VG Lüneburg, Urteil vom 16.06.2021 - 2 A 386/18
Fundstelle
openJur 2021, 21773
  • Rkr:
Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid für den Neubau einer SB-Autowaschanlage und einer Staubsaugerstation zur Autopflege.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks A-Straße (Flurstück 80/5, Flur 6, Gemarkung A-Stadt) im Stadtgebiet der Beklagten. Der Beigeladene ist Eigentümer des benachbarten Flurstücks 80/12, Flur 6, Gemarkung A-Stadt (Baugrundstück) sowie Pächter der 24-Stunden betriebenen Shell-Tankstelle mit Waschstraße mit der Anschrift F. Straße 4 in A-Stadt (Flurstück 80/13). Das Grundstück der Kläger grenzt direkt an das Baugrundstück an. Schräg gegenüber von dem Baugrundstück befindet sich der Ein- und Ausfahrtsbereich eines Fachmarktzentrums über den auch das Gartencenter mit Außenverkaufsfläche in der F. Straße 33 angefahren wird. Hinsichtlich der weiteren im Umkreis des Baugrundstücks befindlichen Gewerbebetriebe wird auf die Karte der Beklagten (Bl. 52 Gerichtsakte) sowie die Sitzungsniederschrift vom 16. Juni 2021 verwiesen.

Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich, ein Bebauungsplan existiert nicht. Der Flächennutzungsplan weist den betroffenen Bereich als Mischgebiet aus.

Der Beigeladene beabsichtigt, auf dem Flurstück 80/12 eine SB-Autowaschanlage mit vier Waschboxen und einer Staubsaugerstation mit drei Doppelstaubsaugeranlagen zur Autopflege neu zu errichten und beantragte am 20. November 2017 einen Bauvorbescheid. Als Betriebszeit gab er montags bis samstags von 7 bis 22 Uhr an. Die Zufahrt solle über das Tankstellengelände mittels eines Überwegerechts erfolgen.

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens forderte der Landkreis G. den Beigeladenen zur Vorlage einer Schallprognose gemäß Nr. 4.2 TA-Lärm (Schallgutachten) auf. In der vom Beigeladenen eingeholten Fachtechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros H. I. vom 18. Januar 2018 heißt es unter anderem, dass sich am Immissionspunkt 2 (IP2, Wohngebäude A-Straße) eine rechnerische Immissionsbelastung von 53,3 dB(A) i.M. am Tag ergebe. Zudem teilte der Beigeladene mit E-Mail-Schreiben vom 6. Februar 2018 sowie 21. März 2018 mit, dass die Betriebszeiten der Waschboxen/Staubsauger jeden Tag über die eingeworfenen Münzen/Wertmarken aufgelistet und in der Tagesabrechnung dokumentiert würden. Aufgrund der 4/3 Nutzungsplätze (Waschanlage und Staubsauger) und der zu erwartenden Nutzungsmengen am Tag, sei nicht von relevanten Wartezeiten auszugehen.

Die Kläger nahmen im Rahmen der Nachbarbeteiligung bereits im Verwaltungsverfahren Stellung und führten unter anderem aus, das Vorhaben verletze den Gebietserhaltungsanspruch, da die nähere Umgebung einem faktischen reinen oder womöglich allgemeinen Wohngebiet, nicht aber einem faktischen Mischgebiet entspreche. Die fachtechnische Stellungnahme vom 18. Januar 2018 sei zudem in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft.

Nach Einvernehmenserteilung der Gemeinde erteilte der Landkreis G. sodann mit Bescheid vom 19. April 2018 den beantragten Bauvorbescheid nach § 73 NBauO und stellte darin fest, dass die von dem Beigeladenen geplante Baumaßnahme bauplanungsrechtlich in dem (faktischen) Mischgebiet zulässig ist. Der Bauvorbescheid enthielt den Hinweis, dass über immissionsschutzrechtliche Belange im noch durchzuführenden Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden sei. Weiter heißt es im Hinweis Ziffer 5, eine abschließende bauordnungsrechtliche Prüfung erfolge erst nach Vorlage vollständig prüfbarer Baugenehmigungsunterlagen.

Der Bauvorbescheid wurde den Klägern am 30. April 2018 bekannt gemacht. Hiergegen erhoben sie am 16. Mai 2018 Widerspruch und trugen ergänzend vor, der Bauvorbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, da aus ihm nicht eindeutig hervorgehe, über welche Fragen abschließend entschieden worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2018, zugestellt am 15. Oktober 2018, wies der Landkreis G. den Widerspruch zurück und führte unter anderem aus, es sei aus Ziffer 2 des Bauvorbescheides klar ersichtlich, dass eine Bebauungsgenehmigung erteilt worden sei, die über die Frage der städtebaulichen Zulässigkeit abschließend entschieden habe. Bei allen anderen Ziffern handele es sich lediglich um Hinweise, insbesondere bei den umfangreichen immissionsschutzrechtlichen Punkten. Ferner handle es sich um ein faktisches Mischgebiet, denn als nähere Umgebung sei die Bebauung beidseitig der F. Straße zu betrachten, welche weder wegen ihrer Breite noch wegen der Verkehrsbelastung eine trennende Wirkung entfalte.

