VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021 - 6 S 1481/18
Fundstelle
openJur 2021, 23004
  • Rkr:

1. Die Voraussetzungen für ein Fortbestehen des Bedürfnisses eines Sportschützen zum Besitz von Waffen, die über das sog. Grundkontingent hinausgehen, sind die gleichen wie für den erstmaligen Erwerb dieser Waffen. Das gesteigerte schießsportliche Bedürfnis im Sinne des § 14 Abs 3 WaffG a.F. (bzw. § 14 Abs 5 WaffG n.F. muss daher auch im Rahmen einer Überprüfung nach § 4 Abs 4 S 3 WaffG a.F. (bzw. § 4 Abs 4 WaffG n.F. für jede einzelne Waffe glaubhaft gemacht werden.

2. Die nach § 15 Abs 1 WaffG anerkannten Schießsportverbände sind für die Prüfung des Bestehens eines schießsportlichen Bedürfnisses im Rahmen des § 14 WaffG nicht hoheitlich beliehen.

3. Die von ihnen ausgestellten Bescheinigungen sind Mittel der Glaubhaftmachung des schießsportlichen Bedürfnisses, hindern die Waffenbehörden jedoch nicht daran, bei Zweifeln im Einzelfall die Bedürfnisvoraussetzungen eigenständig zu überprüfen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Mai 2018 - 5 K 2085/15 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf von mehreren Waffenbesitzkarten.

Der 1958 geborene Kläger ist Rentner und war zuletzt als Geld- und Werttransporteur tätig. Er ist Mitglied im Deutschen Schützenbund e.V., im Württembergischen Schützenverband 1850 e.V., im Bund Deutscher Schützen 1975 e.V., im Bund der Militär- und Polizeischützen e.V., im Verband für Waffentechnik und -geschichte e.V., im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. und im Freie Schützen Deutschland e.V.

Der Kläger ist Inhaber von 26 grünen und vier gelben Waffenbesitzkarten, die ihm auf Grundlage von Bedürfnisbescheinigungen verschiedener Sportschützenverbände bzw. -vereinigungen im Zeitraum von 1988 bis 2009 erteilt wurden. Auf den grünen Waffenbesitzkarten sind 17 Kurzwaffen, 22 Langwaffen und 23 Wechselkomponenten (acht Wechselläufe, zwei Wechseltrommeln, zwölf Wechselsysteme, ein Wechselgriffstück) eingetragen. Auf den gelben Waffenbesitzkarten sind 18 Langwaffen und ein Wechsellauf eingetragen. Damit hat der Kläger die Möglichkeit, mit mindestens 81 unterschiedlichen Waffen den Schießsport auszuüben. Außerdem besitzt er auf Grundlage einer 1977 erteilten Erlaubnis zwei Kurzwaffen im Rahmen des sog. Altbesitzes.

Unter dem 03.08.2009 zeigte der Kläger dem Landratsamt ... den Erwerb eines weiteren Perkussionsrevolvers an und bat um Eintragung in eine seiner gelben Waffenbesitzkarten.

Mit Schreiben vom 25.08.2009 teilte ihm das Landratsamt mit, dass es seinen Besitz einer Vielzahl an Schusswaffen und dazu gehörenden Wechselsystemen zum Anlass nehme gemäß § 4 Abs. 4 WaffG zu prüfen, ob weiterhin ein Bedürfnis bestehe. Die Eintragung der erworbenen Waffe könne erst erfolgen, wenn er für alle in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen und Wechselsysteme weiterhin ein Bedürfnis geltend machen könne.

Mit E-Mail vom 04.09.2009 übersandte Herr ... vom Bund der Militär- und Polizeischützen e.V. (BDMP) dem Landratsamt eine Bescheinigung vom 04.09.2009. Darin wurde die Mitgliedschaft des Klägers im BDMP, seine regelmäßige Teilnahme am Training der SLG ... und SLG ... und seine Teilnahme an 90 überregionalen Meisterschaften des BDMP Landesverbandes Baden-Württemberg in verschiedenen Kurz- und Langwaffendisziplinen bescheinigt. Der Kläger sei zudem als Landessportleiter mit der Durchführung der Schießleiterlehrgänge und der Waffensachkunde-Ausbildung/-Prüfung betraut, die mit seinen eigenen privaten Waffen durchgeführt werde. Zudem teilte Herr ... mit, dass der Kläger Wiederlader und Mitglied im Deutschen Schützenbund e.V. (DSB) sei. Die Ergebnislisten seien im Internet einsehbar.

Mit Schreiben vom 04.11.2009 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, angesichts der sehr großen Zahl an Waffen, die er als Sportschütze erworben habe, bestehe der Verdacht, dass er die erteilten Erlaubnisse missbräuchlich zum Anlegen einer Waffensammlung verwende. Daher habe es die Anzeige des Erwerbs des Revolvers zum Anlass genommen, das Bedürfnis für seine waffenrechtlichen Erlaubnisse zu prüfen. Er werde noch einmal gebeten, Unterlagen zur Glaubhaftmachung des weiteren Bestehens eines Bedürfnisses vorzulegen, insbesondere für die im Rahmen der grünen Waffenbesitzkarten erworbenen Waffen. Es werde ein Nachweis für jede Waffe und jeden Wechsel- und Austauschlauf, jedes Wechselsystem und jede Wechseltrommel mit der Angabe, an welchen Schießwettbewerben er wann teilgenommen habe, für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis heute erwartet. Sofern er die erforderlichen Daten nicht vorlege, sei beabsichtigt, die betroffenen Erlaubnisse zu widerrufen. Der Kläger wurde auf seine Mitwirkungspflicht nach § 45 Abs. 4 WaffG hingewiesen.

Der Kläger erklärte daraufhin, dass er sich der Darlegung des Fortbestehens seines schießsportlichen Bedürfnisses nicht verweigere. Die übliche und dafür vom Gesetz vorgesehene Form sei bei Mitgliedern eines Schießsportvereins die Verbandsbescheinigung des anerkannten schießsportlichen Dachverbandes. Hierin liege eine gesetzlich gewollte Begünstigung und partielle hoheitliche Beleihung der Verbände. Er setze alle seine Schusswaffen regelmäßig sportlich ein und könne dies - wozu er jedoch lediglich im Innenverhältnis gegenüber dem Verband verpflichtet sei - gerne durch Ausdrucke entsprechender Ergebnislisten, Urkunden etc. detaillierter glaubhaft machen. Dem Verband sei der vollständige Umfang seines Waffenbesitzes bekannt und er habe diesen seiner Prüfung des Bedürfnisses zugrunde gelegt. Er legte dem Landratsamt zudem zahlreiche Ergebnislisten von Wettbewerben, acht Seiten seines Schießbuchs mit Einträgen von 2006 bis 2008 sowie fünf Urkunden vor.

Mit E-Mail vom 20.01.2010 übermittelte Herr ... dem Landratsamt eine weitere Bescheinigung des BDMP vom 18.01.2010. Darin wurde u.a. ausgeführt, dass es sich beim Kläger um einen langjährigen, überdurchschnittlich sportlich engagierten und besonders aktiven Sportschützen mit großer Wettkampferfahrung handele. Ihnen hätten die Waffenliste des Klägers aus der Behördenakte, sein Schießbuch sowie Ergebnislisten und Urkunden vorgelegen. Ferner hätten sie sich schildern und im Einzelnen darlegen lassen, wann und wie oft er an schießsportlichen Veranstaltungen teilgenommen habe. Aus ihren eigenen Aufzeichnungen über Wettkampfteilnahmen und die jeweiligen Ergebnisse habe sich ergeben, dass der Kläger sogar an mehr Veranstaltungen, Wettkämpfen und Meisterschaften teilgenommen habe, als er dies selbst angegeben habe. Der Kläger habe auch in den letzten zwölf Monaten (und weit darüber hinaus) den Schießsport in seinem Verein regelmäßig als Sportschütze betrieben und anerkannte schießsportliche Disziplinen nach der Sportordnung des BDMP geschossen. Der Kläger habe in den Jahren 2006 bis 2009 jeweils mehr und teils wesentlich mehr als 18-mal jährlich geschossen. Im Jahr 2009 allein seien es 39 Schießtermine gewesen. Das schießsportliche Bedürfnis für die in die Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen bestehe fort.

Mit Schreiben vom 31.05.2010 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass er mit den vorgelegten Unterlagen lediglich nachweise, dass er Sportschütze sei. Zu prüfen sei jedoch, ob er die in seinem Besitz befindlichen Waffen weiterhin zur Ausübung des Schießsports benötige. Die vorgelegten Ergebnislisten und Urkunden seien nicht zur Klärung dieser Frage geeignet, da sich eine Zuordnung der Waffen zu den jeweiligen Ergebnissen bzw. Urkunden nicht herstellen lasse. Der Kläger wurde erneut zur konkreten Glaubhaftmachung des weiteren Bestehens eines Bedürfnisses, insbesondere für die im Rahmen der grünen Waffenbesitzkarten erworbenen Waffen, aufgefordert.

