OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2021 - 12 U 1546/20
Fundstelle
openJur 2021, 32510
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 29.09.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten verliert hierdurch ihre Wirkung.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Koblenz und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 9.000 € festgesetzt.

Gründe

Mit seiner Klage hat der Kläger u. a. um die Feststellung der alleinigen Inhaberschaft der Totenfürsorge hinsichtlich der in den Jahren 1995 bis 2017 verstorbenen, auf dem Hauptfriedhof der Stadt ...[Z[ beigesetzten Geschwister ...[C], ...[D], ...[B] und ...[E]

nachgesucht sowie um die Verpflichtung der Beklagten als Treuhänderin angetragen, die Friedhofsgärtnerei ...[A] von ihren Pflichten aus dem Dauergrabpflege- und Treuhandvertrag mit den Geschwistern ... vom 05.01.1993 zu entheben und einen anderen Friedhofsgärtner mit der Grabpflege zu beauftragen. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Koblenz vom 29.09.2020 Bezug genommen. Mit seinem engegriffenen Urteil hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger Inhaber des Totenfürsorgerechts bezüglich aller vier in der Grabstätte auf dem Hauptfriedhof der Stadt ...[Z[, Block-Nr. II, Feld Nr.f, Grab Nr. 63, Grabstätte Wahlgrab mit vier Grabstellen, bestatteten Personen ist, und die Klage im übrigen abgewiesen.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger, unter Abänderung des am 29.09.2020 verkündeten Urteils des LG Koblenz, Az. 9 O 395/19

1. festzustellen, dass er alleiniger Inhaber des Totenfürsorgerechts bezüglich aller vier in der Grabstätte auf dem Hauptfriedhof der Stadt ...[Z[, Block-Nr. II, Feld Nr. f, Grab Nr. 63, Grabstätte Wahlgrab mit vier Grabstellen, bestatteten Personen ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, einen anderen Friedhofsgärtner mit der Erledigung der Arbeiten aus dem Dauergrabpflege- und Treuhandvertrag vom 05. Januar 1993 zu beauftragen und ihm die Rechte und Pflichten des Auftragnehmers aus diesem Vertrag zu übertragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

sowie im Wege der Anschlussberufung,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 08.02.2021 Bezug genommen, an dem der Senat auch nach erneuter Beratung umfassend festhält. Die Stellungnahme des Klägers mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10.03.2021 führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen weitergehenden, über den Umfang des erstinstanzlichen Klagezuspruchs hinausgehenden Rechtsanspruch des Klägers auf Feststellung der alleinigen Inhaberschaft eines Totenfürsorgerechts für die im Klageantrag näher bezeichneten (vier) Personen verneint. Zutreffend hat das Erstgericht auch den gegenüber der Beklagten mit der Berufung aufrechterhaltenen Anspruch auf "Entlassung" der Friedhofsgärtnerei ...[A] aus den sich aus dem Dauergrabpflege- und Treuhandvertrag vom 05.01.1993 ergebenden Pflichten, verbunden mit der beanspruchten Übertragung der Arbeiten an ein anderes Gärtnereiunternehmen abgelehnt.

Soweit das Landgericht die in erster Instanz streitige Frage, ob der Kläger überhaupt Inhaber der für seine Tanten reklamierten Totenfürsorge ist, im Ergebnis bejaht hat, hatte der Senat hierüber mit Blick auf die singuläre Berufung des Klägers, die nach § 524 Abs. 4 ZPO eintretende Wirkungslosigkeit der Anschlussberufung der Beklagten und das sich aus § 528 ZPO ergebende zivilprozessuale "Verschlechterungsverbot" nicht zu befinden. Zutreffend hat das Landgericht ausgehend von dieser rechtlichen Annahme jedenfalls weiterhin festgestellt, dass sich diese Rechtsstellung des Klägers nicht, zumindest nicht unter Ausschluss der Beklagten bzw. des von ihr beauftragten Gärtnereiunternehmens ...[A], auf die Pflege der Grabstätte bezieht, in der die Tanten des Klägers beigesetzt sind.