Daraufhin haben die Kläger am 12. November 2018 Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend führen sie aus, dass sich der Bauvorbescheid durch die Klarstellung im Widerspruchsbescheid nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit beziehe, wobei die immissionsschutzrechtlichen Fragen nicht abschließend geklärt worden seien. Die Beklagte gehe in der Annahme fehl, dass es sich um ein faktisches Mischgebiet handele, denn die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem reinen oder ggf. einem allgemeinen Wohngebiet. Die nähere Umgebung bilde lediglich das Straßendreieck aus der J. straße, der Straße K. und der F. Straße. Insbesondere entfalte die F. Straße als Bundesstraße B L. trennende Wirkung. In diesem Straßendreieck befänden sich ausschließlich Wohngebäude. Lediglich die Tankstelle falle aus diesem Rahmen; insoweit sei diese als Fremdkörper nicht gebietsprägend. Womöglich könnte diese aber auch - was bestritten werde - als ausnahmsweise zulässige Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet beurteilt werden. Aufgrund ihrer Größe und der 24-Stunden Öffnungszeiten bestünden hieran indes Zweifeln. Die trennende Wirkung der F. Straße zeige sich in ihrer überregionalen Bedeutung und dem hohen Verkehrsaufkommen. Ferner seien Querungshilfen in Form von Inseln und Ampelanlagen vorhanden und es seien auf dem innerörtlichen Abschnitt der B L. /F. Straße insgesamt vier Abbiegespuren geschaffen worden. Auf beiden Seiten seien im Übrigen breite Parkstreifen angelegt und jeweils ein Fuß-/Fahrradweg vorhanden. Selbst wenn die F. Straße keine trennende Wirkung entfalte, so sei die Eigenart der näheren Umgebung nicht als faktisches Mischgebiet einzustufen. Die von dem Landkreis G. insoweit angeführten gewerblichen Nutzungen in der näheren Umgebung führten zu keinem anderen Ergebnis. So sei unter anderem der erwähnte Heizungsbetrieb aufgegeben worden und das Nissan-Autohaus wirke sich nicht auf das Baugrundstück aus. Die angeführte Werbeanlage habe ebenfalls keine prägende Wirkung für die nähere Umgebung und verursache naturgemäß keinerlei Störungen. Die Relax-Bar und der Döner-Laden seien als der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaft i. S. d. § 4 BauNVO zu beurteilen. Der Penny- und Aldi-Markt werde durch die an der Verdener Straße vorhandene Wohnbebauung vollständig abgeschirmt und habe daher keine prägende Wirkung. Selbst wenn es sich um ein faktische Mischgebiet handele, so wäre das Bauvorhaben als wesentlich störender Gewerbebetrieb unzulässig. Das Bauvorhaben stehe räumlich und funktional im Zusammenhang mit der von dem Beigeladenen gepachteten Tankstelle, weshalb beide als Gesamtbauvorhaben zu beurteilen seien. Bereits die Tankstelle sei aufgrund der Waschstraße und des 24-Stundenbetriebs nicht als eine zulässige Tankstelle i. S. d. § 6 Abs. 2 BauNVO zu beurteilen.

Die Kläger beantragen,

den Bauvorbescheid vom 19. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bauvorbescheid. Der Bauvorbescheid regele nur die planungsrechtliche Zulässigkeit, enthalte aber bereits eine zeitliche Begrenzung, da die Anlage nur an Werktagen zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr betrieben werden dürfe. Bei der näheren Umgebung handele es sich um ein faktisches Mischgebiet. Die Verdener Straße entfalte keine trennende Wirkung, denn diese sei in der näheren Umgebung des Baugrundstücks nur einspurig ohne Querungshilfen; lediglich in Höhe der M. -N. -Straße sei eine Lichtzeichenanlage vorhanden. Die Verkehrsbelastung auf der F. Straße sei mit knapp 8.400 Fahrzeugen pro Tag (davon 500 Lkw) zwar relativ hoch, aber beispielsweise im Vergleich zur O. Straße in P. (B 71, Stand 2015: 14.000 Fahrzeuge, davon 600 Lkw) deutlich geringer. Letzterer sei in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg zu dem Az. 2 A 50/16 keine trennende Wirkung zugekommen. Auch wenn die F. Straße gegenüber der O. Straße in P. im Vergleich etwas breiter mit beidseitigen Parkstreifen ausgebaut sei, führe dieser Umstand nicht zu einer trennenden Wirkung, da die gegenüberliegende südliche Straßenseite deutlich wahrnehmbar und die städtebauliche Situation beidseitig der F. Straße vergleichbar sei. Die Relax-Bar stelle entgegen der Ansicht der Kläger eine Vergnügungsstätte dar, wie sich aus dem Internetauftritt ergebe. Der aufgegebene Heizungsbetrieb in der F. Straße 2 sei mit einzubeziehen, da jederzeit mit der Aufnahme einer gleichartigen Nutzung zu rechnen sei. Das Werbeplakat in der F. Straße 13 sei als am Hausgiebel beleuchtete Fremdwerbeanlage in einem Wohngebiet unzulässig, allerdings in einem Mischgebiet zulässig. Auch sei das Fachmarktzentrum hinzuzurechnen, da es angesichts des großen Ein- und Ausfahrtsbereichs und sich anschließender zahlreicher Einstellplätze Auswirkungen auf das Vorhaben habe. Entgegen der Ansicht der Kläger sei die Tankstelle mitsamt Autowaschanlage nicht als Fremdkörper bei der Betrachtung auszuschließen, da sie aufgrund ihrer Größe und beleuchteten Werbeanlage in beide Fahrtrichtungen wahrnehmbar sei und nicht aus dem Rahmen der näheren Umgebung falle. Selbst wenn man der F. Straße trennende Wirkung beimesse, so würden bereits allein die auf der Nordseite der F. Straße (Seite des klägerischen Grundstücks und des Baugrundstücks) befindlichen Gewerbebetriebe der Einordnung als reines oder allgemeines Wohngebiet entgegenstehen. Zudem sei das Bauvorhaben nicht zusammen mit der Tankstelle mitsamt Autowaschstraße zu würdigen, da es sich um einen eigenständigen Betrieb handele. Überdies habe das eingeholte Schallgutachten eine Belastung von 53,3 dB(A) am Grundstück der Kläger prognostiziert. Dieser Wert halte den Grenzwert von 60 dB(A) ein, weshalb eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht vorliege. Der Beigeladene sei ferner bereits im Bauvorbescheid auf diverse im Baugenehmigungsverfahren vorgesehene Immissionsschutzauflagen hingewiesen worden, die allesamt zum Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbaren Beeinträchtigungen bestimmt seien.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich inhaltlich nicht zur Sache geäußert.

