ausgeschlossen war. Die Schilderungen des Zeugen waren dabei durchweg - wie auch bezüglich aller übrigen, die Strafabteilung betreffenden Taten - nicht nur von großem Detailreichtum geprägt, sondern auch von dem Bemühen, die Angeklagte nicht mehr als nötig zu belasten. Die Aussage enthielt insbesondere keine Aspekte, die darauf hätten hindeuten können, dass der Zeuge aus Rache oder Enttäuschung eine unwahre Aussage getätigt haben könnte. Zwar legte der Zeuge auch offen, dass er von dem Versuch der Angeklagten, ihm ihren Fehler "in die Schuhe zu schieben", tief enttäuscht sei, wobei er gegen Ende seiner Aussage in Tränen ausbrach und von seiner depressiven Erkrankung berichtete. Dies gibt der Kammer aber keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu zweifeln. Denn zum einen ist seine Enttäuschung über das Verhalten der Angeklagten angesichts seiner vielfältigen Bemühungen, das Verhalten der von ihm geschätzten Richterin zu "decken", nachvollziehbar. Zum anderen war der emotionale Gefühlsausbruch durch und durch authentisch. Der Zeuge hat sich diesbezüglich sogar mehrfach entschuldigt und sich selbst Vorwürfe gemacht, dass er unprofessionell agiere. Selbst in dieser Situation war der Zeuge aber immer noch bemüht, das Verhalten der Angeklagte differenziert zu betrachten und die positiven Aspekte der Zusammenarbeit mit ihr zu betonen.

Soweit der Zeuge M2 geschildert hat, dass die Arbeitsweise des Zeugen F1 ab und zu chaotisch ausfalle und insbesondere dessen Eintragung der Verfahrensdaten im Computer häufiger fehlerhaft seien, fälschlich im Computer für längere Zeit Akten auf Richter ausgetragen seien, die längst wieder auf der Geschäftsstelle zurück seien, ist dies nicht geeignet, Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen F1 zu begründen. Denn zum einen hat der Zeuge F1 selbst zugegeben, dass er selbst nicht frei von Fehlern sei und von Zeit zu Zeit mit seiner Depression kämpfe. Zum anderen waren die Angaben des Zeugen M2 hinsichtlich dieser Vorwürfe oberflächlich. So hat er lediglich davon gesprochen, dass "manchmal" Akten länger liegen bleiben würden und es dann chaotisch zugehe. Diese nur pauschalen und bereits zeitlich unpräzisen Angaben, waren daher nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der von dem ersichtlichen Bemühen, die Angeklagte nicht mehr als nötig zu belasten, getragenen Aussage der Zeugen F1 in Zweifel zu ziehen.

7. Taten zu Ziffer 6, 7, 8, 11, 13 und 14 (Az. 54 Ds - 674 Js 1210/15 - 85/15, Az. 54 Ds - 600 Js 953/17 - 1/18, Az. 54 Ds - 514 Js 56/17 - 44/18, Az. 5 F 950/17, Az. 5 F 90/18, Az. 51 F 600/18 SO AG C5)

Auch bezüglich dieser Taten hat die Angeklagte den objektiven Tatvorwurf - wie oben bereits dargestellt - eingeräumt.

a)

Soweit sich die Angeklagte allerdings dahingehend eingelassen hat, dass sie die Akten, die in den Umzugskartons aufgefunden worden seien, im Zuge eines Umzuges - der zweieinhalb Jahre zurückliege - lediglich vergessen habe, ist diese Einlassung widerlegt. Denn zum einen lagerten die Umzugskartons nach dem in Augenschein genommenen Lichtbildern gut sichtbar im Kellerraum der Angeklagten. Zudem fielen die Akten und losen Aktenbestandteile beim Öffnen sofort ins Auge. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder 22 - 25 (Blatt 107 - 109 d. A.) verwiesen. Zum anderen fanden sich im Zuge der Durchsuchung anhand der im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden unter den losen Blättern Schriftsätze aus den Jahren xxxx bis zum xx.xx.xxxx. Soweit die Angeklagte daher vorgebracht hat, sie habe den Karton nach dem Jahre zurückliegenden Umzug vergessen, wird allein durch den Schriftsatz vom xx.xx.xxxx erkennbar, dass die Angeklagte den Umzugskarton am oder nach dem xx.xx.xxxx und demzufolge nach ihrem behaupteten Umzug im Keller nochmals geöffnet haben und den Schriftsatz in diesen eingelegt haben muss. Ihr war daher noch im Jahr xxxx bewusst, dass die Akten sowie die losen Blätter bei ihr im Keller lagerten und dem Geschäftsgang entzogen waren.

b)

Die Feststellungen zum jeweiligen Verfahrensablauf der im Keller der Angeklagten aufgefundenen Verfahren und dem weiteren Verfahrensgang, ergeben sich aus den im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden.

c)

Die Feststellungen zum Ablauf der Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten und der dort im Kellerraum aufgefundenen Akten sowie Aktenbestandteilen beruht auf den Aussagen der Zeugen T4, L5, N1, E4 und Dr. H2 sowie auf den im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen, während der Durchsuchung am xx.xx.xxxx gefertigten Lichtbilder (Blatt 97- 117 d. A.).

Im Einzelnen:

aa)

So hat die Zeugin T4, die nach eigenem Bekunden als Regierungsbeschäftigte an der Durchsuchung teilgenommen und die in Augenschein genommenen Lichtbilder gefertigt hat, bekundet, dass die Angeklagte zu Beginn der Durchsuchung zunächst darum gebeten habe, dass erst einmal KHK N1 und Oberstaatsanwalt Dr. H2 die Wohnung betreten, wobei man diesem Ansinnen stattgegeben habe. Nach kurzer Zeit hätten dann auch alle anderen Durchsuchungskräfte die Wohnung betreten und die Wohnung durchsucht.

Die Wohnung sei hierbei teilweise in einem sehr unordentlichen Zustand gewesen. Die Zeugin schilderte, dass die Wohnung selbst und der seitens der Angeklagten genutzte PKW ohne Befund gewesen seien. Man habe allerdings im Keller zwei Umzugskartons gefunden, die dort offen zugänglich gestanden hätten. In einem der Umzugskartons habe man nach dem Öffnen sogleich mehrere Gerichtsakten sowie lose Aktenbestandteile entdeckt. In dem anderen Umzugskarton, sei nach dem Öffnen sogleich eine schwarze Stofftasche entdeckt worden, in der sich ebenfalls Akten befunden hätten.

Die Bekundungen der Zeugin T4 waren glaubhaft.

Zum einen deckten diese sich mit der Einlassung der Angeklagten, soweit sich diese zu den Umständen der Durchsuchung eingelassen hat. Zum anderen konnte die Zeugin detailliert und widerspruchsfrei über die Durchsuchungsmaßnahme als solche sowie ihre eigene Tätigkeit im Rahmen der Durchsuchung berichten. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht ferner, dass die Zeugin eingeräumt hat, zu der Frage, wie die Reaktion der Angeklagten auf die aufgefundenen Akten und Aktenbestandteile ausgefallen sei, keine Angaben machen zu können, weil dies von ihr selbst nicht wahrgenommen worden sei.

bb)

Neben der Aussage der Zeugin T4 beruhen die Feststellungen zum Zustand der Wohnung und zur Auffindesituation der Akten und Aktenbestandteile im zur Wohnung der Angeklagten gehörenden Keller auch auf den gemeinsam mit der Zeugin T4 in Augenschein genommenen, von ihr bei der Durchsuchung angefertigten Lichtbildern auf Blatt 97 - 117 d. A.. Die Lichtbilder zeigen dabei aus verschiedenen Blickwinkeln unter anderem das Durchsuchungsobjekt von außen sowie die einzelnen durchsuchten Räume der Wohnung der Angeklagten. Daneben dokumentieren sie die Auffindesituation der beiden Umzugskartons im zur Wohnung der Angeklagten gehörenden Kellerraum sowie die einzelnen Akten und einen Überblick über den Umfang der lose in dem Umzugskarton aufbewahrten Aktenbestandteile. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder Blatt 97 - 117 d. A. verwiesen.

cc)

Die zum Ablauf der Wohnungsdurchsuchung und zur Auffindesituation der Akten und Aktenbestandteile beruhen des Weiteren auf der Aussage des Zeugen KOK L5.

Dieser hat ebenfalls, dass die Angeklagte zunächst darum gebeten habe, dass nicht alle Durchsuchungskräfte gleichzeitig ihre Wohnung betreten sollten. Man sei daher erst nach und nach in die Wohnung eingetreten, wobei die Wohnungsdurchsuchung vollkommen problemlos verlaufen sei. Sein Kollege, KHK N1, habe der Angeklagten zunächst den Tatvorwurf erläutert und ihr den Durchsuchungsbeschluss ausgehändigt. In der Wohnung selbst habe man kein tatrelevantes Beweismaterial gefunden. Schließlich sei noch der Kellerraum der Angeklagten durchsucht worden. Dieser sei in keiner Weise vollgestellt gewesen, dort hätten aber zwei Umzugskartons gestanden. Der Zeuge schilderte, dass er einen der Kartons geöffnet habe und darin zum einen Gerichtsakten, zum anderen lose zusammenliegende Aktenbestandteile gefunden worden seien.

Auch die Aussage des Zeugen KOK L5 war glaubhaft. Dieser hat umfassend den Ablauf der Untersuchung der Wohnung und des Kellerraumes schildern können. Der Zeuge konnte hierbei zum Geschehen insgesamt detaillierte Angaben machen, den Einsatzablauf vollumfänglich und plastisch wiedergeben und erinnerte sich auch nach an Geschehnisse im Randbereich, nämlich dass die Durchsuchungskräfte versehentlich bei der Durchsuchung Wasser auf einem in der Wohnung befindlichen Bügelbrett verschüttet hätten. Die Aussage des Zeugen wurde zudem durch die im Rahmen der Vernehmung mit ihm gemeinsam in Augenschein genommenen, während der Durchsuchung von der Zeugin T4 angefertigten Lichtbilder, Blatt 97 - 117 d. A., bestätigt.

dd)

Die Feststellungen zur Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten wurden ferner durch die Aussage von Oberstaatsanwalt Dr. H2 bestätigt und ergänzt. Dieser bestätigte zum einen die Schilderungen der Zeugen T4 und L5 und schilderte insbesondere, dass er zunächst auf Bitten der Angeklagten, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht alle Durchsuchungsbeamten in der Wohnung haben wollte, nur mit dem Zeugen N1 die Wohnung betreten habe. Nachdem die Angeklagte zunächst etwas abweisend gewesen sei, was angesichts der Durchsuchungssituation aus seiner Sicht verständlich sei, hätte sich das schnell gelegt und alle Durchsuchungsbeamten seien in die Wohnung gelangt. Nachdem der Durchsuchungsgrund genannt worden sei, sei insgesamt eine ruhige und entspannte Atmosphäre eingetreten und er habe den Eindruck gewonnen, dass die Angeklagte der Durchsuchung eher wie eine Kollegin und nicht als Betroffene einer strafprozessualen Ermittlungshandlung beigewohnt habe.

Der Zeuge schilderte zudem, dass die Wohnung der Angeklagten auf ihn einen unordentlichen Eindruck gemacht habe, insbesondere habe man das Arbeitszimmer kaum als solches erkennen können und es habe teilweise so gewirkt, als wäre die Angeklagte noch im Einzug begriffen. Irgendwann sei aus dem Keller der Ruf gekommen, dass dort etwas gefunden worden sei. Er sei dann selbst in den Keller gegangen und habe dort gesehen, wie die Kollegen Akten und lose Blätter aus den Kartons entnommen hätten, die Aktenbestandteile gewesen seien. Auch die Angeklagte sei hinzugekommen, habe aber äußerlich keine Reaktion gezeigt und einen distanzierten Eindruck hinterlassen. Man habe dann noch die Durchsuchung zu Ende gebracht und Fotos der einzelnen Akten sowie der losen Blattsammlung gefertigt.