Mit Verfügung vom 04.01.2011 widerrief das Landratsamt 18 der dem Kläger erteilten grünen Waffenbesitzkarten sowie zwei Besitzerlaubnisse für auf anderen Waffenbesitzkarten eingetragene Waffen (Ziff. 1). Zudem verfügte es, dass der Kläger alle erfassten Waffen, Wechselsysteme und Wechselläufe nebst der zur Nutzung der Waffen in seinem Besitz befindlichen Munition, für die er nach dem Widerruf der Erlaubnisse auch im Hinblick auf die noch bestehenden Erlaubnisse keine andere Erwerbs- und Besitzberechtigung mehr besitzt, innerhalb von acht Wochen nach Zustellung der Verfügung dauerhaft unbrauchbar zu machen oder unter Nachweis gegenüber dem Landratsamt einem Berechtigten zu überlassen (Ziff. 2) und die widerrufenen Waffenbesitzkarten dem Landratsamt nach der Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der darauf eingetragenen Waffen und gleichgestellten Gegenstände unverzüglich zurückzugeben hat (Ziff. 3). Das Landratsamt ordnete die sofortige Vollziehung der unter Ziff. 1 bis 3 genannten Maßnahmen an (Ziff. 4) und drohte für den Fall, dass der Kläger den Anordnungen unter Ziff. 2 und 3 nicht fristgerecht nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von 1.000 EUR an (Ziff. 5). Zur Begründung führte es aus: Der mit Schreiben vom 03.08.2009 angezeigte Waffenerwerb habe den Verdacht begründet, dass der Kläger die aufgrund seiner schießsportlichen Bedürfnisse erteilten Erlaubnisse in missbräuchlicher Weise zur Anlage einer Waffensammlung nutze. Dies sei zum Anlass genommen worden, seinen außergewöhnlich großen Waffenbestand einer Bedürfnisprüfung zu unterziehen. Eine Auswertung der behördlichen Waffendaten mache deutlich, dass er derjenige Sportschütze sei, der mit Abstand die meisten Sportwaffen besitze. Alle anderen Personen mit derart vielen Waffen seien Inhaber von Sammlererlaubnissen. Die Behörde könne nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG fortlaufend das Fortbestehen des Bedürfnisses prüfen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger alle Waffen tatsächlich weiterhin zum sportlichen Schießen benötige. Bei den auf gelben Waffenbesitzkarten erworbenen Waffen sowie den Waffen des sog. Grundkontingents beschränke es sich auf einen Nachweis der Vereinszugehörigkeit und der aktiven schießsportlichen Betätigung. Für jede andere Waffe, die das Grundkontingent überschreite, werde eine auf die Einzelwaffe bezogene Bedürfnisbescheinigung gefordert, durch die festgestellt werden könne, ob er diese Waffen nach wie vor zur Ausübung des Schießsports benötige. Die Schreiben des BDMP enthielten nicht die geforderten Informationen. Bei den vorgelegten Ergebnislisten und Urkunden sei eine Zuordnung zu konkreten Waffen nicht möglich. Die Kopien aus dem Schießbuch seien ausgewertet worden. Mit den dort genannten Waffen habe der Kläger in den Jahren 2006 bis 2009 zwischen einem und 16-mal geschossen. Für die Glaubhaftmachung des Fortbestehens des Bedürfnisses könne zwar nicht wie bei der Ersterteilung verlangt werden, dass er 18-mal pro Jahr mit jeder Waffe schieße. Unter Beachtung der Auslegungshinweise des baden-württembergischen Innenministeriums sei zu fordern, dass er mit jeder Waffe pro Jahr mindestens dreimal oder im geprüften 4-Jahres-Zeitraum insgesamt mindestens 12-mal an Schießübungen teilgenommen habe. Danach habe der Kläger nur für zwei Waffen ein Bedürfnis glaubhaft gemacht. Das Fortbestehen des Bedürfnisses für alle seine über das Grundkontingent hinausgehenden und außerhalb der gelben Waffenbesitzkarten erworbenen Waffen sei nicht glaubhaft gemacht. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass er im Laufe der Zeit unter bewusster Ausnutzung der Mitgliedschaft in vier Verbänden eine Waffensammlung angelegt habe. Nach § 45 Abs. 4 WaffG werde daher für die 31 Waffen, für die keine konkreten Nachweise vorgelegt worden seien, der Wegfall des Bedürfnisses vermutet. Diese Erlaubnisse seien zu widerrufen.

Hiergegen erhob der Kläger rechtzeitig Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs im Hinblick auf Ziff. 1 bis 3 der Verfügung. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 02.12.2011 ab (5 K 461/11). Auf die Beschwerde des Klägers änderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Verwaltungsgerichts ab und stellte die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ziff. 1 bis 3 der Verfügung des Landratsamts mit Beschluss vom 02.05.2012 wieder her (1 S 3443/11). Zur Begründung führte der seinerzeit zuständige 1. Senat aus, es fehle ein besonderes Vollzugsinteresse, das über jenes hinausgehe, das die Verfügung als solche rechtfertige, so dass das private Interesse des Klägers, vom Vollzug der angegriffenen Regelungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu werden, Vorrang habe. Auch wenn das Vorliegen eines Bedürfnisses für eine derart große Zahl an Waffen zweifelhaft sei, liege jedenfalls ein Fall des offensichtlichen Fehlens eines Bedürfnisses nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück.

Am 24.04.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, das Landratsamt habe verkannt, dass die Tatsachenüberprüfung und die auf Tatsachenfeststellungen gestützte bewertende Einschätzung sowohl für das erstmalige Vorliegen eines schießsportlichen Bedürfnisses als auch für dessen weiteren Fortbestand nicht der Waffenbehörde obliege, sondern vorrangig der sachkundigen Einschätzung und Bewertung durch einen anerkannten schießsportlichen Dachverband. Das neu eingeführte und verfassungsrechtlich nicht unproblematische Erfordernis der Anerkennung der Verbände sei legislatorisch gerade dadurch kompensiert worden, dass den Verbänden ein bewusster Befugniszuwachs gewährt worden sei. Die anerkannten Verbände seien in dem hier vorliegenden Teilrechtsbereich hoheitlich beliehen. Die Verbandsbescheinigungen seien für die Behörden verbindlich, soweit es um die dort bejahten Tatsachen gehe. Ferner verstoße die Behörde gegen die klaren Vorgaben der sie bindenden Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz, ohne darzulegen, dass hier ein Ausnahmefall vorliege, der eine negative Abweichung von der Verwaltungsvorschrift zu Lasten des betroffenen Bürgers erlaube. Er sei ein seit Jahrzehnten äußerst aktiver Sportschütze und habe eine Bedürfnisbescheinigung eines anerkannten schießsportlichen Dachverbandes vorgelegt. Der Verband habe gegenüber der Behörde klar erkennbar ausgeführt, dass er sich nicht auf eine pauschale gefühlsmäßige Einschätzung oder auf ein Gefälligkeitsgutachten beschränkt habe, sondern dass er gerade seinen überdurchschnittlich hohen Waffenbestand bewusst in die Prüfung mit einbezogen und unter Berücksichtigung dieses Waffenbestands und der nachgewiesenen schießsportlichen Aktivität schließlich eine Einschätzung darüber getroffen habe, ob das schießsportliche Bedürfnis gar nicht, nur für einige wenige Waffen oder insgesamt weiter fortbestehe. Die eigenständige Bedürfnisprüfung und -überprüfung durch die Behörde sei vom Waffengesetz nur noch für Schützen vorgesehen, die keinem Verband oder Verein angehörten und die sich daher auf die Auffangnorm des § 8 WaffG stützen müssten.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hierzu im Wesentlichen auf die Begründung der Ausgangsverfügung verwiesen.

Mit Urteil vom 08.05.2018 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Der auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG beruhende Widerruf sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Waffenbehörde könne gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG auch nach Ablauf des Zeitraums von drei Jahren nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis das Fortbestehen des Bedürfnisses prüfen, wenn hierfür ein Anlass bestehe. Ein solcher Anlass habe hier bestanden, da der Kläger für einen Sportschützen über einen außergewöhnlich hohen Waffenbestand verfüge und die Behörde Zweifel daran gehabt habe, dass er neben seiner Berufstätigkeit wirklich die Zeit habe, mit allen seinen Waffen regelmäßig den Schießsport auszuüben. Die Überprüfung sei daher nicht willkürlich erfolgt. Zwar könnten an die Prüfung nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG nicht exakt die gleichen Anforderungen gestellt werden wie bei der Ersterteilung einer Waffenbesitzkarte. Im Fall der über das Grundkontingent von Sportschützen hinausgehenden Waffen sei jedoch neben einer gewissen regelmäßigen Teilnahme an Schießsportwettkämpfen weiterhin erforderlich, dass die jeweilige weitere über das Grundkontingent hinausgehende Waffe von dem Sportschützen zur Ausübung weiterer Sportdisziplinen benötigt werde oder zur Ausübung des Wettkampfsports erforderlich sei. Dies sei hier nicht der Fall. Die zuständige Waffenbehörde sei befugt, das Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses zu prüfen und sei hierbei nicht an den Inhalt der Bescheinigung eines Schießsportverbandes gebunden. Eine solche Bescheinigung sei nach dem gesetzgeberischen Willen zwar zentrales Element der Glaubhaftmachung des Bedürfnisses. Dies führe jedoch nicht dazu, dass der Behörde nicht gestattet wäre, die darin enthaltenen Angaben und das Vorliegen eines Bedürfnisses eigenständig zu überprüfen. Die Schießsportverbände seien in diesem Zusammenhang auch nicht, wie der Kläger meine, hoheitlich Beliehene. Die vorgelegten Urkunden und Ergebnislisten von Wettkämpfen ließen nicht erkennen, welche der zahlreichen Waffen jeweils verwendet worden sei. Die Auswertung des Schießbuches führe lediglich bei zwei Waffen zu der Annahme eines regelmäßigen Gebrauchs. Auch die vorgelegten Bescheinigungen des BDMP seien nicht hinreichend aussagekräftig, um das Fortbestehen des Bedürfnisses zu belegen. Da der Kläger das Fortbestehen seines Bedürfnisses für die in Rede stehenden Waffen nicht nachgewiesen habe, habe das Landratsamt den Wegfall des Bedürfnisses gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG vermuten dürfen. Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Nachweise seien nicht mehr zu berücksichtigen.

