LG Leipzig, Endurteil vom 23.12.2021 - 03 O 1268/21
Fundstelle
openJur 2022, 2206
  • Rkr:
Rubrum

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

Rechtsanwälte ..., ..., ...

vertreten durch die Gesellschafter ...

- Klägerin u. Widerbeklagte -

gegen

..., ..., ...

- Beklagte u. Widerklägerin -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., ..., ..., ...

wegen Forderung

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch

Vorsitzenden Richter am Landgericht K... als Einzelrichter

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2021 am 23.12.2021

für Recht erkannt:

Tenor

1. Das Versäumnisurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig, Az.: 03 O 1268/21, wird zur Klage in Höhe eines Teilbetrages von 1.814,28 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit dem 08.01.2017 aufrechterhalten.

2. Im Übrigen ist das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 hinsichtlich des Ausspruchs zur Klage unter Ziffer 1 des Versäumnisurteils wirkungslos.

3. Die weitergehenden Klageanträge (erster Hauptantrag sowie erster und zweiter Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom 18.11.2021) werden abgewiesen.

4. Hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage vom 10.05.2021 wird das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 aufrechterhalten.

5. Die weitergehende Widerklage mit dem Antrag unter Ziffer 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 11.11.2021 wird abgewiesen.

6. Hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage nach Maßgabe des Schriftsatzes der Beklagten vom 28.12.2020 wird das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 aufgehoben. Die Klägerin wird verurteilt, der Beklagten über das Auskunftsschreiben vom 04.03.2020, die von ihr mit Schriftsatz vom 25.06.2021 vorgelegten Anlagen K 32 (Gesprächsnotiz vom 20.10.2016) und K 35 (Kostenfestsetzungsanrag vom 19.12.2019 im Verfahren 337 F 3643/15), die Anlagen K 43 - K 46 zu ihrem Schriftsatz vom 12.07.2021 und die Anlagen K 47 - K 63 zu ihrem Schriftsatz vom 09.08.2021 im hiesigen Verfahren hinaus eine vollständige Datenauskunft im Sinne von Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 1 und 6 DS-GVO zu den bei der Klägerin über die Beklagte vorhandenen personenbezogenen Daten zu erteilen, ganz gleich in welcher Form diese bei der Klägerin vorhanden sind, durch Übersendung einer Kopie derselben, einschließlich einer Kopie der Handakten der Klägerin zu den für die Beklagte geführten Mandanten betreffend die Rechtsangelegenheiten AG Leipzig 337 F 1220/15, 337 F 1338/15, 337 F 1503/15, 337 F 1616/15, 337 F 3484/15, 337 F 3643/15, 337 F 1033/16, 442 M 10036/16 und 442 M 21343/16 und einer Kopie der die Beklagte betreffenden bei der Klägerin vorhandenen Buchhaltungsvorgänge (Zahlungseingänge / Zahlungsausgänge mit jeweiligem Buchungsdatum, Verwendungszweck und Zahlungsauftraggeber / Zahlungsempfänger).

7. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt ist, als die Klägerin der Beklagten mit der Vorlage der Anlagen K 47 - K 63 zu ihrem Schriftsatz vom 09.08.2021 eine Datenauskunft erteilt hat.

8. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte vorab die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 26.08.2021. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 3 / 5 und die Beklagte zu 2 / 5.

9. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 26.08.2021 darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden. Für die Beklagte ist das Urteil wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf eine Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Soweit die Klägerin zur Erteilung einer Datenauskunft verurteilt wurde, ist das Urteil für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,- € vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 8.901,19 €

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Anwaltshonorar in Anspruch. Die Beklagte begehrt widerklagend eine Datenauskunft der Klägerin sowie die Zahlung von Schmerzensgeld.

Die Klägerin vertrat die Beklagte anwaltlich in einem Scheidungsverfahren gegen ihren mittlerweile verstorbenen vormaligen Ehegatten ... ... vor dem Amtsgericht Leipzig zum Az.: 337 F 1033/16, in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Leipzig wegen elterlicher Sorge zum Az.: 337 F 3643/15 sowie in einer Unterhaltssache vor dem Amtsgericht Leipzig zum Az.: 337 F 1616/15, des Weiteren in der Zwangsvollstreckungssache des Amtsgerichts Leipzig zum Az.: 442 M 1036/16, schließlich in den Verfahren vor dem Amtsgericht Leipzig zu den Az.: 337 F 1220/15, 337 F 1338/15, 337 F 1503/15, 337 F 3484/15 und 442 M 21343/16.