Die Bekundungen des Zeugen Dr. H2 waren glaubhaft. Diese waren von einem großen Detailreichtum geprägt und der Zeuge konnte den Ablauf der Durchsuchung in vielen Einzelheiten und Details schildern. So waren dem Zeugen insbesondere Details aus dem Randbereich der Durchsuchung, insbesondere weshalb die Angeklagte zunächst nur zwei Durchsuchungskräfte in die Wohnung lassen wollte, ebenso bekannt, wie die Geschehnisse des Kernbereichs. Schließlich sprach für die Glaubhaftigkeit der Schilderungen, dass der Zeuge von sich aus preisgab, wenn er lediglich einen subjektiven Eindruck schilderte, wie den Umstand, dass die Angeklagte kurz vor dem Abschluss der Durchsuchungsmaßnahme angegriffen gewirkt habe, als die Einsatzkräfte bereits hätten abfahren wollen.

ee)

Die Ausführungen der Zeugen T4, L5 und Dr. H2 wurden ferner durch die glaubhaften Angaben der Zeugin PK’in E4 und des Zeugen KHK N1 bestätigt, die ergänzend über die Durchsuchungsmaßnahme berichtet haben, im Übrigen aber keine über die Angaben der Zeugen RBe T4 und KOK L5 hinausgehenden Umstände bekunden konnten.

d)

Die Feststellungen unter Ziffer II. 2. k) beruhen auf den glaubhaften Angaben der Richterin am Amtsgericht C2, die die dort beschriebenen Vorgänge, wie festgestellt, glaubhaft bekundet hat.

8. Arbeitsweise der Angeklagten

a)

Die Feststellungen zur grundsätzlichen Arbeitsweise der Angeklagten sowie deren Einbindung an das Amtsgericht M1, folgen zunächst aus den Bekundungen der Zeugin X2.

Diese hat geschildert, dass sie als Justizbeschäftigte seit Februar xxxx auf der Service-Einheit der Familienabteilung tätig sei und seitdem auch mit der Angeklagten zusammen gearbeitet habe. Insgesamt habe jeder der Kollegen auf der Familienabteilung Akten von jedem Familienrichter am Amtsgericht M1 bearbeitet. Hierbei sei ihr aufgefallen, dass es durchaus Verfahren gegeben habe, in denen Akten über einen Zeitraum von mehreren Monaten auf die Angeklagte ausgetragen gewesen seien. Sie könne sich zwar nicht an die genauen Verfahren erinnern, allerdings sei es immer wieder einmal vorgekommen, das Sachstandsanfragen zur Akte gereicht oder telefonisch nach dem Stand der Sache gefragt worden sei. Zwar sei dies selbstverständlich auch bei anderen Kollegen schon einmal vorgekommen, dort allerdings wesentlich seltener. Wenn Schriftstücke mit Sachstandsanfragen oder Schriftstücke eingegangen seien, in denen die Akte bereits seit Monaten für die Angeklagte ausgetragen gewesen sei, habe sie - und die anderen Kollegen der Abteilung hätten es ebenso gehandhabt - das betreffende Schreiben auf die Tastatur des Bürocomputers der Angeklagten gelegt, damit dieses nicht übersehen werden konnte.

Dass mehrere Akten gefehlt haben, sei erst richtig aufgefallen, nachdem es im Jahre xxxx zur außerordentlichen Geschäftsprüfung gekommen sei, wobei dies vorher nicht augenfällig geworden sei, weil die fehlenden Akten sich nicht bei einem Sachbearbeiter der Geschäftsstelle konzentriert hätten, sondern jeder etwa eine Akte im Bestand gehabt habe, die in Verlust geraten sei.

Die Zusammenarbeit mit der Angeklagten sei aber gut gewesen und man sei gut miteinander ausgekommen. Mit Ausnahme der betroffenen Akten, die längerfristig nicht mehr auf die Geschäftsstelle zurückgekehrt seien, habe die Angeklagte ansonsten schnell gearbeitet und sich zumeist die Akten für den kommenden Tag bereits tagsüber aus dem Fach der Geschäftsstelle geholt.

Die Schilderungen der Zeugin X2 waren glaubhaft. Diese hat detailliert die Zusammenarbeit mit der Angeklagten in der Familienabteilung beschrieben. Hierbei hat die Zeugin die ihr erinnerlichen Umstände ohne jeden Belastungseifer geschildert und hat sich im Gegenteil durchaus auch positiv über die Arbeitsweise der Angeklagten geäußert, die die allermeisten Verfahren betroffen habe. Die Ausführungen der Zeugin X2 waren auch deshalb besonders glaubhaft, weil sich diese mit den Schilderungen der Zeuginnen X1 und C6 gedeckt haben.

b)

So hat die Zeugin X1 die Ausführungen der Zeugin X2 bezüglich der Arbeitsteilung auf der Service-Einheit der Familienabteilung, auf der sie wie die Zeugin X2 als Justizbeschäftigte tätig ist, bestätigt. Daneben konnte sie die auch von den Zeugen L2, C2 und F1 Beschreibung des Zustands des Dienstzimmers der Angeklagten bestätigen. Übereinstimmend mit der Zeugin X2 schilderte die Zeugin insbesondere, dass bei jedem Mitarbeiter der Geschäftsstelle am Ende eine Akte der Angeklagten gefehlt habe.

Zudem hat die Zeugin X1 bekundet, dass sie ebenfalls mit der Angeklagten als Mitarbeiterin der Geschäftsstelle dienstlich zusammengearbeitet habe. Im Dienstzimmer der Angeklagten habe es stets verschiedene familienrechtliche Verfahren gegeben, die sich unter anderem auch längere Zeit auf der Fensterbank befunden hätten. Einige Akten, die unter anderem auch an anderen Stellen im Dienstzimmer verstreut gewesen seien, seien monatelang nicht bewegt worden, so dass sie als Mitarbeiterin der Geschäftsstelle bei einigen Aktenstapeln im Dienstzimmer - sie schätze, dass die Angeklagte ca. 20 Akten der Familienabteilung in ihrem Dienstzimmer gelagerte habe - über lange Zeit sogar habe sagen können: "Die dritte Akte von oben ist meine". Insgesamt sei hiervon aber nur ein kleiner Teil der Verfahren betroffen gewesen. Es habe sich um "dicke Akten" gehandelt, an denen entweder "eine schwierige Klientel" beteiligt oder die in sonstiger Hinsicht "schwierig" gewesen seien. Andere Verfahren, insbesondere Scheidungen oder einfach gelagerte Umgangsverfahren, seien aber ganz normal bearbeitet worden.

Sie habe die Angeklagte auch immer wieder auf Verfahren angesprochen, allerdings habe diese dann immer nur abgewiegelt und geschildert, dass sie die Sachen jetzt erledigen würde. Das habe auch für Sachstandsanfragen gegolten, die sie teilweise nur bestätigend zur Kenntnis genommen habe, ohne dass die Akte dann bearbeitet worden sei. Darüber hinaus habe auch die im Jahr xxxx verstorbene Direktorin des Amtsgerichts E2 nahezu jede Woche auf der Geschäftsstelle danach gefragt, wie es derzeit laufe. Dass die Angeklagte Akten liegen gelassen habe, sei ihr erstmals vor fünf oder sechs Jahren aufgefallen.

Von familiären Problemen habe die Angeklagte nicht gesprochen. Sie habe lediglich davon berichtet, dass sie viel für ihre Mutter mache, mit dieser täglich in Kontakt gestanden habe und auch für diese eingekauft habe.

Die Zeugin X1 schilderte schließlich, dass sie sich nicht habe erklären können, warum die Akten liegen geblieben seien. Sie habe indes den Eindruck gehabt, dass die Arbeitsbelastung aufgrund des Mischpensums mit den Strafsachen vielleicht zu hoch gewesen sei, zumal "Mischpensen" aus ihrer Sicht von sich aus eine höhere Belastung begründen würden.

Die Schilderungen der Zeugin JBe X1 waren - soweit sie die Feststellungen tragen - detailliert, widerspruchsfrei und in jeder Hinsicht überzeugend. Die Zeugin konnte dezidiert die Arbeitsabläufe auf der Geschäftsstelle und den Zustand des Dienstzimmers der Angeklagten in den vergangenen Jahren wiedergeben, ohne dass eine einseitige Belastungstendenz erkennbar war. Vielmehr hat die Zeugin selbst bekundet, dass es ihr um die Angeklagte leid tue und es letztlich - was die Zeugin indes selbst nur vermutet hat und von der Angeklagten selbst in Abrede gestellt wurde - die Arbeitsbelastung möglicherweise zu hoch ausgefallen sei.

c)

Schließlich hat auch die Zeugin C6, die als Justizbeschäftigte ebenfalls auf der Service-Einheit der Familienabteilung eingesetzt ist, bekundet, dass sich die Situation bezüglich liegen gebliebener Akten der Angeklagten in den letzten Jahren aufgebaut habe. Obgleich sie bei Sachstandsanfragen immer wieder Vermerke für die Angeklagte gefertigt habe oder Verfahrensbeteiligte direkt durchgestellt habe, sei in den betreffenden Akten danach nichts geschehen. Die Angeklagte habe auf direkte Ansprache immer nur wiederholt, dass sie sich um die Sache kümmern wolle, was dann aber nicht geschehen sei. Sie habe immer wieder intensiv gegenüber der Angeklagten insistiert, nun doch endlich die Sachen zu bearbeiten. Geschehen sei allerdings nichts. An die Verwaltung habe sie sich gleichwohl nicht gewandt, weil sie und die anderen Mitarbeiter der Familienabteilung davon ausgegangen seien, dass der Verwaltung die Situation bewusst gewesen sei, da sich die im Jahr xxxx verstorbene Direktorin des Amtsgerichts E2 wöchentlich nach dem Stand der von der Angeklagten bearbeiteten erkundigt habe.

Die Situation sei für sie als Geschäftsstellenmitarbeiterin irgendwann aber sehr belastend gewesen, weil ihr selbst - obgleich sie aus ihrer Sicht nichts habe ändern können - mit Dienstaufsichtsbeschwerden gedroht worden sei und ein verzweifelter Vater einmal angerufen und gesagt habe: "Wie kann es denn sein, dass ein Richter meine Sachen nicht bearbeitet." Auch nachdem in einer Familiensache eine Rechtsanwältin sehr böse auf eine Nichtbearbeitung der Akte reagiert habe, habe die Angeklagte die Akten nicht weiter bearbeitet.

Schließlich bestätigte die Zeugin, dass auch in ihrem Dezernat eine Akte, nämlich das Verfahren 5 F 90/18, nicht mehr aufzufinden gewesen sei.

Trotz dieser belastenden Situation die Angeklagte auf sie einen entspannten und sicheren Eindruck gemacht und in keiner Weise überfordert gewirkt. Auch sei die Dezernatsbelastung, was durch die ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Belastungszahlen der Jahre xxxx bis xxxx bestätigt wurde, konstant geblieben. Insgesamt habe die Angeklagte einen Großteil der Akten zügig bearbeitet, während in anderen Sachen nichts geschehen sei. Insbesondere habe die Angeklagte nie geäußert, dass sie nicht mehr könne oder die Arbeit ihr zu viel werde.