Gegen das am 04.06.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.06.2018 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Innerhalb der zweimalig durch den Vorsitzenden verlängerten Begründungsfrist hat er die Berufung begründet. Der Kläger trägt im Wesentlichen vor: Er übe nach wie vor sehr aktiv mit vielen verschiedenen Waffen den Schießsport aus. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Waffenbehörde nach eigenem Ermessen Bescheinigungen über das Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses der amtlich anerkannten Dachverbände prüfen und diese akzeptieren oder auch verwerfen könne, sei unzutreffend. Sie widerspreche nicht nur den ausdrücklichen Regelungen der Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz, sondern auch dem Willen des Gesetzgebers. In der Verwaltungspraxis habe es sich in allen Bundesländern so eingespielt, dass die anerkannten Verbände die Bescheinigungen für die erste waffenrechtliche Erlaubnis ausstellten. Sie würden ihrer Verantwortung hierbei vollauf gerecht. Die Dachverbände erhielten von ihren örtlichen Vereinen die entsprechenden Antragsformulare der Schützen. Dabei bestätigten die Vereine, dass ihre Schützen tatsächlich regelmäßig dem Schießsport nachgegangen seien. Der Verband als solcher prüfe sodann, ob nach Maßgabe seines eigenen sportlichen Regelwerks ein Bedürfnis für eine entsprechende vom Schützen begehrte Waffe bejaht werde. Durch diese Tätigkeit der Verbände seien die Waffenbehörden ganz wesentlich entlastet worden. Streitigkeiten über das Vorliegen eines Bedürfnisses für "weitere Waffen", die die Verwaltungsgerichte immer wieder beschäftigt hätten, seien äußerst selten geworden. Der Gesetzgeber habe das Phänomen von "Scheinschützen", die nur pro forma einem Verein beiträten, aber sogleich nach Erhalt der waffenrechtlichen Erlaubnis den Schießsport nicht mehr ausübten, vermeiden wollen. Dies zeige § 15 Abs. 1 Nr. 7 lit. b WaffG, der bei der Änderung des Waffengesetzes im Jahr 2009 unverändert geblieben sei. Jedoch hätten die Behörden erstmals die Möglichkeit erhalten, auch später nach Ablauf der drei Jahre den Fortbestand des schießsportlichen Bedürfnisses glaubhaft machen zu lassen. Die Führung eines Schießbuchs sei keinem Schützen vorgeschrieben. Das Verwaltungsgericht habe sich geweigert, die von ihm zur mündlichen Verhandlung mitgebrachten umfangreichen Unterlagen auszuwerten. Diese hätten zuvor auch dem Verband vorgelegen, der die Bedürfnisbescheinigung ausgestellt habe. Von erheblicher Bedeutung sei in diesem Zusammenhang Nr. 4.4 der WaffVwV. Zwar handele es sich nicht um ein Gesetz; die WaffVwV gebe aber die Intention des Gesetzgebers wieder, der nicht beabsichtigt habe, dass ein Sportschütze in schikanöser Weise alle paar Jahre die gesamte aufwändige Bedürfnisprozedur erneut durchlaufen solle. Hierzu sei auch kein einziger der schießsportlichen Dachverbände organisatorisch in der Lage. Die Einschätzung, ob eine schießsportliche Aktivität fortbestehe, obliege der Einschätzungsprärogative der Verbände. Diese nähmen es nicht hin, dass die Behörden versuchten, ihnen nach deren eigenen Vorstellungen über die Regelungen des Waffengesetzes hinaus noch engere Vorgaben zu machen. Gerade bei Schützen mit größerem Waffenbesitz werde auch bei der Bedürfnisfortbestehensprüfung durch die Verbände sehr intensiv und sorgfältig geprüft. Nicht gefordert sei hingegen eine bestimmte Häufigkeit der Nutzung jeder einzelnen Waffe. Es genüge, dass der Schütze zur Überzeugung des Verbandes auch weiterhin mit einer gewissen Intensität und - beim Besitz von Waffen, die über das Kontingent hinausgingen - mit einer gewissen Breite am Schießsport teilnehme. Diesen Nachweis habe er geführt. Der BDMP habe dies nicht nur formularmäßig und lapidar bestätigt, sondern eine ausführliche Bescheinigung ausgestellt. Auch Nr. 8.1.1 WaffVwV spreche für seine Ansicht. Er werde zu Unrecht einem Sportschützen gleichgestellt, der keinem Verband angehöre und sein Bedürfnis nach § 8 WaffG belegen müsse. Es sei gerade der Wille des Gesetzgebers, die Sportschützen, deren Vereine und Verbände von der erheblichen bürokratischen Belastung eines detailliert für jede einzelne Waffe geführten Einzelnachweises zu entlasten. Die Behörde sei daher nicht befugt, detailliertere Darlegungen zu verlangen. In seinem Fall habe bereits kein Anlass bestanden, in die Bedürfnisprüfung einzutreten, als er eine Eintragung in eine gelbe Waffenbesitzkarte beantragt habe. Allein die erhebliche Anzahl an Waffen begründe keinen solchen Anlass. Die These, an die Prüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses seien die gleichen Anforderungen zu stellen wie anlässlich der Ersterteilung, stehe im klaren Widerspruch zu der Verwaltungsvorschrift und verletze daher den Gleichheitsgrundsatz. Die Behörde sei zwar zu einer Schlüssigkeitsprüfung der Bescheinigung und ggf. zu klärenden Rückfragen an die ausstellenden Verbände, die sehr gut und kooperativ mit den Behörden zusammenarbeiteten, befugt. Falsch sei jedoch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bescheinigung sei lediglich ein Hilfsmittel für die Behörde und für sie nicht bindend. Der Gesetzgeber habe die schießsportlich-fachliche Einschätzung für das Bedürfnis bewusst den Verbänden übertragen. Im Gegenzug seien die Verbände unter eine einzigartige Staatsaufsicht gestellt worden. Es stelle eine gravierende Verletzung der eigenen Rechte der Verbände dar, dass das Verwaltungsgericht ihren Bescheinigungen die Bindungswirkung versage und es den Behörden völlig freistelle, nach eigenem Gutdünken zu entscheiden, ob sie diese anerkennen wollten oder nicht. Für Fälle, in denen der Verdacht auf Gefälligkeitsbescheinigungen oder Fälschungen bestehe, sehe § 15 Abs. 4 WaffG ein eigenständiges Verwaltungsverfahren vor. Der durch die Anerkennungspflicht bewirkte Eingriff in die Verbandshoheit, die Autonomie des Sports und die Vereinigungsfreiheit sei nur dadurch verfassungskonform, dass der Verband als Ausgleich dafür erhebliche zusätzliche Befugnisse erhalten habe. Für die Beleihung bedürfe es keiner Beleihungsurkunde. Unabhängig davon gebe es selbstverständlich eine Urkunde über die Anerkennung nach § 15 WaffG, aus der die Beleihung mit bestimmten Kompetenzen folge. Im Bereich der Sachkundeprüfungen sei dies bereits allgemein anerkannt. Nach der seit dem 01.09.2020 geltenden Neuregelung des § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG genüge für das Fortbestehen des Bedürfnisses des Sportschützen zwischenzeitlich die bloße Mitgliedschaft in einem Schießsportverein. Diese neue Rechtslage müsse auch hier Beachtung finden. Anders als in Fällen, in denen die Zuverlässigkeit oder Eignung eines Waffenbesitzers in Frage stehe, komme es für das Fortbestehen des Bedürfnisses auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Mai 2018 - 5 K 2085/15 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts ... vom 04.01.2011 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.03.2015 aufzuheben,

