OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.12.2021 - 6 U 50/20
Fundstelle
openJur 2022, 1398
  • Rkr:

Zum Vergleich des Gesamteindrucks eines eingetragenen Designs für Deckenleuchten mit dem zweier Ausführungsmodelle eines anderen Herstellers, die auf eine spätere Designanmeldung zurückgehen

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.1.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung aus den Urteilen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 210.000 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin, die Designleuchten herstellt und vertreibt, nimmt die Beklagte, die ihrerseits in China gefertigte Leuchtenmodelle vertreibt, wegen einer - ihrer Auffassung nach - rechtswidrigen Nachahmung einer Deckenleuchte in Anspruch.

Die Klägerin meldete unter dem 30.7.2015 das auf Anlage K4 dargestellte Klagedesign einer Leuchte beim DPMA an:

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Die Eintragung erfolgte am 18.8.2015, die Veröffentlichung am 11.9.2015. Das Klagedesign steht weiterhin in Kraft.

Die Beklagte meldete unter dem 16.12.2016 bezüglich zweier Deckenleuchten zwei Designs an (Anlage K8a und K8b = Bl. 52 ff. d.A.):

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Mit diesen Designs bietet sie die angegriffenen Ausführungsformen als Deckenleuchten unter der Produktbezeichnung "A" in Deutschland an.

Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 5.11.2018 (Anlage K12 = Bl. 74 ff. d.A.) wegen der vorgenannten Modelle vergeblich die Abgabe einer Unterlassungserklärung nebst Verpflichtungserklärungen zu Folgeansprüchen.

Die mit der vorliegenden Klage weiterverfolgten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatzfeststellung, Auskunft und Rechnungslegung, Sequestration und Rückruf sowie Ersatz der Abmahnkosten stützt die Klägerin vorrangig auf Designrecht, hilfsweise auf Wettbewerbsrecht und äußerst hilfsweise auf Urheberrecht.

Wegen des Sachverhalts im Weiteren, des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge zu Klage und Widerklage wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit Urteil vom 30.1.2020 (Bl. 379 ff. d.A.) hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin gemäß der Widerklageanträge weiterverfolgt.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:

Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Widerklage sei begründet. Das Klagedesign hätte für nichtig erklärt werden müssen, weil es eine Benutzung eines durch Urheberrecht geschützten Werkes des Designers X darstelle (wird ausgeführt - insoweit legt die Beklagte in der Berufung als Anlage B5 eine weitere Skizze vor). Jedenfalls aber verfüge das Klagedesign nicht über Neuheit und Eigenart (wird ausgeführt). Aus der Begründetheit der Widerklage folge die Unbegründetheit der Klage. Die Klage hätte jedoch auch deshalb abgewiesen werden müssen, weil das Landgericht bei der Prüfung der Ähnlichkeit der angegriffenen Ausführungsformen mit dem Klagedesign den vorbekannten Formenschatz unberücksichtigt gelassen habe. Ferner habe das Landgericht die Abweichungen bei den angegriffenen Ausführungsformen - insbesondere die der kleineren Leuchte - berücksichtigen müssen (wird weiter ausgeführt).

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern, die Klage abzuweisen

sowie auf die Widerklage:

1. Das DE-Design Nr. 40 2015 100 712-0001 für nichtig zu erklären;

2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 2.305,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.9.2019 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und trägt im Wesentlichen vor:

Die Beklagte verletzte das Klagedesign, denn ihre Leuchten riefen beim informierten Benutzer keinen abweichenden Gesamteindruck hervor (wird ausgeführt).

Das Klagedesign sei rechtsbeständig und stelle keine Nutzung eines älteren urheberrechtlich geschützten Werkes dar. Die Herkunft der neuen Skizze (Anlage B5) werde bestritten. Das Klagedesign verfüge auch über Neuheit und Eigenart. Es habe einen weiten Schutzbereich, da auf dem Gebiet der Deckenleuchten ein großer Grad an Gestaltungsspielraum bestehe und das Klagedesign einen großen Abstand zum vorbekannten Formenschatz einnehme (wird ausgeführt).

Wegen des Vortrags der Parteien in der Berufung im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 431 ff. d.A.) Bezug genommen

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben (dazu A.) und die Widerklage abgewiesen (dazu B.).

A. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klage insgesamt begründet ist.

I. Der Klägerin steht nach dem Klageantrag zu I. ein Anspruch auf Unterlassung nach §§ 42 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1 DesignG wegen der beanstandeten Ausführungsformen gegen die Beklagte zu.