Daneben beschrieb die Zeugin das Verhältnis zur Angeklagten als überaus gut und freundlich, so dass man auch immer wieder einmal privat miteinander gesprochen habe.

d)

Auch der Justizbeschäftigte E5 hat die Schilderungen der vorgenannten Zeuginnen bestätigt und ebenfalls geschildert, dass die Angeklagte auf ihn nicht überlastet gewirkt habe, zumal sie sich mehrfach am Tag ihre Akten geholt habe. Auch der Zeuge E5 schilderte, dass man der früheren Direktorin E2 von unbearbeiteten Verfahren berichtet habe. Etwaige Verhaltensauffälligkeiten der Angeklagten seien ihm nicht aufgefallen.

e)

Dass sich die von den Zeugen X2, X1, C6 und E5 beschriebenen Probleme nicht nur auf das von der Angeklagten geführte familienrechtliche Dezernat bezogen, ergibt sich aus der Aussage des Zeuge F1. Dieser hat bekundet, dass es - wenngleich die Zusammenarbeit mit der Angeklagten angenehm gewesen sei und diese die allermeisten Verfahren zügig bearbeitet habe - ab einem gewissen Zeitpunkt Sachstandsanfragen von Verteidigern und der Staatsanwaltschaft gegeben habe. Ihm sei dann aufgefallen, dass es mehrere Akten gegeben habe, die längere Zeit im Dienstzimmer der Angeklagten blieben und nicht mehr auf die Geschäftsstelle zurückkehrten.

Dass dies nicht vorher bemerkt worden sei, liege daran, dass er bei der Aktenvorlage an einen Richter keine Fristen notiere, so dass eine längerfristige Nichtbearbeitung oder auch das Fehlen einer Akte zum Teil erst nach langer Zeit bemerkt wird. Auch führe er keinen eigenen Fristenkalender, in dem er das jeweilige Terminergebnis eintrage, weil er von dem Ergebnis eines Termins immer erst später erfahre. Denn die Akten gelangten in der Regel nicht unmittelbar an ihn zurück, sondern zunächst entweder vom jeweiligen Protokollführer oder auch direkt vom zuständigen Richter weiter bearbeitet.

Er habe die Sachstandsanfragen dann an die Angeklagte weitergeleitet, indem er diese entweder direkt auf den Schreibtisch oder diese mit einem Klebezettel in das Fach der Angeklagten auf der Geschäftsstelle gelegt habe, in der Erwartung, dass die Sachstandsanfragen sodann erledigt werden. Anfangs seien es zudem nur wenige Akten gewesen, die längere Zeit nicht mehr zur Geschäftsstelle zurückkehrten, irgendwann ab dem Jahr xxxx sei die Anzahl dann merklich angestiegen. Im Jahr xxxx seien zum wiederholten Male Sachstandsanfragen eingegangen und es sei - auch ihm - seitens der Verfahrensbeteiligten mit dienstrechtlichen Konsequenzen gedroht worden. Er habe dann beispielsweise bei der Staatsanwaltschaft angerufen und mitgeteilt, dass die Sachstandsanfrage vorgelegt worden sei und habe irgendwann die besagte Liste mit Verfahren angelegt, in denen keine Urteile gesprochen worden seien.

f)

Die Kammer ist angesichts der Ausführungen der Zeugen X2, X1, C6 E5 und F1 davon überzeugt, dass die Angeklagte im Amtsgericht M1, wie festgestellt, gut integriert und durchaus beliebt war. Zudem bestätigten die Zeugen, dass die Angeklagte manche Akten einerseits über viele Monate oder noch länger und trotz mehrfacher Erinnerung oder Drucks von außen keiner Bearbeitung zugeführt hat. Zum anderen schilderten die Zeugen übereinstimmend, dass insgesamt mehrere Akten verschwunden seien und hätten rekonstruiert werden müssen.

e)

Die Feststellungen, wann im richterlichen Kollegenkreis erstmals Unregelmäßigkeiten in der Arbeitsweise auffielen, wie die Angeklagte auf Vorhalte aus dem Kollegenkreis reagierte sowie die weitere Arbeitsweise der Angeklagten am Amtsgericht M1, beruhen auf den ausführlichen und detaillierten Angaben des Zeugen M2.

Dieser hat bekundet, dass er die Angeklagte bereits seit ca. sieben Jahren kenne und er nicht nur ein kollegiales, sondern auch freundschaftliches Verhältnis zur Angeklagte gepflegt habe. In den vergangenen Jahren habe man sich wechselseitig in Strafsachen vertreten, wobei die Vertretung nahezu als Vollvertretung ausgestaltet gewesen sei. Hierbei sei ihm dienstlich im Hinblick auf die Arbeitsweise der Angeklagten nichts aufgefallen, insbesondere habe er nicht bemerkt, dass Akten möglicherweise zu lange unbearbeitet geblieben seien.

Der Zeuge bestätigte zudem, dass die Angeklagte im Gericht gut vernetzt und im sozialen Umgang beliebt gewesen sei. Sie sei stets für Kollegen ansprechbar gewesen und ihre Qualifikation im materiellen Recht wie auch im Prozessrecht sei sehr gut gewesen, weshalb er mit ihr gerne fachlich diskutiert habe. Auch im Familienrecht hätten Kollegen berichtet, dass gerade in schwierigeren Verfahren betreffend das Umgangsrecht, die Angeklagte eine gute Ansprechpartnerin gewesen sei. Stressige Phasen habe es für die Angeklagte überdies ein paar Mal gegeben, wenn sie außerplanmäßig Kollegen habe vertreten müssen. Diese Phasen seien allerdings wieder vorüber gegangen.

Im Februar xxxx sei offiziell bekannt geworden, dass die Angeklagte offenbar mehrfach Urteile in Strafsachen nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht habe. Danach sei aber erstmal nicht besonders viel geschehen, auch weil kurz darauf mit der Corona-Pandemie der "Lockdown" ausgerufen worden sei und auch am Gericht nur noch wenig Termine abgehalten worden seien. Einige Wochen später habe man sich im Präsidium aber überlegt, wie man aufgrund der Probleme mit den Urteilabsetzungsfristen und offenbar auch bekannt gewordenen Problemen in der Familienabteilung, die ihm nicht näher bekannt gewesen seien, umgehe. Man habe dann beschlossen, dass das familienrechtliche Dezernat von der Direktorin des Amtsgerichts L2 übernommen wird, während die Angeklagte deren Ordnungswidrigkeitensachen übernehmen sollte. Wenige Wochen später sei die Angeklagte sodann aber ohnehin erkrankt. Er habe allerdings mitbekommen, dass die Angeklagte noch Urteile in Strafsachen hätte absetzen müssen und dies wohl - wobei er die einzelnen Verfahren nicht gekannt habe - bis zur Erkrankung teilweise nicht mehr geschehen sei.

Im selbst seien die ersten Unregelmäßigkeiten im Herbst xxxx bekannt geworden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Zeuge F1 auf ihn zugekommen und habe ihm von einer Anzahl an Strafurteilen berichtet, die nicht abgesetzt worden seien. Konkret habe es sich um ca. 12-13 Verfahren gehandelt, wobei die Frist zwischen mehreren Wochen bis hin zu vielen Monaten überschritten worden waren. Die ganze Sache habe ihn vollkommen überrascht und auch der Zeuge F1 habe sich mit ihm gefragt, was man jetzt machen solle, zumal dieser die Angeklagte bereits angesprochen habe, aber keine Reaktion erfahren habe.

Der Zeuge M2 berichtete, dass er sich erst einmalige Tage habe Mut ansammeln müssen und habe dann die Angeklagte zur Rede gestellt. Hierbei habe die Angeklagte aber kaum reagiert, sondern lediglich gesagt: "Ach? Ja, weiß ich auch nicht. Ich muss da mal nachgucken." Die Angeklagte habe mehr eigentlich nicht gesagt und er habe ihr sodann seine Hilfe angeboten und der Angeklagten geraten, die Urteile schnellstmöglich am Wochenende abzufassen. Trotz dieses unangenehmen Gesprächsinhalts sei die Angeklagte nur fünf bis zehn Minuten später wieder bei ihm im Büro gewesen und habe vollkommen ungerührt über einen anderen Fall gesprochen, als wäre nichts gewesen.

Nachdem er die Angeklagte einige Tage später wieder angesprochen habe, habe diese lediglich berichtet, dass sie bislang noch nicht dazu gekommen sei. Der Zeuge M2 schilderte, dass er nochmals eindringlich darauf hingewirkt habe, die Urteile abzufassen, was allerdings auch nach seinem eigenen Urlaub und über den Jahreswechsel xxxx / xxxx nicht geschehen sei. Dadurch, dass er gemerkt habe, dass die Angeklagte gar nicht reagiere, habe er seinen Kollegen L1 angesprochen, der ebenfalls mit der Angeklagten gesprochen habe, aber ebenfalls an diese nicht herangekommen sei.

Als im Februar xxxx der Zeuge F1 zur Verwaltung gegangen sei, sei er, der Zeuge M2, gerade krank gewesen. Er habe dann eine Mitteilung erhalten, dass das Büro der Angeklagten ausgeräumt worden sei und "etwas Offizielles" geschehen werde. Als er von den Kollegen erfahren habe, dass niemand der Angeklagten Bescheid gegeben hatte, habe er sich entschlossen, diese am Sonntag selbst anzurufen. In diesem Gespräch habe er der Angeklagten berichtet, dass ihr "die Sache um die Ohren geflogen" sei und der Zeuge F1 der Verwaltung berichtet habe. Die Angeklagte habe darauf kaum reagiert, gleichgültig gewirkt und lediglich erklärt, dass sie dann wohl einen Anruf der stellvertretenden Direktorin erhalten werde und sie "dann mal sehen" werde. Nach diesem Gespräch habe er seiner Frau von dem Inhalt des Gesprächs berichtet und sich gesagt: "Jetzt ist es amtlich. Die hat ne Macke. Die hat nicht verstanden, was da los ist."

Auch nachdem die Angeklagte sodann wieder zum Dienst erschienen war, habe sie den Dienst aufgenommen, als sei nichts gewesen. Er habe dabei den Eindruck gehabt, die gesprochene Information bezüglich der ausstehenden Urteile erreiche die Angeklagte durchaus, nur habe sie keine Entscheidung treffen können. Diesbezüglich könne man aber nicht sagen, dass die Angeklagte keine Lust auf die Verfahren gehabt habe, zumal die noch erforderlichen Tätigkeiten weder unangenehm noch umfangreich gewesen seien.

Erst irgendwann ca. ab März xxxx habe die Angeklagte die Problematik realisiert, habe aber auch dann teilweise Urteile nicht absetzen können, so dass er teilweise in einzelnen Verfahren die Urteile vorgeschrieben und der Angeklagten vorgelegt habe. Dann habe die Angeklagte diese unterschrieben und teilweise vorher noch korrigiert, habe diese dann also bearbeiten können.

Der Zeuge schilderte schließlich, dass er zu keinem Zeitpunkt mitbekommen habe, dass die Anwaltschaft, zu der er ein gutes Verhältnis pflege, oder die Staatsanwaltschaft auf die Arbeitsweise der Angeklagten negativ reagiert hätten. Er habe erst später erfahren, dass teilweise wohl sehr viele Sachstandsanfragen gestellt worden seien, wobei er zu den familienrechtlichen Verfahren keine Angaben machen könne. Er habe an sich immer nur Lob für die gute Verhandlungsführung und die kurzen Verfahrenslaufzeiten mitbekommen. Von Seiten der Staatsanwaltschaft oder der Amtsanwälte sei er ebenfalls nie angesprochen oder auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen worden. Nur in einem einzelnen Verfahren habe ein Rechtsanwalt einmal gesagt, dass es ein Verfahren bei der Angeklagten gebe, in dem es nicht weiter gehe.