und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt vor: Die Berufungsbegründung lasse außer Acht, dass die Widerrufsverfügung nicht alle Waffen und Waffenteile des Klägers betreffe, sondern nur diejenigen, für die kein ausreichendes Bedürfnis nachgewiesen worden sei. Eine Verbandsbescheinigung könne durchaus für den Nachweis eines schießsportlichen Bedürfnisses ausreichen. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn eine qualitativ hinreichende Bescheinigung des Verbandes vorliege, die in ausreichender Weise anerkennungswürdige und durch entsprechende Nachweise versehene Rückschlüsse zulasse, wonach eine Schusswaffe regelmäßig für eine Sportdisziplin einer genehmigten Sportordnung Verwendung finde. Dass hier eine qualifizierte Prüfung unter Beachtung aller vorhandenen Schusswaffen des Klägers, insbesondere hinsichtlich derer, die das Grundkontingent überschritten, stattgefunden habe, sei mit Blick auf die pauschale Bestätigung zweifelhaft. Eine Konkretisierung der pauschalen Angaben sei mehrfach angefordert, jedoch nicht vorgelegt worden. Eine Bindungswirkung komme den Verbandsbescheinigungen nicht zu. Die Waffenbehörde habe über das Vorliegen eines ausreichenden Bedürfnisses abschließend zu entscheiden. Die vom Kläger vertretene Sichtweise führe zur Aushöhlung der rechtlich geregelten Kompetenzen der Behörde. Der Sportschütze habe auch die Möglichkeit, durch eigene Nachweise, wie etwa das Führen eines Schießbuches, einen ausreichenden Bedürfnisnachweis zu erbringen. Das übermäßige Horten von Waffen um ihrer selbst willen müsse verhindert werden. Auch im Rahmen des § 14 WaffG müsse das allgemeine Bedürfnisprinzip nach § 8 WaffG beachtet werden. Vor diesem Hintergrund sei es zwingend erforderlich, mittels detaillierter Einzelnachweise für jede Waffe gegenüber der zuständigen Waffenbehörde nachzuweisen, dass weiterhin ein schießsportliches Bedürfnis bestehe. Jede Besitzerlaubnis für eine erlaubnispflichtige Schusswaffe stelle eine Einzelgenehmigung dar, die durch die Behörde überprüfbar sein müsse. Dies gelte insbesondere für Schusswaffen, die das Grundkontingent überschritten. Das Fortbestehen des Bedürfnisses für solche Waffen orientiere sich an § 14 Abs. 3 WaffG. Neben einer gewissen Teilnahmehäufigkeit an Schießsportwettkämpfen müssten weiterhin die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 WaffG vorliegen. Dies belege der Wortlaut des Gesetzes sowie der rationale und kausale Zusammenhang dieser Vorgaben vor dem Hintergrund, dass die Bedürfnisprüfung nach dem Willen des Gesetzgebers dem Ziel diene, die Anzahl der Waffenbesitzer sowie der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und auf das für die öffentliche Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken. Die Verbände seien nur peripher in das Genehmigungsverfahren eingebunden. Eine zwingende Rücksprachepflicht mit ihnen bestehe nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Behörde bei einer anlassbezogenen Bedürfnisprüfung für Schusswaffen, die nicht zum Grundkontingent gehörten, an die Bestätigung eines Sportverbandes gebunden sein solle. Dies sei mit dem im Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz nicht vereinbar. Der weitere Erwerb eines Perkussionsrevolvers durch den Kläger habe im Zusammenhang mit dessen bereits erheblichem Waffenbesitz und dem Verdacht des Waffenhortens hinreichend Anlass dafür gegeben, das Bedürfnis zu überprüfen.

Die Anträge auf Beiladung des Bundes Deutscher Sportschützen 1975 e.V. hat die Berichterstatterin mit Beschluss vom 12.05.2021 abgelehnt.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts ... (fünf Leitz-Ordner) und des Regierungspräsidiums Stuttgart (ein Leitz-Ordner), die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (5 K 2085/15, 3 Bände) und die Akte des Verwaltungsgerichtshofs zum Verfahren 1 S 3443/11 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

1. Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Die Verfügung des Landratsamts ... vom 04.01.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.03.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 6 C 24.06 -, NVwZ 2007, 1201 <juris Rn. 35 m.w.N.>; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.10.2018 - 1 S 1726/17 -, VBlBW 2019, 189 <juris Rn. 44>), hier der Erlass des Widerspruchsbescheids im März 2015.

Hiervon ist, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht deshalb abzuweichen, weil der Widerruf seiner Waffenbesitzkarten auf dem Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses beruht und nicht auf einer mangelnden Zuverlässigkeit oder Eignung (im Ergebnis ebenso: BayVGH, Beschluss vom 25.02.2002 - 21 B 00.370 -, juris Rn. 30; VG Freiburg, Urteil vom 01.07.2020 - 1 K 2730/19 -, juris Rn. 34, 64). Soweit der Kläger ausführt, die herrschende Rechtsprechung stelle in Fällen der Unzuverlässigkeit oder Nichteignung lediglich deshalb auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ab, um zu verhindern, dass durch "In-die-Länge-Ziehen" eines Rechtsstreits ein unzuverlässiger Waffenbesitzer wegen Zeitablaufs seine Zuverlässigkeit wiedergewinnen und damit letztlich mit der anfänglich unbegründeten Klage obsiegen könne, dringt er damit nicht durch. Zum einen erschließt sich daraus kein wesentlicher Unterschied zu den Fällen des Widerrufs mangels fortbestehenden Bedürfnisses. Zwar kann ein weggefallenes Bedürfnis in der Regel nicht allein durch Zeitablauf erneut entstehen; ein sich in die Länge ziehendes Verfahren könnte sich gleichwohl als vorteilhaft erweisen, um die Voraussetzungen für ein Bedürfnis aktiv wiederherzustellen, so dass sich die Interessenlage nicht wesentlich von den Fällen der Unzuverlässigkeit oder Nichteignung unterscheidet. Zum anderen ist bereits nicht erkennbar, dass für die Rechtsprechung der vom Kläger genannte Grund für das Heranziehen des Zeitpunkts der letzten Behördenentscheidung im Vordergrund steht. Vielmehr wird maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich um die Anfechtung eines rechtsgestaltenden Verwaltungsakts in dem Sinne handelt, dass dem Betroffenen eine durch einen vorangegangenen Hoheitsakt gewährte Rechtsstellung ganz oder teilweise wieder entzogen wird, und es bei diesen der Regel entspricht, als maßgeblichen Zeitpunkt die letzte Behördenentscheidung heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1994 - 1 C 31.92 -, BVerwGE 97, 245 <juris Rn. 33>; NdsOVG, Urteil vom 26.01.2006 - 11 LB 178/05 -, juris Rn. 28; vgl. zur insoweit vergleichbaren Entziehung der Fahrerlaubnis BVerwG, Urteil vom 04.12.2020 - 3 C 5.20 -, juris Rn. 12 f.).

Ein Grund hinsichtlich der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zwischen den verschiedenen waffenrechtlichen Widerrufsgründen zu differenzieren, liegt damit nicht vor. Ein solcher ergibt sich auch nicht - wie der Kläger meint - daraus, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes gemäß § 45 Abs. 5 WaffG nach den Gründen für den Widerruf differenziert. Auch die vom Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgeführte Möglichkeit der Behörde, nach § 45 Abs. 3 WaffG im Falle eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses oder aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abzusehen, gebietet keine abweichende Sichtweise.

b) Rechtsgrundlage für den in Ziff. 1 der angegriffenen Verfügung erfolgten Widerruf der im Einzelnen aufgeführten grünen Waffenbesitzkarten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 WaffG) und Besitzerlaubnisse (Eintragungen in bereits vorhandene, hier nicht widerrufene Waffenbesitzkarten, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 WaffG) ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Nach dieser Vorschrift ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den nachträglich eintretenden Tatsachen, die zur Versagung hätten führen müssen, gehört auch der Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses (OVG NRW, Beschluss vom 21.03.2019 - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 <juris Rn. 12>; OVG Berlin, Urteil vom 14.10.1998 - 1 B 67.95 -, NVwZ-RR 2000, 431). Ob in diesem Sinne nachträglich eingetretene Tatsachen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis gebieten, richtet sich - auch im Falle des Wegfalls des Bedürfnisses - nach dem zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung geltenden Waffenrecht und nicht etwa nach dem im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis geltenden Recht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2017 -1 S 1587/16 -, n.v., m.w.N.).

c) Diese Widerrufsvoraussetzungen lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vor. Es sind nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung der waffenrechtlichen Erlaubnisse hätten führen müssen, da das für die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8 WaffG notwendige Bedürfnis des Klägers für den Besitz der in Rede stehenden Waffen entfallen ist.

Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG voraus, dass der Antragsteller ein Bedürfnis nachgewiesen hat. Der Nachweis eines solchen Bedürfnisses ist gemäß § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, unter anderem vor allem als Sportschütze (Nr. 1) und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck (Nr. 2) glaubhaft gemacht sind. Dem waffenrechtlichen Bedürfnisbegriff liegt eine Abwägung zwischen dem jeweiligen persönlichen Interesse des (künftigen) Waffenbesitzers und dem öffentlichen Interesse daran zugrunde, dass möglichst wenige Waffen "ins Volk" kommen. Dabei ist es die Intention des Gesetzgebers, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (BVerwG, Urteil vom 27.11.1997 - 1 C 16.97 -, NVwZ-RR 1998, 234 <juris Rn. 14, 17, jeweils m.w.N.>; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 01.04.2003 - 1 BvR 539/03 -, NVwZ 2003, 855 <juris Rn. 13>).