Insoweit geht der Senat zunächst mit dem Kläger davon aus, dass die Totenfürsorge den Berechtigten/Verpflichteten grundsätzlich auch in die Lage versetzt, die Bestimmung hinsichtlich der Gestaltung und der Festlegung des Erscheinungsbilds der Grabstätte zu bestimmen und sich damit auch auf die Befugnis zu deren Pflege und der äußeren Gestaltung erstreckt (vgl. insoweit Tanck in Praxiskommentar Erbrecht, § 1922 BGB Rdn. 43). Eine uneingeschränkte Übertragung dieses Rechtsgrundsatzes auf die Berechtigung des Klägers zur Totenfürsorge im vorliegenden Fall würde jedoch die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Sachverhalts unberücksichtigt lassen. Insoweit ist dem Erstgericht darin zu folgen, dass der Teilbereich der Grabpflege, der regelmäßig von dem Rechts-/Pflichtenkreis des Fürsorgeberechtigten umfasst ist, im konkreten Fall hiervon durch den mit Datum vom 05.01.1993 zwischen der Beklagten als Treuhänderin und der namentlich bezeichneten Tante des Klägers ...[B] als Auftraggeberin, handelnd in Vertretung für ihre Geschwister ...[C], ...[D] und ...[E], abgeschlossenen "Dauer- (Legat-) Grabpflegevertrag, Treuhandvertrag" rechtswirksam ausgenommen und an einen Dritten, hier die Gärtnerei ...[A], übertragen wurde. Dabei kann es vorliegend dahinstehen, ob der Kläger im Vorfeld des Vertragsschlusses vom 05.01.1993 über die Absicht der Geschwister, die Angelegenheit der Grabpflege aus dem "Aufgabenverbund" der Totenfürsorge herauszulösen und sie einem Fachunternehmen zu übertragen, informiert war oder nicht. Die diesbezüglich zwischen den Parteien geführte Diskussion ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht von Relevanz.

Soweit der Kläger erstmals mit der Berufung strukturelle Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertragsschlusses erhebt, vermag der Senat seiner Argumentation nicht beizutreten. Es bestehen keine Zweifel daran, dass Frau ...[B] ihre Schwestern seinerzeit wirksam vertreten hat. Als Vertragspartner auf Auftraggeberseite sind ausdrücklich die "Geschwister ..., vertreten durch ...[B]" genannt. Auch wenn der Kläger insoweit zutreffend darauf hinweist, dass die Bezeichnung "Geschwister ..." keine Personengruppe mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit darstellt, steht außer Zweifel, dass Frau ...[B] bei Vorliegen einer entsprechenden Vertretungsmacht (im Folgenden näher dargelegt) berechtigt war, rechtswirksam für ihre Schwestern zu handeln.

Gemäß § 164 BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll. Vorliegend wurde die Willenserklärung von Frau ...[B] ausdrücklich mit dem Zusatz versehen "vertreten durch ...[B]". Auch die unter Ziffer 1. des Vertrages erfolgte Konkretisierung des Vertragsgegenstandes "Grab/die Grabstätte Geschwister ..." und die handschriftliche Ergänzung "x nach Ableben der vier Schwestern" machen unmissverständlich deutlich, dass Frau ...[B] in Vertretung für ihre drei Schwestern handelte und handeln wollte und sich die aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten auf alle Geschwister erstrecken sollten. Wenn der Kläger demgegenüber mit der Berufung ausführt, es liege ein Verstoß gegen das Offenkundigkeitsprinzip i. S. d. § 164 BGB vor, da nicht erkennbar sei, dass Frau ...[B] in fremdem Namen gehandelt habe, erscheint dies angesichts der Deutlichkeit, mit der das vertragliche Handeln auch für die drei Geschwister erfolgt ist, nicht verständlich, unabhängig von der Tatsache, dass es einer solchen - hier zu bejahenden - klaren Formulierung des Vertreterhandelns nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB gar nicht bedurft hätte.