Er habe vor dem Jahr xxxx auch nie bemerkt, dass die Angeklagte in psychischer Hinsicht möglicherweise beeinträchtigt sein könnte. Erst dann habe er den Eindruck gehabt, dass mit der Angeklagten etwas nicht stimme. Er gehe nicht davon aus, dass sie andere bewusst geblendet habe. Sie habe schlicht nicht reagiert.

Sie habe im Übrigen aber viel Zeit mit ihrer Mutter verbringen müssen, um die sie sich gekümmert und deren Dinge sie geregelt habe. Mit ihrer Mutter müsse die Angeklagte wohl immer wieder viel diskutieren, weil diese eher schwierig gewesen sei.

g)

Die Feststellung, dass sich die Angeklagte nach ihrer eigenen Einlassung nicht überlastet gefühlt hat, wird zudem durch die im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführte Zählkartenstatistik der von der Angeklagten bearbeiteten Strafsachen und Familiendezernate der Jahre xxxx bis xxxx bestätigt.

Der Bestand in der Organisationseinheit 5 (Strafsachen) stellte sich hierbei in den Jahren xxxx bis xxxx (ohne Erledigungen auf sonstige Art und Weise) wie folgt dar:

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

Bestand zu Beginn des Jahres (Januar)

57

58

49

79

94

Eingänge Jahressumme

181

167

197

211

173

Erledigungen Jahressumme

180

176

167

196

171

Bestand am Ende des Jahres (Dezember)

51

53

77

92

94

Der Bestand in der Organisationseinheit 66 (Familiensachen) stellte sich hierbei in den Jahren xxxx bis xxxx (ohne Erledigungen auf sonstige Art und Weise) wie folgt dar:

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

Bestand zu Beginn des Jahres (Januar)

109

131

131

135

148

Eingänge Jahressumme

377

318

276

285

298

Erledigungen Jahressumme

355

318

272

272

295

Bestand am Ende des Jahres (Dezember)

131

131

135

148

151

Der Bestand in der Organisationseinheit 52 (Familiensachen) stellte sich hierbei in den Jahren xxxx bis xxxx (ohne Erledigungen auf sonstige Art und Weise) wie folgt dar:

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

Bestand zu Beginn des Jahres (Januar)

Eingänge Jahressumme

Erledigungen Jahressumme

Bestand am Ende des Jahres (Dezember)

Der Bestand in der Organisationseinheit 55 (Familiensachen) stellte sich hierbei in den Jahren xxxx bis xxxx (ohne Erledigungen auf sonstige Art und Weise) wie folgt dar:

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

Bestand zu Beginn des Jahres (Januar)

15

15

Eingänge Jahressumme

Erledigungen Jahressumme

Bestand am Ende des Jahres (Dezember)

15

15

Aus den Beständen wird ersichtlich, dass diese zwar mit den Jahren teilweise angestiegen sind, die Erledigungsleistung aber in keiner Weise gravierend abgefallen ist. Darüber hinaus hat die Angeklagte selbst bekundet, dass die Arbeitsbelastung unter allen Kollegen im Wesentlichen identisch ausfiel und sie daher eine Überlastung nicht verspürt habe.

9. Schuldfähigkeit der Angeklagten

Das Verhalten der Angeklagten bezüglich sämtlicher festgestellter Taten führte zur Überzeugung der Kammer nicht dazu, dass es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der psychologischen Funktionsfähigkeit der Angeklagten kam, die eine Anwendung des § 21 StGB rechtfertigen würde.

Die Entscheidung, ob die Angeklagte im Tatzeitraum aufgrund eines der in § 20 StGB aufgeführten Eingangsmerkmale ohne Schuld gehandelt hat oder eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB vorliegt, erfolgt anhand einer mehrstufigen Prüfung. Die Prüfung setzt zunächst die Feststellung voraus, dass die Angeklagte im Tatzeitraum an einer psychischen Störung gelitten hat, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB subsumiert werden kann. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein. Hierzu ist das Gericht jeweils für die Tatsachenbewertung auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen. Gleichwohl handelt es sich bei der Frage des Vorliegens eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB bei gesichertem Vorliegen eines psychiatrischen Befunds wie bei der Prüfung der aufgehobenen oder erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit um Rechtsfragen. Deren Beurteilung erfordert konkretisierende und widerspruchsfreie Darlegungen dazu, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 05.02.2019 - 2 StR 505/18, Rn. 5 m.w.N., juris). Im vorliegenden Fall lag zu den maßgeblichen Tatzeitpunkten bereits keine psychische Störung der Angeklagten vor, die unter eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB hätte subsumiert werden können. Die Kammer hat sich für die Frage, ob eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB gegeben ist, der Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens bedient.

Der Sachverständige Dr. med. H5 hat seinem in der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Sachverständigengutachten den Inhalt der Hauptakten nebst sämtlichen Beiakten und die im Rahmen des Disziplinarverfahrens am xx.xx.xxxx erfolgte Exploration sowie die durch Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung erlangten Erkenntnisse zugrunde gelegt. Daneben sind auch die aus der erneuten Exploration der Angeklagten im Rahmen des vorliegenden Verfahrens am xx.xx.xxxx gewonnenen Erkenntnisse in die Begutachtung eingeflossen.

a)

Im Rahmen seiner Gutachtens führte der Sachverständige aus, dass die Angeklagte ihm von einer Arbeitsblockade berichtet habe, wobei sie nicht genau habe angeben können, wann diese eingesetzt habe, jedenfalls habe diese sich schleichend entwickelt. Sie habe bestimmte Akten immer wieder vorgelegt bekommen und sich dann innerlich vorgenommen, diese besonders gut bearbeiten zu müssen. Dazu sei sie dann aber nicht gekommen, wodurch sich weitere negative Gefühle eingestellt hätten. Sie habe sich dann gefragt, was die Leute wohl denken mögen, was da geschehe und wie das möglich sei. Trotzdem habe sie die Akten dann nicht bearbeitet, sondern zur Seite gelegt, wodurch die negativen Gefühle und Fragen verdrängt worden seien. Irgendwann habe sie die nicht erledigten Akten gestapelt und sich immer wieder gesagt, dass sie diese jetzt bearbeiten müsse. Zum Teil habe sie dies auch kurz geschafft, dann aber wieder eine Ausrede gefunden, weshalb eine andere Akte nun wichtiger sei. Obgleich sie die Akten auf ihrer Fensterbank im Gesichtsfeld habe liegen sehen, habe sie die Akten ausgeblendet. Diese seien ihr bei Nachfragen zwar immer wieder kurz in Erinnerung gerufen worden, wodurch sie sich wieder gesagt habe, dass sie die Akten nun endlich bearbeiten müsse, habe die Akten dann aber doch wieder weggelegt und diese ausgeblendet. Sie habe sich gefragt, ob dies unter Umständen mit ihrem Charakter zusammenhänge, da sie sich selbst als Konfliktscheu beschreiben würde, die Dinge eher runterschlucke und verdränge.

Auf ihre Arbeitssituation angesprochen, habe die Angeklagte davon berichtet, dass sie meist zwischen 09:00 Uhr und 10:00 Uhr ins Gericht gekommen sei und zwischen 18:00 Uhr bis 19:00 Uhr wieder nach Hause gefahren sei. Ihre Sitzungstage habe sie indes immer um 09:00 Uhr begonnen. Sie habe sich - vielleicht mit Ausnahme der angeklagten Taten - nicht überlastet gefühlt. Dadurch, dass sie sich nicht überlastet gefühlt habe, habe sie auch keine professionelle Hilfe in Anspruch genommen, auch weil sie eigene Probleme ausgeblendet habe, bis sie hiermit konfrontiert worden sei. Insgesamt habe sie der Akteneingang auch nicht zahlenmäßig belastet oder überfordert, vielmehr sei die Belastung mentaler Natur gewesen. Sie habe sich zwar ein, zwei Mal selbst gefragt, ob mit ihr etwas nicht stimme, daraus aber keine Konsequenzen gezogen und negative Folgen ausgeblendet.

Sie habe ab dem Sommer xxxx gemeinsam mit ihrem Therapeuten versucht zu ermitteln, welche Gemeinsamkeiten die betreffenden Akten gehabt hätten. Indes sei es nicht gelungen, dies aufzuklären, da die Fallgestaltungen vielschichtig gewesen seien und zudem meist nicht einmal besonders schwierig oder problematisch gewesen seien. Sie habe erst Vorhalte von Kollegen, insbesondere des Richters am Amtsgericht M2 sowie eine im Jahr xxxx erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde ihre Blockade realisiert. Sie habe damals einerseits Panik verspürt und habe sich andererseits ertappt gefühlt. Danach habe sie die betreffenden Akten jedoch erneut einfach ausgeblendet.

Der Sachverständige führte aus, dass der psychologische Befund der Angeklagten vollkommen unauffällig ausfalle. Er habe die Angeklagte über einen Zeitraum von mehreren Stunden psychiatrisch exploriert. Hierbei sei aufgefallen, dass die Angeklagte die innerseelischen Zusammenhänge zu der von ihr beschriebenen Blockade nicht habe erläutern können. Sämtliche Antriebsqualitäten seien zudem im Normbereich, mit Ausnahme der anamnestisch geschilderten Blockade. Der formale Gedankengang sei vollständig geordnet und es habe keinerlei Anhaltspunkte für inhaltliche Denkstörungen, Ich-Störungen, Trugwahrnehmungen oder andere psychotische Epiphänomene gegeben. Insbesondere seien auch das Konzentrationsvermögen sowie die Aufmerksamkeitsleitung ungestört und es bestehe eine überdurchschnittliche intellektuelle Begabung. Auch sei von externer Seite, insbesondere durch die Schilderungen der Zeugen, eine positive Beurteilung der Arbeitsleistung der Angeklagten hervorgehoben worden, die diese als kompetent, sicher in ihrem Urteil und kommunikativ beschrieben hätten.

b)

Aufgrund der seitens der Angaben der Angeklagten im Rahmen der Exploration, die sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt habe, und den Schilderungen der Zeugen leide die Angeklagte an Prokrastination.

Hierbei handele es sich um eine Verhaltensstörung, die dadurch definiert sei, dass sich Menschen in einem Konflikt zwischen dem, was zweckmäßigerweise getan werden müsse, und dem, was man tatsächlich gerne täte, befinden würden und dieser Konflikt solange wie möglich zugunsten dessen gelöst werde, was man lieber mache. Hierbei führe die Beschäftigung mit den jeweiligen Alternativmöglichkeiten dazu, dass die betroffene Person eine Druckentlastung verspüre. Insgesamt sei die Angeklagte jedoch nicht langsam gewesen oder habe getrödelt, da derartige Personen die an sie gestellte Aufgabe schlussendlich erledigen würde, was bei der Prokrastination ausbleibe.

Der Begriff der Prokrastination habe bislang zwar keinen Eingang in die internationale Klassifikation psychischer Erkrankungen der WHO (ICD-10) und auch keinen Eingang in das Diagnosemanual der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft (DSM-5) gefunden. Gleichwohl handele es sich um eine pathologische Verhaltensstörung, die für die jeweils Betroffenen zu einem subjektiven Leidensdruck führen könne und mit erheblichen persönlichen Nachteilen verbunden sei. Als eigenständiges Krankheitsbild müsse das Arbeitsverhalten der Angeklagten demgemäß im Wege der Analogie unter die sonstigen abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle (ICD-10 F 63.8) gefasst werden.