1. Das Landgericht geht zutreffend von der Rechtsgültigkeit des Klagedesigns aus.

a) Ein eingetragenes Design ist gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 DesignG für nichtig zu erklären, wenn es eine unerlaubte Benutzung eines durch das Urheberrecht geschützten Werkes darstellt. Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, das Klagedesign habe ein urheberrechtlich geschütztes Werk gemäß der als Anlage B1 vorgelegten Skizze des Designers X übernommen.

Unabhängig von den Zweifeln der Klägerin, ob der chinesische Designer X überhaupt ein Urheberrecht an der Gestaltung auf den Skizzen in Anlage B1 erlangt hat, stellt das Klagedesign jedenfalls keine Verletzung eines etwa in der Skizze B1 zum Ausdruck kommenden Urheberrechts dar, wie schon das Landgericht zutreffend festgestellt hat.

Auch die Beklagte macht nicht geltend, dass die Klägerin das angebliche Werk der Beklagten 1:1 übernommen hat, wie sich aus der auf Seite 16 des angefochtenen Urteils ersichtlichen Gegenüberstellung des entsprechenden Designs von der Skizze B1 mit dem Klagedesign ergibt.

Das Klagedesign ist aber auch nicht als Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne von § 23 UrhG des auf der Skizze B1 dargestellten Designs anzusehen, so dass es nicht mehr in den Schutzbereich eines angeblichen, von der Beklagten für sich in Anspruch genommenen Urheberrechts fällt.

Das Klagedesign wird in der Klageschrift und im angefochtenen Urteil mit folgenden Gestaltungsmerkmalen beschrieben:

1. Die Leuchte weist ein kreisförmiges Gehäuse auf.

2. An dem Gehäuse ist ein Leuchtenkörper befestigt, der einen gekrümmten Stab aufweist.

3. Der Leuchtkörper ist derart ausgebildet und an dem Gehäuse befestigt, dass der gekrümmte Stab ein umlaufendes Band bildet, das tangential zu dem kreisförmigen Gehäuse angeordnet ist.

4. Ausgehend von dem Bereich, in dem das Band tangential zu dem kreisförmigen Gehäuse angeordnet ist, weist dieses beidseitig einen kleineren Krümmungsradius auf.

5. An die Abschnitte mit dem kleineren Krümmungsradius schließt sich ein Abschnitt des Bandes mit einem größeren Krümmungsradius an, der im Wesentlich kreisförmig ausgebildet ist, wobei das ebenfalls kreisförmige Gehäuse in etwa mittig zu dem äußeren Kreis angeordnet ist.

Wie das Landgericht zu Recht ausführt, entsteht durch die unterschiedliche Anordnung des Deckentopfes (Gehäuses) beim Skizzendesign und beim Klagedesign ein anderer Gesamteindruck. Beim Klagedesign ist der Deckentopf mittig angebracht (5. Gestaltungsmerkmal) und scheint nur mit dem kleineren Leuchtring verbunden zu sein, wodurch es so aussieht, als würde der zweite Ring frei schweben. Beim Skizzendesign dagegen befindet sich der Deckentopf seitlich und ist mit beiden Leuchtringen (optisch) verbunden. Außerdem ergibt sich durch die unterschiedliche Anordnung des Deckentopfes bei beiden Designs und dem Umstand, dass sich bei dem Skizzendesign beide Ringe auf einer Ebene befinden - während beim Klagedesign die Ringkonstruktion nach unten gezogen erscheint - ein deutlich abweichender dreidimensionaler Eindruck des Klagedesigns.

Der Einwand der Beklagten, die Feststellungen des Landgerichts würden sich nur bei einer Betrachtung in der direkten Draufsicht bestätigen lassen, greift nicht durch. So ist die unterschiedliche Anordnung des Deckentopfes auch in der Seitenansicht deutlich erkennbar (vgl. Seite 17 LGU). Außerdem stellt das Landgericht - wiederum unter Verweis auf die Seitenansicht - auch auf den abweichenden dreidimensionalen Eindruck des Klagedesigns ab.

Sofern die Beklagte in der Berufung mit einer neuen Skizze (Anlage B5) nachweisen will, dass die Unterschiede des Entwurfs des Zeugen X und des Klagedesigns erheblich geringer sind, weil das Landgericht nur auf die zweidimensionalen Darstellungen auf der Skizze B1 abgestellt habe, die neue Skizze B5 aber eine deutlich weniger mittige Position des Deckentopfes zeige, kann sie damit gemäß § 531 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht mehr gehört werden.