Der Bauvorbescheid wurde vom Landkreis G. als damals zuständige untere Bauaufsichtsbehörde erlassen. Gemäß dem Erlass vom 14. April 2020 des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz hat die Beklagte mit Wirkung vom 1. Januar 2021 die Aufgabe der unteren Bauaufsichtsbehörde und damit auch das hiesige Verfahren übernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bauvorbescheid vom 19. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Der Erfolg einer baurechtlichen Nachbarklage gegen einen Bauvorbescheid setzt voraus, dass der Bauvorbescheid nicht nur rechtswidrig ist, sondern darüber hinaus gerade den klagenden Nachbarn in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist der Bauvorbescheid allein daraufhin zu untersuchen, ob er gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht.

Der dem Beigeladenen erteilte Bauvorbescheid verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des vorliegend allein zur Überprüfung stehenden Bauplanungsrechts.

Im Gegensatz zur Baugenehmigung wird im Bauvorbescheid gemäß § 73 Nds. Bauordnung (NBauO) die Zulässigkeit des zur Überprüfung gestellten Vorhabens keiner umfassenden Kontrolle unterzogen. Vielmehr beschränkt sich der Prüfungsumfang auf einzelne Fragen des Bauvorhabens. Der Vorbescheid kann sich sowohl auf Fragen des Bauordnungsrechts als auch auf das Bauplanungsrecht (bodenrechtliche Zulässigkeit), sog. Bebauungsgenehmigung (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 23.5.1975 - IV C 28.72 -, BRS 29, Nr. 116; BVerwG, Urt. v. 3.2.1984 - 4 C 39.82 -, BRS 42, Nr. 170) beziehen. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der Bindungswirkung eines Bauvorbescheides in der Regel aus der Bauvoranfrage einschließlich der beigefügten Bauvorlagen im Zusammenhang mit dem Tenor des Vorbescheides.

Vorliegend handelt es sich um einen planungsrechtlichen Vorbescheid. Zwar mag die Bauvoranfrage des Beigeladenen keine konkrete Fragestellung beinhalten. Der Bauvorbescheid leidet dennoch nicht an einem Bestimmtheitsmangel. Denn der Bauvorbescheid beschreibt - unter Einbeziehung der genehmigten Bauvorlagen - das zur bauplanungsrechtlichen Überprüfung gestellte Vorhaben in ausreichender Weise. Aus Ziffer 2. des Bauvorbescheides wird hinreichend ersichtlich, dass die Beklagte nur die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens verbindlich geregelt hat; dies wird auch von den Klägern so gesehen. Dagegen sind immissionsschutzrechtliche und bauordnungsrechtliche Fragen ausgeklammert und in das Baugenehmigungsverfahren verlagert worden, wie sich aus den Ziffern 3. und 5. des Bauvorbescheides ergibt.

Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegt nicht vor. Weder verletzt das von der Bebauungsgenehmigung umfasste Vorhaben den Gebietserhaltungsanspruch der Kläger (dazu I.) noch verletzt es zu ihren Ungunsten das in § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 Baugesetzbuch (BauGB), § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) verankerte Gebot der Rücksichtnahme (dazu II.).

I.

Eine Verletzung des sog. Gebietserhaltungsanspruchs liegt nicht vor.

Der Gebietserhaltungsanspruch ist darauf gerichtet, dass sich ein Nachbar in einem (faktischen) Baugebiet auch dann gegen die Zulassung einer in dem Baugebiet gebietswidrigen Nutzung wenden können soll, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Hauptanwendungsfall für diesen Grundsatz, der auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses beruht, sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Nutzung öffentlich- rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Im Rahmen des durch eine Baugebietsfestsetzung begründeten nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Entsprechendes gilt innerhalb faktischer Baugebiete nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift demnach gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 -, juris Rn. 5; BVerwG, Urt. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, juris).

Aus diesem Gebietserhaltungsanspruch besteht vorliegend kein Abwehranspruch der Kläger, da das Bauvorhaben nach seiner Art planungsrechtlich zulässig ist.

Das Baugrundstück befindet sich nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes, aber innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Stadtgebiet der Beklagten. Damit bemisst sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der BauNVO bezeichnet sind, so beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach der Art seiner baulichen Nutzung allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet zulässig ist; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden.

Vorliegend entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO (dazu 1.), in dem das Vorhaben nach § 6 Abs. 2 BauNVO zulässig ist (dazu 2.).

1.

Die Eigenart der näheren Umgebung stellt sich vorliegend als (faktisches) Mischgebiet dar.

Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, Beschl. v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 -, juris Rn. 7 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 9.10.2019 - 1 LB 147/17 -, juris Rn. 22). Bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks ist der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung in der Regel enger zu begrenzen, als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (BVerwG, Beschl. v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 -, juris Rn. 7 m.w.N.) Maßstabsbildend ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Fremdkörper sind außer Acht zu lassen (grundlegend und ausführlich BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 -, juris Rn. 33; st. Rspr. vgl. BVerwG Beschl. v. 29.4.1997 - 4 B 67.97 -, juris). Das Vorhabengrundstück ist Teil der näheren Umgebung (Nds. OVG, Urt. v. 9.10.2019 - 1 LB 147/17 -, juris Rn. 22 m. w. N.). Dabei darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch prägend auf dasselbe einwirkt (BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 -, juris Rn. 33; BayVGH, Beschl. v. 20.9.2012 - 15 ZB 11.460 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB ist die nähere Umgebung dabei der Umgriff, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblich ist. Denn für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebiets i. S. v. § 34 Abs. 2 BauGB ist gleichfalls die nähere Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 14.10.2019 - 4 B 27.19 -, juris Rn. 7; Nds. OVG, Urt. v. 9.10.2019 - 1 LB 147/17 -, juris Rn. 24 m. w. N.).