Wenn der Kläger mit der Berufung weiterhin das Vorliegen der Vertretungsmacht seitens der Schwester ...[B] bestreitet, so vermag er auch mit diesem Einwand nicht durchzudringen. Der Senat verkennt nicht, dass ein bloßes Bestreiten der Vertretungsmacht verfahrensrechtlich zulässig ist, auch wenn der Kläger hier keinerlei Umstände dargetan hat, die es rechtfertigen würden anzunehmen, Frau ...[B] habe ohne entsprechende Bevollmächtigung durch ihre Schwestern gehandelt, trotz der Eindeutigkeit, mit der die Formulierung des Vertragstextes die Beauftragung zu einer entsprechenden Vertretungshandlung nahelegt. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist der Senat auch insoweit davon überzeugt, dass Frau ...[B] mit Wissen und Wollen ihrer drei Schwestern den "Dauer- (Legat-) Grabpflegevertrag, Treuhandvertrag" mit der Beklagten unter Bestimmung der Friedhofsgärtnerei ...[A] als ausführenden Werkunternehmer geschlossen hat. Insoweit darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Abschluss dieses Vertrages mit der Zahlung eines nicht unerheblichen treuhänderisch an die Beklagte überlassenen Betrages von insgesamt 18.735,40 € (einschließlich der darin enthaltenen Abschlussgebühr) verbunden war. Schon dieser dem Vertragsverhältnis zu Grunde liegende finanzielle Rahmen legt nahe, dass die allen vier Schwestern zugutekommende Vereinbarung von diesen gemeinschaftlich initiiert wurde und alle vier Schwestern die hieraus resultierenden rechtlichen Folgen in Anspruch nehmen wollten. Da die vier Schwestern jeweils ledig waren und eigene Nachkommen, die die Grabpflege nach dem gewöhnlichen Gang der Dinge ohne besondere Vereinbarung übernommen hätten, nicht vorhanden waren, erscheint es auch verständlich, dass die Geschwister ... sich rechtzeitig um die Regelung dieser Angelegenheit bemüht haben. Da nicht erkennbar und auch von dem Kläger nicht dargetan ist, dass er oder ein(e) sonstige(r) Angehörige(r) unmittelbar konkret mit der Erledigung dieser Aufgabe betraut worden wäre(n), ist weiter als naheliegend davon auszugehen, dass sich die Geschwister ... diesbezüglich - unabhängig von dem Kreis der Angehörigen oder sonstigen ihnen zugewandten Personen - eines (unabhängigen) professionellen "Dienstleisters/Werkunternehmers" bedienen wollten, um die Erledigung der Pflegetätigkeit für die Grabstätte sicherzustellen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den voraussichtlich nicht unerheblichen Zeitraum, der aus Sicht der Schwestern für die langfristige Bewältigung dieser mit kontinuierlich anfallenden pflegerischen Arbeiten verbundenen Angelegenheit ergeben würde. Da es nach den für das Gericht erkennbaren Umständen auch bereits im Jahre 1993 feststand oder jedenfalls nahegelegen hat, dass die Schwestern ... alle in einer Grabstätte beigesetzt werden sollten, wäre eine abweichende Vertragsauslegung im Sinne eines lediglich die individuelle Betroffenheit der unmittelbar den Abschluss des Vertrages vornehmenden Schwester ...[B] berücksichtigenden Regelungsgehalts der Vereinbarung vom 05.01.1993 unverständlich und lebensfremd, weil mit den tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie sich aus dem Inhalt des dargelegten Sachverhalts ergeben, nicht vereinbar. Zudem belegt faktisch auch der Umstand, dass alle vier Schwestern - ohne dass dies nach dem Tod der ersten Schwester(n) zu Diskussionen unter den verbliebenen Schwestern oder sonstigen Angehörigen geführt hätte - nach ihrem Tod jeweils in der Grabstätte ihre letzte Ruhe gefunden haben, die den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildet, das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass der Abschluss des "Dauer- (Legat-) Grabpflegevertrages, Treuhandvertrages" nicht dem Willen der drei übrigen Schwestern entsprochen haben soll.