Mit Honorarnote vom 20.10.2016 rechnete die Klägerin ihre anwaltliche Tätigkeit im Verfahren des Amtsgerichts Leipzig zum Az.: 337 F 3643/15 in Höhe eines Betrages von 286,91 € ab. Mit weiterer Honorarnote vom 21.10.2016 rechnete die Klägerin ihre Tätigkeit im Verfahren des Amtsgerichts Leipzig zum Az.: 337 F 1616/15 in Höhe eines Betrages von weiteren 571,44 € ab. Mit Honorarnote vom 28.10.2016 rechnete die Klägerin ihre Tätigkeit im Verfahren des Amtsgerichts Leipzig zum Az.: 337 F 1033/16 in Höhe eines Betrages von 1.242,84 € ab. Wegen des Inhalts der vorgenannten Honorarnoten wird auf die Anlage K1 verwiesen. Unter dem 25.11.2016 übersandte die Beklagte der Klägerin ein undatiertes Kündigungsschreiben (Anlage K 8). Im Verfahren des Amtsgerichts Leipzig zum Az.: 337 F 1033/16 beantragte die Klägerin unter dem 19.12.2019 Vergütungsfestsetzung gegen die Beklagte über einen Rechnungsbetrag von 1.358,86 € (Anlage K 11). Dem widersprach die Beklagte unter dem 05.02.2020 (Anlage K 12). Mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 07.04.2020, Az.: 337 F 1033/16, wurde der Antrag auf Vergütungsfestsetzung zurückgewiesen (Anlage K 13). Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin wies das OLG Dresden mit Beschluss vom 20.05.2020 (Anlage K 41) zurück. Zum Aktenzeichen des Amtsgerichts Leipzig 337 F 1616/15 beantragte die Klägerin unter dem 19.12.2019 Vergütungsfestsetzung gegen die Beklagte über einen Rechnungsbetrag von 571,44 €. Dem widersprach die Beklagte unter dem 04.02.2020. Der Antrag auf Vergütungsfestsetzung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 07.04.2020, Az.: 337 F 1616/15, zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das OLG Dresden mit Beschluss vom 03.08.2020, Az.: 18 WF 667/20, zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Klägerin unter dem 04.02.2020 (Anlage K 24) aufgefordert, ihr durch Überlassung einer Kopie eine vollständige Datenauskunft über sämtliche sie betreffenden Daten zu erteilen, die bei der Klägerin über sie vorhanden seien. Hierauf erteilte die Klägerin unter dem 04.03.2020 die aus der Anlage K 35 ersichtlichen Auskünfte.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, ihr stehe das abgerechnete Anwaltshonorar in eingeklagter Höhe zu. Ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Handakten bestehe nicht und sei zudem verjährt. In der Kanzlei der Klägerin seien sämtliche eingehenden und ausgehenden Schriftstücke unverzüglich an die Mandanten versandt worden. Hierwegen habe die Beklagte bereits alle Kopien der Handakten. Alle Akten in den Angelegenheiten der Beklagten seien abgelegt und archiviert. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO sei teleologisch zu reduzieren. Mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei ein Anspruch auf Auskunft und Kopie sämtlicher vorhandenen Daten nicht vereinbar. Es bestehe nur ein Anspruch auf Kopien derjenigen Daten, die konkrete Informationen über die betroffene Person beinhalteten. Die DS-GVO gelte erst ab dem 25.06.2018 und damit nicht für die am 28.10.2016 beendeten Mandate. Die Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum keine E-Akte geführt. Alle Sachakten der Beklagten seien gelöscht, archiviert und lägen nur in Papierform vor. Die Klägerin habe keine die Beklagte betreffenden Daten zu den äußerst intimen Angelegenheiten ihrer persönlichen Lebensführung gespeichert. Es seien auch weitere Kostennoten der Klägerin unbezahlt geblieben, welche aus Verjährungsgründen nicht geltend gemacht würden. In den streitgegenständlichen Angelegenheiten habe die Beklagte - was nicht in Abrede gestellt wurde - keinen Cent bezahlt. Die Honoraransprüche der Klägerin seien nicht verjährt, da die Anträge auf Vergütungsfestsetzungen die Verjährung unterbrochen hätten. Es sei zutreffend, dass der Antrag der Klägerin vom 19.12.2019 nicht Bestandteil der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Leipzig 337 F 3643/15 sei. Die Klägerin habe keine Fremdgelder erhalten. Bei der Bezeichnung in dem als Anlage K 44 vorgelegten Forderungskonto § 367 Geldeingang Schuldnerfremdgeld handele es sich um die Bezeichnung von Zahlungseingängen des Schuldners unter Angabe der Verrechnungsvorschrift, wie sie in das Forderungskonto der Klägerin eingepflegt worden seien. Es handele sich hierbei ausschließlich um Zahlungen des Schuldners ... ... direkt auf das Konto der Beklagten. Die Parteien hätten sich über deren anwaltliche Vertretung in einem Telefonat vom 21.10.2021 darauf geeinigt, dass die Beklagte an die Gesellschafter der Klägerin 1.050,60 € als Gesamtgläubiger zahle, der vorliegende Rechtsstreit sowohl hinsichtlich der Klage wie auch der Widerklage damit insgesamt in allen Teilen erledigt sei, und über die Kosten des Rechtsstreits das Gericht nach § 91 a ZPO nach billigem Ermessen entscheiden solle. Durch diese übereinstimmende Willenserklärungen sei ein Vergleichsvertrag zustande gekommen.