Die für die Abgrenzung der "näheren Umgebung" maßgebliche wechselseitige Prägung ergibt sich dabei aus den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmalen: Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche. Diese Merkmale prägen - vom Vorhaben aus gesehen - im Sinne einer Vorbildwirkung nur einen begrenzten Bereich. Umgekehrt wird das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, in diesen Merkmalen nur von anderen Nutzungen in einem begrenzten räumlichen Umfeld geprägt. Dabei lassen sich die Grenzen der näheren Umgebung nicht schematisch festlegen. Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls und nach der städtebaulichen Situation zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 -, juris Rn. 2; BVerwG, Beschl. v. 16.6.2009 - 4 B 50.08 -, juris Rn. 5). Bei der Beurteilung dieser Frage kann auch die unterschiedliche Bebauung diesseits und jenseits einer Straße eine Rolle spielen, wobei es wiederum auf die Art des Unterschieds ankommen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.4.1997 - 4 B 67.97 -, juris Rn. 4 m.w.N.).

Nach diesen Vorgaben und aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Inaugenscheinnahme entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO.

Die Einzelrichterin folgt zur Eingrenzung der näheren Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 2 BauGB weitgehend den Ausführungen der Beklagten. Es ist nicht nur das Straßendreieck aus J. Straße, der Straße K. und der F. Straße, sondern auch die südlich der F. Straße belegende Bebauung zu berücksichtigen. Maßgebender Rahmen für die Bestimmung der näheren Umgebung ist in Anwendung der genannten Kriterien vielmehr der Bereich an der nördlichen und südlichen Straßenseite der F. Straße und zwar beginnend im Nordosten etwa auf der Höhe des Kreuzungsbereichs J. Straße/F. Straße/M. -N. -Straße bis hin etwa im Südwesten zu den Hausnummern 22/43 der F. Straße oder aber gar im straßenseitigen Bereich bis zum Kreuzungsbereich F. Straße/K. (bis zu diesem Punkt sind die gewerblichen Nutzungen, insbesondere die Shell-Tankstelle und das großflächige, straßenseitige Werbeplakat der Einzelhandelsmärkte Aldi, Penny, Rossmann, deutlich wahrnehmbar).

Entgegen der Annahme der Kläger hat die F. Straße keine trennende Wirkung. Ob eine Straße eine trennende oder verbindende Wirkung hat, ist eine Frage des Einzelfalles (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, juris Rn. 18; BayVGH, Beschl. v. 20.9.2012 - 15 ZB 11.460 -, juris Rn. 6). Eine Straße - zumal auch eine Hauptstraße - kann sowohl trennende als auch verbindende Wirkung haben (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, juris Rn. 18 m. w. N.). Straßen und Wege unterbrechen den Bebauungszusammenhang in der Regel nicht, wenn sie innerhalb des Ortsteils gelegen sind und in städtebaulich funktionalem Zusammenhang mit der umgebenden Bebauung stehen (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 34 Rn. 24). Dies ist hier der Fall. Die Bebauung, Größe, Art und Nutzung nördlich und südlich der F. Straße ähneln sich derart, dass der Eindruck der Zusammengehörigkeit beider Straßenseiten entsteht. Auf beiden Straßenseiten befinden sich eine ähnliche Bebauung (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 29.4.1997 - 4 B 67.97 -, juris Rn. 4: Bei der Beurteilung der Frage der prägenden Wirkung i. R. d. § 34 BauGB kann auch die unterschiedliche Bebauung diesseits und jenseits einer Straße eine Rolle spielen, wobei es wiederum auf die Art des Unterschieds ankommen kann.) sowie ähnliche Nutzungen, die vorwiegend aus Wohn- und teilweise gewerblicher Nutzung bestehen. Diese ähnliche Siedlungsstruktur wird nicht dadurch unterbrochen, dass es sich bei der F. Straße um eine Bundesstraße handelt, die auf Höhe des Baugrundstücks über beidseitige Parkstreifen und jeweils einem Geh-/Radweg verfügt. Denn die F. Straße ist trotz ihrer Verkehrsbedeutung von vergleichsweise geringerer Breite und kann grundsätzlich ungehindert überquert werden (vgl. u.a. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 9.3.2015 - 6 A 10054.15 -, juris Rn. 23); im hier maßgeblichen Bereich befindet sich lediglich in dem Kreuzungsbereich J. Straße/F. Straße eine Fußgänger-Lichtzeichenanlage. Allein der Umstand, dass eine Straße durch Verkehr stark belastet ist, begründet für die Art der baulichen Nutzung noch keine trennende Wirkung (ebenso u.a. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.5.2017 - 1 LB 15/15 -, juris Rn. 33). Zwar kann eine Straße grundsätzlich etwa wegen ihrer Breite und hohen Verkehrsbelastung trennende Wirkung haben, mit der Folge, dass die auf der anderen Straßenseite vorhandene Bebauung nicht mehr zur näheren Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB gehört (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1994 - 4 C 13.93 -, juris Rn. 15). Dies ist hier indes nicht der Fall. Auch wenn die Verkehrsbelastung sicher nicht als gering einzustufen ist (Verkehrszählung 2015: 8.400 Fahrzeuge, davon 500 Lkw; Bl. 55 Gerichtsakte) ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die F. Straße auf Höhe des Baugrundstücks in beiden Fahrtrichtungen jeweils nur einspurig befahrbar ist (die von den Klägern erwähnten Abbiegespuren befinden sich nicht im näheren Bereich des Baugrundstücks). Die gegenüberliegende Straßenseite ist auch bei großem Verkehrsaufkommen deutlich wahrnehmbar und wird nicht etwa „abgeriegelt“ (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 14.9.1990 - 1 L 8/90 -, juris Rn. 5). Neben der Verkehrsbedeutung ist - wie bereits ausgeführt - auf die Bebauung und Nutzung auf beiden Straßenseiten abzustellen. Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion (BVerwG, Beschl. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 -, juris). Daraus, dass einer Straße sogar bei andersartiger Siedlungsstruktur auf beiden Seiten nicht automisch eine trennende Funktion zukommt folgt, dass die Anforderungen an das Vorliegen einer trennenden Wirkung bei ähnlicher Siedlungsstruktur - wie hier - höher sind. Auf beiden Seiten der Verdener Straße ist gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung vorzufinden. Die städtebauliche Situation ist damit vergleichbar. Beim Befahren der F. Straße stadtauswärts stechen auf nördlicher Straßenseite die Werbeanlagen in dem Kreuzungsbereich J. Straße/F. Straße/M. -N. -Straße und die Shell-Tankstelle heraus. Auf südlicher Straßenseite sind speziell das Fachmarktcenter (Aldi, Penny, Rossmann) und das Gartencenter prägend. Insbesondere die auf gleicher Höhe des Baugrundstücks gelegenen Einzelhandelsmärkte stechen mit ihren an der F. Straße belegenden Werbeanlagen trotz dessen, dass sie auf dem hinteren Teil des Grundstücks liegen, ins Auge. Die südliche Straßenseite der F. Straße ist nach alledem auch für das Vorhabengrundstück prägend.