Die Tatsache, dass die Angeklagte unter einer Prokrastination leide, habe er neben den Ausführungen während der Exploration anhand verschiedener testpsychologischer Untersuchungen ermittelt. So habe die Psychologin Dr. B4 I6 einen sogenannten Allgemeinen Prokrastinations-Fragebogen erstellt, den er der Angeklagten vorgelegt habe. Anhand dieses Fragebogens könne nicht nur ein Hinweis für eine Prokrastination, sondern auch für eine Aufgabenaversivität, also die Stärke der unangenehmen Gefühle gegenüber solchen wichtigen Aufgaben sowie die Alternativenpräferenz, mithin die Bereitschaft, weniger wichtige Tätigkeiten vorzuziehen, ermittelt werden. Im Rahmen dieses Fragebogens, habe die Angeklagte einen Wert von 6 für den Bereich der Prokrastination erreicht, wobei der Mittelwert bei 3,75 +/- 1,36 gelegen habe. Die Angeklagte habe 42 von 49 möglichen Punkten erreicht, so dass der Wert der Prokrastination deutlich im pathologischen Bereich liege. Demgegenüber habe der Wert für Aufgabenaversivität bei 3,8 gelegen, was dem Normwert entspreche, der bei 3,87 +/- 1,30 liege. Schließlich habe der Wert der Alternativenpräferenz 5,6 erreicht und damit ebenfalls außerhalb des Normbereichs gelegen, der bei 3,62 +/- 1,38 zu verorten sei. Anhand dieses Tests habe sich bereits ein deutliches Anzeichen einer Arbeitsstörung gezeigt, durch welche die Angeklagte aber weniger leide, sich aber im Konfliktfall zwischen der eigentlich zu bearbeitenden Aufgabe und der Alternative vermehrt für die Alternative entscheidet.

Der Sachverständige schilderte auf der anderen Seite, dass er schließlich mit der Angeklagten im Rahmen der Persönlichkeitsdiagnostik insgesamt 106 Fragen zur Selbsteinschätzung der Persönlichkeit vorgelegt habe. Im Rahmen der Testung habe die Angeklagte in keinem der im Testverfahren untersuchten Persönlichkeitsstörungen die erforderlichen Werte erreicht. Es seien zwar für die sogenannte vermeidendselbstunsichere Persönlichkeit drei von sieben Fragen und für den Bereich der zwanghaften Persönlichkeitsstörung drei von acht Fragen dergestalt beantwortet worden, dass dies für die jeweilige Störung spreche, allerdings hätten die etwas erhöhten Items in diesen beiden Bereichen keinen Krankheitswert, sondern hätten den charakterlichen Eigenschaften der Angeklagten entstammt. Einen Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung sei nicht auffindbar. Die Verdrängung der Angeklagten sei hierbei umfassend gewesen und die Angeklagte habe bezüglich der im Keller aufgefundenen Akten diese dorthin verbracht, um diese in gewisser Weise optisch zu löschen und nicht mehr permanent an das Vorhandensein der an sich bestehenden Aufgabe erinnert zu werden. Dasselbe gelte für die weiteren Akten, die die Angeklagte zwar eine Zeitlang sichtbar im Büro aufbewahrt habe, aber ebenfalls nicht habe bearbeiten können.

Konkret auf einzelnen festgestellten Taten bezogen, sei der Grund der festgestellten Handlungsweisen in jedem der einzelnen Fälle die Prokrastination gewesen. Was aus sachverständiger Sicht nicht festzustellen gewesen sei, sei der Grund der Prokrastination und die Frage, weshalb die Prokrastination sich auf die einzelnen Akten derart massiv ausgewirkt habe, dass diese trotz Ansprache von Kollegen nicht bearbeitet worden sei.

Eine Ursache der Prokrastination könne darin gelegen haben, dass die Angeklagte ein sehr kollegiales Verhalten erfahren habe, welches ab einem gewissen Zeitpunkt zu kollegial ausgefallen sei. Aus diesem Grund habe sie eigene Probleme nicht artikulieren können, weil diese bei ihr Scham- und Schuldgefühle ausgelöst hätten, zumal die Angeklagte sich selbst bereits früh als konfliktscheu beschrieben habe, die den Erwartungen anderer gerecht werden wolle. Ein weiterer auslösender Faktor, könne zudem in der richterlichen Unabhängigkeit erblickt werden, die Kontrollen in der Arbeitsweise erschwere, so dass Probleme im Arbeitsverhalten über einen längeren Zeitraum würden unentdeckt bleiben können. Der Sachverständige schilderte, dass der Grund der Prokrastination indes letztlich nur eine Hypothese seinerseits sei, wenngleich diese letztlich am Plausibelsten erscheine. Die Prokrastination habe sich jedenfalls derart gefestigt, dass die Angeklagte zu einer dysfunktionalen Lösungsstrategie gegriffen habe. Die beschriebene Blockade sei dann Fluch und Segen zugleich, da die Nichtbearbeitung ein innerseelisches Gleichgewicht einerseits hervorrufe, gleichzeitig aber auch dysfunktionale Handlungsmuster provoziere. Aus sachverständiger Sicht sei es dabei unerklärlich, weswegen die Prokrastination auch Fallgestaltungen betroffen habe, die objektiv betrachtet, weder schwer noch in irgendeiner Form aufwendig gewesen seien. Gleichwohl schließe der Umstand, dass einige der Akten an sich in wenigen Minuten hätte bearbeitet werden können, eine Prokrastination nicht aus.

d)

Der Sachverständige schilderte, dass anhand der dargestellten Anknüpfungstatsachen aus ärztlicher Sicht keines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB gegeben sei.

aa)

So habe sich im Zuge der Exploration, aber auch unter Berücksichtigung der testpsychologischen Diagnostik kein Anhaltspunkt für das Bestehen einer psychischen Störung im Sinne einer krankhaft seelischen Störung ergeben. Zwar sei die Beziehung zur Mutter der Angeklagten mit Problemen behaftet und verlaufe nicht frei von Spannungen. Näher ausgewirkt habe sich dies auf psychiatrischer Ebene jedoch nicht. Es seien keine Auffälligkeiten in der frühkindlichen Entwicklung, während der Schul- oder Studienzeit sowie auf zwischenmenschlicher Ebene bei der Arbeit, zu beobachten gewesen. Vielmehr sei die Angeklagte auch seitens der vernommenen Zeugen durchweg als freundlich, zuverlässig und kommunikativ beschrieben worden. Darüber hinaus habe die Angeklagte einen Großteil der angefallenen Arbeit vollkommen unauffällig und zuverlässig erledigt und besaß deshalb durchaus einen guten Ruf in der Kollegenschaft. Wäre eine psychische Störung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung vorhanden, wäre dies nicht der Fall gewesen. Auch könnte eine alternativ denkbare psychische Erkrankung im Sinne einer Depression ausgeschlossen werden. Denn eine depressive Erkrankung zeichne sich durch eine globale Störung aus und erstrecke sich auf den gesamten Lebensbereich. Je nach Schweregrad der Störung sei es gar so, dass an einer Depression erkrankte Personen derart beeinträchtigt seien, dass diese kaum mehr aufstehen oder gar ins Gericht fahren könnten. Vorliegend seien aber auch keine Anhaltspunkte für eine leichte depressive Störung ersichtlich, da sich eine solche Störung nicht lediglich auf die konkret festgestellten Akten beschränkt hätte. Eine hirnorganische Störung liege ebenfalls nicht vor, da auch deren Auswirkungen globaler Natur gewesen wären und auch das gesamte sonstige Verhalten der Angeklagten, sei es bezüglich der festgestellten Taten, sei es im sonstigen Umgang, in keiner Weise mit einer hirnorganischen Ursache vereinbar sei.

bb)

Angesichts der vorstehenden Umstände hätten sich aus sachverständiger Sicht auch keinerlei Anhaltspunkte für eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung ergeben und eine Intelligenzminderung sei angesichts der größtenteils ordnungsgemäß verlaufenden Arbeitsweise der Angeklagten ersichtlich nicht gegeben.

cc)

Es liege aus sachverständiger Sicht auch kein Anhaltspunkt für eine schwere andere seelische Störung vor. Dies folge daraus, dass die Arbeitsblockade nur einen sehr geringen Anteil der zu bearbeitenden Akten beeinflusst habe und die Angeklagte 95 Prozent der Verfahren ohne Schwierigkeiten habe abarbeiten können. Die Problematik der Arbeitsblockade habe daher nur einen sehr kleinen Teilbereich ihrer Arbeit betroffen. Zudem habe die Angeklagte durch eine Unterstützung von richterlichen Kollegen ab Februar xxxx bis zu ihrer Krankschreibung durchaus die meisten angefallenen Arbeiten bewältigen können. Es sei ihr daher unter Ausnutzung einer zumutbaren Willensanstrengung möglich gewesen, die anfallenden Arbeiten auszuführen. Aus diesem Grunde sei aus forensischpsychiatrischer Sicht nicht einmal eine Persönlichkeitsstörung anzunehmen. Es liege vielmehr lediglich eine Verhaltensstörung vor, weil die Angeklagte nicht nur einen weit überwiegenden Großteil der Arbeit erledigen konnte, sondern zudem auch ein ausgeprägtes Realitätsbewusstsein gehabt habe. Die Angeklagte sei sich durchweg ihrer Problematik bewusst gewesen, so dass diese bei sämtlichen ihr vorgeworfenen Taten psychisch in keiner Weise schwerwiegend beeinträchtigt war und die Verfahren hätte bearbeiten können.

f)

Die Kammer folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. H5 nach eigener kritischer Prüfung vollumfänglich. Dieser ist als Facharzt für Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie für die Begutachtung nicht nur aus fachlicher Sicht hinreichend qualifiziert und weist eine langjährige Erfahrung auf seinem Fachgebiet auf. Seine von ersichtlich großer Sachkunde getragenen Ausführungen waren für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar. Dabei hat der Sachverständige zusätzlich die in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse in seine Überlegungen einbezogen und ausgehend von verschiedenen, in der Psychologie anerkannten Erklärungsmodellen umfassend gewürdigt. Zudem konnte er plausibel darlegen, weshalb die Voraussetzungen des § 20 StGB bei der Angeklagte aus fachärztlicher Sicht nicht vorlagen und er war ohne Weiteres in der Lage, seine Angaben auf Nachfrage widerspruchsfrei zu ergänzen. Für die Richtigkeit der von ihm gestellten Diagnose spricht überdies, dass - worauf der Sachverständige ebenfalls hinwies - auch der von der Angeklagten aufgesuchte ärztliche Psychotherapeut Dr. med. S3 aus C1 zu derselben Diagnose gelangt ist.

Die Kammer ist angesichts der Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass eine schwere andere seelische Störung als Eingangsmerkmal im Sinne des § 20 StGB nicht gegeben ist. Denn die schwere andere seelische Störung setzt voraus, dass durch diese seelische Fehlanlagen und Fehlentwicklungen in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen - auch sozialen - Folgen stören, belasten und einengen, wie im Falle von krankhaft seelischen Störungen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2007 - 4 StR 358/07, Rn. 6, juris; Fischer, Strafgesetzbuch, 68. Auflage 2021, § 20 Rn. 37 m.w.N.). Alternativ kann es ausreichen, dass die Einbußen an sozialer Kompetenz denen bei psychotischen Erkrankungen gleichen müssen (vgl. Nedopil, Forensische Psychiatrie, 5. Auflage 2017, S. 40/41).