Mit Versäumnisurteil der Kammer vom 26.08.2001 wurde die Beklagte zur Zahlung von 2.101,19 € in der Hauptsache verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Gegen das der Beklagten am 09.09.2021 zugestellte Versäumnisurteil hat diese bereits am 03.09.2021 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. Hauptantrag
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch folgenden Vergleich der Parteien beendet wurde:

Das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 wird aufgehoben und die Beklagte zahlt an die Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 1.050,60 €. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit, sowohl hinsichtlich der Klage wie auch der Widerklage, insgesamt in allen Teilen erledigt. Über die Kosten des Rechtsstreits wird das Gericht gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen entscheiden.

1. Hilfsantrag
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch folgenden Vergleich der Parteien beendet wurde:

Das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 wird aufgehoben und die Beklagte zahlt an die Gesellschafter der Klägerin, Andrea und Mathias Lechner, als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 1.050,50 €. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit, sowohl hinsichtlich der Klage wie auch der Widerklage, insgesamt in allen Teilen erledigt. Über die Kosten des Rechtsstreits wird das Gericht gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen entscheiden.

2. Hilfsantrag
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch folgenden Vergleich der Parteien beendet wurde:

Das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 wird aufgehoben und die Beklagte zahlt an die Klägerin sowie deren Gsellschafter ... und ... ... als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 1.050,60 €. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit, sowohl hinsichtlich der Klage wie auch der Widerklage, insgesamt in allen Teilen erledigt. Über die Kosten des Rechtsstreits wird das Gericht gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen entscheiden.

3. Hilfsantrag
das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 1.814,28 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich aus 571,44 € seit dem 08.01.2017 und aus 1.242,84 € seit dem 08.01.2017 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Klägerin widerklagend wie folgt zu verurteilen:

der Beklagten über das Auskunftsschreiben vom 04.03.2020, die von ihr mit Schriftsatz vom 25.06.2021 vorgelegten Anlagen K 32 (Gesprächsnotiz vom 20.10.2016) und K 35 (Kostenfestsetzungsantrag vom 19.12.2019 im Verfahren 337 F 3643/15), die Anlagen K 43 - K 46 zu ihrem Schriftsatz vom 12.07.2021 und die Anlagen K 47 - K 63 zu ihrem Schriftsatz vom 09.08.2021 im hiesigen Verfahren hinaus, eine vollständige Datenauskunft im Sinne von Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 1 und 6 DS - GVO zu den bei der Klägerin über die Beklagte vorhandenen personenbezogenen Daten zu erteilen, ganz gleich in welcher Form diese bei der Klägerin vorhanden sind, durch Übersendung einer Kopie derselben, einschließlich einer Kopie der Handakten der Klägerin zu den für die Beklagte geführten Mandanten betreffend die Rechtsangelegenheiten AG Leipzig 337 F 1220/15, 337 F 1338/15, 337 F 1503/16, 337 F 1616/15, 337 F 3484/15, 337 F 3643/15,337 F 1033/16, 442 M 10036/16 und 442 M 21343/16 und einer Kopie der die Beklagte betreffenden bei der Klägerin vorhandenen Buchhaltungsvorgänge (Zahlungseingänge/Zahlungsausgänge mit jeweiligem Buchungsdatum, Verwendungszweck und Zahlungsauftraggeber/Zahlungsempfänger),

sowie

die Klägerin dazu zu verurteilen, an die Beklagte für die verzögerte und weiterhin unvollständige Erteilung der Datenauskunft gemäß Art. 82 Abs. 1 DS GVO ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches einen Betrag in Höhe von 1.800,- € nicht unterschreiten sollte, zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz.

Die Klägerin beantragt,

die weitergehende Widerklage abzuweisen.

Die Parteien haben die Datenauskunftswiderklage der Beklagten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit die Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz vom 25.06.2021 die Anlagen K 32 und K 35 übermittelt hat, ebenso soweit die Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz vom 12.07.2021 die Anlagen K 43 - K 46 übermittelt hat. Der weiteren teilweisen Erledigungserklärung der Beklagten, soweit die Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz vom 09.08.2021 die Anlagen K 47 - K 63 übermittelt hat, hat sich die Klägerin nicht angeschlossen.