Die Bebauung nördlich und südlich der F. Straße weist im oben beschriebenen Bereich eine ähnliche Struktur auf, die überwiegend durch Wohngebäude und teilweise Gewerbebetriebe/Werbeanlagen geprägt ist. Durch die vergleichbare Bebauung auf beiden Straßenseiten hinsichtlich der Nutzungsart, der Höhe, der Lage und der Gestaltung der Baukörper entsteht für den Betrachter nicht der Eindruck, dass es sich um unterschiedlich beplante oder bebaute Gebiete handelt. Diesem Eindruck steht nicht entgegen, dass die nördliche Straßenseite von dem Standort der Shell-Tankstelle aus gesehen stadtauswärts eher von Wohnbebauung geprägt ist, wohingegen die gegenüberliegende Bebauung gewerblicher geprägt ist. Denn die auf der südlichen Straßenseite vorhandenen Gewerbebetriebe sind überwiegend in die bestehende Wohnbebauung integriert (mit Ausnahme der Einzelhandelsbetriebe Aldi, Penny, Rossmann und des Gartencenters). Beide Straßenseiten strahlen zudem auf die gegenüberliegende Seite aus. Überdies wirkt sich die südlich der F. Straße gelegene Bebauung, insbesondere die dort ansässigen Gewerbebetriebe, auf das Vorhaben aus, ebenso wirkt sich das Vorhaben auf diese aus. In der Regel erstreckt sich die gegenseitige Ausstrahlungswirkung auf den räumlichen Bereich, der vom betroffenen Baugrundstück aus wahrgenommen werden kann und über den das Vorhaben, wenn es verwirklicht ist, wahrnehmbar ist. Dies ist hier der Fall. Sowohl die südlich der F. Straße vorhandenen Gewerbebetriebe, insbesondere die Einzelhandelsbetriebe Aldi, Penny und Rossmann mitsamt ihrer an der Verdener Straße belegenden großflächigen Werbeanlage, sind von der anderen Straßenseite deutlich wahrnehmbar, als auch umgekehrt die nördlich der F. Straße belegende Shell-Tankstelle; auch das geplante Vorhaben wird von der gegenüberliegenden Bebauung deutlich wahrnehmbar sein.

Die Eigenart der so abgesteckten näheren Umgebung entspricht einem Mischgebiet i. S. v. § 6 BauNVO.

Aufgrund der im maßgeblichen Bereich ansässigen Gewerbebetriebe liegt kein reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO vor, welches dem Wohnen dient und nur ausnahmsweise u.a. nicht störende Handwerksbetriebe zulässt. Das Gebiet entspricht entgegen der Ansicht der Kläger auch keinem allgemeinen Wohngebiet. Gemäß § 4 BauNVO dienen allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen; zulässig sind 1. Wohngebäude, 2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Länden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe sowie 3. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (§ 4 Abs. 2 BauNVO). Bereits die Ansiedlung der Tankstelle mit 24-Stunden-Betrieb - als nach § 4 Abs. 2 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet nicht zulässiger Nutzungsart, weil sie zum einen nicht der Gebietsversorgung dient und zum anderen kein „nicht störender Gewerbebetrieb“ ist (vgl. u.a. auch Nds. OVG, Urt. v. 9.6.1997 - 6 L 1745/95 -, juris Rn. 24; BayVGH, Urt. v. 28.9.2007 - 26 B 06.765 -, juris Rn. 33) - steht der Einordnung als allgemeines Wohngebiet entgegen. Zudem setzt die vorwiegend auf das Wohnen ausgerichtete Zweckbestimmung allgemeiner Wohngebiete zugleich eine optische Unterordnung gewerblicher Nutzungen voraus (Nds. OVG, Beschl. v. 9.10.2019 - 1 LB 147/17 -, juris Rn. 28), was hier aufgrund der Anzahl der Gewerbetriebe und der Größe der Shell-Tankstelle sowie des Fachmarktzentrums und Gartencenters nicht der Fall ist.