Auch unter Heranziehung der oben genannten Ausführungen des Sachverständigen, liegt ein derartiger Schweregrad in der Prokrastination zu keinem Tatzeitpunkt vor. Die Angeklagte war stets in der Lage, die an sie gestellte Arbeit zu einem weit überwiegenden Teil zu erledigen. Die festgestellten Taten haben darüber hinaus das Leben der Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen gerade nicht derart schwer gestört, belastet und eingeengt. Denn die Angeklagte war stets in der Lage, den weit überwiegenden Teil der an sie gerichteten Arbeit zu erledigen und besaß durchgehend ein Realitätsgefühl / Verständnis für die Problematik ihres Arbeitsverhaltens hinsichtlich der festgestellten Taten. Über das Tatgeschehen hinaus konnte die Kammer - sachverständig beraten - daher keine schwerwiegende Beeinträchtigung der Angeklagten erkennen, die die Annahme einer schweren anderen seelischen Störung rechtfertigen würde.

V.

Das Verfahren wurde im Rahmen der Hauptverhandlung nach §§ 154 Abs. 2 StPO teilweise eingestellt, soweit es über die unter II. konkret festgestellten Taten hinausging.

Die Angeklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen der Rechtsbeugung in 10 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in sechs Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung schuldig gemacht.

1.

Indem die Angeklagte im Nachgang der Verhandlung vom xx.xx.xxxx bezüglich der Tat zu Ziffer 1 der Anklageschrift (Az. 54 Cs - 469 Js 1036/17 - 95/17) das Protokoll der mündlichen Verhandlung verfälschte, somit suggerierte, dass am xx.xx.xxxx tatsächlich kein Urteil gesprochen wurde, und die Akte weiterbearbeitete, als habe es kein Urteil gegeben, hat die Angeklagte sich der Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB schuldig gemacht.

Der objektive Tatbestand der Rechtsbeugung ist gegeben, insbesondere liegt ein Beugen des Rechts vor, das ferner zugunsten oder zum Nachteil einer Partei bzw. eines Beteiligten erfolgt ist.

a)

Für eine Rechtsbeugung ist ein Bruch von formellen oder materiellrechtlichen Regelungen erforderlich, wobei nicht jede unrichtige Anwendung des Rechtes eine Beugung des Rechts begründet. Erforderlich sind vielmehr Rechtsverstöße, durch die sich der Täter bewusst sowie in schwerer Weise von Recht und Gesetz entfernt. Eine bloße Unvertretbarkeit oder Willkürlichkeit einer Entscheidung reicht für sich gesehen nicht aus. Der Täter muss sich gegen Grundprinzipien des Rechts wenden (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2016 - 5 StR 328/15, Rn. 24 m.w.N., juris; Fischer, Strafgesetzbuch, 68. Auflage 2021, § 339 Rn. 27 f.). Der Grund für dieses schwere subjektive Element liegt darin begründet, dass der Tatbestand der Rechtsbeugung einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Die Regelung der Rechtsbeugung ist mithin einerseits als Verbrechenstatbestand durch den Gesetzgeber konzipiert worden. Andererseits regelt § 24 Abs. 1 Nr. 1 DRiG die Beendigung des Richterverhältnisses, sofern gegen einen Richter auf eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr aufgrund einer vorsätzlichen Tat erkannt wird, wobei das Richterverhältnis mit Rechtskraft der Entscheidung endet, ohne dass es einer weiteren gerichtlichen Entscheidung bedarf.

Im vorliegenden Fall hat die Angeklagte nicht nur die Frist des § 275 StPO missachtet. Sie hat vielmehr aktiv eine bereits getroffene Entscheidung aus den Akten entfernt und durch einen selbst erstellten fiktiven Verlauf der Hauptverhandlung ersetzt. Ein solches Verhalten stellt aus Sicht der Kammer ohne jeden Zweifel einen elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege dar, durch den sich die Angeklagte bewusst und in schwerwiegender Art und Weise vom Gesetz entfernt hat.

Dass sich die Angeklagte dabei bewusst von Recht und Gesetz entfernt hat, steht nach dem ausgeführten Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Mag auch der Verstoß gegen § 275 Abs. 1 StPO für sich betrachtet noch auf Nachlässigkeit zurückzuführen sein, machen jedenfalls die folgenden, aufeinander aufbauenden Verschleierungshandlungen deutlich, dass sich die Angeklagte der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst war - und gleichwohl handelte. Soweit die Angeklagte sich dahingehend eingelassen hat, sie habe an die Vorgänge keine Erinnerung mehr, stellt aus Sicht der Kammer eine Schutzbehauptung dar, da das gesamte Verhalten der Protokollfälschung ein Vorgang ist, der nicht in wenigen Augenblicken erledigt ist. Hinzu tritt, dass die Angeklagte nicht nur das Protokoll gefälscht hat, sondern sodann in einem später geführten Telefonat mit Oberamtsanwalt E3 die Unwahrheit gesagt hat. Dass die Angeklagte daher den gesamten mehraktigen Vorgang nicht mehr erinnern mag, erachtet die Kammer angesichts der Tatsache, dass eine mehrwöchige Erinnerungslücke lediglich in diesem Verfahren behauptet wird, als abwegig.

b)

Soweit, wie dargestellt, eine Verletzung formellen Rechts genügt, ist jedoch erforderlich, dass durch die Verfahrensverletzung die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet wurde, ohne dass allerdings ein Vor- oder Nachteil tatsächlich eingetreten sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 11.04.2013 - 5 StR 261/12, Rn. 39, juris; BGH, Urteil vom 18.07.2013 - 4 StR 84/13, Rn. 18, juris). Dies ist vorliegend gegeben, da die Angeklagte aktiv verschleiert hat, dass ein Urteil in der Sache bereits am xx.xx.xxxx ergangen war. Hierdurch verhinderte sie aktiv, dass die Verfahrensbeteiligten gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen konnten und das Verfahren unter rechtsstaatlichen Grundsätzen abgeschlossen werden konnte.

c)

Die Angeklagte handelte vorsätzlich, wobei bedingter Vorsatz im Rahmen des § 339 StGB ausreicht. Die Angeklagte musste es lediglich für möglich halten, dass ihre fehlerhafte Entscheidung zur Bevorzugung oder Benachteiligung einer Partei führen wird und sich damit abfinden (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2013 - 4 StR 84/13, Rn. 20, juris). Indem die Angeklagte nicht nur das tatsächlich gesprochene Urteil nicht verschriftlichte, sondern aktiv einen abweichenden Verhandlungsverlauf fingierte, hat die Angeklagte vorsätzlich gehandelt. Sie wusste, dass sie keinesfalls nachträglich das bereits unterzeichnete Protokoll vom xx.xx.xxxx abändern und teilweise ersetzen durfte, um zu verschleiern, dass ein Urteil in Wahrheit gesprochen wurde. Dass die Angeklagte trotz dieses Bewusstseins handelte, begründet den subjektiven Tatbestand.

Dass sich die Angeklagte dahingehend eingelassen hat, dass sie die für die Verfahrensbeteiligten eingetretenen Folgen nicht gewollt habe, steht dem nicht entgegen. Denn zum einen ist es für eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung nicht erforderlich, dass der Täter mit direktem Vorsatz gehandelt, die Folgen seiner Tat also für sicher gehalten und gerade diese Folgen gewollt hat. Vielmehr genügt - wie auch in anderen Fällen - bedingter Vorsatz. Der Täter muss für möglich halten, dass seine fehlerhafte Entscheidung zur Bevorzugung oder Benachteiligung einer Partei führen wird und sich damit abfinden (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2013 - 4 StR 84/13 - Rn. 20, juris). Dass dem Täter dabei dieser Erfolg unter Umständen höchst unerwünscht ist, steht dem nicht entgegen. Zum anderen handelt es sich bei der Einlassung der Angeklagten, sie habe die von ihr herbeigeführten Folgen nicht gewollt, angesichts der von ihr planvoll mit dem Ziel vorgenommenen Handlungen, das bereits gefällte Urteil nachträglich aus der Welt zu schaffen und damit dem Angeklagten ein an sich aussichtsreiches Rechtsmittel zu nehmen, aus Sicht der Kammer um eine reine Schutzbehauptung.

d)

Durch den Austausch der Seiten 1 und 2 des ursprünglichen Hauptverhandlungsprotokolls gegen zwei von ihr nachträglich am Computer erstellte Seiten hat sich die Angeklagte zugleich (§ 52 Abs. 1, Alt. 1 StGB) auch der Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB schuldig gemacht.

e)

Soweit die Angeklagte wegen der Tat zu Ziffer 1.) der Anklageschrift im Hinblick auf die in ihrem Dienstzimmer abgelegten Originalseiten des Protokolls zugleich (§ 52 Abs. 1, Alt. 1 StGB) auch wegen Urkundenunterdrückung zu verurteilen gewesen wäre, ist dies hier versehentlich unterblieben.

2.

Indem die Angeklagte im Verfahren der Tat zu Ziffer 2 der Anklageschrift (Az. 54 Ds - 409 Js 233/17 - 96/17) das Urteil nicht binnen der Frist des § 275 StPO zu den Akten gebracht hat, dies durch eine Rückdatieren des Verfügungsdatums unterhalb des Urteils verschleiert hat und sodann durch zwei inhaltlich unrichtige dienstliche Stellungnahmen den Eindruck erweckt hat, das Urteil rechtzeitig zu den Akten gebracht zu haben, wodurch dem Verurteilten ein tatsächlich gegebener absoluter Revisionsgrund genommen wurde, hat sich die Angeklagte der Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB schuldig gemacht.

Es liegt insbesondere der für eine Rechtsbeugung erforderliche elementare Verstoß gegen Recht und Gesetz vor. Die Angeklagte hat durch ihr aktives Handeln massiv in die Rechte des Verurteilten eingegriffen und dessen Rechtsposition bewusst verschlechtert, da der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO ohne die Tathandlung der Angeklagten unzweifelhaft zu einer Aufhebung des Urteils geführt hätte. Durch ihr Verhalten hat die Angeklagte dem Verurteilten damit wenigstens eine Tatsacheninstanz und mindestens eine Rechtsmittelinstanz entzogen und dafür gesorgt, dass gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt worden wäre, obgleich bei einer Zurückverweisung der Sache, aufgrund der dann zwangsläufig eingetreten Verzögerung, die Sozialprognose des Verurteilten möglicherweise günstiger ausgefallen wäre.

Wie bereits oben dargestellt reicht es aus, dass die fehlerhafte Entscheidung zur Bevorzugung oder Benachteiligung einer Partei führen wird und sich die Angeklagte mit abfindet (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2013 - 4 StR 84/13, Rn. 20, juris). Da dienstliche Erklärungen des /der erkennenden Richters /Richterin zu Verfahrensabläufen im Rahmen des Revisionsverfahrens in der Regel ohne weitere Prüfung der Entscheidung zugrunde gelegt werden, konnte die Angeklagte aufgrund der von ihr abgegebenen dienstlichen Stellungnahmen, die für einen Außenstehenden nicht abwegig erschienen, davon ausgehen, dass die Generalstaatsanwaltschaft ihren Ausführungen Glauben schenken, aus diesem Grund von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgehen und als Konsequenz beantragen wird, die Revision zu verwerfen. Dass die Revision letztlich von dem damaligen Angeklagten auf Anraten seines Verteidigers zurückgenommen wurde, ist unerheblich, zumal die Revision - andere Revisionsangriffe waren nicht vorhanden - andernfalls aufgrund der dienstlichen Erklärungen der Angeklagten U2 als unbegründet verworfen worden wäre.