Die Beklagte erhebt zur Honorarforderung der Klägerin die Einrede der Verjährung. Bis ihr die Handakten der Klägerin zur Einsicht gegeben worden seien, bestreitet sie die geltend gemachten Forderungen mit Nichtwissen. Die eingeklagten gesetzlichen RVG-Gebühren könne die Beklagte ohne die zugrunde liegenden Handakten nicht ordnungsgemäß prüfen. Es sei falsch, dass die Beklagte an die Klägerin in keiner Angelegenheit auch nur einen einzigen Cent bezahlt hätte. Es sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin längere Zeit für die Beklagte in einer angespannten und emotionalen Familienrechtsauseinandersetzung zweier durchaus vermögender Eheleute tätig geworden sein soll, ohne jedwede Vorschüsse zu verlangen. Die Beklagte werde Überweisungsbelege bzw. Kontoauszüge beibringen, aus denen sich ergebe, dass sie sehr wohl Vorschüsse erbracht habe. Die Rechnungsstellung sei unvollständig, da die Klägerin keine Schlussrechnung darüber vorgelegt habe, welche Fremdgelder sie für die Beklagte von ihrem Exehemann ... ... vereinnahmt habe. Zudem habe die Beklagte das Recht, von der Klägerin eine ordnungsgemäße Schlussrechnung zu erhalten, welche auch die von ihr vereinnahmten Vorschüsse ausweise. Die Datenauskunftspflicht umfasse auch das Recht auf Überlassung einer Kopie der Handakten. Es werde bestritten, dass der Beklagten alle Kopien vorgelegt worden seien. Das Recht auf Kopie aus Art. 15 Abs. 3 DS - GVO gehe auf eine Kopie der personenbezogenen Daten, die bei der Klägerin über die Beklagte vorhanden seien, was auch eine Kopie der Handakte mit einschließe. Der Datenauskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 3 DS - GVO sei erst zum 25.05.2018 wirksam geworden, weil die Verordnung EU 679/2016 erst zu diesem Tag in Kraft getreten sei. Es komme nicht auf den Zeitpunkt der Datenspeicherung, sondern darauf an, welche Daten über die Beklagte die Klägerin weiterhin gespeichert habe. Ein Datenauskunftsanspruch könne nicht verjähren, was aus Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DS - GVO folge, welcher eine wiederholte Auskunftsanfrage gestatte. Für die verzögerte und weiterhin unvollständige Erteilung der Datenauskunft schulde die Klägerin der Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld. Dessen Höhe stelle die Beklagte in das Ermessen des Gerichts. Es sollte einen Betrag in Höhe von 100,- € pro Monat, gerechnet ab dem 01.04.2020, jedoch nicht unterschreiten. Ein Schmerzensgeld in Höhe von 100,- € pro verzögerten Monat der Datenauskunft sei nicht übersetzt. Durch die mutwillige Auflehnung gegen Gesetz und Recht habe die Klägerin ein Schmerzensgeld in dieser Höhe verwirkt.

Ein Prozessvergleich sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Die Verhandlungen zwischen den Parteien hätten noch gelaufen, als die Beklagte zu dem Schluss gelangt sei, von der Idee eines Vergleichs wieder abzurücken.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 26.08.2021 und 18.11.2021 verwiesen.

Die Akten des Amtsgerichts Leipzig zu den Az. 337 F 3643/15, 337 F 1616/15, 337 F 1033/16 und 442 M 10036/16 wurden beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlungen.

Gründe

Klage und Widerklage haben lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Zwischen den Parteien ist kein wirksamer Prozessvergleich zustande gekommen.

a) Richtig ist, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.10.2021 mitteilte, es solle im schriftlichen Verfahren gemäß § 276 Abs. 6 ZPO ein Vergleich geschlossen werden, wonach das Versäumnisurteil vom 26.08.2021 aufgehoben werde, und die Beklagte an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.050,60 € bezahle. Hiermit sei der vorliegende Rechtsstreit hinsichtlich der Klage und der Widerklage erledigt. Über die Kosten des Rechtsstreits werde das Gericht gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen entscheide. Die Klägerin hat den Vergleichstext unter dem 22.10.2021 bestätigt. Mit Verfügung vom 04.11.2021 erteilte die Kammer Hinweise zum Vergleichstext sowie zur zu erwartenden Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO, auf deren Inhalt verwiesen wird. Hierauf teilte die Beklagte unter dem 10.11.2021 mit, nach dem Studium der richterlichen Hinweise wünsche die Beklagte einen Vergleich nicht mehr.

b) Soll ein außergerichtlich vereinbarter Vergleich, wie hier, gerichtlich noch protokolliert werden, so ist in der Regel anzunehmen, dass der Vergleich erst mit der Protokollierung abgeschlossen ist (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 16.01.1997, Az.: 2 AzR 35/96; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.11.2016, Az.: 2 Sa 136/16; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.07.2017, Az.: 5 Sa 252/16).