Diese Interessenabwägung hat der Gesetzgeber für Sportschützen dahingehend konkretisiert, dass gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 WaffG (in der hier anwendbaren, bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17.07.2009, BGBl. I S. 2062; im Folgenden: a.F.) ein Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition bei Mitgliedern eines Schießsportvereins, der einem nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverband angehört, anerkannt wird. Durch eine Bescheinigung des Schießsportverbandes oder eines ihm angegliederten Teilverbandes ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 WaffG a.F. glaubhaft zu machen, dass das Mitglied seit mindestens zwölf Monaten den Schießsport in einem Verein regelmäßig als Sportschütze betreibt (Nr. 1) und die zu erwerbende Waffe für eine Sportdisziplin nach der Sportordnung des Schießsportverbandes zugelassen und erforderlich ist (Nr. 2), wobei innerhalb von sechs Monaten in der Regel nicht mehr als zwei Schusswaffen erworben werden dürfen (Satz 3). Gemäß § 14 Abs. 3 WaffG a.F. wird ein Bedürfnis von Sportschützen nach Absatz 2 für den Erwerb und Besitz von mehr als drei halbautomatischen Langwaffen und mehr als zwei mehrschüssigen Kurzwaffen für Patronenmunition sowie der hierfür erforderlichen Munition (sog. Grundkontingent) unter Beachtung des Absatzes 2 durch Vorlage einer Bescheinigung des Schießsportverbandes des Antragstellers glaubhaft gemacht, wonach die weitere Waffe von ihm zur Ausübung weiterer Sportdisziplinen benötigt wird (Nr. 1) oder zur Ausübung des Wettkampfsports erforderlich ist (Nr. 2) und der Antragsteller regelmäßig an Schießsportwettkämpfen teilgenommen hat. Sportschützen, die dem Schießsport in einem Schießsportverband nach § 15 Abs. 1 WaffG als gemeldetes Mitglied nachgehen, wird abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 3 WaffG unter Beachtung des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 eine unbefristete Erlaubnis erteilt, die zum Erwerb von Einzellader-Langwaffen mit glatten und gezogenen Läufen, von Repetier-Langwaffen mit gezogenen Läufen sowie von einläufigen Einzellader-Kurzwaffen für Patronenmunition und von mehrschüssigen Kurz- und Langwaffen mit Zündhütchenzündung (Perkussionswaffen) berechtigt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F.). Binnen zwei Wochen ist die Eintragung von Waffen, die aufgrund dieser unbefristeten Erlaubnis erworben wurden, in die (gelbe) Waffenbesitzkarte zu beantragen (Satz 2).

Das nach diesen Regelungen zu beurteilende Bedürfnis eines Sportschützen ist nicht nur im Zeitpunkt des Erwerbs einer Waffe konkret nachzuweisen, sondern muss auch während der gesamten Dauer des Waffenbesitzes bestehen (so auch HessVGH, Beschluss vom 21.03.2019 - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 <juris Rn. 9>; Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 28). Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F. hat daher die zuständige Behörde drei Jahre nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis das Fortbestehen des Bedürfnisses zu prüfen. Sind - wie hier - diese drei Jahre verstrichen, kann die Behörde auch nach Ablauf dieses Zeitraums das Fortbestehen des Bedürfnisses prüfen (§ 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F.).

aa) Die Voraussetzungen für eine Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. lagen hier vor. Mit dieser Vorschrift wurde der Waffenbehörde das Ermessen eingeräumt, auch nach der Regelüberprüfung nach drei Jahren, das Fortbestehen des Bedürfnisses zu überprüfen (BT-Drucks. 16/13423 S. 70). Dieses Ermessen wurde durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Waffengesetz vom 05.03.2012 (WaffVwV, BAnz Beilage 2012, Nr. 47a) dahingehend konkretisiert, dass die Überprüfung nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. anlassbezogen erfolgt, d.h. wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Waffenbesitzer kein Bedürfnis mehr hat (vgl. Nr. 4.4 Abs. 2 WaffVwV).

Dies zugrunde gelegt, hat der Senat, wie bereits das Verwaltungsgericht, keine Zweifel daran, dass die Einleitung der Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses durch das Landratsamt auf einer ermessensgerechten Anwendung des § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. beruht. Für die Überprüfung bestand im Fall des Klägers Anlass. Der Kläger verfügt im Vergleich zu anderen Sportschützen im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts ... über einen ungewöhnlich hohen Waffenbestand, der weit über das Grundkontingent (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 1 WaffG a.F.) hinausgeht und auf Bedürfnisbescheinigungen verschiedener Schießsportvereine bzw. -verbände beruht. Als der Kläger im August 2009 die Eintragung einer weiteren Waffe in eine bereits vorhandene gelbe Waffenbesitzkarte beantragte, durfte das Landratsamt auf Grundlage des kurz zuvor in Kraft getretenen § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. dem bereits länger gehegten Verdacht nachgehen, ob der Kläger seine Zugehörigkeit zu verschiedenen Schießsportvereinen und -verbänden ausgenutzt hat, um sich eine von den ihm erteilten Erlaubnissen nicht gedeckte Waffensammlung anzulegen bzw. ob für die große Menge an Waffen, zu der nun eine weitere Waffe hinzugefügt werden sollte, weiterhin ein schießsportliches Bedürfnis besteht. Von einer schikanösen Anwendung der Überprüfungsbefugnis kann entgegen der Ansicht des Klägers hier keine Rede sein.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Prüfung infolge eines Antrags des Klägers auf Eintragung einer von ihm erworbenen Waffe in eine gelbe Waffenbesitzkarte auf Grundlage von § 14 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F. in Gang gesetzt wurde. § 14 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F. stellt zwar den Erwerb der dort genannten Schusswaffen von der spezifischen Bedürfnisprüfung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WaffG a.F. frei und enthält insoweit eine Privilegierung. Gleichwohl folgt daraus kein Verzicht des Gesetzes auf die allgemeine Bedürfnisprüfung nach § 8 Nr. 2 WaffG (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2016 - 6 B 38.16 -, NVwZ-RR 2016, 957 <juris Rn. 8>). § 14 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F. ändert nichts daran, dass das übermäßige Horten von Waffen um ihrer selbst willen verhindert werden soll (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2016, a.a.O. Rn. 6). Dies zugrunde gelegt, spricht auch nichts dagegen, einen Antrag auf Eintragung einer solchen Waffe gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 WaffG a.F. zum Anlass zu nehmen, auf Grundlage von § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. das Fortbestehen des Bedürfnisses für den Besitz der bereits vorhandenen Waffen zu prüfen, da jede weitere Waffe Anzeichen für ein Horten von Waffen sein kann.

bb) Das Fortbestehen des Bedürfnisses ist hier auch nicht nach § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG in der seit dem 01.09.2020 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17.02.2020 (BGBl. I S. 166, im Folgenden: n.F.) allein aufgrund der (unstreitigen) Mitgliedschaft des Klägers in einem Schießsportverein, der einem nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverband angehört, zu unterstellen. Nach dieser jüngst eingefügten Vorschrift genügt für das Fortbestehen des Bedürfnisses des Sportschützen die durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisende Mitgliedschaft in einem Schießsportverein nach Absatz 2, wenn seit der ersten Eintragung einer Schusswaffe in die Waffenbesitzkarte oder der erstmaligen Ausstellung einer Munitionserwerbserlaubnis zehn Jahre vergangen sind. Ziel dieser Regelung ist es, langjährigen Sportschützen, die beispielsweise aufgrund fortgeschrittenen Alters den Schießsport nicht mehr so intensiv ausüben können wie zuvor, weiterhin eine aktive Teilnahme am Vereinsleben zu ermöglichen (BT-Drucks. 19/13839 S. 72). Sie findet auf den vorliegenden Fall jedoch keine Anwendung.

Dies folgt bereits daraus, dass - wie bereits dargelegt - maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids abzustellen ist und eine dem § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG n.F. entsprechende Vorschrift zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass diese Nachweiserleichterung für das fortbestehende Besitzbedürfnis auch für solche Waffen gelten soll, die über das sog. Grundkontingent hinausgehen und für deren Besitz die Voraussetzungen des nachfolgenden § 14 Abs. 5 WaffG n.F. vorliegen müssen. Vielmehr sprechen sowohl die Regelungssystematik als auch Sinn und Zweck der Regelung gegen eine Anwendung auf die über das Grundkontingent hinausgehenden Waffen. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägers ergibt sich aus den der Gesetzesänderung zugrundeliegenden Materialien weder, dass § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG n.F. in § 14 Abs. 5 WaffG n.F. "hineingelesen" werden müsste noch, dass die Nachweiserleichterung des § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG n.F. zu einer Verschiebung des hier maßgeblichen Zeitpunkts führt. Auch aus dem Zusammenhang mit § 45 Abs. 3 WaffG folgt nichts für die Ansicht des Klägers.

cc) Sowohl das Landratsamt als auch das Verwaltungsgericht sind zutreffend davon ausgegangen, dass das Fortbestehen des Bedürfnisses im Rahmen des § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. für jede einzelne Waffe anhand von § 14 Abs. 3 WaffG a.F. zu überprüfen ist. Weder aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. noch aus § 14 Abs. 2, Abs. 3 WaffG a.F. ergibt sich, dass an die Überprüfung des Fortbestehens des waffenrechtlichen Bedürfnisses andere Anforderungen zu stellen wären als an den erstmaligen Erwerb. Im Gegenteil behandeln § 14 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 WaffG a.F. den Erwerb und den Besitz grundsätzlich gleich (ähnlich HessVGH, Beschluss vom 21.03.2019 - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 <juris Rn. 11>; Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 29). Dies setzt sich - ohne dass es darauf hier ankäme - für die über das Grundkontingent hinausgehenden Waffen auch in § 14 Abs. 5 WaffG n.F. fort.