Aber auch unabhängig davon ergibt die Gesamtschau der vorhandenen Ansiedlungen, dass die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks derart durch eine gewerbliche Nutzung vorprägt ist, dass weder von einer vorwiegenden Wohnnutzung noch davon ausgegangen werden kann, dass die vorhandene gewerbliche Nutzung dem Wohnzweck nur (dienend) zu- und untergeordnet ist. Vielmehr liegt eine mischgebietstypische Siedlungsstruktur vor. Mischgebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Zulässig sind 1. Wohngebäude, 2. Geschäfts- und Bürogebäude, 3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, 4. sonstige Gewerbebetriebe, 5. Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, 6. Gartenbaubetriebe, 7. Tankstellen und 8. Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 BauNVO). Das Mischgebiet ist somit nach seiner typischen Eigenart für das Wohnen und für das nichtstörende Gewerbe gleichermaßen offen. Die Nutzungen des Mischgebiets zum Wohnen und zur Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (BVerwG, Urt. v. 4.5.1988 - 4 C 34.86 -, juris Rn. 18). Demgegenüber ist die sonstige, nicht zu Wohnzwecken erfolgte Nutzung in allgemeinen Wohngebieten dem Wohnzweck nur (dienend) zu- und untergeordnet (vgl. u.a. Stock in: Ernst/Zinkahn/Krautzberger, BauGB, 141. EL Februar 2021, § 4 BauNVO Rn. 18).

Hiernach entspricht die Eigenart der das Baugrundstück umrahmenden näheren Umgebung einem Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO). Sie wird maßgeblich geprägt durch ein Nebeneinander von Wohnnutzung und Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

An der nördlichen Straßenseite der F. Straße befinden sich im Kreuzungsbereich J. Straße/F. Straße/M. -N. -Straße an dem Haus F. Straße 2 zwei Werbeanlagen für den (mittlerweile aufgegebenen) Heizungs- und Sanitärbetrieb H.-J. Werner. Auch wenn die Nutzung aufgegeben wurde, ist der Altbestand vorliegend dennoch zu berücksichtigen und wirkt sich prägend auf das Vorhaben aus, da, auch vor dem Hintergrund, dass die Werbeschilder noch nicht entfernt wurden, nach der Verkehrsauffassung mit der Wiedernutzung gerechnet werden kann (vgl. zur eingestellten Nutzung u.a. BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, juris Rn. 8 m. w. N.).

Ferner befindet sich im Kreuzungsbereich F. Straße/Einmündung J. Straße eine Sammelwerbeanlage mit vier einzelnen Werbeplakaten, mit denen auf in der näheren Umgebung (J. Berg und Q. Straße) liegende Firmen geworben wird; ob alle umworbenen Firmen noch existieren, ist insoweit irrelevant.

Unmittelbar daran anschließend befindet sich in der F. Straße 4 die Shell-Tankstelle mit 24-Stunden-Betrieb. Anders als die Kläger meinen, ist die Tankstelle vorliegend nicht als sog. Fremdkörper aus der Betrachtung auszuklammern. Grundsätzlich sprechen große Qualitätsunterschiede zwischen einer einzelnen Anlage und ihrer im Wesentlichen homogenen Umgebung dafür, dass eine Anlage als ein für die Eigenart der Umgebung unbeachtlicher Fremdkörper zu werten ist (BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 - 4 C 11.05 -, juris Rn. 9; BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 - 4 C 23.86 -, juris). Dies ist hier nicht der Fall, denn die Tankstelle steht nicht in einem auffälligen Kontrast zu der umliegenden Bebauung, die ebenfalls durch (teilweise großflächige) gewerbliche Nutzung geprägt ist.

Im weiteren Verlauf stadtauswärts findet auf nördlicher Straßenseite der F. Straße (Hausnummern 6 bis 24) ausschließlich Wohnnutzung statt.

Auf der südlichen Straßenseite der Verdener Straße befindet sich in der Hausnummer 11 die Relax-Bar. Bei dieser handelt es sich entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht um eine der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschafte, denn hierunter fallen nur solche Anlagen, die zur Befriedigung der mit einer normalen Lebensführung zusammenhängenden Bedürfnisse erforderlich sind. Hierzu gehört zwar auch die Möglichkeit, außerhalb der eigenen Häuslichkeit Speisen und Getränke einzunehmen (Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, § 4 Rn. 4.1). Der normale „Barbetrieb“ zählt dagegen nicht hierzu. Ein Barbetrieb gehört vielmehr zu den (mischgebietsverträglichen) Vergnügungsstätten (vgl. auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, § 6 Rn. 6; Roeser in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 7 Rn. 16). Dies ist bei der Relax-Bar der Fall. Diese wirbt mit Cocktaillounge und Shisha-Café. Die Öffnungszeiten der Relax-Bar sind Dienstag bis Donnerstag von 17 Uhr bis 0 Uhr und Freitag und Samstag von 17 Uhr bis 3 Uhr. Im Internet finden sich zudem mehrere Einträge von Live-DJ-Veranstaltungen (vgl. u.a. die von der Beklagten im Schriftsatz vom 1.4.2019 zitierten Internetseiten sowie https://www.facebook.com/relaxbarwalsrode).