Nach der gesetzlichen Auslegungsregel in § 154 Abs. 2 BGB ist bei der Vereinbarung einer Vertragsbeurkundung im Zweifel anzunehmen, dass keine Vertragsbindung entsteht, solange die Beurkundung nicht erfolgt ist. Im Zweifelsfall ist damit von der Konstituvität der Beurkundung auszugehen. Dies schließt allerdings nicht den Nachweis aus, dass die Beurkundung lediglich deklaratorisch sei, d.h. insbesondere Beweiszwecken dienen sollte. Die Beweislast dafür, dass eine unstreitig vereinbarte Beurkundung nur Beweiszwecken dienen sollte, trifft angesichts der gesetzlichen Auslegungsregel denjenigen, der aus der formlosen Vereinbarung Rechte herleiten will. Bei der Anwendung des § 154 Abs. 2 BGB auf Prozessvergleiche ist die Doppelnatur des Prozessvergleichs zu beachten. Der Umstand, dass von den Parteien ein Vergleich als Prozessvergleich geschlossen wird, kann dabei bedeuten, dass die Parteien den materiell rechtlichen Vergleich mit dem Prozessvergleich untrennbar verbinden wollten und einen bloßen materiell - rechtlichen Vergleich im Sinne von § 779 BGB ohne Abschluss im Wege eines Prozessvergleichs nicht getätigt hätten. Wenn die Parteien in einem anhängigen Rechtsstreit ihre materiell - rechtlichen Rechtsbeziehungen vergleichsweise regeln, so verfolgen sie mit der Vereinbarung der gerichtlichen Protokollierung vor allem den Zweck, dem Kläger einen Vollstreckungstitel zu verschaffen und den Rechtsstreit zu beenden. Der Vergleichsprotokollierung kommt damit eine wesentliche Bedeutung zu. c) Hiervon ausgehend ist durch das Telefonat der beiden Prozessbevollmächtigten, welches zum Schriftsatz der Beklagten vom 21.10.2021 führte, noch kein wirksamer Prozessvergleich zustande gekommen. Es ist auch kein materiell - rechtlicher Vergleich zustande gekommen.

Ein Prozessvergleich ist schon allein deswegen nicht wirksam zustande gekommen, weil dieser weder in einem Gerichtstermin protokolliert wurde noch im schriftlichen Verfahren durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde. Schon deswegen konnte der erste Hauptantrag der Klägerin sowie der erste und zweite Hilfsantrag der Klägerin aus deren Schriftsatz vom 18.11.2021 keinen Erfolg haben. Ein Rechtsstreit kann nur durch einen wirksam protokollierten Prozessvergleich beendet worden sein.

d) Auch ein bloßer materiell - rechtlicher Vergleich der Parteien ist nicht zustande gekommen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Parteien übereinstimmend einen materiell - rechtlich wirksamen Vergleich auch für den Fall schließen wollten, dass weder ein Vollstreckungstitel für die Klägerin durch Protokollierung eines wirksamen Vergleichs geschaffen würde, noch der Rechtsstreit durch diesen Vergleich auch beendet würde.

Das Gericht hat auch beim Zustandekommen eines vollstreckungsfähigen Prozessvergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO seine inhaltliche Mitverantwortung und seine alleinige Feststellungsbefugnis behalten. Allein deswegen, weil der mit Schriftsatz vom 21.10.2021 vorgesehene Vergleichstext einen nicht vollstreckungsfähigen Inhalt hatte, weil dieser eine Zahlung an die Kläger als Gesamtgläubiger vorsah, obwohl nur eine GbR als alleinige Klägerin auftritt, war das Gericht verpflichtet, auf diesen Mangel des Vergleichstextes hinzuweisen. Es hätte einer erneuten Annahme der vom Gericht vorgeschlagenen Änderung des Vergleichstextes bedurft, damit ein Vergleich im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO hätte festgestellt werden können.

e) Ein Ausnahmefall von der Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB ist hier nicht festzustellen. Ein derartiger Ausnahmefall wurde angenommen, wenn die beiderseits erstrebte gerichtliche Fassung nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht zum Ziel hatte, dem Vergleichsgläubiger einen Vollstreckungstitel zu verschaffen (vgl. hierzu LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2008, Az.: 12 Sa 349/08). Dieser Entscheidung lag allerdings die Feststellung zugrunde, dass der dortigen Klägerin die auf Grund der außergerichtlichen Einigung eingetretene Gewissheit, die Beklagte, deren finanzielle Leistungsfähigkeit und Bereitschaft außer Frage stand, als Vergleichsschuldnerin zu haben, und dass es der Beklagten mit der Protokollierung nur noch darum ging, das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs formell unangreifbar zu dokumentieren.

Im Streitfall ist nichts dafür dargetan oder unstreitig, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Beklagten außer Frage gestanden hätte. Ein weiterer Ausnahmefall vom Zweifelssatz des § 154 Abs. 2 BGB wurde für den Fall angenommen, dass eine Partei bereits vor der Beurkundung ausdrücklich ihre Angebots- bzw. Annahmeerklärung unter Bestimmung einer Frist zur Bindung an ihre Erklärung abgegeben hatte (vgl. hierzu OLG Bremen, Urteil vom 28.03.2018, Az.: 1 U 63/17). Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass das Landgericht im Termin einen Vergleichsvorschlag unterbreitet hatte und hierauf der Beklagtenvertreter erklärte, dass er diesen Vergleich für seine Mandantin schon jetzt annehme. Er sei damit einverstanden, dass sich die Klägerin bis zu einem bestimmten Termin zu diesem Angebot äußere, und er halte sich bis dahin an seine Annahme gebunden. Noch vor Ablauf dieser Frist teilte die Beklagte mit, sie halte ihr Angebot auf Abschluss eines Vergleichs nicht aufrecht und einen Tag später erklärte die Klägerin die Annahme des Vergleichsangebotes. Ein derartiger Ausnahmefall liegt im Streitfall ersichtlich nicht vor.