Dem Kläger ist einzuräumen, dass Nr. 4.4 Abs. 3 WaffVwV davon ausgeht, dass für die Bedürfnisprüfung nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. nicht die gleichen Voraussetzungen gelten wie bei der Ersterteilung. Vielmehr genüge nach der Verwaltungsvorschrift für Mitglieder eines Vereins, die einem anerkannten Schießsportverband angehörten, bei der Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses, dass die fortbestehende schießsportliche Aktivität und die Mitgliedschaft im Verband durch geeignete Nachweise, z.B. durch eine Bescheinigung des Vereins oder durch Vorlage eines Schießbuchs bestätigt werde, dass der Sportschütze weiterhin schießsportlich aktiv und dem anerkannten Verband als Mitglied gemeldet sei. Ob sich hieraus tatsächlich Abweichungen von den gesetzlich vorgesehenen materiellen Bedürfnisvoraussetzungen im Rahmen der Fortbestehensprüfung ergeben können oder ob damit Sportschützen lediglich ein erleichterter Beleg der das Bedürfnis begründenden Tatsachen gegenüber der Waffenbehörde eingeräumt werden soll, indem eine Bescheinigung des Vereins (statt des Verbandes) sowie andere Belege - wie etwa das Schießbuch - für ausreichend gehalten werden (vgl. dazu Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 29), kann offen bleiben. Denn bei den hier in Rede stehenden Waffen handelt es sich um solche, die über das sog. Grundkontingent hinausgehen und für deren Erwerb und Besitz neben den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 WaffG a.F. die zusätzlichen Vorgaben des § 14 Abs. 3 WaffG a.F. erfüllt sein müssen. Für diese das Grundkontingent überschreitenden Waffen verweist auch Nr. 4.4 Abs. 4 WaffVwV ausdrücklich darauf, dass sich die Überprüfung der schießsportlichen Aktivität an § 14 Abs. 3 WaffG a.F. orientiere. Anknüpfungspunkt für die Feststellung eines fortbestehenden Bedürfnisses sei eine gewisse Teilnahmehäufigkeit, die den Schluss zulasse, dass sich der Sportschütze aktiv am Schießsport beteilige. Die unterschiedlichen Verbandsregeln und Wettkampforganisationsformen ließen es nicht zu, eine konkrete Mindestzahl festzulegen (Nr. 4.4 Abs. 5 WaffVwV).

Auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift lässt damit nicht erkennen, dass die Voraussetzungen für ein Fortbestehen des Bedürfnisses zum Besitz von Waffen, die über das Grundkontingent hinausgehen, geringere wären als diejenigen für den erstmaligen Erwerb. Dies entspricht auch der bereits dargelegten allgemeinen Intention des Gesetzgebers, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (siehe dazu oben 1.c)). Gerade bei einem großen Waffenbestand besteht ein öffentliches Interesse an einer effektiven Kontrolle des fortbestehenden Bedürfnisses.

Nach § 14 Abs. 3 WaffG a.F. setzt das Fortbestehen des Bedürfnisses also voraus, dass die jeweilige weitere Waffe weiterhin von dem Sportschützen zur Ausübung weiterer Sportdisziplinen benötigt wird oder zur Ausübung des Wettkampfsports erforderlich ist und der Betreffende regelmäßig an Schießsportwettkämpfen teilgenommen hat. Lediglich im Hinblick auf die regelmäßige Teilnahme verweist Nr. 4.4 Abs. 5 WaffVwV darauf, dass keine konkrete Mindestzahl festgelegt werden könne. Das gesteigerte schießsportliche Bedürfnis, das die Überschreitung des Grundkontingents rechtfertigt, muss damit fortbestehen und für jede einzelne Waffe glaubhaft gemacht werden.

dd) Der Kläger hat sein nach diesen Maßstäben zu beurteilendes Bedürfnis für den weiteren Besitz der hier in Rede stehenden Waffen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht glaubhaft gemacht.

(1) Das Vorliegen der Voraussetzungen des schießsportlichen Bedürfnisses wird gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 WaffG a.F. grundsätzlich durch eine Bescheinigung eines nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverbandes glaubhaft gemacht. Die Verbände bieten aufgrund ihrer besonderen Anerkennung und ihrer Sachkunde sowie ihrer Nähe zu den betreffenden Schützen grundsätzlich die Gewähr für die Richtigkeit ihrer Angaben, so dass von ihnen ausgestellte Bescheinigungen über die Tatbestandsmerkmale des § 14 Abs. 2, Abs. 3 WaffG a.F. regelmäßig ausreichen, um das Fortbestehen des Bedürfnisses zu belegen. Gleichwohl handelt es sich bei einer solchen Bescheinigung, wie bereits der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 WaffG a.F. zeigt, um ein bloßes Mittel der Glaubhaftmachung. Sie hindert die Waffenbehörde damit nicht daran, bei Zweifeln und Unklarheiten im Einzelfall den Inhalt der Bescheinigung zu hinterfragen und die Bedürfnisvoraussetzungen eigenständig zu überprüfen. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht keine absolute Bindung der Behörden oder Gerichte an die vom Schießsportverband ausgestellten Bescheinigungen.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu bereits zutreffend ausgeführt, dass es sich bei den Bescheinigungen der Verbände um das zentrale Instrument der Glaubhaftmachung handelt und diese auch in der weit überwiegenden Zahl der Fälle, in denen das Fortbestehen des schießsportlichen Bedürfnisses überprüft wird, ausreichen. Gleichwohl obliegt die Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 3 WaffG a.F. (ebenso nach § 4 Abs. 4 WaffG n.F.) ausdrücklich den zuständigen Waffenbehörden. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe bedeuten die zur Glaubhaftmachung vorgelegten Bescheinigungen der Verbände eine vom Gesetzgeber vorgesehene erhebliche Erleichterung. Dass diese Bescheinigungen jedoch eine weitergehende Prüfung durch die Behörde ausschließen sollen, findet weder im Gesetz Anklang noch stünde dies mit den das Waffenrecht prägenden Grundsätzen, die vom privaten Waffenbesitz ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit zu minimieren und ein Restrisiko nicht hinzunehmen, im Einklang. Gerade in Fällen, wie dem vorliegenden, in denen die vorgelegten Bescheinigungen des Verbandes Fragen aufwerfen, nicht schlüssig sind oder die Nutzung der Waffen nicht plausibel wiedergeben, muss es den Behörden, denen die gesetzlich zugewiesene Verantwortung für die Durchsetzung der waffenrechtlichen Vorschriften zukommt, möglich sein, den Inhalt der Bescheinigungen zu hinterfragen und - wenn diese nicht "nachgebessert" werden - sie gegebenenfalls nicht als Beleg für das (Fort-)Bestehen des Bedürfnisses anzuerkennen. Von einer willkürlichen Außerachtlassung der Verbandsbescheinigungen nach bloßem "Gutdünken" der Behörde, wie sie der Kläger befürchtet, kann bei Anwendung dieser Grundsätze keine Rede sein.

Auch § 15 Abs. 4 Satz 5 WaffG lässt, worauf das Verwaltungsgericht richtigerweise hingewiesen hat, erkennen, dass es sich bei der Bescheinigung eines Verbandes lediglich um ein Mittel der Glaubhaftmachung handelt. Denn danach sind vom Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Aufhebung der Anerkennung eines Verbandes an dessen Bescheinigungen nicht mehr als geeignete Mittel der Glaubhaftmachung anzuerkennen. Daraus wird ersichtlich, dass es sich bei der Bescheinigung zwar um das zentrale, jedoch nicht um das einzig mögliche Mittel der Glaubhaftmachung handelt. Etwas Anderes folgt auch nicht aus § 15 Abs. 4 Satz 6 WaffG, nach dem die Behörden bereits ab der Einleitung der Anhörung von der Anerkennung der Bescheinigungen absehen können, sofern der Grund für die Aufhebung der Anerkennung Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit von Bescheinigungen aufkommen lässt. Dies ermöglicht es der Behörde, auch Bescheinigungen außer Acht zu lassen, die an sich plausibel erscheinen und keine Auffälligkeiten aufweisen. Dass die Behörde auch ohne Verfahren zur Aufhebung der Anerkennung des Verbandes die Vollständigkeit und Plausibilität einer Bescheinigung überprüfen darf bzw. muss und diese im Einzelfall nicht zur Glaubhaftmachung ausreichen lassen kann, stellt dies nicht in Frage.

Auch aus der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz ergibt sich, entgegen der Ansicht des Klägers, kein anderes Ergebnis. Vielmehr verweist beispielsweise Nr. 4.4 Abs. 3 WaffVwV ausdrücklich darauf, dass das Fortbestehen des Bedürfnisses durch "eine Bescheinigung des Vereins oder durch Vorlage eines Schießbuchs bestätigt" werden kann. Dies zeigt, dass auch die Verwaltungsvorschrift von mehreren denkbaren Mitteln der Glaubhaftmachung ausgeht. Dass nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung die Verbände ihren Mitgliedern explizit rieten, die Schießbücher den Waffenbehörden nicht vorzulegen, da diese sonst im Einzelnen die Anzahl der Schießübungen mit jeder Waffe überprüften, belegt nicht, dass die Behörden eine solche Überprüfung nicht durchführen dürften, sondern offenbart vielmehr einen Widerspruch zum sonstigen Vortrag des Klägers, wonach das Landratsamt ...-... bundesweit die einzige Waffenbehörde sei, die die Aussagekraft der Verbandsbescheinigung hinterfrage und nicht anerkenne.