Diese rechtliche Beurteilung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Frau ...[B], wie von dem Kläger mit Schriftsatz vom 10.03.2021 vorgetragen, als Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes des Landkreises ...[Z[ mit vertraglichen Angelegenheiten "bestens vertraut" war. Dieser Umstand, seine Richtigkeit unterstellt, erklärt allenfalls warum Frau ...[B] im Rahmen des Vertragsschlusses mit der Beklagten allein in Erscheinung trat und es belegt, dass sie als in geschäftlichen Dingen versierte Person auch das uneingeschränkte Vertrauen ihrer Geschwister genoss, sodass es aus deren Sicht nicht erforderlich war, sie in diesem gemeinsamen Vorhaben organisatorisch zu unterstützen und jeweils eigenhändig tätig zu werden. Nichts anderes gilt für den von dem Kläger mit Schriftsatz vom 10.03.2021 angeführten Umstand, dass Frau ...[B] "den Vertrag von Ihrem Konto bezahlt habe". Dass es insoweit bereits aus organisatorischer Sicht wenig praktikabel erschien, dass alle Geschwister jeweils die anteiligen Beträge von ihren eigenen Konten überwiesen, bedarf keiner Erörterung. Wenig plausibel erscheint indes die Annahme, Frau ...[B] hätte für die alle Geschwister betreffende Grabpflege alleine finanziell aufkommen wollen, sodass es schon unter diesem Blick... fern liegt anzunehmen, dass es sich hier um ein "Projekt" handelte, das die Schwester ...[B] in organisatorischer Hinsicht ohne Wissen und Wollen ihrer Geschwister eingeleitet hätte und hätte umsetzen wollen. Selbst wenn man dem Kläger folgen wollte, dass Frau ...[B] das Rechtsgeschäft eigenmächtig, ohne die vorherige Abstimmung mit ihren drei Geschwistern vorgenommen und diese erst nachträglich informiert hätte, wäre dann jedenfalls nach § 177 Abs. 1 BGB angesichts der über Jahre unbeanstandet gebliebenen Sachlage von einer (konkludent erteilten) Genehmigung auszugehen.

Weiter vermag der Kläger auch mit seinen erstmals mit der Berufung geltend gemachten rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Vertragsauslegung nicht durchzudringen. Soweit er ausführt, dass der Vertragsinhalt vom 05.01.1993 den Begriff der Totenfürsorge vermissen lasse und daher nicht geeignet sei eine Regelung der in diesen Rechts-/Pflichtenkreises fallenden Aufgabe der Pflege der Grabstätte konstitutiv und rechtswirksam herbeizuführen, erscheint sein Vorbringen wenig nachvollziehbar. Hätte die Schwester ...[B] seinerzeit den gesamten Regelungsbereich der Totenfürsorge in "die Hände eines Dritten" legen wollen, so hätte sie dies explizit zum Ausdruck bringen können und müssen. Dann wäre aber auch für die Annahme der Totenfürsorge auf Seiten des Klägers kein Raum verblieben, sodass die Klage insgesamt - auch hinsichtlich der von dem Landgericht bejahten Totenfürsorge - abzuweisen gewesen wäre. Nur mit Rücksicht auf die Tatsache, dass diese Gesamtübertragung der die Totenfürsorge umfassenden Pflichten unterblieben ist und sich die vertragliche Vereinbarung auf einen Teilbereich, die Pflege der Grabstätte, beschränkte, erklärt sich die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass der Kläger (Mit-)Inhaber des Totenfürsorgerechts ist. Ob die Fremdbeauftragung mit der Grabpflege im Rahmen des Treuhandvertrages mit der Beklagten tatsächlich Ausfluss der (Teil-)Übertragung des Rechtsinstituts der Totenfürsorge auf die Auftragnehmerin ist, kann insoweit im Ergebnis dahinstehen. Jedenfalls haben die Geschwister ..., auf die sich das von dem Kläger unter Ausschluss Dritter beanspruchte Totenfürsorgerecht bezieht, den streitgegenständlichen Bereich der Grabpflege bereits zu ihren Lebzeiten aus dem grundsätzlich - ohne besondere Vereinbarung - auch diese Angelegenheit umfassenden Regelungskomplex herausgenommen und damit der Fürsorgeberechtigung des Klägers entzogen.