2. Die zugesprochene Honorarforderung steht der Klägerin auf Grund der von ihr ausweislich der beigezogenen amtsgerichtlichen Akten erbrachten anwaltlichen Leistungen in abgerechneter Höhe zu. Gebührenrechtliche Einwendungen hat die Beklagte hiergegen nicht erhoben. Es steht zwischen den Parteien auch außer Streit, dass die Klägerin in den abgerechneten Mandaten tätig geworden ist. Die Beklagte hat auch keine Zahlungen auf die hier streitgegenständlichen Mandate geltend gemacht.

Im Verfahren des Amtsgerichts Leipzig zum Az.: 337 F 3643/15 ist indes der als Anlage K 35 vorgelegte Antrag auf Vergütungsfestsetzung der Klägerin vom 19.12.2019 nicht zu den Prozessakten gelangt. Dies hat die Klägerin eingeräumt. Damit greift insoweit die Verjährungseinrede der Beklagten durch. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung durch einen Antrag auf Vergütungsfestsetzung ist in diesem Mandatsverhältnis nicht erfolgt. Dadurch reduziert sich das der Klägerin zuzusprechende Anwaltshonorar um 286,91 € auf 1.814,28 €. Auf diesen Betrag hat die Klägerin ihre Klageforderung mit ihrem 3. Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 18.11.2021 ermäßigt. Dies ist als konkludente teilweise Klagerücknahme auszulegen. Dieser musste die Beklagte nicht zustimmen, da der bloße Säumnisantrag der Klägerin im Termin vom 26.8.2021 nicht zur mündlichen Verhandlung der Beklagten über die Hauptsache im Sinne von § 269 Abs. 1 ZPO führte (vgl. Zöller / Greger, 33. Auflage, § 269 Rn. 13 m.w.N.).

Das vor der teilweisen Klagerücknahme ergangene Versäumnisurteil vom 26.8.2021 ist in deren Umfang gem. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wirkungslos. Diese Wirkungslosigkeit konnte durch deklaratorischen Ausspruch im Urteil ausgesprochen werden (vgl. Zöller / Greger, § 269 Rn. 17). Ein gesonderter Beschluss hierzu wäre überflüssige Förmelei. Auf den vorgenannten Betrag schuldet die Beklagte Verzugszinsen in ausgeurteilter Höhe.

3. Eine Vorabentscheidung über das Auskunftsbegehren der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht veranlasst. Insbesondere besteht keine Veranlassung, über den Auskunftsanspruch im Wege eines Teilurteils vorab zu entscheiden und eine Entscheidung über die Honoraransprüche der Klägerin zurückzustellen (vgl. hierzu OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, Az.: 20 U 75/18). Da der Honoraranspruch aus einem Anwaltsdienstleistungsvertrag wegen einer unzureichenden oder pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten kann (vgl. BGH, Urteil vom 15.7.2004, AZ: IX ZR 256/03), wäre auf der Grundlage einer Einsicht der Beklagten in die Handakten der Mandate allenfalls eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus Anwaltshaftung zu erwarten. Derartige Ansprüche könnte die Beklagte aber auch in einem Folgeprozess verfolgen. Auch stünde bei einem Teilurteil zur Widerklage die Besorgnis, dass das Berufungsgericht die Gefahr widersprüchlicher Sachentscheidungen sehen würde, weswegen ein Teilurteil unzulässig wäre (vgl. hierzu Zöller / Feskorn, 33. Aufl., § 301 Rn. 12 m.w.N.).

4. Die Beklagte kann von der Klägerin eine Datenauskunft im ausgeurteilten Umfang beanspruchen. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch beurteilt sich nach dem seit dem 25.05.2018 unmittelbar anwendbaren Art. 15 DS - GVO. Nach Art. 15 Abs. 1 DS - GVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob die betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und bestimmte weitere Informationen. Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS - GVO besteht ein Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Gemäß Art. 4 Nr. 1 HS 1 DS - GVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Nach dieser Definition ist der Begriff weit zu verstehen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potentiell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt.

Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information auf Grund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkung mit einer bestimmten Person verknüpft ist. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist nicht teleologisch dahin zu reduzieren, dass der Personenbezug voraussetzen würde, dass es sich um signifikante biographische Informationen handeln müsste, die im Vordergrund des fraglichen Dokuments stünden. Eine derartige Auffassung wäre mit der Rechtsprechung des EuGH nicht zu vereinbaren (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15.06.2021, Az.: VI ZR 576/19).