Hinsichtlich der Tat handelte die Angeklagte in der Absicht, ihr eigenes Fehlverhalten zu verschleiern und das an sich aussichtsreiche Revisionsvorbringen des Verurteilten durch mehrere wahrheitswidrige Ausführungen zu Fall zu bringen.

3.

Die Angeklagte hat sich darüber hinaus auch in den Verfahren bezüglich der Tat zu Ziffer 3 (Az. 54 Ds - 408 Js 221/17 - 79/17) sowie der Tat zu Ziffer 4 (Az. 54 Ds - 512 Js 35/19 - 61/19 AG M1) der Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB schuldig gemacht.

Denn auch hinsichtlich der vorgenannten Taten ist ein elementarer Verstoß gegen Recht und Gesetz gegeben. Wenngleich ein solcher in der bloßen Überschreitung der Urteilsabsetzungsfrist noch nicht zu sehen ist, so hat die Angeklagte in zweifacher Hinsicht gröblich gegen Recht und Gesetz verstoßen, indem sie wahrheitswidrig - und um die Überschreitung der Urteilsabsetzungsfrist zu verschleiern - unter den von ihr nach Fristablauf angefertigten Urteilsgründen eine Verfügung anbrachte, die bei einem Außenstehenden den Eindruck erwecken musste, sie habe das Urteil rechtzeitig zu den Akten gebracht. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften begründet dann einen Rechtsbruch im Sinne des § 339 StGB, sofern darin allein oder unter Berücksichtigung des Motivs des Täters ein elementarer Rechtsverstoß gesehen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2013 - 4 StR 84/13, Rn. 15 f. juris). Dies ist vorliegend der Fall.

Die Angeklagte hat nicht nur gegen die Vorschrift des § 275 Abs. 1 StPO verstoßen, sondern darüber hinaus, dieses Versäumnis durch weitere aktive Handlungen verschleiert, um ein Einhalten der der Urteilsabsetzungsfrist behaupten zu können.

So hat die Angeklagte hinsichtlich der Tat Nr. 3 zugegeben, dass sie neben der unter das Urteil gesetzten Verfügung zusätzlich auch die Verfügung rückdatiert hatte, mit der die Zustellung des angeblich rechtzeitig gefertigten Urteils angeordnet worden war. Gerade durch Letzteres war die Manipulation für Außenstehende praktisch nicht mehr nachzuweisen, da es in der Praxis durchaus häufig vorkommt, dass ein Richter/eine Richterin zunächst das Urteil auf die Geschäftsstelle gibt, um sicherzustellen, dass es dort noch innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO eingeht und ein entsprechender Eingangsvermerk angebracht wird, und die Verfügung erst anschließend anbringt.

Auch hinsichtlich der Tat Nr. 4 hat die Angeklagte die Nichteinhaltung der Frist des § 275 Abs. 1 StPO durch eine weitere Handlung zu verbergen versucht. So hat sie absichtlich die Akte mit dem von ihr nachträglich abgefassten vollständigen Urteil in der Registratur der Geschäftsstelle in ein falsches Fach, nämlich das Terminfach für Jugendsachen, gelegt, um auf diese Weise einen Fehler der Geschäftsstelle zu vorzutäuschen. Dieses Verhalten begründete einen gravierenden Rechtsverstoß. Denn die Angeklagte hat durch ihr Verhalten nicht nur von eigenen Versäumnissen ablenken wollen, sondern bewusst ihren eigenen Fehler als Fehler der Mitarbeiter des nichtrichterlichen Dienstes darstellen wollen, um so die Rechtsmittelposition der Verurteilten zu beeinträchtigen.

Durch die Tathandlungen hat die Angeklagte die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet. Denn obgleich die damaligen Angeklagten in beiden Verfahren jeweils Berufung eingelegt hatten, hätten diese noch die Möglichkeit, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) den Übergang auf das Rechtsmittel der Revision zu erklären (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.1995 - 2 StR 456/94, beckonline), wenn sie von dem an sich vorliegenden Revisionsgrund (§ 338 Nr. 7 StPO) Kenntnis erlangt hätten. Dass sich die Verurteilten seinerzeit bereits endgültig für das Rechtsmittel der Berufung entschieden hatten, ergibt sich aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Berufungsschriften nicht. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass sich die damaligen Angeklagten zu einem späteren Zeitpunkt endgültig dazu entschieden hätten, das Urteil ausschließlich im Wege der Berufung anzufechten. Dementsprechend hätten die Verurteilten jeweils auf das Rechtsmittel der Revision übergehen können, das - sofern nicht wiederum falsche dienstliche Erklärungen abgegeben worden wären - zur Aufhebung und Zurückverweisung des Urteils geführt hätte. Indem die Angeklagte nach Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1 StPO die beiden Urteile gefertigt und zudem durch falsche Verfügungen bzw. ein Verfächern, dieses Versäumnis zu verheimlichen versucht hat, wurde die Rechtsmittelposition der Verurteilten maßgeblich verschlechtert (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2013 - 4 StR 84/13, Rn. 19, juris).

Hinsichtlich der beiden Taten handelte die Angeklagte in der Absicht, die Verfahrensbeteiligten über die rechtzeitige Abfassung des Urteils und die Einhaltung der Frist des § 275 Abs. 1 StPO zu täuschen. Hierbei wusste die Angeklagte, dass sich ihr Verhalten nachteilig auf die Rechtsposition der Verurteilten auswirkt.

4.

Bezüglich der übrigen Taten hat sich die Angeklagte in 6 Fällen der Rechtsbeugung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch schuldig gemacht.

a)

Indem die Angeklagte zudem hinsichtlich der übrigen festgestellten Taten die Verfahrensakten dem Geschäftsgang entzogen hat, um die Akten nicht mehr weiter zu bearbeiten, nämlich zum einen die erforderlichen Strafurteile nicht mehr absetzen und zum anderen die erforderlichen familienrechtlichen Entscheidungen nicht mehr treffen zu müssen, hat sie sich jeweils der Rechtsbeugung strafbar gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2016 - 5 StR 328/15, Rn. 22 und 27, juris). Sie hat durch ihr Verhalten die ihr dienstlich anvertrauten Akten im Bewusstsein dem Geschäftsgang entzogen, um diese bewusst keiner Entscheidung mehr zuzuführen. Durch das vollständige Entziehen der Akten aus dem Geschäftsgang hat die Angeklagte zudem die konkrete Gefahr eines unrechtmäßigen Vor- oder Nachteils einer Partei geschaffen.

Indem die Angeklagte in den strafrechtlichen Verfahren bewusst keine Urteile abgefasst hat, hat sie zum einen mit Absicht den ordnungsgemäßen Abschluss der ihr anvertrauten Rechtssache verhindert. Hierdurch drohte sowohl den jeweils Verurteilten als auch der Staatsanwaltschaft die Entstehung von unrechtmäßigen Vor- oder Nachteilen, da einerseits durch die fehlende Abfassung der Urteile über einen Zeitraum von teilweise mehreren Jahren, den Verurteilten für etwaige Rechtsmittelverfahren zusätzliche Strafmilderungsgründe zukamen. In den familienrechtlichen Verfahren hat die Angeklagte zudem bewusst dafür gesorgt, dass vermögensrechtliche Ansprüche der Verfahrensbeteiligten einerseits, aber auch rechtliche Entscheidungen über das Sorgerecht über einen Zeitraum von mehreren Monaten (Tat Nr. 12) bis hin zu mehreren Jahren (Taten Nr. 13 und Nr. 14) nicht entschieden wurden.

Diesbezüglich handelte die Angeklagte ebenfalls mit direktem Vorsatz. Soweit sich die Angeklagte gegenüber dem Sachverständigen dahingehend eingelassen hat, dass sie nicht wisse, wie die von ihr in einem Jutebeutel nach Hause transportierten Akten in die Umzugskartons gelangt seien, ist dies ebenso unglaubhaft, wie die weitere Einlassung, sie habe die zuvor in ihrer Küche abgestellten Umzugskarton irgendwann nach Lieferung und Aufbau der Küchenmöbel in den Keller gestellt in der Annahme, diese enthielten nichts wichtiges. Denn die Einlassung, sie wisse nicht, wie die Akten in die Umzugskartons gelangt seien, entspricht ihrer auch in anderen Fällen (Fälle 2 und 4) angewandten Strategie, die Verantwortung für ein allein ihr anzulastendes Ergebnis auf eine andere Person oder auf von ihr nicht kontrollierbare Umstände zu schieben. Und die Behauptung, sie habe die Umzugskartons zu einem ihr nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkt in der Annahme, diese enthielten nichts Wichtiges, in den Keller verbracht, ohne zuvor einen Blick hinein geworfen zu haben, ist schon deshalb unglaubhaft, weil die Umzugskartons nach den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern bis oben hin befüllt waren und ein erhebliches Gewicht gehabt haben müssen, so dass nichts näher gelegen hätte, als vor dem Verbringen in den Keller einen Blick hinein zu werfen, um zu prüfen, ob sich darin nicht womöglich Sachen befanden, die vielleicht doch nicht in den Keller gehören und daher nicht die Stufen hinab getragen werden mussten. Bei einem Blick in die Umzugskartons wären der Angeklagten allerdings sofort die darin befindlichen Akten aufgefallen, weil diese in besagtem Jutebeutel ganz oben in einem der Kartons lagen.

b)

Bezüglich der vorgenannten Taten hat sich die Angeklagte zugleich (§ 52 Abs. 1, Alt. 1 StGB) des Verwahrungsbruchs (§ 133 Abs. 1, Abs. 3 StGB). Soweit die Kammer die Angeklagte daneben jeweils auch wegen einer tateinheitlich mitverwirklichten Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB) verurteilt hat, beruht dies auf einem Versehen und mag durch das Revisionsgericht korrigiert werden.

VI.

1.

Hinsichtlich der Tat zur Ziffer 1 hat die Kammer den Strafrahmen des § 267 Abs. 3 Nr. 4 StGB zugrunde gelegt, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.

Ein unbenannter minder schwerer Fall, wie von der Verteidigung vorgebracht, lag nicht vor. Ein unbenannter minder schwerer Fall ist anzunehmen, wenn nach Abwägung aller strafzumessungsrelevanten Umstände das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit so erheblich vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle abweicht, dass die Anwendung des minderen Strafrahmens geboten ist. Dies ist hier nicht der Fall.