Nicht gefolgt werden kann der weiteren Argumentation des Klägers, soweit dieser unter Hinweis auf die Kommentarliteratur mit der Berufung ausführt, "das Totenfürsorgerecht entstehe erst mit dem Tod des Erblassers und könne mit Rücksicht auf dessen grundgesetzlich geschütztes Persönlichkeitsrecht nicht schon zu seinen Lebzeiten ausgeübt werden", und mit diesem im Grundsatz zutreffenden Hinweis die Rechtsansicht verbindet, es sei den Geschwistern ... insoweit nicht möglich gewesen, bereits zu ihren Lebzeiten rechtswirksam die Angelegenheit der Grabpflege zu regeln. Die zitierte Aussage beinhaltet lediglich die Feststellung, dass es sich insoweit bei dem Totenfürsorgerecht um eine Ausprägung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes des Verstorbenen handelt und der Totenfürsorgeberechtigte lediglich die Rechte des Verstorbenen - nicht schon zu dessen Lebzeiten - "treuhänderisch" wahrnimmt. Sie kann aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der/die Totenfürsorgeberechtigte vom Verstorbenen selbst bestimmt werden und dieser individuell Festlegungen und persönliche Anordnungen treffen kann, die dann grundsätzlich vorrangig zu behandeln sind und auch den Inhaber des Totenfürsorgerechts binden (BeckOGK/Grüner, 15.12.2020, BGB § 1968 Rdn. 13, 14 ff). Soll zu Lebzeiten Sicherheit dafür geschaffen werden, dass die Grabpflege dereinst nach den eigenen Vorstellungen erfolgen wird, sind eine Grabpflegeanordnung bzw. der Abschluss eines Dauergrabpflegevertrags die geeigneten Maßnahmen, diesem Ziel Geltung zu verschaffen (vgl. Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, Teil 1 5. Bestattung, Totenfürsorge und Sepulkralkultur Rdn. 162, beck-online). Dieser Rechtsgedanke liegt auch dem vorliegenden Fall zugrunde.

Für die Festlegung des Totenfürsorgeberechtigten durch den Verstorbenen zu dessen Lebzeiten und dessen Anordnungen gegenüber dem bestimmten Totenfürsorgeberechtigten ist keine besondere Form vorgeschrieben. Insbesondere gelten die für Verfügungen von Todes wegen geltenden Formvorschriften nicht (BeckOGK/Grüner, a. a. O. Rdn. 15 m. N. d. Rspr.). Auch wenn der Kläger daher erst postmortal als Fürsorgeberechtigter für seine Tanten agieren konnte, waren diese nicht gehindert, zu ihren Lebzeiten eigene, das Totenfürsorgerecht gegebenenfalls beschränkende Anordnungen zu treffen und somit den Pflichtenkreis des allgemein Berechtigten zu beschränken.