Soweit sich der Kläger auf Nr. 8.1.1 WaffVwV beruft, belegt dies nichts Anderes. Darin wird zwar ausdrücklich zwischen organisierten Sportschützen, die einem anerkannten Schießsportverband im Sinne des § 15 WaffG angehören, und sonstigen Sportschützen unterschieden und deutlich gemacht, dass bei letztgenannten eine Glaubhaftmachung des schießsportlichen Bedürfnisses nach § 14 Abs. 2 bis 4 WaffG (a.F.) nicht genügt, sondern Nachweise in vollem Umfang von der Waffenbehörde überprüfbar sind. Daraus wird deutlich, dass die in anerkannten Schießsportverbänden organisierten Sportschützen durch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung nach § 14 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 WaffG a.F. bewusst privilegiert werden. Dies findet auch in der Gesetzesbegründung zu § 14 WaffG im Rahmen der im Jahr 2002 erfolgten Neuregelung des Waffenrechts (Gesetz vom 11.10.2002, BGBl. I 3970) Anklang (BT-Drucks. 14/7758 S. 62 f.). Daraus folgt jedoch nicht im Umkehrschluss, dass die Behörde bei Zweifeln an der Aussagekraft einer Bescheinigung des Schießsportverbandes nicht befugt wäre, im Einzelfall weitere Belege über das (Fort-)Bestehen des Bedürfnisses oder die Konkretisierung der Verbandsbescheinigungen zu verlangen. Entsprechendes ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.

Bestätigt wird dies schließlich auch durch Nr. 14.2.1 Abs. 2 WaffVwV. Danach beschränkt sich die Pflicht des Sportschützen, sein Bedürfnis glaubhaft zu machen, "in der Regel" auf die Vorlage der Bescheinigung. Die Waffenbehörde muss die vorgelegten Bescheinigungen nach der Verwaltungsvorschrift lediglich auf Vollständigkeit und Plausibilität prüfen. Darin liegt die vom Gesetzgeber beabsichtigte Privilegierung der Sportschützen und die Begrenzung des Arbeitsaufwandes der Behörden. Dies ist jedoch, wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, nicht dahingehend auszulegen, dass die Behörde an die Bescheinigungen gebunden wäre und gerade bei festgestellter Unvollständigkeit oder mangelnder Plausibilität keine eigene Prüfung vornehmen dürfte. Vielmehr geht auch die Verwaltungsvorschrift davon aus, dass zur Glaubhaftmachung Angaben gemacht werden müssen, die es "der Waffenbehörde" ermöglichen zu beurteilen, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen spricht. Die Bescheinigung darf sich daher nicht in der bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes und der bloßen Behauptung, dass diese Voraussetzungen vorliegen, erschöpfen, sondern muss nachvollziehbare Angaben darüber enthalten. Auch die Verwaltungsvorschrift geht demnach von einer Prüfungskompetenz der Waffenbehörden und nicht von einer strikten Bindungswirkung der Verbandsbescheinigungen aus.

Auch nach dem Sinn und Zweck der waffenrechtlichen Regelungen kann die Letztverantwortung für die Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses nur bei der Waffenbehörde und nicht bei den anerkannten Schießsportverbänden liegen. Nur sie hat die Gesamtübersicht über alle beim Betreffenden vorhandenen Waffen (so auch Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 1477; vgl. auch Nr. 14.3 Abs. 7 Satz 3 WaffVwV) und hat letztlich die Entscheidung zu treffen, ob die waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen sind oder gegebenenfalls nach § 45 Abs. 3 WaffG von einem Widerruf abgesehen werden kann.

Anders als der Kläger meint, stellt dies nicht das durch die Neuregelung des Waffenrechts 2002 eingeführte Gesamtsystem in Frage. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die anerkannten Schießsportverbände im Bereich der Bedürfnisprüfung als hoheitlich Beliehene tätig werden. Eine Beleihung darf nur durch oder aufgrund Gesetzes erfolgen. Denn nach Art. 33 Abs. 4 GG sind hoheitliche Befugnisse in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Ausnahmen von dieser Regel setzen daher eine Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Eine gesetzliche Regelung gebieten auch das Rechtsstaats- und das Demokratiegebot, da die Beleihung Privater mit hoheitlichen Befugnissen eine Maßnahme der Staatsorganisation darstellt, die vom Regelbild der Verfassungsordnung abweicht. Die Übertragung von Befugnissen muss dem Gesetz mithin klar zu entnehmen sein. Auch einzelne Modalitäten der Beleihung können derart wesentlich sein, dass sie der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten sind (BVerwG, Urteil vom 23.05.1995 - 1 C 32.92 -, BVerwGE 98, 280 <juris Rn. 52>; Urteil vom 29.09.2005 - 7 BN 2.05 -, NVwZ 2006, 829; Urteil vom 26.08.2010 - 3 C 35.09 -, BVerwGE 137, 377 <juris Rn. 24>; auch BVerfG, Beschluss vom 20.02.1986 - 1 BvR 859/81 u.a. -, NJW 1987, 2501, 2502).

Nach diesen Maßstäben ist nicht zu erkennen, dass mit der Anerkennung eines Schießsportverbandes nach § 15 Abs. 1 WaffG in Bezug auf die Bedürfnisprüfung ihrer Mitglieder zugleich eine Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen einhergeht. Anders als bei Sachkundeprüfungen, die gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 AWAffV von schießsportlichen Vereinen, die einem anerkannten Schießsportverband angehören, abgenommen werden können und die sodann gemäß § 7 Abs. 1 WaffG den vollen Nachweis über die Sachkunde erbringen (zur diesbezüglichen Bindungswirkung vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2019 - 3 StR 635/17 -, NStZ 2019, 652 <juris Rn. 24>), ist dem Gesetz im Rahmen der Bedürfnisprüfung lediglich zu entnehmen, dass die Bescheinigung des Schießsportverbandes wesentliches Mittel der Glaubhaftmachung darstellt. Dass es sich darüber hinaus sogar um eine hoheitliche Betätigung der Verbände handeln soll, die eine eigene Überprüfung des Fortbestehens der Bedürfnisvoraussetzungen durch die Behörden ausschließen soll, ist den gesetzlichen Regelungen nicht zu entnehmen. Auch aus den Gesetzesmaterialien (vgl. insbesondere BT-Drucks. 14/7758 S. 62 ff.) ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Zudem handelt der Schießsportverband ersichtlich nicht mit verbindlicher Außenwirkung, sondern nimmt lediglich an einem von mehreren Verfahrensschritten bei der Erteilung oder dem Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis teil. Hoheitliche Befugnisse übt er dabei nicht selbständig aus.

Entgegen der Ansicht des Klägers, ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 01.04.2003 (- 1 BvR 539/03 -, NVwZ 2003, 855). Darin erkennt das Bundesverfassungsgericht zwar an, dass für Sportschützen das Privileg eines erleichterten Bedürfnisnachweises besteht und dies rechtfertigt, dass die Verbände durch § 15 WaffG einer stärkeren staatlichen Kontrolle unterliegen. Von einer Beleihung oder unausweichlichen Bindungswirkungen der Verbandsbescheinigungen ist in der genannten Entscheidung jedoch keine Rede und wird von ihr auch nicht unausgesprochen vorausgesetzt. Die hoheitlichen Befugnisse verbleiben damit bei den Waffenbehörden, die bei Zweifeln an den Bescheinigungen diese hinterfragen und sie ggf. auch nicht anerkennen können. Anders als der Kläger meint, erfolgt dies nicht nach "Gutdünken" der Behörde, sondern allenfalls bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die Bescheinigung nicht aussagekräftig genug ist, um als Mittel der Glaubhaftmachung zu dienen. Die grundsätzlich vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung der in den anerkannten Schießsportverbänden organisierten Schießschützen wird dadurch nicht in Frage gestellt.

Auch soweit sich der Kläger auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg beruft, aus der sich die Bindungswirkung der Bescheinigungen ergeben solle, dringt er damit nicht durch. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat in einem umgekehrten Fall, in dem sich der Schießsportverband geweigert hatte, eine Bescheinigung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 WaffG auszustellen, im Rahmen eines Beschlusses nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausgeführt, dass sich die Behörde nicht über die Versagung der Bescheinigung hinwegsetzen dürfe (Beschluss vom 09.02.2016 - 5 K 826/14 -, juris Rn. 10 f.); denn es sei nicht Sache der Behörden oder Gerichte, die Sportordnung eines Sportschützenverbandes auszulegen. Den umgekehrten Schluss hat es jedoch ausdrücklich nicht getroffen, sondern ausgeführt, dass zu keiner anderen Beurteilung führe, dass die Waffenbehörden und die Verwaltungsgerichte auch bei einer positiven Bescheinigung noch das Vorliegen eines Bedürfnisses im Übrigen zu prüfen hätten, etwa ob die Waffe in Wahrheit gar nicht zum Sportschießen eingesetzt, sondern etwa nur für Sammlerzwecke aufbewahrt werden solle (a.a.O. Rn. 11).