Im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung hat die Kammer zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass diese nicht vorbestraft ist. Erheblich zu ihren Gunsten war ferner zu berücksichtigen, dass durch eine rechtskräftige Verurteilung das Dienstverhältnis der Angeklagten gemäß § 24 Nr. 1 DRiG umgehend sowie ohne weitere gerichtliche Entscheidung endet. Darüber hinaus hat die Kammer erheblich zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie aufgrund der Verurteilung kaum mehr eine andere juristische Tätigkeit wird aufnehmen können. So kann die Angeklagte insbesondere keine Zulassung als Rechtsanwältin erlangen, da diese gemäß § 7 Nr. 5 BRAO zu versagen wäre, mithin auch kein Ermessen bezüglich dieser Entscheidung besteht. Zudem war zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass sie auch anderen juristischen Berufen kaum mehr einen Arbeitsplatz wird finden können, weil sie die aus dieser Verurteilung folgende Vorstrafe bei einem Einstellungsverfahren stets wird offenbaren müssen. Zu Gunsten der Angeklagten war zudem zu berücksichtigen, dass diese im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ihre Pensionsansprüche verlieren und - was mit deutlichen finanziellen Einbußen im Rentenalter verbunden wäre - in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden würde. Außerdem ist zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass eine Rückforderung von Bezügen gegenüber der Angeklagten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann. Für die Angeklagte sprach ferner, dass die Tatbegehung bereits rund vier Jahre zurückliegt. Schließlich war zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte an Prokrastination leidet und sich diese Verhaltensstörung Einfluss auf ihre Arbeitsweise und damit auch auf die vorliegenden Taten hat. Auch sprach für die Angeklagte, dass sie den weit überwiegenden Teil des Dezernats von ihr ordnungsgemäß und zügig bearbeitet hat. Schließlich spricht zugunsten der Angeklagten ganz maßgeblich, dass diese als Erstverbüßerin besonders haftempfindlich ist, wobei belastend hinzutritt, dass die Haftempfindlichkeit angesichts ihrer beruflichen Tätigkeit kaum höher ausfallen kann. Letztlich war zudem zu berücksichtigen, dass mögliche gerichtsinterne Kontrollmechanismen offenkundig nicht gegriffen haben und trotz der Eintragung in der Handakte der Staatsanwaltschaft mehrere Jahre nicht aufgefallen war, das in der Sache ein Urteil gesprochen worden sein musste.

Zu Lasten der Angeklagten war ihre hohe kriminelle Energie zu berücksichtigen, indem die Angeklagte über die Tathandlung hinaus, auch auf konkrete Nachfragen der Staatsanwaltschaft wahrheitswidrig antwortete, um ihr eigenes Handeln zu verschleiern. Darüber hinaus hat die Angeklagte durch ihr Verhalten dem Ansehen und dem Vertrauen in die Justiz schweren Schaden zugefügt. Schließlich war zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte über die Tat hinaus eine Serie von weiteren Taten begangen hat, die den Straftatbestand des § 339 StGB erfüllen.

Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände stellt das vorliegende Tatbild keine Abweichung in einem erheblichen Maße vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle dar, die einen unbenannten minder schweren Fall hätten rechtfertigen können.

Bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat die Kammer erneut sämtliche, bereits vorstehend genannten für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände gewürdigt. Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungskriterien des § 46 StGB hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von

zwei Jahren und sechs Monaten

als tat- und schuldangemessen angesehen.

2.

Für die Tat zu Ziffer 2 hat die Kammer die Strafe dem Strafrahmen des § 339 StGB entnommen, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vorsieht. Ein unbenannter minder schwerer Fall lag auch in diesem Fall nicht vor.

Im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung hat die Kammer zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass diese nicht vorbestraft ist. Wie bereits bezüglich der Tat zu Ziffer 1 war erheblich zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass durch eine rechtskräftige Verurteilung das Dienstverhältnis der Angeklagten gemäß § 24 Nr. 1 DRiG unmittelbar und ohne weitere gerichtliche Entscheidung sein Ende findet. Darüber hinaus hat die Kammer erheblich zu ihren Gunsten berücksichtigt, dass angesichts der Verurteilung der Angeklagten, diese keine Zulassung als Rechtsanwältin erlangen kann, da gemäß § 7 Nr. 5 BRAO eine Zulassung zu versagen ist. Ferner war zu berücksichtigen, dass diese auch in einem anderen juristischen Beruf kaum mehr einen Beschäftigung wird finden können, weil sie die aus dieser Verurteilung folgende Vorstrafe bei einem Einstellungsverfahren stets wird offenbaren müssen. Zu Gunsten der Angeklagten war zudem zu berücksichtigen, dass sie im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ihre Pensionsansprüche verlieren und - was mit deutlichen finanziellen Einbußen verbunden wäre - in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden würde. Außerdem ist zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass eine Rückforderung von Bezügen gegenüber der Angeklagten jedenfalls nicht ausgeschlossen ist. Für die Angeklagte spricht ferner, dass die Tatbegehung hinsichtlich dieser Tat bereits rund vier Jahre zurückliegt. Schließlich war zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte die Taten unter Einfluss der Prokrastination begangen hat und der weit überwiegende Teil des Dezernats von ihr ansonsten ordnungsgemäß bearbeitet wurde. Schließlich spricht zugunsten der Angeklagten ganz maßgeblich, dass diese als Erstverbüßerin besonders haftempfindlich ist, wobei zu Gunsten der Angeklagten hinzutritt, dass die Haftempfindlichkeit angesichts der beruflichen Tätigkeit der Angeklagten nochmals deutlich erhöht ist und kaum ein höheres Maß erreichen kann. Letztlich war zudem zu berücksichtigen, dass mögliche Kontrollmechanismen offenkundig nicht gegriffen haben und die Fehlleistung daher lange Zeit unentdeckt blieb.

Zu Lasten der Angeklagten war ihre hohe kriminelle Energie zu berücksichtigen. Durch ihre Tathandlung hat sie bewusst einen objektiv bestehenden Revisionsgrund angegriffen und dafür gesorgt, dass gegen den Verurteilten eine Haftstrafe ohne Bewährung rechtskräftig wurde. Darüber hinaus hat die Angeklagte durch ihr Verhalten dem Ansehen und dem Vertrauen in die Justiz schweren Schaden zugefügt. Schließlich war zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte über die Tat hinaus eine Serie von weiteren Taten begangen hat, die den Straftatbestand des § 339 StGB erfüllen.

Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände stellt das vorliegende Tatbild keine Abweichung in einem erheblichen Maße vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle dar, die einen unbenannten minder schweren Fall hätten rechtfertigen können.

Bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat die Kammer erneut sämtliche, bereits vorstehend genannten für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände gewürdigt. Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungskriterien des § 46 StGB hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von

zwei Jahren und zwei Monaten

als tat- und schuldangemessen angesehen.

3.

Für die Tat zu Ziffer 3 und 4 hat die Kammer die Strafe wiederum dem Strafrahmen des § 339 StGB entnommen, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vorsieht. Ein unbenannter minder schwerer Fall lag nicht vor.

Im Rahmen der Gesamtabwägung hat die Kammer sämtliche unter "VI.2." genannten Umstände berücksichtigt, wobei abweichend zu ihren Gunsten sprach, dass die Taten bereits vier (Tat zu Ziffer 3) bzw. zwei Jahre (Tat zu Ziffer 4) zurücklagen. Zugunsten war bezüglich der Taten zudem zu berücksichtigen, dass die Angeklagte diese eingeräumt hat. Hierdurch hat die Angeklagte merklich zu einer Aufklärung der Taten beigetragen und dafür gesorgt, dass eine erhebliche Verfahrensverkürzung eingetreten ist.

Zu ihren Lasten war hingegen zu berücksichtigen, dass die Angeklagte durch ihr Verhalten dem Ansehen und dem Vertrauen in die Justiz schweren Schaden zugefügt hat. Schließlich war zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte über die Tat hinaus eine Serie von weiteren Taten begangen hat, die den Straftatbestand des § 339 StGB erfüllen. Ferner war bezüglich der Tat zur Ziffer 3 strafschärfend zu berücksichtigen, dass gegen den damals Verurteilten durch die Tathandlung der Angeklagten über einen Zeitraum von mehreren Monaten Untersuchungshaft vollstreckt wurde und dieser über die Maßen in seiner Freiheit beraubt wurde. Schließlich war hinsichtlich der Tat zu Ziffer 4 strafschärfend zu berücksichtigen, dass die Angeklagte einem direkten Kollegen, der dazu - was die Angeklagte wusste - psychisch beeinträchtigt ist, ein Fehlverhalten zuschreiben wollte, indem sie die Verfahrensakte bewusst verfächert hat.

Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände stellt das vorliegende Tatbild keine Abweichung in einem erheblichen Maße vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle dar, die einen unbenannten minder schweren Fall hätten rechtfertigen können.

Bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat die Kammer erneut sämtliche, bereits vorstehend genannten für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände gewürdigt. Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungskriterien des § 46 StGB hat die Kammer

für die Tat zu Ziffer 3 auf eine Freiheitsstrafe von

einem Jahr und zehn Monaten,

und für die Tat zu Ziffer 4 auf eine Freiheitsstrafe von

einem Jahr und zehn Monaten,

als tat- und schuldangemessen erkannt.

4.

Für die Tat zu Ziffer 6, 7, 8, 11, 13 und 14 hat die Kammer die Strafe wiederum dem Strafrahmen des § 339 StGB entnommen, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vorsieht. Dass sich die Angeklagte zugleich des Verfahrensbruchs und der Urkundenunterdrückung schuldig gemacht hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB wird nach dem Gesetz bestimmt wird, dass die schwerste Strafe androht, wenn - wie hier - mehrere Strafgesetze verletzt. Danach war die Strafe hier dem § 339 StGB zu entnehmen, der als Verbrechenstatbestand (§ 12 StGB) eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht. Die § 133 Abs. 1, Abs. 3 StGB und § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB drohen als Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB) jeweils lediglich eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe an.

Ein unbenannter minder schwerer Fall der Rechtsbeugung lag wiederum nicht vor.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer sämtliche unter "VI.2." genannten zugunsten der Angeklagten sprechende Umstände berücksichtigt, wobei zugunsten der Angeklagten sprach, dass die Taten teilweise bereits mehrere Jahre zurücklagen. Zugunsten war bezüglich der Taten zudem zu berücksichtigen, dass die Angeklagte diese eingeräumt hat. Hierdurch hat die Angeklagte merklich zu einer Aufklärung der Taten beigetragen und dafür gesorgt, dass eine erhebliche Verfahrensverkürzung eingetreten ist.

Zu ihren Lasten war auch bezüglich dieser Taten berücksichtigen, dass die Angeklagte durch ihr Verhalten dem Ansehen und dem Vertrauen in die Justiz schweren Schaden zugefügt hat. Schließlich war zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte über die Tat hinaus eine Serie von weiteren Taten begangen hat, die den Straftatbestand des § 339 StGB erfüllen.

Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände stellt das vorliegende Tatbild keine Abweichung in einem erheblichen Maße vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle dar, die einen unbenannten minder schweren Fall hätten rechtfertigen können.

Bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat die Kammer erneut sämtliche, bereits vorstehend genannten für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände gewürdigt. Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungskriterien des § 46 StGB hat die Kammer für die Taten zu Ziffer 6, 7, 8, 11, 13 und 14 auf eine Freiheitsstrafe von jeweils

einem Jahr und vier Monaten,

als tat- und schuldangemessen erkannt. Eine weitere Differenzierung der vorgenannten sechs Taten hat die Kammer nicht vorgenommen. Die Taten betrafen zwar einerseits Familiensachen und andererseits Strafsachen, allerdings sind in keinem Fall besonders hervorzuhebende Umstände erkennbar geworden, die eine höhere oder mildere Einzelstrafe hätten begründen können. Insbesondere wurden die Taten hinsichtlich ihrer Ausführung im Wesentlichen gleichförmig begangen, indem diese - mit Ausnahme der Tat zu Ziffer 14 - bis zu einem bestimmten Punkt durch die Angeklagte bearbeitet und dann aus dem Geschäftsgang entzogen wurden.

5.

Ausgehend von der höchsten Einzelstrafe in Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (Einsatzstrafe) hat die Kammer gemäß § 54 StGB unter nochmaliger Abwägung der vorgenannten Gesichtspunkte und insbesondere unter Berücksichtigung des motivatorischen Zusammenhangs der Taten und des im Gesamtschaden zum Ausdruck kommenden Gesamtschuldgehalts unter maßvoller Erhöhung der Einsatzstrafe auf eine insgesamt tat- und schuldangemessene

Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten

erkannt.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

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