Nach diesen Maßgaben besteht auch ein Anspruch auf Datenauskunft gemäß Art. 15 DS - GVO nach Beendigung eines Anwaltsvertrages (vgl. hierzu LG Bonn, Urteil vom 01.07.2021, Az.: 15 O 372/20). Auch Anwälte sind verpflichtet, ihren Mandanten eine vollständige Datenauskunft nach Art. 15 Abs. 3 DS - GVO zu erteilen. 5. Die Klägerin hat auch nicht den Beweis dafür geführt, dass die Beklagte einen offenkundig exzessiven Antrag im Sinne von Art. 12 Abs. 5 DS - GVO gestellt hätte. 6. Der Anspruch umfasst auch die im zuletzt gestellten Widerklageantrag nicht explizit aufgeführten Handakten zum amtsgerichtlichen Verfahren mit dem AZ: 337 F 1033/16. Dieses Aktenzeichen wurde ersichtlich nur versehentlich nicht mit aufgeführt. Die Beklagte hat schriftsätzlich mehrfach klargestellt, dass sie eine Datenauskunft für alle von der Klägerin für sie bearbeiteten Mandate beansprucht. Ohne Verstoss gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist der Widerklageantrag dahin auszulegen, dass er auch die Handakten zur Sache 337 F 1033/16 umfasst, da es anerkannt ist, dass zur Auslegung eines Klageantrages auch auf dessen Begründung abgestellt werden kann. Hiervon abgesehen hiervon erstreckt sich der Widerklageantrag schon seinem Wortlaut nach auf eine vollständige Datenauskunft zu den bei der Klägerin vorhandenen personenbezogenen Daten. Vollständig ist die Datenauskunft aber nur unter Einbeziehung der Handakten des Scheidungsverfahrens zum AZ: 337 F 1033/16.

7. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargetan und auch nicht unter Beweis gestellt, dass sie der Beklagten bereits Kopien ihrer Handakten zur Verfügung gestellt hätte.

8. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin demgegenüber darauf, dass der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Handakten nach den bürgerlich rechtlichen Vorschriften verjährt und die berufsrechtlichen Bestimmungen über die Länge der Aufbewahrungsfrist keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung haben (so BGH, Urteil vom 15.10.2020, Az.: IX ZR 243/19). Hiernach wird der Anspruch auf Herausgabe der Handakten spätestens mit Beendigung des Mandats fällig und zu diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährungsfrist.

Die Klägerin übersieht, dass der Anspruch auf Herausgabe der Handakten aus § 667 BGB i.V.m. § 50 BRAO sich auf Herausgabe der Handakten im Original bezieht. Der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DS - GVO richtet sich indes nicht auf Herausgabe der Handakten im Original, sondern lediglich darauf, der Beklagten Kopien der Handakten zur Verfügung zu stellen. Die Ansprüche sind demzufolge nicht deckungsgleich, weswegen sie nicht den gleichen Verjährungsvorschriften unterliegen müssen.

Des Weiteren ist die DS - GVO erst am 25.05.2018 überhaupt in Kraft getreten. Frühestens mit Inkrafttreten der DS - GVO konnte eine etwaig überhaupt mögliche Verjährung der Ansprüche überhaupt erst beginnen. Die Datenschutzwiderklage der Beklagten wurde der Klägerin am 04.02.2021 und damit vor Ablauf einer Regelverjährung von drei Jahren, gerechnet ab Inkrafttreten der DS - GVO zugestellt. Vor diesem Hintergrund bedarf es für den Streitfall keiner Entscheidung darüber, ob Ansprüche aus Art. 15 Abs. 3 DS - GVO (wie die Beklagte meint) möglicherweise gar keiner Verjährung unterliege, weil dem Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DS - GVO entgegensteht, wonach die betroffene Person für alle weiteren Kopien die sie beantrage, auf Verlangen des Verantwortlichen ein angemessenes Entgelt zahlen müsse.