Schließlich hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass auch das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21.05.2010 sowie die Hinweise des baden-württembergischen Innenministeriums zum Vollzug des Waffenrechts vom 20.03.2013 eine Bindungswirkung der Bedürfnisbescheinigungen der Schießsportverbände nicht belegen (UA S. 23 f.). Den diesbezüglichen Ausführungen schließt sich der Senat an und verweist insoweit auf das verwaltungsgerichtliche Urteil (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

(2) Die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen des BDMP, die Urkunden und Ergebnislisten sowie der Auszug aus dem Schießbuch des Klägers sind im vorliegenden Einzelfall nicht geeignet, das Fortbestehen der Bedürfnisvoraussetzungen nach § 14 Abs. 3 WaffG a.F. glaubhaft zu machen. Keiner dieser Unterlagen ist hinreichend zu entnehmen, dass die jeweiligen Waffen zur Ausübung weiterer Sportdisziplinen benötigt werden oder sie zur Ausübung des Wettkampfsports erforderlich sind. Zwar lässt sich feststellen, dass der Kläger regelmäßig an Schießsportwettkämpfen teilgenommen hat und sich weiterhin aktiv in Schießsportvereinen und -verbänden engagiert. Um nachvollziehen zu können, ob jede der über das Grundkontingent hinausgehenden Waffen auf den grünen Waffenbesitzkarten zu den in § 14 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 WaffG a.F. genannten Zwecken erforderlich ist, hätte es jedoch detaillierterer Angaben dazu bedurft, welche Waffe für welche Schießdisziplin erforderlich ist und weshalb keine andere Waffe aus dem Kontingent des Klägers diese Anforderungen erfüllt. Dem ist der Kläger jedoch trotz entsprechender Aufforderung durch das Landratsamt nicht nachgekommen. Weder aus den vorgelegten Urkunden und Ergebnislisten noch aus den Bescheinigungen des BDMP ist zu erkennen, welche Waffe des Klägers für die jeweilige Disziplin verwendet wurde. Aus den Bescheinigungen des BDMP geht zwar ausreichend deutlich hervor, dass der Kläger weiterhin aktiver Sportschütze ist, sich in vielerlei Hinsicht schießsportlich engagiert und regelmäßig an Wettkämpfen teilnimmt, bei denen eine Vielzahl von Waffen zum Einsatz kommt. Ob dabei aber wirklich alle der über das Grundkontingent hinausgehenden Waffen verwendet werden oder sonst erforderlich sind, ist nicht hinreichend nachvollziehbar dargetan. Gerade mit Blick auf den auch für einen Sportschützen sehr großen Waffenbestand des Klägers sind die von ihm vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Bescheinigungen des BDMP, nicht aussagekräftig genug.

Die Bescheinigung vom 18.01.2010 verweist darauf, dass der Kläger glaubhaft erläutert und anhand seiner Schießbuchaufzeichnungen dargelegt habe, dass er mit allen von ihm besessenen Waffen tatsächlich schieße. Er habe in den letzten Jahren an über 90 Meisterschaften und Wettkämpfen in einer Vielzahl von Disziplinen teilgenommen und hierfür eine Vielzahl von Waffen eingesetzt. Das Verwaltungsgericht hat hierzu zu Recht ausgeführt, dass diese Angaben zu pauschal sind, um ein fortbestehendes Bedürfnis für jede einzelne Waffe des Klägers, die über das Grundkontingent hinausgeht, glaubhaft zu machen. Insbesondere ergeben die vom Kläger auch dem Landratsamt vorgelegten Schießbuchaufzeichnungen gerade nicht, dass in den letzten Jahren tatsächlich jede der zahlreichen Waffen des Klägers eingesetzt wurde. Angesichts der vom Landratsamt geäußerten Zweifel wären der Kläger und der Verband gehalten gewesen, die Behauptung, alle Waffen kämen bei den Wettkämpfen zum Einsatz, durch entsprechende Angabe der Disziplinen zu untermauern. Wenn der Verband die Verwendung sämtlicher Waffen tatsächlich überprüft hat, wäre es ein Leichtes gewesen, diese Angaben nachzuliefern. Die Argumentation des Klägers, die Verbände seien nicht in der Lage, derartig detaillierte Überprüfungen bei jedem Sportschützen vorzunehmen, hilft nicht weiter und lässt eher darauf schließen, dass eine Bedürfnisprüfung hinsichtlich jeder einzelnen Waffe tatsächlich nicht stattgefunden hat. Die Bescheinigung ist daher nicht geeignet, das Fortbestehen des Bedürfnisses glaubhaft zu machen.

Der Aufforderung des Landratsamts, eine detailliertere Bescheinigung des Verbandes vorzulegen oder gegebenenfalls auch selbst darzulegen, welche Waffe für welche Schießdisziplin und für welchen Wettkampf verwendet wird, ist der Kläger nicht nachgekommen. Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG kann die Behörde, wenn ein Betroffener im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens von in diesem Gesetz oder in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Erlaubnis gegeben wäre, seine Mitwirkung verweigert, deren Wegfall vermuten. Der Kläger wurde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auf diese Folge hingewiesen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 WaffG). Gleichwohl ist er der mehrfachen Aufforderung des Landratsamts zur Konkretisierung der Nutzung der in seinem Besitz befindlichen Waffen zu den schießsportlichen Zwecken bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht nachgekommen. Das Landratsamt durfte daher den Wegfall des in Rede stehenden Bedürfnisses vermuten.

Dabei kann offenbleiben, ob die Anwendung der Vermutungsregelung des § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG in das Ermessen der Behörde gestellt ist (so wohl, wenn auch nicht entscheidungstragend: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.08.2011 - 1 S 1391/11 -, NVwZ-RR 2011, 815 <juris Rn. 8>; VG Stuttgart, Urteil vom 06.12.2011 - 5 K 4898/10 -, juris Rn. 69) oder ob es sich bei der Verwendung des Wortes "kann" lediglich um eine Ermächtigung der Waffenbehörde zu der im Gesetz vorgesehenen Vermutung handelt (so VG Bayreuth, Beschluss vom 22.03.2018 - B 1 S 18.159 -, juris Rn. 40; VG Kassel, Beschluss vom 23.02.2011 - 4 L 105/11.KS -, juris Rn. 7, jeweils unter Verweis auf die entsprechende Auslegung des § 11 Abs. 2 und 8 FeV). Denn selbst wenn es sich um eine Ermessensnorm handelte, wäre dieses Ermessen intendiert. Ein atypischer Fall, in dem es näherer Erwägungen zur Anwendung der Vermutungsregelung bedurft hätte, liegt hier nicht vor.

Die vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen zum Nachweis seiner schießsportlichen Aktivitäten und die von ihm in die mündliche Verhandlung vor dem Senat mitgebrachten Urkunden sind, unabhängig von der Frage ihrer Aussagekraft, nicht berücksichtigungsfähig. Denn auch für die Anwendbarkeit des § 45 Abs. 4 WaffG ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 01.07.2020 - 1 K 2730/19 -, juris Rn. 64).

ee) Das Landratsamt war auch nicht gehalten, nach § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG von dem Widerruf abzusehen. Abweichend von § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG kann gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG im Fall eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden. Dass es sich hier lediglich um einen vorübergehenden Wegfall des Bedürfnisses handelt, ist weder ersichtlich noch dargetan. Auch besondere Gründe, aus denen von einem Widerruf abgesehen werden sollte, liegen nicht vor.

d) Wurden die Waffenbesitzkarten zu Recht widerrufen, so unterliegen auch die vom Landratsamt auf der Grundlage von § 46 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 WaffG getroffenen Anordnungen (Ziff. 2 und 3 der angefochtenen Verfügung) sowie die Androhung des Zwangsgelds (Ziff. 5) keinen rechtlichen Bedenken.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 23. Juni 2021

Der Streitwert wird unter Abänderung des vorläufigen Streitwertbeschlusses vom 9. Juli 2018 sowie der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht von Amts wegen für beide Rechtszüge auf jeweils 34.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung und die Änderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts beruht auf § 63 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Der Senat folgt dabei dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass für den Widerruf von Waffenbesitzkarten unabhängig von der Zahl der widerrufenen Waffenbesitzkarten als Streitwert der Auffangwert anzusetzen ist, wobei darin zugleich die erste eingetragene Waffe mit enthalten ist. Für jede weitere Waffe ist entsprechend Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs eine Erhöhung um 750,-- EUR vorzunehmen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2019 - 1 S 315/19 -, juris Rn. 5). Hierzu zählen jedoch auch die vom Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassenen, auf den Waffenbesitzkarten eingetragenen Wechselsysteme und -läufe (BayVGH, Beschluss vom 27.09.2018 - 21 ZB 15.2305 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 08.01.2016 - 21 CS 15.2465 -, juris Rn. 29; HambOVG, Beschluss vom 07.08.2015 - 5 Bs 135.15 -, GewArch 2016, 31 <juris Rn. 2, 24>).

Auf den hier entzogenen Waffenbesitzkarten sind insgesamt 31 Waffen sowie neun Wechselsysteme bzw. -läufe eingetragen. Daraus errechnet sich der vorstehende Streitwert (5.000,-- EUR + 29.250,-- EUR [39 x 750,-- EUR]). Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht darin, dass trotz der vergleichsweise großen Anzahl von Waffen eine Deckelung des Streitwerts auf den fünffachen Betrag des Auffangwerts (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.06.2017 - 1 S 846/17 -, juris Rn. 17 m.w.N.) hier nicht angezeigt ist, da die Prüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses nicht einheitlich, sondern für jede einzelne Waffe durchzuführen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.