An der Ecke F. Straße/M. -N. -Straße ist der A-Stadt Döner, unmittelbar daran angrenzend befindet sich giebelseitig am Gebäude F. Straße 13 eine großflächige Werbeanlage, auf der aktuell ein Biomineralwasser von „Vilsa“ umworben wird. An der Zaunfront der Hausnummer 21 ist ein Werbeplakat für den Dachdeckereibetrieb R. angebracht. Daran angrenzend befindet sich die Zu- und Abfahrt zum Fachmarktzentrum (Aldi, Penny, Rossmann) und zum Gartencenter. Unmittelbar an der F. Straße steht eine großflächige Werbeanlage, mit der für die genannten Fachmärkte geworben wird. Ferner befinden sich in der Hausnummer 33 der Berlin-Döner und in der Nummer 35 der Lebensmittelladen „Baikal, russische und osteuropäische Spezialitäten“ mit DHL Paketshop. Zuletzt ist in der F. Straße 43 ein Folierer ansässig; an der Außenwand des Gebäudes befindet sich entsprechende Werbung mit der Aufschrift „NB Foliatec“. In den übrigen Gebäuden auf der südlichen Straßenseite findet Wohnnutzung statt.

Alle genannten Nutzungen, die die Eigenart der näheren Umgebung prägen, finden sich im Katalog des § 6 Abs. 2 BauNVO wieder. Das Gebiet ist gekennzeichnet durch ein Nebeneinander von Gewerbe- und Wohnnutzung. Eine Gesamtschau aller aufgeführten Nutzungen, wovon keine deutlich dominiert, führt vorliegend zu der Annahme eines faktischen Mischgebiets.

2.

Das Bauvorhaben ist in dem faktischen Mischgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO (noch) zulässig.

Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO sind in einem Mischgebiet sonstige Gewerbebetriebe allgemein zulässig. Mit Blick auf § 6 Abs. 1 BauNVO können hier allerdings nur solche Gewerbebetriebe zugelassen werden, die das Wohnen nicht wesentlich stören, wobei grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist; der konkret zu beurteilende Gewerbebetrieb ist unzulässig, wenn Anlagen seines Typs bei funktionsgerechter Nutzung üblicherweise für die Umgebung unzumutbare Störungen hervorrufen. Maßgeblich dafür, ob es sich um einen das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb handelt, ist der Störungsgrad, der von diesem Betrieb ausgeht und der bei typisierender Betrachtungsweise regelmäßig über das hinausgeht, was noch mit dem Wohnen vereinbar ist (vgl. allg.: Fickert-Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, Vorb. §§ 2 bis 9, 12 bis 14 Rn. 8 f.).

Zunächst ist nichts dagegen zu erinnern, dass die Beklagte das Vorhaben unabhängig von dem Tankstellenbetrieb baurechtlich geprüft hat. Auch wenn die Zufahrt zu dem Vorhaben über das Gelände der Tankstelle erfolgen soll, so stellt das Vorhaben einen selbständigen Gewerbebetrieb dar und bildet mit der Tankstelle keine Einheit mit der Folge, dass dementsprechend auch eine den Betrieb der Tankstelle und des Vorhabens insgesamt erfassende Prüfung und Prognose etwaiger Störungen anzustellen gewesen wäre. Der Beigeladene hat in seiner Bauvoranfrage keine Betriebserweiterung der Tankstelle auf dem Flurstück 80/13, sondern einen eigenständigen Betrieb auf dem Flurstück 80/12 angegeben. Beides ist jeweils unabhängig voneinander betreibbar. Die SB-Autowaschanlage ist auch nicht etwa eine Nebeneinrichtung der Tankstelle, denn die Tankstelle verfügt bereits über eine Portal-Waschanlage (anders war dies etwa in dem vom Nds. OVG entschiedenen Fall in der Entscheidung vom 9.6.1997 - 6 L 1745/95 -, juris. Dort sollte eine vorhandene Tankstelle durch den Bau einer Kfz-Waschhalle und Staubsaugerstation erweitert werden.).

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine SB-Autowaschanlage mit SB-Staubsaugerstation handelt, die sich einer generalisierenden Betrachtung weitgehend entzieht. Die Frage, ob eine SB-Autowaschanlage in einem Mischgebiet zulässig ist, kann daher nicht allgemein bejaht oder verneint werden. SB-Autowaschanlagen gehören nicht zu den Betrieben, die von vornherein typischerweise in einem Mischgebiet unzulässig sind, wie regelmäßig genehmigungsbedürftige Anlagen i. S. v. § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie zählen vielmehr zu der Gruppe von Betrieben, die ihrer Art nach zu wesentlichen Störungen des Wohnens führen können, aber nicht zwangsläufig führen müssen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.6.2010 - 7 A 896/09 -, juris Rn. 9). Ihre Zulässigkeit hängt von der konkreten Anlage und deren Betriebsgestaltung sowie von der konkreten Gebietssituation ab (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 18.8.1998 - 4 B 82.98 -, juris m. w. N.). Je nach Größe und Umfang des Betriebs sowie Betriebsweise und Gestaltung der Arbeitsabläufe kann sich eine unterschiedliche Bewertung ergeben. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, welche die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird (vgl. zu Vorstehendem u.a.: BVerwG, Beschl. v. 18.8.1998 - 4 B 82.98 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.1.2015 - 10 B 1313714 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.6.2010 - 7 A 896/09 -, juris Rn. 12; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.8.1992 - 5 S 403/91 -, juris; Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, § 6 Rn. 9.2).