9. Der Schmerzensgeldanspruch der Beklagten war demgegenüber im Ergebnis nicht zuzusprechen. Soweit zwischenzeitlich mit Verfügung vom 4.11.2021 eine abweichende Ansicht vertreten wurde, wird hieran nicht festgehalten. Auf diese Möglichkeit wurde im Termin zur Vermeidung eines Überraschungsurteils ausdrücklich hingewiesen. Nach Art. 82 Abs. 1 DS - GVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DS - GVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter. Auszugleichen sind hiernach ausdrücklich auch immaterielle Schäden. In der Literatur wird unter Geltung der DS - GVO überwiegend für eine Absenkung der Voraussetzungen für die Gewährung immateriellen Schadensersatzes und für eine Verschärfung der Haftung mit deutlich höheren Beträgen gegenüber den bisherigen plädiert. Dies folge aus dem weiten Schadensbegriff der DS - GVO sowie daraus, dass der EuGH bei der Wahl zivilrechtlicher Sanktionen zur Umsetzung von Unionsrecht generell eine abschreckende Wirkung verlange. Insbesondere dürfe der zugesprochene Schadensersatz nicht nur symbolisch sein. Auch dürfe die Gewährung immateriellen Schadensersatzes nicht mehr von einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung abhängig gemacht werden. Die abschreckende Wirkung zivilrechtlicher Sanktionen sei nur zu erreichen, wenn entsprechend hohe Beträge ausgeurteilt würden (vgl. hierzu die Nachweise bei Eichelberger, WRP 2021, 159 ff.). Hiervon unabhängig kann als gesichert gelten, dass das Unionsrecht die Mitgliedsstaaten grundsätzlich nicht zu überkompensatorischem Schadensersatz verpflichtet. Allein der Verstoß gegen die DS - GVO reicht für sich genommen noch nicht aus, einen Schadensersatzanspruch auszulösen. Ohne Schaden gibt es keinen Schadensersatzanspruch (vgl. hierzu Eichelberger a.a.O.). Vielmehr muss dem von einem Datenschutzverstoß Betroffenen ein spürbarer Nachteil entstanden sein. Es muss eine objektiv nachvollziehbare, mit gewissem Gewicht erfolgte, Beeinträchtigung von persönlichkeitsbezogenen Belangen vorliegen. Die Beeinträchtigung muss von einer gewissen Erheblichkeit sein. Einen normativen Anknüpfungspunkt hierzu gibt die DS - GVO in ihren Erwägungsgründen 75 und 85. Im Anschluss an die beispielhafte Aufzählung möglicher - hier nicht geltend gemachter - Beeinträchtigungen durch Datenschutzverletzungen (Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder - betrug, Rufschädigung, Verlust der Vertraulichkeit von einem Berufsgeheimnis unterliegenden Daten) ist dort ergänzend allgemein von anderen erheblichen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nachteilen die Rede (vgl. hierzu Eichelberger a.a.O.). Demzufolge kann die Beklagte keine Entschädigung für eine verspätete Datenauskunft sowie für die bislang noch nicht vollständig erteilte Datenauskunft von der Klägerin beanspruchen. Allein der Umstand, dass die Beklagte auf die (vollständige) Datenauskunft noch warten muss, kann keinen ersatzfähigen Schaden begründen. Es muss auch bei einem immateriellen Schaden eine Beeinträchtigung eingetreten sein, die unabhängig von einer Erheblichkeitsschwelle wenigstens spürbar sein muss. Anderenfalls scheidet ein Schaden schon begrifflich aus (so auch LG Bonn, Urteil vom 01.07.2021, Az.: 15 O 372/20). Die im Erwägungsgrund 75 der DS - GVO genannten immateriellen Nachteile, wie eine Diskriminierung, ein Identitätsdiebstahl, ein Identitätsbetrug, eine Rufschädigung, ein Verlust der Vertraulichkeit oder sonstige gesellschaftliche Nachteile sind der Beklagten durch die Führung der Handakten durch die von ihr beauftragten Rechtsanwälte in den familiengerichtlichen Verfahren unstreitig nicht erwachsen. Demzufolge scheidet auch die Zusprechung eines Schmerzensgeldes im Streitfall für die bislang nicht erteilte Datenauskunft nach Art. 15 Abs. 3 DS - GVO aus.

Für diese Erkenntnis bedurfte es keiner Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Zum einen entscheidet die Kammer nicht als letztinstanzliches, sondern als erstinstanzliches Gericht, wonach eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH nicht besteht. Zum anderen stützt die Kammer ihr Verständnis von der Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DS - GVO auf den Erwägungsgrund 75 der DS - GVO, mithin auf die europarechtliche Norm selbst. Unabhängig hiervon erscheint es nicht zielführend, dass jedes Instanzgericht bei Entscheidungen auf der Grundlage der DS - GVO den EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen bemüht. Sinnvoller erscheint es, dass das letztinstanzliche nationale Gericht die Entscheidung der Instanzgerichte zu Art. 82 Abs. 1 DS - GVO sammelt und in deren Auswertung darüber befindet, ob und wenn ja mit welchen Vorlagefragen es den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bemüht.

10. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 8.12.2021 und 9.12.2021 enthalten keinen entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag der Beklagten, welcher bei der Entscheidung zum Nachteil der Klägerin verwertet worden wäre. Eine Wiedereröffnung der nicht rechtsfehlerhaft geschlossenen mündlichen Verhandlung war hierwegen nicht erforderlich.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 344 ZPO.

12. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 711 ZPO.

13. Bei der Streitwertfestsetzung folgt die Kammer hinsichtlich der Datenauskunftswiderklage der Beklagten der Ansicht, wonach der Streitwert einer Auskunftsklage nach Art. 15 DS - GVO angesichts der hierdurch geschützten grundrechtlichen Position mit pauschal 5.000,- € zu bewerten ist, wenn sich der Kläger durch die erstrebten Auskünfte zumindest auch mittelbar wirtschaftliche Vorteile verspricht (vgl. hierzu OLG Köln, Beschluss vom 06.02.2020, Az.: 20 W 9/19). Der Ansatz eines Streitwertes von 5.000,- € entspricht zudem auch dem Regelstreitwert analog § 52 Abs. 2 GKG.