Schließlich steht der Wirksamkeit des Vertrages vom 05.01.1993 auch nicht entgegen, dass als Auftragnehmer die Friedhofsgärtnerei ...[A1] bezeichnet ist, selbst dann nicht, wenn - wie von dem Kläger erneut in seiner Stellungnahme vom 10.03.2021 eingewandt - ein Inhaberwechsel in Bezug auf das Gärtnereiunternehmen stattgefunden hat, sodass dieses zwischenzeitlich auf Herrn ...[A2] übergegangen ist. Frau ...[B] und die von ihr vertretenen Schwestern wollten gerade für die Zukunft sicherstellen, dass die Pflege ihrer Grabstätte gewährleistet sein sollte. Gerade dies mag nach den hier zu berücksichtigenden Gesamtumständen Anlass für die Tatsache gewesen sein, dass sie diese Angelegenheit nicht in "privater Hand" belassen haben, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt bereits festgestanden haben sollte, dass der Kläger die Totenfürsorge übernehmen würde. Mit der Übertragung dieser regelmäßigen Pflegetätigkeiten in "professionelle Hände" sollte die Gewähr dafür begründet werden, dass auch generationenübergreifend die Erfüllung der hiermit verbundenen - aus Sicht der Geschwister ... elementaren - Arbeiten sichergestellt war. Während die Realisierung dieser von den Geschwistern ... verfolgten Zielsetzung bei einer unterbliebenen gesonderten vertraglichen Regelung angesichts des vorgesehenen langen Zeitraums durch den Eintritt besonderer Umstände in der Person des Totenfürsorgeberechtigten, etwa bei Eintritt von Krankheit oder Tod, hätte gefährdet sein können, konnte die Unternehmensfortführung weiterhin die Gewähr für die Aufgabenerfüllung bieten. Wenn daher in dem Vertrag vom 05.01.1993 die "Friedhofsgärtnerei ...[A1]" als Werkunternehmer bezeichnet wurde, so lässt dies keinen Zweifel daran, dass sich die Auftraggeber der Erledigung dieser Angelegenheit durch eben jene Gärtnerei auch bei einer gegebenenfalls eintretenden Rechtsnachfolge versichern wollten. Diese Feststellung wird letztlich auch belegt durch die eigene Darstellung des Klägers, wenn dieser ausführt: "Sie (Frau ...[B]) rechnete damit, dass Herr ...[A] jun. den Vertrag in ihrem Sinne erfüllen würde" [Klammerzusatz durch den Senat] (Schriftsatz vom 10.03.2021, Seite 7, letzter Absatz).

Eine den Klageanspruch des Klägers begründende Rechtsposition lässt sich auch nicht aus dem - zwischen den Parteien streitigen - Umstand herleiten, dass der Kläger Inhaber des Nutzungsrechts an der streitgegenständlichen Grabstätte ist. Aus einem Grabnutzungsrecht lässt sich das Recht (und die Pflicht) zur Totenfürsorge nicht ableiten, da ein solches nur zu einer Rechtsposition gegenüber der örtlichen Behörde führt (BeckOGK/Grüner, a. a. O. Rdn. 18).

Nach allem ist der mit der Berufung weiterhin geltend gemachte Anspruch des Klägers auf die Feststellung seiner alleinigen Inhaberschaft der Totenfürsorge für die im Klageantrag bezeichneten Personen - jedenfalls mit Blick auf die mit diesem Antrag angestrebte Rechtsfolge, die Grabpflege alleine oder zumindest unter Ausschluss der Gärtnerei ...[A] ausüben zu können - unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Soweit der Kläger darüber hinaus mit gesondertem Klageantrag die "Entlassung" der Friedhofsgärtnerei ...[A] aus dem Vertragsverhältnis zu erwirken sucht, ist ein solcher Rechtsanspruch mit der Begründung des landgerichtlichen Urteils, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ebenfalls zu verneinen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt. Da über die Anschlussberufung der Beklagten letztlich das Totenfürsorgerecht des Klägers insgesamt zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden war, waren das Interesse des Klägers an der Feststellung seines (alleinigen) Totenfürsorgerechts und sein Interesse an der Beauftragung einer anderen Friedhofsgärtnerei als den Berufungsstreitwert bestimmend anzusetzen. Ausgehend von ca. 25.000 €, die für eine zwanzigjährige Grabpflege zur Verfügung standen, schätzt der Senat in Anlehnung an § 42 Abs. 1 GKG das Interesse des Klägers an einem Austausch der beauftragten Friedhofsgärtnerei auf knapp 4.000 €, das Interesse des Klägers an der Feststellung seines alleinigen Totenfürsorgerechts auf bis zu 5.000 €, was zu dem obigen Gesamtstreitwert für das Berufungsverfahren führt.

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