Bei dem Vorhaben handelt es sich, soweit es hier zur Prüfung gestellt ist, um einen (noch) zulässigen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb. Die Größe und der Umfang des geplanten Betriebs sind überschaubar. Der Betrieb soll (lediglich) vier SB-Autowaschanlagen, die an der West-, Nord- und Südseite vollständig eingehaust werden sollen (vgl. Schalltechnische Stellungnahme, Seite 2 letzter Absatz), und drei SB-Staubsaugerstationen umfassen. Die Betriebszeiten sind auf die Werktage tagsüber begrenzt. Nach der eingeholten Fachtechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros Gerlach vom 18. Januar 2018, die vorliegend als Indiz für die Prüfung etwaiger wesentlicher Störungen herangezogen werden kann, auch wenn die immissionsschutzrechtlichen Belange ausweislich des Bauvorbescheides noch nicht abschließend geprüft worden sind, überschreitet die geplante SB-Autowaschanlage mitsamt der drei Staubsaugerstationen nicht die Grenze dessen, was das Wohnen wesentlich stört, ist also der Nachbarschaft (noch) zumutbar. Ein Anhaltspunkt dafür, ob die Grenze zur Unzumutbarkeit überschritten wird, ist in der Regel dann gegeben, wenn der nach der Sechsten Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm -, GMBl 1998 Nr. 26, S. 503; geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 1.6.2017, BAnz AT 08.06.2017 B5) ermittelte Beurteilungspegel den in der TA-Lärm festgelegten Immissionsrichtwert für das betreffende Baugebiet überschreitet. Dies ist hier nach den bisherigen Ermittlungen nicht der Fall. Die in einem Mischgebiet maßgeblichen Grenzwerte der TA-Lärm von 60dB(A) tagsüber (vgl. Ziffer 6.1 Buchst. d) TA-Lärm) werden eingehalten. Die von den Klägern erhobenen Einwendungen gegen die Fachtechnische Stellungnahme teilt die Einzelrichterin nicht. Der Gutachter hat insoweit überzeugend ausgeführt, dass es einer Berücksichtigung der Vorbelastung anderer Betriebe nicht bedurfte, da die Immissionsanteile des Vorhabens die zulässigen Immissionspegel um 6 dB(A) unterschritten (vgl. Ziffer 3.2.1 TA-Lärm) und es sich bei den genannten „Zusatzschallquellen“ lediglich um kurzzeitige Geräuschspitzen handeln würde (siehe ergänzende Stellungnahme des Ingenieurbüros vom 17.4.2018). Der Gutachter ist zudem bei seiner Prognose von der „ungünstigsten“ Sachlage einer vollständigen Ausnutzung der Anlage ausgegangen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass zwar vom genehmigten Nutzungsumfang auszugehen ist und der Beurteilung nicht eine hinter diesem Umfang zurückbleibende tatsächliche Nutzung zugrunde gelegt werden kann; aber dies bedeutet nicht, dass gerade im Hinblick auf die Frage des Nachbarschutzes und damit auch hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb das Wohnen wesentlich stört, von einer fiktiven Belastung auszugehen ist. Es ist vielmehr eine realistische Prognose anzustellen, die den Umstand berücksichtigen muss, dass nach der Lebens-erfahrung nicht tatsächlich die maximale Besucherzahl die Autowaschanlage aufsuchen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.2.1992 - 4 C 50.89 -, juris Rn. 20) und daher bei gleichmäßiger mittlerer Ausnutzung der Anlage Lärmwerte erreicht werden, die der Nachbarschaft grundsätzlich in einem Mischgebiet zugemutet werden können (ebenso VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.8.1992 - 5 S 403/91 -, juris Rn. 23). Hält das Vorhaben - wie hier - die vorgegebenen Richtwerte bei hypothetischer maximaler Auslastung ein, dann erst Recht bei einer geringeren.

Lediglich ergänzend weist die Einzelrichterin darauf hin, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich ein Bauvorbescheid ist, der grundsätzlich die planungsrechtliche Zulässigkeit der SB-Autowaschanlage mit vier Boxen und drei SB-Staubsaugerstationen feststellt, nicht aber schon im Einzelfall die konkrete Gestaltung oder Anlagentyp regelt. Die nähere Ausgestaltung des Vorhabens, insbesondere auch unter Berücksichtigung einer abschließenden immissionsschutzrechtlichen Prüfung (die erst nach Bestimmung der konkreten Anlagenart überhaupt abschließend ermittelbar ist) mit gegebenenfalls schallschutztechnischer Anordnungen und die Einhaltung etwaiger Grenzabstände, wurde dem Baugenehmigungsverfahren ausdrücklich vorbehalten.

II.

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme liegt ebenfalls nicht vor.

Greift der Gebietserhaltungsanspruch nicht, kommen im Bereich des Bauplanungsrechts nachbarliche Abwehransprüche nur noch auf der Grundlage des sogenannten Gebotes der Rücksichtnahme in Betracht. Das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts. Im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 BauNVO (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, juris). Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewähren. Die dabei vorzunehmende Abwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Berechtigte Belange muss er nicht zurückstellen, um gleichwertige fremde Belange zu schonen. Der begünstigte Dritte muss es hinnehmen, dass Beeinträchtigungen, die von einem legal genutzten vorhandenen Bestand ausgehen, bei der Interessenabwägung als Vorbelastung berücksichtigt werden, die seine Schutzwürdigkeit mindern kann.

Auch wenn die Beklagte die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeitsprüfung in das Baugenehmigungsverfahren verlagert hat, so muss ein Bauvorbescheid wie eine Baugenehmigung dennoch sicherstellen, dass durch die beantragte Nutzung keine Lärmimmissionen hervorgerufen werden, die nach dem Gebot der Rücksichtnahme unzumutbar wären (vgl. u.a. VG Köln, Urt. v. 26.6.2013 - 23 K 4059/11 -, juris Rn. 48 m.w.N.). Immissionen, die das nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, begründen auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzansprüche. Dies ist hier der Fall. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Einhaltung der Lärmrichtwerte im faktischen Mischgebiet verwiesen werden. Andere Anhaltspunkte, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots begründen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sich dieser weder durch Antragstellung einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat noch das Verfahren wesentlich gefördert hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.

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