Die verspätete Vorlage der neuen Skizze, deren Herkunft und Zustandekommen die Klägerin bestreitet, beruht nämlich auf Nachlässigkeit. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Skizze B5 nicht schon dem Landgericht vorgelegt wurde, zumal die Beklagte selbst dies mit Schriftsatz vom 13.1.2020 angekündigt hatte. Pandemiebedingte Kommunikationsprobleme, auf die sich die Beklagte wegen der Verzögerung beruft, sind nicht nachvollziehbar. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb es nicht möglich gewesen sein soll, mit dem Zeugen X Kontakt aufzunehmen und die neue Skizze B5 schon damals auf elektronischem Weg zu übermitteln.

Bei dieser Sachlage war eine Vernehmung des von der Beklagten angebotenen Zeugen X zur Frage des Zeitpunkts des Entwurfs der Skizze B1 entbehrlich.

b) Das Klagedesign ist auch nicht deshalb nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 DesignG für nichtig zu erklären, weil es nicht neu ist oder keine Eigenart hat, was hier gemäß § 52a DesignG deshalb zu prüfen ist, weil die Beklagte einen entsprechenden Widerklageantrag gestellt hat.

aa) Nach § 2 Abs. 2 DesignG gilt ein Design als neu, wenn der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag kein identisches Design offenbart wurde, wobei Designs als identisch gelten, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden. Indes können bereits geringfügige Abweichungen von vorbekannten Designs die Neuheit eines Designs begründen (BGH GRUR 1966, 681, 683 - Laternenflasche; Eichmann/von Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 2 Rn 9). Ob solche vorliegen, richtet sich nach dem Gesamteindruck der für die Eigenart des eingetragenen Designs maßgeblichen Erscheinungsmerkmale (BGH GRUR 1969, 90, 95 - Rüschenhaube).

Das Klagedesign kann einen eher weiten Schutzbereich in Anspruch nehmen. Das Landgericht stellt insoweit zutreffend auf den großen Grad der Gestaltungsfreiheit auf dem Gebiet der Deckenleuchten ab, der sich daraus ergibt, dass es keine ergonomischen Anforderungen gibt, und auch technische Anforderungen dem Designer kaum Grenzen setzen. Auch nach dem Vortrag der Parteien in der Berufung gilt - wie schon in erster Instanz - weiter, dass der Gestaltungsspielraum auch nicht durch eine besonders hohe Musterdichte eingeschränkt ist.

Die Beklagte stellt diesen weiten Schutzbereich ohne Erfolg infrage.

Ihre Rüge, das Landgericht hätte diesbezüglich eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durchführen müssen, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen ist ein Sachverständigengutachten nur dann erforderlich, wenn die entscheidenden Richter nicht in der Lage sind, ungewöhnliche Konstellationen eigenständig zu beurteilen. Das kann notwendig sein, wenn die beteiligten Richter dem maßgeblichen Personenkreis nicht angehören oder wenn es um die Bewertung von nur noch kleinen Entwicklungsschritten geht. Die Mitglieder des Senats gehören als potentielle Kunden aber einerseits zum hier angesprochenen Personenkreis. Darüber hinaus ergibt sich die erforderliche Sachkunde des Senats aus der regemäßigen Befassung mit den Fragen des Designschutzes (BGH, Urteil vom 15.9.20005 - I ZR 151/02 = GRUR 2006, 79 - Jeans I - m.w.N.).

Soweit der Einwand der Beklagten so verstanden werden soll, es müsse ein Sachverständiger damit beauftragt werden, nach mit dem Klagedesigns identischen Leuchtendesigns zu suchen, die der Öffentlichkeit vor dem Klagedesign offenbart worden sind, wäre das eine unzulässige Ausforschung; die Beklagte verkennt insoweit ihre Darlegungslast.

Soweit sich die Beklagte in der Berufung erneut auf den vorbekannten Formenschatz (insbesondere die Designs der Anlagen K5 und K6) beruft, vermitteln die dort dargestellten Designs einen anderen Gesamteindruck. Hierzu im Einzelnen:

(1) Die in Anlage K5 dokumentierte Designanmeldung, sieht wie folgt aus:

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Das Design wurde am 11.9.2015 veröffentlicht, also vor dem Klagedesign. Gleichwohl steht es der Neuheit des Klagedesigns nicht entgegen.

Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass das hier dargestellte Design nicht mit dem Klagedesign identisch ist. Der Gesamteindruck, den das Design der Anlage K5 beim informierten Benutzter hervorruft, unterscheidet sich dadurch deutlich vom Klagedesign, dass der am Grundkörper (Deckentopf) befestigte, spiralförmig nach unten gezogene Stab am unteren Ende frei endet. Am Klagedesign befinden sich überhaupt keine freien Enden. Entgegen der Meinung der Beklagten ist dieser Unterschied auch nicht allein der Perspektive geschuldet. Es gibt zwar keine Abbildung, die das Modell auf der Anlage K4 von unten zeigt; der frei endende Stab fällt naturgemäß aber auch aus dieser Perspektive ins Auge.

(2) Die in Anlage K6 dargestellte Designanmeldung sieht wie folgt aus:

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Obwohl es - ebenfalls vor dem Klagedesign - am 2.10.2014 veröffentlicht wurde, steht auch dieses Design der Neuheit des Klagedesigns nicht entgegen. Dabei ist der Unterschied zum Klagedesign so deutlich, dass auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil verwiesen werden kann (vgl. Seite 18 LGU). Die Beklagte beruft sich auf dieses Design in der Berufung auch nicht mehr explizit, sondern nur noch im Zusammenhang mit dem von ihr als Anlage B4 vorgelegten Recherchebericht (dazu nachfolgend).

(3) Auch die weiteren Entgegenhaltungen der Beklagten stehen der Neuheit des Klagedesigns nicht entgegen. Insoweit legt die Beklagte mit der Anlage B4 einen Recherchebericht vor. Von den darin aufgeführten Designs beruft sich die Beklagte in der Berufungsschrift - außer auf das Design auf der Anlage K6 - konkret nur noch auf das Design auf Seite 31 des Berichts, das lange vor dem Klagedesign im Jahr 2010 veröffentlich wurde und wie folgt aussieht:

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Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass dieses Design eine völlig andere Gestaltung darstellt: Dort ist an einem Metallring ein rundes - offenbar ebenfalls metallenes - Gehäuse befestigt, in das eine runde Leuchte integriert ist. Ein zweiter Ring - oder der Anschein dessen - fehlt gänzlich.

bb) Die - neben der Neuheit - kumulativ erforderliche Feststellung der Eigenart des Klagedesigns (Eichmann/von Falckenstein/Kühne DesignR, § 2 Rn 11) hat durch einen Vergleich mit dem vorbekannten Formenschatz zu erfolgen. Ein Design hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck eines vorbekannten Designs unterscheidet.

Insoweit ergibt sich aus den unter aa) ausgeführten Vergleichen zugleich, dass das Klagedesign nach seinem Gesamteindruck einen ausreichenden Abstand zu dem von den Parteien vorgetragenen Formenschatz hält und damit Eigenart im Sinne von § 2 Abs. 1 DesignG hat.

2. Das Landgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass die beiden angegriffenen Leuchten der Beklagten das Klagedesign verletzen.

Nach § 38 Abs. 2 DesignG erstreckt sich der Schutz aus einem eingetragenen Design auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Die hierzu erforderliche Prüfung setzt voraus, dass der Schutzumfang des eingetragenen Designs bestimmt sowie sein Gesamteindruck und derjenige des angegriffenen Modells ermittelt und verglichen werden (BGH, Urteil vom 28.1.2016 - I ZR 40/16 = GRUR 2016, 803 - Armbanduhr - m.w.N.).

Wie bereits oben ausgeführt, kann das Klagedesign einen eher weiten Schutzbereich in Anspruch nehmen. Dem Landgericht ist zudem darin zuzustimmen, dass die beiden angegriffenen Ausführungsformen der Beklagten beim informierten Benutzer keinen abweichenden Gesamteindruck hervorrufen. Die angegriffenen Deckenleuchten übernehmen alle fünf oben dargestellten Gestaltungsmerkmale des Klagedesigns.

Als Abweichungen hat das Landgericht folgende Merkmale festgestellt:

- Bei den Verletzungsformen ist anstatt eines eckigen gekrümmten Bandes ein Rundrohr vorhanden.

- Die Gehäuse der Verletzungsformen sind - anders als das Klagedesign - mit einer leicht überstehenden Deckenplatte versehen, die aber ebenfalls rund ist.

- Die Verletzungsformen weisen - von unten betrachtet - einen inneren elliptischen Ring und einen aus dessen Enden herausführenden nahezu runden Ring auf, während das Klagedesign - so betrachtet - aus zwei Kreisen und dem mittigen Deckentopf zu bestehen scheint.

Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass diesen Abweichungen im Hinblick auf den Gesamteindruck keine Bedeutung beizumessen ist. Die Beklagte greift den von dem Landgericht vorgenommenen Vergleich - wie auch in der mündlichen Verhandlung - konkret auch nur insoweit an, als sie meint, jedenfalls die kleinere Verletzungsform biete einen anderen Gesamteindruck. Dem vermag der Senat nicht zuzustimmen.

Das Landgericht hat sich nicht gesondert mit der kleineren Verletzungsform befasst. Auch die kleinere Verletzungsform weist indes alle fünf wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Klagedesigns auf. Auf den Abbildungen im angefochtenen Urteil (Seite 22) scheint sie wegen der kleineren inneren Ellipse und den im Vergleich dazu sehr groß wirkenden Deckendtopf zwar einen etwas anderen Eindruck als die große Ausführungsform zu vermitteln. Bei Anschauung des von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Modells der kleinen Ausführungsform wird jedoch deutlich, dass diese Abweichung kaum augenfällig ist, so dass der Senat keinen anderen Gesamteindruck feststellen kann.

3. Ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten gemäß § 41 Abs. 1 DesignG ist aus den vom Landgericht dargelegten Gründen ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. LGU Seite 23 ff.). Die Beklagte beruft sich auch in zweiter Instanz insoweit wiederum auf das Design auf der Skizze B1. Der Einwand der Beklagten würde aber nur dann greifen, wenn die angegriffenen Ausführungsformen auf das auf der Skizze B1 dargestellte Design zurückgehen und diese Gestaltung überdies mit dem Klagedesign identisch wäre oder jedenfalls in seinen Schutzbereich fallen (Eichmann/von Falckenstein/Kühne DesignG, § 41 Rn 5). Dass, dies nicht der Fall ist, wurde bereits oben ausgeführt.

Insoweit mögen Zweifel, ob überhaupt eine relevante Vorbenutzungshandlung in Deutschland vorliegt, wie sie § 41 Abs. 1 DesignG fordert, auf sich beruhen.

II. Die mit den Klageanträgen zu II., III., IV., V. und VI. geltend gemachten Folgeansprüche ergeben sich unproblematisch wie folgt: Schadensfeststellung aus § 42 Abs. 2 DesignG; Auskunft und Rechnungslegung gemäß § 46 DesignG bzw. § 242 BGB i.V.m. § 42 Abs. 2 DesignG; Vernichtung- und Verwahrung aus § 43 Abs. 1 DesignG; Rückruf gemäß § 43 Abs. 2 DesignG sowie Abmahnkosten in Höhe von 2.305,40 € aus §§ 670, 677, 683 BGB.

Substantiierte Einwendungen im Hinblick auf die Annexansprüche erhebt die Beklagte in der Berufung nicht. Der Einwand, das Landgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, inwieweit die Beklagte im guten Glauben auf ihr eingeräumte Nutzungsrechte sowie ein damit im Zusammenhang stehendes Vorbenutzungsrecht überhaupt schuldhaft gehandelt hat, kann im Ergebnis keinen Erfolg haben. Die Beklagte traf eine Prüfobliegenheit zur Überwachung der Schutzrechtslage. Wenn sie dieser Obliegenheit nicht Rechnung getragen hat, handelte sie fahrlässig, wenn sie das eingetragene Klagedesign gekannt und die für den gestalterischen Eindruck maßgebenden Gestaltungselemente in ihren Wesenszügen übernommen hat. Dasselbe gilt, wenn es auf Fahrlässigkeit beruhte, dass die Beklagte das eingetragene Klagedesign nicht gekannt hat. Für die Fahrlässigkeit genügt es, wenn eine sorgfältige Prüfung der Schutzfähigkeit unterblieben ist. Ein Irrtum der Beklagten dergestalt, dass sie genügend Abstand von dem eingetragenen Klagedesign gehalten hat, schließt Fahrlässigkeit in der Regel nicht aus (vgl. zum Ganzen Eichmann/v. Falckenstein/Kühne DesignG; § 42 Rn 18 ff. - m.w.N).

Nach Lage der Dinge hätte die Beklagte die Anmeldung des Klagedesigns zur Kenntnis nehmen müssen. Genauere Umstände, warum sie trotzdem schuldlos mit der Herstellung von Deckenlampen nach den angegriffenen Ausführungsformen begonnen hat, hätte die Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vortragen müssen. Das hat sie nicht getan. Ein etwaiger Irrtum über das - nur vorgestellte - Vorbenutzungsrecht kann sie nicht entlasten.

B. Aus der Begründetheit der Klageanträge ergibt sich die Unbegründetheit der Widerklageanträge zu 1. (Nichtigerklärung) und 2. (Schadenersatzansprüche wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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